Hein, Christoph - Die politische Klasse


Referat / Aufsatz (Schule), 1999

4 Seiten, Note: 12


Leseprobe


Hausaufgaben Freitag, 18. August 2000

Christoph Heins Kommentar wurde am 23.02.1996 in „Freitag, die Ost-West- Wochenzeitung“, dem Vorläufer von „Die Woche“, publiziert. Textgegenstand ist die kritische Beurteilung und Analyse des Begriffs der „politischen Klasse“ sowie der Politiker, wobei der Verfasser Ironie in seinen Ausführungen erkennen lässt.

Der vorliegende Kommentar lässt sich in 6 Sinnabschnitte einteilen.

Der erste reicht von Zeile 1-3. Der Autor formuliert den Anlass für die Auseinandersetzung mit dem Begriff „politische Klasse“: Ein Politiker gebrauchte ihm gegenüber in einem Gespräch diesen Begriff. Hein lässt den Leser durch ein typisches Klischee wissen, dass ihm die meisten Politiker zu alt sind und er nicht viel von ihnen hält: „Es war einer dieser älteren Herren mit graumelierten Schläfen und tadellos frisierten Haaren ...“ (Z. 1/2). Der nächste Sinnabschnitt umfasst die Zeilen 4-9. Der Verfasser schildert von Auftauchen des zentralen Begriffes „politische Klasse“ in bestimmten Kreisen: „Politiker, Präsidenten und Präsidentschaftskandidaten, Vereinsvorsitzende, Großverleger, Intendanten, Medientycoons, Kardinäle, Leitartikler“ (Z. 7/8). Die willkürliche Aufzählung dieser Personen und Ämter ist ein eindeutiger Beweis für die Ironie Heins, die er dem Textgegenstand gegenüberbringt. Außerdem entsteht dadurch der Eindruck des Nichtabgeschlossenseins, diese Aufzählung könnte noch beliebig fortgesetzt werden. Schließlich es gibt ein weiteres Beispiel für Ironie: So könne eine Definition der „politischen Klasse“ sicherlich zwischenzeitlich in Wörterbüchern gefunden werden. Letztlich möchte der Verfasser seine Kompetenz in Bezug auf den Textgegenstand zum Ausdruck bringen. Dies lässt sich sprachlich durch den verwendeten Anglizismus „Medientycoon“ (Z. 8) nachweisen.

Im nachfolgenden Abschnitt (Z. 11-17) versucht sich Hein an einer Analyse des Begriffs der „politischen Klasse“. Er stellt fest, dass sowohl der Begriff „Klasse“ als auch „Kaste“ (siehe Definition von Kaste) (Z. 12) ungeeignet sind. Seiner Meinung nach trifft die Bezeichnung „Clique“ am ehesten zu. Im Anschluss sind die Begründungen für diese Thesen zu finden. So ist das Wort „Klasse“ für den Autor ein Symbol der „Würde und Größe“ (Z. 14), außerdem ein Sinnbild für Rang und Qualität. Seine Assoziationen bei „Kaste“ oder „Clique“ zählt Hein als „Absprachen, Lobby, Diäten, Klüngel, Steuervorteile und Korruption auf. Auch dies ist als typisches Klischee zu sehen und unterstreicht erneut die negative Einstellung des Verfassers gegenüber der Politik. Als weitere sprachliche Auffälligkeit fungiert eine Synästhesie als Schlusssatz des Abschnittes: „Ein freundliches Wort für eine hässliche Realität zu wählen, zählt in der Politik zu den lässlichen Sünden.“ (Z. 16/17). Hierin ist eine Kritik des Verfassers an der Politik versteckt: Vieles ist in der Politik nur Show, der Wähler wird als solches nicht ernst genug genommen, die Politiker sind zu sehr auf sich selbst bedacht. Als Schlussfolgerung dieses Definitionsversuchs lässt sich festhalten, dass Hein den Begriff „politische Klasse“ als Euphemismus betrachtet.

