Die Problematik der Gesinnungs- und Verantwortungsethik in der Politologie bei Max Weber


Hausarbeit, 2000

9 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung (A) :
Was macht einen Staat zu einem Staat?

Hauptteil (B) :
I. Allgemeines
1. Politik und Staat
2. Legitimitätsgründe einer Herrschaft
3. Mittel zur Herrschaftssicherung
4. Der Idealtypus eines Politikers
II. Die zwei Ethiken im politischen Handeln
1. Ethik
a) Die Verfälschung des Begriffes
b) Ethik und Politik
2. Unterscheidung: Gesinnungsethik und Verantwortungsethik
a) Gesinnung
b) Legitimität
c) Wahl der Mittel
d) Folgen und Verantwortung des Handelns
3. Politik im Spannungsfeld dieser beiden Ethiken

Schluß (C) :
Die Problematik heute

A:

Was ist ein Staat? Das fragen sich viele Menschen aber viel interessanter ist doch die Frage, was macht einen Staat eigentlich aus? Der Staat läßt sich für Max Weber soziologisch nicht aus dem Inhalt dessen, was er tut, definieren, sondern nur über dem ihm spezifischem Mittel : der physischen Gewalt. Die Kontrolle über einen Staat haben in der Demokratie in der Regel die Politiker. Diese sind aber auch nur normale Menschen aus Fleisch und Blut und müssen in ihrem Beruf mit dem Machtinstrument der Gewalt umgehen können. Doch wie setzt man dieses Mittel richtig ein? Welche Qualitäten muß ein Mensch besitzen, um ein guter Politiker zu werden, um eben bei der Anwendung dieses problematischen Mittels keine Fehler zu begehen? Max Weber versucht am Ende seiner Rede ,,Politik als Beruf" , welche er 1919 in München vor dem Freistudentischen Bund hielt, mit Hilfe der Ethik Antworten darauf zu geben, welches zugleich mein heutiges Thema sein soll. Dafür ist es allerdings erforderlich, zunächst auf die vorherigen Argumentationen und Begriffserklärungen Webers im Groben einzugehen.

B:

I)1) Zu Beginn seiner Rede definiert Weber Politik und Staat in einem Zusammenhang, denn Politik ist für ihn ,,jede Art selbstständiger leitender Tätigkeit" (Z. 12). Genauer gesagt, ,,die Leitung oder die Beeinflussung der Leitung eines politischen Verbandes, heute also eines Staates"(Z.19-20).Staat sei zudem ,,diejenige menschliche Gemeinschaft, welche innerhalb eines bestimmten Gebietes - dies: das >Gebiet< , gehört zum Merkmal - das Monopol legitimer physischer Gewaltsamkeit für sich (mit Erfolg) beansprucht" (Z.40-43).Daraus ergibt sich, daß der Staat die alleinige Quelle des >Rechts< auf Gewaltsamkeit innehat und jede andere Gruppe im

Staat dies ebenfalls nur auf Grund der Erlaubnis des Staates haben kann. Deswegen bedeutet Politik für Weber das ,,Streben nach Machtanteil oder nach Beeinflussung der Machtverteilung, sei es zwischen Staaten , sei es innerhalb eines Staates zwischen den Menschengruppen, die er umschließt" (Z.46-49). Daß Macht direkt mit der physischen Gewaltsamkeit zusammenhängt, dürfte jedem schon klar geworden sein. Inwieweit die Macht nun mit der Ethik eines politisch Handelnden kollidiert, darauf kann erst später eingegangen werden.

