Der Geograph von Jan Vermeer van Delft


Ausarbeitung, 1999

7 Seiten


Leseprobe


Der Geograph von Jan Vermeer van Delft

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Grunddaten des Gemäldes:

Künstler: Jan Vermeer van Delft Titel: ,,Der Geograph" (1668/69) Abmessungen: 52 x 45,5 cm

Aufbewahrungsort: Frankfurt am Main, Städelsches Kunstinstitut und Städtische Galerie Technik: Öl auf Leinwand

Zustand: Nach einer Reinigung des Bildes sind gewisse Abnutzungserscheinungen zu Tage getreten, vor allem in den Schattenpartien der Landkarte.

Restaurierungen: Außer der schon oben genannten Reinigung gab es nirgendwo Angaben dazu.

Provenienz: Versteigerung ( Paets u.a.), Rotterdam, 27. April 1713(300 Gulden, zusammen mit dem Astronom); Hendrik Sorgh, Amsterdam, 1713 (?)-1720; Versteigerung Sorgh, Amsterdam, 28. März 1720 (160 Gulden, zusammen mit dem Astronom, Govert Looten, Amsterdam, vor 1727; Versteigerung Looten, Amsterdam, 31. März 1729 (104 Gulden, zusammen mit dem Astronom); Versteigerung Crammer Simonz, Amsterdam, 25. November 1778(zusammen mit dem Astronom; Jean Etienne Fizeaux, Amsterdam, 1778-1780; Witwe Fizeaux, Amsterdam 1780-1785(?); [ Kunsthändler Pieter Fouquet, Amsterdam, und Alexandre Joseph Pillet, Paris, 1784-1785]; Jan Danser Nijman, Amsterdam vor 1794(?); Versteigerung Danser Nijman, Amsterdam, 16.August 1797 (für 133 Gulden an Josi); Arnoud de Lange, Amsterdam 1797(?)-1803; Versteigerung de Lange, Amsterdam, 12.Dezember 1803 (für 360 Gulden an Coclers); Versteigerung Goll van Franckenstein, Amsterdam, 1.Juli 1833 (für 195 Gulden an Nieuwenhuys); Alexandre Dumont, Cambrai, vor 1860; Isaac Pereire, Paris, 1866 (über Thore´-Bürger von Dumont erworben; Versteigerung Pereire, Paris, 6.März 1872; Max Kann, Paris, 1872(?); [Kunsthandlung Sedlmeyer, Paris, um 1875]; Prinz Demidoff, San Donato, bei Florenz vor 1877.1880; Versteigerung Demidoff, San Donato, 15. März 1880; Versteigerung A.J. Bosch, Wien, 28.April 1885 (für 8000 Schillinge an Kohlbacher); seit 1907 an den heutigen Besitzer Bemerkung: Beide Signaturen (am Schrank über dem Kopf des Geographen und an der unteren rechten Ecke) stammen nicht von dem Künstler selbst, sondern wurden nachträglich hinzugefügt.

Bildbeschreibung:

Dieses Interieur gewährt dem Betrachter einen Blick in das Zimmer eines Geographen des 17.Jahrhunderts. Der Wissenschaftler stützt sich mit der linken Hand auf ein Buch, das ungeöffnet vor ihm auf dem Schreibtisch liegt. In der Rechten hält er einen Zirkel, dessen Spitze vom Schreibtisch weg zeigt, während er in Gedanken verloren aus dem Fenster blickt. Vor ihm ausgebreitet, befindet sich eine nautische Karte, die, wie es scheint er noch kurze Zeit vorher bearbeitet hat.

Er trägt einen weiten blauen Mantel, der mit einem roten Rand abgesetzt ist. Der rote Stoff schimmert an den Bündchen beider Handgelenke durch.

Sein langes Haar trägt er offen und hat es sich hinter die Ohren gestrichen, damit es ihn nicht bei seiner Arbeit behindert.

