Leben in Metaphern - auf der Grundlage des gleichnamigen Buches von George Lakoff und Mark Johnson


Seminararbeit, 2000

10 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die wissenschaftlich betrachtete Metapher und wie sie funktioniert
2.1 Die konzeptuelle Metapher
2.2 Das Wesen von Metaphern
2.3 Die Röhrenmetapher
2.4 Die partielle Strukturierung von Metaphern

3. Bezugsebenen von Metaphern
3.1 Die Orientierungsmetapher
3.2 Ontologische Metaphern
3.3 Die kulturelle Kohärenz

4. Der Unterschied zwischen Metaphern und Metonymie

5. Ein Widerspruch in der Zeitorganisation?

6. Schlußbemerkungen

Literaturverzeichnis

Hinweis: Metaphern die zum besseren Verständnis beitragen, werden in

Kursivschriftangegeben.

1. Einleitung

Laut Hyper - Lexikon stellt eine Metapher eine Wortwendung dar, die eine Doppel -oder Mehrdeutigkeit aufweist (vgl. Internetseite: www.fhbb.ch/weknow/lexikon/metapher.htm). So kann man beispielsweise mit dem Substantiv Stier jenes Wesen meinen, welches im Stall steht und das männliche Gegenstück zur Kuh repräsentiert. Wenn man aber eine Person als Stier bezeichnet, kann dies ein Anspielung auf ihre physische Kraft, ihre Durchsetzungsfähigkeit oder ihre Verbohrtheit sein. Es ist aber auch möglich, daß wir das Sternbild oder das Sternzeichen Stier ansprechen. Also ist es nicht immer ganz einfach zu erkennen, was bei Benutzung eines solchen Begriffs wirklich ausgesagt werden soll, besonders nicht wenn wir diesen in keinem Kontext verstehen können und er so für uns zusammenhangslos bleibt. Außerdem bedeutet eine Metapher für uns oft nur ein imaginäres Gebilde, was wir nicht greifen können und ordnen es deshalb häufig in die Poesie, oder in die Rhetorik ein.

Das Metaphern aber, durch die Augen von Goerge Lakoff ( Professor für Linguistik an der University of California, Berkeley ) und Mark Johnson ( Professor für Philosophie an der Southern Illinois University ) betrachtet, einen neuen Blickwinkel verdienen, stellen sie in ihrem gemeinsamen Werk ,,Metaphors we live by" dar. Sie vertreten darin die Auffassung, daß Metaphern nicht nur bloßes Beiwerk in unserer Alltagssprache sind, sondern das wir sie ständig gebrauchen, um verbal kommunizieren zu können uns so auch praktisch permanent mit ihnen leben. Auf diese Erkenntnis aufbauend kommen sie zu dem Schluß, daß unser gesamtes Konzeptsystem von ihnen geprägt ist. So verdeutlichen sie, daß die menschliche Denkweise und somit folglich auch unser Handeln, auf einer metaphorischen Grundordnung basiert.

2. Die wissenschaftlich betrachtete Metapher und wie sie funktioniert

2.1 Die konzeptuelle Metapher

Wenn wir von Metaphern reden und sie wissenschaftlich betrachten wollen, müssen wir zuerst anerkennen, daß die Menschheit in einem Konzeptsystem lebt, daß sich aus Wahrnehmung, Denken und Handeln zusammensetzt. Lakoff und Johnson setzen diesem System die Metaphorik voran, was bedeuten würde, daß unser Verständnis von ihnen abhängig ist. Um anderen Personen Vorstellungen, die uns innerlich bewegen, die wir ausdrücken möchten, also genau jene, über die wir gerade nachdenken, mitteilen zu können, benutzen wir oft das Transportmittel der Sprache, so daß diese auf unsere Umwelt Einfluß nehmen können. Nimmt man nun den verbalen Ausdruck als Produkt dieses Prozesses an, kommt man zu dem Schluß, daß unser Konzeptsystem metaphorisch geprägt sein muß, da wir ständig in Metaphern, sei es bewußt oder unbewußt, sprechen. Anschaulicher wird dieses an folgenden Beispielen die wir aus unserem Wortschatz kennen:

Du mußt viellernen, damit Du später malwas ordentliches wirst. OhneFleiß, keinPreis.

Ich mußarbeiten, damit ichGeld verdiene.

