Die Juden Galiziens


Hausarbeit, 2001

16 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Das Judentum in Osteuropa

3. Die Juden im österreichischen Kronland Galizien 1772-1918.
3.1. Die Reformen Kaiser Josephs II
3.2. Die jüdische Geistlichkeit um
3.3. Revolution und Reaktion 1848/49
3.4. Sprachliche Zugehörigkeit, Literatur und Assimilations- bewegung
3.5. Galizien um

4. Galizien 1914-1919

5. „Mala Polska“ in der Zwischenkriegszeit

6. Der Hilter-Stalin-Pakt und die Juden Galiziens

7. Schluss

8. Verwendete Literatur

1. Einleitung

Galizien ist aus mitteleuropäischer, vielleicht auch aus beinahe gesamteuropäischer Sicht eine vergessene, zumindest aber eine größtenteils unbekannte, historische Region. In Galizien waren stets zahlreiche Völker und Völkerschaften mit verschiedensten Sprachen, Religionen, Kulturen, ..., zu Hause.[1]

Nach einer langen und wechselhaften Geschichte, und schließlich seit dem Untergang des Österreich-ungarischen Kaiserreichs in den Wirren des Ersten Weltkrieges 1914-1918, richten sich seit langem wieder Blicke auf diese vergessene Landschaft.

Dieses Mal wird das Interesse vieler Menschen und Institutionen aufgrund der geplanten Osterweiterung der Europäischen Union auf diesen geographischen Raum gelenkt. Nach der Integration Polens würde die neue EU - Außengrenze mitten durch das historische Galizien verlaufen. In Polen und in der Westukraine wird diese neue Grenze mit großem Unbehagen erwartet. In Polen sind viele Menschen nicht bereit, sich von Ihren Verwandten jenseits der bisher durchgängigen Grenze trennen zu lassen.[2]

Der Autor der vorliegenden Arbeit möchte sich allerdings nicht mit der aktuellen Diskussion über die Problematik der zukünftigen Außengrenze der Europäischen Union befassen, sondern mit der Geschichte Galiziens. So liegt dieser schriftlichen Arbeit ein Referat dreier Studenten über die Juden Galiziens während der Lemberg-Exkursion des Instituts für Osteuropäische Geschichte Wien unter Leitung von Herrn Professor Dr. Andreas Kappeler und Herrn Dr. Christoph Augustynowicz zugrunde.

Der Referatstext gibt einen knappen historischen Überblick über die Geschichte der galizischen Juden, deren Rolle in der Geschichte Galiziens durchaus bedeutend war. Der zeitliche Schwerpunkt des geschichtlichen Abrisses liegt allerdings auf der österreichischen Periode 1772 – 1918.

2. Das Judentum in Osteuropa

Das Judentum in Osteuropa hat eine weit über 1000jährige Geschichte. Ende des 7. Jahrhunderts wurden Juden, aus der byzantinischen Levante kommend, innerhalb des Staatsgebiets der heutigen Ukraine, ansässig. Nach gegenwärtigem Stand der historischen Forschung wird der sogenannte „Kiewer Brief“, der um das Jahr 930 in hebräischer Sprache verfasst wurde, als eines der ältesten Dokumente betrachtet.

Im Mittelalter wurden Juden im Zusammenhang blutiger Ausschreitungen und Verfolgungen aus den deutschsprachigen Gebieten vertrieben.[3] Die polnischen Herrscher boten ihnen Schutz und Unterstützung in ihrem Herrschaftsbereich an.[4] Das damals polnische Galizien wurde zum Hauptansiedlungsgebiet der Juden. Die erste urkundliche Erwähnung über die Existenz einer jüdischen Gemeinde in Lemberg stammte aus dem späten 14. Jahrhundert.[5] Der König Polens übernahm die Schutzherrschaft über die eingewanderten Juden und erließ in den folgenden Jahren sogenannte „Judenpatente“, die die Rechte und Pflichten der Juden festlegte.

Das Handeln der polnischen Könige und Fürsten war ökonomisch motiviert. „Sie wollten sie (die Juden[6] ) in ihrem Reich ansiedeln, um die Gesellschaft mit einem tüchtigen Stand von Handwerkern, Gewerbetreibenden und Kaufleuten zu bereichern.“[7] Die Juden wurden zu einem für sich abgeschlossenen, jedoch integrierten Bestandteil der Gesellschaft. Das Hauptsiedlungsgebiet der Juden war Ostgalizien mit der Bezirkshauptstadt Lemberg. Lemberg lag damals an sehr bedeutenden Handelsrouten, die von Ost nach West und Nord nach Süd verliefen. Die jüdischen Gemeinden Galiziens gehörten zu den einflussreichsten und wohlhabendsten in Mittel- und Osteuropa.

Im Jahr 1648 wurden im Zuge von Kosakenaufständen um die 300 000 Juden im Gebiet der heutigen Ukraine ermordet und Hunderte jüdischer Gemeinden zerstört. Lediglich im Gebiet Galiziens und Wolyniens überlebte jüdisches Leben und Kultur. Der aufständische Kosakenanführer Bogdan Chmielnicki zog durch Galizien, belagerte befestigte Städte, plünderte und brannte Ortschaften nieder. Der Lemberger Magistrat widersetzte sich den Forderungen Chmielnickis[8] und lehnte die Auslieferung der Lemberger Juden an die Kosaken ab. Die Kosaken zogen gegen die Entrichtung hoher Zahlungen ab.

