Lessing, G. E. - Emilia Galotti - Eine Kritik am Absolutismus?


Referat / Aufsatz (Schule), 2001

7 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Gliederung:

1. Lessings Verwendung des Theaters zur Verbreitung des Gedankenguts der Aufklärung

2. Ramlers Forderung an die Fürsten: ,, Jetzt Ihr Könige,öffnet euer Herz, Ihr, die Ihr auf Erden richtet, lasst euch belehren"
2.1. Der Inhalt des Zitats
2.1.1. Der Maler Conti als Vertreter der aufgeklärten Künstler
2.1.2. Die Unabhängigkeit derGräfin Orsina
2.1.3. Die Hinwegsetzung des Prinzen über die Ständetrennung
2.2. Der Zweck des Zitats
2.2.1. Der Machtmissbrauch des Marinelli
2.2.2. Die Willkür des Prinzen
2.3. Die politische Situation zur Zeit Ramlers

3. Friedrich II. als Beispiel für einen aufgeklärten Absolutisten

Gotthold Ephraim Lessing - Emilia Galotti

Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781) ,,war ein leidenschaftlicher Verfechter der Aufklärung"1. Ein Leben lang bemühte er sich um die Erneuerung des deutschen Theaters, weil es für ihn der Ort war, ,,wo sich die Aufklärung wenigstens als freies Spiel der Gedanken entfalten konnte"1. Dies geschieht auch in seinem Drama Emilia Galotti, dessen Schauplatz er aber aus Angst vor den deutschen Herrschern in ein italienisches Fürstentum verlegte, in dem der absolutistische Prinz von Guastalla regiert.

Dieser verliebt sich in Emilia Galotti, die Tochter des Obersten Odoardo Galotti. Obwohl diese kurz vor der Heirat mit dem Grafen Appiani steht, will der Prinz keinesfalls auf sie verzichten. Er überlässt es seinem intriganten Kammerherrn Marinelli, der mit Appiani verfeindet ist, dessen Liebesbund mit Emilia zu zerstören. So überbringt Marinelli dem Grafen einen ehrenvollen diplomatischen Auftrag, der seine sofortige Abreise fordert. Als Appiani der Hochzeit wegen ablehnt, lässt Marinelli den Hochzeitszug überfallen und Emilia, angeblich um sie zu schützen, auf das Schloss des Prinzen bringen. Während des Überfalls wird Appiani von den Banditen getötet. Als Odoardo auf dem Schloss erscheint, trifft er auf die ehemalige Geliebte des Prinzen, die Gräfin Orsina, die, in ihrer Eifersucht den Anschlag klar durchschauend, ihm die Augen öffnet und ihm einen Dolch zusteckt. Als Odoardo schließlich mit Emilia sprechen kann, erfährt sie vom Tod des Grafen und dem Plan des Prinzen. Emilia fürchtet, dass sie der Verführung des Prinzen nicht widerstehen könnte und bittet deshalb deren Vater, sie zu töten, weil sie rein und treu bleiben will.

Von Karl Wilhelm Ramler, ein Professor, der ebenso wie Lessing, ein ,,Lyriker der Auflärung"² war und das ,,Nationaltheater in Berlin"² leitete, ist folgendes Zitat überliefert:

,, Jetzt Ihr Könige,öffnet euer Herz, Ihr, die Ihr auf Erden richtet, lasst euch belehren"

So kommentierte er das Theaterstück Emilia Galotti nach der Uraufführung. Im ersten Teil wird die Aussage dieses Zitates an Hand des Textes von jenem Drama, das Ramler zu diesem Satz bewegt hat, genauer beleuchtet. Seine Forderungen ,,öffnet euer Herz" und ,,lasst euch belehren" beinhalten einen der Grundgedanken der Aufklärung, die Abschaffung des Absolutismus und somit mehr Rechte und Mitspracherecht für die Bürger. In Lessings Drama, das in dieser Zeit entstanden ist, gibt es einige Personen, die diese Vorstellung vertreten.

