Fluchtursachen


Hausarbeit, 2000

9 Seiten, Note: 3


Leseprobe


0. Einleitung

Im Rahmen der ,,Übung für Fortgeschrittene: Soziale Randgruppen" hat sich die erste Gruppe von Referentinnen und Referenten, um eine adäquate Definition des Begriffs ,,Randgruppe" bemüht. Randgruppen sind demnach

,, Bevölkerungsgruppen, die aufgrund bestimmter Merkmale diskriminiert sind und nur geringe Chancen besitzen, ihre Bedürfnisse und Interessen in dieser Gesellschaft durchzusetzen" (Bango, J.: Soziologie für soziale Berufe. Stuttgart 1994, S.133). In jeder Gesellschaft gibt es eine Vielzahl von solchen Gruppen wie zum Beispiel Arme, Arbeitslose, ausländische Arbeitnehmer, Asylbewerber, Sinti und Roma, Nichtsesshafte, Obdachlose, Drogenabhängige, Süchtige, Gefängnisinsassen, Strafentlassene, Vorbestrafte, körperlich Behinderte, geistig Behinderte, seelisch Behinderte, Prostituierte, Alkoholiker, Homosexuelle, Jugendsektenmitglieder und Verschuldete.

Menschen die in ein Randgruppendasein geraten, haben in der Regel mehrere Probleme mit denen sie zurecht kommen müssen. Beispielsweise eine vorbestrafte, drogenabhängige Prostituierte lässt sich schon drei randständigen Gruppen zuordnen. Es gibt also eigentlich keine reinen Randgruppen, sondern nur Kombinationen von diesen.

Im Seminar beschäftigen wir uns mit vier großen Kategorien, in die sich Randgruppen einteilen lassen. Zum einen die mit partiellem Randgruppencharakter, beispielsweise Arme und Arbeitsmigranten. Zweitens ethnische Minderheiten, dazu gehören die Asylbewerber und Flüchtlinge. Dann mit den klassischen Gruppen, wie Wohnungslose, Prostituierte und Behinderte. Die letzte Kategorie stellen die gesellschaftlich und rechtlich devianten Gruppen dar, also die Drogenabhängigen und Süchtigen.

Ich habe, als Mitglied der Gruppe die sich mit dem Thema ,,Asylanten und Flüchtlinge" beschäftigt hat, die rechtlichen Grundlagen in der BRD, Gemeinschaftsrecht und die Neuregelung des Asylrechts vorgestellt.

Als Thema für die schriftliche Ausarbeitung habe ich die allgemeinen ,,Fluchtursachen" gewählt. Im folgenden gehe zunächst auf die Begriffe ,,Migration" und ,,Flucht" ein, um anschließend die einzelnen Fluchtursachen vorzustellen.

1. Migration

Das Stichwort ,,Migration" wird im deutschen Sprachraum als Überbegriff für die verschiedensten Formen von menschlichen Wanderungsbewegungen gebraucht. Als Migranten werden demnach alle Individuen oder Gruppen bezeichnet, die ihre Heimat freiwillig oder gezwungenermaßen verlassen. Die Hintergründe solcher Migrationen können unterschiedlichster Natur sein. Meistens handelt es sich jedoch um politische, religiöse, ökonomische oder ökologische Motive.

Fachleute sprechen von zwei großen Faktorenkomplexen, die Wanderungsbewegungen auslösen. Zum einen gibt es die sogenannten Schubkräfte ( push - Faktoren), zum anderen die Sogkräfte (pull - Faktoren) . Bei den Schubfaktoren werden die Lebensumstände in der Heimat als so drückend, schwierig, gefährlich und/oder lebensbedrohlich empfunden, dass die Menschen versuchen sich diesen zu entziehen. Solche Schubkräfte können ,,Naturkatastrophen, Landknappheit, Arbeitslosigkeit (also Armut), soziale Diskriminierung (z.B. von ethnischen oder religiösen Minderheiten), binnen- oder zwischenstaatliche Kriege, Staatsstreiche oder Revolutionen (die Trägergruppen und Anhänger der gestürzten Regime bedrohen), politische Verfolgung (direkte Gewalt) oder der Zwang der Verhältnisse (,,strukturelle Gewalt"), subjektive Entfremdung und Frustration" sein (Nuscheler, F.: Internationale Migration. Flucht und Asyl. Opladen 1995, S. 32).

Im Gegensatz dazu stehen die Sogfaktoren. In dem Fall werden die Lebensbedingungen in den Zielgebieten, als so angenehm und erstrebenswert gesehen, dass die Menschen ihren Wohnort verlassen um in diesen Vorteil zu gelangen. Hier handelt es sich zum Beispiel um persönliche Sicherheit, Arbeitsplätze, materieller Wohlstand, politische Freiheit und so weiter. Schub- und Sogkräfte treten nur noch selten einzeln und für sich auf, sondern immer häufiger gleichzeitig und in den verschiedensten Stärkeverhältnissen.

Bei plötzlich eintretenden Veränderungen und Verschlechterungen der Lebensumstände, zum Beispiel bei Naturkatastrophen, sind diese Schubfaktoren für eine Flucht natürlich absolut ausschlaggebend. Ansonsten leuchtet es ein, dass die Migrationsbereitschaft dann am größten ist, wenn die eigenen Lebensumstände besonders trostlos und gleichzeitig die Anziehungskräfte anderer Regionen und Staaten ziemlich groß erscheinen. In Deutschland werden drei große Zuwanderungsgruppen unterschieden. Erstens die Gastarbeiter, beziehungsweise Arbeitsmigranten, zweitens die Aus- und Übersiedler und drittens die Flüchtlinge, welche die eindeutige Mehrheit dieser Kategorien darstellen. Die Begriffe ,,Migration" und ,,Flucht" sind daher mittlerweile als nahezu identisch anzusehen.

2. Flüchtlinge

Die Abgrenzung und Zuordnung der Merkmale von Migration und Flucht gehen, wie schon erwähnt, heutzutage stark ineinander über und sind demnach schwer auszumachen. Allgemein muss man bei Flüchtlingen von einer erzwungenen Migration sprechen da sie, aufgrund von Bedrohung für Leib und Leben, von Flucht und Vertreibung betroffen sind. Offiziell regelt seit 1951 die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), die mittlerweile von 133 Staaten anerkannt wird, die Unterscheidung der Begriffe ,,Migrant" und ,,Flüchtling". ,,Im Sinne dieses Abkommens findet der Ausdruck ,,Flüchtling" auf jede Person Anwendung: 2. Die (...) aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen will; oder die sich als Staatenlose infolge solcher Ereignisse außerhalb des Landes befindet, in welchem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen der erwähnten Befürchtungen nicht dorthin zurückkehren will" (Han, P.: Soziologie der Migration. Stuttgart 2000, S. 78).

Die Verfolgungsgründe Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe und politische Überzeugung, sind die einzigen offiziell anerkannten Fluchtursachen. Doch seit in Kraft treten dieser Definition sind neue Fluchtmotive hinzugekommen, die das Wanderungsverhalten zeitweise stärker beeinflussen als die der GFK. Zum Beispiel starke wirtschaftliche Probleme, Armut, ethnische Verfolgung, Kriege und vor allem massive Umweltschäden werden nicht als Ursachen von Flucht anerkannt. Hinzu kommt, dass nach den Rechtsbestimmungen der BRD nur die Flüchtlinge Hilfe und Unterstützung erwarten können, die ihr Heimatland verlassen (refugees). Binnenflüchtlinge (internal displaced persons ) die innerhalb ihres Landes auf der Flucht sind haben keinen Anspruch auf Schutz. Es stellt sich demnach immer öfter die Frage, ob nicht ein neuer Flüchtlingsbegriff definiert werden sollte.

3. Fluchtursachen

Ich denke es ist deutlich geworden, wie unterschiedlich und vielschichtig die Beweggründe solcher Menschen sein können. Es ist unmöglich die Flüchtlingsströme auf eine einzige Grundursache zurückzuführen, sondern man muss sich immer eine ,,Mixtur" von Gründen vorstellen. Aus diesem ,,Krisengemisch" möchte ich nun die wichtigsten, anerkannten und nicht anerkannten, Fluchtursachen darstellen.

3.1. Historische Ursachen

Einige historische Ereignisse haben in der Vergangenheit maßgeblich das Migrationsgeschehen, vor allem in Europa, beeinflusst. Diese bekannten Wanderungsbewegungen reichen zeitlich gesehen bis in die erste Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts zurück. Von besonderer Bedeutung sind zum einen die inter-imperialen Konflikte, die die Auflösung des Osmanischen Reiches und der Habsburger Donaumonarchie Österreich-Ungarn zur Folge hatten. Die damals vorgenommenen territorialen Aufteilungen führten zu massiven Konflikten, die Hass und Flucht auslösten. Noch heute sind diese Spannungen zu spüren, zum Beispiel das Kurdenproblem in der Türkei, im Irak, im Iran und in Syrien. Für viele Menschen noch heute Grund genug ihre Heimat zu verlassen.

Nach dem zweiten Weltkrieg entsteht der Ost-West Konflikt, bei dem es unter anderem auch zu einer wahllosen Neueinteilung Deutschlands kommt. Auch diesmal sind Flucht und Wanderungsbewegungen die Folge.

Die inner-imperialen Probleme führten zum Einbruch des sowjetischen Imperiums und des Staatsverbandes Jugoslawien.

Am meisten belastet uns wohl heute noch die sogenannte ,,koloniale Hypothek" (Blahusch, Fr.: Zuwanderer und Fremde in Deutschland: eine Einführung für soziale Berufe. Breisgau 1992, S.133). Nachdem die Europäer die ,,Dritte Welt" entdeckten und die Länder zu ihren Kolonien ernennen, beginnt eine lange Zeit der Ausbeutung. Die Kolonialherren nehmen sich die Freiheit die Länder beliebig unter sich aufzuteilen, ohne Rücksicht auf die bestehenden ethnischen, historischen, religiösen oder kulturellen Strukturen zu nehmen. Es entstehen willkürliche Staatsgrenzen und künstliche Staaten, die häufig nicht miteinander harmonieren. Dieses egoistische und überhebliche Verhalten der europäischen Staaten, ist eine Ursache für die zahlreichen Konflikte und Stammeskriege der ,,Dritten Welt". Diese unaufgearbeiteten historischen Ereignisse und die blockierten Möglichkeiten von Unabhängigkeit und ethnischer, religiöser und kultureller Eigenständigkeit, werden auch noch in Zukunft die Ursache für Konflikte und Fluchtbewegungen sein.

Historische Ursachen sind natürlich keine anerkannten Fluchtgründe. Es soll nur verdeutlichen, dass bei manchen Konflikten die Schuld nicht nur bei diesen Ländern zu suchen ist. Aufgrund dieses Wissens sollte man diese Menschen vielleicht mehr unterstützen und helfen ihre Probleme zu bewältigen.

3.2. Fluchtursache politische Verfolgung

Wenn in einem Land undemokratische Strukturen herrschen, die politischen Oppositionen unterdrückt und Menschenrechte mit Füßen getreten werden, kommt es immer wieder vor allem zu innergesellschaftlichen, aber auch zu zwischenstaatlichen Auseinandersetzungen. Die Menschen, die ihre politische Meinung nicht an die Vorgaben des autoritären oder diktatorischen Regimes anpassen, werden Opfer von politischer Verfolgung. Psychische und physische Gewalt und Terror soll einen dazu bringen seine Meinung zu ändern oder das Vorhaben der Partei oder Organisation der man angehört auszuplaudern. Die Machterhaltungsmethoden solcher Regierungen können sehr weit gehen. In der Regel werden solchen Menschen ihre ,,Existenzbedürfnisse" geraubt. Mit ,,Existenzbedürfnissen" meint man die drei Grundbedürfnisse ,,Unterhalt", ,,Schutz" und ,,Liebe" (Boumans, E.: Die geteilte Menschenwürde: Flüchtlingsalltag und soziale Arbeit nach der Änderung des Grundrechts auf Asyl. Frankfurt/M. 1997, S.11). Wird einem politisch Verfolgten also zum Beispiel der ,,Unterhalt" entzogen, kann das ganz unterschiedlich aussehen. Zum Beispiel kann man dafür sorgen, dass er weniger zu essen und zu trinken bekommt, oder auch gar nichts. Man kann ihn von Luft und Licht fernhalten, ihm den Schlaf entziehen und ihm keine Möglichkeit geben sich zu erholen, zu bewegen oder überhaupt Sinnesreize aufzunehmen. Die Arbeit kann man ihm wegnehmen, verbieten oder ihn zwingen unentgeltlich für andere zu arbeiten. Die Verunmöglichung sexueller Kontakte und Sterilisation sind weitere Praktiken. Deportation oder Aussetzung unter extremen Bedingungen, Verweigerung von Hilfsmitteln die das Überleben sichern, Raub, Körperverletzung und Tötung sind leider keine Seltenheit.

Den ,,Schutz" nimmt man einem Menschen, indem man ihm die Menge an Nahrung entzieht, die er zum Leben braucht, ihm Medikamente abnimmt und medizinische Untersuchungen verweigert. Jede Selbstverteidigung wird bestraft und Schutz vor Hitze, Trockenheit, Kälte, Nässe und schädliche Stoffe unmöglich gemacht.

Das Grundbedürfnis ,,Liebe" nimmt man einem Menschen, indem man ihm die Selbstachtung und sein Selbstvertrauen zerstört. Respekt und Achtung kommen einem nicht mehr zu, erst recht keine Hilfe und Solidarität von Freunden oder der Gemeinschaft. Politisch Verfolgte erhalten sofort uneingeschränktes Asyl, wenn sie in der Lage sind ihre Verfolgung nachzuweisen. (Doch wie lässt sich zum Beispiel Liebesentzug nachweisen?)

3.3. Fluchtursache ethnische (und religiöse) Verfolgung

Eine Ethnie ist eine Gruppe von Menschen, die sich durch eine sehr einheitliche Kultur auszeichnet und die somit eine eigene Völkergruppe darstellt. Konflikte entstehen, wenn zwei oder mehrere Ethnien miteinander konfrontiert werden, die sich in bezug auf Kultur, Religion, Körpermerkmale und Sprache deutlich voneinander unterscheiden.

Die Volksgruppe die sich in einem Land in der Minderheit befindet, wird häufig Opfer von ethnischer oder religiöser Verfolgung, vor allem wenn sie Autonomie und Eigenständigkeit fordert. Solche Minderheiten, wie zum Beispiel die Kurden, Tamilen, Tibeter, Molukker, Sikhs oder viele Ethnien in Afrika, sind oft von ,,struktureller Gewalt" betroffen (Levinson, D.: Ethnische Konflikte und Flüchtlinge, in: Flüchtlinge 2/September 1993). ,,Strukturelle Gewalt" bedeutet, dass sie nicht als vollberechtigte Bürger angesehen werden und somit häufig mit politischer, wirtschaftlicher und/oder kultureller Unterdrückung zurecht kommen müssen. Beispielsweise wird ihnen das Wahlrecht entzogen oder es wird eingeschränkt, ihre Steuersätze werden angehoben, Berufsverbote werden ausgesprochen oder ihnen werden generell Bildungschancen verwehrt. Sie dürfen in der Regel nicht mehr ihre Muttersprache sprechen und auch nicht ihre Religion ausüben.

Um die alten Herrschaftsstrukturen aufrechtzuerhalten geht die Verfolgung oft noch weiter. Diese ethnischen Minderheiten werden Opfer von Vertreibungen, Plünderungen, Vergewaltigungen, Gewaltanschlägen und Hinrichtungen.

David Levinson, Chefredakteur der ,,Enzyklopädie der Weltkulturen", unterscheidet vier Ziele bei deren Umsetzung es zwangsläufig zu Gewalt und Flucht kommt. Erstens das Ziel der separatistischen Bewegungen, um jeden Preis ihre Unabhängigkeit zu erkämpfen. Zweitens, wie schon erwähnt, die Bestrebungen nach Autonomie und Eigenstaatlichkeit. Drittens im Krieg die Eroberung, mit dem Hintergedanken die Minderheiten in die Knie zu zwingen oder zu vertreiben und viertens das einfache Ziel einer Ethnie zu überleben.

Ethnische Unterschiede sind leider oft für Unruhen und Bürgerkriege verantwortlich, die verheerende Folgen haben können.

3.4. Fluchtursache Krieg bzw. Bürgerkrieg

Viele der aktuellen Kriege und vor allem Bürgerkriege resultieren, wie schon eingangs erwähnt, aus den unbedachten Handlungen in der Kolonialzeit. Migration, freiwillig oder ungewollt, ist demnach die älteste Konflikt- und Kriegsursache und stellt gleichzeitig seit je her eine typische Kriegs- und Konfliktfolge dar.

Etwa 35 Bürgerkriege wurden 1997 gezählt, bei denen gegen das Völkerrecht verstoßen und die Bevölkerung terrorisiert wurde (UNHCR: Zur Lage der Flüchtlinge in der Welt. Bonn 1997, S.25). Neben der ,,strukturellen Gewalt" wird die eigentliche Kriegsführung immer leichter. Länder der ,,Dritten Welt" können sich heutzutage problemlos günstig Waffen aus den Industrieländern verschaffen.

Jahrelang spielte die Situation im ,,Süden" der Welt eine besondere Rolle. Unruhen wie in Indochina, Afghanistan, Angola oder Mosambik zwangen die Menschen in den achtziger Jahren zur Flucht. Leider verteilten sich die Flüchtlinge nicht gleichmäßig, sondern bildeten Brennpunkte in Südostasien, Südasien, Ost- und Südafrika. Die Situation dieser Länder war noch in den neunziger Jahren auffallend schwierig.

Mittlerweile bleibt auch Europa von diesen Vorgängen nicht unberührt. Gerade der Bürgerkrieg im ehemaligen Jugoslawien und die Unruhen in der ehemaligen Sowjetunion zeigen, dass die Fluchtbewegungen kein Ende nehmen und für Europa keine Entwarnung in Sicht ist.

Obwohl Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge einen enormen Teil der Migrationsbewegungen in der Welt ausmachen, sind auch sie nicht in der GFK erwähnt. Nur selten können diese Menschen politische Verfolgung nachweisen um Schutz und Asyl zu erhalten.

3.5. Fluchtursache Armut (wirtschaftliche Probleme)

Das moderne Weltwirtschaftssystem brachte einen einmaligen Wohlstand und Wirtschaftswachstum. Leider führte diese Entwicklung nicht zu einer allgemeinen Verbesserung der Lebensstandards in der Welt. Während die nordatlantischen Staaten, später auch die ost- und südasiatischen Regionen von diesem System profitierten, stagnierte die Wirtschaft der ärmeren Gebiete und die Verarmung stieg weiter an. Noch immer nimmt das soziale Gefälle zu und mehr Menschen denn je geraten in fortschreitende Verelendungsprozesse, die ein menschenwürdiges Dasein unmöglich machen. ,,Etwa ein Viertel der 5,7 Milliarden Menschen auf der Welt lebt unterhalb der offiziellen Armutsgrenze der Weltbank, von ihnen mehr als 100 Millionen in den Industriestaaten" (UNHCR: Zur Lage der Flüchtlinge in der Welt. Bonn 1997, S. 15).

Vor allem die steigende Weltbevölkerung trägt dazu bei, dass die Industriestaaten von dieser Entwicklung nicht verschont bleiben. Lebensgrundlagen wie Bildung, Arbeit, medizinische Versorgung und essentielle Güter wie Nahrung und Wasser, können in vielen Regionen nicht mehr garantiert werden.

Wirtschaftliche Probleme und Armut allein veranlassen die Menschen jedoch meist noch nicht zur Flucht. Oft werden diese Umstände in sehr armen Ländern von Verfolgung, Konflikten und Menschenrechtsverletzungen begleitet. Diese Lebensbedingungen treiben die Menschen aus ihrer Heimat, mit der Hoffnung im Zielland bessere Lebensumstände vorzufinden.

Armutsflüchtlinge und die Gruppe von Menschen die hauptsächlich ihre berufliche Situation ändern möchten (,,Brain drain"), werden unter dem Begriff ,,Wirtschaftsflüchtlinge" zusammengefasst. Die Zahl der Wirtschaftsflüchtlinge wird auf mehrere hundert Millionen geschätzt und ein Rückgang der Flucht- und Migrationsbewegungen ist nicht in Sicht. Heute geht es zum Beispiel vielen Ländern der ,,Dritten Welt" schlechter denn je. Hunger, Säuglings- und Kleinkindsterblichkeit nehmen weiter zu und trotzdem werden auch diese Menschen nicht offiziell als Flüchtlinge anerkannt.

3.6. Fluchtursache Naturkatastrophe oder Umweltzerstörung

Die Flucht vor plötzlichen Naturkatastrophen wie Erdbeben, Vulkanausbrüchen, Dürreperioden oder Überschwemmungen hat es schon immer gegeben und ist demnach nichts neues. Auffallend sind die seit den 1980er Jahren steigenden ,,Fluchtwellen", aufgrund von anthropogenen Umweltzerstörungen. Die Schädigung der Umwelt, das heißt der Atmosphäre, der Luft, des Wassers und der Böden, zwingt Menschen dazu sich neue Lebensräume zu erschließen. Diese Flüchtlinge werden ,,Umweltflüchtlinge" genannt. ,,Umweltflüchtlinge sind jene Personen, die ihr angestammtes Milieu verlassen, weil ihr Leben aufgrund von natürlichen und/oder anthropogenen - d.h. durch menschliche Aktivitäten verursachten - Umweltschäden sowie aufgrund von ökologischer Überlastung durch Überbevölkerung erheblich beeinträchtigt oder gefährdet wurde" (Wöhlcke, M.: Umweltflüchtlinge. München 1992, S.13). Tatsache ist, dass die Zerstörung der Umwelt durch die Menschen der Hauptgrund für die massenhaften Wanderungsbewegungen ist.

M. Wöhlcke nennt in seiner Definition einen entscheidenden Punkt, der für die Entwicklung mitverantwortlich ist - das rasante Wachstum der Weltbevölkerung. Gerade in den armen Regionen explodieren förmlich die Bevölkerungszahlen, da kaum über Verhütungsmethoden aufgeklärt wird. Immer noch wünschen sich viele Paare zahlreiche Kinder, in der Hoffnung dass sie irgendwann die Eltern ernähren können.

Im Gegensatz dazu werden die Lebensräume und Nutzflächen immer weniger. Falsche Anbaumethoden (Monokulturen) laugen den Boden aus, so dass er nach einigen Jahren nicht mehr nutzbar ist. Um neue kultivierbare Flächen zu schaffen werden die Regenwälder abgeholzt. Da die Anbaumethoden in der Regel die selben bleiben, sind langfristig Degradation, Erosion und Desertifikation die Folgen. Die Ausbreitung der Wüsten bringt eine Erwärmung der Erdatmosphäre mit sich, die wiederum für das Schmelzen der Polargletscher und für eine weltweite Erhöhung des Meerwasserspiegels verantwortlich ist. Die vorherrschende Form des weltweiten Wirtschaftens, begleitet von ökologischem Raubbau und Umweltzerstörung, nimmt Millionen von Menschen ihre Lebensräume und Existenzgrundlagen. Die Tendenz ist steigend, doch die Mehrzahl der Umweltflüchtlinge bleibt in den Entwicklungsländern, da sie in der GFK nicht berücksichtigt werden und kein Recht auf ,,ökologisches Asyl" besitzen. Noch sind meist ,,nur" die ärmsten Regionen der Welt betroffen, doch sollte man sich darüber im klaren sein, dass früher oder später auch die wohlhabenden Industrienationen von diesen Veränderungen nicht verschont bleiben. Die Lösung dieser Problematik liegt nicht unbedingt in dem Erlass eines ökologischen Asylrechts, sondern vielmehr in der Bekämpfung der Ursachen.

4. Schluss

Jede Fluchtursache ist ein Thema für sich und die Literatur dazu ist unglaublich umfangreich, so dass es mir nur gelungen ist die einzelnen Fluchtmotive ,,anzureißen" und einen ersten Eindruck zu vermitteln.

Ich denke aber es ist deutlich geworden mit was für einer Vielzahl von Problemen Flüchtlinge in dieser Welt zu kämpfen haben. Wie schon gesagt habe ich mich lediglich mit den allgemeinen Fluchtursachen beschäftigt. Spezifische Problemgruppen sind des weiteren vor allem noch Frauen, unbegleitete Kinder und Jugendliche auf der Flucht.

Tatsache ist, dass die Welt nicht länger die Augen vor diesen Problemen verschließen kann. Die BRD kann sich nicht ihrer Verantwortung entziehen, indem sie das Asylrecht abändert und die Einreisebestimmungen verschärft. Die Ursachen der weltweiten Fluchtbewegungen werden so jedenfalls nicht bekämpft. Die Welt muss sich bewusst werden, dass alle an einem Strang ziehen müssen um die Probleme auf Dauer zu beseitigen.

Ende der Leseprobe aus 9 Seiten

Details

Titel
Fluchtursachen
Note
3
Autor
Jahr
2000
Seiten
9
Katalognummer
V98120
ISBN (eBook)
9783638965712
Dateigröße
400 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fluchtursachen
Arbeit zitieren
Catherine Raynal (Autor:in), 2000, Fluchtursachen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/98120

Kommentare

  • Gast am 25.11.2007

    Literatur.

    eine gute arbeit. doch schade, dass hier keine literaturliste angegeben wurde.

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Titel: Fluchtursachen



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