2) Der Staat ist für Weber ,,ein auf das Mittel der legitimen (d.h.: als legitim angesehen) Gewaltsamkeit gestütztes Herrschafts verhältnis von Menschen über Menschen. Damit er bestehe, müssen sich also die beherrschten Menschen der beanspruchten Autorität der jeweils herrschenden fügen"(Z.59-63). Die entscheidende Frage, die er sich daraufhin stellt, ist, wann und warum tun sie das ? Dafür entwickelte Weber drei reine Grundtypen von Legitimitätsgründen, welche so in der Wirklichkeit natürlich nicht vorkommen und nicht die einzigen Gründe für Gehorsam sind. Motive wie Angst, Furcht, Rache oder Lohn spielen dabei ebenfalls eine große Rolle. Der erste Grundtyp ist die Autorität des >ewig gestrigen< (Z.68), d.h. die traditionale Herrschaft, welche sich auf das Gewohnheitsrecht stützt oder auf eine geheiligte Sitte. Beispiele hiefür sind der Patriarch oder der Patrimonialfürst . Zweitens handelt es sich um die Autorität kraft >Legalität< (Z.76) Dahinter versteckt sich der Glaube an die Geltung legaler Satzungen, so wie wir es heute in unserem System vorfinden. Man könnte diesen Herrschaftstyp auch als den >rationalen< Typen bezeichnen. Entscheidend hierbei ist die sachliche Kompetenz des damals -modern ausgedrückt- ,,Staatsdieners". Als letzte und für Max Weber interessanteste innere Rechtfertigung finden wir die Autorität der >außeralltäglichen persönlichen Gnadengabe< oder einfacher formuliert des >Charisma< (Z.71). Unter diesen Bereich fällt der geborene Kriegsfürst, der plebiszitäre Herrscher, der Demagoge und der politische Parteiführer. Eben in diesem Blickfeld wurzelt der Gedanke des Berufs in seiner ursprünglichsten Bedeutung für Weber am stärksten. Denn hier ist eine innere Berufung vorhanden und der Erfolg durch die Anhängerschaft bestätigt. Für ihn ist es zudem eine ideelle Genugtuung, für einen Menschen in gläubiger persönlicher Hingabe und nicht nur für ein abstraktes Programm einer aus Mittelmäßigkeiten bestehenden Partei zu arbeiten. Diese >charismatische< Element allen Führertums ist für ihn eine der Triebfedern der Gefolgschaft überhaupt (Z.916-920). Er selbst setzte sich daher stark für eine plebiszitäre Wahl des Reichspräsidenten ein.

3) Die Frage, die sich daraufhin stellt, ist, wie alle politisch herrschenden Gewalten es anfangen, sich in ihrer Herrschaft zu behaupten? Weber meint, durch zwei entscheidende Mittel : Einerseits durch den Verwaltungsstab und andererseits durch die materiellen äußeren Sachgüter (Z.124). Ein jeder will am Leben bleiben und brauch dafür Essen und Trinken. Nur dafür benötigt man Geld oder materiellen Entgelt. Deswegen ist man an den neuen Herrscher gebunden. Zudem kommt auch noch die soziale Ehre hinzu, welche man ungern verlieren möchte beziehungsweise dazugewinnen will. Allein dies ist schon die letzte entscheidende Grundlage für die Solidarität des Verwaltungsstabes mit dem Gewalthaber. Bei den materiellen äußeren Sachgütern (Z.135) muß man zwei Fälle unterscheiden. Entweder ist der Verwaltungsstab im eigenen Besitz der Verwaltungsmittel und somit nicht ganz abhängig von dem Gewalthaber, was natürlich einer Machtteilung gleichkommt, oder er bekommt sie durch diesen gestellt. Ersteres bezeichnet Weber als einen ,,ständisch" (Z.153) gegliederten Verband, wie z.B. in der eigenständigen Aristokratie. Zum letzteren zählt er ,,alle Formen patriarchaler und patrimonialer Herrschaft ,die sultanistische Despotie und ganz besonders, wegen ihrer rationalsten Ausbildung, die bureaukratische Staatsordnung" (Z.172-175). Hierin liegt für Weber das charakteristische des modernen Staates : die Trennung des Verwaltungsstabes von den materiellen äußeren Sachgütern. Durch diesen politischen Enteignungsprozeß entstanden seiner Meinung nach die ersten >Berufspolitiker<, welche sich in den Dienst der Fürsten stellten und oft nur den Sündenbock spielten. Weber handelt im Laufe seiner Rede die Geschichte der Entstehung des Berufs der Politik ab und geht genauer auf die Länder England, Amerika und Deutschland ein. Auf dies hier näher einzugehen würde den Rahmen meiner Arbeit sprengen.

