Die Gegenspieler Dietrichs in der aventiurehaften Dietrichepik


Seminararbeit, 1999

27 Seiten, Note: gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Drachen
2.1 Der Drache im Abendland
2.2 Helden als Drachenkämpfer
2.3 Dietrich und die Drachen

3 Die Wilden Leute
3.1 Wer sind die Wilden Leute
3.2 Das Aussehen der wilden Leute
3.3 Die wilde Jagd in der Virginal
3.4 Dietrich und der ,,wilde man"
3.5 Der Wunderer

4 Riesen
4.1 Allgemeines zum Thema Riesen
4.2 Dietrichs Riesenkämpfe

5 Zwerge
5.1 Das Bild des Zwerges im Mittelalter
5.2 Zwerge als Gegner Dietrichs

6 Ergebnisse und Ausblick

7 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Der Ostgotenkönig Theoderich der Große lebt in der Sagengestalt des Dietrich von Bern fort. Eingegliedert in den großen Sagenkreis um diesen Helden ist die aventiurehafte Dietrichepik. Der Name wird aufgrund einiger Ähnlichkeiten mit den Artusepen verwendet1. Die Gegen- spieler Dietrichs sind in diesen Abenteuern fast durchwegs Riesen, Zwerge, Drachen und wilde Leute.

In dieser Arbeit soll ein kurzer Überblick über die Fabelwesen, mit denen Dietrich sich in vielen Kämpfen mißt, gegeben werden. Als stoffliche Grundlage dient die gesamte märchenhafte Dietrichepik. Menschliche Gegner werden hier bewußt außer Acht gelassen. Besonderes Augenmerk wird der Frage gewidmet, warum Dietrich eigentlich mit diesen Fabelwesen kämpft.

2 Drachen

2.1 Der Drache im Abendland

Die ersten Drachen begegnen uns bereits in der Antike. Berühmt wurde vor allem die Hydra, der Drachen, den Herakles erschlug, und jener, den der Held Cadmus erschlug. Letzterer könnte durchaus als Vorbild für die mittelalterlichen Drachen gelten. In Ovids Metamorphosen findet sich eine genauere Beschreibung dieses Ungeheuers. Feurige Augen, gefährliche Zähne, einen mächtigen Leib, alles Attribute, die auch auf die mittelalterlichen Drachen durchaus zutreffen. Ohne Zweifel handelt es sich bei beiden Monstren um menschenfeindliche Kreaturen, die eine Verkörperung des Bösen darstellen. Ein weiterer Drache der antiken Mythologie, diesmal jedoch der germanischen Tradition entstammend, ist der Drache Nidhoggr, jenes Scheusal, dessen Wohnstätte sich in der Unterwelt Niflheim befindet und der bestrebt ist, den Weltbaum Yggdrasil zu zerstören.

Dieses Bild vom bösen Drachen, vom Drachen, der Chaos verbreitet und die Verkörperung aller gottfeindlichen Kräfte scheint, bestimmt das Bild des abendländischen Drachen bis in die heutige Zeit. Im Gegensatz zu anderen Kulturen, etwa in China, fehlt dem europäischen Drachen das Prinzip des Guten beinahe völlig. Lediglich der Drache Fafnir in der V ö lsunga- saga spricht, da liegt er jedoch bereits im Sterben, zu seinem Gegner ein paar weise, prophetische Worte. Fafnir tendiert jedoch dazu aus der Reihe der mittelalterliche Drachen herauszutreten. Er ist nicht wirklich bösartig und bedroht auch niemanden. Im Gegenteil, er lebt zurückgezogen in seiner eigenen Welt und beschränkt sich darauf, seinen Schatz zu bewachen. Die Übersetzung des lateinischen Wortes draco als ,, der scharf Blickende"2 scheint jedoch auf die restlichen Drachen der diversen mittelalterlichen Dichtungen nicht zuzutreffen.

Die Bezeichnung dieser Geschöpfe in der Dichtung sind nicht immer einheitlich. So treffen wir beispielsweise im Virginal sowohl auf den Ausdruck lintrache als auch auf lindwurm oder einfach wurm beziehungsweise dessen Plural gew ü rm.

Wie sieht nun so ein Drache eigentlich aus ? Auch diesbezüglich gehen die Meinungen der verschiedenen Autoren auseinander. Manche Drachen haben Beine mit Klauen, manche andere kriechen am Boden wie Schlangen. Nur wenige Drachen scheinen Flügel zu haben. Selten ist davon die rede, daß ein Drache fliegt, so zum Beispiel jener Drache, der den Helden Ortnit fliegenderweise im Maul davonträgt. Einig sind sich die mittelalterlichen Autoren, wenngleich viele diese Untiere kaum oder gar nicht beschreiben, in einem Punkt: Drachen sind schrecklich anzusehen und können Feuer speien.

Eine erste genauere Beschreibung im Mittelalter, in der Antike beschrieb ja Ovid einen Drachen in recht ausführlich3, findet sich in Wirnt von Gravenberecs ,,Wigalois". Er beschreibt dort den Drachen Phetan auf genaueste Art und Weise. Der Drache hat in dieser Beschreibung einen großen Kopf mit einer speerartigen Schnauze in welcher sich Lange Zähne, wie sie Schweine haben, befinden. Getragen wird der Schädel von einem langen Hals, der ,,im vil nider gebogen uf daz gr ü ene gras" war. Sein Körper ist bedeckt mit harten Schuppen, am Rücken befindet sich ein Kamm. Fortbewegen kann sich dieser Drache auf Füßen, die denen der Greifen ähneln, oder auf schönen Flügeln, einem Pfauengefieder nicht unähnlich. Schließlich hat dieser Drache einen Bauch in grüner Farbe, rote Augen und gelbe Seiten4.

In anderen Dichtungen finden sich lediglich Bruchstücke, teilweise jedoch gegenteilige Meinungen dieser Beschreibung. So ist zum Beispiel einer der Drachen, die Gawain in der Dichtung ,, Crone" von Heinrich von dem Türlin erschlägt, ,, gr ü n als ein gras" und hat ,, rote vlecke". Die Drachen im Virginal sind oft als ,,kupfervar" 5 beschrieben. Der Drache im Beowulf ist von riesiger Größe und giftig, er speit Feuer und ringelt sich zusammen wie eine Schlange. Bis auf den Drachen, den Tristan erschlägt, ist allen diesen Fabelwesen eine harte Haut gemeinsam an der das Schwert so manches Helden versagt.