Wenn Du bravaufräumst,darfstDuspielen gehen. Wenn Du Dichanstrengst,wirstDu bald befördert.

Gehen wir einen Schritt weiter, dann läßt sich für die eben genannten Phrasen eine Art Oberbegriff finden, der alsAktivität ist Gewinnbezeichnet werden kann und im weiteren Zusammenhang als konzeptuelle Metapher bezeichnet wird. Die aufgezählten Beispiele nennt man metaphorische Ausdrücke und stellen sozusagen Ableitungen dar (vgl. Lakoff & Johnson 1998, S. 12).

2.2 Das Wesen von Metaphern

,,Das Wesen der Metapher besteht darin, daß wir durch sie eine Sache oder einen Vorgang in Begriffen einer anderen Sache bzw. eines anderen Vorgangs verstehen und erfahren können."(Lakoff & Johnson 1998, S. 11) Gliedern wir die konzeptuelle MetapherAktivität ist Gewinn, in ihre beiden Prinzipien auf, erkennen wir, daß das PrinzipAktivitätvon dem PrinzipGewinnnäher beschrieben wird, d.h. von ihm strukturiert wird. Aktivitäterleben wir also so als einen Zustand, der sich für uns als lohnend auswirkt. Dem zugrunde liegt unser kulturell verwurzeltes Konzept der Leistungsorientiertheit und so können wir feststellen das Muster die unser Leben nachhaltig prägen, ihren Ausdruck auch in unserer Sprache finden - mit Hilfe von Metaphern. Daraus läßt sich schließlich folgern, daß bereits unsere Denkweise metaphorisch angelegt ist und wir so in einem metaphorischen Grundkonzeptsystem leben.

Deutlicher wird dies vor allem, wenn wir unsere konzeptuelle Metapher noch weiter untergliedern. Eventuelle Subkategorien wären z.B.Aktivität ist Nutzen,oder Aktivität ist eine wichtige Handlung. Diese Ausdrücke, sind in unserem Ordnungssystem ebenfalls vorhanden, nur nehmen sie im Vergleich zum KonzeptAktivität ist Gewinneine untergeordnetere Rolle in der Hierarchie ein. Dies heißt aber nicht, daß es sich hierbei um nicht eigenständige Metaphern handelt, die funktionsunfähig von ihrem Hauptkonzept abhängig sind, sonder lediglich, daß sie Bezug auf diese nehmen. Dies läßt die Vermutung Wirklichkeit werden, daß

Metaphern auch zueinander einen wechselseitige Beziehungen pflegen und somit ein kohärentes System bilden. Anhand des Konstrukts konzeptuelle Metapher und der Darstellung der Wesenseigenschaften von Metaphern, ist der Schluß möglich, daß sie den Grundstein für unser allgemeines Konzeptsystem darstellen und somit unser Denken und auch unser Handeln strukturieren.

2.3 Die Röhrenmetapher

Durch die Röhrenmetapher ist uns eine weitere Möglichkeit gegeben unser komplexes metaphorisches Konzeptsystem, genauer unter die Lupe zu nehmen, wobei wir feststellen werden, daß die Strukturierung von Konzepten durch Metaphern nur partiell geschieht.

Demnach wird wie folgt festgelegt:

Ideen ( oder Bedeutungen ) sind Objekte Sprachliche Ausdrücke sind Gefäße

Kommunizieren heißt senden. (vgl. Lakoff & Johnson 1998, S. 18)

Die Funktionsweise der Röhrenmetapher ähnelt dem mittlerweile veraltetem Röhrenpostsystem, wie wir es z.B. aus Paris kennen. So wurde der Brief ( hier: Idee ), in einen Metallzylinder ( Gefäß ) gesteckt und mittels einem unterirdischen Röhrensystem an den Empfänger gesendet ( Kommunikation ). Wenn wir nun aus dieser Metapher die Ableitung ,,Sprachliche Ausdrücke sind Gefäße für Bedeutungen"(Lakoff & Johnson 1998, S. 19) bilden, ist es uns möglich zu beweisen, daß einigeBedeutungenohne Kontext immer einen Sinn ergeben, daß bei einigen genau das Gegenteil der Fall ist und sie ohne Zusammenhang sinnlos erscheinen und das es Fälle gibt deren Verständnis vom jeweiligen Betrachter abhängig ist. So ist der AusdruckOhne Fleiß, kein Preissinnvoll, der BegriffFleißfür sich alleinstehend aber sinnlos. Andererseits ist aber der Sinn des AusspruchWir müssen für die Umweltverschmutzung einen hohen Preis zahlen"vom Kommunikationsempfänger abhängig. So könnte der hohe Preis z.B. die Ökosteuer betreffen, oder auch die sich verschlechternden Lebensumstände meinen. Die Röhrenmetapher also zeigt uns, daß die metaphorische Strukturierung nur teilweise stattfindet, denn wäre sie total wären die verschiedenen Bedeutungsinhalte der Konzepte identisch, was, wie wir erfahren konnten, nicht der Fall ist.

