Facebook im Deutschunterricht

Eine Dramenaufführung von Friedrich Schillers "Kabale und Liebe" im sozialen Netzwerk


Bachelorarbeit, 2014

48 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Soziale Netzwerke – Definition, Funktionen und Eigenschaften

3. Zum Medienumgang Jugendlicher – eine Auswahl der JIM-Studie 2013

4. Gründe für die Beliebtheit sozialer Netzwerke

5. Das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus: Medienbildung und
Einstellungen zur Bildung mit sozialen Netzwerken

6. Datenschutz und Privatsphäre
6.1. Das Problem mit dem Datenschutz: Vorschriften und ‚Facebook-Realität'
6.2. Das Privatsphäre-Verständnis Jugendlicher

7. Facebook – Potenzial für eine unterrichtliche Nutzung
7.1. Altersüberlegungen, Gefahren und Voraussetzungen der unterrichtlichen Nutzung
7.2. Facebook und moderner Unterricht – Gemeinsamkeiten
7.3. Konformität: die literarische Gattung des Dramas, identitätsorientierter Literaturunterricht
und Facebook

8. Friedrich Schillers Kabale und Liebe – exemplarische Darstellung im sozialen Netzwerk
Facebook
8.1. Begründung der Textauswahl
8.2. Vorgehensweise
8.2.1. Erste Phase – Die Dramenfiguren erwachen zum (virtuellen) Leben & Facebook-
Gruppen als virtuelle Orte
8.2.2. Zweite Phase – Erstellung eines Drehbuchs und Aufführung
8.2.3. Dritte Phase – Reflexion

9. Ausblick

10. Literatur- und Quellenverzeichnis

11. Abbildungsverzeichnis

12. Anhang

1. Einleitung

Während sich die URL www.facebook.com in Deutschland hinter www.google.de an zweiter Stelle der am häufigsten aufgerufenen Internetseiten platziert, nimmt sie weltweit sogar die Spitzenposition ein (urlspion.de). Aus der Sicht von Erwachsenen ist die Nutzung sozialer Netzwerke[1] durch Jugendliche oftmals nicht nachvollziehbar und auch in Medien aller Art wird vor dem Verlust der Privatsphäre, Cyber-Mobbing, Mediensucht und Co gewarnt. Auch wenn diese Bedenken zu einem großen Teil berechtigt sind, werden unsere heutigen Schüler[2] in eine Weltmit neuen Technologien, wie derartigen Online-Communities, geboren. Marc Prensky bezeichnete sie deswegen erstmals als “ Digital Natives “, sie sind die “‘native speakers‘“ der digitalen Sprache (2001: 1, Hervorhebung im Original). All die Erwachsenen, die schon vor dem Zeitalter der neuen Medien und Technologien geboren wurden, benanntePrensky “ Digital Immigrants “ (ebd.: 2, Hervorhebung im Original). Dabei wird sich der Abstand dieser beiden Gruppen, die „so genannte Digitale Kluft oder […] digital divide “ (Wampfler, 2013: 23, Hervorhebung im Original) vergrößern, wenn sich die Schule und ihre Lehrer nicht ihrer Verantwortung bewusst werden, auf die Lebenswelt der Schüler eingehen zu müssen, denn:

Verweigerung ist eine verbreitete Position, sie lässt sich aber immer schlechter begründen. Soziale Netzwerke werden in unserem Alltag unentbehrlich werden, ein Ausschluss digitaler Formen von Kommunikation ist langfristig nicht denkbar. Damit ist auch die Schule direkt von diesem Gewöhnungsprozess betroffen (Wampfler, 2013: 10-11).

