Exegese von Hos 1,2-2,3


Seminararbeit, 1994

39 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

A. Einleitung

B. Rohübersetzung

C. Exegese
1. Textkritik
2. Formkritik
3. Traditionskritik
4. Literarkritik (+ Redaktionsgeschichte)
5. Überlieferungskritik
6. Historische Ortsbestimmung

D. Schluß
7. Zusammenfassung
8. Theologische Stellungnahme

E. Literaturverzeichnis

A. EINLEITUNG

Wer einen alttestamentlichen Text auslegen möchte, sollte ihn - wie jeden antiken Text - zunächst als historisches Dokument ernst nehmen. Im Bereich der Wissen- schaft ist die sog. historisch-kritische Methode der Versuch, dieses in angemesse- ner Weise zu berücksichtigen. "Historisch" geht diese Methode vor, weil die bibli- schen Texte in einer weit zurückliegenden Zeit und unter Bedingungen einer ver- gangenen Epoche entstanden sind. "Kritisch" will sie sein nicht im Sinne des Bes- serwissens und aufgrund von Vorurteilen, sondern im Sinne des griechischen Wor- tes krinein, d.h. um unterscheiden zu können - unterscheiden beispielsweise zwi- schen damaligen und heutigen Verstehensbedingungen, aber auch zwischen den verschiedenen Teilen und Schriften der Bibel, um sie je in ihrer Besonderheit zu erfassen. Um ihr Ziel zu erreichen, d.h. eine Einzelschrift bzw. einen Einzeltext in seiner spezifischen Aussageintention so exakt wie möglich zu erfassen, gliedert sich die hist.-krit. Methode auf in einige verschiedene Methoden schritte, die den Text je aus ihrer Perspektive untersuchen wollen (z.B. formgeschichtlich, traditionsge- schichtlich, etc.), um somit sozusagen Schritt für Schritt zum Verständnis des Tex- tes beizutragen.

Im wissenschaftlichen Bereich kenne ich bisher keine wirklich fruchtbringende Alternative zur hist.-krit. Methode. Allerdings stehe ich als Student (nach bisher drei Hochschul-semestern) noch vor der Entscheidung, ob ich den relativ großen Forschungsaufwand im rechten Verhältnis zu seinem Ertrag sehen kann. Aus mei- nen bisherigen Erfahrungen kann ich jedenfalls nicht die Behauptung ableiten, daß zu einem Text verstehen ein wissenschaftlicher Zugang zwingend notwendig sei. Vielleicht erhebt die hist.-krit. Methode jedoch gar nicht den Anspruch, zu einem vollkommenen Textverständnis zu führen. Vielleicht hat sie ihren Zweck schon dann erfüllt, wenn sie dem Leser zeigen kann, daß ein alttestamentlicher Text nicht vom Himmel gefallen ist, sondern einen mehr oder weniger rekonstruierbaren ge- schichtlichen Wachstumsprozeß hinter sich hat. Wer dies einmal erkannt hat, wird auch erkennen, daß zu diesem Wachstumsprozeß manchmal viele Generationen beigetragen haben, die je in ihrer Zeit ihre Erfahrungen mit Gott zum Ausdruck bringen wollten. Wer also etwas über die Entstehung eines atl. Textes erfahren hat, wird noch deutlicher sehen, daß es Menschen waren, die etwas mitteilen wollten. Ob sie uns etwas mitteilen wollten, darf bezweifelt werden. Dennoch können sie uns etwas mitteilen, denn sie reden von dem Gott, der durch die Geschichte hin- durch bis heute wirkt. Diese "Mitteilung" erschließt sich uns jedoch nicht allein durch die bloße Durchführung einer wissenschaftlichen Methode, auch nicht der historisch-kritischen...

B. ROHÜBERSETZUNG

1,2) Am Anfang1, als sprach Jahwe durch2 Hosea.

Es sagte Jahwe zu Hosea:

Geh, nimm für dich eine hurerische Frau und hurerische Kinder,

denn ganz und gar3 hurt das Land - weg von Jahwe.

1,3) Und er ging und er nahm Gomer, die Tochter Diblaims.

Und sie wurde schwanger und sie gebar ihm einen Sohn.

1,4) Und es sagte Jahwe zu ihm:

Nenne seinen Namen Jesreel,

denn noch wenig (Zeit)

und ich werde ahnden4 die Blutschuld Jesreels am Hause Jehus,

und ich werde beenden das Königtum Israels.

1,5) Und es soll geschehen an jenem Tag:

Ich werde zerbrechen den Bogen Israels in der Ebene Jes-

reel

1,6) Und sie wurde schwanger abermals und sie gebar eine Tochter.

Und er sagte zu ihm:

Nenne ihren Namen "Lo-Ruchama"5,

denn ich fahre nicht mehr fort,

mich zu erbarmen über das Haus Israel,

ja, bestimmt werde ich ihnen vergeben6.

1,7) Und über das Haus Juda werde ich mich erbarmen,

und ich werde sie retten durch Jahwe, ihren Gott.

Nicht aber werde ich sie retten durch Bogen,

durch Schwert und durch Kriegsgerät, durch Rosse und durch Reiter.

1,8) Und sie hatte Lo-Ruchama entwöhnt;

und sie wurde schwanger und gebar einen Sohn.

1,9) Und er sagte:

Nenne seinen Namen "Lo-Ammi"7,

denn ihr (seid) nicht mein Volk,

und ich (bin) der "Nicht-bin-ich-da"8 für euch.

2,1) Und es soll sein

die Zahl der Israeliten wie der Sand des Meeres,

welchen man nicht zählen und nicht messen kann.

Und es soll geschehen:

An dem Ort, an dem man zu ihnen sagte:

"Nicht mein Volk (seid) ihr",

wird man zu ihnen sagen:

"Söhne des lebendigen Gottes (seid ihr)".

2,2) Und es werden sich versammeln

die Judäer und die Israeliten miteinander;

und sie werden sich setzen ein gemeinsames Haupt

und sie werden heraufsteigen9 von dem Land.

Ja, groß (wird sein) der Tag Jesreels.

2,3) Sagt zu euren Brüdern "Ammi"10

und zu euren Schwestern "Ruchama"11.

C. EXEGESE

I. Textkritik

Die historisch-kritische Exegese eines alttestamentlichen Textes setzt ein bei der Frage nach der ursprünglichen Gestalt des Textes. "Ursprüngliche Gestalt meint dabei im wesentlichen diejenige Textgestalt, die am Ende des Prozesses produkti- ver, schriftlicher Gestaltung im AT steht."12 Die hist.-krit. Exegese ist sich also darüber im klaren, daß sie zunächst einmal ihren Gegenstand, d.h. den atl. Text, auf das Genauste rekonstruieren muß, da er sich auch noch nach dem Ende seines eigentlichen Entstehungsprozesses, bedingt durch gewollte oder ungewollte Verän- derungen der Abschreiber, verfälscht haben kann. So ist es nun die Aufgabe der Textkritik, solche Verfälschungen unter Heranziehung anderer Textzeugen (Hand- schriften) aufzudecken, und den im o.g. Sinne ursprünglichen Text zu ermitteln.

Zu Hosea 1,2 - 2,3 finden sich nun in der Biblia Hebraica Stuttgartensia (BHS) drei13 textkritische Anmerkungen:

1.) Für Vers 2 gibt der textkritische Apparat der BHS zu bedenken, daß die Septu- aginta (LXX) anstelle der flektierten Verbform rb<3d<1 (3. Sg. Perf. Piel zu rbd) ein Nomen stehen hat (λοyοʋ = Gen. Sg. zu λοyος). Die Herausgeber der BHS möchten mit dieser Anmerkung wohl nahelegen, daß die LXX vielleicht rb-d4< (stat. constr. zu dem Nomen rb=d<=) gelesen hat, und nun mit λοyοʋ den ur- sprünglichen Text bewahren wollte. Doch mit W. Rudolph14 und H.W. Wolff15 kann gesagt werden, daß die Übersetzung λοyοʋ noch nicht beweist, daß die LXX tatsächlich rb-d4< gelesen hat, da die LXX mit λοyοʋ auch gut eine absichtliche Veränderung des schwierigen masoretischen rb<3d<1 vorgenommen haben kann, ohne dabei den Sinn der Aussage zu verändern. Dem masoretischen Text (MT) kann also hier der Vorzug gegeben werden, da er sprachlich und sachlich einwand- frei ist, und sich zudem die Lesart der LXX gut aus der Lesart des MT erklären läßt (s.o.).

2.) Die BHS sieht in Vers 6 die Wendung aS<=a3 aOSn= als nicht ursprünglich an. Zwar gesteht wohl auch BHS ein, daß die Wendung aS<=a3 aOSn= sprach- lich möglich wäre, zumal sie in ihrem Mikrokontext Mh3l= aS<=a3 aOSn= )yk<1 durchaus Sinn ergibt ("denn bestimmt werde ich ihnen vergeben"), doch ist BHS letztendlich der Meinung, daß die Bedeutungsrichtung "vergeben" in den größeren Kontext nicht hineinpaßt. Stattdessen findet BHS in der LXX mit antitassomenoV antitaxomai ("ich werde mich heftig entgegensetzen") eine Bedeutungsrichtung, die sich ihrer Meinung nach viel besser in den Sinnzusammen- hang einfügen läßt. BHS hält es nun für möglich, daß LXX an+S4a3 aOnS= ("ich werde bestimmt hassen") gelesen haben könnte, und nun diese figura etymologica in einer sinngleichen (bzw. sinnähnlichen) griechischen figura etymologica wieder- geben wollte. Der Konjektur an+S4a3 aOnS=, welche BHS folglich vorschlägt, ist zugute zu halten, daß sie graphisch sehr nah am MT liegt, und es somit in der Tat möglich erscheint, daß ein Abschreiber sich verlesen haben könnte und einen Ab- schreibefehler begangen hat. Allerdings läßt sich diese Konjektur nicht von der LXX her rechtfertigen, da diese anS (Grundbedeutung: hassen16 ) an keiner Stelle mit antitassomai übersetzt, sondern fast ausschließlich mit misein wiedergibt. Auch umgekehrt gibt es kein antitassomai in der LXX, welches anS als Vorla- ge hat.17

3.) In Vers 9 schlägt BHS für Mk3l= hy3h4a3 die Konjektur Mk3yh2Ola6 vor. Diese Konjektur wird wohl aufgrund zahlreicher späterer griechischer Handschriften vorgeschlagen, welche allesamt ϴεоϚ vor oder hinter umwn stehen haben.Nach W. Rudolph18 handelt es sich jedoch bei diesen ϴεоϚ' um spätere Einfügun-gen in Angleichung an die traditionelle Erwählungsformel19. Ich stimme mit W. Rudolph darin überein, daß der MT den ursprünglichen Text bewahrt, zumal dieser die kürzere/schwierigere Lesart enthält im Gegensatz zu den späteren griechischen Handschriften, welche die längere/leichtere Lesart enthalten. Außerdem gilt hier (wie auch sonst in der Textkritik): manuscripta ponderantur non numerantur.

II. Formkritik

Wichtige Voraussetzung für die Auslegung eines alttestamentlichen Textes ist wei- terhin die Ermittlung seiner Form, denn ohne eine genaue Analyse sprachlicher Strukturen wird es nicht möglich sein, den Standort des Textes in seiner sprachlich vorgeprägten Welt zu bestimmen20. Gerade hiervon hat man aber auszugehen: daß die Schreiber des AT ihre Erfahrungen und Erkenntnisse nicht einfach herunter- schrieben, wie es ihnen in den Sinn kam, sondern daß sie sich bestimmter vorge- prägter Textgattungen bedienten, damit der besondere Akzent des Geschriebenen nicht vom Inhalt weg auf den individuellen Sprachstil eines Einzelnen gelenkt wur- de. Mit der Beschreibung der Form des Textes und dem anschließenden Versuch, ihn einer vorgeprägten (Text-) Gattung zuzuordnen, sind beide Aufgaben der Form- kritik schon angedeutet. Zusammen werfen sie die Frage nach der (formalen bzw. gattungsmäßigen) Geschlossenheit des Textes auf. Werden hier Brüche sichtbar, wird die Literarkritik (und die Redaktionsgeschichte) zu klären haben, worauf dies im Einzelnen zurückzuführen sein könnte.

