Süskind, Patrick - Das Parfum


Facharbeit (Schule), 2000

12 Seiten, Note: 14 Punkte


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

I. Einleitung
1. Wahl des Themas und Aufbau der Arbeit
2. Inhaltsangabe - der Weg des Scheiterns

II. Die Entwicklung zum Außenseiter III. Grenouilles Scheitern
1. Entstehung der Idee eines künstlichen Eigengeruchs
2. Die Erschaffung des Parfums
3. Demonstration von Macht vor den Menschen
4. Gründe für Grenouilles Scheitern

IV. Fazit
1. Beantwortung der Frage nach den Wünschen
2. Hätte Grenouille sein Scheitern verhindern können?

V. Literaturverzeichnis

I. EINLEITUNG

1. Wahl des Themas und Aufbau der Arbeit

2.

Der Wunsch nach Liebe ist in der Literatur ein altbekannter Wunsch von Romanfiguren. ,,Das Parfum" von Patrick Süskind ist hierfür zwar kein typisches Beispiel, zumal der Autor, wie der Untertitel des Romans verrät, die ,,Geschichte eines Mörders" erzählt. Doch genau dieser Aspekt und zum anderen der Schlusssatz des Buches, der dem Leser ein Rätsel in Bezug auf die Verwirklichung Grenouilles Begehrens aufgibt, gestalten die Untersuchung des Lebens Jean-Baptiste Grenouilles interessant. Denn über das Gesindel, das an Grenouille zu Kannibalen wird, heißt es zum Schluss:

,, Sie hatten zum ersten Mal etwas aus Liebe getan."1 )

Für mich stellt sich deshalb die Frage, ob es tatsächlich Ziel der Hauptfigur war, die Liebe der Mitmenschen zu gewinnen und warum sie schließlich doch an dem Wunsch, die Liebe der Menschen zu gewinnen, gescheitert ist.

Zur Beantwortung dieser Frage ist es jedoch zuerst nötig, die logische Abfolge der Ereignisse wiederzugeben, da Grenouilles Begehren eine Verkettung logischer Elementen vorausgeht. Der Wunsch, Liebe zu gewinnen hat Ursachen, die ich anschließend untersuchen werde. Wichtig hiefür sind zum einen die Erläuterung Grenouilles Entwicklung und die Kindheit, da - teils hieraus - seine Stellung in der Gesellschaft resultiert. Die daraus folgenden Probleme ergeben die Motive, die Grenouille dazu veranlassen, die Liebe der Menschen gewinnen zu wollen. Anschließend können die Gründe für sein entgültiges Scheitern, was schließlich über sein Leben bestimmt, herausgearbeitet werden.

2. Inhaltsangabe - der Weg des Scheiterns

,,Am allerstinkendsten Ort" (P, S. 7) im Frankreich des 18. Jahrhunderts, wird Jean- Baptiste Grenouille unter einem Fischstand inmitten Fischgekröse und Fäkalien zur Welt gebracht. Kurz nach seiner Geburt wird seine Mutter wegen Kindsmord zum Tode verurteilt. Als Grenouille noch ein Säugling ist, empfinden die anderen Menschen ihn wegen des fehlenden Eigengeruchs als unnormal und als eine Bedrohung. Er wird von seiner zweiten Amme an einen Gerber ,,verkauft" und abgeschoben, um für diesen zu arbeiten. Zu dieser Zeit ermordet Grenouille - um den bisher vollkommensten Geruch aller eingefangenen Düfte für sich zu behalten - ein junges Mädchen Er will die Welt der Gerüche als olfaktorisches Genie revolutionieren.

Bei Baldini, einem Parfumeur, verbessern sich zwar die Lebensbedingungen für Grenouille, doch nur, weil Baldini erkennt, wie wertvoll der Junge für ihn ist. Schließlich macht er sich auf den Weg nach Grasse, der Pilgerstätte des Parfums. Auf dem Weg dorthin wird ihm der Geruch der Menschen so zuwider, dass er sich wie ein Einsiedler zum wohl menschenentlegendsten Ort Frankreichs zurückzieht. Dort erlebt er, dass sein schlimmster Alptraum, keinen Eigengeruch zu besitzen, Wirklichkeit wird. Er bricht innerlich zusammen. Hieran geht er im weiteren Verlauf der Geschichte zugrunde.

