Andreas Gryphius - Ebenbild unseres Lebens


Referat / Aufsatz (Schule), 1999

4 Seiten, Note: 14 Punkte


Leseprobe


Klausur

Thema: Barockgedichte

Gryphius: ,,Ebenbild unseres Lebens"

Aufgabenstellung:

1. Interpretieren Sie das Gedicht, indem Sie die Kernaussage des Gedichts herausarbeiten und hierbei auch auf den Zusammenhang zwischen Inhalt und Form eingehen !
2. Überprüfen Sie, inwieweit das Gedicht typisch für die Epoche des Barock ist !

Einleitung

In einer Zeit des Übergangs, in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges verweist Andreas Gryphius mit seinem typischen Sonett ,,Ebenbild unseres Lebens" auf die Vergänglichkeit des Glücks, die Nichtigkeit alles irdisch- materiellen Daseins sowie auf die Widersprüchlichkeit des menschlichen Lebens. Alle materiellen Werte wie ,,Kron, Weisheit, Stärke und Glut" (Z.14) sind nur geborgt, nicht dauerhaft beständig.

Aufgabe 1

Formal lässt sich Gryphius` Sonett - dem antiken Argumentationsmuster entsprechend - in zwei Quartette und zwei Terzette unterteilen, wobei alle Verse auf den letztendlich Bilanz ziehenden Finalsatz angelegt sind.

Der Titel ,,Ebenbild unseres Lebens" nennt das Thema, und wir sehen schon hier den Standpunkt des lyrischen Ich; es bezieht sich, aber auch den Leser in die gesamte Thematik ,,unseres Lebens" mit ein.

Der Überschrift folgend entwirft das erste Quartett ein allumfassendes Bild der Welt und des menschlichen Lebens; die Welt erscheint metaphorisch als Schauplatz, als Theater, in dem der Mensch, ,,das Spiel der Zeit", seine Rolle spielt. So wie der Schauspieler im Theater an seinen Handlungsort, seine Rolle und die begrenzte Spieldauer gebunden ist, so ist auch der Mensch, ,,weil er allhie lebt" (Z.1), an die Welt als Schauplatz gebunden, spielt seine ihm zugewiesene Rolle und muss gleichzeitig erkennen, dass die Spielzeit, die Lebenszeit begrenzt ist; er spielt im Spiel des Lebens, ,,er sitzt und doch nicht feste" (Z.2).

Die Verse drei und vier interpretieren das doppeldeutig gemeinte ,,nicht feste" Sitzen zunächst im Sinne von nicht dauerhaft eine bestimmte Rolle spielen. In einer asyndetischen Anordnung der einzelnen Satzteile wird antithetisch auf die Widersprüchlichkeit des Lebens, die Unterschiede in der Gesellschaft hingewiesen. Das gesellschaftliche Aufsteigen des einen steht dem Fallen des anderen gegenüber, das Dach - in der Technik des pars pro toto für das Haus stehend - erscheint als Kontrast zu den Palästen als winzig klein und das Herrschen des einen steht dem Weben des anderen gegenüber. Gryphius verweist damit sehr ausdrucksstark auf die in seinem Jahrhundert gegebene gesellschaftliche Situation, in der ein starker Kontrast zwischen dem fürstlichen Prunk einerseits und dem einfachen, oft ärmlichen (,,webt") Leben der Bevölkerung andererseits herrscht.

Der Leitlinie des Sonetts, die Thematik des Sonetts in den einzelnen Strophen auszuweiten, kommt nun auch das zweite Quartett nach.

Die Aussage des ersten Quartetts vom ,,nicht feste" Sitzen wird hier im Sinne der Vergänglichkeit alles Irdischen gesehen. Wieder in Form von Antithesen wird mit den adverbialen Ausdrücken ,,gestern", ,,jetzt", ,,morgen", ,,vorhin" und ,,nunmehr" auf das barocke Zeitbewusstsein hingewiesen; es wird der genaue Moment des Vergehens fixiert.