Eine von ihnen ist der Maler Conti. Er ist zwar sehr stark abhängig vom Prinzen, denn ,,die Kunst geht nach Brot" (S.6/Z.16) und der Prinz ist es, der Geld für Bilder ausgibt, dennoch erscheint Conti alles andere als unmündig. Besonders in seiner etwas verärgerten Reaktion auf die Sprunghaftigkeit Hettores (S.8/Z.29-33) zeigt sich wie stark der Wunsch nach Emanzipation und Unabhängigkeit bei ihm ist. Conti ist im Drama der Repräsentant der Künstler der Aufklärung. Diese wollten ihre Kunst frei ausüben, ohne dass der Adel darauf Einfluss nahm. Mit ,,öffnet euer Herz" verlangt Ramler ein Ende des Machtmissbrauchs, der sich hier auch auf die Kunst auswirkt. Ähnlich aufgeklärt ist auch Orsina. Sie durchschaut das Spiel, welches der Prinz mit ihr spielt und zeigt auch den Mut, sich dagegen zu wehren, obwohl sie als Frau nur wenige Möglichkeiten hat, aus den damaligen Rollenvorstellungen auszubrechen. Diese werden in der Aussage ,,Gift nur für uns Weiber, nicht für Männer" (S.64/Z.10-11) als es um Rache an Gonzaga geht, deutlich. Auch denkt sie über sich selbst: ,,Ich bin nur ein Weib" (S.64/Z.20). Trotzdem handelt sie sehr selbstbewusst und macht Odoardo auf alle Machenschaften des Prinzen aufmerksam. Auf diese Weise wehrt sie sich gegen jegliche Bevormundung durch den Prinzen oder Marinelli. Sie ergreift die Initiative und bemüht sich, sich selbst vom Einfluss Fremder auf den Gebrauch des eigenen Verstandes zu befreien. Orsina wehrt sich mit ihrem Verhalten gegen die Unmündigkeit. Das war ein fundamentales Ziel der Aufklärer, die unter anderem das Ende der Unmündigkeit forderten. Auch Ramler ruft in diesem Zitat die Herrscher dazu auf, die Bürger von ihrer Unmündigkeit zu befreien, indem die Herrscher sich von ihnen ,,belehren" lassen sollen.

Das beste Beispiel für einen aufgeklärten Menschen in Lessings Drama ist der Graf Appiani. Er ist bereit, seine gesellschaftliche Stellung aus Zuneigung zur bürgerlichen Emilia aufzugeben, um mit ihr ein Leben in Freiheit und Abgeschiedenheit zu führen. Er löst sich damit vom Ständedenken des Absolutismus, welches dem Ideal der Gleichheit zuwider läuft, denn bei Hof ,,ist es durch das Missbündnis, welches er trifft, mit ihm doch aus" (S.14/Z.2-3). Außerdem hat er sich bereits aus seiner Unmündigkeit befreit, da er plant ein neues Leben in der Abgeschiedenheit des Landes zu beginnen und somit sein eigener Herr zu werden. Appiani führt ein Leben wie es im ersten Teil von Ramlers Zitat gefordert wird. Er öffnet sein Herz und heiratet eine Frau, die er liebt und setzt sich gleichzeitig über die Trennung der Stände zu dieser Zeit hinweg.

So vertritt jede der beschriebenen Personen mindestens einen zentralen Gedanken der Aufklärung, sei es die Abschaffung der Unmündigkeit, die Gleichheit aller Menschen oder die Unabhängigkeit der Kunst. Diese Forderungen finden sich auch in Ramlers Zitat wieder. Er fordert also von den Fürsten, sich an der Aufklärung zu beteiligen und ihr Land nach deren Idealen und Vorstellungen zu regieren.

Als nächstes soll versucht werden zu erklären, welche Gründe Ramler dazu bewegten, seine Aussage ausgerechnet nach diesem Theaterstück zu treffen. Vor allem sind es wohl der Machtmissbrauch, die Willkür und die Unterdrückung der Bürger gewesen, die Ramler dazu brachten. Eine der Figuren, die ihre Macht missbraucht, ist Marinelli. Er ist alles andere als ein Vertreter der Aufklärung, er vereint vielmehr alles Negative am Absolutismus in sich. So bedient er sich Mitteln wie gezielter Intrigen und Informationsmanipulation: ,,Ich war von je her des Grafen Freund; sein vertrautester Freund" (S.47/Z.4-5). Außerdem versucht er seine Stellung als Kammerherr möglichs t geschickt auszunutzen um den Prinzen von seinen Motiven zu überzeugen: ,,Es könnten sich Unglücksfälle dabei ereignen" (S.37/Z.40-41). Marinellis Missbrauch seines Einflusses, der sich ebenso in der realen Welt zugetragen haben könnte, ist ein Punkt, auf den Ramler aufmerksam machen will. Die zweite Person, die in seiner Kritik steht, ist der Prinz. Auch er benützt seine Macht, um Emilia in seine Hände zu bringen. Der Grund dafür, dass er sein Ziel auf diese Weise nicht erreicht, spielt sich in Ramlers Aussage wider: ,,öffnet euer Herz". So sollten die Fürsten seiner Meinung nach ihre Macht nicht dazu benützen, persönliche Ziele zu erreichen. Ein weiteres Motiv für die Hofkritik Ramlers ist die Nachlässigkeit, mit der Gonzaga die Staatsgeschäfte führt, denn er geht je nach Lust und Laune an die

Bittschriften und Probleme der Untertanen heran. So will er ein Todesurteil wegen seiner schlechten Stimmung sogar ,,recht gern" (S.18/Z.18) unterschreiben, jedoch ohne es vorher gelesen zu haben.

Im Prinzen zeigt sich dieses launische, willkürliche, absolutistische Verhalten, das Ramler in diesem Zitat verurteilt. Marinelli und Gonzaga vertreten auf der Bühne die Menschen, die durch Ramlers Aufforderung geändert werden sollen. Er verlangt von den Fürsten, dass sie genau diese Verhaltensweisen unterlassen.

Die Gründe für Ramlers (1725-1798)² Aufforderung sind natürlich nicht zuletzt in der realen Welt, also im preußischen Königreich, zu suchen. Ramler wuchs in ,,Kolberg"² unter dem als ,,rücksichtslos und streng"³ geltenden König Friedrich Wilhelm I., der bis 1740 regierte, auf. ,,Unter ihm wurde die absolute Monarchie in Brandenburg - Preußen vollendet."³ Diese Zeit war auch der Beginn der Aufklärung. Vernunft, ,,Mut zur Kritik"4, geistige Freiheit und religiöse Toleranz sollten Tradition, kirchliche und staatliche Autorität und ,,moralische und ständische Vorurteile"4 überwinden. Einige dieser Forderungen spiegeln sich in Ramlers Aussage wider. Anhänger dieser Bewegung war auch Lessing, dessen Stück eine ,,resignierende Zeitdiagnose"5 ist. So ist der Prinz in seinem Drama ein typischer deutscher absolutistischer Fürst, wie zum Beispiel Friedrich Wilhelm I., den sowohl Lessing als auch Ramler ändern wollten. Ramler versucht das, indem er, ganz nach dem Motto der Aufklärung, an die Vernunft der Herrscher appelliert.

An einem König dieser Zeit zeigt sich ganz deutlich, wie es die Aufklärung schaffte, die Mächtigen zu verändern: Friedrich II., der auch der ,,Alte Fritz"6 genannt wurde. Der Sohn und Thronfolger von Friedrich Wilhelm I. galt als aufgeklärter Absolutist. Er erreichte die Aufhebung der Erbuntertänigkeit, führte Justizreformen durch, und förderte das Schulwesen und die Wissenschaften, in dem er unter anderem die Akademie der Wissenschaften in Berlin wiederbelebte6. Außerdem führte er die Glaubensfreiheit ein. Durch seine Reformen erfüllte dieser Herrscher viele Vorstellungen der Aufklärer und alle Forderungen, die Ramler an die Fürsten stellt. Er öffnete sein Herz und ließ sich belehren.

Anmerkungen:

1. Rötze r Hans Gerd - Geschichte der deutschen Literatur Bamberg, 1996 Seite 74
2. Diegel Werner / Kwiatkowski Gerhard - Meyers Großes Taschenlexikon in 24 Bd. Mannheim; Wien; Zürich, 1987 Band 18, Seite 70
3. Diegel Werner / Kwiatkowski Gerhard - Meyers Großes Taschenlexikon in 24 Bd. Mannheim; Wien; Zürich, 1987 Band 7, Seite 270
4. Kinder Hermann / Hilgemann Werner - dtv-Atlas Weltgeschichte München, 2000 Seite 257
5. Rötzer Hans Gerd - Geschichte der deutschen Literatur Bamberg, 1996 Seite 77
6. Diegel Werner / Kwiatkowski Gerhard - Meyers Großes Taschenlexikon in 24 Bd. Mannheim; Wien; Zürich, 1987 Band 7, Seite 269

Bibliographie:

- Primärliteratur:

Lessing Gotthold Ephraim - Emilia Galotti Stuttgart, 1994

Sekundärliteratur:

[...]


1. Diegel Werner / Kwiatkowski Gerhard - Meyers Großes Taschenlexikon in 24 Bd. Mannheim; Wien; Zürich, 1987

2. Kinder Hermann / Hilgemann Werner - dtv-Atlas Weltgeschichte München, 2000

3. Rötzer Hans Gerd - Geschichte der deutschen Literatur Bamberg, 1996

Ende der Leseprobe aus 7 Seiten

Details

Titel
Lessing, G. E. - Emilia Galotti - Eine Kritik am Absolutismus?
Veranstaltung
Schulaufgabe
Note
2
Autor
Jahr
2001
Seiten
7
Katalognummer
V99870
ISBN (eBook)
9783638983044
Dateigröße
475 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Es wird erörtert,warum Lessings Drama den Absolutismus kritisiert.
Schlagworte
Emilia, Galotti, Deutsch, Personenkarakteristik, Aufklärung, Drama, Gotthold, Ephraim, Lessing, Absolutismmus
Arbeit zitieren
Florian Haidacher (Autor:in), 2001, Lessing, G. E. - Emilia Galotti - Eine Kritik am Absolutismus?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/99870

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