2.4 Die partielle Strukturierung von Metaphern

Erweitern wir das Prinzip, drängt sich der Gedanke auf, daß man mit Hilfe von Metaphern auch gewisse Gegebenheiten hervorheben, bzw. unter den Tisch fallen lassen kann.

Tatsächlich besteht ein Großteil der Metaphern die wir verwenden aus solchen, wobei dieser Vorgang meist unbewußt passiert. Betrachten wir noch einmal die konzeptuelle MetapherAktivität ist Gewinn. Bis jetzt haben wir dieAktivitätnur unter dem Gesichtspunkt des Gewinnsbetrachtet, aberAktivitätmuß nicht unbedingt einenGewinneinbringen. Genauso kannAktivitätNachteile einbringen, wer z.B. bei einem Einbruch erwischt wird und in das Gefängnis gehen muß, empfindet dies sicher nicht alsGewinn. An diesem Beispiel kann man sehr gut den partiellen Charakter einer Metapher erkennen, da bei Gebrauch einer Metapher meistens weitere Aspekte eines Prinzips nicht erwähnt werden. Andererseits gibt es auch partiell strukturierte Metaphern, die auffälliger sind, als die bis jetzt angeführten. An dem BeispielZielgerichtete Aktivitäten bringen einen glänzenden, den Wohlstand sichernden Gewinn ein, ist diese Besonderheit sehr schön zu erkennen. Zum einen ist eine solche Formulierung normalerweise nicht gebräuchlich und zum anderen können wir in diesem Konstrukt Elemente erkennen, die nur einen beschreibenden Anspruch auf den Begriff Gewinnhaben. Diese Ausdrücke berühren aber die Prägungselemente unserer metaphorischen Strukturierung nicht. Metaphern wieAktivität ist Gewinnsind, wie wir bereits gesehen haben systematisch aufgebaut und besitzen so eine gewisse Eigendynamik, was bei Metaphern wieZielgerichtete Aktivitäten bringen einen glänzenden, den Wohlstand sichernden Gewinn einnicht der Fall ist, demzufolge sind Metaphern die mit etwaigen Verschnörkelungen verziert sind, keine die unser Grundkonzept strukturieren. Zusammenfassend ist also zu bemerken, daß wie wir anhand der Röhrenmetapher und an dem BeispielAktivität ist Gewinnerleben dürften, daß es Metaphern gibt, die nur durch einen Kontext verständlich werden und welche die dies nicht nötig haben und so bereits Nachrichten verschlucken können oder auch nicht. Des weiteren fällt die partielle Strukturierung bei den meisten Metaphern auf, da sie gewollt, oder ungewollt ebenfalls nur bestimmte Arten von Botschaften verstecken oder beleuchten. Ferner war es uns möglich Metaphern zu konstruieren, die vorstellbar sind, einen partiellen Charakterzug aufweisen, aber im allgemeinen keine weitere Relevanz besitzen, da sie nicht für die Prägung unseres Konzeptsystems verantwortlich sind, da sie eigentlich ein unlebendiges, künstliches Produkt sind.