Dabei ist es das Ziel dieser Arbeit, Medienskeptikern entgegenzutreten und anhand der Eigenschaften und Funktionen sozialer Netzwerke zu demonstrieren, dass sich ein schulischer Einsatz von Facebook durchaus als sinnvoll und gewinnbringend für den Unterricht herausstellen kann. Neben den Eigenschaften und einer Vielzahl an Funktionen, die Facebook verzeichnet, fiel die Wahl des sozialen Netzwerkes auch deshalb auf Facebook, weil diesesseit dem Jahr 2011 konsequent die beliebteste Online-Community der deutschen Jugendlichen ist (vgl. mpfs2010: 43, 2011: 48). Darzustellen, warum und wie diese Funktionen und Eigenschaften vor allem für die unterrichtliche Nutzung in einem identitätsorientierten Literaturunterricht im Umgang mit dem Drama fruchtbar gemacht werden können, liegt im Hauptaugenmerk dieser Arbeit. Warum die Textauswahl auf Schillers Werk Kabale und Liebe fiel, wird im achten Kapitel vor der Beschreibung einer exemplarischen Unterrichtssequenz, deren Resultat die Dramenaufführung der Schüler in der Online-Community Facebook sein soll, begründet.
Nach der Definition und Benennung der Funktionen und Eigenschaften sozialer Netzwerke im Anschluss, wird zunächst eine Auswahl der Daten zur JIM-Studie 2013 im dritten Kapitel einen Überblick zum Medienumgang Jugendlicher verschaffen und einige Gründe für die Beliebtheit sozialer Netzwerke knapp ausgeführt werden. Bevor die Datenschutzproblematik und das Privatsphäre-Verständnis Jugendlicherim Abschnitt sechs thematisiert werden, befasst sich der vorige Gliederungspunkt dieser Arbeit mit der Medienbildung und den Einstellungen des bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus zur Bildung mit sozialen Netzwerken. Das siebte Kapitel, in dem zunächst Empfehlungen für das Dramenprojekt bezüglich der Klassenstufe ausgesprochen werden, aber auch auf Gefahren und Voraussetzungen einer Integration Facebooksin den Unterricht hingewiesen werden, macht auf Gemeinsamkeiten zwischen dem Umgang mit Facebook und modernem Unterricht aufmerksam und soll letztendlich das Zusammenfinden, oder besser die Verschmelzung, des sozialen Netzwerks mit dem Drama und identitätsorientierten Literaturunterricht legitimieren.
Die vorgeschlagene Unterrichtssequenz zur Aufführung des Dramentextes Kabale und Liebe im sozialen Netzwerk Facebook bildet im achten Kapitel den Abschluss dieser Arbeit.

2. Soziale Netzwerke – Definition, Funktionen und Eigenschaften

Erste soziale Netzwerke tauchten bereits um das Jahr 1997 auf und sind besonders seit der Eröffnung der Website Friendster sechs Jahre später nicht mehr aus unserer Gesellschaft wegzudenken (vgl. Ellison/Boyd, 2013: 151). Realisierbar wurden soziale Netzwerke erst mit dem Auftreten des Web 2.0, welches „die selbst organisierte Interaktion und Kommunikation der Nutzerinnen und Nutzer durch Herstellung, Tausch und Weiterverarbeitung von nutzerbasierten Inhalten über Weblogs, Wikis und Social Networks [ermöglicht]“ (Meckel, 2008: 17).
Die Autorinnen Nicole B. Ellison und Danah M. Boyd boten im Jahr 2007 eine Definition für den Terminus ‚Social Network Sites‘ an, der aufgrund der drastischen Veränderungen in sozialer und technischer Hinsicht im Bereich der sozialen Netzwerke überarbeitet werden musste (vgl. Ellison/Boyd: 151f). Die revidierteBegriffsbestimmunglautet:

A social network site is a networked communication platform in which participants 1) have uniquely identifiable profiles that consist of user-supplied content, content provided by other users, and/or system-level data; 2) can publicly articulate connections that can be viewed and traversed by others; and 3) can consume, produce, and/or interact with streams of user-generated content provided by their connections on the site (Ellison/Boyd, 2013: 158).

Innerhalb eines sozialen Netzwerks können also Inhalte erstellt, veröffentlicht, ausgetauscht, aber auch rezipiert und bearbeitet werden – und das nicht nur von einer Person, sondern von einer Vielzahl.Während ältere computerbasierte Kommunikationsmedien entweder auf die Kommunikation zwischen zwei (one-to-one) oder mehreren (one-to-many) Personen gleichzeitig konzentriert waren, ermöglichen moderne soziale Netzwerkebeide Modelle der Kommunikation, wobei erstere etwa in Form persönlicher Nachrichten und letztere etwa als Status-Update in Erscheinung tritt (vgl. Ellison/Boyd, 2013: 159, 162, Wampfler, 2013: 24). Soziale Netzwerke können sowohl als asynchrones als auch synchrones Kommunikationsmedium bezeichnet werden. Asynchrone Kommunikationsmedien, wie die E-Mail, „[ermöglichen] die asynchrone schriftsprachliche Individualkommunikation und Datenübermittlung in zeitunabhängiger bi- bzw. polydirektionaler Form“ (Frederking et al., 2012: 208), während synchrone Kommunikationsmedien „zeitgleiche Kommunikation“, beispielsweise im Chat, erlauben (ebd.: 210). Da Inhalte im sozialen Netzwerk Facebook nicht verloren gehen, können sie auch später von ihren Mitgliedern aufgerufen werden, was beide Formen der Kommunikation gestattet.