2.2 Helden als Drachenkämpfer

Bevor an dieser Stelle einige Helden genannt werden, die sich mit Drachen schlagen mußten oder wollten, noch ein allgemeiner Zug, den alle Drachenkämpfer gemeinsam haben. In allen Fällen hat der Held selbst etwas Drachenhaftes an sich beziehungsweise er erfährt durch den erfolgreichen Kampf eine Transformation, in deren Zuge er sich die Eigenschaften des Drachen aneignet. Der Held steht im Gegensatz zur höfischen Welt, er gilt als neues Symbol des Chaos. C.G. Jung nennt diesen Verwandlungsprozeß Enantiodsoma. Er äußert sich zu diesem Phänomen folgendermaßen:

,, Der den Drachen bek ä mpfende Held hat vieles mit dem Drachen gemeinsam, respektive er ü bernimmt Eigent ü mlichkeiten von ihm, zum Beispiel die Unverwundbarkeit, die Schlangenaugen usw. Drache und Mensch k ö nnen ein Br ü derpaar sein." 6

Sowohl Dietrich als auch Siegfried lassen sich für diesen Prozeß als Beispiele heranziehen. Beide stehen am Rande, teilweise sogar im Gegensatz zum höfischen Leben. An mehreren Stellen wird Dietrichs Feueratem genannt, Siegfried wurde durch sein Bad im Drachenblut bis auf die vom Lindenblatt verdeckte Stelle unverwundbar, beide sind sie bekannt für unbändigen ,, ü bermuot" sowie ihre übermenschliche Stärke.

Bekannte Helden, die gegen Drachen kämpften, sind, neben Dietrich und Siegfried, beispielsweise Tristan, Ortnit, Wolfdietrich. An dieser Stelle soll kurz berichtet werden, was über die Kämpfe zweier weiterer berühmter Drachenkämpfer erzählt wurde. Über den Kampf des wahrscheinlich bekanntesten dieser Helden, Siegfried, ist wenig zu berichten. In einem Kurzbericht erwähnt Hagen nur am Rande, daß Siegfried einen Lindwurm erschlagen und in dessen Blut gebadet hat um mit einer Art Hornhaut, die keine Waffe auch nur zu ritzen vermag, aus dem Bad zu entsteigen.7

Eine genauere Beschreibung findet sich in Gottfrieds Tristan. Der Drache wird als angriffs- lustig und als greuliches Ungeheuer bezeichnet. Der Vergleich ,,alse des tiuvels kint" wird an dieser Stelle gezogen. Er schleudert dem Helden aus seinem Rachen ,,rouch unde vlammen unde sturm" entgegen. Das Pferd Tristans verschlingt er bis zum Sattel, aus Zorn brennt er Sträucher rund um den Kampfplatz nieder oder reißt sie einfach aus. Seine Klauen ,,die w â ren gesliffen, s ê re scharpf unde wahs, noch wahser danne ein scharsahs.". Erwähnenswert an diesem Gefecht ist, daß der Drache scheinbar nicht im Besitz der sonst so typischen Hornhaut ist, die keine Waffe zu durchdringen vermag. Zwar stößt Tristan ihm die Lanze in den Rachen, tötet ihn aber schlußendlich durch einen Schwertstich ins Herz8.

2.3 Dietrich und die Drachen

Der Held dieser Arbeit, Dietrich von Bern, trifft in der sogenannten aventiurehaften Dietrichepik zweimal auf Drachen. Seine erste Feuerprobe auf diesem Gebiet muß er in der Erzählung ,,Virginal" bestehen. Ein älterer Name dieser Dietrichepisode, ,, Dietrichs Drachenkämpfe", weist deutlich auf einen Teil des Inhalts hin.

Der junge, noch unerfahrene Dietrich zieht mit seinem Lehrmeister Hildebrand aus, um zu erfahren, was ,,aventiure" ist. Die beiden Helden liefern sich ein erbittertes Gefecht mit einer Schar Heiden, befreien dabei eine Jungfrau der Königin Virginal und wollen den Hof dieser Königin besuchen. Der Zwerg Bibung, ein Bote der Königin findet die beiden dann in einem erbitterten Kampf mit Drachen. Im Unterschied zu verschiedenen Drachenkampfszenen anderer Helden haben es Dietrich und Hildebrand nicht mit einem einzelnen Drachen zu tun, sie müssen sich gleich gegen eine ganze Drachenfamilie bewähren. Dietrich kämpft mit einem großen Drachen.

,,In ir ô ren hal ir beider sturm. Her Dietrich h â t einen wurm mit slegen v û r gevazzet, der was wol zw ê nzec ellen lanc [...] gr ô z unde ungev ü ege gar." 9

Hildebrand schlägt sich mit einem Nest voller junger Drachen herum. Die noch weiche Haut der kleinen Lindwürmer erleichtert die Aufgabe des alten Meisters und er erschlägt die zukünftigen Ungeheuer. Währenddessen kehrt der alte Drache in sein Heim zurück und schleppt einen jungen Mann in seinem Rachen. Es handelt sich hier um einen Verwandten Hildebrands, um Rentwin, Sohn des Helferich von Lune. Nach hartem Kampf tötet Hildebrand den Drachen und kehrt mit Rentwin zurück zu Dietrich, der sich noch immer einen wilden Kampf mit dem großen Drachen liefert. Im Verlauf dieses Kampfes zerbricht sein Schwert. Doch Dietrich weiß sich zu helfen:

,,swaz er des m â les umbe in vant, ronen und gr ô ze steine, die warf er ime in sinen giel, swann er so w î te ginte; daz maneger gar zegrunde viel." 10

Die Hilfe Hildebrands lehnt er trotzig ab. Schließlich gelingt es ihm mit dem Schwert Rentwins dem Drachen den Kopf abzuschlagen. Weitere Drachenkämpfe bestehen die Helden auf dem Rückweg nach Jeraspunt.

Warum Dietrich und Hildebrand mit den Drachen kämpfen ist unklar. Als Bibung eintrifft, ist die Drachenschlacht bereits in vollem Gange (143, 6). Den großen Drachen, der den jungen Rentwin in seinem Rachen heranträgt, erschlägt Hildebrand teils aus Notwehr, teils um den Recken zu befreien.

