Die Anfänge städtischer Selbstverwaltung in Köln. Vom Aufstand von 1074 bis zur Stadterweiterung 1106


Seminararbeit, 2000

24 Seiten, Note: 1


Leseprobe


I. Einleitung

,, Ä ußerlich und innerlich hatte sich zwischen Beginn und Ende des Salier-Jahr-hunderts in Köln Gewaltiges geändert. [...] Die erste Hälfte des Salier-Jahrhunderts prägte die Stadtherrschaft der Erzbischöfe. [...] Eine Stadtherrschaftüber eine Bevölkerung, die sich untertänig fühlte, gab es in der zweiten Hälfte nicht mehr." 1

Innerhalb von etwa 50 Jahren hat sich in der Stadt Köln offenbar ein grundlegender Wandel in der Stadtherrschaft und im Selbstbewusstsein der Bevölkerung gegenüber dem erzbischöflichen Stadtherrn vollzogen, ein Prozess, der in der historischen Forschung seit Langem auf vielfältige Weise untersucht wurde. Köln gewann dabei ,,das Ansehen, gleichsam den Idealtyp der mittelalterlichen Stadt zu repräsentieren"2, was es als ,,Studienobjekt" der Städteforschung noch beliebter machte. Entsprechend groß ist die Zahl der Studien über die Entwicklung städtischer Selbstverwaltung in Köln, und entsprechend vielfältig die Herangehensweisen.

Vor allem die ältere Forschung bedient sich eines stark rechtshistorisch orientierten Ansatzes, der die Analyse der Entwicklung von Verfassungsstrukturen in den Vordergrund stellt (u.a. BEYERLE3, LAU4, KOEBNER5 ). Seit den 60er Jahren findet sich dagegen eine stärkere Einbeziehung sozial- und wirtschaftsgeschichtlicher Aspekte (vgl. STEINBACH6, ENNEN7 ). Schwerpunkte der stadtgeschichtlichen Forschung sind seitdem die Grundlagen und der Prozess der Ausbildung gemeindemäßiger Strukturen als Grundlage für die städtische Selbstverwaltung (vgl. ERKENS8, STEHKÄMPER9 ).

Die Quellen geben nur indirekt Aufschluss über die Gemeindeentwicklung und die Anfänge der Selbstverwaltung in Köln. Zwar sind einzelne Ereignisse gut dokumentiert, es gibt jedoch kaum Quellen für das 11. und frühe 12. Jhdt., die einen unmittelbaren Einblick in die innerstädtischen Entwicklungsprozesse erlauben oder direkt auf die Selbstorganisation und Selbstverwaltung einer städtischen Kommune bezug nehmen. Als solche Ereignisse lassen sich der Aufstand gegen Erzbischof Anno I. im Jahre 1074 und die Erhebung der Kölner für Heinrich IV. mit dem anschließenden Treueid 1106 recht gut fassen.

Aus dieser Quellenlage lässt sich die Fragestellung ableiten, mit der sich diese Arbeit beschäftigen wird: Welche Einblicke in die Entwicklung und Organisation einer Stadtgemeinde in Köln und in das Verhältnis von Stadtherrschaft und bürgerlicher Selbstverwaltung lassen sich über die Betrachtung und Interpretation der gut dokumentierten Ereignisse gewinnen?

Zur Beantwortung dieser Frage lohnt sich zunächst ein Blick auf die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Köln des 11. Jahrhunderts, in deren Rahmen und auf deren Basis sich am Ende des Jahrhunderts die Ansätze zu einer städtischen Selbstverwaltung ausbilden. Von besonderem Interesse sind dabei die Ausprägung der bischöflichen Stadtherrschaft und die Entstehung eines ,,städtischen Bürgertums". Konkrete Einblicke in die Gemeindeentwicklung soll dann im zweiten Teil die Betrachtung der Ereignisse von 1074 und 1106 bringen, was eine Analyse und Interpretation der entsprechenden Quellen im Hinblick auf die Entwicklung gemeindlicher Strukturen und städtischer Selbstverwaltung erfordert. Interessant dürfte auch ein Vergleich des Verlaufs und der Nachwirkungen beider Aufstände sein, um eventuelle ,Fortschritte' auf dem Weg zur Selbstverwaltung deutlich zu machen. In einer Schlussbetrachtung sollen die Ergebnisse abschließend zusammengefasst und ein Ausblick auf die weitere Entwicklung der städtischen Selbstverwaltung in Köln gegeben werden.

II. Köln im 11. Jahrhundert - innere Strukturen und Entwicklungslinien

Unter Heinrich I. kristallisiert sich das Rheinland mit den drei Bischofsstädten Köln, Mainz und Trier als politische Kernlandschaft des Deutschen Reiches heraus. Zu Beginn des 10. Jahrhunderts wird der auch wirtschaftliche Aufschwung der Region im Zuge der ,,Renaissance des Handels"10 durch die günstige Lage an den Handels- und Verkehrswegen des Rheins und Rheintals angeschoben. Dieses politische und ökonomische Wachstum mit der daraus resultierenden wirtschaftlichen und sozialen Dynamik wird zusammen mit der Mitte des 10. Jahrhunderts entstehenden Stadtherrschaft des Erzbischofs die Grundlage für die Entwicklung der Stadt Köln bis ins 12. Jahrhundert bilden.

1. Grundzüge der Stadtentwicklung

11 Die städtische Wirtschaft konzentriert sich seit der Karolingerzeit im östlichen Teil der gut 98 ha umfassenden römischen Befestigung. Dort wird zu Beginn des 10. Jahrhunderts mit Zuwanderung und Wirtschaftsaufschwung der Platz knapp. Man weicht auf das Gebiet zwischen östlicher Stadtmauer und Rhein aus, wo sich eine Händlervorstadt herausbildet.

Diese wird, mit den Märkten Alter- und Heumarkt 948 in die Stadtbefestigung einbezogen und bald zum Zentrum des weltlichen, vor allem des wirtschaftlichen Lebens in der Stadt.12 Mitte des 11. Jahrhunderts wird versucht, durch Aufschüttungen noch mehr Land am dichtbevölkerten Rheinufer zu gewinnen. Der Westen der Stadt bleibt dagegen dünn besiedelt und wird bis ins 11. Jahrhundert noch landwirtschaftlich genutzt. Auch, nachdem in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts der Neumarkt an der westlichen Stadtmauer angelegt wird, bleibt dieser Teil der Stadt in der Entwicklung weit zurück.

Die Stadterweiterungen und Bau- und Planungsmaßnahmen im 10. und 11. Jahrhundert lassen auf ein rasches Bevölkerungswachstum schließen, das sich wohl vor allem aus dem Zuzug aus der näheren Umgebung und durch Zuwanderung von Fernhändlern speist13. Für den Beginn des 12. Jahrhunderts wird die Bevölkerungszahl auf 12.000 geschätzt, woraus sich zumindest die Größenordnung für das späte 11. Jahrhundert ableiten lässt.14

2. Der Bischof als Stadtherr

2.1 Die Entstehung und die Grundlagen der bischöflichen Stadtherrschaft

Die Stadtherrschaft der Kölner Erzbischöfe beginnt mit Bruno I. (953-965), der als Bruder Ottos I. und Herzog von Lothringen auch in der Reichspolitik eine hohe Stellung einnimmt. Die weltliche Herrschaft der Erzbischöfe begründet sich danach auf Regalien, die sie im Zuge der ottonisch-salischen Kirchenpolitik15 sukzessive vom König erhalten, und die sowohl finanziell nutzbare Rechte wie das Zoll-, Markt- und Münzregal und den Judenschutz als auch die Herrschaftsgewalt in der Stadt umfassen. Der Erzbischof ist damit auch zuständig für die Friedenswahrung, die Sorge für Recht und Ordnung und die Rechtsprechung in der Stadt, die als eigenständiger Gerichtsbezirk bereits 948 aus dem Kölngau herausgetrennt wird.16 De jure unterliegen die erzbischöflichen Stadtherren als Träger der königlichen Regalien der Aufsicht und dem Urteil des Königs, de facto herrschen die Erzbischöfe aber unabhängig und besitzen durch die Vereinigung von geistlicher und weltlicher Macht auf ihre Person eine enorme Machtfülle und ein entsprechendes Selbstverständnis als Herrscher. Die Erzbischöfe herrschen eben nicht nur über die Stadt als Territorium, sondern auch über ihre ,,familia", unfreie Menschen verschiedenen Status, die einen beträchtlichen Teil der Stadtbevölkerung ausmachen.17

,,Die Fülle aller geistlichen und weltliche Gewalt in Köln besaßen als Stadtherrschaft die Erzbischöfe"18 - mit diesem Anspruch herrschten die Erzbischöfe wohl auch und versuchten mit ihren politischen Entscheidungen auch immer, jegliche Konkurrenten um die Stadtherrschaft, vor allem die königlichen Beamten, auszuschalten.

2.2 Gerichtsverfassung und Verwaltung

19 Die Umsetzung der Rechte und Aufgaben erfordert natürlich eine Organisation und Verwaltung mit entsprechenden Ämtern. Der Erzbischof selbst ist dabei der oberste Richter in der Stadt, allerdings wird die Gerichtsbarkeit faktisch ausgeübt durch den Burggrafen als Hochrichter, der als Stadtkommandant ursprünglich noch dem König unterstellt ist, und dem Stadtvogt, einem bischöflichen Ministerialen, als Niederrichter. Die Schöffen sind vom Erzbischof bestimmt und vor allem in späterer Zeit Angehörige des städtischen ,Bürgertums'. Neben der Gesamtgerichtsgemeinde, die i.d.R. dreimal jährlich zum ,,Wisslichding" auf dem Domhof zusammenkommt, gibt es ein an die Pfarreinteilung angelehntes System von Parochien20, in denen die untergeordnete Gerichtsbarkeit z.B. in ,Alltagsstreitigkeiten' ausgeübt wird.

In der (Finanz-)Verwaltung der Stadt sind die Ministerialen als bischöfliche Dienstmannschaft tätig. Sie gehören zur ,familia' des Erzbischofs und bilden zunächst eine eigenständige Gruppe. Zöllner, Münzer usw. sind angesehene Ämter in der Stadt, ihre Inhaber sind einflussreich und z.T. mit großer Nähe zum Erzbischof ausgestattet. Spätestens seit Beginn des 12. Jahrhunderts, vermutlich aber schon seit der Mitte des 11. Jahrhunderts, werden viele der städtischen Ämter durch den Bischof mit reichen Bürgern besetzt, und durch die resultierende Verflechtung von Ministerialen und Kaufleuten kann schließlich eine relativ geschlossene städtische Oberschicht entstehen.21

3. Die Stadtbewohner

An dieser Stelle von ,städtischem Bürgertum' zu sprechen, wäre verfrüht, denn dieser Begriff suggeriert eine Einheitlichkeit und Geschlossenheit der Bevölkerung oder jedenfalls einer Bevölkerungsschicht, die es im 11. Jahrhundert in der Form wohl noch nicht gab. Die ,,mittelalterliche Stadtgesellschaft [ist] im Entstehen" und ,,Bürgertum um 1100 bedeutet Bürgertum in der Genese"22 - entsprechend hoch ist die soziale Dynamik und entsprechend schwer lassen sich auch Schichten oder Gruppen fassen.

3.1 Soziale Schichtung und wirtschaftliche Verhältnisse

Den Großteil der Bevölkerung einer Bischofstadt wie Köln machen bis ins 10 Jahrhundert zunächst einmal die bischöflichen Dienstleute aus. Dieser ,,familia" werden die Ministerialen, aber auch Vasallen und Hörigen zugeordnet; hohe Beamte, aber auch Handwerker im Dienste des Erzbischofs und einfache Dienstleute. Allen gemeinsam ist lediglich das Dienstverhältnis zum Erzbischof. Neben diese bischöflichen Dienstleute treten im 11. Jahrhundert aber verstärkt freie Handwerker und Händler, die sich entweder aus der Abhängigkeit vom Bischof verselbständigen oder aber von außen zuwandern.23 Auch werden Fernkaufleute in der Stadt ansässig, die z.T. großes Kapital mitbringen und sich von ihrer Rechtstellung als Königsmuntlinge her der bischöflichen Stadtherrschaft nicht untertänig fühlen.

Für das 11. Jahrhundert lassen sich nun grob folgende städtische Schichten unterscheiden:
- eine bürgerliche Führungsschicht, oft als ,Meliorat` oder auch ,primores' bezeichnet. Sie besteht v.a. aus reichen Kaufleuten, deren Vermögen aus Handelsgewinnen stammt und die neben der wirtschaftlichen Führungsrolle auch politische Funktionen ausübt. Zum Teil stehen diese Kaufleute nämlich auch auf einflussreichen Posten im Dienste des Erzbischofs (z.B. als Schöffen), entsprechend vermischen sich in dieser Führungsschicht im Laufe der Zeit Kaufleute und Ministerialen.24
- eine ,Mittelschicht` aus selbständigen Handwerkern25 und Kleinhändlern, Zensualen als gehobene Unfreie im Dienste des Erzbischofs
- eine in sich stark differenzierte Unterschicht, deren Angehörige - vom Bettler oder Tagelöhner bis zum Dienstboten oder Gesellen - in der Regel keine Bürgerrechte besitzen.26 Zu betonen ist hier noch einmal, dass es sich hierbei nicht um abgeschlossene Gruppen handelt, sondern dass die soziale Mobilität und die Durchlässigkeit der sozialen Schichtung noch sehr hoch ist. Gerade die Oberschicht beginnt aber, sich abzugrenzen27 ; es entwickelt sich eine Art ,,Geldaristokratie"28, einflussreiche Familien, die untereinander enge Beziehungen pflegen und ihre Stellung in der Stadt über das wirtschaftliche Potential definieren. Festzustellen bleibt noch eine zunehmende Verflechtung von Handwerk und (Fern-)Handel im 11. Jahrhundert. Die wirtschaftliche Entwicklung geht nun zum Exportgewerbe: Handwerker sind dabei auf die Händler angewiesen, um ihre Produkte abzusetzen, während die Kaufleute ihre Waren auch vom örtlichen Handwerk beziehen. Die beiden Gruppen nähern sich zumindest in ihren wirtschaftlichen und wirtschaftspolitischen Interessen einander an29, die Vertretung dieser gemeinsamen Interessen, auch gegenüber der Stadtherrschaft, übernehmen die ,primores'.

Insgesamt ist die Sozialstruktur also äußerst heterogen. Von einer ,städtischen Gemeinde` mit einem entsprechende Gemeinschaftsbewusstsein kann trotz einiger Interessensüberschneidungen nicht gesprochen werden.

3.2 Nicht-kommunale Gemeinden und Zusammenschlüsse

Die städtische Gerichtsgemeinde und die Sondergemeinden wurden als städtische Verfassungsinstitutionen bereits erwähnt, inwiefern sie tatsächlich Gemeinschaften oder Gemeinden im politisch-sozialen Sinne darstellen und damit Ansatzpunkte für die Entwicklung einer kommunalen Gemeinde bilden, wird in der Forschung recht unterschiedlich bewertet. So sieht Steinbach30 die Wurzeln der Kölner Stadtgemeinde unmittelbar in der Rechtsgemeinschaft der Gerichtsgemeinde, während z.B. Stehkämper hier wesentlich vorsichtiger argumentiert: ,,So wenig diese Gemeinden eine Stadtgemeinde darstellten, so wenig brauchte daraus eine zu erwachsen." Die Bedeutung dieser ,,stadtherrlich geprägten Gemeinden" ist aber wohl darin zu sehen, dass ,,sie immer wieder die Bürgerschaft zusammenführten und diese zur Mitgestaltung des öffentlichen Lebens anregten".31 Sowohl Gerichtsgemeinde als auch Sondergemeinden sind Institutionen der bischöflichen Stadtverwaltung, demgegenüber stehen ,freie' Zusammenschlüsse innerhalb der Stadt, i.d.R. berufsgenossenschaftlicher Art. Die Existenz einer Kaufmannsgilde als genossenschaftliche Organisation der Kaufleute gilt schon für das späte 10. Jahrhundert als gesichert.32 Nach innen besteht ein starker Zusammenhalt der Mitglieder, z.B. auf dem Gebiet der bruderschaftlichen Hilfe. Die Kaufmannsgilde dürfte die Interessen ihrer Mitglieder auch nach außen - gegenüber der Stadtherrschaft - vertreten und versucht haben, auf (wirtschafts-)politische Entscheidungen Einfluss zu nehmen. Zünfte als genossenschaftliche Zusammenschlüsse der Handwerker sind für Köln erstmals 1149 belegt, können aber auch älter sein.

4. Stadtherr und Stadtbewohner: Konfliktpotentiale?

Es ist wohl deutlich geworden, dass dem Stadtherrn im 11. Jahrhundert keinesfalls eine geschlossene und schon gar keine irgendwie organisierte Stadtbevölkerung gegenüberstand. Es existiert keine kommunale Gemeinde, keine gemeinsame Interessenvertretung aller Kölner, denn dazu ist die Bevölkerung viel zu heterogen und die städtische Organisation viel zu sehr auf die umfassende Herrschaft des Erzbischofs ausgerichtet. Festzuhalten ist aber, dass sich eine ,bürgerliche' Oberschicht zu entwickeln beginnt, die wirtschaftlich ein enormes Potential besitzt und zumindest wirtschaftspolitische Entscheidungen zu ihren Gunsten zu beeinflussen versuchen wird. Mittel dazu könnte die Beteiligung an den verfassungsmäßigen Organen der Stadtherrschaft sein, von echter ,,Mitbestimmung" ist man aber noch weit entfernt. Offensichtlich übernimmt die Oberschicht auch so etwas wie die ,,Meinungsführerschaft" für die übrige Stadtbevölkerung, mit der sie gemeinsame wirtschaftliche Interessen verbinden.33

Aus den Verhältnissen bereits einen grundsätzlichen Gegensatz als ,,soziale Frage der Zeit" zu konstruieren34, geht m.E. zu weit; ein steigendes Selbstbewusstsein einer entstehenden bürgerlichen Führungsschicht mit einer gewissen Bereitschaft, eigene Interessen im Zweifelsfall auch gegen den Erzbischof zu vertreten, ist aber schon anzunehmen.

III. Einblicke in die Gemeindeentwicklung und die Anfänge der städtischen

Selbstverwaltung in Köln: Der Aufstand von 1074 und die Erhebung für Heinrich IV. 1106 Über den tatsächlichen Entwicklungsstand eines städtischen Bürgertums oder einer kommunalen Gemeinde gibt es keine unmittelbaren Angaben in den Quellen, die für das 11. Jahrhundert ohnehin relativ spärlich vorhanden sind. Aus dem vorhandenen Quellenmaterial können lediglich Rückschlüsse auf den Stand der kommunalen Entwicklung in Köln geschlossen werden. Einzelne, gut dokumentieren Ereignisse lassen Einblicke in die Gemeindeentwicklung zu, sozusagen ,,Momentaufnahmen", die sich ggf. zu einer Entwicklungslinie ergänzen lassen. Zwei solche Ereignisse sind der Aufstand gegen Erzbischof Anno I. im Jahre 1074 und die Erhebung der Kölner für König Heinrich IV. 1106. Gerade die Vorgänge von 1074 sind durch die Beschreibung des Chronisten Lampert von Hersfeld außergewöhnlich gut dokumentiert35, und über die Erhebung von 1106 und deren Ausgang geben die Hildesheimer Annalen36 und die Vita Heinrich IV.37 Auskunft.

1. Der Aufstand von 1074 und seine Konsequenzen

1.1 Der Aufstand in den Quellen

Hauptquelle für den Aufstand sind die Annalen Lamperts von Hersfeld, der die entsprechenden Ereignisse des Jahres 1074 ungewöhnlich ausführlich beschreibt. Lampert bezieht dabei immer eindeutig Stellung für Erzbischof Anno, lobt ausführlich dessen Milde und Gerechtigkeit bzw. verharmlost seine ,Charakterschwächen'. Seine Schilderungen lassen zudem auf für seine Zeit typische Wahrnehmungsweisen und ~Kategorien schließen, die schließlich auch seine die Darstellung der Dinge prägen38. In seinen Annalen beschreibt Lampert vordergründig die Ereignisse eines jeden Jahres, die den Begebenheiten zugrundeliegenden politischen und sozialen Verhältnisse scheinen aber immer wieder durch. Anlass für den Aufstand ist laut Lampert die Beschlagnahme eines bereits beladenen Kaufmannsschiffes für die Heimfahrt des Münsteraner Erzbischofs nach dem Osterfest durch Anno, die der Sohn des betroffenen Kaufmanns mit seinen Bediensteten und Freunden mit Gewalt verhindert. Dem Kaufmannssohn gelingt es, im Zuge der Auseinandersetzung das Stadtvolk gegen Anno und seine Diener aufzuwiegeln, und schließlich muss der Kölner Erzbischof vor den blutigen Tumulten aus der Stadt flüchten. Während das Volk in der Stadt weiter mordet und randaliert, sammelt Anno im Kölner Umland seine Anhänger um sich und zieht gegen die Stadt. Die Aufständischen geben nun auf, und die wohlhabendsten Handelsherren entziehen sich durch Flucht ihrer Bestrafung, die übrigen tun in St. Petrus Buße. Neben körperlichen Strafen und schweren Vermögensbußen müssen die des Aufruhrs Beschuldigten einen Eid leisten, die Stadt in Zukunft für den Erzbischof zu verteidigen.39

1.2 Spontane Revolte oder organisierte Erhebung?

Lampert deutet in seinem Bericht mehrmals an, die Kölner hätten, beeinflusst durch den Aufstand der Wormser gegen ihren Erzbischof ein Jahr zuvor, nur noch auf einen Anlass gewartet, der auch ihnen eine solche Erhebung gegen ihren Stadtherren ermöglicht:

,,Colonienses pessimum exemplum emulati suam [...] Ad patrandum nefarie chinabantur idoneam attulit occasionem." 40 . Er unterstellt den Kölnern damit gewissermaßen per se schlechte Absichten und gewissermaßen eine bereits geplante ,Revolution', der die Beschlagnahme des Schiffes als Auslöser gerade recht kommt.

Dies ist aber auch der einzige Hinweis, der auf eine organisierte Erhebung schließen ließe. In der weitern Beschreibung der Ereignisse wird vielmehr deutlich, wie überhastet und unkoordiniert die Aufständischen handeln. ,,Is [der Sohn des betroffenen Kaufmanns] assumptis famulis suis et iuvenibus ex civitate, quantos in ea trepidatione in auxilium suum consciscere potuit, concitus ad navem evolat [...]" 41 - dies ist nicht die einzige Stelle in Lamperts Bericht, der die Spontaneität des Aufruhrs untermauert. Lampert beschreibt auch die tobende Menge als übermütig (,,vulgus intemperans"), von teuflischem Geist getrieben (,,spiritu diabolico raptatem") und von fanatischer Wut, die sich in der Raserei wahllos gegen alles und jeden - auch gegen völlig Unbeteiligte - richtet42. Der Kaufmannsohn stiftet die Menge mit seinen Reden vielleicht zum diesem Aufruhr an, im späteren Verlauf zeigt sich aber niemand, der die Massen anführt und einen Angriff koordiniert. Die ,primores', ohne Erfahrungen in Kriegsdingen, reden zwar viel und schmieden läppische Pläne; sie machen als Führungsschicht innerhalb der Stadt allerdings keine Anstalten, die Raserei der Massen irgendwie zu lenken.43

Auf jeden Fall sind keine Ziele der Aufständischen in Bezug auf Veränderung der städtischen Herrschaftsordnung zu erkennen, das Aufbegehren richtet sich offensichtlich nicht gegen das ,System', sondern vielmehr gegen die Person Erzbischof Annos bzw. seine als ungerecht empfundene Anordnung. Er ist zunächst eine spontane Reaktion des Kaufmanns und seiner Gildegenossen gegen die Schiffsbeschlagnahme, eine reine Abwehrhaltung. Am Ende bricht die Auflehnung genauso schnell wieder zusammen, wie sie entstanden ist, und die Aufständischen ordnen sich willig der Strafe und der Autorität des Erzbischofs unter.

1.3 Rückschlüsse auf das Verhältnis Bürger- Stadtherr

44 Obwohl der Aufstand scheitert und sich die Kölner dem Erzbischof fügen müssen, zeigt sich in den Ereignissen doch ein gewachsenes Selbstbewusstsein der städtischen Führungsschicht, der ,primores', gegenüber der Stadtherrschaft: "Die auflodernde Empörung beweist das Selbstbewusstsein der reichen Kaufleute, der primores civitates, aber auch eine allgemeine Unruhe [...]".45 Das Selbstbewusstsein der ,primores' basiert auf ihrer wirtschaftlichen Macht, vermutlich aber auch auf ihrer Funktion als Führungsschicht innerhalb der Stadtbevölkerung, die ihnen bei ihrer Interessensvertretung eine gewisse Basis bietet. Sie sind zwar rein ,verfassungsmäßig nicht bevollmächtigt, für die Bürgerschaft zu sprechen, dürfen aber auf die Gefolgschaft der menge rechnen.46

Man nimmt nun Entscheidungen des Erzbischofs, die den eigenen Interessen und Rechtsvorstellungen widersprechen, nicht mehr hin, sondern ist offenbar bereit, eigene Rechte und Ansprüche gegenüber der bischöflichen Stadtherrschaft zu verteidigen - notfalls auch mit Gewalt. Die Kölner Kaufleute zeigen ,,Widerstand gegen die Versuche des Stadtherrn, den freien Bürger Dienstverpflichtungen aufzuerlegen"47. Dabei können sich die Kaufleute auf ihre Rechtstellung als freie Königsmuntlinge und auf ihre kaufmännische Rechtstraditionen48 berufen - eine Position, die im Widerspruch zu den allumfassenden Machtansprüchen des Erzbischofs steht. Diese bestehende ,Widerstandsbereitschaft' wird ggf. unterstützt und ermutigt durch den Erfolg, den die Wormser ein Jahr zuvor gegen ihren Erzbischof verzeichnen konnten49 ; ein direkter Zusammenhang des Kölner Aufstandes mit der Revolte in Worms ist aber zunächst nicht zu erkennen.

Aus der skizzierten Abwehrhaltung gegen die Ansprüche des Stadtherrn erwachsen noch keine Ansätze, sich als Bürgerschaft oder Stadtgemeinde zu organisieren und Bereiche der Stadtherrschaft in die eigene Hand zu nehmen. Der Erzbischof muss aber erkennen, dass er gegen die ,primores' nicht regieren kann, denn dazu ist vor allem ihre wirtschaftliche Bedeutung für die Stadt zu groß. Welche Wirkung allein die Flucht der wohlhabenden Handlesherren für Köln hat, beschreibt Lampert recht eindringlich: ,,Ita civitas paulo ante civibus frequentissima [...] subito pene redacta est in solitudinem [...]." 50 - das städtische Leben ist lahmgelegt.

Anno verpflichtet nach seiner Rückkehr die Kölner auf die Verteidigung der Stadt,51 ein Anzeichen dafür, dass er glaubt, die Sicherheit der Stadt auf Dauer nicht allein mit seiner Mannschaft gewährleisten zu können. Die Verpflichtung ist insofern weniger eine ,,Strafe" für die Kölner, sondern kann vielmehr als ,Eingeständnis' einer zumindest militärischen Schwäche der erzbischöflichen Herrschaft betrachtet werden.52

Koebner stellt an dieser Stelle fest: ,,Die Bürger führen unter der Gewalt des Erzbischofs ein wenig beaufsichtigtes Dasein; der allmächtigen Oberhoheit ist keine Organisation zugeordnet, die die Herrschaft über die Stadt gegen die Bürger selbst zuverlässig aufrechterhält."53 Der Erzbischof ist also nicht in der Lage, seine Herrschaftsansprüche im Konfliktfall durchzusetzen. Die Stadtherrschaft zeigt strukturelle Schwächen, während die Untertanen ein eigenes Selbstbewusstsein entwickeln - man kann zwar nicht von einer Erschütterung des gesamten Herrschaftsgefüges sprechen, aber eine gewisse Verschiebung der Machtverhältnisse zu Ungunsten des Erzbischofs bleibt festzuhalten.

1.4 Rückschlüsse auf den Entwicklungsstand einer kommunalen Gemeinde

Bei der Betrachtung des Aufstandes von 1074 fällt auf, dass die Initiative allein von den Kaufleuten ausgeht. Mit der Beschlagnahme des Schiffes fühlen sich als Gildegenossen alle Kaufleute in ihren Rechten bedroht; als eine solche Gemeinschaft treten sie auch in Aktion. Es sind die Interessen ihres Standes, die sie verteidigen wollen, nicht etwa politische Ansprüche der gesamten Einwohnerschaft. In erster Linie werden später auch sie bestraft, soweit sie nicht aus der Stadt geflohen sind - auch Anno sieht die Initiative offensichtlich bei ihnen.54

Lampert unterscheidet in seiner Darstellung klar zwischen den ,primores', den Vornehmen, die pläneschmiedend zum Gildemahl zusammensitzen, und dem ,vulgus', der sich zwar vom Kaufmannsohn zum Aufstand anstiften lässt, dann aber scheinbar führungslos wütet. Den Begriff ,Colonienses' benutzt Lampert in erster Linie, wenn er von den Ausschreitungen der Massen berichtet55. Es stellt sich die Frage, ob ,Colonienses' hier nur eine Herkunftsbezeichnung darstellt oder inwieweit damit eine einheitliche Gruppe gemeint ist - ,,die Kölner" als Gemeinschaft oder gar Gemeinde. Der Ablauf des Aufstandes und sein Ausgang machen relativ klar deutlich, dass es wohl keine bürgerliche Institutionen oder kommunale Organisation gegeben hat. Das Ganze verläuft dazu einfach zu unorganisiert und ziellos und es ist keine ,Führungsinstitution' im verfassungsmäßigen Sinne zu erkennen. Die Frage ist auch, inwieweit sich die Kölner 1074 überhaupt selbst als eine städtische Gemeinschaft verstanden haben. Wie bereits erwähnt, ist die Stadtbevölkerung wenig homogen in ihren Interessen und Lebensweisen, und bis auf die Gerichtsgemeinde gibt es keine Ansatzpunkte für eine die gesamte Bevölkerung überwölbende Gemeinschaft. Die übrigen Zusammenschlüsse sind stark interessen- bzw. standesbezogen oder lokal begrenzt. Dass es das Bewusstsein einer ,,Volksgemeinschaft", wie Koebner es als existent voraussetzt56, gegeben hat, erscheint vor diesem Hintergrund unwahrscheinlich. ,,Zwischen den unterschiedlichen Schichten in der Stadt gab es 1074 augenscheinlich keinen Zusammenhalt, geschweige denn einen Zusammenschluss."57

Mit der Verteidigung der Stadt übernehmen die Kölner jedoch nach dem Aufstand einen gemeinsamen Auftrag, der sie möglicherweise näher zusammenführt. Seine Ausführung wird eingewisses Maß an Koordination und Organisation erfordern, beispielsweise hinsichtlich des militärischen Aufgebots und der Finanzierung. Ob und wieweit sich daraus kontinuierlich eine organisierte Gemeinschaft oder gar eine städtische Gemeinde entwickelt, bleibt für die folgenden 32 Jahre - immerhin eine Generation - unklar, da die Quellen fehlen. Einen Einblick erlauben erst wieder die Ereignisse von 1106, als sich die Kölner gegen den Willen ihres Erzbischofs auf die Seite Heinrichs IV. stellen.

2. Die Erhebung für Heinrich IV. im Jahre 1106

War der Aufstand von 1074 eine rein kommunale Angelegenheit, spielen sich die Kölner Ereignisse von 1106 in engen Zusammenhang mit der Reichspolitik ab. Hintergrund ist hier der Thronstreit zwischen Kaiser Heinrich IV. und seinem Sohn Heinrich V., der 1104 entbrennt. Auf einem Reichstag in Mainz 1105 nimmt Heinrich V. seinen Vater gefangen und zwingt ihn zum Verzicht auf den Thron; im Januar 1106 wird Heinrich V. zum König gekrönt. Seinem Vater gelingt jedoch die Flucht aus der Gefangenschaft an den Niederrhein, von dort aus nimmt er den Kampf um die Krone wieder auf. Er kann einige lotharingischen Fürsten als seine Anhänger gewinnen und nutzt Lüttich und eben auch Köln als Stützpunkte. Heinrich V. zieht seinem Vater nach und gelangt auf diese Weise ebenso ins Rheinland.58

