Die Merkmale der Selbstverwirklichung nach A. Maslow und C. Rogers


Hausarbeit (Hauptseminar), 2002

20 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

2 Vorwort

3 Die Merkmale der Selbstverwirklichung nach A. Maslow
3.1 Vorbemerkungen, Subjekte und Methoden
3.2 Eigenschaften selbstverwirklichender Menschen
3.2.1 Bessere Wahrnehmung der Realität
3.2.2 Akzeptierung
3.2.3 Spontanität, Einfachheit, Natürlichkeit
3.2.4 Problemeinstellung
3.2.5 Objektivität und Privatheit
3.2.6 Unabhängigkeit, Wille
3.2.7 Unverbrauchte Wertschätzung
3.2.8 Mystische Grenzerfahrung
3.2.9 Gemeinschaftsgefühl
3.2.10 Interpersonelle Beziehungen
3.2.11 Demokratische Charakterstruktur
3.2.12 Gut und Böse – Mittel und Zweck
3.2.13 Humor
3.2.14 Kreativität
3.2.15 Widerstand gegen kulturelle Anpassung
3.2.16 Unvollkommenheit der Selbstverwirklicher

4 Die Merkmale der Selbstverwirklichung nach C. Rogers
4.1 Vorbemerkungen
4.2 Abschied von Zwängen
4.2.1 Weg von den Fassaden
4.2.2 Weg vom 'Eigentlich sollte ich'
4.2.3 Weg vom Erfüllen kultureller Erwartungen
4.2.4 Weg davon anderen zu gefallen
4.3 Entwicklungen
4.3.1 Entwicklung zur Selbstbestimmung
4.3.2 Entwicklung zum Prozess-Sein
4.3.3 Entwicklung zur Komplexität
4.3.4 Entwicklung zur Erfahrungsoffenheit
4.3.5 Entwicklung zum Akzeptieren der andern
4.3.6 Entwicklung zum Selbstvertrauen
4.4 Der sich voll entfaltende Mensch

5 Philosophische Reflexion
5.1 Übereinstimmung der Positionen
5.2 Menschenbild
5.3 Freiheit
5.4 Sicht der Wirklichkeit/Konstruktivismus

6 Literaturverzeichnis
6.1 Primärliteratur:
6.2 Sekundärliteratur:

2 Vorwort

Selbstverwirklichung – ein Schlag- oder eigentlich schon Modewort, das von esoterisch angehauchten Hausfrauen bis zu dynamischen Jungunternehmern immer wieder gerne benutzt wird. Dabei dürften die wenigsten wissen, dass dieser Begriff auf Hegel zurückgeht, der ihn ca. 1835 als Synonym für Autonomie verwandte.[1]

Auch jemand, der so wie ich das Fach Philosophie als Gegenstand eines zweiten Neigungsstudiums gewählt hat, steht der Frage nach Sinn und Selbstverwirklichung naturgemäß ziemlich nahe. Somit war sowohl die Wahl des Hauptseminars als auch des Themas der Arbeit eine durchaus einfache logische Sache.

Interessant war es ebenfalls, sich mit einer der vier Hauptrichtungen der Psychologie (tiefenpsychologisch, behavioristisch, kognitiv und humanistisch) etwas näher zu beschäftigen und dabei die beiden wohl bedeutendsten Vertreter der humanistischen Psychologie, Maslow und Rogers, zu vergleichen.