Das Zusammenleben zwischen Christen und Juden in Galizien war nicht ohne Konflikte und Zwischenfälle. Verdeutlicht werden kann das am Beispiel Lembergs. Im 17. Jahrhundert ermordeten und beraubten christliche Lemberger ihre jüdischen Mitmenschen. Circa 100 Menschen kamen während dieses Pogroms ums Leben, fast alle Synagogen und Wohnhäuser der Juden wurden niedergebrannt.

3. Die Juden im österreichischen Kronland Galizien 1772-1918

Galizien kam in Folge einer Reihe politischen Veränderungen, „durch die Erste Teilung (1772), die dritte Teilung (1795) des Königreichs Polens und die Einverleibung des Gebietes der selbständigen Republik Krakau (1846)“[9] an die Habsburger Monarchie. Die Anzahl der auf österreichischem Herrschaftsgebiet lebenden Juden erhöhte sich beträchtlich. Etwa 2/3 aller österreichischen Juden lebte in Galizien. Um 1776 lebte die Mehrzahl der circa 148 598 galizischen Juden[10] in den Städten und größeren Ortschaften. In einigen wenigen Orten, den sogenannten „Schtetl“, wie z.B. der österreichisch-russischen Grenzstadt Brody stellten sie die Mehrheitsbevölkerung. „Galizische Städte wiesen einen sehr hohen israelitischen Anteil auf (Angaben des Jahres 1900): Brody 72,1 Prozent, Buczacz 57,3 Prozent, ...“[11] In Lemberg gab es im Verhältnis zur städtischen Gesamtbevölkerung 1857 circa 40,58 % (22586), 1890 circa 28,24 % (36130) und 1900 27,68 % (44258) Juden.[12] Insgesamt gab es circa 253 Kultusgemeinden, in denen die Juden des Kronlandes organisiert waren.

Für die weitere Entwicklung Galiziens war es nicht unbedeutend, dass „nach ihrer Machtübernahme die habsburgischen Herrscher die Position der Polen“[13] stärkten.

3.1. Die Reformen Kaiser Josephs II.

Mit dem sogenannten „Toleranzpatent“ Josephs II., 2.1.1782, strebte die Monarchie die Eingliederung der Juden in die bürgerliche Gesellschaft an. Die Einführung der weltlichen Schulbildung in deutscher Sprache für die galizischen Juden stellte einen der wichtigsten Fortschritte dar. Als eine dieser Folgen verbreitete und festigte sich das Deutsche, das dem Jiddischen, das von den meisten galizischen Juden gesprochen wurde, nahe stand. Lemberg wurde zu einem Zentrum der galizischen Haskala (Aufklärung). Die Aufklärer innerhalb des Judentums, die Maskilim, sahen die Umsetzung der Josephinischen Reformen als ihre Aufgabe an und machten sich daher an die Organisation des jüdischen Schulwesens. Eines ihrer Ziele war die Verdrängung des Jiddischen und des Hebräischen. Mehrheitlich stießen die Maskilim, aber auch die josephinische Bildungsreform auf den Widerstand der konservativen Juden, die dahinter eine Germanisierungspolitik vermuteten.

[...]


[1] Vgl.: Röder, Karin: Die galizischen Juden unter Kaiser Franz Joseph I (Diplomarbeit). Wien 1992. S. 4.

[2] Vgl.: Schreiber, Sylvia: Das Gewerbe der Ameisen. S. 140-141. In: Der Spiegel. Nr.16, Hamburg 14.4.2001.

[3] Vgl.: Röder, Karin: Die galizischen Juden unter Kaiser Franz Joseph I (Diplomarbeit). Wien 1992. S. 4.

[4] Vgl.: Röder, Karin: Die galizischen Juden unter Kaiser Franz Joseph I (Diplomarbeit). Wien 1992. S. 5.

[5] Vgl.: Kohlbauer-Fritz, Gabriele: Zur Geschichte der Juden in Lemberg. S.17ff. In: Historisches Museum Wien: Lemberg/L´viv 1772-1918. Wiederbegegnung mit einer Landeshauptstadt der Donaumonarchie. Wien 1993.

[6] Anmerkung des Autors.

[7] Röder, Karin: Die galizischen Juden unter Kaiser Franz Joseph I (Diplomarbeit). Wien 1992. S. 5.

[8] Vgl.: Kohlbauer-Fritz, Gabriele: Zur Geschichte der Juden in Lemberg. S.17. In: Historisches Museum Wien: Lemberg/L´viv 1772-1918. Wiederbegegnung mit einer Landeshauptstadt der Donaumonarchie. Wien 1993.

[9] Röder, Karin: Die galizischen Juden unter Kaiser Franz Joseph I. (Diplomarbeit). Wien 1992. S. 3.

[10] Ebenda.

[11] Vgl.: Bihl, Wolfdieter: Die Juden in der Habsburgermonarchie 1848-1918. Tabelle 90, Wien 1980. S.10;

In: Studia Judaica Austriaca, Band VIII, Eisenstadt 1980. S. 5-73.

[12] Vgl.: Tabelle 90. Ebenda.

[13] Röder, Karin: Die galizischen Juden unter Kaiser Franz Joseph I (Diplomarbeit). Wien 1992. S. 6.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Die Juden Galiziens
Hochschule
Universität Wien  (Institut für Osteuropäische Geschichte)
Veranstaltung
Exkursion nach Lemberg
Note
1
Autor
Jahr
2001
Seiten
16
Katalognummer
V9967
ISBN (eBook)
9783638165419
Dateigröße
510 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Galizien, Juden, Lemberg, Lvov, Lviv, Zweiter Weltkrieg
Arbeit zitieren
Magister der Philosophie Stefan Dietrich (Autor:in), 2001, Die Juden Galiziens, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9967

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