Alles das, was gestern noch Bestand hatte, ist schon verflossen, doch auch das Glück des Jetzt wird morgen bereits vergangen sein und die vorhin ,,grünen Äste"(Z.6) sind ,,nunmehr dürr und tot" (Z.7). Die Verse sieben und acht führen diese Beispiele der Vergänglichkeit nun bildlich auf das menschliche Leben zurück: ,,Wir Armen sind nur Gäste, ob den ein scharfes Schwert an zarter Seide schwebt."

Dieses Bild vermittelt dem Leser eine recht drastische und darum eindringlich wirkende Vorstellung von der begrenzten Dauer seines Lebens, denn das Schwert, das ,,an zarter Seide schwebt"(Z.8), kann jederzeit abreißen und das menschliche Leben beenden. Die Vergänglichkeit und Sterblichkeit ist somit im zweiten Quartett explizit ausgesprochen.

Das erste Terzett führt nun zunächst noch einmal die Verdeutlichung der gesellschaftlichen Unterschiede weiter, indem es antithetisch auf die Gleichheit ,,am Fleisch"(Z.9), aber Verschiedenheit des Standes sowie dem Tragen des Purpurkleides und dem Graben im Sande hinweist.

In Vers 11 werden dann aber die antithetischen Begriffe zu einer Synthese zusammengeführt: ,,Bis nach entraubtem Schmuck der Tod uns gleiche macht."(Z.11). Mit dem Tod sind selbst die Unterschiede in der Gesellschaft aufgehoben, die materiellen Werte wie das Purpurkleid und die Paläste erweisen sich als im Jenseits wertlos.

Das zweite Terzett bring in einem letzten Schritt die Aussagen über die kurze Lebenszeit und die Sterblichkeit aller irdischen Pracht auf eine Bilanz im Schlussvers. Die Imperative ,,spielt"(Z.12), ,,lernt"(Z.13) sind als Appell zu werten, die den Leser auffordern, sein Leben zu leben, aber beim Verlassen des Banketts, als Bild für die Welt, zu lernen, dass irdische Werte wie ,,Kron, Weisheit, Stärk und Gut sei ein geborgte Pracht" (Z.14).

In der allgemeinen Vorstellung der Barockdichter sollte bei der Wahl der Gedichtform immer auf die Angemessenheit der Verknüpfung von Thema, Gattung, Struktur und Stil geachtet werden.

Die Sonettform eignet sich in seiner strengen Form dabei ausgezeichnet, um die Thematik des menschlichen Lebens zu entfalten; bis zum letzten Terzett wird ein umfassendes Bild des menschlichen Lebens entworfen, das letztlich als bloßes vergängliches Schauspiel anzusehen ist.

Die scharf trennende Zäsur nach der dritten Hebung verdeutlicht bei diesem Sonett optimal die Antithetik, sie verdeutlicht die Unterschiede im Leben.

Unterstützt wird diese genaue Strukturierung in dem Sonett durch die rhythmische und prosaische Anordnung. Der Alexandrinervers lässt jeder Verszeile Raum und eignet sich deshalb besonders gut, um den komplexen Themenbereich des Lebens darzustellen.

Das Reimschema verknüpft dabei die einzelnen Aussagen des Gedichts miteinander, schließt sie zum Sinnabschnitt und letztlich zur Sinneinheit zusammen. Der umarmende Reim des ersten Quartetts verbindet die allgemeinen Aussagen über das Leben, der Strophenreim verdeutlicht dann die gedankliche Zusammengehörigkeit der beiden Quartette, beide beziehen sich in ihrer Thematik auf das widersprüchliche, menschliche Leben. Anschließend werden dann zusammenfassend im umarmenden Reim von Vers 11 und 14 die Aussagen zur Sinneinheit zusammengeführt.

Des weiteren sollte nun die Wahl der Gedichtform dem sprachlichen Stil entsprechen. Mit dem Bild des Theaters wird dem Leser die Möglichkeit gegeben, sich eine genaue bildliche Vorstellung vom allgemeinen menschlichen Leben zu verschaffen. Dieses wird im Sonett noch durch die Akkumulationen erreicht; das Leben wird in den Versen 2-7 und Vers 9 und 10 von allen Seiten betrachtet; die asyndetische Reihung im Vers 14 verdeutlicht dem Leser das Ausmaß der Vergänglichkeit.

