Was ist Metaphysik?


Ausarbeitung, 2000

8 Seiten


Leseprobe


Essay für die Einführung in die Philosophie, WS 99/00 Heidegger - Essay zur Frage: "Was ist Metaphysik?"1

1. Teil: "Was ist Metaphysik" - Vortrag von Martin Heidegger

Ausgehend vom Nichts entfaltet Heidegger in seinem Vortrag das metaphysische Fragen.

Sein Vorhaben ist nicht, über die Metaphysik selber zu sprechen. Das Dasein eines Menschen versetzt sich nicht in die Metaphysik, sondern es ist als ein In-der-Welt-sein jederzeit ins Metaphysische hineingesetzt.

Das Dasein als augenblickliche Existenz ist ein durch die Wissenschaft bestimmtes. Es "treibt Wissenschaft", indem es sich einzelnes Seiende eröffnen läßt. Das Seiende bricht in offenbarender Weise dem ins Ganze des Seienden einbrechenden Dasein auf. Die Wissenschaft, in der sich das alltägliche wissenschaftliche Dasein befindet, wendet sich ausschließlich dem Seienden zu. Heidegger erkennt nun etwas Paradoxes an der Wissenschaft. Sie wendet sich zwar - begründet mit der Vorherrschaft der Logik - vom Nichts als das Verneinte ab, aber dennoch muß sie erkennend zugeben, daß sie sich nur dadurch dem Seienden gegenüber verhalten kann, eben weil sie in der Frage nach dem Nichts von dem Nichts abhängt und von diesem ausgeht. Das Nichts wird von der Wissenschaft abgelehnt und preisgegeben als das Nichtige. Und doch wird es von ihr zugegeben als das, was es nicht gibt. Somit wäre es aber als ein Seiendes gegeben.

Die Frage lautet: "Was ist das Nichts?". In dieser Frage wird anscheinend, daß von einem Seienden gesprochen wird. An dieser Stelle sieht Heidegger die Logik, den Satz vom zu verneinenden Widerspruch, versagen. Ist das Nichts nun Seiendes oder etwas, das nicht ist? Heidegger definiert das Nichts als die vollständige Verneinung der Allheit des Seienden. Es existiert folglich das Nicht-Seiende.

Aus der Definition, das Nichts sei die vollständige Verneinung der Allheit des Seienden, entsteht die Frage nach der Allheit, dem Ganzen des Seienden. An dieser Stelle fordert Heidegger vom Hörer, von den aufhaltenden rationalen Einwänden des Verstandes zum Erkennen unseres Gestimmtseins, in welcher "Stimmung" wir uns gerade befinden (als Grundgeschehen unseres Daseins), überzugehen. Das absolute Erfassen des Ganzen ist uns endlichen Wesen unmöglich. Allerdings befinden wir uns jederzeit inmitten des Ganzen des Seienden (in der Welt), ohne uns dessen besonders bewußt zu sein, und werden von diesem "gestimmt". Im alltäglichen Dahintreiben "verlieren" wir uns an das einzelne Seiende.

Die Einheit des Ganzen ist schattenhaft dennoch gegeben. In dem Zustand der tiefen, eigentlichen Langeweile, in der wir nicht mit verschiedenem Seienden beschäftigt sind, überkommt uns das Seiende im Ganzen. Es entsteht eine "merkwürdige Gleichgültigkeit", uns selber und anderem Seienden gegenüber.

Der Mensch wird von Heidegger als Dasein gefaßt. Es ist des Menschen Wesen, als sein Da zu existieren. Die Befindlichkeit des Menschen bedeutet das stets "gestimmte" Be-finden des Menschen in der Welt. Er ist in einer bestimmten Stimmung. Diese Gestimmtheit ist eine Grundbedingung dafür, sich überhaupt die Welt erschließen zu können. Sie bildet den primären Zugang zur Welt und eröffnet sie dem Dasein. Daraus folgt, daß der primäre Zugang des Menschen zur Welt nicht der eines rationalen Erkennens ist, sondern daß sie zunächst mit Hilfe der Stimmung erschlossen wird. Die Stimmung erschließt dem Menschen nicht nur seine Außenwelt, sondern auch sein eigenes Sein, seine Existenz.