Das Textstück Hosea 1,2 - 2,3 läßt sich sowohl inhaltlich als auch formal deutlich von seiner Umgebung abgrenzen: Der Vers 1 gehört ohne Zweifel noch nicht in den Zusammenhang von 1,2 - 2,3, da er zum einen für das inhaltliche Verständnis des Textstücks nichts beiträgt, und zum andern formal sicherlich in die Reihe der Pro- phetenbuchüberschriften gehört, welche gekennzeichnet sind durch knappe Anga- ben zu Herkunft und Wirkungszeit des Propheten21. Somit beginnt mit 1,2 eindeutig etwas Neues, was sich zudem daraus ergibt, daß die Redeeinleitung in 1,2a aus- schließlich auf das Folgende verweist22, d.h. in keiner Weise an 1,1 anknüpft. Das Ende des Textstücks ist dadurch markiert, daß mit 2,3 zum letzten Mal auf Vorheri- ges Bezug genommen wird, indem in diesem Vers noch einmal eine heilvolle Um- bzw. Neudeutung der Kinder- und Unheilsnamen aus Hosea 1 vorgenommen wird. Hingegen setzt mit 2,4 etwas völlig Neues ein. Zwar wird das Thema der Ehe hier noch einmal aufgegriffen, doch nun nicht mehr im Zusammenhang des hoseani- schen Eheschicksals, sondern nur noch als Bild für das Verhältnis Jahwe-Israel. Wenn es hier außerdem um die Zustandsbeschreibung einer Ehe geht, die im Beg- riff ist, zu zerbrechen, dann wird nicht mehr - wie noch in 2,3 - Heilvolles für die Zukunft verheißen; vielmehr wird nun von einer äußerst belastenden Gegenwart geredet. Zwischen 2,3 und 2,4 ist somit ein gedanklicher Trennungsstrich zu ziehen. Schwieriger ist nun das Problem innerer Grenzlinien. Während manche Ausleger Hosea 1,2-2,3 als eine einzige Kompositionseinheit, d.h. als ein im Sinne der Tra- denten zusammen-hängendes, wenn auch von ihnen erst nachträglich erweitertes oder zusammengesetztes Textstück23, ansehen möchten24, gibt es andere, welche eher zwei voneinander unabhängige Kompositionseinheiten annehmen wollen25. Auf den ersten Blick scheint das Textstück tatsächlich in zwei Kompositionseinhei- ten zu zerfallen, da zwischen 1,9 und 2,1 ein formaler Bruch festzustellen ist: Zu der in 1,2-9 gegebenen Prophetenerzählung26, in der von Hoseas Eheschicksal die Re- de ist, ist 2,1-3 zweifellos nicht mehr zu rechnen, da hier plötzlich eine Verheißung gegeben wird, welche mit Hoseas familiärer Situation nichts mehr zu tun hat. Bei näherem Hinsehen muß jedoch die Frage aufkommen, ob der Anhaltspunkt, daß 2,1-3 "nicht mehr von Jahwes Reden zu Hosea in Sachen seiner Familie"27 erzählt, schon ausreicht, Hosea 2,1-3 von Hosea 1 als eigene Kompositionseinheit abzutren- nen. Zwar ist in 1,2-9 (eher28 ) von Unheil die Rede29, während 2,1-3 wohl ausschließlich heilvolle Assoziationen weckt, doch gerade in dieser Gegensätzlichkeit könnte doch die Aufeinanderbezogenheit beider Teile liegen. Zwar ist auch die Art und Weise der Unheilsankündigung bzw. der Heilverheißung sehr unterschiedlich, wenn einerseits für die Unheilsankündigung eine Rahmengeschichte erzählt wird (Hoseas Eheschicksal), andererseits aber die Heilsverheißung ohne Umschweife geschieht30. Aber es spricht gegen eine Spaltung in zwei Kompositionseinheiten, wenn wie hier das in 2,1-3 Gesagte inhaltlich so offensichtlich auf das in 1,1-9 Ge- sagte rückbezogen ist, indem hier die Kinder- und Unheilsnamen um- bzw. neuge- deutet werden, indem hier das "angesagte Gericht als ein Durchgangsstadium zu umfassendem Heil"31 interpretiert wird.

Allein aus sich heraus wäre 2,1-3 auch gar nicht voll verständlich, weil der Inhalt der Verheißungen erst im Bezug auf 1,2-9 deutlich wird (s.u.). Aber auch umge- kehrt läßt sich sagen, daß das Kapitel 1 im Sinne der Tradenten nicht ohne 2,1-3 gelesen sein will. Andernfalls hörte Hoseas Botschaft damit auf, daß das Volk Is- rael hinfort ohne Gott leben müßte (vgl. V.1,9). Dann aber "gäbe es kein Israel und kein Hoseabuch [also auch nicht Hosea 1,2-9, der Vf.], weil niemand die Worte Hoseas hätte überliefern können"32. Im Folgenden wird somit von der Kompositi- onseinheit Hosea 1,2 - 2,3 ausgegangen.

Gleichwohl gibt es innerhalb von Hosea 1,2 - 2,3 einige inhaltliche Ungereimtheiten. Es wird sich zeigen müssen, ob sich auch aus gattungsgeschichtlicher Sicht manche Textteile als nicht zugehörig erweisen. Im Folgenden sollen nun die beiden Textstü- cke diesseits und jenseits der formalen Bruchstelle zwischen 1,9 und 2,1 getrennt voneinander besprochen werden, d.h. 1.) die Prophetenerzählung von 1,2-9 und 2.) das verbleibende Textstück 2,1-3. Da wir von einer Kompositionseinheit ausgehen, muß jedoch 3.) noch gezeigt werden, wie das in 2,1-3 Gesagte auf das in 1,1-9 Ge- sagte konkret zu beziehen ist. Ziel dieser Fragestellung wird es sein, am Schluß der formkritischen Untersuchungen, d.h. a) der sprachlich-inhaltlichen und b) der gat- tungsgeschichtlichen Analysen, 4.) eine Gliederung des Aufbaus der Kompositions- einheit Hosea 1,2 -2,3 geben zu können.

1.) HOSEA 1,2-9

a.) sprachlich-inhaltliche Analyse

Obwohl es sich bei Hosea 1,2-9 um eine Prophetenerzählung handelt, stellt sich jedoch heraus, daß die biographischen Notizen zu Hoseas Eheleben nur den Rah- men für eine mehrgliedrige Unheilsbotschaft bilden sollen (s.o.), welche Jahwe "durch Hosea" (vgl. 1,2a) seinem Volk mitzuteilen hat. Das heißt aber nicht, daß die Ehegeschichte von Hosea 1 deshalb frei erfunden sein muß33. Es heißt lediglich, daß der "Ton der Komposition" auf den "Gottessprüchen"34 liegt, denn die Jahwe- befehle35, die in Unheilsankündigungen übergehen36, werden jeweils nur einge- rahmt von einerseits hinführenden Redeeinleitungen, die mit zunehmendem Textver- lauf immer kürzer werden37, und andererseits von überleitenden, den nächsten Befehl vorbereitenden Notizen (wenn man die Berichte von der Geburt der Kinder im Sinne des oben Gesagten hier einmal so nennen darf), die sprachlich beinahe überhaupt nicht variieren38. Obwohl also die narrativen Teile von Hosea 1,2-9 we- der unwic htig noch unwahr sein müssen, liegt der Akzent der Prophetenerzählung ausschließlich auf den Gottesworten, die sich deutlich steigern und an Bedrohlich- keit zunehmen39. Bezugnehmend auf das Problem inhaltlicher Ungereimtheiten muß alle rdings gesagt werden, daß zwischen den Unheilsankündigungen immer wieder Bemerkungen auftauchen, die plötzlich gar nichts mit Unheil zu tun haben. So fallen die Verse 5, 6bb und 7 deutlich aus dem Zusammenhang der Unheilsankündigungen heraus40. Es bleibt jedoch die Frage bestehen, ob auch die gattungsgeschichtliche Untersuchung Indizien dafür liefert, zwischen den genannten Versen und ihren Umgebungen Brüche zu vermuten.

b.) gattungsgeschichtliche Analyse

Es wurde schon gesagt, daß der Akzent des Textes auf den Gottesworten liegt. Der Bericht über die Ehe und die Kinder des Propheten Hosea ist aber insofern konstitutiv für Jahwes Unheilsankündigung, als in ihm die hurerische Herkunft Go- mers und die Namen der Kinder Hoseas zeichenhaft auf das zukünftige Handeln Gottes an Israel (bzw. in 1,2 auf das gegenwärtige Verhalten Israels Gott gegen- über) verweisen sollen. Es handelt sich daher bei dem Bericht über die Ehe und die Kinder des Propheten Hosea im Grunde genommen um einen Zeichenhandlungsbe- richt oder besser gesagt: um eine Sammlung von vier Zeichenhandlungsberichten, die sprachlich äußerst parallel gebaut sind41. Mit H.W. Wolff kann von einer Me- morabilien sammlung gesprochen werden42, da das Anzukündigende in einer zwar symbolischen, aber doch realen Tat dargestellt wird43. Die Gattungsbestimmung "Memorabiliensammlung" wird zudem gestützt durch einen Vergleich mit ähnlich gebauten Texten (z.B. Jes 8,1 ff, Jes 20,2 ff, Jer 27,2 ff). Es zeigt sich, daß diese Texte allesamt - wie auch z.B. Hos 1,3b-5 (d.h. die zweite Memorabile innerhalb Hosea 1,2-9) - das Merkmal eines Gottesbefehls zu einem bestimmten Handeln sowie das Merkmal der Deutung des Gottesbefehls als Zeichen enthalten. Ferner ist all diesen Texten gemeinsam, daß sie von wirklichem Geschehen reden oder - wenigstens - einen historischen Kern enthalten. Hingegen kann jedoch der Bericht von einer Befolgung des Gottesbefehls fehlen. Aufgrund der literarischen Unab- hängigkeit dieser Texte kann angenommen werden, daß sie von einer Textgattung "Memorabile" geprägt worden sind. Für Hosea 1,2-9 bedeutet dies einerseits eine Bestätigung der bereits erfolgten Gattungsbestimmung. Andererseits kann dies e- benfalls bedeuten, daß sich nun Textteile innerhalb Hosea 1,2-9 finden lassen, die sich nicht mit der Form einer Memorabile vereinbaren lassen. Die Verse 5, 6bb allerdings, die sich inhaltlich nicht recht in den Zusammenhang von Hosea 1,2-9 einfügen lassen (s.o.), können auch aus gattungsgeschichtlicher Sicht noch nicht herausgefiltert werden, da sie formal - zusammen mit 1,4b bzw. mit 1,6a.ba - das Merkmal der Deutung des Gottesbefehls als Zeichen konstituieren. Hingegen muß nun der Vers 7 aus formaler Sicht aus der Memorabilien-sammlung ausgeschlossen werden, da es sich bei ihm um einen unbedingten Heilsspruch44 handelt, welcher sich sonst in keiner der anderen untersuchten Memorabilien (s.o.) findet.

2.) HOSEA 2,1-3

a.) sprachlich-inhaltliche Analyse

Bisher unberücksichtigt blieben die Verse 2,1-3. Zunächst fällt auf, daß die Worte dieses Abschnitts "rhythmisch beschwingt"45 sind, somit also sicherlich in den Be- reich der Poesie gehören. Auch sonst zeigt die sprachliche Analyse, daß die Verse 2,1-3 wohlklingend komponiert sind. Spätestens in dem Spannungsanstieg, der in den bis 2,2ab immer kürzer werdenden Sätzen zum Ausdruck kommt46, wird deut- lich, daß sich in diesem Abschnitt um sprachliche und inhaltliche Einheitlichkeit be- müht wurde47. Der Vers 3 bringt nun sprachlich etwas Neues, indem er imperati- visch formuliert ist48. In inhaltlicher Hinsicht ist 2,3 jedoch eng mit dem Vers 2,2 verbunden, da erst er die Reihe der Namensumdeutungen vervollständigt.

b) gattungsgeschichtliche Analyse

H.W. Wolff zählt Hosea 2,1-2 mit Recht zu den "unbedingten Heilssprüchen, die Verheißungen ohne Wenn und Aber verkünden"49. Der Vers 3 hat zwar auch heil- verheißenden Charakter, darf aber streng genommen nicht zu den Heilssprüchen gezählt werden, da das Heil hier nicht "verheißen", sondern als (befolgte) Anwei- sung schon in der Gegenwart heraufgeführt wird. Die Gattungsbestimmung H.W. Wolffs - unbedingter Heilsspruch mit Botenanweisung (d.h. mit einer Instruktion angesichts der angekündigten Ereignisse) - trifft jedoch nur für die Verse 2,2-3 zu, da der unbedingte Heilsspruch von 2,1 aus inhaltlichen Gründen innerhalb des Ab- schnitts 2,1-3 isoliert werden muß50. Die Gattungsbestimmung "unbedingter Heils- spruch mit Botenanweisung" wird jedoch für 2,2-3 durch zahlreiche Textmusterver- gleiche gestützt, z.B. Sach 9,9 f; Jes 40,1 ff; Jes, 52,7 ff. Diese Texte enthalten - wie auch Hosea 2,2-3 - das Merkmal der bedingungslosen Verheißung und das Merkmal der imperativischen Botenanweisung. Brüche innerhalb Hosea 2,2-3 wer- den durch die gattungsgeschichtliche Untersuchung nicht sichtbar. Vielmehr ent- sprechen sich die genannten Textmuster so genau - abgesehen davon, daß das Merkmal der imperativischen Botenanweisung auch vor dem unbedingten Heils- spruch stehen kann -, daß von einer gattungsmäßigen Geschlossenheit von Hosea 2,2-3 gesprochen werden kann. Die formale Sonderstellung des Verses 2,1 wird im Folgenden besprochen:

3.) RÜCKBEZUG VON HOSEA 2,1-3 AUF 1,1-9

Wenn vorhin gesagt wurde, daß das Textstück Hosea 1,2 - 2,3 als eine Kompositi- onseinheit gelesen werden will, muß aber nun noch gefragt werden, wie die Heils- sprüche in Hosea 2,1-3 auf die in Hosea 1,2-9 erfolgten Unheilsankündigungen konkret zu beziehen sind: Da der Vers 2,1 sprachlich mit dem Vers 2,2 verbunden ist (s.o.), hat man den Vers 2,1 meistens auch inhaltlich in den Zusammenhang von 2,1-3 gestellt51, doch es gibt Anhaltspunkte, die es sinnvoll erscheinen lassen, den Vers 2,1 in den Zusammenhang von Hosea 1,2-9 zu stellen. So läßt sich beobach- ten, daß 2,1 nur auf den dritten Kindernamen Lo-Ammi in 1,9 Bezug nimmt, hinge- gen aber in 2,2-3 trotzdem noch einmal alle drei Kindernamen eine Um- bzw. Neu- deutung erfahren52. A. Weider weist zudem darauf hin, daß das hy+h+v$ in 2,1 auch sprachlich keinen Neuansatz markiert, sondern eher fortsetzend wirkt53. Das in Vers 2,1 Gesagte könnte dann als Abmilderung der Unheilsankündigung von 1,9 verstanden werden, während ab 2,2 das gesamte zuvor angekündigte Unheil abge- wendet wird und in eine Heilsverheißung übergeht. Für die formale Bestimmung bedeutet dies nun, daß 2,1 trotz seiner formalen Andersartigkeit ("unbedingter Heilsspruch") als Teil der Memorabiliensammlung gelten muß.

4.) AUFBAU VON HOSEA 1,2 - 2,3

Mit der erfolgten Einordnung von Hosea 2,1 ergeben sich auch für die Verse 5, 6bb und 7 neue Möglichkeiten der inhaltlichen Einordnung: Da für Hosea 1,2-9 bereits parallele Strukturen konstatiert worden sind, könnten die Verse 5, 6bb und 7 - in Analogie zu 2,1 - ebenfalls stets als Abmilderung der jeweils voraufgehenden Un- heilsankündigung fungieren. Vorläufig54 soll dies einmal so angenommen werden. Im Folgenden soll abschließend noch einmal ein Überblick über den formalen Auf- bau von Hosea 1,2 - 2,3 gegeben werden, um erstens die Parallelität der vier Me- morabilien und zweitens die Art und Weise der Rückbezogenheit der Heilssprüche von Hosea 2,1-3 auf die in Hosea 1,2-9 gegebenen Unheilsankündigungen zu veran- schaulichen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten55

III. Traditionskritik

So wie die Formkritik bemüht war, den Standpunkt des Textes in seiner sprachlich vorgeprägten Welt zu bestimmen, indem sie sprachliche Strukturen aufgezeigt, diese in anderen Texten wiedergefunden und somit schließlich geprüft hat, ob und ggf. welches vorgegebene Sprachmuster (Gattung) bei der Textabfassung bestimmend war, wird nun die Traditionskritik bemüht sein, den Standort des Textes in seiner geistig vorgeprägten Welt zu bestimmen56. Dabei geht sie so vor, daß sie zunächst durch Textvergleiche den traditionellen Inhalt der Worte/der Wortverbindungen/der Aussagen zu ermitteln versucht, um anschließend zu fragen, ob und ggf. wie die traditionellen Inhalte im gegebenen Text verwendet sind. Ziel der Traditionskritik wird es also sein, den Inhalt des Textes zu ermitteln, indem sie zu erläutern ver- sucht, was seine Aussagen konkret meinen bzw. welche verschiedenen Assozia- tionen sie hervorrufen sollen.

Für Hosea 1,2 - 2,3 bietet es sich an, folgende Worte/Wortverbindungen näher zu untersuchen, um 1.) den Inhalt des ersten Zeichenhandlungsberichts innerhalb der Memorabiliensammlung (Hosea 1,2b) und 2.) den Inhalt der den ersten Unheilsnamen umdeutenden Heilsverheißung (Hosea 2,2) zu ermitteln:

1.) INHALT DER ZEICHENHANDLUNG VON HOSEA 1,2B

a.) Myn1Vnz$tD3a2

Da mit der Heirat zwischen Hosea und Gomer offenbar das gegenwärtige Verhalten Israels Gott gegenüber zeichenhaft dargestellt werden soll, ist es geboten, mehr über die einzige hier gegebene Charakterisie rung Gomers zu erfahren: daß sie eine Myn1Vnz$ tD3a2 ist.

b.) hv+hy$ yr2c7a-m2 Xr3a=h= hn3z$t1 hnOz+ )yk<1

In diesem Deutewort wird begründet, warum es das Volk Israel verdient, mit der hurerischen Gomer verglichen zu werden. Überraschend ist es aber, daß hier nicht das "Volk" oder das "Haus Israel" von Jahwe weghurt, sondern das "Land". Offen- bar gibt es eine Symbolik, die sich mit dem Begriff Xr3a3 verbindet, welche der Verfasser möglicherweise mit seiner Formulierung zur Sprache bringen wollte. Eine solche symbolhafte Bedeutung von Xr3a3 muß im Folgenden aufgespürt werden.

2. INHALT DER VERHEIßUNG VON HOSEA 2,2

a.) vd=c4y_ la2r=S4y1 )yn2b4V hd=Vhy$ )yn2b<4 Vxb<4q4n1v$

Ohne Frage wird hier eine Verheißung gegeben, wenn sich die bisher verfeindeten Israeliten und Judäer künftig "versammeln" sollen. Fraglich ist aber, was hier kon- kret gemeint ist. Innerhalb des breiten Bedeutungsspektrums der Wurzel Xbq zwi- schen "sich (einmalig und ganz unverbindlich) versammeln" und "sich (unauflöslich) vereinigen" muß diejenige Bedeutung ermittelt werden, die dem Kontext von Vers 2,2 am ehesten gerecht wird.

b.) dc=a3 DaOr Mh3l= VmS=v$

Auch hier ist es für das Textverständnis von entscheidender Bedeutung, einschät- zen zu können, welche Funktion bzw. Autorität ein "gemeinsames Haupt" hat. Vor allem wird hierbei zu ermitteln sein, in welchem Verhältnis der Begriff K9l3m3 zu dem Begriff DaOr steht, d.h. warum der der Verfasser diesen und nicht jenen Begriff gewählt hat, obwohl in der Unheilsankündigung des zweiten Zeichenhand- lungsberichts, auf die diese Verheißung Bezug nimmt, gesagt wird: la2r=S4y1 tyb<2 tVkl4m4m- yt<1b<-D4h1v$.

c.) Xr3a=h= )Nm1 Vli=v$

Auch diese Verheißung läßt für sich allein genommen noch nicht viel davon erken- nen, was genau gemeint ist. Erst ein Blick auf traditionelle Bedeutungsrichtungen von Xr3a=h= )Nm1 hli kann Aufschluß darüber geben, ob und ggf. welche von ihnen in 2,2 aufgenommen ist. Das Spektrum der möglichen bzw. in der Literatur zu findenen Deutungen sei schon hier skizziert: "heraufziehen aus dem Land (Ägyp- ten)" /"sich des Landes bemächtigen" / "aus dem Boden wachsen" / "(zur Wallfahrt) heraufziehen aus dem Land".

1.) INHALT DER ZEICHENHANDLUNG VON HOSEA 1,2B

Zu a.) Eine gewöhnliche Hure wird im AT stets hn+vOz hD<=a1 genannt57. Der recht seltene Abstraktplural Myn1Vnz$58 hingegen bezeichnet nirgendwo die ge- werbsmäßige Unzucht im profanen Sinn. Vielmehr ist wohl eine Myn1Vnz$ tD3a2 in irgendeiner Form mit dem Baalskult in Verbindung zu bringen. Ein Anhaltspunkt für diese Vermutung ergibt sich daraus, daß Hosea jedesmal, wenn er die Myn1Vnz$ c_Vr anprangert59, ganz offensichtlich den Hang Israels zum Baalskult im Blick hat60. Welche Rolle aber spielt eine hurerische Frau in diesem Baalskult?

H.W. Wolff hat hierzu die folgende These aufgestellt: "Wir haben an den Einbruch eines kanaanäischen Sexualritus in Israel zu denken, bei dem der Gottheit [dem Baal, der Vf.] die Jungfrauenschaft geopfert und damit Fruchtbarkeit erwartet wird."61 Auf Hosea 1,2 bezogen, folgert er: "Dann aber ist eine Myn1Vnz$ tD3a2 eine jener heiratsfähigen Frauen, die sich dem in Israel eingedrungenen bräutlichen Initiationsritus unterwarfen, mithin eine an Kultsymbolen leicht erkennbare 'moder- ne' Durchschnittsisraelitin."62 Hoseas Frau wäre danach eine - wenn auch fromme - Durchschnittsisraelitin gewesen, die sich vor ihrer Heirat einem allgemein üblichen gesellschaftlichen Brauch unterwarf. Für die Deutung der Zeichenhandlung von Hosea 1,2 ergibt sich dann aber, daß nicht der einmalige moralische Fehltritt einer einzigen Frau bzw. symbolhaft verstanden: der einmalige moralische Fehltritt des Volkes dargestellt werden soll. Vielmehr muß die Zeichenhandlung nun so gedeutet werden, daß der zur Normalität geratene Abfall ganz Israels von Jahwe gemeint ist. Die Schwachstelle der These H.W. Wolffs besteht jedoch darin, daß sich die Exis- tenz eines solchen Ritus nach W. Rudolph in Israel nur schwer nachweisen läßt63. Zwar kann sich W. Rudolph eine zeitlich und regional begrenzte Existenz eines solchen Initiationsritus durchaus vorstellen, lehnt aber eine Verallgemeinerung der Wolffschen These auf ganz Israel ab64. Am konsensfähigsten ist noch immer der Vorschlag, in einer Myn1Vnz$ tD3a2 schlicht eine "zur Buhlschaft neigende Frau"65 zu sehen, denn die Beifügung eines Abstraktplurals wie Myn1Vnz$ weist in der Regel nicht zuerst auf eine Betätigung, sondern auf eine Eigenschaft und Anlage hin66. Die Gomer symbolisiert in diesem Fall ein Volk Israel, welches zwar dem Abfall nahesteht, da es immer wieder dazu neigt, sich von Jahwe abzuwenden, doch wird an dieser Stelle noch nicht der Bruch der Beziehung Jahwe-Israel ange- droht. Letzteres geschieht bekanntlich erst in 1,9.

Zu b.) Es würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, alle 2504 Belegstellen des Begriffs Xr3a3 nach verschiedenen Anwendungsbereichen zu durchsuchen. Ohne Zweifel aber können sich mit diesem Begriff immer auch kosmologische Vorstel- lungen verbinden67. In diesem Fall ist die Erde als das Gegenüber zum Himmel bzw. zur himmlischen Gottheit zu denken. Diese Erde aber, die die Menschen da- mals noch mehr als heute als eine unersetzliche Lebensquelle ansahen, und mit der sie die "Vorstellung von der nährenden, helfenden, allgegenwärtigen Mutter und ihrem fruchtbaren Schoß"68 verbanden, kündigt nun ihre Ehe mit ihrem himmli- schen Schöpfer Jahwe auf, indem sie von ihm weghurt. Statt also die bisherige "e- heliche" Ordnung aufrechtzuerhalten, begeht die Erde nun einen neuen"kosmi- schen Eheakt"69 - mit dem Himmelsbaal. Dieser neue kosmische Eheakt findet im kanaanäischen Baalskult seine "rituelle Vergegenwärtigung"70, genauer gesagt: in dem Moment, in dem Kedesche und Kultteilnehmer sexuell miteinander verkehren. Damit also, daß der Begriff Xr3a3 gewählt ist, soll ausgedrückt werden, wie unna- türlich die sich anbahnende "Scheidung" von Jahwe und Volk wäre, da beide zu- sammengehören wie Himmel und Erde.

