Implikaturen - Entstehung und Typen einer Implikatur


Hausarbeit (Hauptseminar), 1999

19 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Das Kooperationsprinzip nach Grice und die Konversationsmaximen
2.1. Der Schlußprozeß
2.2. Implikatur durch Verletzung der Maximen
2.3. Implikatur durch Befolgung der Maximen

3. Ersetzen oder Umstellen der Maximen
3.1. Die Modalitätsmaxime und ihre Sonderstellung
3.2. Eine fünfte Maxime?

4. konversationell oder konventionell
4.1. Typen der konversationellen Implikatur
4.2. konventionelle Implikatur

5. & oder UND

6. Schluß

1. Einleitung

Oft verstehen wir bei einem Sprechakt etwas anderes, als wirklich gesagt wurde. Wir implizieren eine weitere Bedeutung neben der rein semantischen in das Gesagte. Zum Beispiel bei Witzen ist das oft der Fall:

Ein Mann reibt an einer Flasche und ein Dschinnie erscheint und sagt ihm, daß er einen Wunsch frei hätte. Darauf sagt der Mann: „Ich wünsche mit eine Autobahn von hier nach Hawaii.“ „Das ist zu schwierig,“ sagt der Dschinnie. Darauf sagt der Mann:“ Dann erkläre mir die Frauen.“ Der Dschinnie erwidert: „Zwei- oder dreispurige Autobahn?“

Der Hörer versteht jetzt wahrscheinlich, daß Die Erklärung der Frauen weitaus schwieriger sein muß, als eine Autobahn zu bauen. Aber wieso versteht er das? Denn genau das hat der Dschinnie nicht explizit behauptet. Würde er nur von dem Gesagten ausgehen, wäre der Witz nicht komisch. Also impliziert er eine andere Bedeutung, um den witzigen Gehalt des Sprechaktes zu erkennen.

In der Pragmatik sagt man allerdings nicht implizieren oder Implikation, sondern man spricht von implikatieren oder der Implikatur. Die pragmatische Implikatur ist hier von der semantischen Implikation, die die einfache logische Schlußfolgerung aufgrund der rein wörtlichen Bedeutung von etwas gesagtem darstellt, abzugrenzen.

Der Hörer implikatiert also einen propositionalen Gehalt. Wie kann er das so einfach machen? In dieser Arbeit versuche ich den Vorgang einer Implikatur deutlich zu machen. Es werden die verschiedenen Typen der Implikatur erläutert, und erklärt, wie eine Implikatur entstehen kann. Als Literatur hierzu wird hauptsächlich P. Grice und J. Meibauer, sowie ferner Davis, Levinson und Authenrieth hinzugezogen.

2. Das Kooperationsprinzip nach Grice und die Konversationsmaximen

Der amerikanische Sprachphilosoph Paul Grice (* 1913 - + 1988) erstellte 1989 in dem Kapitel „Logic and Conversation“ aus seinem Buch „Studies in the Way of Words“[1] das Kooperationsprinzip. Hier geht er davon aus, das der Sprecher kooperativ gegenüber dem Hörer bei einem Sprechakt sein soll. Das heißt, man sollte eigentlich davon ausgehen können, daß der Sprecher etwas mitteilen will, er möchte also verstanden werden und muß sich deshalb auch dementsprechend verhalten. Grice drückte das folgendermaßen aus:

„make your conversational contribution such as required, at the stage at which it occurs, by the accepted purpose or direction of the talk exchange in which you are engaged.“[2]

Du sollst also deinen Beitrag zum Sprechakt so machen, wie es dessen Zweck erfordert. Dieses Prinzip wird in den Maximen der Konversation, wie sie Grice nennt näher erklärt.

Die erste Maxime bezieht sich auf die Quantität des Gesagten, es handelt sich also um die

1. Quantitätsmaxime

a) make your contribution as informative as is required.
b) Do not make your contribution more informative than is required.[3]

d. h. man soll nur so viel sagen, wie es der Zweck erfordert, aber auch genug, um diesen Zweck erkennbar zu machen.

Die nächste Grice´sche Maxime beruft sich auf dem Wahrheitsgehalt des Sprechaktes, es ist die

2. Qualitätsmaxime

Try to make your contribution one that is true.

a) do not say what you believe to be false.
b) Do not say that for which you lack adequate evidence.[4]

Man sollte also nach Grice nichts sagen, das man auch nicht begründen kann, oder von dem man glaubt, daß es falsch ist.

Diese Maxime klingt natürlich sehr moralisch. So ist sie aber nicht gemeint. Es soll nicht ein Gebot sein wie „Du sollst nicht lügen“, sondern bezieht sich nur auf den sprachlichen Zweck. Wir gehen hier natürlich davon aus, daß der Sprecher den Hörer nicht anlügen will. Er soll ja schließlich kooperativ sein, sich also verständlich machen können.

Bei dieser Maxime setzt Grice auf Bezug des Gesagten, er stellt also die

3. Relevanzmaxime auf.

Be relevant.[5]

Kurz und bündig: man soll also immer einen Bezugspunkt haben, und nicht einfach sinnloses Wirrwarr reden.

Die letzte der Maximen hat mit der Art und Weise zu tun, wie ich nun meinen Sprechakt ausrichten möchte, es ist die

4. Modalitätsmaxime

Be perspicuous.

a) avoid obscurity of expression.
b) Avoid ambiguity.
c) Be brief.
d) Be orderly.[6]

Hier soll der Sprecher unklare Ausdrucksweisen vermeiden. Er soll sich kurz fassen und die richtige Reihenfolge benutzen. Auf diese Maxime werde ich in einem späteren Punkt noch einmal zurückkommen.

2.1. Schlußprozeß

Um nun auf eine Implikatur schließen lassen zu können, muß der Sprecher diese Maximen befolgen, oder, was meistens häufiger vorkommt, er muß sie brechen. Hat er das nun getan, ist es an dem Hörer dieses auch zu begreifen. Dafür braucht er einen Schlußprozeß. Dieser baut sich wie folgt auf:

1. wenn eine Verletzung, bzw. eine Befolgung der Maximen vorliegt, muß sich der Hörer fragen: wieso hat der Sprecher jetzt gerade diesen Wortlaut benutzt? Was möchte er mir damit sagen? Dieses Hinterfragen entsteht natürlich wesentlich leichter durch die Verletzung der Maximen. Man wird schneller darauf aufmerksam, daß etwas nicht stimmt, daß der Sprecher scheinbar etwas falsch gemacht hat. Wenn ich vom kooperativen Sprecher ausgehe, dann muß ich ja sowieso annehmen, er hat die Maximen befolgt, demzufolge fällt es eher auf, wenn er sie verletzt.

2. Der Hörer weiß also, daß der Sprecher etwas damit erreichen will. Nun braucht der Hörer ein gewisses Kontextwissen, das der Sprecher auch besitzt um zu begreifen, was der Sprecher eventuell implikatieren wollte. Worauf sich der Sprecher also bezieht. Dann kann er auch darauf schließen, was die Implikatur sein sollte.

3. Als dritter Schritt setzt man voraus, daß der Sprecher möchte, daß ich die Implikatur erkenne, er denkt also, daß ich das auch schaffen kann.

Den letzten Schritt ist, denke ich, nicht unbedingt nötig, um den Schlußprozeß zu erklären. Eigentlich ist das vorauszusetzen. Wenn der Sprecher nicht wollte, daß ich die Implikatur erkenne, oder er es nicht für möglich hält, daß ich das auch erreiche, hätte er überhaupt nicht mit mir reden sollen. Wir gehen schließlich vom kooperativen Gesprächspartner aus, demnach ist es klar, daß er will, daß ich die Implikatur herausdeuten kann. Wenn er annehmen müßte, ich könnte das nicht, müßte er es gleich anders formulieren. Ob ich letztendlich auch wirklich dazu fähig bin, weiß der Sprecher nicht, aber er muß es zumindest glauben, sonst wäre sein Handeln unsinnig im Sinne des logischen, kooperativen Sprechaktes. Davis kritisiert diesbezüglich Grice und seine Theorien aus „logic and conversation“. Davis hält diesem Schlußprozeß, wie ihn Grice aufführt, in dieser Weise überhaupt nicht wirklich für durchführbar, wie die Implikatur beim Hörer letztendlich ausgelöst würde, wäre für ihn noch unklar.[7] Grice hat diese Maximen, das Kooperationsprinzip und natürlich auch den Schlußprozeß aber als Theorie aufgestellt. Er fordert keinen absoluten Wahrheitsanspruch seiner Ideen. Auch ich muß aber Davis insofern zustimmen, daß ich finde, der Schlußprozeß sei etwas zu theoretisch. Auf diese Wiese wird wohl kein Mensch einen Schlußprozeß während eines Gespräches führen, auf jeden Fall nicht bewußt.

Nun möchte ich Beispiele anführen, wie eine Implikatur entstehen kann, einmal durch Verletzung, einmal durch Befolgung. Am ersten Beispiel werde ich auch noch einmal den Vorgang des Schlußprozesses erklären.

2.2. Implikatur durch Verletzung der Maximen

1. Maxime

A.: Wann ist denn genau der Abgabetermin für die Hausarbeit ?
B.: Der muß jetzt irgendwann sein.

Offensichtlich sagt B hier nicht genug, um A eine befriedigende Antwort zu geben. Er verletzt also den Grundsatz der Quantität. Er ist nicht so informativ wie nötig. Nach dem Schlußprozeß müßte A jetzt erst feststellen, daß eine Maxime verletzt worden ist. Dann muß er sich fragen, warum? Was möchte B damit erreichen? Vielleicht weiß er gar nicht mehr, und möchte die Maxime der Qualität nicht verletzen. A muß also wissen, daß es möglich ist, daß B die Information gar nicht geben kann. Es muß ein Vorwissen dasein. Und natürlich geht A jetzt davon aus, daß B möchte, daß er das auch erkennt. So hat er auf eine Implikatur geschlossen.

[...]


[1] Vgl. Grice, P.: Logic and conversation. In: Grice, P.: Studies in the Way of Words. Cambridge. 1989.

[2] Ebd.: S. 26.

[3] Ebd. : S. 26.

[4] Ebd.: S. 27.

[5] Ebd.: S. 27.

[6] Ebd.: S. 27.

[7] Vgl. Davis, W.A.: Implicature. Intention, convention and principle in the failure of Gricean theory. Cambridge. 1998.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Implikaturen - Entstehung und Typen einer Implikatur
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Deutsches Institut)
Veranstaltung
Hauptseminar Pragmatik
Note
2,7
Autor
Jahr
1999
Seiten
19
Katalognummer
V9783
ISBN (eBook)
9783638163972
ISBN (Buch)
9783638787284
Dateigröße
484 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Implikaturen, Entstehung, Typen, Implikatur, Hauptseminar, Pragmatik
Arbeit zitieren
MA Julia Mann (Autor:in), 1999, Implikaturen - Entstehung und Typen einer Implikatur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9783

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