2.1 Heinrich IV. und die Kölner: Die Ereignisse von 1106

Erzbischof Friedrich von Köln lädt, wohl aus politischem Kalkül, den jungen Herrscher Heinrich V. in die Stadt ein. Der König feiert den Palmsonntag 1106 in Köln und zieht dann in eine Schalacht gegen Heinrich IV, die er in Visé an der Maas verliert. Auf dem Rückzug kommt Heinrich V. wieder nach Köln, um dort Ostern zu verbringen. Und nun greifen die Kölner Bürger ein: sie verweigern dem König den Zutritt zur statt und stellen sich, gegen den Willen ihres Stadtherrn, auf die Seite Heinrichs IV.,59 den sie trotz dessen Thronverzichts weiter als rechtmäßigen Herrscher anerkennen. Heinrich V. muss Ostern in Bonn verbringen.60

Nachdem sich die Kölner auf seine Seite gestellt haben, ist Heinrich ihnen gewissermaßen verpflichtet. Er kommt also Mitte April nach Köln, wo die Bürger ihm einen ehrenvollen Empfang bereiten. Ihren Erzbischof, der sich ja auf die Seite Heinrichs V. geschlagen hatte, vertrieben die Kölner aus der Stadt, und sie schwören dem Kaiser, die Stadt für ihn innen und außen zu bewachen. Gleichzeitig erhalten sie von ihm das Recht und den Auftrag, die Befestigungsanlagen instand zu setzen und dabei die Vororte Oversburg, Niederich und St. Aposteln in die Stadtbefestigung mit einzubeziehen.61. Im Hochsommer können die Kölner gemeinsam mit Söldnern aus Niederlothringen und den Bewohnern des Umlandes einen Angriff Heinrichs V. abwehren, indem sie den Rhein als Zufahrtsweg sperren,62 ; am 7.

August stirbt Heinrich V. in Lüttich.

2.2 Die Kölner als eigenständiger politischer Faktor

,,Das Gesamtleben, dass in der Epoche Heinrichs IV. halbklar empordrängte, war einer doppelten politischen gestaltungsfähig"63, schreibt KOEBNER zu den Vorgängen von 1106. Diese Gestaltungskraft zeigt sich zum einen in der Verfechtung eigener Interessen und Rechtsansprüche gegenüber dem Stadtherrn, zum anderen bringen sich die Kölner aber auch als ,,einzelne Bürgerschaft [...] als Glied des Reiches zur Geltung"64: Sie mischen sich in den Konflikt zwischen Heinrich IV. und seinem Sohn ein und betreten damit die politische Bühne der Reichspolitik. Auch, wenn das Bürgertum insgesamt wohl noch zu schwach und uneinheitlich war, um in der Reichspolitik dauerhaft eine Rolle zu spielen, so zeigen sich im Auftreten der Kölner doch wenigstens der Anspruch und der Wille, als politische Kraft neben den geistlichen und weltlichen Grossen zu treten.

Heinrich IV. erkennt diesen Anspruch gewissermaßen ,offiziell' an, als er der Kölner Bürgerschaft den Eid zur Stadtverteidigung abnimmt und sie- und nicht den rechtlich eigentlich zuständigen Erzbischof - mit den Befestigungsarbeiten betraut. Die Bürgerschaft wird quasi von höchster Stelle als ein Rechtskörper anerkannt, der mit dem Stadtherrn rechtlich auf einer Stufe steht: ,,Erstmals hebt sich hier eindeutig die gesamte Bürgerschaft aus den Quellen heraus, und zwar als Rechtspartner des Königs."65 Wichtig ist hier auch, dass die gesamte Bürgerschaft dem König gegenübertritt. Die Zeugnisse sprechen hier von ,,cives", also Bürgern, es sind nicht mehr nur die ,primores' als Führungsschicht, die in Erscheinung treten. Damit ist anzunehmen, dass die Kölner, zumindest was die Aktionen und Entscheidungen im Zusammenhang mit ihrer Erhebung für Heinrich IV. betrifft, eine einheitliche, geschlossene Gemeinschaft bilden.66

Dass die Kölner auch militärisch eine wirksame Macht aufbieten können, beweisen sie wenig später. Zusammen mit den Lüttichern und dem Herzog von Limburg gelingt es ihnen, zwischen Rhein und Maas eine Verteidigungslinie gegen den heranrückenden Heinrich V. aufzubauen und dann der Belagerung durch Heinrich V. und seinen Truppen - angeblich 20.000 Mann - standzuhalten. Heinrich V. muss abziehen, weil die Kölner die Rheinschifffahrt und damit seinen Nachschub sperren, und neben diesem taktischen Vorteil erweisen sie sich auch als entschiedene Kämpfer.67 Dass sich die Kölner auch als politisch als die eigentlichen Herren über die Stadtbegrenzung verstehen, haben sie bereits bewiesen, als sie Heinrich V. zu Ostern den Zutritt zur Stadt verweigerten, gegen den Willen des eigentlichen Trägers der Stadthoheit, Erzbischof Friedrich.

SCHULZ bewertet die Position der Kölner Bürgerschaft folgendermaßen: ,,Kraft Kaiserlicher Autorität oder zumindest unter Berufung auf diesen als Legitimationsgrundlage war in dieser historischen Konstellation eine militärisch und politisch selbständig handelnde Stadtgemeinde hervorgetreten."68. Damit ist der Kern getroffen, und es scheint durch, dass nun eine Gemeinde agiert, eine geschlossene städtische Gemeinschaft, die organisiert handelt, um Gemeinschaftsbeschlüsse und gemeinsame Aufträge wirkungsvoll umzusetzen.

