Sinngestaltendes Lesen in einer Grundschule


Hausarbeit, 2015

21 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Lesekompetenz

3. Leseflüssigkeit

4. Sinngestaltendes Lesen

5. Gruselgeschichten

6. Videoanalyse
6.1 Sprechgestaltungsmittel
6.2 Buchstaben-, Wort- und Satzerkennung
6.3 Identifizierung lokaler und globaler Kohärenzen

7. Reflexion zum Praktikum

8. Fazit

9. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In der heutigen Zeit, zu der die Umwelt der Kinder mehr und mehr von digitalen Medien geprägt ist, kommt dem Lesen eine bedeutende Rolle zu. Eines der wichtigsten Kulturtechniken ist das Lesen - es bildet, eröffnet dem Leser neue und spannende Welten und schafft einen Zugang zur gesellschaftlichen Teilhabe. Welche Rolle dem Lesen, insbesondere in der Grundschule zugeschrieben wird, wird in den Bildungsstandards beschrieben. Ein zentrales Ziel der Bildungsstandards ist, dass Schüler/innen in der Lage sind, „altersgemäße Texte sinnverstehend“ (KMK 2005, S. 11) zu lesen und „selbstgewählte Texte zum Vorlesen vorbereiten und sinngestaltend vorlesen“(KMK 2005, S. 11). Diese Ziele gehören zum Kompetenzbereich „Lesen - mit Texten und Medien umgehen“ (KMK 2005, S. 7). Der Rahmenlehrplan formuliert in den Standards, dass Schüler/innen am Ende der vierten Jahrgangsstufe „einen altersangemessenen Text sinngebend“ (Rahmenlehrplan Deutsch 2004, S. 19) vorlesen und „einen Text nach Vorbereitung flüssig und sinngebend“ (Rahmenlehrplan Deutsch 2004, S. 19) vorlesen können sollen.

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema: Sinngestaltendes Lesen am Beispiel einer Gruselgeschichte. Um dieses Thema zunächst theoretisch einzubetten, werden im zweiten Kapitel „Lesekompetenz“ zum einen das Lesekompetenzmodell nach PISA und zum anderen das didaktische Lesekompetenzmodell von Rosebrock / Nix beschrieben. Diese Beschreibungen münden dann im dritten Kapitel „Leseflüssigkeit“, in der unterschiedliche Komponenten der Leseflüssigkeit erläutert werden. Das vierte Kapitel befasst sich mit dem sinngestaltenden Lesen. Dabei wird der Begriff des sinngestaltenden Lesens definiert und Kriterien dargestellt. Im fünften Kapitel erfolgt die Beschreibung der Merkmale von Gruselgeschichten. Im sechsten Kapitel wird eine Videoaufzeichnung eines Schülers im Hinblick auf Sprechgestaltungsmittel, Buchstaben-, Wort- und Satzerkennung und lokalen sowie globalen Kohärenzen analysiert. Das siebte Kapitel dient der Reflexion des Praktikums. Die Arbeit schließt mit einem Fazit ab.

2. Lesekompetenz

Nach PISA wird die Lesekompetenz beschrieben als „(d)ie Fähigkeit geschriebene Texte zu verstehen, zu nutzen und über sie zu reflektieren, um eigene Ziele zu erreichen, das eigene Wissen und Potential weiterzuentwickeln und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen“ (Prenzel u.a. 2007, S. 39). Prenzel u.a. betonen in ihren Ausführungen, dass sich PISA auf das „Lesen, um zu lernen“ (Prenzel u.a. 2007, S. 39) und nicht auf das „Lesen lernen“ (Prenzel u.a. 2007, S. 39) konzentriert. Demnach „werden die grundlegendsten Lesefertigkeiten nicht getestet“ (Prenzel u.a. 2007, S. 39).

Ein didaktisches Lesekompetenzmodell, welches auf genau diesen fehlenden Aspekt eingeht, ist das „Mehrebenenmodell des Lesens“ (Rosebrock; Nix 2014, S. 15) von Rosebrock / Nix. Das Modell besteht aus drei Ebenen, welches eine „systematische Leseförderung“ (Rosebrock; Nix 2014, S. 15) ermöglicht. Das bedeutet, dass eine jeweilige Förderung auf einer der Ebenen ansetzen kann. (vgl. Rosebrock; Nix 2014, S. 14)

Die erste Ebene ist die „Prozessebene“ (Rosebrock; Nix 2014, S. 15), zu der „die kognitiven Tätigkeiten während des einzelnen Leseprozesses“ (Rosebrock; Nix 2014, S. 15f.) zählen. Die „Subjektebene“ (Rosebrock; Nix 2014, S. 16) beschreibt Zusammenhang der kognitiven Leistungen, die durch ein „Subjekt“ (Rosebrock; Nix 2014, S. 16) modelliert werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Rosebrock; Nix 2014, S. 15

Die soziale Ebene (Rosebrock; Nix 2014, S. 16) bezieht sich auf die „Lesesituation“ (Rosebrock; Nix 2014, S. 16), „die die Genese seiner Lesefähigkeit und seine Lesebereitschaft in der aktuellen Situation grundiert“ (Rosebrock; Nix 2014, S. 16). Die einzelnen Ebenen untergliedern sich in weitere Einheiten, die in der Abbildung zu erkennen sind. In dieser Arbeit spielt die Prozessebene eine bedeutende Rolle. Aus diesem Grund erfolgt eine detaillierte Beschreibung dieser Ebene.

Die Prozessebene beinhaltet die „(k)ognitive(n) Anforderungen des Leseakts“ (Rosebrock; Nix 2014, S. 17), welches in fünf „mentale Akte“ (Rosebrock; Nix 2014, S. 20) untergliedert wird. Der erste ist die „Buchstaben-, Wort- und Satzerkennung“ (Rosebrock; Nix 2014, S. 17), die für das flüssige Lesen elementar ist. Der zweite ist die „lokale Kohärenzbildung durch Verknüpfung von Satzfolgen“ (Rosebrock; Nix 2014, S. 18). Diese beiden werden als „hierarchieniedrige Stufe des Leseprozesses“ (Rosebrock; Nix 2014, S. 18) bezeichnet. „(K)omplexeres Leseverstehen fängt erst an, wenn die lokalen Kohärenzen nicht nur hergestellt, sondern auch ( ... ) verdichtet und miteinander verknüpft werden, ( ... ) (sodass) globale Kohärenz“ (Rosebrock; Nix 2014, S. 18) hergestellt wird. Das bedeutet, dass der Leser „eine inhaltliche Gesamtvorstellung“ (Rosebrock; Nix 2014, S. 18) zum Text hat. „Superstrukturen erkennen“ (Rosebrock; Nix 2014, S. 15) bedeutet darüber hinaus, dass Leser über ein breites „Textsortenwissen verfügen“ (Rosebrock; Nix 2014, S. 19) und einen Text anhand dieser Superstrukturen erkennen können. Die „hierarchiehöchste Ebene der kognitiven Leistungen im Leseprozess ( . ) (ist die Identifizierung der) Darstellungsstrategien“ (Rosebrock; Nix 2014, S. 20). Rosebrock / Nix definieren es folgendermaßen: „In dem Fall wird der logische Gang des Textes gleichsam begleitend noch einmal aus der Metaperspektive gesehen, seine Darstellungsstrategien werden identifiziert“ (Rosebrock; Nix 2014, S. 20). Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Prozessebene sich aus „hierarchieniedrigen Ebenen, die bei guten Leser/innen automatisiert ablaufen ( . ) (sich) von hierarchiehöheren ( . ) die bewusste gedankliche Anstrengung während des Lesens erfordern“ (Rosebrock; Nix 2014, S. 20) unterscheiden. (vgl. Rosebrock; Nix 2014, S. 15-20)

Alle drei Ebenen des Modells sind von gleicher Wichtigkeit und bedingen sich gegenseitig. (vgl. Rosebrock; Nix 2014, S. 11; Rosebrock; Nix 2011, S. 9) Hinsichtlich der Förderung der Leseflüssigkeit wird an dieser Stelle erwähnt, dass es sich dabei um die Förderung der Prozessebene handelt. Was Leseflüssigkeit bedeutet und welche Komponenten zur Beschreibung notwendig sind, erfolgt im nächsten Kapitel.