Der nächste Sinnabschnitt reicht von Zeile 19-27. Hein beschreibt die Vorgänge am Wahlabend: Der Bevölkerung wird erklärt, dass die Politiker deren Willen respektieren werden. In diesem Zusammenhang spricht der Verfasser von Politikern als den „sogenannten Elefanten“ (Z. 20). Auch in diesem Vergleich zeigt sich wieder die Kritik Heins gegenüber der Politik. Er betrachtet die Politiker als übergroße, schwerfällige und über die Parteigrenzen hinweg nicht zu Entscheidungen fähige Wesen an. Mit einer ironischen Äußerung untermauert er das noch: „ ..., wenn die sogenannten Elefanten sich treffen und der Bevölkerung, die wieder einmal versagt hat und unpolitisch wählte, ...“ (Z. 20/21). Anschließend führt der Verfasser aus, dass am Wahlabend jedoch auch Sätze wie „Wir können auch anders“ (Z. 23) zu hören seien, nachdem man über die Entscheidungen der „unpolitischen Klasse“ (Z. 25) verärgert sei. Hein prangert hier die Machtgier der Politiker an. Sehr auffällig ist jedoch, dass der Charakter der Bevölkerung („Klasse“) gegenüber dem der Politiker („Clique“) deutlich aufgewertet wird. So wird das Volk mit Größe und Würde verglichen, Eigenschaften, die eigentlich von Politikern repräsentiert werden sollten. Doch die lassen sich nur mit dem Negativen assoziieren. Hein schlussfolgert ironisch, dass alle Probleme der Politiker aus der Welt geschafft wären, wenn es keine Wahlen gäbe. Dann wären alle zuvor geäußerten Ärgernisse ein „entleerter, schwachsinniger Satz“ (Z. 27).

Der nächste Abschnitt beinhaltet die Zeilen 28-38. Zunächst legt der Verfasser dar, dass die Politiker bestreiten, die Bürger seien ein „politisches Lebewesen“ (Z. 29). Das Volk sei nämlich politisch unfähig. Dies versucht er durch den Vergleich mit einem Analphabeten darzulegen: „Wenn dieser Bürger dennoch aufgefordert wird zu wählen, ist das, als ob man einen Analphabeten bittet, etwas vorzulesen. Er wird schwitzen und hilflos stammeln, dass er seine Brille verlegt habe. Er wird sich seiner Unkenntnis schämen.“ (Z. 29-32). Hieraus schlussfolgert der Verfasser einen wahrscheinlichen Grund für die geringe Wahlbeteiligung. Spätestens in der Wahlkabine würde dem Bürger klar, dass er zur unpolitischen Klasse gehöre. Ironisch übertrieben fährt Hein fort, dass der Bürger in „keiner Weise befähigt und schon gar nicht berechtigt ist“ (Z. 34/35), über Politiker „schweißüberströmt“ (Z. 36) zu entscheiden. Im Gegensatz zu den vorangegangenen Abschnitten wird in diesem Abschnitt nicht der Politiker, sondern der wahlberechtigte Bürger vom Verfasser kritisiert. Hein bemängelt, dass sich das Volk nicht oder nur in mangelhafter Weise mit der Politik befasst und auseinandersetzt. Darüber hinaus wird als Folge aus dem ersten Kritikpunkt die geringe Wahlbeteiligung beanstandet. Diese beiden Erkenntnisse werden der unpolitischen Klasse an einem jeden Wahlabend mitgeteilt, sie hat „wieder einmal ihre Prüfung nicht bestanden“ (Z.38).

Der letzte Sinnabschnitt reicht von Zeile 39 bis zum Schluss des Textes. Hein zieht selbst ein Fazit seiner Analyse („Ich-Form“) und bekundet sein Interesse an der nächsten stattfindenden Wahl. Die Politiker werden dem Wähler „mitteilen, welches durch ihn verschuldete Unheil sie nun wieder von Deutschland abzuhalten haben und androhen: Wir werden den Willen der Wähler respektieren.“ (Z. 42-44). Diese sich nach jeder Wahl wiederholende Prozedur ist sprachlich durch eine Anapher gekennzeichnet („Ich warte ...“, Z. 39/41). Auch in diesen Ausführungen kommt sich die durch den ganzen Text ziehende Ironie des Verfassers wieder zum Ausdruck. Ferner verleiht Hein dem Bemängeln der Politik als Show Nachdruck. So vereinen die Politiker bei ihrem Auftreten gegenüber dem Wähler gleich mehrere gegensätzliche Eigenschaften: „Bekümmert, verbittert und trotzdem voller Güte.“ (Z. 42).

In diesem Abschnitt ist noch einmal die allgemeine Kritik des Verfassers an der politischen und unpolitischen Klasse zusammengefasst: Die Politiker müssen den Wähler endlich ernst nehmen, das Volk muss sich mit der Politik auseinandersetzen.