4) Was zeichnet nun aber einen guten Politiker aus? Welche Qualitäten muß er besitzen? Kann man diese erlernen oder muß man diese von Natur aus mitbringen? Teils ja und teils nein, würde Weber darauf antworten. Neben Machtinstinkt und Machtstreben, welches nur ganz natürliche Eigenschaften eines Politikers sind, gibt es drei wesentliche Qualitäten, die unabdingbar sind: Verantwortungsgefühl - Leidenschaft - Augenmaß" (Z.1329). Leidenschaft bedeutet eben nicht eine ,,sterile Aufgeregtheit" wie der bekannte Soziologe Georg Simmel dies einmal formulierte und auch nicht das Nachjagen von Gefühlen und Sensationen, sondern eher eine innere und brennende Hingabe an eine ,, Sache" (Z.1330). Diese leidenschaftliche Sachlichkeit ist jedoch vergebens, wenn das entsprechende Verantwortungsgefühl fehlt. Jene beiden Qualitäten zusammen machen erst den ,,Dienst an der Sache aus" (Z.1339), doch sind diese nicht ganz wirkungsvoll, wenn die wichtigste psychologische Qualität, nämlich das ,,Augenmaß" fehlt. Diese befähigt den Politiker dazu, in einer gewissen Distanz die Probleme, die auf ihn zu kommen und welche er lösen soll, in Ruhe auf sich wirken zu lassen und sich eben nicht im ersten Moment seiner Leidenschaft hinzugeben. So widersprüchlich die drei genannten Qualitäten auf den ersten Blick erscheinen mögen , so ergeben sie doch in Symbiose gerade erst die ,,Stärke einer politischen Persönlichkeit" (Z.1355.1356). Für Weber gibt es in Folge dessen zwei Todsünden im Leben eines Politikers, welche oft parallel vorkommen. Zum einen die ,,Verantwortungslosigkeit" , welche durch die Eitelkeit mancher Personen das Bedürfnis weckt, sich unangemessen in den Vordergrund stellen zu müssen. Gerade der Demagoge, der vor allem von seiner >Wirkung< nach außen lebt, ist in diesem Bereich anfällig und ist in steter Gefahr, mehr nach seinem Image zu fragen und somit die Folgen für sein Tun zu vernachlässigen. Zum anderen die ,,Unsachlichkeit" , bei der manche Politiker sich mehr im Glanz der Macht sonnen als nach der wirklichen Macht zu streben. Genau hierbei entwickelt sich für Weber der unerträgliche Gedanke, daß Machtpolitik das ,,Produkt einer höchst dürftigen und oberflächlichen Blasiertheit gegenüber dem Sinn menschlichen Handelns" ist , ,,welche keinerlei Verwandtschaft hat mit dem Wissen um die Tragik, in die alles Tun, zumal aber das politische Tun, in Wahrheit verflochten ist"(Z.1390-1393). Deshalb muß im politische Handeln immer ein Glaube vorhanden sein bzw. ein Sinn dahinter stehen, ,,sonst lastet in der Tat ( ) der Fluch kreatürlicher Nichtigkeit auch auf den äußerlich stärksten politischen Erfolgen" (Z.1406-1408).

II)

1)a) Mit dem zuletzt genannten erreichen wir meines Erachtens den interessantesten Punkt in Webers Rede über die ,,Politik als Beruf" und zwar den Bereich des ethos in der Politik als >Sache<. Zunächst versucht Weber dies Thema von einer trivialen Verfälschung zu befreien, indem er einige Beispiele aus dem damaligen aktuellen politischen Bereich wählt. Wie z.B. die Kriegsschulddebatte, bei der er meint, der Ausgang des Krieges sei zu akzeptieren und es sei ,,darüber zu reden, welche Konsequenzen zu ziehen sind entsprechend den sachlichen Interessen, die im Spiel waren, und - die Hauptsache - angesichts der Verantwortung vor der Zukunft , die vor allem den Sieger belastet" (Z.1439-1442). Alles andere wäre für Weber würdelos und müsse sich rächen. Den Krieg kann man dem zu folge nach nur durch Sachlichkeit, Ritterlichkeit und Würde sittlich überwinden, ,,nie aber durch eine Ethik" (Z.1448). Er kritisiert hierbei die Politiker, welche sich nur mit ,,sterilen, weil unaustragbaren Fragen der Schuld der Vergangenheit" (Z.1450-1451) beschäftigten. Für Weber gibt es nicht schlimmeres, als ,,diese Art der Benutzung der >Ethik< als Mittel des >Rechthabens<,, (Z.1457).

1) b) Jetzt haben wir gesehen, wie Ethik nicht verwendet werden soll. Doch die entscheidende Frage bleibt, wie es mit der Beziehung zwischen Ethik und Politik, genauer gesagt dem politischen Handeln, aussieht. Weber fragt sich daraufhin , ob ,,(...)sie gar nichts miteinander zu tun haben (...) oder ob ,,es umgekehrt richtig ist , daß >dieselbe< Ethik für politisches wie für jedes andere Handeln gelte?" (Z.1459-1460) Seine Antwort darauf ist ganz eindeutig, denn für ihn trifft beides nicht zu. Politisches Handeln ohne eine Ethik ist für ihn generell ausgeschlossen und politisches Handeln mit ein und derselben Ethik für alles Handeln auf der Welt ebenso. Denn wie bereits am Anfang dieses Aufsatzes erwähnt, ringt der Politiker stets um Einfluß und Macht. Hinter der Macht verbirgt sich aber das spezifische Mittel des Staates : nämlich die physische Gewalt. Für ihn scheint es undenkbar, daß dies ,,den ethischen Anforderungen der Politik so gleichgültig sein kann" (Z.1467).Daher muß es eine spezielle Ethik für politisches Handeln, einerlei ob dahinter ein militaristischer Diktator oder aber ein Arbeiter -und Soldatenrat steht, geben, obwohl meines Erachtens der Vergleich Webers hier ein wenig gewagt ist . Ausschlaggebend ist jedoch die Erkenntnis, daß das Mittel jeweils das gleiche ist. Um aber auf die eingangs gestellte Frage der Beziehung zwischen Ethik und Politik antworten zu können, müssen wir uns darüber im klaren sein, das für Weber ,,alles ethisch orientierte Handeln unter zwei voneinander grundverschiedenen , unaustragbar gegensätzlichen Maximen stehen kann: es kann >gesinnungsethisch< oder >verantwortungsethisch< orientiert sein" (Z.1525-1528). Bei der Unterscheidung dieser beiden extrem gegensätzlichen, meiner Meinung nach fast schon bipolaren Begriffe, möchte ich darauf hinweisen, das man sein Augenmerk auf drei zentrale Unterscheidungspunkte richten sollte : Gesinnung, Mittel, Folgen und eventuell auf die Verantwortlichkeit.

2)a) Für Weber ist es selbstverständlich , daß Gesinnungsethik nicht gleichbedeutend ist mit Verantwortungslosigkeit und Verantwortungsethik mit Gesinnungslosigkeit. Doch für ersteres steht - Nomen est Omen - die Gesinnung an oberster Stelle, d.h. die Maxime des Handelns besteht nicht in der Erlangung eines bestimmten Zieles, sondern in der Verfolgung eines bestimmten Wertes.

Für den Verantwortungsethiker gilt die Gesinnung zwar auch sehr viel, nämlich als Antrieb für seine Handlung (Sachlichkeit), es werden allerdings Einschränkungen zugunsten der Mittel und der Erlangung des Zieles gemacht.

b) Dem Gesinnungsethiker reicht also die Legitimierung seines Handelns durch dessen Eigenwert, d.h. nur die Flamme der Gesinnung ist entscheidend, wohingegen der Verantwortungsethiker Legitimation nur durch den Erfolg seiner Taten erfährt, was bedeutet, er berücksichtigt vorher schon die Konsequenzen seiner Handlung.

c) Nun, bei der Wahl der Mittel stößt Weber auf ein gravierendes Problem. ,,Keine Ethik der Welt kommt um die Tatsache herum, daß die Erreichung >guter< Zwecke in zahlreichen Fällen daran gebunden ist, daß man sittlich bedenkliche oder mindestens gefährliche Mittel mit in den Kauf nimmt, und keine Ethik der Welt kann ergeben: wann und in welchem Umfang der ethisch gute Zweck die ethisch gefährlichen Mittel und Nebenerfolge >heiligt<" (Z.1551-1557).Generell spielt die Abwägung der Mittel für die Gesinnungsethiker keine Rolle. Jedoch wirft das bereits schon erwähnte Mittel der ,,physischen Gewalt" , ein nicht unerhebliches Problem auf. Da die Bergpredigt, oder wie Weber sie bezeichnet, die absolute Ethik des Evangeliums, eine der Grundlagen der Gesinnungsethik darstellt und zum absoluten Gewaltverzicht aufruft, muß die Gesinnungsethik ,, jedes Handeln, welches sittlich gefährliche Mittel anwendet, (...) verwerfen" (Z.1580-1581). Daran scheint sie aber überhaupt scheitern zu müssen, was Weber an den Beispielen des ,,Aufrufens zur letzten Gewalt"(Z.1585) polemisch bzw. an den Sozialisten der ,,Zimmerwalder Richtung", welche eine Verlängerung des Krieges für die Erreichung ihres doch bescheidenen Zieles in Kauf nahmen, veranschaulicht. Für ihn erträgt der Gesinnungsethiker ,,die ethische Irrationalität der Welt nicht" (Z.1588), was auch nicht die einfache These F. W. Försters ,,aus gutem kann nur Gutes, aus bösem nur Böses folgen" (Z.11598) lösen kann. Denn schließlich lehrt für Weber die Geschichte stets das Gegenteil. Interessant dabei ist, daß Weber eben an dieser ,,Irrationalität" das Entstehen der Religionen festmacht.

Der Verantwortungsethiker dagegen bemüht sich um eine Abwägung der Mittel, welche er für seinen Zweck einsetzen muß. Nach Weber geht es ihnen in erster Linie um eine Verhältnismäßigkeit der unumgänglichen Gewaltanwendung, weil der Politiker (nach Hobbes) gezwungen ist, das Mittel der Gewalt gegen das Übel einzusetzen.

e) Die Einschätzung der Folgen ist bei gesinnungsethischem Handeln ebenso irrelevant wie eine Abwägung der Mittel, selbst wenn das Ergebnis der Handlung der Handlungsmaxime widerspricht. Als Beispiel dafür erwähnt Weber den ,,Syndikalisten", dem man ,,noch so überzeugend darlegen" kann, ,,daß die Folgen seines Tuns die Steigerung der Chancen der Reaktion , gesteigerte Bedrückung seiner Klasse , Hemmung ihres Aufstiegs sein werden" (Z.1535-1537). Bezüglich der Verantwortlichkeit des gesinnungsethischen Handelns fährt Weber fort, ,,wenn die Folgen einer aus reiner Gesinnung fließenden Handlung üble sind, so gilt ihm nicht der Handelnde, sondern die Welt dafür verantwortlich , die Dummheit der anderen Menschen oder - der Wille Gottes, der sie so schuf" (Z.1537-1540).Webers Meinung nach fühlt sich der Gesinnungsethiker nur für das Nichterlöschen der Flamme der Gesinnung verantwortlich. ,,Sie stets neu anzufachen, ist der Zweck seiner, vom möglichen Erfolg her beurteilt, ganz irrationalen Taten, die nur exemplarischen Wert haben können und sollen" (Z.1548-1550).

Der Verantwortungsethiker bedenkt die voraussehbaren Folgen seines Handeln stets und fällt dementsprechend seine Entscheidungen. Er rechnet ,,mit eben jenen durchschnittlichen Defekten der Menschen" (Z.1541).Daher werden die Konsequenzen seines Handelns stets ihm zugerechnet, für welche er auch bereit ist einzustehen.

3) Bei näherer Betrachtung fällt auf, daß der Bereich der Gesinnungsethik stärker gewichtet ist als der Bereich der Verantwortungsethik. Das liegt zum einen daran, das Weber ein Gegner des gesinnungsethisch politischen Handelns ist und gegen dies stärker argumentieren muß. Zum anderen nutzt er die Gelegenheit, um seine politischen Gegner zu kritisieren und Stellung zu aktuellen politischen Themen zu nehmen.

Selbstverständlich ist es auch Weber klar gewesen, das es einen nur Gesinnungs- -bzw. nur Verantwortungsethiker nie gab und niemals geben wird. ,,Der Genius, oder der Dämon der Politik lebt mit dem Gott der Liebe, auch mit dem Christengott in seiner kirchlichen Ausprägung, in einer inneren Spannung, die jederzeit in unaustragbaren Konflikt ausbrechen kann" (Z.1721-1726). Daß die Politik Aufgaben zu lösen hat, welche nur mit Gewalt zu bewältigen sind, wurde schon verdeutlicht, daß aber der Politiker sein ,,Heil der Seele" gefährdet, erkennt man erst jetzt. Selbst mit der Verantwortungsethik ist man nicht geschützt und mit der Gesinnungsethik schon gar nicht. Denn bei letzterer kann das ,,Heil der Seele" ,,Schaden erleiden und diskreditiert werden auf Generationen hinaus, weil die Verantwortung für die Folgen fehlt" (Z.1740-1741). Jeder gute Politiker muß eben jene anfangs genannten Qualitäten der Leidenschaft, Verantwortung und Augenmaß mitbringen, um im politischen Handeln die ,,diabolischen Mächte" erkennen und mit ihnen umgehen zu können. Am Ende muß aber festgehalten werden, das Max Weber niemandem vorschreiben will, wie er sich ethisch zu verhalten hat. Schließlich fordert er geradezu, daß ein verantwortungsethisch handelnder Mensch die Fähigkeit besitzen muß, an einem Punkte anzugelangen, wo er sagt: ,,ich kann nicht anders, hier stehe ich" (Z.1771).Die extrem gegensätzlichen Maximen, welche er im Laufe seiner Rede aufstellt, versucht er am Ende seines Vortrages in Einklang zu bringen. ,,Insofern sind Gesinnungsethik und Verantwortungsethik nicht absolute Gegensätze, sondern Ergänzungen, die zusammen erst den echten Menschen ausmachen, den, der den >Beruf zur Politik< haben kann" (Z.1774- 1775).

C:

,,Die Politik bedeutet ein starkes langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich" (Z.1808-1809). Man muß eben schon ein besonderer Mensch sein, um in der Politik zu bestehen, um diese enorme Spannung und den Druck, unter dem man steht, zu verkraften. Man wird sich zwangsläufig verändern, ob man will oder nicht. Es gibt eine ganze Reihe von Ethik-Konfliktthemen wie z.B. Atomausstieg, Kosovokrieg oder die Gentechnik, bei der ein Politiker sich entscheiden muß. Max Webers Antworten darauf sind bestimmt nicht die alleinige Wahrheit. Vielleicht gibt es nur eine Ethik, vielleicht aber auch so viele wie Menschen. Immerhin ist es ein guter Ansatz, der das Problem des politischen Handelns mit dem Mittel der physischen Gewalt im Kern erreicht.

Literaturverzeichnis :

Weber, Max: ,,Wissenschaft als Beruf, Politik als Beruf" - in : Klett Verlag, Editionen Philosophie; Jakob Ossner, Michael Rumpf und Joachim Vahland (Herausgeber); 1. Auflage

Ende der Leseprobe aus 9 Seiten

Details

Titel
Die Problematik der Gesinnungs- und Verantwortungsethik in der Politologie bei Max Weber
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München
Veranstaltung
politische Theorie
Note
2
Autor
Jahr
2000
Seiten
9
Katalognummer
V99369
ISBN (eBook)
9783638978132
Dateigröße
410 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
gut lesbar und nachvollziehbar, leider fehlt es an der letzten Konsequenz des Gedankenstriches
Schlagworte
Problematik, Gesinnungs-, Verantwortungsethik, Politologie, Weber, Theorie
Arbeit zitieren
Christian Bliedtner (Autor:in), 2000, Die Problematik der Gesinnungs- und Verantwortungsethik in der Politologie bei Max Weber, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/99369

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