Das Gesicht, im ¾ Profil, wird von der Sonne, die als Lichtquelle, des Gemäldes dient, angestrahlt und man kann die einzelnen Züge deutlich erkennen. Er hat eine flache Stirn, eine breite Nase und wirkt durch das Inkarnat Eingerahmt wird er von verschiedenen Gegenständen, die ihn als Geographen kennzeichnen.

Rechts im Vordergrund liegt auf einem kleinen Beistelltisch eine Tafel oder auch Karte, die noch nicht fertig zu sein scheint, weil auf ihr ein Stift liegt und er seine Arbeit noch nicht abgeschlossen hat. Im Mittelgrund liegen rechts auf dem Boden Rollen aus Pergament oder Papier. Auf dem Schrank im Hintergrund steht ein terrestrischer

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An der rechten oberen Bildseite kann man ein dort aufgehängtes, eingerahmtes Gemälde sehen, das ebenfalls eine nautische Karte zeigt. Unter dieser Karte steht ein, mit der Lehne zur Wand gestellter Stuhl, dessen Polster, sowohl das des Sitzes als auch das der Lehne aus Blumenornamenten besteht.

Diese Blumenornamente finden sich, in größerer Form, in dem Muster der Decke im Vordergrund der linken Bildhälfte wieder. Auch sie wird von der Sonne angestrahlt und läßt die drei Grundfarben -blau, gelb und rot- klar erkennen.

Das Fenster, das sich an der linken Bildhälfte, angeschnitten wurde, ist in zwei Bereiche aufgeteilt worden. Das untere Fenster besteht aus mehreren kleinen Scheiben, wie bei Fachwerkhäuser, die das Licht brechen. Vom oberen erkennt man zwar nur einen kleinen Teil, aber dort scheint es ein nicht unterbrochenes Fenster zu geben.

Das Lichteinfall geht von links oben nach rechts unten, so daß der größte Teil des Zimmers in ein helles kühles Licht getaucht wird. Es ergeben sich zahlreiche Schatten, die den Grundfarben (rot, gelb und blau) die Wirkungskraft nicht nehmen.

Wenn man das Gemälde aus einer größeren Entfernung betrachtet, ist die Zentralperpektive deutlich erkennbar. Das bedeutet, daß der Blick auf einen sogenannten Fluchtpunkt gerichtet ist, der sich im Normalfall auf einer horizontalen Linie befindet. Dieser Punkt liegt bei diesem Gemälde in der Wandzone zwischen Schrank und Stuhl im Hintergrund.

Interpretation mit Vergleichsbeispiel

Für diesen Teil des Referates habe ich mich für ein weiteres Werk Jan Vermeers entschieden: ,,Der Astronom". Es entstand 1668 und zeigt ebenfalls einen Wissenschaftler in seinem Arbeitszimmer. Die Gegenstände sind in etwa die gleichen wie beim Geographen, ebenso der Bildaufbau. In seinen Mantel gehüllt, sitzt er an seinem Schreibtisch und berührt mit der rechten Hand den Hondius Globus, der sich wie auch Bücher und weitere Aufzeichnungen, auf dem Tisch befindet.

Durch den Titel eines Zeitungsartikels (Zitat): ,, Astronom und Geograph haben sich wiedergefunden"0

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Beide Gemälde stellen den Wissensdrang der Forscher und Wissenschaftler dar, wie er im 17. Jahrhundert vorherrschte. Sie entdeckten immer wieder neue Dinge oder Welten und ihre jahrelange Arbeit zahlte sich aus. Holland wurde zum Zentrum der Kartographie und deshalb ist es nicht verwunderlich, daß man die typischen Attribute zu ihrer jeweiligen Wissenschaft wie z.B.: Globus, Zirkel, Karten, in den Arbeitszimmern vorfindet.