Der Verfasser richtet sich mit seiner Publikation an eine große Adressatengruppe. Zum einen will er mit seiner Kritik an den Wahlberechtigten natürlich jene selbst ansprechen, zum anderen richtet er sich an die Politiker, die er zum Ändern ihres Verhaltens bewegen will. Gleichzeitig soll allen Lesern jedoch deutlich gemacht werden, dass die Staatsform Demokratie nur dann funktionieren kann, wenn die Wähler und Politiker ihre jeweiligen Aufgaben wahrnehmen bzw. gerecht zu werden. Obwohl der Text schon über vier Jahre alt ist, kann seine Aktualität als uneingeschränkt aktuell bezeichnet werden.

Im folgenden möchte ich mich nun mit dem „Bild des Politikers“ in diesem Text auseinandersetzen: Zunächst werden die Politiker als „Clique“ (Z. 13) dargestellt, mit der man stets Begriffe wie „Absprachen, Lobby, Diäten, Klüngel, Steuervorteile und Korruption“ (Z. 16) im negativen Sinne assoziiert. Lässt man die Politik in Deutschland der letzten 12 Monate Revuepassieren, so findet man sicherlich einen Nährboden für diese These. Als Beispiel hierfür lässt sich die CDU-Spendenaffäre anführen. Mehrere Millionen Mark sind bei Waffengeschäften als Korruptionsgelder geflossen, etliche Millionen Mark sind nicht ordnungsgemäß als Parteispende deklariert worden, um nur einmal grob den Umfang dieser Affäre zu umschreiben. Als weiteres Beispiel lässt sich die Praxis der Diätenanhebungen anführen. Allzu häufig muss man hier „hemmungslose“ Steigerungsraten zur Kenntnis nehmen. Über diese aktuellen Ereignisse hinaus lassen sich ohne Mühe noch eine ganze Reihe weiterer Beispiele (z.B. „Flick-Affäre“ oder „Dienstwagenaffäre“ der ehemaligen Bundestagspräsidentin Süssmuth) für diese These zeigen. Dennoch sollte man dies nicht voreilig auf alle Politiker beziehen. Es gibt eine ganze Reihe, die ihre Aufgabe ernst nehmen und sich vorbildlich verhalten (insbesondere die Kommunalpolitiker). Es besteht jedoch die Gefahr, dass die „unehrenhaften“ Politiker gleich die ganze „Clique“ in Verruf bringen. In diesem Punkt kann ich Hein nur bedingt zustimmen.

Weiterhin wird den Politikern unterstellt, sie sähen die Bürger als „unberechtigt und unfähig“ (Z. 35) an, über sie zu urteilen, also zu wählen. Hierzu ist zu sagen, dass vordergründig zunächst ein schlechtes Licht auf die Wähler fällt. Denn: Die Politikverdrossenheit ist heute so weit verbreitet, dass viele Bürger wohl kaum in der Lage sind, sich ein fundiertes Urteil über einen Politiker bzw. eine Partei bilden zu können und entsprechend ihre Stimme abzugeben. Folglich sind die Bürger aufgefordert, mehr Interesse an der Politik zu zeigen und sich entsprechend zu informieren. Nun aber zur Kehrseite der Medaille. Schließlich ist die Politikverdrossenheit eine Folge der Arroganz der Politiker und der Skandale und Affären, in die sie verwickelt waren und sind. In diesem Punkt kann ich Heins Analyse zustimmen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass Heins Analyse der Politiker sich im großen und ganzen damit deckt, wie diese vom Wahlvolk charakterisiert werden: Politiker stehen grundsätzlich für das negative, haben immer irgendwelche Skandale und sind schlechten Charakters. Diese Sichtweise darf, wie bereits vorher erwähnt, nicht pauschaliert werden. Durch ihr Auftreten tragen die Politiker jedoch nicht gerade dazu bei, die Sichtweise des Volkes zu widerlegen.

Ende der Leseprobe aus 4 Seiten

Details

Titel
Hein, Christoph - Die politische Klasse
Note
12
Autor
Jahr
1999
Seiten
4
Katalognummer
V98234
ISBN (eBook)
9783638966856
Dateigröße
330 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Textanalyse
Arbeit zitieren
Philipp Schneider (Autor:in), 1999, Hein, Christoph - Die politische Klasse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/98234

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