Grenouille gelangt nun zum Marquise de la Taillade-Espinasse, der ihn als Vorführobjekt einer neu entdeckten Theorie benutzt. Zu dieser Zeit mischt Grenouille sich einen Eigengeruch, mit dem er endlich von den Menschen wahrgenommen und akzeptiert wird. So zieht er nach Grasse, wo er einen anderen wunderbaren Duft eines Mädchens entdeckt, dieses jedoch nicht sofort tötet, sondern zuerst ihren Duft vollständig entfalten lassen will. Er entschließt sich, die Menschen ganz zu beherrschen und sie durch die Erschaffung eines Duftdiadems, worin der Geruch des Mädchens von 24 Düften anderer Frauen, die er schließlich tötet, umschlossen ist, dazu zu bringen, ihn zu lieben. Grenouille verfolgt die Spur jenes Mädchens, auf deren Duft er sehnlichst wartet, denn der Vater, der die Tochter in Sicherheit bringen will, ahnt, dass sie das nächste Opfer sein wird. Grenouille ermordet das Mädchen, um ihren Geruch vollständig auszusaugen und wird, nachdem er aufgrund der Ermittlungen verhaftet worden ist, zum Tode verurteilt.

Bei seiner Hinrichtung - die ganze Stadt hat sich versammelt - setzt er endlich den ,,Wunderduft" ein. Doch trotz der Wirkung des Parfums - alle Menschen lieben ihn plötzlich und die Hinrichtung artet in eine ,,Massenorgie" aus - verzweifelt er an dem ihm nicht entgegengebrachten Hass, denn er erwartet, dass auch sie ihn hassen. Dies erträgt er nicht und kehrt ohne Ziel nach Paris zurück.

Das sich dort versammelte Gesindel, dem Grenouille wie ein Engel erscheint, tut ihm schließlich den einen letzten Gefallen, stürzt sich auf ihn, zerreißt und vertilgt ihn wie Kannibalen. So stirbt Grenouille durch die Wirkung seines eigenen Parfums.

II. DIE ENTWICKLUNG ZUM AUSSENSEITER

Sehr früh verliert Grenouille seine erste und eigentlich wichtigste Bezugsperson in seinem Leben. Seine Mutter gebärt ihn und lässt ihn unter dem Verkaufstisch ,,verrecken". Doch, nachdem ihre ersten Kinder - mit denen sie genauso verfuhr - dabei ums Leben gekommen waren, überlebt Grenouille. Durch sein Geschrei macht er sich bemerkbar und verrät dadurch seine Mutter. Auch bei seiner zweiten Bezugsperson, der Amme Jeanne Bussie, verweilt er nur kurze Zeit. Sie verstößt ihn wegen des fehlenden Eigengeruchs und hält ihn für die Reinkarnation des Bösen. Die zweiten Amme, Madame Gillard, hatte nicht nur ihren Geruchssinn, sondern auch

,, (...) jedes Gefühl für menschliche Wärme und menschliche Kälte und überhaupt jede Leidenschaft (...) (S. 25)verloren. Den eigentlich vorurteilsfreien und reinen Kindern, mit denen er bei Madame Gillard lebt, ist er unheimlich, sodass sie mehrmals versuchen, ihn umzubringen (S. 30). Dies verdeutlicht, dass ihm nie Gefühle zwischenmenschlicher Beziehungen entgegengebracht wurden. Forschungen jedoch haben ergeben, dass Kinder schon vor und erst recht nach der Geburt viel Zärtlichkeit und Zuwendung brauchen, um sich später normal zu entwickeln und in die Gesellschaft eingliedern zu können. All dies bekam Grenouille nicht, was sich auf das Verhalten des heranwachsenden Jungen nicht positiv auswirkt. Schon hier zeigt sich nämlich, dass andere Personen - sogar Kinder - Grenouille instinktiv meiden.

Nicht nur, dass Grenouille so schon als Kind zum Außenseiter wird, ist eine Folge der missglückten Erziehung, sondern auch, dass er sich später in der Gesellschaft nicht einmal ausreichend verständigen kann. Er hat nie gelernt, die Muttersprache, geschweige denn zwischenmenschliche Gefühle zu beherrschen. Er spricht nur das aus, was er will und riecht; demzufolge ist sein erstes Wort ,,Fische". Er sieht die Sprache als ein notwendiges Übel und nicht als ein Mittel der Kommunikation an.