3 Die Merkmale der Selbstverwirklichung nach A. Maslow

3.1 Vorbemerkungen, Subjekte und Methoden

Insbesondere im 11. Kapitel seines Buches "Motivation und Persönlichkeit" beschäftigt sich Abraham Maslow mit den Eigenschaften selbstverwirklichender Menschen. Dass eine Untersuchung zu diesem Thema auf erhebliche methodische Schwierigkeiten stößt und daher unter dem Gesichtspunkt einer streng wissenschaftlichen Arbeitsweise durchaus angreifbar ist, wird von Maslow bereits im persönlichen Vorwort dieses Kapitels zugegeben. Um diese Problematik zu vermeiden, bliebe jedoch nur die Alternative, sich überhaupt nicht mit dieser Frage zu beschäftigen. Dafür ist Maslow das Problem der psychologischen Gesundheit jedoch zu wichtig.[2]

Bereits die Auswahl der Versuchspersonen warf erhebliche Schwierigkeiten auf. Wie sollte festgestellt werden ob eine Person selbstverwirklichend ist oder nicht? Die erste klinische Definition, auf deren Grundlage die Versuchspersonen schließlich ausgesucht oder zurückgewiesen wurden, war die Abwesenheit von Neurose, psychopathischer Persönlichkeit, Psychose oder starken Tendenzen in dieser Richtung. Weiterhin orientierte man sich nach populärwissenschaftlichen Kriterien, nach denen die Versuchspersonen sich sicher und angstlos, akzeptiert, geliebt und liebevoll, achtungswert und geachtet fühlen sollten. Ihre philosophischen,, religiösen oder axiologischen Richtungen sollten klargestellt sein. Hier wurde schnell offensichtlich, dass diesen Kriterien praktisch kein Mensch genügen konnte und die Anforderungen gesenkt werden mussten.

Ein weiteres Problem war die Informationsgewinnung bei den Versuchspersonen, da sich viele, über den Zweck der Untersuchung informiert, verweigerten, zurückzogen, verlegen wurden oder alles ins Lächerliche zogen.

Maslow gesteht weiterhin zu, dass seine Untersuchung zwei essentielle Anforderungen an eine wissenschaftliche Arbeitsweise nicht erfüllen kann: Wiederholbarkeit und öffentliche Überprüfbarkeit sind, da es sich zum Teil um lebende Menschen handelte, nicht gegeben. Auf der anderen Seite bezog Maslow auch historische Persönlichkeiten wie Thomas Jefferson oder Abraham Lincoln in seine Arbeit mit ein und musste sich somit auf wiederum unsichere dritte Quellen verlassen.

Auf Grund des geringen Umfangs der Untersuchung und der schlechten quantitativen Darstellbarkeit der Ergebnisse formulierte Maslow eine Reihe von, wie er sagt, holistischen Eindrücken und Merkmalen, die er bei selbstverwirklichenden Menschen feststellte:

3.2 Eigenschaften selbstverwirklichender Menschen

3.2.1 Bessere Wahrnehmung der Realität

Psychisch gesunde = selbstverwirklichende Menschen besitzen lt. Maslow eine deutlich bessere Wahrnehmung ihrer Umwelt. Er bezieht diese Fähigkeit auf eigentlich alle Bereiche des menschlichen Lebens wie Politik, Kunst, wissenschaftliche Fragen, Musik etc.. Hier seien die Selbstverwirklicher besser in der Lage, eine verborgene oder verwirrende Realität richtig zu erkennen und zu beurteilen. Da diese Personengruppe weniger von Ängsten, Zweifeln, Wunschvorstellungen etc. geleitet ist, scheint diese Folgerung durchaus nahe zu liegen. Interessant ist jedoch, dass Maslow deutlich darüber hinausgeht, diesen Personen einfach nur mehr Urteilsvermögen oder guten Geschmack zuzusprechen. Er spricht ganz explizit davon, dass hier eine bessere = richtigere Erkenntnis einer tatsächlich vorhandenen Realität gegeben ist. Also sind die Selbstverwirklicher auch besser in der Lage, die Wahrheit zu erkennen und leben stärker in der realen Welt der Natur als psychisch weniger Gesunde.

Auch eine deutlich größere Gelassenheit, ja sogar Neugier im Sinne einer freudig stimulierenden Herausforderung gegenüber Unbekanntem und Unsicherheit stellt er bei psychisch Gesunden fest.