2.) INHALT DER VERHEIßUNG VON HOSEA 2,2

Zu a.) Die meisten Kommentatoren denken bei dieser Verheißung ausschließlich an den Zusammenschluß bzw. an die "Wiedervereinigung" von Süd- und Nordreich71. Da seit dem Tod Salomos (um 930 v.Chr.) die "Söhne Judas" und die "Söhne Isra- els" in zwei unabhängige Bruderstaaten getrennt waren, erscheint der Gedanke an eine Wiedervereinigung auf den ersten Blick plausibel. Eine genauere Prüfung des Verbums Xbq (ni.: sich versammeln) wirft aber die Frage auf, ob der Verfasser hier ebenso gedacht hat. Die Konkordanz zeigt das Verbum Xbq häufig an den Stellen an, die vom "Sich-Sammeln" der zerstreuten Söhne Judas und Israels spre- chen72. Besonders in exilischen Texten hat das Verbum Xbq fdie Funktion, die "Einsammlung der Zerstreuten Israels bzw. Judas"73 zu umschreiben. Von einer "Wieder-vereinigung" der beiden Bruderstaaten kann demnach keine Rede sein. Vielmehr muß davon ausgegangen werden, daß in dieser Verheißung allenfalls die Hoffnung auf Sammlung der Zerstreuten neu geweckt werden soll. Zu b.) Nach der Sammlung der zerstreuten Söhne Judas und Israels erwählen sich diese einen dc=a3 DaOr. Die 596 Belegstellen von DaOr sind im Rahmen dieser Arbeit ebenso wenig überschaubar wie die 2526 Belegstellen von K9l3m3. Gleichwohl kann hinsichtlich der jeweiligen Bedeutungsrichtungen die Tendenz festgestellt werden, daß der Begriff DaOr im Verhältnis zu K9l3m3 ein sehr viel breiteres Spektrum an Grundbedeutungen aufzuweisen hat. Während der Begriff K9l3m3 nahezu ausschließlich als ein gesellschaftspolitischer Terminus anzusehen ist, welcher politische Oberherrschaft über eine mehr oder weniger große Zahl politisch Untergebener kennzeic hnet74, kann der Begriff DaOr auch noch ganz andere Konnotationen haben, so z.B. militärische, juristische und geistliche75. Zwar weist H.-P. Müller darauf hin, daß DaOr in Hosea 2,2 einen "König", d.h. ein politi- sches Oberhaupt, bezeichnet76, doch schließt dies im Sinne des oben Gesagten ja nicht aus, daß DaOr hier gleichzeitig auch ein "geistliches Oberhaupt" bezeichnet, welches die Zerstreuten Judas und Israels zu einem gemeinsamen (Jahwe-) Kult zurückführen wird. Letzteres soll für Hosea 2,2 angenommen werden, da ein dem Begriff K9l3m3 synonymer Gebrauch des Begriffs DaOr für Hosea 2,2 jedenfalls nicht festzustellen ist77.

Zu c.) Um einen Anhaltspunkt dafür zu gewinnen, welche der Deutungen von Xr3a=h= )Nm1 Vli=v$ dem Kontext von 2,2 am ehesten gerecht wird, ist es an- gebracht, zunächst auf den traditionellen, allgemeinen Sprachgebrauch von hli zu- rückzugreifen. Dieser besteht darin, daß das Verbum hli häufig dann verwendet wird, wenn die Wanderung von Ägypten nach Kanaan angezeigt werden soll78. Nach G. Wehmeier hat diese Redeform im Laufe der Zeit stereotypen Charakter angenommen, so daß selbst genauere topographische Angaben völlig wegfallen konnten79. Auch Hosea 2,2 gibt als Ortsangabe einzig und allein Xr3a3 an. Mit dem Hinweis auf Hosea 2,1780 vermutet A. Weider, daß Xr3a3 hier für das Land Ägypten stehen soll, aus dem sie heraufsteigen werden81. In diesem Fall könnte die Wendung Xr3a=h= )Nm1 Vli=v$ ("und sie werden heraufsteigen aus dem Land (Ägypten)") eine Anspielung auf die Heraufführung aus Ägypten durch Mose sein82. Dann aber ist die Wendung nicht wörtlich, sondern symbolisch zu verstehen: Jahwe wird sie - wie damals in Ägypten - von einer Knechtschaft befreien.

Von dieser Konzeption müssen aber nun alle anderen Konzeptionen abgegrenzt werden: Der Deutungsversuch H.W. Wolffs, "sie werden sich des Landes bemächtigen"83, muß abgelehnt werden, da eindeutig belegt ist, daß die Grundbedeutung für hli "hinaufgehen/heraufsteigen" lautet84. Aber auch W. Rudolphs Deutungsversuch, "sie werden aus dem Boden wachsen (wörtl.: sie werden aus der Erde heraufsteigen)"85, kann letzten Endes nicht befriedigen. Zwar liegt in dieser Deutung der Vorteil, daß sie mit der Vorstellung an eine plötzliche Wachstumsexplosion des Landes eine Assoziationsbrücke zum nachfolgenden Namen Jesreel schlägt, dessen Etymon ja lautet: "El wird säen". "Trotzdem aber wäre es ungewöhnlich, daß nach der Sammlung der Söhne Judas und Israels und der Erwählung eines gemeinsamen Hauptes vor der Schlußbemerkung über den 'Tag (von) Jesreel' kein neues Element mehr hinzukäme."86 Aber auch eine dritte Deutung, "sie werden (zur Wallfahrt) heraufziehen aus dem Land"87, muß verworfen werden, denn von einem Wallfahrtsziel ist nirgendwo die Rede. Wäre das Ziel beispielsweise mit "nach Jerusalem" benannt, ergäbe sich ein eindeutiger Sachverhalt. Wenig sinnvoll ist es auch, mit I. Willi-Plein als Zielort "Jesreel" vorzuschlagen88, das gleich im Anschluß genannt wird. Besonders geographische Gründe sprechen gegen diese Annahme: da Jesreel wohl mit der gleich-namigen Jesreel wohl mit der gleich-namigen Jesreel-Ebene identisch ist, läßt sich diese nicht durch ein "Heraufsteigen" erreichen, sondern durch ein "Herabsteigen".

IV. Literarkritik (+ Redaktionsgeschichte)

Die Literarkritik versucht, die literarische Vorgeschichte eines Textes zu rekon- struieren. Sie geht somit davon aus, daß die uns heute vorliegende Textgestalt erst das Endprodukt eines u.U. langen Prozesses schriftlicher Gestaltung im AT dar- stellt, an der oft nicht nur der Schreiber beteiligt war, der anfangs einen Sachverhalt darlegen wollte, sondern auch spätere Redaktoren, die den Text jeweils für ihre Zeit aktualisieren wollten. Dies geschah meist weniger durch Streichungen - dazu war ihre "Ehrfurcht" vor den Texten zu groß - als vor allem durch Einfügungen. Durch solche Einfügungen konnte/sollte es aber passieren, daß sich die Aussageintention des Textes nicht unbeträchtlich verschob. Die Literarkritik versucht nun zunächst, alle sekundären Elemente des Textes an syntaktischen, semantischen und logischen Kohärenzstörungen zu erkennen, um somit die älteste schriftliche Gestalt des Tex- tes bzw. die Aussageintention des "ersten Schreibers" ermitteln zu können. An- schließend wird in einer redaktionsgeschichtlichen Fragestellung zu untersuchen sein, welcher Bearbeiterschicht89 die späteren Einfügungen aufgrund der sich ver- änderten Aussageintention zugeordnet werden müssen.

Innerhalb von Hosea 1,2 - 2,3 sind folgende Elemente als sekundär anzusehen90:

1.) EINLEITUNG VON 1,2A

Die einleitende Formel i_D2vOhb<4 hv+hv$ )rb<3d1< tl<-c1t4< von 1,2a ist der Hinweis dafür, daß Hosea einen Auftrag zur prophetischen Verkündigung ent- hält. Es zeigt sich jedoch, daß neben 1,2a auch die nachfolgende Wendung i_D2vOh )la3 hv+hy$ rm3aOyfv_ von einem Reden Jahwes spricht. Schon diese Doppelung führt zu einer literarkritischen Spannung. Ein Vergleich mit dem nach- folgenden Kontext ergibt zudem, daß die Formel von 1,2a einmalig ist, hingegen die Verse 1,4; 1,6 und 1,9 noch einmal von einem Reden "zu" (la3) Hosea sprechen. Da in diesen Versen nach den Redeeinleitungen jeweils die Jahwebefehle folgen, ist es wahrscheinlich, diese als ursprünglich anzusehen, während die Redeeinleitung von 1,2a später eingefügt bzw. vorangestellt worden ist. Die Absicht des Redaktors könnte es gewesen sein, mit 1,2a der Memorabilie nsammlung nachträglich noch die Form einer Berufungsgeschichte zu geben, so daß sich für die das Hoseabuch in seine jetzige Gestalt formende Endredaktion als Standort der Kompositionseinheit Hosea 1,2 - 2,3 der Anfang des Hoseabuches91 nahelegte.

2.) ZEICHENHANDLUNG IN 1,2B

a.) Zweimaliges Myn1Vnz$ in 1,2ba: Es ist zu beobachten, daß sich Myn1Vnz$ an seinen Belegstellen fast ausschließlich auf die Ebene "Jahwe-Israel" bezieht92. Da dies in 1,2ba nicht der Fall ist, so kann es als ein erstes Zeichen dafür gewertet werden, daß das zweimalige Myn1Vnz$ im Jahwebefehl literarisch sekundär zu verstehen ist. Weiterhin fällt auf, daß das Thema "Hurerei" - mit Ausnahme von 1,2b - im weiteren Verlauf von Hosea 1,2 - 2,3 überraschen- der Weise keine Rolle mehr spielt. Erst Hosea 2,4 ff kennt dieses Thema wieder. Dort spricht der Verfas- ser in Hosea 2,4 von den Kennzeichen "ihrer Hurerei" (h=yn3Vnz$) und in 2,6b von den "hurerischen Söhnen" (Myn1Vnz$ yn2b4). Offensichtlich ist das zweima- lige Myn1Vnz$ erst nachträglich durch einen Redaktor - sichtlich von Hosea 2,4 ff beeinflußt - in den Jahwebefehl eingefügt worden93.

b.) 1,2bb: Da dieser Versteil mit seiner von dem Verbum hnz gebildeten figura etymologica den Vers 1,2ba in seiner redaktionell bearbeiteten Gestalt voraussetzt, muß es sich bei ihm ebenfalls um einen späteren Zusatz handeln. Aber nic ht nur hn3z$t1 hnOz+ weist darauf hin; auch der überraschende Gebrauch des hier wohl symbolisch zu verstehenden Begriffs Xr3a394 - statt der vielleicht eher zu erwar- tenden Begriffe Mi- oder la2r=S4y1 tyb<2 - ist als ein Hinweis auf spätere Ver- fasserschaft anzusehen.

c.) 1,2bg: Auch dieser Versteil setzt bereits die bearbeitete Fassung von 1,2b inhalt- lich voraus. Doch auch hier gibt es sprachliche Indizien, die den Verdacht späterer Verfasserschaft erhärten: Zunächst einmal fällt auf, daß die Wendung hv+hy$ yr2c7a-m2 im Hoseabuch einmalig ist, somit also untypisch für seine Verfasser ist95. Weiterhin überrascht, daß die Wendung hv+hy$ yr2c7a-m noch einmal aus- drücklich den Gottesnamen nennt, obwohl kurz zuvor Jahwe als Sprechender einge- führt wurde (1,2a). Spätestens diese "stililstische Unebenheit"96 entlarvt auch 1,2bg als sekundär.

a.)-c.) Absicht des Redaktors: Da die späteren Einfügungen innerhalb des Verses 1,2b inhaltlich so eng aufeinander bezogen sind (s.o.), ist anzunehmen, daß diese auf denselben Redaktor zurückzuführen sind. Die Absicht des Redaktors könnte es gewesen sein, mit der Umformung des Verses 1,2b97 in einen Zeichenhandlungsbe- richt eine nachträgliche - mit Blick auf das gegenwärtige Verhalten Israels Gott gegenüber sich nahelegende - Begründung für die unheilvollen Namen der Kinder zu liefern98. Ferner könnte den Redaktor das Interesse geleitet haben, den Vers 1,2b den weiteren Zeichenhandlungsberichten formal anzugleichen.

3.) ABMILDERUNG VON 1,5

Zwar ist der Vers 1,5 formal als eine Fortsetzung des Deuteworts von 1,4b anzuse- hen99, doch gibt es deutliche Indizien dafür, den Vers 1,5 als sekundär einzustufen: Vergleicht man das Deutewort von 1,4b-5 mit den anderen Deuteworten innerhalb unseres Textstücks, fällt 1,4b-5 insofern aus dem Rahmen, als es zweiteilig ist. Bei näherem Hinsehen fällt zudem auf, daß sein zweiter Teil (1,5) inhaltlich in Spannung zu seinem ersten Teil (1,4b) steht: Während das in 1,4b Gesagte zweifellos unheil- volle Assoziationen weckt, kann die Wendung tD3q3 rbD von 1,5 auch mit heilvol- len Assoziationen besetzt sein100. Um nun zu belegen, daß nicht 1,4b, sondern 1,5 als sekundär einzustufen ist, müssen noch sprachliche Indizien gefunden werden. Dabei fällt zunächst auf, daß mit aVhh- MvOyfb-< hy+h=v$ eine Einleitungsfor- mel steht, die in Hosea 2,18.20.23 als Anfangssyntagma einer neuen Redeeinheit eindeutig als literarisch sekundär ausgewiesen werden kann101. Dies ist zwar noch kein Kriterium dafür, daß sie in 1,5a ebenfalls sekundär ist, aber ein erster Anhalts- punkt. A. Weider weist in Anlehnung an H. Schweizer in diesem Zusammenhang auf die literarkritische Spannung zwischen der Zeitangabe ei-m4 dvOi )yk<1 in 1,4ba und der Einleitungsformel am Beginn von 1,5: "Hält sich die erste Formel über eine präzise Datierung bedeckt, faßt die Einleitungsformel ein bestimmtes Da- tum ins Auge."102 Weiterhin kann beobachtet werden, daß 1,5 vom la2r=S4y1 tD3q3 und von der lai3r4z$y! qm3i2 spricht, während in 1,4 bisher nur vom la2r=S4y! tyb2< die Rede war. Diese Spannungen zu 1,4 lassen den Schluß zu, 1,5 als eine redaktionelle Erweiterung des Deuteworts von 1,4b zu begreifen. Die Ab- sicht des Redaktors könnte es gewesen sein, das in 1,4b angekündigte Unheil in seiner Schärfe zu relativieren103.

4.) ABMILDERUNG VON 1,6Bb-7

a.) 1,6bb: Ungewöhnlich an dem Deutewort von 1,6 ist, daß es nicht wie bisher nur aus einem, sondern aus zwei yk<1-Sätzen besteht. Vergleicht man den Inhalt beider Begründungen, ergibt sich eine Spannung: Während der erste yk<1-Satz davon spricht, Israel das göttliche Erbarmen zu entziehen, kommt Jahwe nach dem zweiten yk1<-Satz Israel wieder mit seiner Vergebung entgegen. Folglich ist der Vers 1,6bb als literarisch sekundär einzustufen.

b.) 1,7: Der Vers 7 fällt mit dem in ihm enthaltenen unbedingten Heilswort schon formal aus dem Rahmen der Memorabiliensammlung heraus104. Aber auch inhalt- lich ist er mit dem in der Memorabiliensammlung Gesagten nur schwer in Einklang zu bringen: Während sonst Unheil für Israel verkündet wird, ist hier plötzlich von Heil für Juda die Rede. Hingegen scheint der Vers 7 inhaltlich und sprachlich an den bereits als sekundär ausgewiesenen Vers 1,6bb anzuknüpfen: inhaltlich, weil er ebenfalls heilverheißenden Charakter hat; sprachlich, weil das Waw copulativum in hd=Vhy$ tyb2< )ta3v$ eindeutig fortsetzend gemeint ist105. Somit ist es nahelie- gend, neben 1,6bb auch den Vers 7 als literarisch sekundär einzustufen.

a.)-b.) Absicht des Redaktors: Auch hier kann aufgrund der engen inhaltlichen und sprachlichen Verknüpfung von 1,6bb und 1,7 davon ausgegangen werden, daß bei- de Einfügungen auf denselben Redaktor zurückzuführen sind. Als Absicht des Re- daktors legt es sich auch hier nahe, eine Abmilderung des von ihm vielleicht als unerträglich empfundenden Deuteworts anzunehmen.

5.) ABMILDERUNG VON 2,1

Es wurde schon im Rahmen der formkritischen Untersuchungen gezeigt, daß mit dem Vers 2,1 formal etwas Neues beginnt106. Gleichwohl wurde der Vers 2,1 aufgrund seines Rückbezugs auf 1,9 inhaltlich in den Zusammenhang der Memora- biliensammlung gestellt107. Aufgrund folgender Indizien ist es jedoch auszuschlie- ßen, für 1,9 und 2,1 eine gemeinsame Verfasserschaft anzunehmen: Inhaltlich wi- dersprechen sich die beiden Verse so stark, wenn einerseits in 1,9 der Bruch der Beziehung Jahwe-Israel angekündigt wird, andererseits in 2,1 aber von einer von Jahwe selbst gegebenen Volksvermehrungsverheißung für Israel die Rede ist, daß eine gemeinsame Verfasserschaft auf jeden Fall ausgeschlossen werden muß. Doch auch sprachlich hat der Vers 2,1 mit dem Vers 1,9 kaum etwas gemeinsam. Dies wird schon darin deutlich, daß der Vers 1,9 prosaisch, der Vers 2,1 hingegen poetisch ist108. Die Frage, welcher der beiden Verse als sekundär einzustufen ist, ergibt sich mit letzter Sicherheit aus der Beobachtung, welcher der beiden Verse den jeweils anderen Vers voraussetzt. Hier zeigt sich, daß der Vers 2,1b die Wen- dung ym<1i- )aOl aus 1,9 noch einmal aufnimmt, daß also der Vers 2,1 den Vers 1,9 literarisch voraussetzt. Umgekehrt läßt sich eine literarische Abhängigkeit je- doch nicht feststellen. Somit ist der Vers 1,9 eindeutig ursprünglich, der Vers 2,1 hingegen eindeutig sekundär. Als Absicht des Redaktors ist hier wiederum eine Abmilderung der voraufgehenden Unheilsankündigung anzunehmen109.

6.) VERHEIßUNG VON 2,2-3

Aufgrund der Tatsache, daß die Verse 2,1 und 2,2 sprachlich so eng miteinander verknüpft sind110, wird durchgehend eine für beide Verse gemeinsame Verfasser- schaft angenommen111. Es stellt sich jedoch die Frage, ob die sprachliche (Met- rum!) und inhaltliche (Thema: Verheißung) Parallelität von 2,1 und 2,2 nicht allein zeigt, daß der Verfasser derVerse 2,2-3 den Vers 2,1 bereits als Vorlage hatte und sich an ihm orientierte. Die neue Sinnrichtung des Textstücks in Richtung Abwen- dung der gesamten Unheilsankündigung von Hosea 1,2-9 ergibt sich jedenfalls ausschließlich aus Hosea 2,2-3112, so daß hier das Werk eines noch späteren (im Vergleich zu 2,1) Redaktors angenommen werden muß. Spätere Verfasserschaft ergibt jedoch schon eine inhaltliche und sprachliche Gegenüberstellung von 2,2-3 mit 1,1-9: Hier wird in der Form eines "unbedingten Heilsspruchs mit Botenanweisung" Positives verheißen, dort wird in der Form einer "Memorabiliensammlung" Negati- ves angekündigt; hier wird poetisch formuliert, dort wird in prosaischer Form berichtet. Hier kann auf keinen Fall ein und derselbe Verfasser am Werk gewesen sein. Da der Abschnitt Hosea 2,2-3 den Abschnitt Hosea 1,2-9 (;2,1) voraussetzt, das Umgekehrte jedoch nicht gilt, ist der Abschnitt 2,2-3 literarisch sekundär. Die Absicht des Redaktors könnte es gewesen sein, durch eine Um- bzw. Neudeutung der Kinder-und Unheilsnamen aus Hosea 1,2-9 seiner Erfahrung Rechnung zu tra- gen, daß Jahwe durch alles Unheil hindurch letzten Endes doch Heil schenkt, und daß das "von Hosea angesagte Gericht als ein Durchgangsstadium zu umfassendem Heil"113 zu verstehen ist. Dabei ging er so vor, daß er inhaltlich auf Hosea 1,1-9 Bezug nahm, sich sprachlich jedoch an dem Vers 2,1 orientierte.

Aus den literarkritischen Beobachtungen und redaktionsgeschichtlichen Analysen kann nun folgendes Modell gebildet werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten114 115

Legende: III. 2. Redaktion

II. 1. Redaktion

I. Grundtext

V. Überlieferungskritik

Nachdem die Literarkritik hinter die uns heute vorliegende Textgestalt zurückge- fragt hat, um die älteste schriftliche Fassung des Textes zu ermitteln, versucht nun die Überlieferungskritik, die mündliche Vorgeschichte dieser Textfassung zu re- konstruieren. Gerade bei Propheten hat man davon auszugehen, daß die ursprüngli- che Situation ihres Wirkens die mündliche Verkündigung in unmittelbarer Gegen- überstellung zum Hörer war116. Ihre Worte wurden zumeist erst nachträglich ge- sammelt und schriftlich fixiert. Die Aufgabe der Überlieferungskritik ist es also, "Gestalt und Werdegang des Textes in dieser mündlichen Überlieferungsphase"117 zu bestimmen, und die Absichten seiner schriftlichen Fixierung herauszuarbeiten. Da der in der Literarkritik ermittelte Grundtext Hosea 1,2 ba(älteste Fassung).3- 4.6a.ba.8-9 in formaler und inhaltlicher Hinsicht völlig geschlossen wirkt, somit von seinem Nahkontext offenbar unabhängig ist, könnte es sein, daß er einmal auf ein Verstehen nur aus sich selbst, also ohne weiteres Textgut, angelegt war. Da nun aber literarische Größen so geringen Umfangs nicht separat schriftlich überliefert wurden118, drängt sich der Verdacht auf, daß man hier auf die Verschriftung einer kleinen, ursprünglich mündlichen Redeeinheit trifft. Aus sachlichen Gründen legt es sich jedoch nahe, eher Gegenteiliges anzunehmen: Da der o.a. Grundtext wahr- scheinlich nicht von Hosea selbst formuliert wurde, sondern von einem seiner Schü- ler119, ist er vermutlich in dieser Gestalt noch nicht im Bereich mündlicher Rede entstanden, da einem Prophetenschüler wohl kaum die Kraft und die Entschlossen- heit gegeben ist, eine solche Unheilsbotschaft in unmittelbarer Gegenüberstellung zum Hörer zu verkünden. Schon der von Jahwe zum Propheten Berufene selbst, Hosea, hatte mit seiner zu verkündenen Unheilsbotschaft einen sehr schweren Stand, da er aufgrund des zunächst ausbleibenden Unheils bei seinen Hörern fast nur auf Spott und Ablehnung stieß120. Es muß m.E. also angenommen werden, daß ein Prophetenschüler die Unheilsbotschaft des Hosea sinngem äß nieder- schrieb, damit wenigstens zukünftige Generationen im Erleben des dann doch noch eintreffenden Unheils erkennen, daß Hosea in seiner Unheilsankündigung Recht behielt. Die Annahme, daß der Prophetenschüler die Unheilsbotschaft des Hosea nicht wörtlich, sondern eben nur sinngemäß niederschrieb, ergibt sich aus der Beo- bachtung, daß der o.a. Grundtext seine mehrgliedrige Unheilsbotschaft in sehr dichtgedrängter Form enthält, obwohl sich doch Hosea - innerhalb der anzuneh- menden größeren Zeitspanne zwischen Heirat und Geburt des letzten Sohnes - sicherlich wortreicher geäußert hat. Knappe Formulierungen deuten aber darauf hin, daß der Grundtext nicht aus dem unmittelbaren Erleben formuliert wurde, son- dern im wachen Überblick über vergangene Jahre121. Daß der Prophetenschüler die hoseanische Unheilsbotschaft "nur" sinngemäß niederschrieb, bedeutet jedoch nicht, daß er dies nicht aus der Erinnerung an bestimmte (mündliche) Hoseaworte getan haben könnte. Hat es solche Hoseaworte gegeben, so lassen sich diese alle rdings nicht mehr genau rekonstruieren. Es kann allenfalls angenommen werden, daß das in den Deuteworten Ausgesprochene in irgendeiner Form auf Hosea selbst zurückgeht. Der Prophetenschüler kannte somit Hoseas Stellung zum Haus Jehu und zum Königtum allgemein; er kannte seine Visionen hinsichtlich der künftigen Beziehung zwischen Jahwe und Israel, so daß eine Memorabiliensammlung entste- hen konnte, die inhaltlich ganz in hoseanischer Tradition steht.

Der Prophetenschüler wollte also die Zukunftsbedeutung der prophetischen Bot- schaft dadurch erhalten, daß er Hoseas Unheilsbotschaft noch einmal in wenigen Worten schriftlich zusammenfaßte. Dies tat er bekanntlich in der Form, daß er die Unheilsbotschaft in einer den Propheten vorstellenden Erzählung über dessen Ehe- schicksal einrahmte.

VI. Historische Ortsbestimmung

Sowie die Formkritik und die Traditionskritik bemüht waren, den Standort des Textes in seiner sprachlich bzw. geistig vorgeprägten Welt zu bestimmen, bemüht sich nun die Historische Ortsbestimmung darum, den Standort des Textes in seiner rea- len geschichtlichen Welt zu ermitteln122. Dies muß freilich für jede einzelne Wachstumsschicht des Textes gesondert geschehen, da nur auf diese Art die in der redaktionsgeschichtlichen Untersuchung vorläufig angenommenen Texterweite- rungs-absichten der Redaktoren entweder bestätigt oder in Frage gestellt werden können. Neben der genaueren Verortung der Sender in ihre jeweiligen sozialen und geschichtlichen Situationen wird jedoch noch zu bestimmen sein, welches ganz all- gemein die typischen Kommunikationssituationen für die verwendeten Textmuster waren ("Sitz im Leben").

1.) GRUNDTEXT1123 (I)

"Der Verfasser des Stückes ist schwerlich der Prophet selbst"124, denn im Gegen- satz zu dem Ich-Bericht von Kapitel 3, der wohl zweifellos auf Hosea zurückgeht, bedient sich der Verfasser des Kapitels 1 der dritten Person. Da dieser Verfasser aber sichtlich gut mit den Familienverhältnissen Hoseas vertraut ist125, könnte es sich um einen Schüler des Propheten handeln, welcher seinem Lehrer durch schriftliche Verbreitung seiner (Unheils-) Botschaft dienen möchte.

Aus zwei Bemerkungen innerhalb des Kapitel 1 läßt sich Aufschluß über seine ungefähre Entstehungszeit gewinnen: Wenn man von vorausschauender Prophetie ausgehen darf, dann weist die Unheilsankündigung "ich werde beenden das König- tum Israels" (1,4bb) eindeutig in die Zeit vor 722 v.Chr., d.h. in die Zeit, in der das Königtum in Israel noch bestand. Zwar wäre es theoretisch auch möglich, daß ein Prophetenschüler aus der Erinnerung an ein ursprünglich vorausschauendes Pro- phetenwort dieses erst nachträglich, d.h. nach dem Eintreffen der prophetischen Vision, aufgeschrieben hat. Aufgrund der Bemerkung "ich werde ahnden die Blut- schuld Jesreels am Haus Jehus" (1,4ba) ist es für den Grundtext von Hosea 1,2-9 jedoch geboten, eine frühere Entstehungszeit anzunehmen, da die o.a. Bemerkung eindeutig noch auf die Zeit der Jehu-Dynastie (845-747 v.Chr.) verweist, da sie sich offensichtlich gegen den König Jerobeam II. und seine Vorfahren richtet126. Es ist nun aber fraglich, ob das Textstück deshalb noch vor dem Ende der Jehu-Dynastie (besiegelt mit dem Tod Sacharjas, des Sohnes Jerobeams II.) im Jahre 747 v.Chr. entstanden sein muß, da nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden kann, daß mit dem Begriff Mym1d<+ - besonders in Verbindung mit der nachfolgenden Ankündigung tVkl4m4m- yt<1b<-D4h1v$ - auch noch die Königsmorde nach 747 v.Chr. assoziiert werden sollen127. Somit muß als mögliche Entstehungszeit die relativ große Zeitspanne von ca. 750-725 v.Chr. angegeben werden128.

2.) ERSTE REDAKTION (II)

Als Anhaltspunkt für die zeitliche Einordnung der ersten Bearbeiterschicht sei der Vers 1,7 herausgegriffen, der eine Heilsverheißung für Juda enthält. Es ist anzu- nehmen, daß 1,7 in eine Zeit weist, in der der Staat Israel längst nicht mehr existie r- te, und das Schwergewicht des Gottesvolkes und seiner Geschichte auf den Rest- staat Juda übergegangen war. Dieser hatte nicht nur durch levitische Flüchtlinge genuine Israeltraditionen aufgenommen, sondern auch durch König Joschija (639- 609 v.Chr.) eine religiös-kultische Erneuerung und (außenpolitisch) eine, wenngleich kurzfristige, enorme Nordexpansion in das ehemalige Gebiet des Nordreichs erfah- ren129. Es könnte nun sein, daß ein Redaktor in levitischen Kreisen Judas unter dem Eindruck der Glanzperiode König Joschijas, in der der vormalige religiöse Syn- kretismus zugunsten einer reinen Jahweverehrung beseitigt worden war, das Text- stück Hosea 1,2-9 für seine Zeit aktualisierte, indem er die Unheilsankündigungen in ihrer Schärfe relativierte. Besonders in Vers 1,7 kommt zum Ausdruck, daß Jahwe zumindest mit dem "Haus Juda" versöhnt ist, welchem er schon allen sichtbar sei- nen Beistand zukommen ließ (Errettung Jerusalems aus der Assyrergefahr von 701 v.Chr.)130. Als Entstehungszeit für die Einfügungen der ersten Redaktion kommt somit die Epoche Joschijas, 639-609 v.Chr., in Betracht.

3.) ZWEITE REDAKTION (III)

War der Standpunkt der vorausgehenden Redaktion noch großjudäisch (vgl. 1,7), so ist in der folgenden von einer derartigen Tendenz nichts mehr zu spüren. Zwar wer- den die "Söhne Judas" in 2,2 zuerst genannt, doch wird ihr Vorrang gegenüber den "Söhnen Israels" nicht mehr betont. Nun handeln sie mit diesen zusammen, sozusa- gen auf gleicher Ebene: "und es werden sich versammeln die (über das Land verstreuten131 ) Judäer und Israeliten miteinander, und sie werden sich setzen ein gemeinsames Haupt". Es könnte sein, daß ein gemeinsames Schicksal von Judäern und Israeliten einen Redaktor veranlaßt hat, in diesem gemeinsam zu ertragenem Unheil nach einem Heil Ausschau zu halten, welches Jahwes ganzem Volk, eben Judäern und Israeliten, zukommen wird.

Mit dem Untergang des Reiches Juda im Jahre 587 v.Chr. war nun auch den Judä- ern ihre staatliche Grundlage entzogen. Es folgten Deportationen und Vertreibun- gen, so daß sich viele Judäer und Israeliten in einem fremden Land unter fremden Menschen eine neue Zukunft aufbauen mußten. In vielen stieg während dieser Zeit des Exils die Hoffnung auf, sich eines Tages in der Heimat wieder "zu versam- meln", und unter einem "gemeinsamen Haupt" in eine bessere Zukunft mit Jahwe zu gehen, als es der bisherige "hurerische" Lebenswandel zuließ. "Jahwe wird uns von der Knechtschaft des Exils befreien"132, werden viele geglaubt, zumindest aber doch gehofft haben.

Diese verbreitete Heilshoffnung könnte der Redaktor aufgegriffen und in eine - die Unheilsnamen von Hosea 1 umdeutende - Heilsverheißung gekleidet haben. Somit wirkte der Redaktor wahrscheinlich in exilischer Zeit (587-538 v.Chr.). Eine nachexilische Verfasserschaft ist wohl auszuschließen, da eine deutliche Anspielung auf eine Rückkehr aus Babel (538 v.Chr.) jedenfalls fehlt.

D. SCHLUSS

I. Zusammenfassung

An dieser Stelle soll noch einmal zusammenfassend die Aussageintention des Endtextes beschrieben werden:

Rückblickend wird uns von dem Propheten Hosea erzählt, wie er dazu gekommen sei, eine "hurerische" Frau namens Gomer zu heiraten, und was ihn bestimmt habe, den aus der Ehe hervorgegangenen drei Kindern symbolische Namen zu geben. Hinter beiden Schritten stehe Gott mit seiner Offenbarung und seinem Auftrag für das dem Gericht entgegengehende Zehnstämmereich. Diese schwere Auftrag wur- de für Hosea zu einem Gleichnis und Inhalt für die wohl einzigartige Botschaft, die er seinem Volk zu bringen hatte. Die außerordentliche Lage Israels erforderte je- doch ein entsprechendes außerordentliches Zeugnis, um von Israel in seinem hure- rischen "Rausch" verstanden zu werden. Die symbolischen Namen der Kinder soll- ten nun also dem Volk zu jener Deutung werden, wie gegenwärtig Jahwes Verhält- nis zu Israel sei:

Die Ebene Jesreel mit ihren historischen Ereignissen war zuletzt in besonderer Wei- se zu einem Mittelpunkt schwerster Versündigungen geworden. Indem Jehu an diesem Ort seinerzeit den König und seine Familie ermorden ließ, hatte er eine Blutschuld auf sich geladen, die ihm zum Gericht werden mußte. Aber der Zusam- menbruch der Dynastie Jehus wird nur der Anfang vom völligen Zusammenbruch des Nordreiches sein. "Und es soll geschehen an jenem Tag: Ich werde zerbrechen den Bogen Israels" (1,5). Zwar impliziert dieses Wort auch den Beginn einer neuen Heilszeit133, doch zunächst einmal ist gesagt, daß nach dem Untergang der Jehu- Dynastie bald auch der Bogen Israels, d.h. die gesamte Kriegs- und Heeresmacht des Volkes, untergehen wird.

Die Tochter, die Hosea geboren wurde, mußte der Prophet Lo-Ruchama nennen. "Denn ich fahre nicht mehr fort, mich zu erbarmen über das Haus Israel" (1,6). Auch der Name der Tochter verkündet dem Volk Gericht. Israels Existenz beruhte in Geschichte und Gegenwart stets auf dem Erbarmen Gottes. Israel war von Gott geliebt und begnadigt worden, bevor es selbst lieben konnte. Was die Vergangen- heit des Volkes an Selbständigkeit gewonnen und an Größe gehabt hatte, das war immer aus dem Liebesverhältnis Gottes zu Israel gekommen. Zieht sich das Erbar- men Gottes künftig aus der Geschichte Israels zurück, dann steht das Volk hinfort wie eine "Nicht-Erbarmte" innerhalb der Stürme des Weltgeschehens. Nur Juda war noch nicht zu solch einer "Lo-Ruchama" herabgesunken (vgl. 1,7)134.

Die Gomer schenkt dem Propheten nun nochmal einen Sohn. "Und er sagte: Nenne seinen Namen 'Lo-Ammi', denn ihr seid nicht mein Volk, und ich werde nicht euer sein" (1,9). Diese Worte schienen alle großen Offenbarungswahrheiten, die durch Abraham, Isaak, Jakob, Mose und all die späteren Zeugen innerhalb der Geschichte dem Volk geworden waren, aufzuheben. Das war die Ankündigung der Preisgabe Israels an die Geschichte. In seiner Treulosigkeit hatte es sich immer wieder an die Weltvölker gehangen und in deren Art und Machtstreben, in deren Götterwelt und Expansionspolitik das Ideal auch für die Größe und Zukunft Israels gesehen. Gott schickt nun sein Volk ins Gericht, indem er es ganz aufgibt und es seinen Liebha- bern überläßt.

Hiermit hört die Botschaft allerdings noch nicht auf. Mitten in diesem furchtbaren Gericht wird sich dann offenbaren, daß Israel in seiner Geschichte Zeiten guter Gemeinschaft mit Gott hatte - und auch künftig wieder haben kann. Wenn sich Judäer und Israeliten gemeinsam an die Zeiten erinnern, in denen sie geliebt und nicht verlassen waren, dann werden sie dankbarer sein und auf eine neue Chance hoffen dürfen. Sie werden sich "versammeln" und sich ein "gemeinsames Haupt" wählen (vgl. 2,2). Jahwe wird sie von aller Knechtschaft befreien und mit ihnen in eine neue Zukunft gehen.

II. Theologische Stellungnahme

Löst man das Textstück Hosea 1,2 - 2,3 auch aus seinem unmittelbaren historischen Kontext heraus, so kann aus ihm dennoch eine Mahnung an unsere Zeit gelesen werden. So ist beispielsweise das Thema "Hurerei" von bleibender Aktualität in dem Sinne, daß wir - ebenso wie die Israeliten - treulos werden können und unse- ren Versuchungen erliegen. Die Versuchung Israels, sich kanaanäischer Mytholo- gie hinzugeben, ist zwar der Form nach nicht mehr die unsere, aber der Sache nach, Lebenserfolg gegen Lebenssinn einzutauschen, ist sie es mächtig. Wir verlassen Gott zugunsten der Wissenschaft, von der wir uns wie von einem Abgott Lebenser- folg versprechen.

Drei Beispiele: Die Frage der Macht und damit die Entscheidung eines kommenden Krieges erscheint nur noch als Frage der Wissenschaft: wer ist dem anderen in den Fortschritten der Atomforschung voraus und in der Bewältigung der technischen Probleme bei ihrer praktischen Anwendung? - Die Frage des Lebenserfolgs, der körperlichen Rüstigkeit und geistigen Frische erscheint nur als eine Frage der Wis- senschaft: wer kann es sich leisten, die modernsten Ergebnisse der Medizin für sich nutzbar zu machen? - Und schließlich sogar die Frage der Bibel und ihrer Glaub- würdigkeit, auch sie wird dem Abgott Wissenschaft untergeordnet. Ein Zeichen ist das Buch von Gottfried Keller: "Und die Bibel hat doch recht!" Sein Riesenerfolg beruht darauf, daß hier viele Aussagen der Bibel als von der wissenschaftlichen Archäologie bestätigt nachgewiesen werden; die Wissenschaft nimmt auch hier den obersten Thron ein.

Wie Israel einer Hure gleich um die Götter Kanaans buhlte, so buhlt die christliche Welt um die Götter der Moderne, um die Wissenschaften. Darin sind beide ganz gleich: treulos verlassen sie den Herrn und seine Liebe und hängen sich an Buhlen, die weder Treue noch Liebe kennen.

In dieser Lage beruft der Gott, der Treue hält, seinen Boten. Eben jetzt! Wo alle Welt praktisch so lebt, als könne man mit dem Glauben an Gott nichts mehr anfan- gen, rüstet er seinen Zeugen aus. Wo man immer sicherer wird, ohne ihn fertig werden zu können, errichtet er sein Zeichen mit dem einen, dem er Gehorsam be- fiehlt. Wo der Mensch sich teils mit Wollust, teils mit Scharfsinn selbst auf den Thron setzt und sich in seine eigenen Götter verliebt, sorgt Gott selbst dafür, daß dieses Verhalten mit dem rechten Namen benannt wird: Hurerei, Untreue, Lüstern- heit. Er sorgt schließlich auch dafür, daß der hurerische Geist nicht das letzte Wort behält. Dazu ruft er - auch heute - seine Gemeinde in seinen Dienst.

D. Anhang: Literaturverzeichnis

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[...]


1 Von dem constructus tl-<c1t<4 hängt der ganze (unvollständige) Satz ab. Diesem Umstand wird am besten Rechnung getragen, indem man i-D2ohb4< hv+hy$ ))rb<3d1< tl<-c1t4< in einem deutschen Temporalsatz widergibt. Auch möglich wäre es, tl<-c1t4< lokal aufzufassen: "Anfang dessen, was Jahwe durch Hosea redete."

2 Die Präposition b<4 an dieser Stelle mit "zu (Hosea)" zu übersetzen, wird dadurch ausgeschlossen, daß im weiteren Verlauf der Perikope (schon in 2b) als "hinwendende" Präposition jedesmal la3 gebraucht wird.

3 Der absolute Infinitiv hOnz+ bildet hier zusammen mit der finiten Verbform hn3z$t1 eine figura etymoligica (vgl. W. Schneider, Grammatik, § 50.4.2, S. 219). Hierdurch wird dem Ve r- balausdruck ein besonderer Nachdruck verliehen, welcher sich hier in der Wendung "ganz und gar" widerspiegelt.

4 Dieses und die folgenden Konsekutivperfekte sind wohl allesamt futurisch aufzufassen (vgl. W. Schneider, Grammatik, § 48.3.4, S. 190 ff).

5 Wörtlich: "Nicht-Erbarmte".

6 Die Textkritik hat zu ermitteln, welches Lexem hier ursprünglich gesetzt war. Hiervon wird es auch abhängen, ob das yk1< in 6bb eventuell nicht als bekräftigende ("ja", "fürwahr"), sondern als begründende ("da", "weil", "denn") Partikel aufzufassen ist.

7 Wörtlich: "Nicht-mein-Volk".

8 Durch den Maqqef wird aus der finiten Verbform hy3h4a33 in Verbindung mit aOl ein negierter Nominalausdruck. Dieser wurde im Deutschen beibehalten.

9 So lautet eine Grundbedeutung für hli (vgl. W. Gesenius/F. Buhl, Handwörterbuch, S. 589). Die Traditionskritik wird zu ermitteln haben, welche Bedeutung für hli dem Kontext am bes- ten gerecht wird.

10 Wörtlich: "Mein-Volk".

11 Wörtlich: "Erbarmte".

12 O. H. Steck, Exegese, S. 38.

13 Auf die textkritische Anmerkung zu Vers 7 wird hier nicht eingegangen. Es wird im Rahmen der literarkritischen Fragestellung zu prüfen sein, ob der Vers 7 ein späterer Zusatz ist. Daß der Vers 7 erst nach dem Ende des eigentlichen Entstehungsprozesses des Kapitel 1 entstanden ist, somit also mit den Mitteln der Textkritik herauszufiltern wäre, halte ich zusammen mit wohl nahezu allen Auslegern für höchst unwahrscheinlich, zumal sich kein Textzeuge finden läßt, in dem der Vers 7 nicht belegt wäre.

14 Vgl. W. Rudolph, Hosea, S. 37.

15 Vgl. H.W. Wolff, Hosea, S.7.

16 Vgl. W. Gesenius/F. Buhl, Handwörterbuch, S. 788.

17 Vgl. A. Weider, Ehemetaphorik, S. 25.

18 Vgl. W. Rudolph, Hosea, S. 38.

19 Vgl. Jer. 7,23; 11,4; 24,7 u.a.

20 Vgl. O.H. Steck, Exegese, S. 97.

21 Vgl. Jes 1,1; Am 1,1.

22 Umstritten ist die Frage, bis wohin die Ankündigung der Jahwerede in 1,2a reicht (bis 1,9: H.W. Wolff, Hosea, S. 12; bis 2,25: u.a. W. Rudolph, Hosea, S. 39). Im Rahmen unserer Fra gestellung ist dieses Problem jedoch unerheblich, da die Zugehörigkeit von 1,2a zu 1,2b - 2,3 außer Frage steht.

23 Ausdrücklich soll hier also der Begriff "Kompositionseinheit" gegen den Begriff "literari- sche Einheit", welcher die literarische Geschlossenheit eines Textes ohne spätere Einfügun- gen meint, abgegrenzt werden. Der Begriff "Kompositionseinheit" läßt offen, ob und wievie- le Redaktoren an der Gestaltung einer uns heute vorliegenden literarischen Komposition mitgewirkt haben.

24 Z.B. J. Jeremias, vgl. ders., Hosea, S. 29.

25 Z.B. H.W. Wolff und W. Rudolph, welche in ihren Hoseakommentaren Hosea 1,2-9 und Hosea 2,1-3 konsequenterweise getrennt voneinander besprechen.

26 Vgl. zum Begriff W.H. Schmidt, Einführung, S. 181.

27 H.W. Wolff, Hosea, S. 8.

28 Von Ausnahmen, die eventuell auf Brüche hinweisen können, wird später die Rede sein.

29 Schon jetzt kann gesagt werden, daß die Ankündigungen "ich werde die Blutschuld Jesreels ahnden" oder "ich werde das Königtum Israels beenden" wie Unheilsdrohungen klingen und wohl auch als solche gemeint sind.

30 So in 2,1 beispielsweise durch hy+h+v$-Sätze; in 2,2 durch (futurische) Konsekutivperfekte; in 2,3 durch einen Imperativ.

31 J. Jeremias, Hosea, S. 29.

32 J. Jeremias, a.a.O., S. 33.

33 Vielmehr wird aufgrund der konkreten Namensnennung Gomers und ihres Vaters Diblaim sehr oft Historizität angenommen, so z.B. H.W. Wolff, Hosea, S. 16 f; A. Weider, Ehemetaphorik, S. 15; J. Jeremias, Hosea, S. 28.

34 H.W. Wolff, Hosea, S. 8.

35 Befehl zur Heirat einer Myn1Vnz$ tD3a2 in 1,2; drei Befehle zur Namengebung (1,4; 1,6; 1,9). All diese Befehle sind äußerst knapp formuliert; die letzten drei fallen zudem wegen ihres stereotypen Charakters auf: sie beginnen jeweils mit vOmD4 ar+q4 bzw. h<m+D4 ar+q4.

36 Durch die unheilvollen Deutungen, die Jahwe den an sich schon unheilvoll klingenden Kindernamen beigibt, vermeidet Jahwe, daß seine Befehle zur Namengebung beliebig ausdeutbar bleiben. In diesen "Deuteworten" (vgl. A. Weider, Ehemetaphorik, S. 6) bzw. "Drohworten" (Vgl. H.W. Wolff, Hosea, S. 7) artikuliert sich erst unmißverständlich, welches Unheil Israel konkret zu erwarten hat. Diese Droh-/Deuteworte sind an den Jahwebefehl (vgl. Anm. 27) jeweils durch yk<1 angeschlossen (1,2b b; 1,4b; 1,6b; 1,9b).

37 Vgl. 1,2: iDvh )la hvhy rmayv (und Jahwe sprach zu Hosea); 1,4: vyla hvhy rmayv (und Jahwe sprach zu ihm); 1,6: vl rmayv (und er sprach zu ihm); 1,9: rmayv (und er sprach).

38 Vgl. 1,3: Nb vl dltv rhtv (sie wurde schwanger und gebar ihm einen Sohn); 1,6: tb dltv dvi rhtv (sie wurde wiederum schwanger und gebar eine Tochter); 1,8: Nb dltv rhtv (sie wurde schwanger und gebar einen Sohn).

39 Daß sich die Gottesworte steigern, begründet J. Jeremias wie folgt: "Ohne König (V.4) kann Israel leben, ohne Gottes Schutz (V.6) nur in permanenter Angst vor dem Untergang, ohne Gott (V.9) gar nicht." J. Jerimias, Hosea, S. 33.

40 Zur Erläuterung: zu V.5: Den Bogen Israels zu zerbrechen, bedeutet nur bedingt Unheil. Jede waffenzerstörende Handlung kann gleichzeitig eine friedenstiftende Handlung sein, vgl. A. Weider, Ehemetaphorik, S. 23. Zu V.6bb/7: Das hier Gesagte klingt so positiv, daß es ohne Zweifel nicht als Unheilsankündigung gemeint sein kann. - Manche Exegeten sind sogar der Meinung, daß zumindest der Vers 7 auch sprachlich aus dem Rahmen falle, da dieser Vers im sonst prosaisch gehaltenen Text plötzlich Elemente von Poesie enthalte, vgl. z.B. W. Rudolph, Hosea, S. 39.

41 Vgl. Anm. 37 u. 38. Vgl. außerdem die Aufbaugliederung von Hosea 1,2 - 2,3 (u. S. 14/15).

42 Vgl. H.W. Wolff, Hosea, S. 9.

43 Vgl. Anm. 33.

44 Vgl. zum Begriff "unbedingter Heilsspruch" die Ausführungen zur gattungsgeschichtlichen Analyse von Hosea 2,1-3 (u. S. 13).

45 H.W. Wolff, Der große Jesreeltag, S. 85. Entgegen der Ansicht H.W. Wolffs vermag ich jedoch mit A. Allwohn ein bestimmtes Metrum zu erkennen: V.2,1aa: 2+2+2; V.2,1ab (unter Streichung des rD3a7): 2+2; V.2,1ba: 2+2+2; V.2,1bb: 2+2; V.2,2aa: 3+3; V.2,2ab: 2+2+2; V.2,2b: 3; V.2,3: 3+3. Vgl. A. Allwohn, Die Ehe des Propheten Hosea, S. 15.

46 Zunächst in Vers 2,1 hy+h+v$-Sätze mit langen Relativsätzen, dann in Vers 2,2 drei Hauptsätze mit erst sechs, dann vier, schließlich nur noch drei Worten.