Durch den Mangel an Ausdruckskraft, der logischerweise vorhanden ist, kann er sich der Außenwelt nur schwer verständlich mitteilen, doch legt er darauf auch keinen besonderen Wert. Die Folge ist daher, dass er die Menschen als störende Erscheinung empfindet, da er auch die zwischenmenschliche Kommunikation nie erlernt. Werte wie Moral oder Gewissen und Gefühle scheint er nicht zu kennen. Überhaupt kann er die Menschen nicht leiden, was zum einen an dem Mangel der Kommunikation und an dem für Grenouille eklig erscheinenden Geruch der Menschen liegt. Aus diesem Grund zieht er sich von den Menschen auf den ,,menschenentlegendsten" Ort Frankreichs zurück - in eine Vulkanhöhle. In diesem Moment kapselt er sich bewusst von den anderen Menschen ab und wird dadurch erst zum Außenseiter, da er sich den Menschen völlig verschließt und sie zu hassen beginnt:

,, (...) sein einziges wahres Gefühl (...)" (S. 306)

Diese Gefühlskälte scheint auch ein entscheidender Faktor in seiner Entwicklung zum Mörder zu sein und prägt sich schon früh aus. Er empfindet nichts dabei, wenn er Menschen umbringt, kein Rachegefühl, keine Trauer oder Mitleid.

,,Dass am Anfang dieser Herrlichkeit ein Mord gestanden hatte, war ihm, wenn überhaupt bewusst, vollkommen gleichgültig." (S. 58)

Jean Baptiste Grenouille wächst also in einer herzlosen Umgebung zu einer von extrem unharmonischen Empfindungen geprägten Kreatur heran.

Er hat seiner Umwelt als Reaktion auf seine missglückte Erziehung und unglückliche Kindheit die gleiche Hartherzigkeit und Gefühllosigkeit entgegengebracht, die er sowohl von Seiten der Ammen als auch dem Gerber Grimal und später auch Baldini, ertragen musste und wurde somit zum Außenseiter.

III. GRENOUILLES SCHEITERN

1. Entstehung der Idee eines künstlichen Eigengeruchs

Die Entwicklung Grenouilles zum Außenseiter hat zur Folge, dass er sich auf den Plomb du Chantal zurückzieht, um - abgeschirmt von allem menschlichen Übel - in der Einsamkeit zu leben und ,,sich selbst nahe zu sein" (S. 158).

Um Grenouilles Absicht, das Parfum zu kreieren, zu verstehen, muß man zunächst die Motive, die ihn zu dieser Idee treiben, betrachten. diese Idee baut auf den Wunsch auf, den er äußert, als er den Parfumeur Baldini verlässt:

,,Er wollte seines Innern sich entäußern, nichts anderes, seines Innern, das er für wunderbarer hielt, als alles, was die äußere Welt zu bieten hatte." (S. 140)

Sieben Jahre lang empfindet Grenouille auch Befriedigung auf dem Vulkan, indem er in seinem inneren Imperium als Schöpfer herrscht und den angestauten Hass ausbrechen lässt. Dann jedoch wird sein Zustand zerstört, weil er in einem furchtbaren Traum erkennt, dass er keinen Eigengeruch besitzt. Dies stellt für ihn als Genie der Düfte eine Katastrophe dar, und er beginnt an seinem Elend zu verzweifeln. Ohne persönlichen Duft ist er ein Niemand und er weiß, dass die anderen Menschen ihn gerade deshalb nicht wahrnehmen. Somit gibt es für ihn nichts Inneres mehr, dessen er sich entäußern könnte.2 ) Auch ist damit sein Traum, sich dessen zu entäußern, was er für wunderbarer, als alles andere der äußeren Welt hielt, gestorben, da eben jenes Innere, der Eigenduft, fehlt. Deswegen beschließt er, sich einen persönlichen Geruch zu komponieren, um somit wieder mit sich ins Reine zu kommen.

Im Folgenden Zitate, wenn nicht anders vermerkt, aus o.g. Buch.

2. Die Erschaffung des Parfums

Keinen Eigenduft zu besitzen bedeutet für Grenouille ein innerer Zusammenbruch. Nachdem er jedoch diese Krise überwunden hat, entdeckt er in Grasse, der Stadt des Parfums, einen weiteren unglaublich erscheinenden Geruch. Dieser zieht ihn so sehr in seinen Bann wie kein anderer vorher. Er rührt von einem Mädchen her, das schon in seiner Kindheit ,,haarsträubend himmlisch" (S. 217) duftet:

,,Was er begehrte, war der Duft gewisser Menschen: jener äußerst seltenen Menschen nämlich, die Liebe inspirieren." (S. 240)

Hier jedoch muss man eine Einschränkung vornehmen: Aufgrund der in II. erläuterten Erziehung und Kindheit besitzt Grenouille eine andere Definition der Liebe, als die der Rest der Gesellschaft.

Ein Grund hierfür ist, dass ihm abstrakte Begriffe nicht bekannt oder schleierhaft sind. Deshalb verbindet er das Wort ,,Liebe" wohl kaum mit den bekannten Gefühlen, weil

(...) unsere Sprache nicht zur Beschreibung der riechbaren Welt taugt (...)." (S. 160)

Für ihn ist Liebe vielmehr, wie erwartet, in der Beziehung des Duftes zu finden, denn er begehrt nicht das Mädchen selbst oder das Gefühl der Liebe, sondern liebt den Duft (S. 242).

Er ist so sehr besessen, gerade zu berauscht und fasziniert von dem Geruch des Mädchens, dass er jenen Duft für sich allein und ausschließlich für sich besitzen will. So kommt er auf die geniale Idee, ein Duftdiadem herzustellen, in dem der Duft Laures - so der Name des Mädchens - das Zentrum bilden soll, umrandet von den Düften anderer erlesener Mädchen. Grenouille geht so weit und träumt von der Erschaffung einer Duftaura, die so herrlich ist wie die des Mädchens hinter der Mauer, womit offensichtlich Laure gemeint ist. Diese erdachte Duftaura verwirklicht er durch die Herstellung des Parfums.

3. Demonstration von Macht vor den Menschen

Grenouille möchte nicht nur den Duft des Mädchens besitzen, sondern auch durch die Herstellung des perfekten Riechwassers seine olfaktorische Begabung beweisen. Bestätigt würde er sich fühlen, wenn es ihm gelänge, unter einer hergestellten Duftmaske sein wahres Ich, das von ,,Selbstüberhebung, Menschenverachtung" und ,,Immoralität" geprägt ist (S. 5), zu verstecken. Dies kann ihm nur gelingen, indem er die Menschen durch die Wirkung des Duftes dazu bringt, ihn zu lieben. Gerade wegen der Verhaftung, um den Menschen und sich selbst seine Genialität zu beweisen setzt er das Wunderriechwasser ein. Es soll ihm helfen, die Menschen zu beherrschen und so seine Gedanken vom ,,herrlichen", ,,einzigen", ,,großen", ,,wahren Grenouille" (S. 162) zu verwirklichen:

,,Er wollte der omnipotente Gott des Duftes sein, so wie er es in seinen Phantasien gewesen warm aber nur in der wirklichen Welt und über wirkliche Menschen." (S. 198)

Dies Potential eines Herrschers oder Schöpfers, wie er sich auf dem Plomb du Chantal nennt, kann er nur allein durch die Verbreitung des Duftes erreichen. Welche Macht jedoch der Duft, der die Liebe inspirieren soll, hat - ebenfalls im Bezug auf Grenouilles Überlegenheitsgefühl - kann man schon bei der Anwendung des ersten Menschenduftimitats erahnen. Die Erkenntnis seines Potentiales lässt bei ihm Eigenlob und Verachtung gegenüber den Menschen aufkommen, die ihm in Hinsicht auf den olfaktorischen Sinn bei weitem unterlegen sind:

,, (...) brach in Grenouille ein anderer Jubel los, ein schwarzer Jubel, ein böses Triumphgefühl (...)"

,, (...) mit ganzer Inbrunst verachte, weil sie stinkend dumm waren; weil sie sich von ihm belügen und betrügen ließen, weil sie nichts waren und er alles! (S. 197)

Betrachtet man also zunächst die Wirkung des künstlichen Eigengeruchs, so wird deutlich, wie mächtig Grenouille erst bei Anwendung des Liebeswassers sein muss. Hierzu stellt die geplante Hinrichtung, wobei er sich den Wunderduft aufträgt, die Schlüsselszene dar. Und trotz seines anekelnden Aussehens und seiner widerwärtigen Eigenschaften tritt die erhoffte Wirkung, nämlich sich bei den Menschen beliebt zu machen, unverzüglich ein:

,, (...) er hatte es erreicht, sich vor der Welt beliebt zu machen. (S. 304)

,,Den göttlichen Funken hatte er sich durch unendliches Raffinement ertrotzt. (...) Er hatte sich eine Aura erschaffen, strahlender und wirkungsvoller, als sie je ein Mensch besaß. (S. 304)

,, (...) Er erlebte in diesem Augenblick den größten Triumph seines Lebens. (S. 305)

Somit hat er die Herausforderung, die das beliebt machende Parfum an seine Fähigkeiten gestellt hat, bewältigt. Dies gestattet ihm, sich wieder getrost in Überheblichkeit und Gotteslästerung zu üben, weil er sein grenzenloses Talent als bestätigt ansieht. Er setzt sich sogar - dank seines unheimlichen Gefühlsrausches - über die antiken Sagenhelden an die Spitze der realen Welt:

,, Er war noch größer als Prometheus. (...) Und er verdankte sie (seine Aura) niemandem - keinem Vater, keiner Mutter und am allerwenigsten einem gnädigen Gott - als einzig sich selbst. (S. 304)

,, Ja, er war der Große Grenouille! Jetzt trat's zutage. Er war's, wie einst in seinen selbstverliebten Phantasien, so jetzt in Wirklichkeit." (S. 305)

Auch die anderen Menschen sehen ihn als Übermensch an, sodass man durchaus sagen kann, Grenouille habe die Liebe der Menschen gewonnen.

4. Gründe für Grenouilles Scheitern

Mit der Auslösung von Liebesgefühlen ist Grenouille erfolgreich. Doch die Geschichte beginnt, sich zu wenden:

,,Er erlebte in diesem Augenblick den größten Triumph seines Lebens. Und er wurde ihm fürchterlich.

Er wurde ihm fürchterlich, denn er konnte keine Sekunde davon genießen."

Grenouille plagen also Zweifel. Allgemein betrachtet bestätigt sich sein Triumph in Bezug auf die göttliche Schöpfung einer liebenswerten Aura. Die Menschen lieben ihn auch, doch nicht seines Charakters oder seiner Person wegen, sondern des Duftes wegen. Um sein Ziel zu erreichen, hätte das Parfum sein Inneres ausfüllen und nicht nur seinen Eigenschaften eine Duftmaske aufsetzten müssen. Statt dessen fühlt er:

,, (...), dass die Nebel wieder stiegen. Wie damals in der Höhle im Traum im Schlaf im Herzen in seiner Phantasie stiegen mit einem Mal die Nebel, die entsetzlichen Nebel seines eigenen Geruchs, den er nicht riechen konnte, weil er geruchlos war." (S. 306, f.)

Da sein Inneres weiterhin aus Geruchlosigkeit, für ihn also aus keinen wahrnehmbaren Gefühlen, besteht, kann folglich die doch gewonnene Liebe für ihn nicht die wahre Liebe, die er erreichen will, sein. Sie hätte nur einen Wert gehabt, wenn die Zuneigung der Menschen eine Antwort auf Grenouilles eigene Herzlichkeit gewesen wäre.

Somit hat sich sein anderer Wunsch, sich ein einziges Mal seines Inneren zu entäußern, nicht erfüllt, denn Grenouille erkennt, dass der Wunsch, die Liebe der Menschen zu gewinnen, eigentlich blanker Hass ist. Trotzdem gelingt es ihm nicht, sich seines Inneren zu entäußern.

Grenouille geht schließlich an seinem lang ersehnten Wunsch, sich seines Inneren zu entäußern - dem Eigengeruch, den er nicht besitzt - zugrunde. Er hatte versucht, sein Inneres durch einen Eigenduft zu ersetzen und durch den Wunderduft auch Erfolg mit dem Aufsichaufmerksammachen gehabt, doch hat er zum einen erkannt, dass sein Wunsch nach Liebe, eigentlich Hass ist und zum anderen, dass die Menschen nicht ihn selbst, sondern die durch das Parfum entstandene Hülle verehrten:

,, Er wollte nur ein Mal, ein einziges Mal in seiner wahren Existenz zur Kenntnis genommen werden und von einem anderen Menschen eine Antwort erhalten auf sein einziges wahres Gefühl, den Hass" (S. 306)

Doch auch in Hinsicht auf sein Streben nach Anerkennung scheitert Grenouille. Die Menschen verehren ihn zwar wie einen Gott und einen Heiligen, doch schenken sie seiner olfaktorische Begabung keine Bedeutung. Somit erkennen sie auch nicht, dass Grenouille der größte Parfumeur aller Zeiten ist.

Da die Scharfrichter ihn wegen der Wirkung des Parfums nicht hinrichten, bleibt ihm nichts anderes übrig, als die Stadt zu verlassen:

,, Er wollte überhaupt nicht mehr leben. Er wollte nach Paris gehen und sterben." (s. 315) Um diese Absicht zu verwirklichen, missbraucht er das Parfum. Er verwendet es sozusagen als Instrument seines Selbstmordes, denn er weiß, wie sich das Parfum entfaltet. Die Verbrecher sind so sehr in ihn verliebt, dass sie ihn besitzen wollen und werden so an ihm zu Kannibalen.

IV. FAZIT

1. Beantwortung der Frage nach den Wünschen

Da Morden oftmals mit tiefer Feindseligkeit zu dem Opfer verbunden ist, könnte man zu dem Schluss kommen, dass Jean-Baptiste Grenouille zwar sein erstes Ziel - sich seines Inneren zu entäußern - verfehlt, aber dennoch den erst am Ende ausgebildeten Wunsch nach Hass, nachdem er in seinem Ziel des Erreichens der aufrechten Liebe gescheitert ist, verwirklichen konnte. Diese Schlussfolgerung jedoch ist falsch, da die Verbrecher seine Duftmaske noch stärker verehren als bei der Hinrichtung. Da das Parfum keinen Hass hervorruft, sondern Liebe, bleibt es dabei, dass Grenouille von den Menschen nicht verstanden wird und sich Zeit seines Lebens nichtöffnen kann. Damit ist die Frage, ob Grenouille tatsächlich sein zweites Ziel, die Liebe der Menschen zu gewinnen, erreicht hat, beantwortet.

2. Hätte Grenouille sein Scheitern verhindern können?

Meiner Meinung nach konnte Grenouille sein Scheitern nicht verhindern, da sich die ganze Biographie Jean-Baptiste Grenouilles mit dem Thema beschäftigt, wie die Hauptfigur letzten Endes daran zurunde geht, keinen Eigengeruch zu besitzen. Hätte er eher erkannt, dass das wirkliche Gefühl, was er versucht zu erreichen, nicht die Liebe der Mitmenschen seiner Person wegen, sondern der Hass ist, hätte er sich - mit anderen Inhaltsstoffen - ein Parfum erschaffen können, das Hass verbreitet, um so seinem Wunsch gerecht zu werden, sich einmal seines Inneren entäußern zu könne. Doch ich denke, dass auch dies Vorhaben fehlgeschlagen wäre, da Grenouille von der Liebe zu dem Duft des Mädchen dazu getrieben worden ist, einen Liebesduft herzustellen. Somit hätte er auch dies nicht verhindern können, womit ich zum Schluss wieder bei dem sich schon in den ersten Seiten abzeichnenden Problem angelangt bin. Somit scheint sein Weg des Scheiterns schon am Anfang seines Lebens vorbestimmt zu sein. Der Rest der Geschichte berichtet lediglich, wie er das Problem erkennt, damit versucht umzugehen und an seinem Scheitern verzweifelt. Dies geschieht durch die Erschaffung eines Eigengeruchs, dessen Wirkung zunächst auch anschlägt und durch daraus resultierende Übermütigkeit des Kreieren des Parfums, dessen Wirkung bei ihm einen derben Rückschlag erzielt.

Deshalb kann man abschließend sagen, dass alle Versuche, sich geschickt aus der Affäre zu ziehen, sinnlos sind, da Grenouilles Ende schon durch das Fehlen seines Eigengeruchs bei seiner Geburt vorbestimmt ist.

V. LITERATURVERZEICHNIS

Süskind, Patrick. Das Parfum. Die Geschichte eines Mörders. Zürich: Diogenes Verlag, 1985

Stadelmaier, G.. Lebens-Riechlauf eines Duftmörders. Die Zeit 14 (15.03.1985)

Reich-Ranicki, Marcel. Des Mörders betörender Duft. Frankfurter Allgemeine Zeitung 12 (02.03.1985): 45

Matzkowski, Bernd. Erläuterungen zu Patrick Süskind, Das Parfum. Unter Mitarbeit von I. Alessio, M. Hohage, V. Klammer, A. Rust. Hg. Klaus Bahners, Gerd Eversberg, Rainer Poppe. 4. Aufl. Hollfeld: C. Bange Verlag, 1998

Burg-Gymnasium, Jahrgangsstufe 11

Bad Bentheim

SCHRIFTLICHE HAUSARBEIT

im Fach Deutsch

zu Patrick Süskind, ,,Das Parfum": Hat Grenouille sein Ziel erreicht, die Liebe der Menschen zu gewinnen? Oder Das Scheitern eines Genies

Verfasser: Imke Kupfer Abgabetermin: 23. 06. 2000

[...]


1 ) Süskind, Patrick. Das Parfum. Die Geschichte eines Mörders. Zürich: Diogenes Verlag, 1985. S.320

2 ) vgl. Zitat S. 6, Buch S. 140

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Süskind, Patrick - Das Parfum
Note
14 Punkte
Autor
Jahr
2000
Seiten
12
Katalognummer
V99513
ISBN (eBook)
9783638979573
Dateigröße
435 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Süskind, Patrick, Parfum
Arbeit zitieren
Imke Kupfer (Autor:in), 2000, Süskind, Patrick - Das Parfum, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/99513

Kommentare

  • Gast am 13.4.2004

    Super Ausarbeitung.

    Danke für diese super ausarbeitung. Ich bzw. meine schwester musste das buch in der schule lesen und sie hat es nciht verstanden bzw. fand es etwas ekelig.
    wir beide also sie und cih ahben es in der 8 Klasdse geslesen und dank deiner Ausarbeitung ahebn wie für unsere referate eine 2-3 bekommen. webnn du jetzt denkst das wir dein Referat kopiert und so vorgetragen haben liegst du falsch wir haben es nur als vorlage gehabt sdamit wir uns etwa unter dem buch vorstellen konnten da wir es so ekelig fanden.

  • Gast am 15.4.2002

    Inhaltsangabe!!!!.

    in einer Inhaltsangabe darf nur der Text wiedergegeben werden und nicht interpretiert werden

  • Gast am 2.2.2002

    respekt.

    Für die 11. klasse echt verdammt gut wobei man schon sagen muß daß wenn man die bücher aus deinem Literaturverzeichnis kennt viel viel übernommen ist aber nichts desto trotz:
    war sicher verdammt viel arbeit.
    mach weiter so:-)

  • Gast am 2.5.2001

    Widerspruch.

    Im Prinzip gute Erläuterung, aber Widerspruch in den Ausführungen über die Liebe. Es fehlen postmoderne Aspekte.

  • Gast am 23.4.2001

    inhaltsangabe.

    Für die 11.klasse passabel,wenn auch fast nur Inhalt wiedergegeben und wenig Interpretationsarbeit geleistet wird.
    Dass Grenouilles Scheitern schon zu Beginn des Roman feststeht halte ich für fraglich.Sein Wunsch die Liebe der Menschen zu gewinnen geht nur scheinbar in Erfüllung,denn sie lieben ihn nicht für dass ,was er ist,sondern für den Duft den er aufträgt.
    Die tiefer Ebene des "Parfums" erschliesst sich nur sehr schwer und unter dem Hinnehmen von Widersprüchen
    und Ungereimtheiten,die der Autor,der das ständige Graben nach Sinn nur belächelt,wahrscheinlich nicht ohne Absicht eingebaut hat.

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