3. Leseflüssigkeit

Die Leseflüssigkeit wird in der angelsächsischen Leseforschung als „die Fähigkeit zur genauen, automatisierten, schnellen und sinnkonstituierenden leisen und lauten Lektüre unter dem Begriff reading fluency“ (Rosebrock u.a. 2011, S. 15 zitiert nach: Rosebrock; Nix 2006) verwendet. Die Leseflüssigkeit wird anhand von vier Komponenten beschrieben.

Die erste Komponente ist die „Genauigkeit des Dekodierens“ (Rosebrock u.a. 2011, S. 16). Diese Komponente beinhaltet die Fähigkeit, Wörter genau und ohne Verlesungen lesen zu können und, dass Lesefehler unmittelbar korrigiert werden. Diese Komponente ist ein wichtiger Faktor, um den Text zu verstehen, da Verlesungen den Sinnzusammenhang einzelner Sätze oder ganzer Textabschnitte zur Folge hat. (vgl. Rosebrock u.a. 2011, S. 16)

Die zweite Komponente, die „Automatisierung des Dekodierens“ (Rosebrock u.a. 2011, S. 16) beinhaltet das automatisierte und mühelose Lesen eines Textes. Dabei kann der Leser auf die Bedeutung eines gelesenen Wortes bereits während des Leseprozesses zugreifen. Stockende Leser müssen sich vereinzelt die Bedeutung gelesener Wörter erst durch den Klang vergegenwärtigen. Sie verbrauchen während des Leseprozesses wichtige kognitive Ressourcen, die für Verstehensleistungen des Textes notwendig sind. (vgl. Rosebrock u.a. 2011, S. 16 f.)

Die „Lesegeschwindigkeit“ (Rosebrock u.a. 2011, S. 17) ist die dritte Komponente der Leseflüssigkeit. Sie bestimmt, wie schnell ein Text gelesen wird. Die Ausbildung der bereits beschriebenen Komponenten führen zu einer höheren Lesegeschwindigkeit und Leseflüssigkeit. Es steht außer Frage, dass die Lesegeschwindigkeit von der Schwierigkeit des Textes abhängig ist. Ein unbekannter, komplizierter Text wird dementsprechend langsamer gelesen. Ein guter Leser soll nach Carver 250-300 Wörter pro Minute bei einem Text von mittlerer Schwierigkeit erreichen. (vgl. Rosebrock u.a. 2011, S. 17 f.)

Die letzte Komponente ist die „Segmentierungsfähigkeit und Betonung“ (Rosebrock u.a. 2011, S. 19) des Gelesenen. Dabei geht es um „die Fähigkeit zum betonten und sinngestaltenden Vorlesenkönnen“ (Rosebrock u.a. 2011, S. 19). Zentral für diese Komponente ist die angemessene Betonung des Gelesenen. Dabei werden „semantisch und syntaktisch zusammengehörende Sachverhalte zusammengezogen“ (Rosebrock u.a. 2011, S. 19). Die Prosodie „umfasst vor allem die stimmliche Modulation zusammenhängender Phrasen, Betonungsdehnungen und Pausen.“ (Rosebrock u.a. 2011, S. 19). Diese Komponente der Leseflüssigkeit ist für diese Arbeit zentral.

Umso flüssiger ein Text gelesen wird, desto mehr kann sich der Leser auf das Textverständnis konzentrieren. (vgl. Rosebrock u.a. 2011, S. 15) Demnach steht an erster Stelle, die Leseflüssigkeit der Schüler(innen) zu fördern. Erst, wenn die Schüler(innen) in der Lage sind, einen Text flüssig zu lesen, werden kognitive Verstehensprozesse freigemacht, die für Verstehensleistungen zentral sind.

4. Sinngestaltendes Lesen

Im Deutschunterricht der dritten und vierten Jahrgangsstufe sind „Texte sinngebend lesen“ (Rahmenlehrplan Deutsch 2004, S. 37) und „Texte flüssig und sinngestaltend vorlesen und vortragen“ (Rahmenlehrplan Deutsch 2004, S. 38) können zentrale Aufgaben, die im Rahmenlehrplan verortet sind. In der Fachliteratur werden unterschiedliche Begriffe dafür verwendet. Im Folgenden werden die Ausführungen von Hillegeist, Kammer und Ertmer vorgestellt.

Hillegeist formuliert: „Gestaltendes Sprechen ist sinnkonstituierend und setzt grundlegend an den kognitiven und emotionalen Verstehensleistungen von Sprechdenkenden und Hörverstehenden an.“ (Hillegeist 2010, S. 22) Darüber hinaus betont sie, dass „(l)autes Vorlesen ( ... ) zur Überprüfung der Lesefertigkeit genutzt werden (kann), bei dem die innere Sprache veräußert hörbar wird.“ (Hillegeist 2010, S. 17) Die Autorin stellt „Beobachtungskriterien für gestaltendes Sprechen“ (Hillegeist 2010, S. 61) auf. Im Folgenden werden die zentralen Kriterien, die für diese Arbeit relevant sind, aufgelistet:

Sprechgestaltungsmittel

Die Sprechgestaltungsmittel sind dein Handwerkzeug, um deine Textinterpretation sprecherisch darzustellen. Damit kannst du den Zuhörern deine Bilder, Gefühle und Ideen gezielt vermitteln. Zu den Sprechgestaltungsmitteln gehören:

- Stimme,
- Artikulation,
- Sprechmelodie,
- Lautstärkewechsel,
- Tempo und
- Pausen. (Hillegeist 2010, S.65)

Aus Schülersicht können folgende Prüffragen eine Orientierung bieten:

- Ich kann deutlich artikulieren und bin deswegen gut zu verstehen.
- Ich denke mit und kann mein Tempo dem Inhalt des Textes anpassen.
- Ich passe die Lautstärke dem Inhalt des Textes an.
- Ich spreche mit lebendiger Sprechmelodie, so dass es zum Inhalt passt. (Hillegeist 2010, S.65)

Kammer beschreibt das „Darstellende Vorlesen“ (Kammer 2004, S. 116) als eine Methode, bei dem die Schüler(innen) „den Text so vorlesen, dass der Vortrag ihr (erstes) Verständnis des Textsinns widerspiegelt. Die phonetisch richtige Lautung ist dabei nicht das Ziel, sondern die Voraussetzung: Nicht das richtige Vorlesen von Wörtern und Sätzen steht hier im Mittelpunkt, sondern ein gestaltendes Vorlesen.“ (Kammer 2004, S. 116) Die Autorin erläutert, dass „(d)er Textsinn ( ... ) durch den Vortrag lebendig (wird), und ( . ) viele zusätzliche Nuancen hinzu(kommen). So kann die Stimmung zum Ausdruck gebracht werden (Ruhe oder Hast, Traurigkeit oder Freude, Sorgen und Ängste usw.)

[...]

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Sinngestaltendes Lesen in einer Grundschule
Hochschule
Humboldt State University  (Grundschupädagogik)
Note
1,7
Autor
Jahr
2015
Seiten
21
Katalognummer
V496093
ISBN (eBook)
9783346010117
ISBN (Buch)
9783346010124
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sinngestaltendes Vorlesen
Arbeit zitieren
Hatice Keremoglu (Autor:in), 2015, Sinngestaltendes Lesen in einer Grundschule, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/496093

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