47 Im Rahmen der literarkritischen Untersuchungen wird es sich zeigen, daß es der "Kunst" eines Redaktors zu verdanken ist, die Verse 2,1 und 2,2 sprachlich und inhaltlich so eng miteinander zu verbinden, s. u. S. 26.

48 Das muß er sein, da die in ihm gegebene Verheißung schon in der Gegenwart wirken soll, indem sie als (befolgte) Anweisung "das Kommende selbst schon heraufführt". H.W. Wolff, Der große Jesreeltag, S. 85; s.u.

49 H.W. Wolff, Der große Jesreeltag, S. 84.

50 Zur Begründung: s. unter 3.) Rückbezug von Hosea 2,1-3 auf 1,1-9, u. S. 14.

51 So z.B. J. Jeremias, der Hosea 2,1-3 insgesamt als "Kommentar" zu Hosea 1,9 verstanden wissen möchte (das Gericht "Ihr seid nicht mein Volk" ist nur Durchgangsstation zu einem umfassenden Heil!), vgl. ders., Hosea, S. 34. - Es versteht sich von selbst, daß natürlich all diejenigen Exegeten, welche Hosea 2,1-3 als eine eigene Einheit ansehen wollen, den Vers 2,1 ebenfalls in den Zusammenhang von Hosea 2,1-3 stellen (H.W. Wolff, W. Rudolph).

52 Vgl. A. Weider, Ehemetaphorik, S. 31.

53 Vgl. A. Weider, a.a.O., S.30. - Außerdem weist A. Weider darauf hin, daß das kai hn der LXX ebenfalls eher fortsetzend wirkt, vgl. ebd.

54 Die Frage, ob die den Unheilszusammenhang eigentlich störenden Bemerkungen im Sinne einer Abmilderung des Unheils zu verstehen sind, oder ob sie mitten in der Unheilsankündigung plötzlich Heil (z.B. für Juda, vgl. V.7) verkünden sollen, kann letztendlich erst im Rahmen der redaktionsgeschichtlichen Fragestellung beantwortet werden (vorausgesetzt, sie haben sich zuvor als literarisch sekundär erwiesen).

55 All diejenigen Angaben, welche im Folgenden in den Klammern gegeben sind, sind ausschließlich auf Hosea 1,2 - 2,3 bezogen.

56 Vgl. O.H. Steck, Exegese, S. 97.

57 Vgl. Lev. 21,7; Jos 2,1 u.a.

58 Nur zwölf Belegstellen im AT, davon sechs im Hoseabuch.

59 Vgl. Hos 4,12; 5,4.

60 Vgl. Hos 4,12bb-14: "...daß sie mit ihrer Hurerei ihrem Gott weglaufen: oben auf den Bergen opfern sie, und auf den Hügeln räuchern sie unter den Eichen, Linden und Buchen; denn ihr Schatten erquickt. Darum werden eure Töchter auch zu Huren und eure Bräute zuEhebrecherinnen. Ich will's auch nicht wehren, wenn eure Töchter zu Huren und eure Bräute zu Ehebrecherinnen werden, weil ihr selbst abseits geht mit den Huren und mit den Tempeldirnen opfert und so das törichte Volk zu Fall kommt."

61 H.W. Wolff, Hosea, S. 14.

62 H.W. Wolff, a.a.O., S. 15.

63 Vgl. W. Rudolph, Präparierte Jungfrauen, S. 70.

64 Vgl. W. Rudolph, a.a.O., S. 72.

65 Koehler/Baumgartner, Lexicon, S. 92a.

66 Vgl. Gesenius/Kautzsch, Grammatik, § 124 f.

67 Vgl. H.H. Schmid, Artikel Xr3a3, in: THAT I, Sp. 230.

68 A. Kirchgässner, Welt als Symbol, S. 166.

69 A. Weider, Ehemetaphorik, S. 14.

70 J. Jeremias, Hosea, S. 28.

71 H.W. Wolff, Der große Jesreeltag, S. 93 f; ders., Hosea, S. 31; W. Rudolph, Hosea, S. 57; J. Jeremias, Hosea, S. 35.

72 Dtn 30,3.4; Jes 11,12; 40,11; 43,5; 54,7; 56,8; Jer 23,3; 29,14; 31,8.10; 32,37; Ez 11,17; 20,34.41; 28,25; 29,13.

73 Vgl. P. Mommer, Artikel Xbq, in: ThWAT IV, Sp. 1147 f; J.F.A. Sawyers, Artikel Xbq, in: THAT II, Sp. 586.

74 Eine Ausnahme bilden beispielsweise die 13 Stellen, in denen Jahwe als Subjekt von K9l3m3 auftritt, vgl. J.A. Soggin, Artikel K9l3m3, in: THAT I, Sp. 915. Es könnte aber gut sein, daß Jahwes Königsherrschaft hier ebenfalls vor allem politisch gemeint ist.

75 Vgl. H.-P. Müller, Artikel DaOr, in: THAT II, Sp. 705 f.

76 Vgl. H.-P. Müller, a.a.O., Sp. 706.

77 Der Nachweis eines synonymen Gebrauchs beider Begriffe gelingt ausschließlich für Ps 18,44 und Hiob 29,25, vgl. H.-P. Müller, ebd.

78 Vgl. G. Wehmeier, Artikel hli, in: THAT II, Sp. 274.

79 Vgl. G. Wehmeier, ebd.

80 Hos 2,17: "...Und dorthin wird sie [die Hure: gemeint ist Israel, der Vf.] willig folgen wie zur Zeit ihrer Jugend, als sie aus Ägyptenland (My!r=x4m1)Xr3a3m2) zog."

81 Vgl. A. Weider, Ehemetaphorik, S. 75.

82 Vgl. A. Weider, ebd.

83 H.W. Wolff, Hosea, S. 27.

84 Vgl. G. Wehmeier, a.a.O., Sp. 271 ff.

85 W. Rudolph, Hosea, S. 55.

86 A. Weider, Ehemetaphorik, S. 73.

87 H. Schmidt, Ehe des Hosea, S. 258.

88 Vgl. I. Willi-Plein, Vorformen, S. 119.

89 An dieser Stelle soll ausschließlich eine relative Chronologie der Bearbeiterschichten erstellt werden. Eine genauere Verortung der verschiedenen Sender in ihre jeweiligen sozia- len und geschichtlichen Situationen wird erst unter Punkt 6 (Historische Ortsbestimmung), u. S. 29, vorgenommen.

90 Zum Teil wird in dieser literarkritischen Untersuchung insofern an Ergebnisse aus der formgeschichtlichen Analyse angeknüpft, als schon dort formale und inhaltliche Brüche sichtbar geworden sind.

91 Vgl. J. Jeremias, Hosea, S. 27.

92 Mit J. Jeremias, Hosea, S. 26.

93 Vgl. W. Rudolph, Hosea, S. 48; J. Jeremias, Hosea, S. 27.

94 Vgl. die Ausführungen zu Punkt 3, o. S. 19.

95 Vgl. J. Jeremias, Hosea, S. 26 f.

96 Vgl. dazu H.W. Wolff, Hosea, S. 16 f.

97 Ursprüngliche Form des Jahwebefehls: "Geh, nimm dir eine Frau und Kinder."

98 Vgl. J. Jeremias, Hosea, S. 26.

99 Vgl. die Ausführungen zu Punkt 2, o. S. 12.

100 A. Weider weist in Anlehnung an N.M. Waldman darauf hin, daß die o.g. Wendung nicht nur für die Zerstörung der militärischen Macht steht, sondern auch den Beginn einer neuen Heilszeit impliziert. Vgl. ders., Ehemetaphorik, S. 23. Siehe dort auch Anm. 93.

101 Vgl. z.B. H.W. Wolff, Hosea, S. 58.

102 A. Weider, Ehemetaphorik, S. 22.

103 Mit A. Weider, a.a.O., S. 23.

104 Vgl. die Ausführungen zu Punkt 2, o. S. 12.

105 Vgl. zur syntaktischen Funktion des Waw copulativums W. Schneider, Grammatik, § 13.1, S. 53 f.

106 Vgl. die Ausführungen zu Punkt 2, o. S. 13.

107 Ebd.

108 Vgl. dazu die ausführlicheren Bemerkungen zur sprachlichen Gestaltung von 2,1-3 innerhalb der formkritischen Untersuchungen, o. S. 12.

109 Vgl. A. Weider, Ehemetaphorik, S. 34.

110 Vgl. o. S. 13.

111 So z.B. J. Jeremias, H.W. Wolff, W. Rudolph; auch A. Weider, welcher zwar zwischen 2,1 und 2,2 einen "gedanklichen Trennungsstrich" zieht, jedoch nicht an einer gemeinsamen Verfasserschaft zweifeln möchte. A. Weider kann allenfalls behaupten, daß der Redaktor mit 2,1 inhaltlich den Vers 1,9 "kommentierte", und sprachlich das "Gliederungsschema für die beiden folgenden Verse" vorgab. Vgl. ders., Ehemetaphorik, S. 67 ff.

112 Vgl. die Ausführungen zu Punkt 2, S. 14.

113 J. Jeremias, Hosea, S. 29.

114 Erweiterter Text: Umformung in einen Zeichenhandlungsbericht.

115 Ursprünglicher Text: "Geh, nimm dir eine Frau und Kinder."

116 Vgl. W.H. Schmidt, Einführung, S. 174.

117 O.H. Steck, Exegese, S. 63.

118 Vgl. O.H. Steck, a.a.O., S. 62.

119 Vgl. die Ausführungen zu Punkt 6, u. S. 30. Siehe dort auch mehr zur Begründung.

120 Vgl. allgemein zur Situation von Unheilspropheten W.H. Schmidt, Einführung, S. 176. - Vgl. aber auch zur Situation speziell des Hosea Hos 9,7: "...'Ein Narr ist der Prophet und wahnsinnig der Mann des Geistes!' Ja, um deiner großen Schuld und um der großen Anfein- dung willen!"

121 Vgl. H.W. Wolff, Hosea, S. 10.

122 Vgl. O.H. Steck, a.a.O., S. 97.

123 Es wird im Folgenden an Ergebnisse aus der literarkritischen Untersuchung angeknüpft, vgl. o. S. 27.

124 H.W. Wolff, Hosea, S. 10.

125 "Er kennt die Prophetenfrau mit Namen (1,3) und weiß um den Geburtstermin des dritten Kindes (1,8)." H.W. Wolff, ebd.

126 Dies geht daraus hervor, daß mit lai3r4z$y! ym2d<4 sicherlich folgendes Ereignis as- soziiert werden soll: Nachdem sich König Joram, ein Enkel des Dynastiegründers Omri, im Jahre 845 v.Chr. nach einer Verwundung nach Jesreel zurückgezogen hatte, nutzte Jehu, ein Kommandant der königlichen Truppe, die Schwäche des Königs aus, indem er ihn und die ganze Königsfamilie ermorden ließ. Auf diese Art erreichte es Jehu, sich selbst als neuen Herrscher proklamieren zu lassen (und damit die Jehu-Dynastie zu gründen).

127 Von den fünf Königen, die innerhalb von 20 Jahren auf Sacharja folgten, wurden drei ermordet.

128 Auch läßt der Text nicht erkennen, ob sein Verfasser schon im Bewußtsein der Ereignis- se des sog. syrisch-ephraimitischen Krieges im Jahre 732 v.Chr. war, so daß auch von die- sem Datum her keine weitere Eingrenzung der o.a. Zeitspanne vorgenommen werden kann.

129 Vgl. 2 Kön 23,15-20.

130 Vgl. 2 Kön 19,35-37.

131 Vgl. die Ausführungen zu Punkt 3, o. S. 19 f.

132 Vgl. zur Bedeutung der Wendung Xr3a=h= )Nm1 Vli=v$ (2,2a) die Ausführungen zu Punkt 3, o. S. 20 f.

133 Vgl. die Ausführungen zu Punkt 2, o. S. 11. Siehe dort besonders die Anm. 40.

134 Vgl. die Ausführungen zu Punkt 6, o. S. 31.

Ende der Leseprobe aus 39 Seiten

Details

Titel
Exegese von Hos 1,2-2,3
Veranstaltung
PS Das Zwölfprophetenbuch
Note
1,5
Autor
Jahr
1994
Seiten
39
Katalognummer
V98998
ISBN (eBook)
9783638974486
Dateigröße
449 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Alttestamentliche Proseminararbeit
Schlagworte
Exegese, Zwölfprophetenbuch
Arbeit zitieren
Andreas Köster (Autor:in), 1994, Exegese von Hos 1,2-2,3, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/98998

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