3.2.2 Akzeptierung

Viele an selbstverwirklichenden Menschen beobachtbare Eigenschaften sind die Manifestation einer starken eigenen Akzeptanz. So leidet dieser Personenkreis nicht an übermächtigen Schuld- und verkrüppelnden Schamgefühlen oder schweren Ängsten. Dies darf jedoch nicht mit einer übergroßen Selbstzufriedenheit im negativen Sinne verwechselt werden. Vielmehr werden die eigenen Schwächen und Unzulänglichkeiten in stoischer Art und Weise als Ergebnisse einer unbeeinflussbaren natürlichen Realität akzeptiert. Deshalb ist es auch völlig unnötig, sich zu verstellen, Schutzhaltungen oder Posen einzunehmen. Dies wird auch bei anderen Menschen abgelehnt. Schlecht bzw. schuldig fühlen sie sich nur bei Diskrepanzen zwischen dem was ist und wie es sein sollte bzw. könnte, also nur in Bereichen, die nicht ihrem Einfluss komplett entzogen sind.

3.2.3 Spontanität, Einfachheit, Natürlichkeit

Bei selbstverwirklichenden Menschen lässt sich in der Regel ein sehr spontanes Verhalten beobachten. Effekthascherei und Künstlichkeit sind ihnen fremd. Damit einher geht eine geringe Bedeutung von gesellschaftlichen Konventionen. Diese werden nur insoweit akzeptiert, als sie ihn in seiner Entfaltung nicht behindern. Sollte er sich jedoch eingeschränkt sehen, kann er Regeln und Normen, die allgemein gesellschaftlich anerkannt sind, sehr schnell übergehen. Hier sieht Maslow auch den tiefstgehenden Unterschied zwischen den selbstverwirklichenden Menschen und anderen. Unter Anlehnung an seine bekannte Bedürfnispyramide konstatiert er bei den psychisch Gesunden eine Wachstumsmotivation, während bei allen anderen eine Mangelmotivation verhaltensrelevant ist. Seiner Meinung nach sollte bei den Selbstverwirklichern weniger von Motivation als vielmehr von Entfaltung gesprochen werden.

3.2.4 Problemeinstellung

Maslows Versuchspersonen sind mit Problemen befasst, die außerhalb ihrer eigenen Person liegen. Sie beschäftigen sich nicht mit kleinkarierter Nabelschau und Trivialitäten. Sie stehen mit einer gewissen Gelassenheit über den Dingen und leben im größtmöglichen Bezugsrahmen.

3.2.5 Objektivität und Privatheit

Selbstverwirklicher schätzen ein höheres Maß an Privatheit als Durchschnittsmenschen. Sie können ohne Schaden und Unbehagen für sich alleine sein. Auch gelingt es ihnen, ein deutlich größeres Maß an Objektivität in jeder Beziehung zu erreichen als anderen Menschen. Diese Distanziertheit wird von 'normalen' Menschen häufig als Arroganz ausgelegt. Mit diesem hohen Maß an Autonomie einher geht eine Neigung zur Selbst-Entscheidung bzw. Selbst-Regierung. Selbstverwirklicher wollen Hammer und nicht Amboss sein und besitzen ein großes Maß an freiem Willen.

3.2.6 Unabhängigkeit, Wille

Eng mit bereits genannten Punkten im Zusammenhang ist die Unabhängigkeit von ihrer physischen und sozialen Umwelt. Da sie von Wachstumsmotivation und nicht Mangelmotivation angetrieben werden, sind selbstverwirklichende Personen nicht davon abhängig, etwas von anderen zu erhalten. Sie hängen vielmehr nur von ihrem Willen und ihrem Potential ab und können sich dem wahren Problem der menschlichen Entwicklung zuwenden: der Selbstverwirklichung.