Es gibt zwar keine exakten Belege dafür, daß Vermeer, der meist weibliche Figuren bei belanglosen Tätigkeiten, darstellte, diese beiden Männer zu den Hauptfiguren dieser Werke machte, aber eine Art historische Einordnung veranschaulicht die komplexe Darstellung. Durch den Westfälischen Frieden 1648, der den Dreißigjährigen Krieg beendete, wurde der Kalvinismus als Konfession im Staat anerkannt. Daraufhin trennten sich die nördlichen und südlichen Provinzen Hollands in Holland und Flandern. Letzteres unterstand der spanisch- habsburgischen Oberherrschaft und in der Kunst blieb der Adel für die Gemälde.

In Holland, das von nun an protestantisch-kalvinistisch war, stammten die Auftraggeber aus dem Bürgertum, das durch die geopolitischen Veränderungen nicht nur selbstbewußter, sondern auch aufgeschlossener gegenüber der Kunst war. Die Maler mußten sich zwar nach ihren Ansprüchen richten, aber durch die städtischen Zentren, die sich entwickelt hatten , ergaben sich Motivgruppen, die regionaler wurden wie und die Malerei facettenreicher wurde. So entstanden ganz eigene Bildgattungen wie z.B.: Landschaftsbilder und Interieurs. Jan Vermeer van Delft entwickelte die Allegorie, die es schon seit der griechischen Antike gab, weiter und es entstand eine eigene Definition für das Barock (Zitat): ,, Das Barock kultiviert schließlich die mit großem Figurenaufwand und Pathos ausgestrahlte Allegorie. In der bildenden Kunst läßt sich die allegorische Darstellung nicht immer von der symbolischen unterscheiden"4. # ,

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Meiner Meinung nach ist die Allegorie in der Tätigkeit der beiden Wissenschaftler, die durch die Gemälde in einer Art Momentaufnahme gezeigt wird, zu suchen.

Die Geographie beschäftigt sich ursprünglich mit der Beschreibung von Land und Leuten in aller Welt, vermißt dabei aber das Eigentliche.

Die Astronomie dagegen beschäftigt sich mit den Sternen, sprich dem Himmel und sucht dabei eine geistige Führung.

Die Allegorie liegt deshalb darin, daß der Geograph, den Zirkel in der rechten Hand haltend und den Blick zur Lichtquelle hin gerichtet, den Weg des Lebens hofft gefunden zu habendas Eigentliche. Der Astronom, die Hand zum Globus hin ausgestreckt, sucht die geistige Führung, die ihm den Weg zeigt.

In der Literatur wird häufig davon gesprochen, daß es sich bei dem Dargestellten, um Anthony van Leeuwenhoek (1632-1723) handelt. Er lebte, wie Vermeer, in Delft und beschäftigte sich mit verschiedenen Wissenschaften, wie Mathematik, Astronomie und der Nautik. Es könnte deshalb gut möglich sein, daß sich Vermeer mit ihm austauschte und sich so mit der Thematik seiner Gemälde auseinandersetzen konnte. Denn, meiner Meinung nach, hat er nicht nur zwei Wissenschaftler in ihrem Arbeitszimmer dargestellt, sondern hat sich mit ihrem Gedankengut auseinandergesetzt.

Schlußwort:

Ich denke, daß man bei einem fünfseitigem Referat nicht alle Aspekte, die einem wichtig so ausarbeiten kann, daß der Leser einen kompletten Überblick erhält. Deshalb habe ich mich auf wenige Punkte festgelegt und möchte abschließend noch einen weiteren nennen, der mir bei dem genaueren Vergleich der beiden Werke aufgefallen ist. Sowohl Geograph, als auch Astronom haben sich so hinter ihrem Tisch abgegrenzt, daß sie im Grunde einen Raum im Raum darstellen. Sie sind zwar ein Teil des Ganzen, stellen aber etwa Eigenständiges dar.

Aufbau des Referates bei einem Umfang von 10 Seiten:

Falls das ausgearbeitete Referat auch vorgetragen werden sollte, würde ich die Bildbeschreibung kürzen, damit nicht allzu viel verloren geht und man Vergleichsdias aus Zeitnot nicht mehr zeigen kann.