Soziale Netzwerke beinhalten zahlreiche Funktionen von denen ihre Mitglieder Gebrauch machen können. Die Funktion des eigenen Profils, das nach Belieben komplett oder teilweise öffentlich für andere Teilnehmer sein kann, erlaubt es dem Teilnehmer, seine Identität, welche von Ellison und Boyd im Kontext sozialer Netzwerke als “digital identiy“ (Ellison/Boyd, 2013: 153) bezeichnet wird, darzustellen. Dieselbe Funktionbenennen Richter und Koch als „Identitätsmanagement”, also als „Möglichkeit […], sich selbst […] darzustellen und somit bewusst und kontrolliert persönliche Daten einer breiten Masse vorzustellen“ (Richter/Koch: 1244). Innerhalb dieses Profils werden detaillierte Angaben zur eigenen Person, beispielsweise zu individuellen Interessen und zum Wohnort gemacht sowie Fotos hochgeladen (vgl.: Ellison/Boyd, 2013: 153). Doch nicht nur die gemachten Angaben bestimmen die Identität der Person, sondern vor allem auch ihre Handlungen im sozialen Netzwerk und Inhalte anderer Teilnehmer, die mit dieser bestimmten Person in Verbindung gebracht werden (vgl.: ebd.):

Today’s profiles are not simply self-descriptive, static text, but rather a dynamic combination of content provided by the user (such as status updates), activity reports (such as groups they’ve joined), content provided by others (such as virtual gifts that are displayed on the profile or „tagged” photographs uploaded by others), and/or system-provided content (such as a subset of one’s Friend network and activities on third-party sites (Ellison/Boyd, 2013: 155).

Die Freundesliste eines jeden Mitglieds erlaubt die Vernetzung einer unbegrenzten Anzahl von Menschen miteinander und dient laut Ellison und Boyd unterschiedlichen Absichten:Sie bestimmt in sozialen Netzwerken häufig, welche Inhalte für eine bestimmte Person zugänglich sind; sie dientsomit als Filter, durch den Freundesfreunde aufgefunden werden und kennzeichnet Beziehungen von Teilnehmern untereinander (vgl. Ellison/Boyd, 2013: 155). Außerdem verschaffen Facebook und andere soziale Netzwerke unter anderem auch die Voraussetzung füruni-direktionale Freundschaften: Sind zwei Mitglieder nicht miteinander befreundet, besteht dennoch die Möglichkeit, dass zumindest für einen Teilnehmer Inhalte des anderen zugänglich sind, insofern es dessen Profileinstellungen zur Privatsphäre zulassen. In der deutschen Version nennt sich diese Funktion im sozialen Netzwerk Facebook ‚folgen‘, im Englischen ‘subscribe‘(vgl. ebd.: 156). Richter und Koch weisen außerdem daraufhin, dass Freundschaften in sozialen Netzwerken gemacht, aber auch wieder gelöscht werden können und fassen unter dem Begriff „Kontaktmanagement […] alle Funktionalitäten zur Pflege des persönlichen Netzwerks “ zusammen (Richter/Koch: 1247, Hervorhebung im Original). Sowohl Personen als auch Inhalte in sozialen Netzwerken sind durch Verlinkung einfach miteinander in Verbindung zu setzen und eine nennenswerte Funktion sozialer Netzwerke (Ellison/Boyd, 2013: 157). In gewisser Weise erleichtert dies auch die „Expertensuche“, eine Funktion sozialer Netzwerke nach Richter und Koch, denn durch einen Klick erfährt der Teilnehmer dann mehr über eine Person oder Sache (Richter/Koch: 1245). Die Autoren nennen außerdem noch drei weitere Funktionen sozialer Netzwerke, die „Kontextawareness“, die „Netzwerkawareness“ und die „Unterstützung eines gemeinsamen Austauschs“ (ebd: 1246ff). Ein Beispiel für ersteres bezüglich des sozialen Netzwerks Facebook ist beispielsweise die Liste mit Personen, die man eventuell kennen könnte, in der Nutzern vor allem Freundesfreunde vorgeschlagen werden. ‚Kontextawareness‘ baut darauf auf, dass „[m]enschliche Beziehungen […] enorm von Vertrauen geprägt [sind]“ (ebd.: 1246). Sowohl die Abrufbarkeit von Profilfotos der Teilnehmer als auch die Tatsache, dass gemeinsame Freunde in einem Teilnehmerprofil angezeigt werden, schaffen unter anderem die Basis dieses Vertrauens. Unter ‚Netzwerkawareness‘ hingegen „wird […] das Gewahrsein über die Aktivitäten […] der Kontakte im persönlichen Netzwerk verstanden“ (ebd.: 1246f), denn alle geteilten Inhalte der Freunde sind auf einer persönlichen Neuigkeiten-Liste einsehbar. Durch private Nachrichten, das Teilen von Inhalten oder auch durch öffentliche Kommentare fungieren soziale Netzwerke als Austauschbasis; Richter und Koch betiteln diese Funktion mit „Unterstützung eines gemeinsamen Austauschs“ und betonen außerdem, „dass eine Kategorisierung der Funktionalitäten nicht vollständig trennscharf sein kann“ (ebd.: 1248). Ellison und Boyd heben besonders die Funktionen der Selbstpräsentation und das Teilen von Inhalten in seiner kommunikativen Rolle vor und bezeichnen diese als „anchorofsocialnetworksites“ (2013: 160).