Das Dasein ist die Entfaltung seiner Möglichkeiten. Diese Möglichkeiten offenbaren sich erst durch den Verweis an das Seiende in der Betrachtung des "Wie", der Eigentlichkeit. Hierzu gehört wiederum unbedingt das metaphysische Hinweggehen oder das Transzendieren über das Seiende im Ganzen hinaus. "Ohne ursprüngliche Offenbarkeit des Nichts kein Selbstsein und keine Freiheit." (S.35)

Die Enthüllung des Seienden im Ganzen, das Sich-Zeigen der Welt, ist nach Heidegger das Grundgeschehen des Daseins, da dieses (fast) jederzeit phänomenologisch durch die sich zeigende Welt gestimmt ist. Je nachdem, in welcher Stimmung sich der Mensch befindet, zeigt sich ihm die Welt.

Das Problem, ob das Nichts nun ist oder nicht ist, löst Heidegger dadurch, daß er Sein von Seiendem unterscheidet. Das Nichts ist, aber es ist kein Seiendes. Das Nichts ist das ewig bestehende Sein, welches sich vor dem wissenschaftlichen, in seinem Jetzt befindlichen Dasein, das sich dem Seienden zuwendet, verbirgt: "... wenn die Stimmungen uns dergestalt vor das Seiende im Ganzen führen, verbergen sie uns das Nichts..." (S.31) Das Nichts läßt sich nicht rational erfassen, sondern nur in der Befindlichkeit in der Welt durch die Kundgebung des Nichts. Der Mensch erfährt eine besondere Stimmung. "Hierzu wird verlangt, daß wir die Verwandlung des Menschen in sein Da-sein, die jede Angst mit uns geschehen läßt, nachvollziehen, um das darin offenkundige Nichts in dem festzunehmen, wie es sich bekundet." (S.33)

Diese "Verwandlung des Menschen in sein Dasein" meint, ihn aus seiner uneigentlichen Alltäglichkeit, den Nichtigkeiten des Lebens, in denen der Mensch durch sein Verweilen in der Man- bzw. Welt-Zeit vor seiner eigentlichen Zeit flüchtig ist, auf seine "Möglichkeiten" hinzuweisen. Der Mensch betrachtet sich nicht mehr nur als ein Seiendes in der Welt, sondern wird sich (z.B. durch den Rückblick aus der Perspektive des Vorgreifens zu seinem Vorbei) seiner Seins-Möglichkeiten bewußt.

Das nichtende Nichts ist ursprünglicher als das Nicht, und dieses ist ursprünglicher als die (wissenschaftliche) Verneinung. Das Nichts ist das tatsächlich vorhandene Nicht-Seiende, welches uns anders offenbar wird als durch logisches (wissenschaftliches) Denken. Es ist ein Sein, welches sich uns offenbaren kann. Das Nichts begegnet uns nun in der Grundstimmung der Angst.

Wie zeigt sich dem Menschen nun die Welt, wie "stimmt" sie ihn, in welche "Stimmung" versetzt sie ihn, wenn er sich in der Angststimmung befindet? Das Seiende im Ganzen löst sich auf, ebenso wie das einzelne Seiende, welches vom abweisenden Nichts genichtet wird. Der Mensch verliert den Halt an das Seiende. Zuvor verlor "er sich" an das Seiende. Interessanterweise ist nach Heidegger das Nichts ursprünglich und eigentlich. Wenn wir uns nicht von dem Seienden blenden lassen, können wir das Nichts, welches Heidegger dem Sein zugehörig und auch gleichsetzt, erkennen. Es ist ein psychologisch (für das "Da-sein"), für das Leben in der Welt (für das "In-sein") und für das soziale Leben (für das "Miteinander-sein") ungünstiges Erkennen (so scheint es zunächst), aber so doch vielleicht das, wonach der Philosoph sucht - den Blick hinter das physisch Seiende.

"In der Angst - sagen wir - "ist es einem unheimlich" ... Die Angst offenbart das Nichts." (S.32) Wo wir zuvor noch sorgend um unser Sein dem Seienden zugewendet waren, überkommt uns plötzlich eine tiefe Gleichgültigkeit, das Seiende (auch man selber als Seiendes) entgleitet, rückt weg von "einem", es wird un-heimlich. "Nur noch das reine Da-sein in der Durchschütterung dieses Schwebens, darin es sich an nichts halten kann, ist noch da." (S.32)

Plötzlich befinden wir uns nicht mehr in der Alltäglichkeit des In-der-Welt-seins, sondern werden konfrontiert mit dem reinen Sein.

Die "Un-heimlichkeit" ist wörtlich zu nehmen. Die Welt, in der sich ein Dasein "heimlich" "findet", wird ihm - aus dessen Sicht - entrissen, die heimliche Welt entgleitet ihm, und zurück bleibt - das unheimliche Nichts. Heimlich fühlen wir uns in der Stimmung, die uns das erscheinende Seiende bietet, dem wir uns zuwenden können, mit dem wir wissenschaftlich (bestimmend, berechnend, positivistisch) umgehen können. Das Nichts bietet uns scheinbar - nichts.

"Das Nichts begegnet in der Angst in eins mit dem Seienden im Ganzen." (S.33)

Das Ganze des Seienden wird durch die Angst nicht "vernichtet", um so das Nichts übrigzulassen, ebensowenig "verneinen" wir es aktiv (sondern: "Das Nichts selbst nichtet."; S.34); das Nichts bekundet sich vielmehr an dem im Ganzen entgleitenden Seienden. Das Ganze des Seienden weicht vor dem wesenhaft abweisenden Nichts zurück, das Gefühl der Ganzheit des Seienden "verläßt" uns. Was bleibt, was die Nichtung des Nichts ausmacht, ist das Verweisen auf das Seiende als solches: "daß es Seiendes ist - und nicht Nichts" (S.34). Unsere oberflächlichen Berechnungen und Bestimmungen der Welt im Ganzen kommen uns nun nichtig vor; unser natürlicher "Gestaltkreis" (Umgang mit dem Ganzen des Seienden) scheint für immer aufgehoben oder zumindest gestört. Das Wesen des Nichts ist die Nichtung durch die Angst, die Unterscheidung des Seienden von sich. Es verweist das Dasein an das Seiende, wie es ihm entgleitet. "... als abweisendes Verweisen auf das entgleitende Seiende im Ganzen offenbart [das Nichts] dieses Seiende in seiner vollen, bislang verborgenen Befremdlichkeit als das schlechthin Andere - gegenüber dem Nichts." (S.34) Dem Dasein wird es "unheimlich", es findet sich (zunehmend) im Eigentlichen, im Unkonstruierten, im Nichts wieder.

"Sich hineinhaltend in das Nichts ist das Dasein je schon über das Seiende im Ganzen hinaus." (S.35)

Die Ganzheit des Seienden, das Seiende, wie wir alltäglich mit ihm bestimmend umgehen, ist durch den Perspektivwechsel aufgehoben. Erkennt sich ein Dasein als ein in das Nichts hineingehaltenes, so ist es nicht mehr in der Lage, naiv an die Welt heranzutreten. Es wird sich seines Transzendierens bewußt. Es widmet sich dem Seienden aufmerksamer und erkennt vielleicht den Fakt der Gestimmtheit, daß es auf die situative Befindlichkeit in der Welt ankommt, "wie" wir das Seiende (meist naiv im Ganzen) annehmen.

"Da-sein heißt: Hineingehaltenheit in das Nichts." (S.35)

Heidegger setzt das Dasein mit der Hineingehaltenheit in das Nichts gleich. Erst dadurch, daß das Dasein in das Nichts, welches das Ganze des Seienden aufhebt und auf das Seiende als solches verweist, hineingehalten ist, kann es das spezifische Seiende ent-decken und sich ihm gegenüber verhalten. Vorher ist es, bzw. ansonsten wäre es unwissend in seiner "Umgebung" an das Seiende im Ganzen uneigentlich verloren. Erst das Nichts ermöglicht das sich dem Dasein Offenbaren des Nicht-Nichts, des Seienden (auch des Daseins als Seiendes).

Ab Seite 35 stellt Heidegger seine Betrachtungen zur Angst und zum Nichts in Frage, wobei er gestärkt aus der gestellten Problematik herauskommt. Er fragt, warum wir nicht permanent das Angstgefühl und das Nichten des Nichts erfahren würden, wenn wir anders nicht an das Seiende als solches verwiesen werden als durch die Hineingehaltenheit in das Nichts. Die Antwort auf den Zweifel ist, daß uns das Nichts "zunächst und zumeist in seiner Ursprünglichkeit verstellt" ist und zwar dadurch, daß wir uns "völlig an das Seiende verlieren".

"Je mehr wir uns in unseren Umtrieben an das Seiende kehren, um so weniger lassen wir es als solches entgleiten, um so mehr kehren wir uns ab vom Nichts." (S.35) Zwar stellt Heidegger das alltägliche Umtreiben und uneigentliche Sorgen in der Welt eher negativ wertend, eben als "uneigentlich" dar. Andererseits stellt er fest, daß das Nicht in seinem Nichten das Dasein gerade an das Seiende verweist. Das Nichts nichtet folglich unausgesetzt, ohne daß wir darum in der Alltäglichkeit eigentlich wissen.

Im Nichts der Angst wird das Dasein nun an das ursprünglich offene, einzelne und sich nicht mehr im Ganzen befindliche, sondern Seiende als solches, verwiesen.

Am sichersten zeigt sich die Angst beim verwegenen Dasein. Die Angst des Verwegenen steht "im geheimen Bunde mit der Heiterkeit und Milde der schaffenden Sehnsucht." (S.38) Auch Heidegger sieht das Schöpferische in der Konfrontation mit dem nichtenden Nichts. Er erkennt: "Die Hineingehaltenheit des Daseins in das Nichts auf dem Grunde der verborgenen Angst ist das Übersteigen des Seienden im Ganzen: die Transzendenz." (S.38)

Die Metaphysik definiert Heidegger nun als "das Hinausfragen über das Seiende, um es als ein solches und im Ganzen für das Begreifen zurückzuerhalten." (S.38) "Die Metaphysik gehört zur "Natur des Menschen" Sie ist das Dasein selbst." (S.41)

Ohne das Hinausfragen über das Ganze gibt es kein Verhalten zu Seiendem. So wäre ohne die Transzendenz der Mensch selber nur Seiendes, aber nicht mehr ein (gar wissenschaftliches) Dasein.

Die Philosophie definiert Heidegger als das "In-Gang-bringen der Metaphysik", und sie wird nur möglich "durch einen eigentümlichen Einsprung der eigenen Existenz in die Grundmöglichkeit des Daseins im Ganzen. Für diesen Einsprung ist entscheidend: einmal das Raumgeben für das Seiende im Ganzen; sodann das Sichloslassen in das Nichts, d.h. das Freiwerden von den Götzen, die jeder hat und zu denen er sich wegzuschleichen pflegt; zuletzt das Ausschwingenlassen dieses Schwebens, auf daß es ständig zurückschwinge in die Grundfrage der Metaphysik, die das Nichts selbst erzwingt: Warum ist überhaupt Seiendes und nicht vielmehr Nichts?" (S.42)

Heidegger erwartet vom Dasein nicht, sich ausschließlich dem ursprünglichen Nichts zu stellen. In seinem Essay verdeutlicht er allerdings, daß in unserem wissenschaftlich bestimmten Dasein "die vermeintliche Nüchternheit und Überlegenheit der Wissenschaft ... zur Lächerlichkeit [wird], wenn sie das Nichts nicht ernst nimmt." (S.41) Er zeigte, daß das wissenschaftliche Dasein erst dadurch möglich ist, daß es sich im vorhinein in das Nichts hineinhält. Das Dasein "versteht sich erst dann in dem, was es ist, wenn es das Nichts nicht preisgibt." (S.41)

Von dem Philosophen erwartet Heidegger mehr als vom alltäglichen Dasein: die Betrachtung des "Wie" eines Seienden im Ganzen, das Loslassen des Seienden, das eigene Loslassen und Freimachen von den Götzen und den Halten und zuletzt die Konfrontation mit dem Nichts, um den radikalen Konstruktivismus zu erkennen: "Warum ist überhaupt Seiendes und nicht vielmehr Nichts?" (S.42)

Die Frage würde vielleicht richtiger heißen, um ihr an Dramatik etwas zu nehmen: "Warum ist dem Dasein überhaupt Seiendes und nicht vielmehr Nichts?"

Entgegen gewissen Fichten, welche das Ich zur causa prima erklären, "ist" das Seiende immer auch schon ohne ein es erkennendes Dasein. Das Da-sein be-findet sich in dem Seienden im Ganzen, und des Daseins Befinden wird durch dieses Seiende im Ganzen gestimmt. Erst dadurch, daß das Dasein in das Nichts hinausgehalten ist, kann es sich zu Seiendem verhalten. Ohne die Transzendenz über das Seiende im Ganzen ist ein seiender Mensch kein Dasein.

Dem Dasein ist immer schon das ursprüngliche Nichts. Das Dasein ist schließlich immer schon transzendierend in das Nichts hineingehalten, sonst wäre es kein Da-sein. Das Seiende als solches offenbart sich dem Dasein erst durch das Nichten des Ganzen des Seienden und durch das Verweisen an das Seiende als solches, beides durch das Nichts. Das Nichts ist somit das ursprüngliche Grundbefinden, vielleicht in abgewandelter Form mit dem Seienden im Ganzen, also der Welt, wie sie sich zeigt, gleichzusetzen. Dieses Begegnen des Nichts "in eins" mit dem Seienden im Ganzen, welches daraufhin hinfällig wird, zwingt das Dasein zur bewußten Transzendenz. Es kann u.a. konfrontiert werden mit seiner jeweiligen Eigentlichkeit.

Das Nichts ist folglich immer schon. An das Seiende werden wir erst sekundär durch das Nichten des Nichts verwiesen. Warum sollten wir uns nicht an das Ursprünglichere, Eigentlichere halten, zumal es der Ausgangspol als Verweiser auf das Seiende ist? Möglicherweise ist die abschließende Frage Heideggers als Aufforderung zu verstehen (ich will sie so verstehen!), daß wir Da-seiende uns mehr dem ursprünglichen und eigentlichen, aber verborgenen Nichts zuwenden sollten, um uns unser Welt-Konstruieren bewußt zu machen und die uns erscheinende Welt nicht so alltäglich hinzunehmen.

Zusammenfassung

Der Mensch be-findet sich immer schon in der Welt. Das Seiende offenbart sich dem Dasein. Durch das Seiende im Ganzen erfährt das Dasein seine Stimmung, er wird "gestimmt". Eine besondere Grundstimmung ist die unbestimmte Angst, sie offenbart dem Dasein das Nichts. Ausgehend von der Frage nach dem metaphysischen Nichts kommt Heidegger zu dem Ergebnis, daß das Nichts ursprünglich nichtet. Weder das Nicht noch die Verneinung sind ursprünglicher als das Nichts. Das Nichts erhält eine bedeutende Qualität. Es nichtet. Das Nichten zeigt sich darin, daß jedes Dasein von dem Seienden im Ganzen transzendierend auf das Seiende als solches zum "Verhalten" mit diesem verwiesen wird. Dessen bewußt seiend ist Voraussetzung für eigentliches (entgegen alltäglichem) Verstehen. Metaphysik ist nach Heidegger das Dasein selbst in der Transzendenz über das Seiende hinaus. Heidegger endet seinen Vortrag mit der umwerfenden Frage: "Warum ist überhaupt Seiendes und nicht vielmehr Nichts?"

Heidegger scheint das überstandene Angstgefühl "in der Helle des Blickes, den die frische Erinnerung trägt," etwas wert zu sein: das metaphysische Erfahren des "eigentlichen" Nichts als "im geheimen Bunde mit der Heiterkeit und Milde der schaffenden Sehnsucht." (S.38)

Dies ist allerdings nur dann positiv zu bewerten, wenn das Angstgefühl sich nicht ungewollt wiederholt. Es stellt sich mir die Frage, ob das ursprüngliche Nichts, welches das Seiende von sich wegdrückt, tatsächlich nur ungewollt nichtend als Angstgefühl aufkommen kann, oder ob es nicht auch auf künstliche Weise gewollt hervorgerufen werden kann.

Vielleicht ist es möglich, in der künstlichen Erfahrung des Nichts und somit der direkten und unabgelenkten (unverlorenen an das Seiende) Konfrontation mit dem Sein, das Angstgefühl zu verhindern. Vielleicht kann man dem Angstgefühl, welches man in der Psychologie als wiederkehrendes Gefühl zurecht als stark lebensbeeinträchtigende Krankheit bezeichnet, welche auch noch recht häufig vorkommt, durch eine Art "emotionale Aufklärung" verhindern.

1 Heidegger, M.: Was ist Metaphysik?, Frankfurt 19659

Ende der Leseprobe aus 8 Seiten

Details

Titel
Was ist Metaphysik?
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Autor
Jahr
2000
Seiten
8
Katalognummer
V97549
ISBN (eBook)
9783638960014
Dateigröße
380 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Metaphysik
Arbeit zitieren
Emil Franzinelli (Autor:in), 2000, Was ist Metaphysik?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/97549

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