3. Bezugsebenen von Metaphern

3.1 Die Orientierungsmetapher

Einen weiteren Hinweis, wie sehr unser Leben von Metaphern geprägt ist, bieten uns die Orientierungsmetaphern. So verbinden wir Wortinhalte mit bestimmten Orientierungen, wie z.B.oben - unten, innen - außen, vorne - hinten, dran - wegusw.(vgl. Lakoff & Johnson 1998, S. 22). Diese Zuschreibungen finden nicht zufällig statt, sondern sind abhängig von unserer räumlichen Vorstellung, daher ordnen wir einen Gegenstand, eine Person, oder ein Gefühl usw. bestimmten Richtungen zu. So sehen wir z.B. das PrinzipRegierenalsobenund das PrinzipDienenalsuntenan. Beispielhaft kann man als Grundlage hierfür unsere Kulturgeschichte verantwortlich machen. Der Herrscher war immer der, deroben aufwar. Er saß auf hohem Thron, während die Untertanen vor ihm knieten, er wurde von seinen Diener in einer Sänfte getragen, der Verlierer einer Schlacht warf sich vor dem Gewinner zu Boden. Auch kennen wir Beispiele für dieses Muster aus unser Gefühlswelt wie,Ich fühle mich heute Spitze, oderIch fühle mich total down, wobei wir hier die Gelegenheit haben physische Auswirkungen zu erkennen, die durch das metaphorische Grundkonzept hervorgerufen werden. Je nach Gemütsstimmung kann man so ein Lächeln , mit nach oben gezogenen Mundwinkel sehen, oder man erkennt ein Schmollen, wenn sie sich nach unten hin formen, oder jemand hebt den Kopf an, aufgrund eines Hochgefühls, oder läßt diesen nach unten hängen, weil er deprimiert ist.

Wiederum könnten so, anhand dieser Beobachtungsergebnisse, Belege dafür gefunden werden, daß unser Konzeptsystem von Metaphern geprägt ist und das diese kohärent zueinander stehen, denn wer am Boden liegt, fühlt sich auch meistens down.

3.2 Ontologische Metaphern

Ähnlich wie bei den Orientierungsmetaphern findet auch bei den ontologischen ( vergegenständlichende ) Metaphern eine Zuordnung statt, die sich auf begrenzte, greifbare Objekte bezieht, wobei sich hier das Bild von der Gefäß - Metapher anbietet, wie wir es bei der Röhrenmetapher bereits schon angewandt haben. Eines der ,,Gefäße" auf die wir uns am häufigsten beziehen ist der menschliche Körper. So nutzen wir z.B. den metaphorischen AusdruckIch reiße mir mein Herz aus und lege es Dir zu Füßen, für den nicht greifbaren Zustand der Liebe. Im Wirkungsfeld der ontologischen Metaphern stoßen wir auch auf ein Modell, was sich vielleicht durch seine Präsenz von andere Modellen abhebt und deshalb von großer Wichtigkeit ist: Das Geist - Seele - Modell. Wir benutzen die zwei konzeptuellen Metaphern:

A:Der Geist ist eine Maschine und

B:Die Seele ist ein zerbrechliches Objekt und führen den Beweis für das Gefäß - Modell anhand verschiedener Ableitungen durch.

Für A:

Meine Denkmaschine ist heute nichtin Betrieb. Unsrauchenschon die Köpfe.

Mein Gedankengang ist heuteetwas eingerostet.

Für B:

Sie istschnell niedergeschmettert. Er ist an der Erfahrung zerbrochen.

Sein Nervenkostüm istsehr dünn. (vgl. Lakoff und Johnson 1998, S. 38)

Ferner bringen wir auch unsere Innen - außen - Orientierung in die Welt der Metaphern ein, wobei das Blickfeld eine zentrale Rolle spielt. Wir übertragen sie auf abstrakte Erlebnisse, auf Lokalitäten und sogar auf Gegenstände. Es ist uns möglich uns innerhalb, oder auch außerhalb von Angstzuständen zu befinden, wir sprechen bei Gebirgsformationen von Zentralmassiven und Ausläufern und ein jedes Haus hat natürlich ein Innen- und ein Außenleben. Wie also an den oben genannten Modellen erkennbar ist, kann man auch bei den ontologischen Metaphern die Strukturierung unseres Konzeptsystems durch selbige feststellen, zumal dies besonders eindrucksvoll an dem Geist -Seele - Modell geschehen ist.