Aufgabe 2

Bei Gryphius´ Sonett handelt es sich nicht nur durch Wahl und Aufbau des Sonetts, sondern auch in der Thematik um ein für die Epoche des Barock charakteristisches Barocksonett. In einer Zeit, wo gesellschaftliche und politische Umgestaltungen stattfanden und wo sich das Erleben des Dreißigjährigen Krieges im Bewusstsein der Menschen niederschlug, war das Lebensgefühl der Menschen geprägt von einer Spannung zwischen Diesseitsfreude einerseits und Bewusstsein des Todes und der Vergänglichkeit andererseits. Das Sonett in seiner strengen Form wurde deshalb von vielen Barockdichter - wie hier Gryphius - gewählt, um dieses ,,Chaos der Zeit" zu ordnen und zu gestalten; es sollte auf die Menschen der Zeit unterhaltend und belehrend wirken.

Die Darstellung des Kontrastes zwischen Sinnenfreude und Vergänglich- keitsgedanke wurde von den Dichtern - die in dieses Lebensgefühl mit eingebunden waren - vorwiegend in Form von Antithesen darstellt; das Glück an den materiellen Waren, dem Prunk stand die Vergänglichkeit dieser Werte gegenüber.

Ferner waren die Barockdichter von einem starken Ordnungsbewusstsein überzeugt. Auch Gryphius deutet mit dem im letzten Terzett hypotaktisch gestalteten Satz an, dass in der Widersprüchlichkeit des Lebens eine Ordnung liegt, die letztendlich Bestand hat.

Tjadina Petersen

Bewertung: 14 Punkte

Ende der Leseprobe aus 4 Seiten

Details

Titel
Andreas Gryphius - Ebenbild unseres Lebens
Note
14 Punkte
Autor
Jahr
1999
Seiten
4
Katalognummer
V97653
ISBN (eBook)
9783638961059
Dateigröße
364 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Andreas, Gryphius, Ebenbild, Lebens
Arbeit zitieren
Tjadina Petersen (Autor:in), 1999, Andreas Gryphius - Ebenbild unseres Lebens, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/97653

Kommentare

  • Gast am 31.3.2006

    net schlecht!.

    Sehr gut geschrieben, wie ich im Fachbereich gelesen habe war das aber eine Arbeit an der Uni, oder? Wir haben Gestern in einer Deutscharbeit (10. Klasse, Gesamtschule) dieses Gedicht mit der gleichen Aufgabenstellung interpretieren sollen. Hart Hart :-O

  • Gast am 17.12.2001

    ja gut,....

    mich hat verwundert,dass die verwendeten stilistischen mittel nicht oder nur teilweise genannt wurden!(das gäbe bei "uns" punktabzug!) außerdem ist meiner meinung nach die intention nur unzureiched formuliert wurden!
    sprachlich aber sehr schön formuliert!

  • Gast am 23.9.2001

    mehr Beachtung dem Damoklesschwert.

    Deine Interpretation ist echt gut, sieht man ja auch an der Note. Ich hab sei mir durchgelesen, um für meine Hausaufgabe Ideen zu bekommen, wie ich das alles gut formuliere, und da ist mir bei deiner interpretation echt gut geholfen. Danke. Was mir nicht so gut gefällt, ist das Zitat in der Einleitung und schon die Interpretation, ich finde die hätte man sich für später sparen können. Außerdem hättest du vielleicht noch mehr auf das Damoklesschwert und das Welttheater eingehen können, das sind doch eindeutige Bilder. Aber ansonsten, vielen Dank für die Anregung!

  • Gast am 17.9.2001

    super.

    das ist einfach toll. ich hab heut auch ne klausur über das thema geschrieben und ich hab ein ungutes gefühl, deshalb musste ich mir mal anschauen wie andere das machen. du ast es perfekt gelöst. glückwunsch!!!!!!!

Blick ins Buch
Titel: Andreas Gryphius - Ebenbild unseres Lebens



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden