Werner, Markus - Zündels Abgang


Referat / Aufsatz (Schule), 2000

7 Seiten, Note: 2+


Leseprobe


Autorin: Sabrina Amann

,,Zündels Abgang" von Markus Werner

1. Zum Autor:

Markus Werner wurde am 27. Dezember 1944 in Eschlikon, Kanton Thurgau geboren.

Mit vier Jahren zog er mit seiner Familie in den Kanton Schaffhausen, dort besuchte er die Schule.

1965, mit 21 Jahren machte er die Matura.

Er studierte Germanistik, Philosophie und Psychologie und schloss mit der Promotion ( Verleihung der Doktorwürde) zum Dr. phil. die akademische Ausbildung ab.

von 1975-1990 war er Lehrer an der Kantonschule von Schaffhausen.

seit 1990 ist er freier Autor und Mitglied der ,,Schweizer Autorinnen und Autoren Gruppe".

Der Schriftsteller, der spät zum Schreiben fand, hat bis 1992 vier Romane vorgelegt.

In einer schweizer Zeitung schildert er Folgendes auf die Frage -wann, in welcher Situation und weshalb er zu schreiben began- ,,Es ist nicht so einfach. Ich weiß nur noch, dass ich im Jahr 79 zu schreiben begonnen habe und dass ich seither- sehr unregelmässig und mit vielen Unterbrüchen- schreibe."

Für seine Werke wurden ihm bestimmte Preise, wie zum Beispiel

Preis der Jürgen-Ponto-Stiftung (1984)

Preis der schweizer Schillerstiftung (1984)

Georg-Fischer-Preis der Stadt Schaffhausen (1986)

Literaturpreis der Kantonsschule Romanshorn (1989) und den Alemanischen Literaturpreis (1990) eingebracht, sowie das einhellige Lob der deutschsprachigen Fachkritik.

Werner selbst spricht nicht gerne über sich und möchte sich lieber über seine Bücher als über seine Person unterhalten. Er ist eher scheu und wünscht, in Ruhe gelassen zu werden. Sich selber bezeichnet er als ,,medienuntauglich". Seinem Bedürfnis nach Zurückgezogenheit entspricht die Umgebung, in der er schreibt und lebt: ein altes Bauernhaus mit angebautem Stall.

Werner ist ein intellektueller Schwerarbeiter, der nur ,,stockend schreibt", was seinem leicht lesbaren Buch an keiner Stelle anzumerken ist.

Die Haltung zu seinem Heimatort ist nicht gerade positiv, er meint:

,,Ich bin gern irgendwo zuhause, ich bin auch gern hier zuhause. Ein paar vertraute Menschen und eine Landschaft, die mir lieb ist, erleichtern mir das Hiersein. Mehr kann ich eigentlich nicht dazu sagen. Die Schweiz hingegen - als Nation, als Summe aller Schweizer, als Mentalität - ist mir zwar nicht gleichgültig, aber unbegreiflich. Vielleicht wohne ich in der Schweiz, weil ich mich im Ausland pausenlos schämen müsste, ein Schweizer zu sein.

Folglich dieser Aussage wurde Werner gefragt ob er trotzdem auf irgendetwas hoffe, oder ob ihm irgenetwas Hoffnung mache.

,, Hoffnung ist für mich kein Dauerzustand, so wenig wie Resignation. In hellen Augenblicken hoffe ich. Aber es fällt mir schwer, die Inhalte dieser Hoffnung zu benennen. Ich sage jetzt trotzdem:

In guten Stunden hoffe ich auf Brüderlichkeit, auf Vernunft und menschliche Wärme.

in guten Stunden hoffe ich auch, dass möglichst viele Menschen immer deutlicher spüren, dass ein paar wenige sie auf jede erdenkliche Weise verdummen, blenden, kaufen, beherrschen und aufhetzen wollen. - In trüben Stunden aber sehe ich nur noch Härte, Geldgier, BLICK-Blätter, Uniformen, Aktenköfferchen, Marschflugkörper und Krawatten. Dann knicke ich ein und verliere alle Hoffnung.

Werner interessiert es nicht, wer seine Bücher liest, er versucht, während des Schreibens, die Leser zu vergessen, weil der Gedanke an sie ihn stört und hemmt.

Werner wünscht sich, dass sein Leser in irgendeiner Weise irritiert, beunruhigt und verunsichert wird. Er soll stutzen über das Buch, und er soll es unbefriedigt und also nachdenklich zuklappen.

Eine kurze Inhaltsangabe zum Roman ,, Zündels Abgang":

Vorangestellt ist dem Roman ein Satz von Robert Walser:

,,Zum Warmwerden lag allem Anschein nach keine Ursache vor."

Man merkt zwar gleich, woran dieser Zündel leidet. Die Welt der Dickhäuter und Unverfrorenen macht ihm zu schaffen. Zum Auftakt wird ein Kind , das seine Mutter in einem Warenhaus verloren hat und glücklich wiederfindet, zum Empfang einmal rechts und links durchgewalkt.

Zündel, von Beruf Lehrer, verliert vor der Überfahrt von Italien nach dem Ferienziel Griechenland einen Zahn und verläßt sofort das Schiff: ,, Mit einer Zahnlücke reise ich nicht." Also geht es zurück in den Ehe-Alltag, der mit seinen Tücken, Beschuldigen, Eifersüchteleien und ,,Emanzipationsversuchen" in aller Vehemenz ausbricht. Frau Magda teilt ihm ihre Abreise zu einem Ehe-Erholungsurlaub mit und erhebt im Abschiedsbrief noch heftige Vorwürfe:gegen seine Vorwürfe. Falsch ausgedrückte Zahnpastatuben und falsch eingereihte Schallplatten neben vielem anderen bieten sich zur Abrechnung an.

Abermals erfolgt ein Aufbruch nach Italien. Zündel irrt in der herabgekommenen Altstadt Genuas umher, bewältigt niederschmetternde Abenteuer mit Halbgangstern und Prostituierten und verkommt in seiner durch nichts zu lockernden Frustration immer mehr. Bei allem Nachdenken über Leben und Liebe wird ihm alles so kompliziert, dass er psychisch das Handtuch wirft!

Nach einem vergeblichen Versuch, sich einen Revolver zu besorgen, um sich damit zu erschießen, bleibt ihm nur ein anderer ,,Abgang" aus der Realität: die Verrücktheit. Er reist nachhause.

Eine entsetzte, zu allseitiger Tröstung und Streichelei bereite Frau kann da nichts mehr retten. Mit einer Glatze tritt Zündel den provozierten Gang ins Abseits an. Mit irrem Blick, barocken Vanitas-Zitaten und rebellischen Widerstandsaufrufen bricht er in der Schule vor der versammelten Klasse zusammen.

Er kommt in die Psychiatrie, dort flieht er in ein Landhaus eines Freundes. Dann geht er ab!

Seine Frau erhält nach einiger Zeit ein Paket, das Aufzeichnungen Zündels enthält, es ist die einzige Spur von ihm; er selbst bleibt verschollen.

Analyse und Interpretation:

Das Debüt vom Schweizer Markus Werner reiht sich bruchlos in die ,,No future" -Literatur ein und ist doch eine außerordentliche, bisweilen hinreißende Variante: so gallig und kauzig wie ,,Zündels Abgang" hat noch kaum einer seine widerspruchsvolle Malaise samt dem sich daraus ergebenden Aufbruch ins Nirgendwo beschrieben. So tritt beim Leser der Zustand ein, dass er sich am Leiden dieses Zündel herzlich amüsiert und die Schmerzenstiraden mit gurrendem Gelächter quittiert. Ein bitterernster Bericht, aber komisch von der ersten bis zur letzten Seite.

Werners Literatur handelt vom Banalen (Alltäglichen), von den täglichen Widrigkeiten, vom ganz normalen Wahnsinn unserer Welt und vom Wahnsinn derer, die nicht mit Dickfelligkeit oder Zynismus begabt sind. Werners Protagonisten haben allesamt eine dünne Haut, eine empfindliche Psychosomatik, einen Blick, der unter die glatte Oberfläche der Realität dringt.

Es zeigen sich Rezensenten angetan von der eigentümlichen Lakonik und Komik der WernerProsa, die den Leser in der Schwebe zu halten verstehe, wie ernst oder unernst die Provokation gemeint sei.

Auf den 116 Seiten entpuppt sich Zündel als ausserordentlich problembeladene Figur. In erster Linie ist dieser Zündel hochgradig beziehgungsgestört: Er kann das emanzipatorische Verhalten seiner Frau nicht bewältigen, er wird mit der spontanen Zuwendung einer Zufallsbekanntschaft nicht fertig. Im Grunde genommen wird Zündel mit überhaupt nichts in dieser Welt fertig.

Zündel ist eine Figur, die sich sozusagen stellvertretend für den Leser verweigert, eine Figur, die nicht mehr mitmacht und die abgeht. Und weil Zündel das tut, wovon viele Leser insgeheim träumen, bekommt er einen hohen Identifikationswert.

,,Zündels Abgang" wurde von den etablierten Kritikern als gelungener Aussteigerroman gepriesen.

Werner findet dies jedoch als keine zutreffende Beurteilung. Er sagt sein Buch sei ein Pamphlet (Streit-, Schmähschrift) gegen die breitschultrige Wirklichkeit. Auch den von Feministinnen erhobenen Vorwurf, sein Buch sei ,,frauenfeindlich", weist er energisch zurück:" Wir Männer sind doch genauso unterdrückt wie die Frauen," meint er dazu.

Auch seine eigenen Erfahrungen sind in diesem Buch enthalten. Doch ohne innere Distanz zu den Ereignissen könne er nicht schreiben. Erst durch diese Distanz wurde es ihm möglich, ein literarisches Werk zu erarbeiten. Die Geschichte sei von A bis Z konstruiert.

2. Die im Text dargestellte Welt:

Ort/ Raum:

Zu Beginn befindet sich Zündel in Italien, er fährt nochmals nachhause, und dann von zuhause nach Genua ( Hauptschauplatz), nach vielen Geschehnissen landet er schlussendlich in der Psychiatrie, von der er in ein Landhaus eines Freundes flieht.

Zeit:

Die Handlung erstreckt sich im Zeitraum von ca. 6 Wochen. Die Dauer des Lesens des Textes beträgt ca. 2-3 Stunden.

Der Text wird hauptsächlich rückblickend von einem Freund Zündels, dem Pfarrer Viktor Busch erzählt, mit Einschüben des Erzählers.

Der Pfarrer erzählt die Geschichte Zündels anhand von Aufzeichnungen und mündlichen Berichten Zündels, aber auch aus eigenen Erfahrungen, da ja Zündel sein Freund war. Im ganzen Text treten keine Zeitsprünge auf.

Figuren/ Figurenkonstellation:

Es treten Konrad Zündel, seine Frau Magda, einösterreicher den er im Urlaub kennenlernt, und eine Frauenbekannschaft, sowie der Pfarrer selbst, der die Geschichte erzählt, im Text auf.

Konrad Zündel Konrad Zündel ist ein sensibler, dünnhäutiger Mann der eine schleichende Infektion das Existenzzernagende des Lebensalltags in sich spürt. Er kommt mit den kleinen, dreisteren Alltags-Attacken nicht klar. Er fühlt sich vom Alltag in eine zerrüttende Depression getrieben. Gerade die kleinen Falschheiten, Brutalitäten und Unglücke des profanen Lebens setzen ihm zu. Er klagt über die verlogene Sprache gewisser Zeitungen, ist entsetzt über Mütter, die ihre Kinder schlagen, und das arrogante Verhalten von Schweizer Spießbürgern im Ausland. Er philosophiert über die Verklemmungen der vernunft- und reflexionsfixierten Mitteleuropäer, dieöde vieler Gespräche in Lehrerzimmern.

Die Liebe bezeichnet Konrad als tropische Insel im Eismeer, erlebt sie dann aber nur negativ und ,,als ein Gemisch aus Einsamkeitsangst, Geschlechtstrieb und Ewigkeitsbedürfnissen".

Magda ( seine Frau), die eigentlich sonst sehr glücklich in ihrer Ehe ist, erklärt Konrad dass sie einen Eheerholungsurlaub bei einer Freundin macht. Sie schreibt in einem Brief an Konrad, was sie alles stört an ihm, wie z.B. eine nicht richtig ausgedrückte Zahnpastatube, Als Konrad am Ende des Textes wieder nachhause kommt, erwartet sie ihn sehnsüchtig und will ihn wieder gesund pflegen, doch ist es schon zu spät.

Realitätsbezug:

Im Wesentlichen stellt der Autor die Wirklichkeit dar. Ein Mann der mit dem Leben und den täglichen Lastern nicht mehr klarkommt. Für viele Menschen ist die Gesellschaft unerträglich, sie können in dieser Welt nicht leben.

Auch ein Zündel reagiert auf ,,seine Wirklichkeit" letztlich nach durchaus gängigen Regeln der Verweigerung: Alkohol, geografische und zuletzt mentale Flucht. Werner will bestimmt auch Kritik an der bestehenden Realität darstellen. Er zeigt die Welt, die aus Betrügnis, Falschheit, Untreue und Gemeinheit besteht.

3. Darstellungsweise:

Sprache:

Werner benützt die Hochsprache.

Im Satzbau verwendet Werner einfache kurze Sätze, in knapper, lakonischer Sprache, die leicht verständlich sind. Das Buch ist spannend und erheiternd zugleich. Humor und Komik fehlen nicht.

Werner läßt die Geschichte vom Pfarrer in der Mitvergangenheit erzählen, bis auf die Eintragungen Zündels, die in der Gegenwart geschrieben sind.

Aufbau:

Der Text ist in 24 Kapitel geteilt.

Das 1. Kapitel spielt sich am Bahnhof ab, dort verliert er einen Zahn und er findet einen abgeschnittenen Finger auf der Eisenbahntoilette.

Das 2. Kapitel ist ein Einschub der Pfarrers Viktor Busch.

Bis zum 9. Kapitel spielt sich alles in Zündels Zuhause ab. Vom 9. bis zum 21. Kapitel befindet sich Zündel in Genua und in Kapitel 23 liegt er bereits im Krankenhaus. In Kapitel 24 wohnt er noch einige Tage im Landhaus.

Im ganzen Text gibt es eigentlich nicht viele Erzählhöhepunkte, der Schluss könnte einer sein. Es gibt keine Nebenhandlungen, es wird nur Zündels Ablauf geschildert.

Erzählperspektive:

Es ist in der Er-Erzählform geschrieben, nach Berichten und Notizen wird rekonstruiert.

Die Haltung des Erzählers Viktor Busch gegenüber Konrads Leben ist die gleiche wie seine eigene, nämlich eine fatal (=unangenehm, peinlich) kommentierende.

4. Fragen zum Kontext ( kulturhistorischer Hintergrund):

Das Werk ist 1984 entstanden. Man sprach von einem ,,ausserordentlichen literarischen Debüt".

Weitere Werke Werners sind:

,,Froschnacht", ,, Die kalte Schulter", ,,Bis bald", und ,, Festland" Das Werk ,,Zündels Abgang" ist typisch für Werner. Die Geschichte des einsamen Aussteigers Zündel überzeugte in ihrer streng und effekvoll kalkulierten Prosa und ließ sich nach Kritikermeinung trotz der grotesken Komik und des galligen Humors als höchst unterhaltsames Buch lesen.

Alle seine Werke stehen größtenteils in Zusammenhang mit Liebe, Tod und Schuld. Nach Christoph Neidharts Meinung sind seine Werke:

,,Predigten in Gleichnissen wider die Unmenschlichkeit des reglementierten Lebens, besonders aber wider diesen Fortschritt, der uns allen davonrennt."

Ende der Leseprobe aus 7 Seiten

Details

Titel
Werner, Markus - Zündels Abgang
Note
2+
Autor
Jahr
2000
Seiten
7
Katalognummer
V98034
ISBN (eBook)
9783638964852
Dateigröße
413 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Werner, Markus, Zündels, Abgang
Arbeit zitieren
Sabrina Amann (Autor:in), 2000, Werner, Markus - Zündels Abgang, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/98034

Kommentare

  • Gast am 13.11.2001

    Zündels Abgang??.

    Ich finde erst müsste man euch danken,dass ihr Hausaufgaben bzw. Referate hier auf eure Seite auflistet.Zweitens müsste man sich an Frau Amann bedanken,denn durch sie habe ich jetzt die Gelegenheit die Deutsch Klausur gut zu überwinden.Ich finde ihre Arbeit durch aus für hilf reich,denn die Punkte z.B. Figurenkonstellation u.s.w.,werden wir in Deutsch besprechen.Sehr Vorbildlich.Nochmals danke an euch zwei.

Blick ins Buch
Titel: Werner, Markus - Zündels Abgang



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