3.3 Die kulturelle Kohärenz

Ferner sollte wir noch einmal unser Augenmerk auf den kulturellen Zusammenhang richten. Die Konzepte oben - unten, innen - außen, usw. tauchen wahrscheinlich in jeder Kultur auf dem Erdball auf, nur haben sie verschiedene Wertigkeiten. Beleuchtet man beispielsweise das Konzept aktiv - passiv unter dem Blickwinkeln der abendländischen und der fernöstlichen Kultur, erfährt man, daßAktivitätin Europa einen höheren Stellenwert einnimmt, da wir sehr stark durch unsere Leistungsorientiertheit geprägt sind, im

buddhistischen Tibet aber wird derPassivitätein höherer Rang eingeordnet, da man nur durch Meditation, wofür Ruhe ein Voraussetzung ist, seinem göttlichen Ziel näher kommen kann. In beiden Anschauungen ist das Prinzip oben von gleicher Qualität nur die Assoziationen sind unterschiedlich. Dadurch besteht die Möglichkeit auszusagen, daß bestimmte Grundkonzepte auf der Welt gleich bewertet werden, aber ihre Subkategorien unterschiedlich sein können.

4. Der Unterschied zwischen Metaphern und Metonymie

Unter Metonymie verstehen wir Begrifflichkeiten die nicht in den Bereich der Metaphern gehören die wir auf Menschen beziehen, weil wir ihnen keine humanen Qualitäten zuschreiben (vgl. Lakoff und Johnson 1998, S. 46). Ein Beispiel hierfür: Warum gibt das Finanzamt so unverständliche Einkommenssteuerformulare aus. Mit dem Finanzamt meinen wir aber in Wirklichkeiten die Beamten die im Finanzamt arbeiten. Wir benutzen also einen Begriff, um uns auf den anderen zu beziehen. Das Konzept Metapher unterscheidet sich von dem Konzept Metonymie dadurch, daß durch die Metapher ein Sachverhalt verständlicher gemacht wird, während die Metonymie eigentlich nur eine Beziehung zu einem andere Begriff herstellt, d.h. wir benutzen ein Wort stellvertretend für das andere. Metonymien sind in unserer Gemeinschaft genauso häufig zu finden, als wie Metaphern und werden genauso unbewußt ausgesprochen. Wenn man möchte könnte man allerdings sagen, daß metonymische Konzepte breiter angelegt sind als Metaphern. Hören wir den Begriff Finanzamt, denken wir nicht nur an die Beamten die dort arbeiten, wir schließen auch den Finanzminister, das Steuersystem und alle unsere Erfahrungen die wir mit dem Finanzamt gemacht haben in unsere Überlegungen mit ein. Folglich kann man an der Metonymie sehen, wie stark sie unser Denken und somit auch unser Handeln strukturiert. Oft schwimmen, wenn wir den Begriff Finanzamt nennen, auch Wertigkeiten mit, wie z.B. die im Finanzamt sind doch die hinterletzten Räuber. Demzufolge fühlen wir uns von dem Finanzamt oft ungerecht behandelt und stehen dieser Behörde auch nicht immer wohlwollend gegenüber. In der Metonymie findet dies Ausdruck, wobei man abermals erkennen kann, wie stark unser Alltagsleben, in diesem Fall von metonymischen Konzepten, geprägt ist.

5. Ein Widerspruch in der Zeitorganisation

Der Begriff Zeit könnte auf den ersten Blick, ganz gegenteilig zu unseren bis jetzt erworbenen Erfahrungen, tatsächlich inkohärent sein. Vor allem wenn man folgende Beispiele vergleicht:

In den vor uns liegenden Wochen ... ( Zukunft ) Das liegt jetzt alles hinter uns. ( Vergangenheit ) Und

In den folgenden Wochen ... ( Zukunft )

In den vorhergehenden Wochen ... ( Vergangenheit ) (vgl. Lakoff und Johnson 1998, S. 53)

Im erstgenannten Beispiel liegt etwasvor unsbeziehungsweisehinter uns,was unserer kulturell geprägten Orientierung von Zukunft und Vergangenheit entspricht. Das zweite Beispiel führt aber das exakte Gegenteil auf, was somit einen Bruch der metaphorischen Ordnung darstellen würde. Um dennoch eine Kohärenz feststellen zu können, müssen wir uns mit unserer Vorne - hinten - Orientierung befassen.

Menschen und Tiere haben für uns ein klare Vorder- und Hintenansicht, genauso wie greifbare Gegenstände z.B. Zeitschriften, Fernsehapparate, Schränke usw. Bei Körpern, wie z.B. Pflanzen, Steinen oder auch Gebirgen und Seen usw. fällt die Festlegung schwerer, ebenso wie bei abstrakten Begriffen, wie es die Zeit ist. Bei diesem Beispiel kommt es also wieder darauf an, wo wir uns befinden, so definieren wir die uns zugewandte Seite eines Baumes als Vorderseite und die und abgewandte Seite als Hinterseite. Ähnlich verhält sich dies bei der Zeit. Die Betrachtung erfolgt von dem Standpunkt aus wovon wir sie sehen. Die vor mir liegenden Wochen, sind diese nur, bis sie einen gewissen Zeitpunkt erreichen z.B. Weihnachten. Die Wochen bis Weihnachten liegen vor mir, die Wochen nach Weihnachten liegen zwar auch vor mir, sind aber die Wochen die auf Weihnachten folgen. Äquivalent lassen sich so auch Beispiele für die Vergangenheit finden. Daraus läßt sich ersehen, daß der anfänglich scheinbare Widerspruch, der aufgetreten ist, nicht existiert, da es sich dabei nur um ein Problem der Betrachtungsweise handelt. Abschließend ist zu sagen, daß die Zeit ( Vergangenheit - Zukunft ) und die mit ihr verbundenen Metaphern, erneute Belege für das metaphorisch geprägte Konzeptsystem darstellen. Gleichzeitig wird aber auch die Verbundenheit zwischen den Metaphern demonstriert und somit bewiesen, daß sie kohärent zueinander sind.

6. Schlußbemerkungen

Lakoff und Johnson veranschaulichen in ihrem Buch ,,Metaphors we live by" auf sehr eindrucksvolle Art und Weise ihre Theorie, daß das gesamte menschliche Konzeptsystem und damit unser Denken und Handeln, durch Metaphern strukturiert wird. Meiner Meinung nach wird dies besonders durch das Wesen der wissenschaftlich betrachteten Metapher auffällig. Aber auch das Konzept Orientierungsmetapher, empfinde ich als beeindruckend, da es trotz seiner Komplexität nachvollziehbar ist, d.h. es ist nicht schwierig sich vorzustellen, daß die Menschheit sich an Konzepten wie oben - unten, innen - außen, orientiert. Somit stellt sich für mich dieses Metaphernkonzept als durchaus interessant und lesenswert dar.

Andererseits empfinde ich das ganze Modell als sehr kopflastig, weil keine praktischen Beweise für die reale Existenz dieser Theorie geliefert werden. Ebensowenig werden Methoden angeführt, womit man solche Beweise erbringen könnte. Außerdem habe ich meine Zweifel, ob unser ganzes Sprachsystem von Metaphern geprägt ist und somit eben auch unser Denken und Handeln, da wir einige Wörter verwenden, wo sich meiner Meinung nach der metaphorische Charakter nicht widerspiegelt, wie z.B. und, es, der, die, das, aber, auch usw.

So komme ich zudem Schluß, daß Metaphern sicher mehr sind als schemenhafte Gebilde, die nur in der Dichtung herumgeistern, aber der Universalanspruch von Lakoff und Johnson, daß ,,alles" von Metaphern geprägt ist und dadurch von ihnen strukturiert wird, geht mir zu weit. Literaturverzeichnis :

George Lakoff & Mark Johnson (1998). Leben in Metaphern. Carl-Auer-Systeme Verlag. Heidelberg.

George Lakoff & Mark Johnson (1980). Metaphors we live by. University of Chicago Press. Chicago USA.

Erklärung

Ich versichere, daß die vorliegende Arbeit ohne fremde Hilfe angefertigt wurde und ich mich keiner anderen als der von mir angegebenen Hilfsmittel und Literatur bedient habe.

Markus Buchholz

Ende der Leseprobe aus 10 Seiten

Details

Titel
Leben in Metaphern - auf der Grundlage des gleichnamigen Buches von George Lakoff und Mark Johnson
Hochschule
Hochschule Zittau/Görlitz; Standort Görlitz
Veranstaltung
Sprach - und Denkpsychologie, Kommunikationspsychologie
Note
2
Autor
Jahr
2000
Seiten
10
Katalognummer
V99754
ISBN (eBook)
9783638981910
Dateigröße
428 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Leben, Metaphern, Grundlage, Buches, George, Lakoff, Mark, Johnson, Sprach, Denkpsychologie, Kommunikationspsychologie
Arbeit zitieren
Markus Buchholz (Autor:in), 2000, Leben in Metaphern - auf der Grundlage des gleichnamigen Buches von George Lakoff und Mark Johnson, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/99754

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