Ein zweites Mal trifft Dietrich in dem Loch, in das er von Sigenot geworfen wird, auf eine Drachenbrut. Die jungen Drachen können Dietrich, jeglicher Rüstung und Waffe von dem Riesen beraubt, jedoch aufgrund eines Zaubersteines, den der Held von einem Zwerg geschenkt bekommen hat, nichts anhaben. Dietrich hat in dem Loch lediglich an dem fürchterlichen Gestank zu leiden, der von den jungen Drachen ausgeht. Schließlich wird er von Hildebrand, der Sigenot erschlägt, aus dem Drachenloch befreit.

3 Die Wilden Leute

3.1 Wer sind die Wilden Leute

Im Sachwörterbuch für Mediävistik11 und im Lexikon des Mittelalters12 findet sich eine ziemlich äquivalente Definition dieser sonderbaren Gestalten. Es handelt sich um im Wald lebende, primitive Menschen, die am ganzen Leib behaart sind und meist mit Keulen bewaffnet sind. Auch Kannibalismus wird ihnen nachgesagt. Vermutlich ist die Vorstellung von germanischen Walddämonen mit jener antiker Satyrn verschmilzt. Im kirchlichen Kontext stellen sie ein zu besiegendes Laster dar, aus weltlicher Sicht erscheinen sie als das Gegenbild der höfischen Ritter, von denen sie einerseits verachtet und bekämpft, andererseits aber ob ihrer Kraft und unbeherrschten Leidenschaft beneidet werden.

Scheinbar war der mittelalterliche Aberglauben aber nicht nur auf diese Vorstellung beschränkt. So gab es auch Wildleute, die sich den Menschen als freundlich gesinnt entpuppten und ihnen halfen oder sich gar mit ihnen verehelichten. Die Sprößlinge einer solchen Verbindung nannte man Wechselbalg13.

Als zwei weitere Erscheinungsformen dieses Oberbegriffs finden sich noch der Wilde J ä ger und das Wilde Fr ä ulein. Der Wilde Jäger galt als eine ruhelose Seele, die aufgrund eines frevelhaften Lebens durch die Lüfte ziehen muß. Eng damit ist die Vorstellung der Frauenjagd verbunden. Der Wilde Jäger hetzt ein schönes Waldfräulein, meist in Begleitung einer Hundemeute und einer Jagdgemeinschaft, und versucht es zu erlegen. Eine schöne Darstellung dieser Jagd finden wir bei Grimm14.

Im Eckenlied betätigt sich der Riese Vasold als wilder Jäger. Auch der Heide Orkise in der Virginal stellt auf diese Art und Weise einem Jungfräulein nach.

Das wilde Fräulein unterscheidet sich kaum von höfischen Damen. Meist ist es ein kräuter- kundiges Waldfräulein, das manchmal auch mit magischen Kräften ausgestattet ist (z.B.: Frau Saelde im Wunderer). Die magischen Kräfte der wilden Fräulein treten meist in der Form der Prophetie (Frau Babehilt im Eckenlied)15 oder des Segenspruchs auf (Frau Saelde im Wunderer)16.

Als vierter Typus der Wildleute gibt es noch die häßliche, wilde Frau. Ein markantes Merkmal der riesenhaften Wildfrau sind ihre enormen Brüste.

,,Ir bruste nider hiengen, die s î ten sie bevientgen gel î ch zwein groezen taschen d â " 17

Diese Wildfrauen greifen die Helden furchtlos an und sind gefürchtet ob ihren unglaublichen Kräften. Bisweilen dienen ihnen auch ihre riesigen Brüste als Waffen. Die Riesin Hilde fällt in diese Kategorie.

3.2 Das Aussehen der wilden Leute

Die Wildheit dieser Waldbewohner bezieht sich auch auf ihr äußeres Erscheinungsbild. Untrügliches Kennzeichen sind ihre langen Haare, welche das Schwert des Helden nicht durchdringen kann. Auch Dietrich muß diese Erfahrung machen.

Daz swert daz wiste ü ber daz h â r Er kund in nie geheften. 18

Eine detaillierte Beschreibung eines wilden Mannes findet sich im Iwein des Hartmann von Aue. Kalogreant, ein Artusritter, trifft in diesem Epos auf folgende Gestalt:

,,s î n menneschl î ch bilde was anders harte wilde: er was einem M ô re gel î ch, michel unde als eisl î ch daz ez niemen wol geloubet. zewâre im was sîn houbet groezer dan einem û re. ez hete der geb û re ein ragendez h â r ruozvar:

daz was im vast unde gar verwalken zuo der swarte an houbet unde an barte, s î n antl ü tze was wol ellen breit, mit gr ô zen runzen beleit ouch w â ren im diu ô ren als einem waltt ô ren vermieset zew â re mit spannelangem h â re breit alsam ein wanne. 19

In der weiteren Beschreibung wird noch einmal der Vergleich mit einem Auerochsen gezogen. Ein weiteres Kennzeichen des wilden Mannes sind seine roten Augen, die ihn wiederum dem Tierreich näher als dem Menschsein bringen:

diu ougen r ô t, zornvar. 20

Auffallend in der Beschreibung ist das betonen der schwarzen Farbe der Haare , die Länge der Haare sowie die Größe, die dieses Wesen haben mußte.

3.3 Die wilde Jagd in der Virginal

In der Virginal trifft Dietrich mit seinem Waffenmeister Hildebrand auf zwei verschiedene Arten des wilden Volkes. Kaum ins Gebirge vorgedrungen, hören die beiden Helden die Stimme eines jungen Fräuleins, einer Jungfrau der Königin Virginal. Hildebrand, der dem Ruf folgt, wird um Beistand gegen einen Heiden gebeten. Der Heide, es handelt sich um Orkise, fordert ein Jungfräulein als jährlichen Tribut. Die Szene paßt gut in das Schema der wilden Jagd. Ein wildes Fräulein auf der Flucht vor dem wilden Jäger.

Der wilde Mann symbolisiert hier den fremden, barbarischen Typus des Wildmannes21. Aus der Beschreibung des Heiden durch das Jungfräulein ist zu entnehmen, daß es sich hier nicht um eine grobe, primitive Waldkreatur handelt. Eindrucksvoll schildert sie einen prächtig gerüsteten ,, Sarraz î n"22.

Die Ankunft des Heiden kündigt sich, typisch für die wilde Jagd, durch das Jagdhorn des Jägers an. Der Kampf der beiden trägt durchaus ritterliche Züge. Auf die Vorrede folgt der Kampf erst zu Pferde, später steigen beide ab. Beide Kämpfer sind mit Schwert, Schild und Rüstung ebenbürtig gerüstet. Was so gleichwertig erscheint wird zumindest von Meister Hildebrand nicht so empfunden.

,,waer dem von Bern m î n str î t bekannt, er m ö hte s î n wol spotten, daz ein einec Sarraz î n sich h â t erwert s ô lange m î n, und ich in ganzen rotten eine hieze gesigen han." 23

Offenbar ist es doch nicht so ein ebenbürtiger Gegner, ansonsten müßte sich Hildebrand nicht so vor seinem Schützling schämen.

Obwohl Sarazene, und als solcher wäre er ja schon heidnisch, bekennt er sich nicht einmal zu dem einen Gott des Islam, er ruft verschiedene alte Gottheiten an. Dieser sonderbare Umstand läßt ihn natürlich noch viel barbarischer erscheinen. Doch auch mehrere Götter helfen ihm nicht, Hildebrand schlägt ihm schließlich nach heftigem Kampfe den Kopf ab.

Während nun Hildebrand sich mit einem wilden Jäger herumschlägt und durch seine Tat ein Jungfräulein rettet, muß sich der junge Dietrich gar vor einer ganzen wilden Horde seiner Haut erwehren. Tauchen vorerst nur vier Heiden auf, muß er sich nach erfolgreichem Kampf mit diesen zunächst mit zwölf weiteren, darauf mit noch mehr Gefolgsleuten des Orkise im Kampf messen. Schließlich eilt ihm sein Waffenmeister zu Hilfe und ,,sluoc ir vier und zw ê nzec t ô t".24

Stellt man sich nun die Frage, warum eigentlich gekämpft wurde, ist die Antwort schnell gefunden. Hildebrand muß als rechter Christenmann ein wehrloses Jungfräulein gegen einen wilden Heiden schützen. Daß dieser seine Beute nicht kampflos hergeben will, ist klar. Dietrich hingegen wird recht unschuldig in einen Kampf verwickelt. Die Heidenschar, lechzend nach Sühne für den Tod ihres Herren, trifft eigentlich auf den Falschen.

3.4 Dietrich und der ,,wilde man"

Auf einen wilden Mann, der dem Typus der im Wald lebenden, unmenschlichen Kreatur entspricht, trifft der Berner in der Erzählung ,,Der j ü ngere Sigenot". Auf der Suche nach dem Riesen Sigenot, mit dem er sich im Kampf messen will, läuft ihm ein wilder Mann über den Weg, einen Zwerg in Gefangenschaft führend. Dem Hilferuf des Zwerges folgend will Dietrich mit dem wilden Mann kämpfen. Dieser ist bis auf seine Stange gänzlich un- bewaffnet.

,,Er het an kein sarew â t, Als ô es noch geschriben st â t, Wan daz er mit dem h â re Allenthalp gedecket was, Gr ô z reht als ein vaden." 25

Sein den ganzen Körper bedeckendes Haar erweist sich im Kampf aber als besser denn jedes Harnisch. So sehr Dietrich sich auch müht, sein Schwert vermag das dichte Haarkleid nicht zu durchdringen. Schließlich paßt sich der Berner an, er würgt den wilden Mann bis dieser blau anläuft. Erst mit Hilfe einer Zauberwurzel, der Zwerg schenkt sie ihm, kann Dietrich schließlich die Oberhand gewinnen und, dank des nun gebrochenen Zaubers, den Wilden erschlagen.26

Die typischen Attribute des wilden Mannes, seine Wildheit und sein dichtes Haarkleid, findet sich in diesem Wildmann wieder, von den Lexikadefinitionen27 unterscheidet er sich aber durch die Fähigkeit zur Sprache. Dietrich und der wilde Mann unterhalten sich beispielsweise über den Riesen Sigenot.28 Das Ergebnis des Gesprächs ist für Dietrich zwar nicht sehr ermutigend, das Vorhandensein eines solchen Gesprächs zeugt aber eindeutig für die Sprachfähigkeit des wilden Mannes.

Das Motiv für den Kampf findet sich in folgender Passage:

,,Daz twergel î n ruoft den Berner an In s î nen gr ô zen noeten Hilf mir, bist d û ein kristenman: Der tiufel will mich toeten. Des mac mir nieman guot ges î n. D ô sprach der vout von Berne Ich tuo dir helfe sch î n." 29

Da der Zwerg nur durch einen Kampf mit dem wilden Mann zu befreien ist, muß Dietrich sich diesem stellen, ob er will oder nicht.

3.5 Der Wunderer

Der Wunderer scheint ein Kapitel für sich zu sein. Die Frage, ist er nun ein Riese oder ordnet man ihn doch unter die wilden Leute ein, ist schwer zu beantworten. Seinem Auftreten nach ist er ohne Zweifel ein wilder Jäger. Seine Ankunft wird deutlich angekündigt durch ,,des hornes schall". 30 In seiner Begleitung ist eine ganze Meute Hunde. Vierzehn davon erschlägt Dietrich. Obwohl der Wunderer eine riesenhafte Gestalt ist, ist es ihm möglich auf einem Pferd zu reiten. Vom Riesen Ecke ist bekannt, daß kein Pferd ihn tragen konnte.31 Gewappnet ist der Wunderer mit typischen ritterlichen Waffen. Durch die Größe seiner Rüstung kann man auf seine riesenhafte Gestalt schließen:

,,Seyn harnisch was nit teure von silber vnd von gold. Sunst was er vngehe ü re nyemantz jn h ä ben wolt." 32

Auch die rohe Gewalt der wilden Leute ist ihm zu eigen. Ohne Mühe bricht er die großen Türen in Etzels Burg auf (134).

Ganz typisch für den wilden Jäger verfolgt auch der Wunderer ein wildes Fräulein. Frau Saelde entspricht ganz dem Bild des wilden Fräuleins. Sie ist von atemberaubender Schönheit, steht außerhalb der höfischen Gesellschaft und verfügt über Zauberkräfte. Sie kann anderen ihre Charakterzüge offenbaren. Eine weitere Gabe ist die Kraft ihres Segens. Sie klagt allen Anwesenden ihre Furcht, der Wunderer will sie zerreißen (15 - 32).

Der Kampf zwischen dem noch jungen Dietrich (,,zu viervundzwentig joren do hab jch noch acht for hyn) 33 und dem Wunderer ist sehr heftig. Dietrich wirft ihm seinen Kannibalismus vor und enthauptet ihn. Dietrich Motivation in diesem Kampf ist ganz klar. Er will das Jungfräulein um jeden Preis verteidigen. Erst nach langem Flehen seitens Frau Saelde gibt der Berner nach, ist er doch gebunden an das Versprechen an seinen Waffenmeister Hildebrand, nicht zu kämpfen in seinen jungen Jahren (121). Vor dem Kampf ruft er die Jungfrau Maria an und tut dem Wunderer noch einmal seine Absichten kund.

,,Das ich durch reyne weibe will wogen meinen leib. mocht ich jn leyd vertreiben durch ein junckfrawliches weib. Die Jesum crist gebare die soll mir he ü t bey ston. das ich durch ein jnnckfraw clare zu streiten hie will gon." 34

4 Riesen

4.1 Allgemeines zum Thema Riesen

Im Sachwörterbuch für Mediavistik werden Riesen als ungeschlacht und dumm, als gewalttätig und grausam dargestellt. Grimm hat folgendes festgestellt:

,, In den Riesen waltet volle, ungeb ä ndigte Naturkraft, die jene Ü berschreitung des leiblichen Ma ß es, trotzigen Ü bermut, also Mi ß brauch des sinnlichen und geistigen Verm ö gens zur Folge hat, und zuletzt ihrer eigenen Last erliegt." 35

Eine der typischen Eigenschaften, der Riesenzorn, wird hier angesprochen. Riesen gelten als unberechenbar, ihr Zorn verwandelt sich schnell in Raserei.36 Als einen weiteren Charakter- zug, der speziell den Riesen eigen sein soll, gilt die Faulheit. Sigenot, er gilt als der gewaltigste Riese im Sagenkreis um Dietrich von Bern, liegt schlafend unter einen Baum als der Held auf ihn trifft.37

Den Namen haben die Riesen von ihrer überdurchschnittlichen Größe. Vom Gegner Davids heißt es in der Bibel:

,, Da trat hervor aus den Lagern der Philister ein Riese, mit Namen Goliath, von Gath, sechs Ellen Lang und eine Handbreit hoch;

Und er hatte einen ehernen Helm auf seinem Haupt und einen schuppigen Panzer an, und das Gewicht seines Panzers war f ü nftausend Lot Erz;" 38

Die Riesenvorstellung schien auch Jahrhunderte später nicht weit davon abgewichen zu sein. Der Riese Sigenot ist so groß, daß Dietrich ihm lediglich bis zum Gürtel reicht und springen muß, um ihn am Kopf zu treffen.39

Die Religion der Riesen ist immer heidnisch. Im Kampf mit dem Riesen ruft der Held nicht selten Gott an, er möge ihm im Kampf mit dem ungeheuren Gegner doch beistehen. Nicht immer kann der Held seinen riesenhaften Gegner davon überzeugen, selbst ein Christ zu sein. Dietrich wird ob seines Feueratems von Sigenot dem Teufelsbündnis verdächtigt.

,,Ich weiz werz in dich getragen h â t. Ich kan nit anders erkenne, Wan daz der tiufel in dir s î Mit allen s î nen knehten." 40

Dem Riesen sind, ähnlich wie den Zwergen, übernatürliche Waffen eigen. Mit Ausnahme der typischen Riesenwaffe, der Eisenstange, haben alle sonstigen Waffen irgendeine Besonderheit. Ob es sich nun um die von Riesen erbeuteten Waffen Dietrichs, das Schwert Nagelring und der Helm Hildegrim, die Rüstung des Ecke oder den mit Horn überzogenen Schild Sigenots handelt, ihnen allen haftet das überirdisch Magische an.

4.2 Dietrichs Riesenkämpfe

Zwischen Dietrich und den Riesen herrscht Krieg von ihrer ersten Begegnung an. Noch als Jüngling am Hofe Etzels erschlägt er schon den riesenhaften Wunderer. Eine Unzahl von Riesen finden in der Erzählung Virginal den Tod durch sein Schwert. Mit der Riesensippe Eckes verbindet ihn aber eine besondere Feindschaft. Nachdem er das Riesenpaar Hilde und Grim erschlagen hat zürnt ihm die ganze Sippe und schwört die erschlagenen Verwandten zu rächen. Alle Riesen dieses Geschlechts werden durch Dietrichs Hand getötet.

Im Kampf zwischen Dietrich und seinen Riesengegnern ist auch der Held nicht immer frei von riesenhaften Attributen. Seine eigene Größe, sein Jähzorn und nicht zu vergessen sein Feueratem bringen ihn selbst in die Nähe des Dämonenhaften.

Mit Ausnahme des Kampfes mit dem Wunderer finden Dietrichs Kämpfe mit Riesen immer im Wals statt. Als Beispiel möge der Kampf mit Sigenot dienen.

Dietrich, aufgestachelt durch eine Erzählung Hildebrands, der Sigenot als den ,,groesten man [...] sider Ad â mes z î ten" 41 bezeichnet, trifft den Riesen Sigenot unter einem Baum schlafend. Er weckt ihn mit einem Fußtritt und schlägt mit seinem Schwert auf den Kopf des Riesen als dieser ihn mit seiner Hand greifen will. Hier staunt der Riese:

,,Daz nam deb risen wunder, Daz er als ô kleine was Und het in n â geslegen Nider in daz gras." 42

Daraufhin erkennt er Dietrich an seinem Helm und Wappen. Es entbrennt ein hitziger Kampf. Dietrich schlägt Sigenot die Stange aus der Hand, dieser verwendet an ihrer Statt einfach umstehende Bäume. Nachdem Dietrich seinen Gegner einmal niedergeschlagen hat, rennt dieser zurück und holt seinen Schild. Im weiteren Verlauf muß der Held erkennen, daß Sigenot und sein Schild hürnen sind. Der wilde Kampf war so laut, daß ,,man h ô rt eine halbe m î l den klaf". 43 Durch die vielen Schläge, die Dietrich ihm versetzt, und seinen Feueratem erweicht sich der mit Drachenblut gehärtete Harnisch des Riesen und Dietrich kann ihn verletzen. Im weiteren Verlauf bereut Dietrich nicht auf Hildebrand gehört zu haben. Nachdem Sigenot den Berner zu Boden schlägt, denkt dieser schon an die Eroberung von Bern. Dietrich aber wacht aus seiner Ohnmacht schnell wieder auf und zerschlägt den Schild des Riesen. Dank des Zaubersteines des Zwerges kann Dietrich über einen Zeitraum von mehreren Tagen gegen den Riesen bestehen. Nach fünf Tagen gesteht Siegenot:

,,Ich h â n d î n gl î chen nie gesehen B î allen m î nen z î ten, Wie ez umb dich verwandelt s î : D u slehst û f mich geswinde, Als ob d î n waeren dr î ." 44

Schließlich schlägt der Riese dem Berner das Schwert aus der Hand, nach einem wilden Ringkampf gelingt es Sigenot Dietrich zu fesseln. Er schleppt ihn in seine Höhle indem er ihn einfach unter die Achsel klemmt. Erst Hildebrand, der Sigenot erschlagen kann, befreit Dietrich aus seiner mißlichen Lage.

Weitere Riesenkämpfe besteht der Held im Eckenlied und in der Virginal. Der Riese Ecke versucht sich in der höfischen Disziplin des Minnedienstes und verspricht der Königin Seburg Dietrich herbeizubringen. Ausgerüstet mit der Rüstung Ortnits zieht er zu Fuß, ein Pferd zu reiten ist er zu schwer, nach Bern. Als er erfährt, daß Dietrich irgendwo in der Tiroler Bergwelt zu suchen ist, macht er sich erneut auf Wanderschaft. Er schlägt mehrere Warnungen in den Wind und trifft schließlich auf Dietrich. Auffällig ist das durchaus ritterliche Benehmen des Riesen Ecke. Vor dem Kampf lobt er seine eigenen Waffen. Dietrich lehnt jedoch vorerst jegliche kriegerische Handlung ab. Erst nachdem Ecke den Helden zu reizen beginnt willigt dieser schlußendlich in einen Zweikampf ein. Während des Kampfes gerät Dietrich in schwere Bedrängnis. Ecke zerschlägt Dietrichs Schild.

,,Als in d â beiden l û hte der tac her Ecke sluoc im einen slac al durch den l ö uwen r ô ten. dem edeln Berner vor der hand er kloup den schilt unz an den rant: daz golt daz wart verschr ô ten." 45

Aus einer Anrufung Gottes schöpft Dietrich erneute Kraft, er schlägt Ecke zu Boden. Dietrich stellt ihn vor die Wahl, entweder ,,du wirt geselle und wirt m î n man" 46 oder er findet den Tod durch Dietrichs Schwert. Ecke lehnt ab, er verwickelt Dietrich in einen Ringkampf. Ecke wird ohnmächtig als Dietrich ihn fest ins Gras drückt. Dietrich entwaffnet den Riesen und ersticht ihn, als dieser um den Tod bittet. Dietrich beklagt Eckes Tod.

Im weiteren Verlauf des Eckenliedes kämpft Dietrich noch Vasolt, dem Bruder Eckes. Vasolt tritt als wilder Jäger auf. Obwohl auch er zunächst durchaus ritterliche Züge aufweist, fällt er doch bald in typische Riesenmanier zurück. Trotzdem er Dietrich wegen seiner schweren Wunden zunächst in Frieden läßt, Dietrich hat das Jagdwild des Riesen, ein Jungfräulein, unter seinen Schutz genommen, überfällt er kurz darauf den Helden. Bald ergibt er sich, stürzt sich jedoch trotz dreier Eide, die er geschworen hat, wieder auf Dietrich als er seinen Namen erfährt. Dietrich schlägt ihn erneut nieder, auf Bitten des Jungfräuleins aber verschont er ihn. Die beiden ziehen zu Vasolts Burg, dort begeht der Riese wieder Verrat, Dietrich erschlägt ihn jetzt. In dieser Burg trifft Dietrich auf einige Verwandte Eckes. Als diese seinen Tod rächen wollen, finden sie alle selbst den Tod durch Dietrichs Schwert.

In der Virginal stoßt Dietrich wieder auf zahlreiche Riesen. Der Riese Wicram schlägt den unbewaffneten Helden von hinten vom Pferd und schleppt ihn in die Burg Muter. Dort hausen zwölf weitere Riesen. Grandegrûs, Wicrams Sohn, will Dietrich töten, Dietrich erschlägt den Riesen mit einem Stein. Später besiegt er den Riesen Hülle, dieser gilt als der stärkste der Riesen. Als schließlich ein Heer unter Dietrichs Waffenmeister Hildebrand anrückt, fallen die übrigen Riesen im Verlauf der Schlacht.

Kein anderer Held dürfte mehr Riesen getötet haben als Dietrich. Immer wieder wird der Zorn der Riesen auf Dietrich damit begründet, daß er so viele ihresgleichen erschlagen hat. Wicram etwa berichtet:

,,die sint von in ersterbet der vriunde m î n zwei hundert man." 47

Hildebrand weiß über Signots Motiv: ,,wen Gr î men wolt er rechen gern." 48 Nicht ohne Grund wird Dietrich als ,,der Riesenk ä mpfer par excellence" 49 bezeichnet.

5 Zwerge

5.1 Das Bild des Zwerges im Mittelalter

Petzold sieht das Wort Zwerg als eine ,,Sammelbezeichnung f ü r kleinw ü chsige, in den Bergen bzw. unter der Erde lebende D ä monen. Ihr Reich ist wie die Welt der Menschen organisiert. [...] [ S ] ie sind Kollektivwesen, die Familien zusammenwohnen und einen K ö nig haben." 50 Berühmt sind Zwerge für ihre Schmiedekunst, nicht wenige Waffen berühmter Kämpfer wurden von Zwergenhand geschmiedet. Der Riese Ecke weiß von seinem Schwert zu berichten:

,,Vil werder degen, k ê re an mich ein vil guot swert daz trage ich, daz smitten vil getwerge." 51

Weiters sind die Zwerge mit allerlei magischen Artefakten ausgestattet. Im Nibelungenlied trägt Alberich eine Tarnkappe, sie wird ihm jedoch bald von Siegfried entwendet.52 Der Zwerg Baldung schenkt Dietrich von Bern eine Zauberwurzel53, kurz darauf auch noch einen Stein. Von dem Stein heißt es:

,,Ein stein, der ist s ô tugenthaft, Daz ir iuwer manheit noch iuwer kraft Verlierent noch daz leben, daz euch enhunger noch end ü rst Und strittet ir ein j â re." 54

5.2 Zwerge als Gegner Dietrichs

Bei jenen Zwergen, die Dietrich feindlich gesinnt sind, handelt es sich immer um mächtige Zwergenkönige. Laurin und Walberan herrschen alle drei über eine große Zahl an Zwergen. Die Erzählung vom Kampf Dietrichs gegen Laurin ist im ganzen deutschen Sprachraum bekannt.55

Im Kampf gegen Laurin wird Dietrich nicht nur von seinem Waffenmeister Hildebrand begleitet, auch Dietleib, Witege und Wolfhart kämpfen in diesem Epos an seiner Seite. Als Witege den Rosengarten des Zwerges zerstört, erscheint der Besitzer selbst. Das Auftreten des Zwergenkönigs ist durch und durch ritterlich. Sein Pferd hat die Größe eines Rehes. Gekleidet ist er in eine prächtige, in Drachenblut gehärtete Rüstung. Alles an ihm strotzt nur so an Edelsteinen und an Gold. Natürlich trägt auch er ein magisches Artefakt:

,,Dar umbe lac ein g ü rtel î n; daz mohte wol von zouber s î n, d â von h â t ez zwelf manne kraft: des wart ez alles sigehaft." 56

Zum ersten Kampf (Str 13 - 16) zwischen Laurin und Dietrich kommt es, als Laurin Witege den rechten Fuß und die linke Hand abschlagen will. Der erzürnte Berner will dies verhindern. Auf Hildebrands Rat hin nimmt er zu Fuß den Kampf mit dem Zwerg auf. Als er ihn mit einem heftigen Schlag beinahe ohnmächtig schlägt, zieht der Zwerg alle Register der Zwergenkunst: eine Tarnkappe muß her. Erst als Dietrich ihm im Ringkampf den Gürtel zerreißen kann, bittet Laurin um Gnade. Erst Dietleib bringt in einem Zweikampf Dietrich davon ab, den Zwerg zu töten. Nach allerlei Abenteuer in den Höhlen des Zwergen können die Helden schließlich Dietleibs Schwester befreien. Der besiegte Laurin muß Dietrich an seinen Hof folgen und läßt sich sogar taufen.

,,des volgete er in d â . er wart getoufet s â . her Dietrich wart d â s î n tote." 57

Walberan gilt als sehr mächtiger Herrscher, ,,der was gewaltec aller twerge".58 Mit einem riesigen Zwergenheer zieht er gen Bern um Laurin zu befreien. Nur Dietrich und seine Begleiter im Abenteuer gegen Laurin können das unsichtbare Heer sehen. Sie tragen noch immer die Zauberringe aus dem Laurinkampf. Walberan erscheint auf dem Schlachtfeld in einer so kunstvollen Rüstung, daß Dietrich und seine Mannen ihn zunächst für einen Engel halten. Im Kampf sind sich Dietrich und Walberan zunächst durchaus ebenbürtig:

,,S î w â ren helde an ritterschaft und hieten beide gr ô ze kraft." 59

Im weiteren Verlauf stellt sich Walberans Kunst jedoch als die überlegenere heraus. Dietrich und Walberan schließen auf Laurins Vermittlung hin Frieden.

Dem Kampf zwischen Dietrich und Walberan liegt eigentlich ein Irrtum zugrunde. Walberan will Laurin aus der Gefangenschaft befreien, dieser jedoch ist schon längst Dietrichs Gefolgsmann geworden (V. 1873).

Unklar ist, ob der Zwergenkönig Goldemar wirklich gegen Dietrich kämpft oder nicht. Der Text bricht vorher ab. Bei Heinzle findet sich jedoch folgende Textpassage: ,,Da nam sie der Berner dem Goldemar wider mit grosser Arbeit." 60 Aus dieser Zeile könnte man schließen, daß Dietrich doch noch gegen Goldemar gekämpft hat. Seine Motivation war offensichtlich die Befreiung des schönen Mädchens Hertlin. Sie wird ja seine erste Frau.61

6 Ergebnisse und Ausblick

Kein anderer Held hat mehr Fabelwesen erschlagen als Dietrich von Bern. Vor allem die Riesen scheinen mit ihm in besonderer Feindschaft zu liegen. Auffallend ist die rasende Wut Dietrichs, in die er selbst immer wieder während seiner Kämpfe mit Gegnern dieser Art verfällt, er steht seinen dämonischen Gegenspielern an Wildheit kaum nach. Sogar heißen Atem, auch Drachen haben einen Feueratem, stößt er in mehreren Kämpfen, beispielsweise gegen den Wunderer, aus.

Viele Details sind in dieser Arbeit nicht erwähnt worden. Auf Vergleiche mit anderen Epen ist weitgehend verzichtet worden. Parallelen zu anderen Epen, vor allem den Artusepen, herzustellen wäre sicherlich ein interessantes Forschungsgebiet.

7 Literaturverzeichnis

Die Bibel. Übers. Martin Luther. Berlin:1928.

Bautier, Robert - Henri u.a. (Hg.): Lexikon des Mittelalters. Bd. 9. München:1986.

Dinzelbacher, Peter (Hg.): Sachwörterbuch der Mediävistik. Stutttgart: 1992.

Deutsche Sagen. Hg. Brüder Grimm. Frankfurt: 1994.

Eckenlied. Hg. Ulrich Müller u.a. In: Die aventiurehafte Dietrichepik. Göppingen : 1999.

Gottfried von Straßburg: Tristan. Hg. Peter Ganz. Wiesbaden: 1978.

Grimm, Jakob: Deutsche Mythologie. Bd. 1. Göttingen: 1854.

Habiger-Tuczay, Christa: Wilde Frau. in: Ulrich Müller und Werner Wunderlich (Hg.): Dämonen, Monster, Fabelwesen. Mittelaltermythen. Bd.2. St. Gallen: 1999.

Habiger-Tuczay, Christa: Zwerge und Riesen. in: Ulrich Müller und Werner Wunderlich (Hg.): Dämonen, Monster, Fabelwesen. Mittelaltermythen. Bd. 2. St. Gallen: 1999.

Heinzle, Joachim: Einführung in die mittelhochdeutsche Dietrichepik. Berlin, New York: 1999

Iwein, eine Erzählung von Hartmann von Aue. Hg. G. F. Bernecke und K. Lackmann. Berlin: 1968.

Der Jüngere Sigenot. Hg. Ulrich Müller u.a. In: Die aventiurehafte Dietrichepik. Göppingen : 1999.

Kluge, Friedrich: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Bearb. von Elmar Seebold. 23. Aufl. Berlin, New York: 1995.

Laurin und Walberan. Hg. Ulrich Müller u.a. In: Die aventiurehafte Dietrichepik. Göppingen : 1999.

McConnel, Winder: Mythos Drache. In: Ulrich Müller und Werner Wunderlich (Hg.): Dämonen, Monster, Fabelwesen. Mittelaltermythen. Bd. 2. St. Gallen: 1999.

Das Nibelungenlied. Hg. Helmut Brackert. Frankfurt: 1970.

Ovid: Metamorphosen. Hg. Hermann Breitenbach. Reclam 1995.

Pezold, Leander: Kleines Lexikon der Dämonen und Elementargeister. Münschen: 1995.

Virginal. Hg. Julius Zupitza. In: Deutsches Heldenbuch. Bd. V. Berlin: 1870.

Wirnt von Gravenberec: Wigalois, der Ritter mit dem Rade. Hg. J. M. N. Kapteyn. Bonn: 1926.

Wisniewski, Roswitha: Mittelalterliche Dietrichdichtung. Stuttgart: 1986.

[...]


1 vgl. Wisniewki, Roswitha: Mittelalterliche Dietrichepik. Stuttgart: 1986. S. 5.

2 Kluge, Friedrich: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Berlin, New York: 1995. S. 191.

3 Ovid: Metamorphosen III, 32.

4 Wirnt von Gravenberec: Wigalois, der Ritter mit dem Rade. Hg. J. M. N. Kapteyn. Bonn:1926.

5 Virg.144, 9.

6 McConnel, Winder: Mythos Drache. in: Ulrich Müller und Werner Wunderlich (Hg.): Dämonen, Monster, Fabelwesen. Mittelaltermythen. Bd. 2. St. Gallen: 1999. S. 175.

7 Nibelungenlied, Stroph.103.

8 Gottfried v. Straßburg: Tristan ( XIII, Vs. 8965 - 9059).

9 Virginal (144, 1-9).

10 Virginal (174, 5-9).

11 Dinzelbacher, Peter (Hg.):Sachwörterbuch der Mediävistik. Stuttgart 1992.

12 Bautier, Robert-Henri, u.a. (Hg.): Lexikon des Mittelalters. Bd.9, München 1986.

13 Petzold, Leander: Kleines Lexikon der Dämonen und Elementargeister. München: 1995.

14 Der wilde Jäger jagt die Moosleute. in: Grimm: Deutsche Sagen. S.79.

15 Eckenlied (160).

16 Der Wunderer (128).

17 Christa Habiger-Tuczay: Wilde Frau. in: Ulrich Müller und Werner Wunderlich (Hg.): Dämonen, Monster, Fabelwesen. Mittelaltermythen. Bd. 2. St. Gallen: 1999. S. 608.

18 Jüngere Sigenot (34, 2-3).

19 Hartmann von Aue: Iwein. (V. 425 - 443).

20 Hartmann von Aue: Iwein. (V. 451).

21 vgl. Habiger-Tuczay, Christa (Fn. 17): S. 604.

22 Virginal (V. 35, 12).

23 Virginal (V. 61, 2-7).

24 Virginal (V. 109, 7).

25 Jüngerer Sigenot (V. 32, 4-8).

26 Jüngerer Sigenot (V. 33-43).

27 s. oben S. 6.

28 Jüngerer Sigenot (V. 38-40).

29 Jüngerer Sigenot (V. 31, 7-13).

30 Der Wunderer (81,2).

31 Eckenlied (34, 6).

32 Der Wunderer (139, 1-4).

33 Der Wunderer (122, 3-4).

34 Der Wunderer (126).

35 Grimm, Jakob: Deutsche Mythologie. Bd. 1. Göttingen: 1854. S. 495.

36 Jüngerer Sigenot (75).

37 Jüngerer Sigenot (61, 11).

38 1 Sam 17, 4-5.

39 Jüngerer Sigenot (87, 5-8).

40 Jüngerer Sigenot (83, 5-8).

41 Jüngerer Sigenot (5, 4-6).

42 Jüngerer Sigenot (63, 10-14).

43 Jüngerer Sigenot (72, 2).

44 Jüngerer Sigenot (100, 9-14).

45 Eckenlied (108, 1-6).

46 Eckenlied (131, 4).

47 Virginal (377, 10-11).

48 Jüngerer Sigenot (8, 1).

49 Habiger.Tuczay, Christa: Zwerge und Riesen. in: Ulrich Müller und Werner Wunderlich (Hg.): Dämonen, Monster, Fabelwesen. Mittelaltermythen. Bd. 2. St. Gallen: 1999. S. 649.

50 Petzold, Leander (Fn. 13). S 196.

51 Eckenlied (79, 1-3).

52 Nibelungenlied (Str. 101).

53 Jüngerer Sigenot (42).

54 Jüngerer Sigenot (55, 4-8).

55 vgl. Wisniewski, Roswitha (Fn. 1). S. 233.

56 Laurin (V. 91-94).

57 Laurin (V. 1857.1859).

58 Walberan (V. 31).

59 Walberan (V. 1115-1116).

60 Heinzle, Joachim: Einführung in die mittelhochdeutsche Dietrichepik. S.106.

61 vgl. Heinzle, Joachim (Fn. 50). S. 106.

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Die Gegenspieler Dietrichs in der aventiurehaften Dietrichepik
Hochschule
Universität Wien
Veranstaltung
Riesen, Zwerge, Wilde Leute. Gestalten der aventiurehaften Dietrichepik
Note
gut
Autor
Jahr
1999
Seiten
27
Katalognummer
V99186
ISBN (eBook)
9783638976350
Dateigröße
462 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gegenspieler, Dietrichs, Dietrichepik, Riesen, Zwerge, Wilde, Leute, Gestalten, Dietrichepik
Arbeit zitieren
Iris Kohlweiss (Autor:in), 1999, Die Gegenspieler Dietrichs in der aventiurehaften Dietrichepik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/99186

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Die Gegenspieler Dietrichs in der aventiurehaften Dietrichepik



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden