Schiller, Friedrich - Kabale und Liebe


Referat / Aufsatz (Schule), 2000

18 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Autorin: Alexandra Schmidt

Kabale und Liebe von Friedrich Schiller

HAUSAUFSATZ IM FACH DEUTSCH

THEMA II:Friedrich Schiller, Kabale und Liebe, IV/7 und 8; a) Gib beide Szene so wieder, dass auch der Kontext erkennbar wird; beschreibe sie unter den üblichen Gesichtspunkten, untersuche dabei auch ihre Funktion im Ganzen des Dramas b) Erörtere, ausgehend von einer Definition des bürgerlichen Trauerspiels, ob Luise und die Lady Gegenspielerinnen sind.

Ausführung

A. Das bürgerliche Trauerspiel ,,Kabale und Liebe"(1784) das seinen heutigen Titel auf Anregung des Schauspielers August Wilhelm Iffland bekam(Friedrich Schiller nannte es nach der Hauptfigur ,,Luise Millerin"), wurde am 15.4.1784 in Frankfurt unter großem Erfolg uraufgeführt. Es stellt neben den Räubern das Hauptwerk aus Schillers Sturm und Drang Zeit dar, durch die die Kritik am höfischen Absolutismus dargestellt wird. Es spielt, anders als Lessings ,,Emilia Galotti"(1772), am Hofe eines deutschen Fürsten. Wie der durchaus treffende Iffland-Titel es ahnen lässt, handelt das Werk von Liebe und hinterhältigen Intrigen(Kabalen).

Der junge, adelige Offizier Ferdinand, Sohn des Präsidenten, liebt die bürgerliche Musikers Tochter Luise. Beide Väter lehnen diese nicht standesgemäße Verbindung ab. Auf Wunsch seines Vaters soll der Major die Lady Milford, des Herzogs Mätresse, heiraten. Zwar beginnt Ferdinand sie aufgrund ihrer Bemühungen für das leidende Volk zu schätzen, gesteht ihr aber zugleich seine Liebe zu Luise. Daraufhin kommt es in Millers Haus zur starken Konfrontation zwischen dem Präsidenten und Luises Familie. Einzig und allein die Drohung Ferdinands, den kriminellen Aufstieg seines Vaters zum Präsidentenöffentlich bekannt zu machen, hält letzteren davon ab, Luise an den Pranger zu stellen. Nun versucht Ferdinand Luise zur gemeinsamen Flucht zu überreden. Entgegen aller Erwartungen will diese sich jedoch gegen ihre Liebe entsagen. Zur gleichen Zeit entwirft der Präsident mit Ferdinands erfolglosen Nebenbuhler Wurm, die entscheidende Intrige: Luises Eltern werden willkürlich verhaftet. Um sie zu retten, wird das Mädchen gezwungen, einen fingierten, von Wurm diktierten Liebesbrief an den Hofmarschall von Kalb zu schreiben, und verpflichtet sich unter Eid zu versichern, den Brief freiwillig geschrieben zu haben. Als der Major den Brief ,,versehentlich" bekommt, beschließt er in seiner Eifersucht, sich und seine Geliebte umzubringen. Währenddessen wird Luise zu einem Treffen mit der Lady Milford gerufen. Diese ist stark beeindruckt durch Luises Verhalten, und beschließt den Herzog und das Land zu verlassen. Ferdinand veranlasst ein weiteres, letztes Treffen mit Luise und vergiftet sie und sich selbst mit Limonade. Erst in ihren letzten Worten fühlt sie sich von ihrem Eid befreit und gesteht ihm die Wahrheit des Briefes. Sie stirbt mit den Worten der Vergebung. Auch Ferdinand vergibt dem verdammten Vater in dem er ihm im sterben die Hand reicht. Vorausgegangen war ,,Kabale und Liebe" ein 14-tägiger Arrest Schillers (geb. 10.11.1759 in Marbach, gestorben 9.5.1805 in Weimar) durch den württembergischen Herzog Carl Eugen. Dieser Arrest war die Bestrafung für die heimliche, unerlaubte Reise ins Ausland, die er zur zweiten Aufführung der Räuber nach Mannheim tätigte. Zu dieser Zeit entwarf er den Plan zur Luise Millerin. Die Bestrafung und das immer noch bestehende Publikationsverbot verschlechterten das Verhältnis zu Carl Eugen immer mehr, so dass Schiller am 22.9.1782 mit seinem Freund Streicher erst nach Frankfurt, dann nach Oggersheim floh. Durch diese eigenen Erlebnisse, wie Günstlings- und Mätressenwirtschaft, Ausbeutung des Volks und diverse Intrigen, die der junge Schiller am württembergischen Hof mitbekommen hat, besaß er alle Kenntnisse um ohne literarische Quellen, die brisanteste, stärkste Kritik am deutschen Absolutismus zu schreiben.1

B.I. Beide Szenen spielen in einem Saal der Lady Milford, zu der Luise geschickt wird. Sie empfängt das Mädchen mit großer Distanz und warnt Luise, sich nur auf ihreäußerlichen Reize zu verlassen, da diese ebenso vergänglich sind, wie Schmeicheleien eines Liebhabers. Milford bietet ihr den frei gewordenen Posten der Kammerjungfer an, doch diese lehnt ab, da sie aufgrund ihrer moralischen Vorstellungen am Hof nicht glücklich werden kann. Durch geschickte Provokation erreicht Luise dass die Lady ihr die Freundschaft anbietet, die sie jedoch für Spott hält und ablehnt.

Zugleich entsagt sie Ferdinand und meint dass Milford ihn haben könne, auch wenn zwischen Ihnen ewig das Gespenst einer Selbstmörderin stehen wird.2 In dem darauf folgenden Monolog ist die Lady aufgrund der vorangegangenen Situation gerührt, und beschließt den Herzog und das Land zu verlassen, um in Zukunft ein tugendhaftes Leben zu führen. Sie beginnt den Brief an den Herzog zu schreiben.

II.1.1. Beide Szenen, jedoch besonders IV/7, sind von wesentlicher Bedeutung für das Drama. Sie sind sowohl in deräußeren, als auch in der inneren dramatischen Handlung anzusiedeln. IV/7 stellt das Gegenstück zu II/3 dar(Symmetrie zwischen zwei Szenen), wo die Lady das Bekenntnis ihrer Liebe zu Ferdinand gibt. In IV/7 folgt die Entsagung(vgl. B.III/2.1.3). Zudem führen beide Szenen auf das retardierende Moment, das sich aufgrund des Sturm und Drang erst in V/1 befindet, zu. Durch den Verzicht auf Ferdinand durch Luise steht dem in V/1 von ihr geäußerten Wunsch mit ihrem Vater zu fliehen eigentlich nichts im Wege. Dadurch scheint zu diesem Zeitpunkt ein anderes Ende möglich.

1.2. Die Stellung der Lady zu dem bürgerlichen Mädchen Luise ist anfänglich die zweier Konkurrentinnen. Luise gehört in den Kreis der Liebenden(zusammen mit Ferdinand), jedoch kann man auch die Lady in den meisten Szenen in diesem Bereich ansiedeln. Da sie aber auch zur höfischen Welt gehört, nimmt sie eine Art Zwischenposition in dem Drama an. Beide lieben den selben Mann, Ferdinand von Walter, jedoch verläuft die Liebe der Lady zu ihm einseitig(vgl. III/2.1.1). Der Major hält die Lady für das Hindernis zwischen ihm und Luise und ist froh, als diese am Ende des Dramas im fünften Akt das Land verlassen hat, aber auch Luise weiß nicht so recht, was sie von der Lady halten soll. Einerseits denkt sie, dass auch Milford einen gewissen Anteil an der Idee des fingierten Liebesbriefs hat, andererseits zweifelt sie im selben Moment an ihren eigenen Gedanken.

1.3. Wie in 1.2 beschrieben sind beide Frauen in gewisser Weise Konkurrentinnen um den Major. Dadurch lässt sich leicht folgern, dass auch in dieser Szene Ferdinand ein zentrales Thema darstellt. Zwar macht die Lady bereits auf S.76/29, also ganz zu Beginn der Szene, Andeutung die Ferdinand betreffen, doch tut sie weiterhin so, als ob sie von dessen Beziehung zu Luise nichts wissen würde. Als sie ihn noch einmal als Lehrer(S.80) nennt, spricht Luise, die schon zu Beginn gemerkt hat, dass Milford nicht unwissend in dieser Hinsicht ist, die Lady darauf an. Von da an ist die Liebe der beiden zu Ferdinand Hauptthema und führt so zum Höhepunkt dieser Szene hin; nämlich als Luise Ferdinand entsagt und ihn der Lady freiwillig überlassen würde. Diese jedoch verzichtet ebenfalls, um gleiche Stärke zu zeigen.

1.4. Die 16-jährige Luise Miller, Tochter des Stadtmusikanten Miller, ist bürgerlicher Herkunft, interessant, aber doch keine Schönheit(nach Meinung der Lady Milford). Sie hat große Vergißmeinnicht Augen, die sich im Weinen übten. Sie ist schüchtern, religiös und in manchen Situationen auch naiv. Für sie zählen die bürgerlichen Werte und die daraus folgende Tugend. Zu ihren Eltern, insbesondere zu ihrem Vater hat Luise ein besonders intensives Verhältnis, das ihr letztendlich mehr wert ist, als die Beziehung mit Ferdinand.

Die in England geborene Lady Milford, die mit wirklichen Namen Johanna Norfolk heißt, ist des Herzogs Geliebt, mittleren Alters. Sie genießt zwar ihren Luxus, sorgt sich aber auch um ihr leidendes Volk. Sie nutzt ihre Stellung und ihren Einfluss auf den Herzog aus, um den leidenden Untertanen zu helfen. Ihre Charaktereigenschaften sind allesamt positiv; so ist sie als Frau sehr selbstständig, hilfsbereit und auch mitfühlend, was zu dieser Zeit als des Fürsten Mätresse nicht selbstverständlich war.

2.1. Die siebte Szene des vierten Aktes enthält mehrere entscheidende Wendepunkte. Bis zu dem Zeitpunkt als die Lady zugibt, über die Beziehung Luises zu Ferdinand Bescheid zu wissen, verläuft der Dialog in die selbe Richtung, ohne Folgen für den späteren Verlauf des Dramas zu verdeutlichen. Durch das Bekenntnis der Lady, dass sie alles weiß, verursacht sie zum einen den Verzicht auf Ferdinand durch Luise. Diese hat erkannt, dass sie im Diesseits mit ihm nicht glücklich werden kann(Voraussicht auf V/1, wo sie ihrem Vater erzählt, dass es einen ,,dritten Ort"(=Euphemismus) gibt, wo kein Eidschwur zählt), und entsagt ihm aufgrund dessen. Zugleich überläßt sie ihn der Lady Milford freiwillig, doch diese zeigt Größe und entsagt ihm auch. Diese Entsagung nimmt sie in IV/8 zum Anlass, sich der Tugend in die Arme zu werfen, den Herzog und das Land zu verlassen. Ferdinand sieht damit das größte Hindernis ihrer Liebe beseitigt.

2.2. IV/7 enthält zwei Rückblenden auf vorangegangene Szenen im gesamten Trauerspiel, die jedoch auch später noch einmal vorkommen werden(V/1,2). ,,Die barbarische Tat" bezieht sich auf III/6 wo Luise den fingierten Brief an den Hofmarschall von Kalb schreiben mußte. Sie denkt, dass die Lady Milford Anteil an der durch den Präsidenten inszenierten Intrige hat, und hält ihr Angebot Freundinnen zu werden als Spott(S.81/13). Eine weitere Rückblende ist in dem Wort Spiegel enthalten, dass zugleich eines der Schlüsselwörter darstellt. Bereits in I/4 S.14/20 ist dieses Wort schon einmal erwähnt worden, als Ferdinand mit Luise spricht, und feststellt, dass sich das Mädchen verändert hat. Die Lady spricht in IV/7 von ,,zween Spiegeln"; den echten, wahren und dessen Bewunderer(gemeint ist Ferdinand). Genau dies steht in I/4 nur verschlüsselt und damit nicht gleich sichtbar. Auch in V/2 kann man dieses ,,Spiegel"-Motiv" noch einmal finden, nämlich dann als Ferdinand von Luises ,,wahrem Gesicht" spricht.

3.1.Anders als bei Goethe ist die Sprache Schillers oft etwas unnatürlich und pathetisch. Im folgenden soll nun untersucht werden, welche Art des Sprechens Luise und die Lady in diesen beiden Szenen verwenden. Anfänglich kann gesagt werden, dass beide in der Position der Liebenden stehen, und das natürlich auch Auswirkungen auf ihren Sprachstil hat.

3.1.1. Die Sprache des bürgerlichen Mädchens Luise hat sich im Verlauf des Trauerspiels stark verändert. Gleiches gilt für Szene IV/7 wo ihre Sprache anfangs schüchtern wie das Mädchen selbst, unterwürfig und zurückhaltend ist und auf die Befehle der Lady wartet(S.76/1). Sie verändert sich jedoch sehr rasch in eine ehrliche, starke Ausdrucksweise (S.76/77 37ff) die sich nicht von der Lady irritieren lässt. Luise redet offen mit der Lady in bezug auf ihre Herkunft, und scheut sich auf S.78/22 nicht, ihr Ihre Meinung über Teile des höfischen Lebens zu sagen. So zum Beispiel als sie sagt, dass die Paläste gewisser Damen oft die Freistätten der frechsten Ergötzlichkeit [sind]. Als die Lady ihr droht, dass sie verloren ist, nimmt sie das mit einer Gelassenheit auf, was sich in ihrer Antwort, nämlich ohne Rettung(S.80/30), widerspiegelt. Andererseits spricht sie in Lessingschen Epigrammen3, so auf Seite 77; [...] der einen Demant kaufte, weil er in Gold schien gefasst zu sein(vgl. dazu Emilia Galotti's Schlussworte: ,,Eine Rose gebrochen, ehe der Sturm sie entblättert"). Auf Seite 81ändert sich die Sprache von Luise noch ein letztes Mal, da sie das Angebot der Lady für Spott hält, und irritiert ist. Jedoch kehrt ihre Gelassenheit sehr bald zurück, selbst als sie über den Verzicht von Ferdinand und von ihrem bevorstehenden Selbstmord spricht(S.81), ist ihre Aussage von Gleichgültigkeit gezeichnet.

Somit hat sich die bürgerliche Luise von ihrer Naivität befreit und ist zu einer ebenbürtigen Dialogpartnerin der adeligen, gebildeten Lady geworden (siehe 3.3).

3.1.2. Sehr auffallend an der Sprache der Lady Milford ist, dass sie sehr von ihrer momentanen Stimmung abhängt, und in den beiden Szenen ständigen Wechsel unterworfen ist; noch mehr als das bei Luise der Fall ist. Als Luise zu ihr kommt, gibt sie sich sehr distanziert und auch ironisch, als sie das Mädchen fragt, wie sie denn heiße, obwohl sie es doch weiß. Anfangs von S.77 ist eine gewisse Neugierde festzustellen als sie nach Luises Alter fragt. Mitte der Szene, auf S.80 kommt zum ersten und einzigen Mal die drohende Sprache der Macht durch die Lady zum Vorschein, die ansonsten von ihr im gesamten Verlauf des Dramas kaum zu sehen war. Sie droht Luise, ihn jetzt noch zu lieben, und macht sie darauf aufmerksam, dass sie mächtig ist und Luise verloren sei(Z.24ff). Jedoch regiert diese anders als von der Lady erwartet(s. 3.1.1), was bei der Lady zur Erregung ihres Gemüts führt, was letztendlich zu einer trotzigen Sprache führt; Sie meint, dass wenn sie mit ihm [dem Major] nicht glücklich werden kann, dann soll es Luise auch nicht werden. Dann jedoch, ab S.81/10, merkt sie, dass ihr Verhalten falsch war, und somit zeigt sich eine Sprache der Einsicht, und Güte, als sie Luise anbietet ihre Freundin zu werden.

In dem Monolog IV/8 ist Milfords Sprache anfänglich von Selbstzweifeln(S.82/12) und Irritationen geprägt, jedoch wandelt sich das nach ihrer Entscheidung sich der Tugend zu widmen in eine entschiedene, überschwängliche und lebhafte Sprache. Somit hat die Lady, genauso wie Luise einen starken Wandel durchgemacht, der sich als erstes auf Sprachlicher Basis widerspiegelt und in den später folgenden Punkten noch weiter erläutert werden wird.

3.2. Auffällig an beiden Sprachstilen ist das häufige auftreten von sogenannte Stilmitteln. Diese ziehen durch die ganze siebte und achte Szene des vierten Aktes.

Insbesondere die häufigen Personifikationen wie [in] weinen übten(S.76/24), blutendes Herz(S.81/28), prahlende Gebäude(S.82/20) sind sehr auffällig und vermenschlichen gewisse Eigenschaften. Ein weiteres oft verwendetes Stilmittel stellt die Alliteration dar, die zum Beispiel auf S.77(Was Wunder wenn), S.81/22(Haken der Hölle) und S.78/1(Grübchen der Grazien) verwendet wird, um dem ganzen einen rhythmischen Effekt zu gegen und Betonungen hervor zurufen. Nebenher treten noch einige weitere Stilmittel vereinzelt auf; der Klimax auf Seite 76/25 nur näher - nur ganz nah, gesprochen von der Lady, der Vergleich der Lady in IV/8 mit ,,einer fallenden Sonne , die Metapher süße goldene Bilder der Liebe, und der Chiasmus(=symmetrische Überkreuzstellung bzw. spiegelbildliche Anordnung von entsprechenden Satzgliedern) zeige sie wer sie ist. All diese Mittel dienen der Betonung, veranschaulichen die Situation, regen die Vorstellungskraft an, und führen dadurch dazu, dass sich der Leser leichter mit der Szene identifizieren kann. Als letztes Stilmittel sollen die Anaphern, d.h. Sätze oder Satzteile, die gleich beginnen, betrachtet werden, die zahlreiche Verwendung in IV/7 finden. Am einfachsten ist die auf S.75/13ff zu erkennen(wo sie Manieren..., wo sie sich...), jedoch lässt sich auch auf S.78/34, 35 mit ,,Sie lassen Himmelsstriche... - Sie lassen Meere.." eine solche Anapher finden.

3.3. Wie bereits in 3.1.1. angedeutet, stellen Luise und die Lady Milford in dieser einzigen Szene, wo beide zusammen auftreten, ebenbürtige Dialogpartner dar. Sowohl das bürgerliche Mädchen als auch die Lady sind ständigen Wechsel in ihrer Sprache ausgeliefert und damit Menschen, die ihrem Herzen nach handeln. Da das Wort Herz ja im Mittelpunkt der Sturm und Drang Dichtung steht, ist hier zu erwähnen, das beide zumindest in dieser Hinsicht typische Figuren des Sturm und Drang darstellen. Ein weiteres Merkmal, dass beide Frauen in ihrer Ausdrucksweise ebenbürtig sind, kann man aus dein in 3.2 erläuterten Stilmitteln folgern. Stilmittel deuten darauf hin, dass die Person gebildet ist, und weiß, wie sie Sprache geschickt einsetzt. Man kann jedoch davon ausgehen, dass die bürgerliche Luise nur wenig Bildung genossen hat, aber ihre Mängel aus diesem Gebiet durch andere

3.4. Eine Auffälligkeit in der ersten Szene stellen die vielfachen, oftmals rhetorischen Fragen(Fragen, auf die es keine Antwort gibt, bzw. diese schon feststeht) der Lady Milford dar. Diese werden zwar auch teilweise von Luise gebraucht, aber nicht in der Häufigkeit wie von der Lady. Sie treten insbesondere in der ersten Hälfte von IV/7 auf(Sind diese Finger zu niedlich zur Arbeit?(S.77/21)) und in dem Monolog der Lady, wo sie an Selbstzweifeln leidet, und sich fragt, ob sie so tief gesunken - so plötzlich von allen Thronen meines Stolzes herab gestürzt[ist]. (S.82/12ff)

3.5. Neben dem normalen Dialog zwischen Luise und der Lady Milford führt letztere besonders am Anfang leise gesprochene Monologe, die nicht für Luises Ohren bestimmt sind. Zumeist beinhalten diese Wahrheiten oder Gedanken über Luise oder den Major. So zum Beispiel als sie leise vor sich hin redet, dass Luise interessant ist, jedoch keine Schönheit darstellt(S.76/22) oder dass sie [Luise] diesen Trotzkopf von ihm hat. Sie zeigen, dass die Lady dem bürgerlichen Mädchen nicht alle ihre Gedanken preisgeben will, und dass diese vorerst nicht erfahren soll, dass sie von deren Beziehung zu Ferdinand weiß. Diese Monologe werden in IV/8 zu einer ganzen Szene erweitert, wobei hier niemand anderes mehr anwesend ist.

III.1. Das bürgerliche Trauerspiel ist eines der bedeutensten Produkte der literatur- geschichtlichen Umbruchzeit des 18. Jahrhunderts. Zu dieser Zeit besaß das Wort ,,bürgerlich" verschiedene Bedeutungen. Einmal in Bezug auf den Dritten Stand, was jedoch anfänglich in der neuen Gattung keine Rolle spielte, andererseits bürgerlich im Sinne von menschlich, häuslich und privat. Letzteres führte dazu, dass man den Begriff auch zu einem Privattrauerspiel umwandelte, das nicht von ständischen Problemen oder vom Klassenunterschied handelte, sondern vom häuslichen Leben und moralischen Verhalten. Somit bezieht sich die Gattung auch die Lebensweise. Das bürgerliche Trauerspiel ist die Form des Dramas, wo der Wegfall der Ständeklausel am deutlichsten wird. Während in der traditionellen, heroischen Tragödie adelige Helden oder Könige den Mensch repräsentiert, kommt bei der bürgerlichen Tragödie das mitmenschliche, Private in den Vordergrund. Die Empfindsamkeit stellt keinen Widerspruch zur rationalistischen, aufklärerischen Zeit, in dem das erste echte bürgerliche Trauerspiel entstand, dar. Diese Empfindsamkeit des Bürgertums liegt in der zerklüfteten, politischen Situation. So ist der Ständeunterschied anfangs kein Thema und Motiv; erst nach 1770, also zu Beginn des Sturm und Drang,ändert sich dies.

Begründer des ersten bürgerlichen Trauerspiels ist Gotthold Ephraim Lessing(1729 - 1781) mit seiner ,,Miss Sara Sampson"(1755). Es ist sein erstes und einziges empfindsames Trauerspiel, jedoch erfüllt es seine Bestimmungen (Wirkung auf das Gemüt, Erregung von Mitleid) mit Bravour, in dem es den tugendhaften Menschen im Unglück zeigt4. Mit ,,Emilia Galotti"(1772) schuf er die zweite Art des bürgerlichen Trauerspiels. Nämlich die, in der die Kluft zwischen den Ständen eine entscheidende Rolle spielt. Somit ist er in gewisser Weise Vorreiter für Friedrich Schiller. In Emilia Galotti sind zwei Problemkreise verschränkt; ein politischer - Die Obrigkeit im absolutistischen Staat - und ein sozialer - die Ständegesellschaft. So stellt dieses Werk die erste wirkliche Kritik am Absolutismus durch ein Drama dar, was jedoch deutlich abgeschwächt wurde, indem der Handlungsort in das höfische Italien verlegt wurde. Von der Besetzung der Figuren gleichen sich ,,Emilia Galotti" und ,,Kabale und Liebe" zwar(Emilia/Luise, Appiani/Ferdinand, Gräfin Orsina/Lady Milford und Marinelli/Wurm), jedoch hat Schiller die Handlung in ein deutsches Herzogtum verlegt, der Ständekonflikt ist wesentlich größer, und auch Sprache und Stil sind um einiges ausgereifter und feiner.

2. Bevor man entscheiden kann, ob bzw. inwiefern die beiden weiblichen Hauptfiguren Gegenspieler darstellen, ist es meiner Meinung nach sinnvoll, wenn nicht sogar notwendig Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen der Lady Milford und Luise zu finden.

2.1.Als erstes sollen die Gemeinsamkeiten der beiden Frauen betrachtet werden.

2.1.1.Aufallend ist die Bereitschaft zu tugendhaften Verhalten beiderseits. Bei Luise ist diese Aufopferung bedingt durch die bürgerlichen Werte, die zur Entstehungszeit des Dramas von großer Bedeutung waren und ist somit eigentlich selbstverständlich. Deutlich wird das insbesondere in der in B.II beschriebenen Szenen IV/7, wo Luise es sogar schafft, die Lady auf den Geschmack ihrer Lebensweise und ihres Verhaltens zu bringen. Bei letzterer kann anfänglich, sogar bis zum Wendepunkt in IV/7, nicht von tugendhaften Verhalten sprechen, was schon allein in ihrer Stellung als des Herzogs Geliebte, und der damit verbundenen Lebensweise begründete ist. Jedoch kommt sie im Gespräch mit Luise in IV/7 zu der Einsicht, dass das von Luise geschilderte Verhalten auch für sie annehmbar sei. Die daraus entstehenden Konsequenzen werden in dem darauffolgenden Monolog IV/8 beschrieben. So entsagt sie dem Herzog(S.82/30) und damit ihrem Lebensstandard und ,,wirft sich der Tugend in die Arme..."(S.82/34), und verlässt das Land in Armut, da sie all ihre Kostbarkeiten unter den Dienern aufteilt(IV/9).

2.1.2.Einen ausschlaggebenden Berührungspunkt zwischen Luise und der Lady gibt es in der Liebe zu Ferdinand. Beide lieben ihn, jedoch ist der große Unterschied zwischen den Beiden, dass die Liebe der Lady von ihm nicht erwidert wird. Diese spricht zwar in II/1 mit ihrer Kammerdienerin offen darüber (,,Befriedige diese! Gib mir den Mann, den ich jetzt bedenke - ...(S.28/17ff)) und gesteht Ferdinand in II/3 auch ihre Liebe, doch kann sie den Major nicht für sich gewinnen und will es letztendlich(siehe 2.1.3) auch gar nicht mehr. Die Liebe Luises zu Ferdinand ist zwar sehr innig, doch ahnt das Mädchen bereits zu Beginn des Dramas, dass diese Verbindung kein gutes Ende nehmen. Sie befürchtet, dass ,,man uns trennt"(S.15/4). Dieser Akt steht in Symmetrie zu IV/7 wo sie Ferdinand entsagt und beschließt mit ihrem Vater zu fliehen(V/1).

2.1.3.In dieser Entsagung ist die letzte Gemeinsamkeit zwischen den beiden weiblichen Charakteren zu finden. Luise erkennt durch eine rücksichtslose Drohung der Lady in IV/7, dass sie mit Ferdinand nicht glücklich werden kann. Die Drohung erkennt sie in sofern, als Milford sagt, dass ,,Seligkeit zerstören, [ist] auch Seligkeit"(S.84/1f)sei, wobei mit Seligkeit die Heirat zwischen Ferdinand und Luise gemeint ist. Durch die Aussagen Luises ,,Jetzt ist er ihnen! Jetzt, Mylady, nehmen sie ihn hin! Rennen sie in seine Arme! Reißen Sie ihn zum Altar - ..."(S.81/37ff) und durch ihre Selbstmorddrohung(S.81/40) will Luise Mitleid erwecken und die unglaublich große Liebe zu Ferdinand belegen. Die Lady jedoch fühlt sich durch diese Aussagen erniedrigt und will ebenfalls Stärke beweisen, und entsagt ihm auch(S.84/24), indem sie ewige Tugend schwört(vgl.III/2.1.1). Dass die Lady durch die Ausdrücke sehr bestürzt ist belegt die Aussage ,,Wie war das? Wie geschah mir? Was sprach die Unglückliche?"(S.82/6f) und dass sie auch in ihrem Stolz angegriffen fühlt, bezeugt die Textstelle ,,Bin ich so tief gesunken - [...] von allen Thronen meines Stolzes herabgestürzt, dass ich heißhungrig erwarte, was einer Bettlerin Großmut aus ihrem letzten Todeskampfe mir zuwerfen will?"(S.82/12ff).

Die plötzliche Entsagung durch Luise ist also dadurch bedingt, dass sie keine Zukunft im Diesseits sieht und sich von Ferdinand loslösen will, um somit noch mehr Problemen aus dem Weg zu gehen. Die Entsagung des Majors durch die Lady ist ausschließlich durch Luise bedingt, die in Hinsicht auf das Loslösen das Vorbild der Milford war.

2.2.Neben den Gemeinsamkeiten lassen sich auch zahlreiche Unterschiede zwischen den beiden weiblichen Hauptfiguren feststellen, die teilweise extremer gar nicht mehr sein können.

2.2.1.Als erste Differenz zwischen der Lady und Luise soll die Kindheit betrachtet werden. Man erfährt über Luises Kindheit sehr wenig, fast gar nichts. Dadurch kann man davon ausgehen, dass ihre Kindheit wie die eines Durchschnittsbürgers von statten ging. Damit sind der Aufwuchs in gesitteten und normalen Verhältnissen und das vorhanden sein von ausreichender finanzieller Absicherung gemeint. Auf diese ruhige, gesittete Kindheit ohne größere Unregelmäßigkeiten, lässt auch die innige Beziehung Luises zu ihren Eltern, insbesondere zu ihrem Vater, schließen. Mit ihm zu fliehen(=retardierendes Moment in V/1) stellt für sie zu diesem Zeitpunkt die Lösung all ihrer Probleme dar, und ist ihr somit wichtiger als Ferdinand die Wahrheit über den Brief zusagen.

Über die Kindheit der Lady Milford, die eigentlich die britische Fürstin Johanna von Norfolk ist, erfährt der Leser hingegen sehr viel, besonders in II/3, wo sie Ferdinand von ihren Schicksalsschlägen in jungen Jahren erzählt. Sie vertraut ihm, dass sie in Wirklichkeit ,,fürstlichen Geblüts - aus dem unglücklichen Thomas Norfolks Geschlechte, der für die schottische Maria(gemeint ist die schottische Königin Maria Stuart(geb. am 8.12.1542, hingerichtet am 8.2.1587), deren Schicksal Friedrich Schiller 1800 zu einem Drama nach euripidischen Muster verarbeitete5) ein Opfer war." sei, und dass ihr Vater durch die Engländer hingerichtet wurde. Sie selbst floh als 14jährige(S.35/3) ,,mit einer ihrer Wärterinnen"(S.35/4) nach Hamburg. Somit lässt sich erkennen, dass die Kindheit beider unterschiedlicher nicht sein hätten können. Vor allem die Lady ist von ihren Schicksalsschlägen stark geprägt, insbesondere dadurch, dass sie selbst eine stolze Fürstin ,,des freiesten Volkes" ist, und nun des Herzogs Mätresse.

2.2.2.Einen weiteren Unterschied kann man in der Lebensweise gefunden werden. Luises Lebensweise ist stark von ihrem bürgerlichen Stand geprägt. Somit ist sie ständig durch Standesgrenzen und den damit verbundenen Zwängen in ihrer Freiheit eingeschränkt, doch befreit sie sich teilweise auch daraus. Zum Beispiel durch die Liebe zu Ferdinand, die sie für kurze Zeit ihre untere Stellung in der Gesellschaft vergessen lässt. Jedoch stellt andererseits das Bürgertum auch die Quelle ihres Stolzes und ihrer Wertvorstellungen(im gesamten IV/7 erkennbar) dar, die sie zur einer gleichwertigen Persönlichkeit der Lady werden lässt(vgl. B.II/ 3.1). Materielle Werte wie Reichtum und teuren Schmuck bedeuten für das bürgerliche Mädchen nichts. Sie verlangt nichts, was ihre nicht allzu gut bezahlten Eltern ihr nicht geben können, sondern gibt sich mit dem zufrieden, was sie besitzt. Selbst als ihr die Lady Milford anbietet, dass ,,alles [die Brillanten] dein sei [wenn] du ihm entsagst"(S.81/18), zögert sie nicht, dieses Angebot abzulehnen, obwohl sie den Entschluss sich von Ferdinand loszulösen, bereits gefasst hat.

Die Lady hingegen lebt in unendlichen Luxus, der ihr zuteil wird, da sie die Geliebte des Herzogs ist. Der von einem Kammerdiener gesagte Satz ,,[Dieser] schicken Ihnen diese Brillanten zur Hochzeit"(S.29/12), zeugt von seiner Großzügigkeit. Jedoch wird in dieser Szene auch klar, wodurch der Fürst so viel Geld für Schmuck ausgeben kann, nämlich dass ,,[er] er 7000 Landeskinder in die neue Welt verkaufte", was der Lady bis jetzt verborgen geblieben ist. Dadurch, dass sie dem Kammerdiener befielt, die Diamanten zu Geld zu machen und unter den Armen zu verteilen(S.31) wird erstmals auf die Größe und Hilfsbereitschaft der Lady zu ihren leidenden Untertanen deutlich. Dies wird in II/3 (S.36/24ff) noch deutlicher, als sie Ferdinand auflistet, was sie alles für ihr Volk getan hat. Damit kann man sagen, dass die Lady, egal wieviel Reichtum sie besitzt, nicht den Bezug zur Realität wie viele andere verloren hat, sondern diesen und auch ihre gesellschaftliche Stellung, zum Wohle des Volks ausnützt.

2.2.3.In dieser gesellschaftlichen Stellung ist der wohl am auffälligsten Unterschied der weiblichen Zentralfiguren zu finden. Auf der einen Seite steht die bürgerliche Musikanten Tochter, auf der anderen eine geborenen Fürstin, was durch die Aussage ,,Ich bin fürstlichen Geblüts"(S.34/35) belegt wird, die zugleich Einfluß zum Herzog durch ihre Liebesbeziehung mit jenem hat. Stärker können sich zwei Charaktere in Bezug auf ihre Herkunft nicht unterscheiden. Auf die Gesellschaft bezogen ist Luise der Lady gegenüber minderwertig, was diese sie auch Anfangs von IV/7 spüren lässt; ,,Aha, Ist sie hier? Ohne Zweifel die Mamsell. [...] Recht! Recht! Ich entsinne mich - die arme Geigerstochter."(S.72/15f und 20). Luise weiß das, und akzeptiert das auch , jedoch begegnet sie ihrer Dialogpartnerin mit Gleichgültigkeit. ,,...gehört mir sowenig wie meine Herkunft"(S.77/24,25). Zur gesellschaftlichen Stellung der Lady ist hinzuzufügen, dass sie diese bis ins Möglichste (positiv) ausnützt. Dadurch dass sie Einfluß auf den Herzog besitzt ,,nahm [sie] einen fürstlichen Eid von ihm in einer Stunde der Leidenschaft(S.36/14f), [hat] Kerker gesprengt, Todesurteile zerrissen und manche entsetzliche Ewigkeit auf Galeeren verkürzt(S.36/31-33)". Daraus lässt sich erkennen, dass Milford um die Bürger sorgt, und dass ihr auch materielles letztendlich Gleichgültig ist.(IV/9, als sie all ihren Reichtum an die Diener verschenkt).

3.Der Begriff des Gegenspielers ist seit jeher ein beliebtes Mittel in der Literatur, dem sich auch Friedrich Schiller gern bediente. So stellen Karl Moor und Spiegelberg in den Räubern, Burleigh und Dudley in Maria Stuart Gegenspieler dar. Im folgenden soll nun erörtert werden, ob Luise Miller und Lady Milford Gegenspieler anhand des bürgerlichen Trauerspiels darstellen. Insbesondere sollen hierfür die in III/2 gefundenen Gemeinsamkeiten und Unterschiede verwendet werden. Einen Grund Luise und die Lady als Gegenspielerinnen zu nehmen ist sicherlich die Herkunft der beiden. Luise ist bürgerliche Musikers Tochter und stammt damit aus den untersten Teilen der Gesellschaft. Ihr ist es somit nicht mal, außer in seltensten Fällen, gestattet direkt mit dem jeweiligen Landesherren in Verbindung zu treten.

Anders hingegen Milford. Dadurch dass sie des Herzogs langjährige Geliebte ist, hat sie allen Einfluß auf den mächtigsten im Staat. Das nützt sie auch aus, jedoch nicht um ihren Untertanen zu schaden, sondern diesen zu helfen. Das wird insbesondere in der sogenannten Kammerdienerszene deutlich, wo die von 7000 verkauften Landeskindern nach Amerika die Rede ist. Dieser Verkauf hat wirklich stattgefunden, was ein Text des Schiller Freunds Schubart belegt. Dies ist einer der wichtigsten Gründe, warum deutsche Fürsten zu dieser Zeit extrem viel Geld für diverse Vergnügungen übrig hatten. Dadurch, dass die Lady ihre Macht zu guten Taten ,,mißbraucht" kann man aber zugleich das oben erwähnt Argument zunichte machen, da das ja von ihrer Größe und ihrem Mitgefühl gegenüber Unterprivilegierten zeugt. So hat sie auch für Luises aussichtslose Liebe Verständnis, auch wenn sie durch ihre Eifersucht manchmal das Gegenteil darstellt. An sich ist die Lady ein guter Mensch, was sicherlich auch in ihrer Kindheit zu suchen ist, die von schweren Schicksalsschlägen gezeichnet war. Erlebt ein junger Mensch soviel Leid durch königliche Willkürherrschaft wie hier in England, wo zu dieser Zeit, wie in ganz Europa, blutige Konfessionskriege geführt wurden, so prägt ihn das sein ganzes Leben und er versuchtähnliche Schicksale durch seine erlangte Stellung zu verhindern, wie es bei der Lady der Fall ist. Luise hingegen hat ein Kindheit genossen, die man sich nur wünschen kann. Jedoch erlebt sie jetzt mit sechzehn Jahren, wie brutal Menschen eigentlich sein können. Eine an sich harmlose Liebe zwischen zwei Menschen wird zum Staatsakt erhoben und dementsprechend behandelt. Durch die ganzen Intrigen ist das junge Mädchen am Ende so verwirrt, dass es keinen anderen Ausweg mehr sieht, als Selbstmord zu begehen. Zwar schafft es der Vater dies zu verhindern, doch hat Luise in dieser kurzen Zeit alles verloren, was ihr lieb war. Letztendlich ist die durch den Präsidenten eingefädelte Intrige schuld an ihrem Tod in jungen Jahren, den sie durch Vergiftung ihres Geliebten hinnehmen musste. So haben die Lady und Luise zwar unterschiedliche Schicksale erlitten, doch sind beide entscheidend für ihr Leben. Dies ist ein Grund für mich, die beiden nicht als Gegenspielerinnen anzusehen. Ein weiterer gegen, die These des Gegenspielers agierende Grund ist für mich, dass beide dem Major entsagen. Obwohl Luise, als auch die Lady von ihm in starker Weise angetan sind, haben beide die Stärke auf ihn zu verzichten. Luise tut dies, da sie festgestellt hat, dass sie mit ihm, zumindest auf Erden, nicht glücklich werden kann.

Damit überläßt sie ihn der Lady freiwillig, bietet ihr sogar an, ihn zu heiraten, doch warnt sie sie gleichzeitig, dass sie Selbstmord begehen wird, und dass die Lady daran eine gewisse Schuld trägt. Die Lady will dem bürgerlichen Mädchen aber nicht nachstehen, vor allem aber nicht das annehmen, ,,was einer Bettlerin Großmut aus ihrem letzten Todeskampf zuwerfen wird". Der einzige Grund, den ich sehe, die beiden Frauen als Gegenspieler aufzufassen liegt darin, dass beide Ferdinand lieben. Obwohl Ferdinand der Lady in II/3 geschildert hat, dass er eine andere, nämlich Luise liebt, will diese nicht auf ihn verzichten, sondern ihn in gewisser Weise zwingen sie zu lieben, da sie sonst zum Gespött des Hofes wird. Nachdem das nichts genützt hat, hat sie wohl ihre Hoffnungen aufgeben, will aber die Glückliche sehen, die Ferdinand bekommt. Dieser sieht sie nicht ganz zu Unrecht als ,,das große Hindernis ihrer Liebe", gleichwohl sie anders als Luise es meint, nicht an der entscheidenden Intrige beteiligt war. Abschließend stellen die beiden Figuren für mich keine Gegenspielerinnen dar, da sie sich in vielen entscheidenden Punkten viel zuähnlich sind. Beide hören auf die Sprache ihres Herzens, lieben den selben Menschen, entsagen ihm und beginnen ein neues Leben, was für Luise der sogenannt ,,dritte Ort" ist, an den sie durch die Auswirkungen der hinterhältigen Intrige gebracht wird. Die Lady verlässt das Land und den Herzog um ein ihr völlig neues Leben zu beginnen und letztendlich endet das Drama zwar tragisch, doch siegt, wie schon bei den Räubern, die Gerechtigkeit, in dem sich der Präsident selbst dem Gericht stellt.

C. Neben Friedrich Schiller war der in Frankfurt geborene Johann Wolfgang von Goethe (28.8.1749 - 22.3.1832 in Weimar) der Hauptvertreter des Sturm und Drang, was sich in seiner Hymne ,,Prometheus", dem Drama ,,Götz von Berlichingen" und der in Briefform geschriebenen Novelle ,,Die Leiden des jungen Werther" deutlich wird. Nach dieser kurzen, auch Geniezeit genannten Literaturepoche, entwickelte sich die sogenannte Weimarer Klassik, die beide Dichter entscheidend prägten. Anfang dieser Zeit, also nach Goethes Rückkehr aus Italien, entwickelte sich eine tiefe Freundschaft zwischen beiden, deren Anfang bis heute nicht ganz geklärt ist. Sicher ist, dass der wirkliche Beginn in den Sommer 1794 fällt. Von da an entstand ein reger Briefwechsel zwischen dem in Weimar lebenden Goethe und Schiller, der bis 1799 in Jena arbeitete. Dieser Briefkontakt stellt eine außergewöhnliche Arbeitsgemeinschaft dar, die bis heute in ihrer Brillanz nicht übertroffen worden ist. So kritisierten sie sich gegenseitig, regten sich zu neuen Ideen an und schrieben über ihr vorankommen an Arbeiten. Nachdem Friedrich Schiller nach Weimar gezogen war, begannen sie auch gemeinsam Werke zu schreiben, so zum Beispiel die ,,Xenien". Insgesamt dauerte diese Freundschaft 10 Jahre bis 1805 zu Schillers Tod. Goethe war darüber sehr betroffen und sagte ,,er habe die Hälfte seines Daseins verloren" und schrieb den ,,Epilog zu Schillers Glocke", zu der von ihm selbst veranstalteten Schillergedenkfeier am 10.August 1805 in Lauchstädt, die er zehn Jahre später wiederholte. Dies lässt erkennen, wie eng und innig die Freundschaft zwischen beiden gewesen sein muss.6

LITERATURVERZEICHNIS

Primärliteratur:

Hoffmann Friedrich und Rösch Herbert, Grundlagen, Stile, Gestalten der deutschen Literatur, Hirschgraben -

Verlag

Krywalski Diether, Ein literaturgeschichtliches Arbeitsbuch, Schrödel - Verlag Schiller Friedrich, Kabale und Liebe, Reclam - Verlag

Sekundärliteratur:

Hermann Hans-Peter und Martina, Grundlagen und Gedanken zum Verständnis des Dramas Kabale und Liebe, Diesterweg - Verlag Internet, http://rueckert-gym.de/schiller/freunde

Karthaus Ulrich, Sturm und Drang und Empfindsamkeit, Stuttgart 1976 Kopfermann Thomas, Bürgerliches Selbstverständnis, Ernst Klett - Verlag

Ludwig Martin H., Königs Erläuterungen und Materialien Kabale und Liebe, C. Bange

Verlag

Marzkowski Bernd, Wie interpretiere ich ein Drama?, C. Bange - Verlag

Müller Hans Georg, Klett Lektürehilfe Kabale und Liebe, Ernst Klett - Verlag Schiller Friedrich, Die Räuber; ein Schauspiel , Reclam - Verlag Schiller Friedrich, Maria Stuart, Reclam - Verlag

Von Wiese Benno, Das Deutsch Drama; vom Barock bis zur klassisch-romantischen Zeit,

August Bagel Verlag

[...]


1 Kopfermann, Thomas; Bürgerliches Selbstverständnis; Klett Verlag

2 Ludwig Martin H., Königserläuterungen und Materialien Kabale und Liebe, C. Bange - Verlag

3 von Wiese Benno, Das deutsche Drama vom Barock bis zur klassisch-romantischen Zeit, August Bagelerlag

4 Karthaus Ulrich, Sturm und Drang und Empfindsamkeit, Stuttgart 1976

5 Schiller Friedrich, Maria Stuart, Reclam - Verlag

6 Internet: http://rueckert-gym.de/schiller/freunde

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Schiller, Friedrich - Kabale und Liebe
Note
2
Autor
Jahr
2000
Seiten
18
Katalognummer
V98037
ISBN (eBook)
9783638964883
Dateigröße
443 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Schiller, Friedrich, Kabale, Liebe
Arbeit zitieren
Alex Schmidt (Autor:in), 2000, Schiller, Friedrich - Kabale und Liebe, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/98037

Kommentare

  • Gast am 22.1.2003

    Kabale und Liebe.

    Die Seite werde ich weiter sagen.

  • Gast am 26.9.2002

    Respekt.

    Respekt

  • Gast am 16.10.2001

    WOW.

    MANNMANNMANN
    ich dank dir voll das du des ins internet gestellt hast! du hast mich in deutsch gerettet!!! dank dieses aufsatzes hab ich in deutsch eine 3bekommen ich dabnke dir und kann nicht verstehen warum dein lehrer dir nur ne 2 gegeben hat! ich hab 15NP (1+) bekommen! DANKEDANKEDANKE kannst dich ja mal mit mir kontaktieren! noch na frege! : hat man so lange weile das man sonen langen aufsatz schreibt? kannich persönlich ned verstehn! ;o) naja egal nochmals dankedankedanke!!
    SUPERNOVA

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Titel: Schiller, Friedrich - Kabale und Liebe



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