3.2.7 Unverbrauchte Wertschätzung

Selbstverwirklicher besitzen die Fähigkeit grundlegende, häufig sogar einfache Erfahrungen mit der gleichen Freude, Intensität, Begeisterung ja sogar Ekstase immer wieder erleben zu können. Sei es ein Sonnenuntergang, das Wunder menschlichen Lebens, die Schönheit einer Blume etc.. Das sich an Dinge gewöhnen bzw. die Abstumpfung gegenüber solchen Grunderfahrungen oder sie als selbstverständlich voraussetzen ist ihnen fremd.

3.2.8 Mystische Grenzerfahrung

Hier unterteilt Maslow erstmals die Gruppe der Selbsverwirklicher in Grenzerfahrende und Nicht-Grenzerfahrende. Dabei steigern sich die im vorigen Abschnitt genannten Gefühle bei einigen Versuchspersonen weit genug, um als mystische Erfahrung bezeichnet zu werden. Diese Erfahrungen werden vom bevorzugten Einzelnen häufig, vielleicht sogar täglich gemacht, wenn auch in unterschiedlicher Intensität. Die Unterschiede zwischen den Grenzerfahrenden und anderen macht Maslow an verschiedenen Eigenschaften fest. So stellt er bei den Nicht-Grenzerfahrern einen Hang zu praktischem effektiven Verhalten (typische Berufe wären Politiker, Sozialarbeiter, Reformer) fest, während die anderen eher im Bereich Poesie, Musik, Ästhetik und Religion zu Hause sind.

3.2.9 Gemeinschaftsgefühl

Die Selbstverwirklicher empfinden gegenüber ihren Mitmenschen ein Gefühl der Identifikation, Sympathie und Zuneigung, obwohl sie teilweise unter den Unzuläng-lichkeiten der 'normalen' leiden. Maslow nennt diese Beziehung in Anlehnung an Adler die 'Ältere-Bruder-Haltung'.

3.2.10 Interpersonelle Beziehungen

Maslows Versuchspersonen haben tiefere und wertvollere interpersonelle Beziehungen als andere Erwachsene. Dabei sind sie in ihrer Auswahl jedoch sehr selektiv und suchen sich häufig Menschen aus, die psychisch gesünder und der Selbstverwirklichung näher stehen als der Durchschnitt. Eine Folge der Intensität ist die Anzahl. So ist ihr Freundeskreis eher klein. Allerdings zeigen sie gegenüber Personen, die ihnen nicht nahe stehen dennoch Freundlichkeit oder zumindest Geduld, was jedoch eine realistische Einschätzung und Ablehnung von Heuchlern oder Angebern nicht ausschließt. Alle Selbstverwirklicher ziehen zumindest einige Bewunderer, Verehrer oder gar Schüler an, was für die Versuchspersonen in der Regel unangenehm ist und dazu führt, dass sie solche Beziehungen zwar freundlich aber so elegant wie möglich zu vermeiden versuchen.

[...]


[1] vgl.: Kirchner, Friedrich; u.a.: Wörterbuch der philosophischen Begriffe; Hamburg; 1998; Meiner; S.: 596

[2] Das gesamte Kapitel ist im wesentlichen eine verkürzende Zusammenfassung des Kapitels 11 in: Maslow, Abraham; Motivation und Persönlichkeit; Olten; 1977; Walter; S.: 216 – 252. Auf die explizite Kennzeichnung von wörtlichen bzw. sinngemäßen Zitaten wurde daher in diesem Abschnitt bewusst verzichtet.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Die Merkmale der Selbstverwirklichung nach A. Maslow und C. Rogers
Hochschule
Hochschule für Philosophie München  (Philosophie)
Veranstaltung
Hauptseminar an der Hochschule für Philosophie
Note
1,7
Autor
Jahr
2002
Seiten
20
Katalognummer
V9948
ISBN (eBook)
9783638165273
Dateigröße
537 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sinn, Selbstverwirklichung, Maslow, Rogers
Arbeit zitieren
Thomas Götz (Autor:in), 2002, Die Merkmale der Selbstverwirklichung nach A. Maslow und C. Rogers, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9948

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