Danah Boyd, die sich reichlich mit Jugendlichen und deren Umgang mit sozialen Netzwerken befasst hat, kristallisiert des Weiteren vier Eigenschaften oder Angebote sozialer Netzwerke heraus, die sie selbst als “affordances“ (2014: 10) bezeichnet. Sie spricht von “persistence“, “visibility“, “spreadability“ und “searchability“ (2014: 11). Mit dem ersten Begriff fokussiert Boyd den Unterschied zwischen mündlichen Äußerungen in der ‚normalen‘ Öffentlichkeit, welche vergänglich sind und jenen in Netzwerken, die verbleiben und somit asynchrone Kommunikation ermöglichen (vgl. ebd.: 11). Da Inhalte in sozialen Medien mit einer breiten Masse geteilt werden und ortsunabhängig aufgerufen werden, wird außerdem die Aufrufbarkeit und Sichtbarkeit dieser Inhalte gesteigert. Dieses Merkmal wird von Boyd als ‘visibility‘ bezeichnet (vgl. ebd.: 11f). Mit ‘spreadability‘ hingegen meint Boyd das vielfache und facettenreiche Teilen von Inhalten, welche in sozialen Netzwerken auch dupliziert und weitergeleitet werden können (vgl. ebd.: 12). Seiteninterne Suchfunktionen sozialer Netzwerke führen nicht nur zur gesuchten Person, sondern beispielsweise auch zu Aufenthaltsorten oder Unterhaltungen dieser; eine Funktion, die Boyd ‘searchability‘ nennt (vgl. ebd.).

3. Zum Medienumgang Jugendlicher – eine Auswahl der JIM-Studie 2013

Abbildung 1 : Aktivitäten im Internet - Schwerpunkt: Kommunikation

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die folgende Auswahl an Daten der JIM-Studie 2013 (Jugend, Information, (Multi-) Media) leistet einen Beitrag, die Notwendigkeit der Integration sozialer Netzwerke in den Unterricht zu unterstreichen, wenn sie auch kein ausreichender Beleg für eine Nutzung per se sein kann. Im Zuge dieser Studiewurden repräsentativ 1.200 Personen im Alter von zwölf bis 19 Jahren zum eigenen Medienverhalten telefonisch befragt; 51% der Teilnehmer waren männlich, 49% weiblich. Von allen Jugendlichen waren 83% zum Befragungszeitraum noch in der Schule (vgl. mpfs, 2013: 4). Die Studie geht auf allerhand Medien (Radio, Musik, Fernsehen etc.) ein, wobei sich in dieser Arbeitlediglich auf eine kurze Zusammenfassung der gewonnenen Daten über die Computernutzung und dessen Zusammenhang mit sozialen Netzwerken konzentriert wird.
Die Internetnutzung der aktuellen Jugend dient zu 45% dem Zweck der Kommunikation undknapp ein Viertel der Befragten gibt an, das Internet für Unterhaltung in Form von Musik, Videos oder Bilder zu nutzen (vgl. mpfs, 2013: 31). Die Tätigkeit im Internet, von der bezüglich des Kernpunkts Kommunikation am meisten Gebrauch gemacht wird, sind Online-Communities/soziale Netzwerke (vgl. ebd.: 32):