Die Anzahl der Vergleichsbeispiele würde ich erweitern und in meinem Fall, würde ich weiter Gemälde Vermeers zeigen und auf die verschiedenen Künstler anderer europäischer Länder hinweisen, so daß die verschiedenen Strömungen deutlich werden, insbesondere zwischen Flandern und Niederlande.

Die Rolle der Wissenschaften müßte auch durch weiter Gemälde oder eine exakte historische Einordnung hervorgebracht werden. Man könnte deshalb auch auf literarische Werke hinweisen, weil sie nicht so spezifisch sind und man so eine Überleitung zu den Gemälden Vermeers finden könnte.

Die Literaturliste müßte nicht umfangreicher sein, sondern ausgewähltere und facettenreichere enthalten.

Literaturliste:

Stadt- und Universitätsbibliothek:

1.) Asemissen, Hermann: Die Malkunst Jan Vermeers- Aspekte eines Berufsbildes, Frankfurt am Main, 1988.

Signatur 83.817.35

2.)Gowing, Lawrence: Vemeer, Berkley, 1997. Signatur 86.546.70

3.) Hierholzer, Michael: Astronom und Geograph haben sich wiedergefunden- die Vermeer Ausstellung im Städel, in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, Nr. 20 vom 18.5.1997, S.25.

Signatur MP 3838, Jg. 1997, Nr. 20

4.) Hierholzer, Michael: Melancholie und göttliches Licht- mit dem Zirkel die Welt vermessen, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 214 vom 13.9.1996, S. 76. Signatur MP 3837, Jg. 1996, Nr. 214

5.) Netta, Irene: Das Phänomen Zeit bei Jan Vermeer van Delft- eine Analyse der

innerbildlichen Zeitstrukturen seiner ein- und mehrfigurigen Interieurbilder, Hildesheim, 1996.

Signatur 12.794.34

6.) Renzi, Lorenzo: Proust e Vermeer- apologia dell`imprecisione, Bologna, 1999

Signatur 86.669.08

7.) Wheelock, Arthur K.: Vermeer and the art of painting, New Haven(Yale University), 1995 Signatur Q 86.033.21

Deutsche Bibliothek:

8.) Badt, Kurt: ,,Model und Maler" von Jan Vermeer- Streitschrift gegen Hans Sedlmayr, Köln, 1997(Nachdruck)

Signatur 1997 A 131288

9.)Scholz, Georg: Lyrische Bilder- Gedichte nach Gemälden von Jan Vermeer, München, 1997

Signatur 1997 B 26592

10.) Schulze, Sabine(hrsg.): Innenleben- Die Kunst des Interieurs (Begleitheft zur Ausstellung im Städel von 24.9.98-10.1.99 im Städel), Ostfildern-Ruit, 1998

Signatur 1998B 22238

11.) Westermann, Mariet: Von Rembrandt bis Vermeer- Die Niederländische Kunst des 17. Jahrhunderts, Köln, 1996

Signatur 1996 A 23094

1 Farbton, der in der Malerei benutzt wurde, um die Farbe der Haut darzustellen
2 Terrestrisch zum Festland gehörend oder auf dem Erdboden lebend ( lat. Terra)
3 Hierholzer, Michael: Astronom und Geograph haben sich wiedergefunden, in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, Nr. 20 vom 1997, S.25
4 Wheelock, Arthur K. (hrsg.) : Vermeer- Das Gesamtwerk, Stuttgart/Zürich, 1995,S.170
5 aus: Lucie-Smith, Edward: DuMonts Lexikon der bildenden Kunst, Köln, 1990, S.14

Ende der Leseprobe aus 7 Seiten

Details

Titel
Der Geograph von Jan Vermeer van Delft
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Autor
Jahr
1999
Seiten
7
Katalognummer
V98948
ISBN (eBook)
9783638973984
Dateigröße
431 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Geograph, Vermeer, Delft
Arbeit zitieren
Stefanie Glomp (Autor:in), 1999, Der Geograph von Jan Vermeer van Delft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/98948

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