Diese werden, wie Abbildung 1 erkennen lässt, von der Mehrzahl aller Mädchen und Jungen täglich bzw. mehrmals pro Woche genutzt.Dass Medien Gefahren mit sich bringen, wird auch in der JIM-Studie deutlich, denn die Frage an deren Teilnehmer, ob „es jemanden in [ihrem] Bekanntenkreis [gäbe], der schon mal im Internet oder übers Handy fertig gemacht wurde“, bejahen dies 32% und geben an, dass sich das Mobbing am häufigsten (23%) in einer Community abgespielt hat (vgl. ebd.: 44). Den sozialen Netzwerken widmet die JIM-Studie ein eigenes Kapitel. In diesem ist unter anderem zu lesen, dass sich die große Mehrheit (77%) aller Internetnutzer täglich oder mehrmals pro Woche in Online-Communities aufhält, jene, die von diesen Gebrauch machen, versenden dort mit Vorliebe (82%) täglich/mehrmals pro Woche Nachrichten an andere Nutzer, chatten dort gerne täglich/mehrmals pro Woche (76%) oder hinterlassen einen wortlosen Kommentar in Form des ‚Gefällt-mir-Buttons‘ (69%). Fotos oder Videos werden in Online-Communities zu 7% einmal im Monat oder seltener veröffentlicht (vgl. ebd: 37, 38). Auch im Jahr 2013 konnte sich das Soziale Netzwerk Facebookin Deutschland als beliebtestes manifestieren: Insgesamt 80% der Befragten, die angaben, vom Internet Gebrauch zu machen, nutzen dort laut Studie Facebook (vgl. ebd.: 38). Dabei scheinen andere Online-Communities wie SchülerVZ allmählich fast gänzlich in den Hintergrund gerückt zu sein, während Skype im Vergleich zum Vorjahr zwar ein Wachstum von +7% verzeichnen kann, mit insgesamt 13% aber immer noch sehr weit hinter Facebook liegt (vgl. ebd.: 38). Hinsichtlich des Schutzes ihrer Daten im sozialen Netzwerk, fühlen sich immer noch etwas mehr als die Hälfte (55%) sehr sicher oder sicher, immerhin 36% weniger sicher und nur 8% gar nicht sicher (vgl. ebd.: 41). Diese Haltung spiegelt sich ebenfalls in den von den Internet-Nutzern hinterlegten persönlichen Daten im Internet wider: 67% dieser hinterlegten eigene Fotos oder Videos, von welchen 53% für alle Freunde in der Community sichtbar sind. Unter anderem machten 62% Angaben zu ihren Vorlieben in Form von Hobbies, 48% davon teilen sie allen Freunden im Netzwerk mit. 43% stellten die eigene E-Mail Adresse ins Netz, diese ist mit 29% für alle Freunde in der Online-Community sichtbar (vgl. ebd.: 42, 43). Interessant ist hier, dass nur sehr wenig Gebrauch von der Privacy-Option, die festlegt, für wen bestimmte Inhalte im sozialen Netzwerk sichtbar sind, gemacht wird: Nur 8% gaben an, dass ihre Fotos und Videos, 7% Informationen zu Hobbies, 10% die eigene E-Mail Adresse ausschließlich von bestimmten Freunden aufgerufen werden können (vgl. ebd.: 43). Die JIM-Studie weist ebenfalls daraufhin, dass „[sich] bei durchschnittlich 290 Freunden (die zusätzlich mit weiteren Personen verlinkt sind) […] der Adressatenkreis in beträchtliche Höhe [potenziert], so dass die Einschränkung auf die ‚Freunde‘ einen in trügerischer Sicherheit wiegt“ (ebd.: 42). Hier müssen die Eltern, aber vor allem auch die Lehrkräfte in der Schule eingreifen, um den Kindern die Auswirkungen mitgeteilter Daten im Internet bewusst zu machen. Im Zuge der Thematik dieser Arbeit und den ‚Vorstellungen‘ und ‚Empfehlungen‘ des bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus, auf die inAbschnitt fünf eingegangen werden soll, ist es absolut erwähnenswert, dass insgesamt 37% aller Nutzer von Online-Communities innerhalb des Netzwerkes mit Lehrern befreundet sind; besonders ältere Schüler im Alter zwischen 18 und 19 Jahren sind dies am häufigsten (44%) (vgl. ebd.: 40).

4. Gründe für die Beliebtheit sozialer Netzwerke

Der hohe Anteil an Facebook-Nutzern im Jugendalter wirft die Frage auf, warum soziale Netzwerke für diese von so großer Bedeutung sind. Es soll nun kurz auf die Beweggründe der Jugendlichen zum Aufenthalt in sozialen Netzwerken eingegangen werden. Aufschluss über diese Frage geben zunächst die Aktivitäten, die in Online-Communities verfolgt werden:

Abbildung 2 : Aktivitäten in Online-Communities

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Auch ohne an dieser Stelle explizit auf die aus der JIM-Studie 2013 gewonnenen Prozentzahlen einzugehen, geht schon aus der Betrachtung des Diagramms hervor, dass sich die Jugendlichen besonders auf Tätigkeiten, die in Zusammenhang mit sozialer Kommunikation im sozialen Netzwerk stehen, konzentrieren. Danah Boydbestätigt dies schonimJahr 2007 in ihrem Text Why Youth (Heart) Social Network Sites: The Role of Network Publics in Teenage Social Life . Die Jugendlichen sind dort aufzufinden, wo es auch ihre Freunde sind; zudem bieten soziale Netzwerke ihnen die Möglichkeit, sich auszudrücken –und zwar so, wie sie von anderen wahrgenommen werden wollen, weil die Teilnehmer (meist) selbst die Kontrolle darüber haben, welche Informationen preisgegeben werden (vgl. Boyd, 2007: 10,11,12). In ihrem aktuellen Buch It’sComplicated merkt Boyd an, dass Jugendliche oftmals nicht die Gelegenheit haben, sich tatsächlich mit ihren Freunden zu treffen und deswegen auf das soziale Netzwerk zurückgreifen (vgl. Boyd, 2014: 84f). In diesem Sinne stellt auch Wampfler fest: „Jugendliche sind auf Social Media so präsent, weil sie Jugendliche sind – nicht, weil sie durch die Technik manipuliert werden“ (Wampfler, 2013: 59).

5. Das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus: Medienbildung und Einstellungen zur Bildung mit sozialen Netzwerken

Im Beschluss der Kultusministerkonferenz[3] vom 08. März 2013 wird Medienbildung im Kontext Schule auf diese Weise definiert: „Schulische Medienbildung versteht sich als dauerhafter, pädagogisch strukturierter und begleiteter Prozess der konstruktiven und kritischen Auseinandersetzung mit der Medienwelt“ (KMKB, 2013: 3). Ziel der schulischen Medienbildung ist laut des Beschlusses der Erwerb von Medienkompetenz, welche es stets auszubauen gilt (vgl. KMKB, 2013: 3). Auch die Medienkompetenz wird genauer präzisiert als [jene] Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die ein sachgerechtes, selbstbestimmtes, kreatives und sozial verantwortliches Handeln in der medial geprägten Lebenswelt ermöglichen. Sie umfasst auch die Fähigkeit, sich verantwortungsvoll in der virtuellen Welt zu bewegen, die Wechselwirkung zwischen virtueller und materieller Welt zu begreifen und neben den Chancen auch die Risiken und Gefahren von digitalen Prozessen zu erkennen (KMKB, 2013: 3).

Der Medienumgang findet sich ebenfalls im Fachprofil der Realschule des Unterrichtsfaches Deutsch wieder. Hervorzuheben ist hierbei, dass die kritische Beschäftigung mit unterschiedlichen Medien, besonders mit den Informations- und Kommunikationstechniken, in Zusammenhang mit dem Umgang mit Texten steht (BStMUK/ISB: 51). Auch in der Vorbemerkung der Bekanntmachung zur Thematik Medienbildung und -erziehung in Schulen[4] äußert sich das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus zeitgemäß und erkennt, in welchem großen Ausmaß Medien das tägliche Leben von Heranwachsenden bestimmen (vgl . KMBek, 2012: 357). Die Bekanntmachung deutet außerdem korrekterweise darauf hin, dass „Medienbildung zu einem wesentlichen Bestandteil der Allgemeinbildung geworden [ist]“ (ebd.: 357) und spricht sich deutlich für einen Gebrauch aller „Medien – traditionellen und neuen, gedruckten und audiovisuellen, analogen und digitalen“ (ebd.: 357) in Schulen aus. Die Verantwortung über diesen Medieneinsatz liegt laut dem Kultusministerium bei der Lehrkraft, welche Sorge dafür zu tragen hat, dass die verschiedensten Medien in angemessenen Situationen, also „in einer sinnvollen, didaktisch und pädagogisch reflektierten Art und Weise […] eingesetzt werden“ (ebd.: 357). Die Aufgaben der Medienbildung, so teilt das Kultusministerium in derselben Bekanntmachung mit, sind unter anderem Verantwortungsbewusstsein, Urteils- und Wahrnehmungsvermögen, Werteorientierung, Kommunikationsfähigkeit, aber auch die Ausbildung und Entfaltung der Kreativität der Schüler zu fördern, indem alle Medien im Unterricht Anwendung finden, analysiert, kritisch beäugt und auf ihren gesellschaftlichen Zusammenhang überprüft werden (vgl. ebd.: 357-358). Besonderes Augenmerk sollte hierbei auf die Informations- und Kommunikationstechniken, also computerbasierte Medien und Netzwerke, gelegt werden, um zu gewährleisten, dass Schüler(innen) hinsichtlich ihrer persönlichen Daten zu einem „verantwortungsvollen Umgang“ gelangen (ebd.: 358). Bezüglich des Unterrichts mit Medien gibt die Bekanntmachung vom 24.10.2012 zu verstehen, dass „Medien durch ihr vielfältiges Potenzial, das Anschaulichkeit, inhaltliche Aktivität und formale Qualität ebenso einschließt wie die Möglichkeit, eigene mediale Produkte kreativ zu gestalten, als Motor und Motivator für das Lehren und Lernen [wirken]“ (ebd.: 359). Dennoch darf im Zuge des stundenplanmäßigen Unterrichts keinesfalls auf zulassungspflichtige Lernmittel verzichtet werden (vgl. ebd.: 359). Erstaunlicherweise findet man in der Bekanntmachung nur eine einzige Aussage über den unterrichtlichen Umgang mit sozialen Netzwerken, der zudem noch als äußerst unzureichendempfunden werden und weitere Fragen aufwerfen kann: „Von einer unterrichtlichen Nutzung ist mit Blick auf die besondere Schutzbedürftigkeit der Schülerinnen und Schüler abzusehen“ (ebd.: 359). Das Kultusministerium hält es demnach nicht für ratsam, soziale Netzwerke wie Facebook, in den Unterricht zu integrieren, verbietet es jedoch nicht.

[...]


[1] Wird in dieser Arbeit von ‚Sozialen Netzwerken‘ gesprochen, so geschieht dies in Bezug auf die Definition von „Social Network Sites“ nach Ellison/Boyd (2013), siehe Abschnitt 2.

[2] Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet; in der Regel wird die männliche Schreibweise verwendet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten grundsätzlich für beiderlei Geschlecht.

[3] Im Folgenden wird der Beschluss der Kultusministerkonferenz mit KMKB abgekürzt.

[4] Im Folgenden wird Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus mit KMBek abgekürzt.

Ende der Leseprobe aus 48 Seiten

Details

Titel
Facebook im Deutschunterricht
Untertitel
Eine Dramenaufführung von Friedrich Schillers "Kabale und Liebe" im sozialen Netzwerk
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Note
1,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
48
Katalognummer
V312531
ISBN (eBook)
9783668127432
ISBN (Buch)
9783668127449
Dateigröße
2208 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Zulassungsarbeit zum ersten Staatsexamen über Umsetzung eines Dramenwerks im sozialen Netzwerk.
Schlagworte
facebook, deutschunterricht, eine, dramenaufführung, friedrich, schillers, kabale, liebe, netzwerk
Arbeit zitieren
Marion Richter (Autor:in), 2014, Facebook im Deutschunterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/312531

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