2.3 Die Stadterweiterung und ihre Bedeutung für die Entwicklung der Stadtgemeinde

Mit dem Auftrag zur Sicherung und Befestigung der Stadt übernehmen die Kölner nun Aufgaben, deren Umsetzung die ein hohes Maß an Planung Organisation erfordern. Heinrich IV. überträgt der Bürgerschaft die Pflicht, die Stadt ,,nach drinnen"69 zu schützen, damit überantwortet er ihnen indirekt auch das Recht, den Ausbau und die innere Organisation der Stadt nach ihren Interessen zu bestimmen. Der Erzbischof verliert damit de facto das wichtige ordnungspolitische Instrument der Stadtplanung.70. Hier müssen also in Zukunft durch die Bürgerschaft Entscheidungen getroffen und umgesetzt werden - eine Aufgabe, die eine organisierte Gemeinschaft erfordert.

Viel unmittelbarer kommt aber die Befestigung und Sicherung der Stadt nach außen auf die Kölner zu. Der Auftrag Heinrich IV. bedeutet faktisch die Übernahme des Befestigungsrechts durch die Bürgerschaft - ein Recht, das weitreichende Aufgaben und Zuständigkeiten mit sich bringt. Die Bauarbeiten müssen koordiniert und finanziert, Mittel für das militärische Aufgebot eingetrieben und verwaltet werden. ,,Das Befestigungsrecht aber bedeutet Wehrhoheit, also das Recht und die Pflicht, sich selbst zu verteidigen und zum eigenen Schutz sich mit eigenen Mitteln vorzusehen."71, und mit dieser Wehrhoheit einher gehen das Aufgebotsrecht, das Recht, Kriegssteuern zu erheben, und auch das Recht auf eine eigenständige Außenpolitik72. Diese Aufgaben erfordern eine gesamtstädtische Initiative und es ist anzunehmen, dass sie eine große Bedeutung für das Zusammenwachsen der Bürgerschaft hatten.

Gemeinsame Herausforderungen bringen die gesellschaftlichen Gruppen zusammen und erfordern eine gewisse Institutionalisierung der Zusammenarbeit, um die Umsetzung organisieren zu können. Wie hoch dieser Institutionalisierungsgrad tatsächlich ist, lässt sich schwer beurteilen. Wahrscheinlich ist, dass die Koordination von der ,primores' ausgeht, die sich ja bereits als Führungsschicht etabliert haben und vermutlich auch den größten finanziellen Anteil an Vorhaben tragen.73 Als Verwaltungsorgan, z.B. bezüglich der Finanzen kommen die Schöffen in Frage, denn sie haben sich seit 1074 bereits als bürgerliche Teilhaber in der bischöflichen Verwaltung profiliert.74

Dennoch bleibt zu betonen, dass sich bis hierher keine eigenen Institutionen der städtischen Selbstverwaltung gebildet haben. Bereits bestehende Gruppen übernehmen Verwaltungs- und Organisationsfunktionen; Bürgerversammlungen, vermutlich von der Teilnehmerschaft her identisch mit der Gerichtsgemeinde, treffen unter der Führung der ,primores' die Entscheidungen. Dennoch: ,,Beider Zusammenhalt [der Oberschicht und der breiten Bevölkerung] verfestigte sich und ebenso das Verfahren, als einheitliche Gemeinschaft durch einen einheitlichen Gesamtwillen zu einheitlichem Gesamthandeln zu kommen."75 Eine ,Vorstufe' für Institutionen sozusagen, die in der gegenwärtigen Situation aber noch ausreicht, um die anstehenden Aufgaben zu bewältigen.

3. Die Stadtgemeinde - 1074 und 1106 im Vergleich

Für das Jahr 1106 kann man also von einer Gemeinde sprechen, die Aufgaben der städtischen Selbstverwaltung übernimmt, sich organisiert und gewisse Strukturen aufbaut, und die sich eindeutig von der Stadtherrschaft des Erzbischofs verselbständigt. Die Rechte und Aufgaben, die die Kölner 1106 erhalten, bleiben dauerhaft bestehen und bilden sogar einen Ansatzpunkt für die weitere Entwicklung der städtischen Selbstverwaltung. Dass der neue Status sich auf Dauer hält, zeigt die Tatsache, dass auch Heinrich V. als neuer Herrscher nach dem Tod seines Vaters die Position der Bürger nicht antastet.76 Die Bürger handeln weiterhin eigenständig und nach ihren Interessen, so z.B. in der Verschwörung der rheinischen Fürsten gegen Heinrich V., die sie 1114 zunächst mittragen, sich dann aber 1119 gegen den Willen ihres Erzbischofs auf die Seite des Königs stellen.77

1074 dagegen entstand ein spontaner Aufstand, der von einigen wenigen, nicht von einer städtischen Gemeinschaft ausging, und in dessen Verlauf sich keine Struktur und keine Organisation erkennen lässt. Nachdem der Aufstand beendet ist, sind auch keine Auswirkungen auf das Herrschaftsgefüge zu erkennen, es gibt keine dauerhafte, zukunftsweisende Wirkung auf die Entwicklung der städtischen Selbstverwaltung.

Koebner ist hier eindeutig zuzustimmen, wenn er feststellt: ,,Der auffälligste Unterschied zwischen den beiden Erhebungen liegt in ihrem Ausgang. Die schöpferische Nachwirkung der zweiten aber ist nicht so sehr durch ihr unmittelbares [...] Gelingen bedingt worden, als durch die unvorgesehene Notwendigkeit zu fortgesetztem Gemeinschaftshandeln, die sie im Zusammenhang der Ereignisse den Bürgern auferlegte."78

IV. Schlussbetrachtung

Die Beobachtungen legen insgesamt nahe, dass zwischen 1074 und 1106 entscheidende Schritte bin der Entwicklung einerstädtischen Gemeinde oder wenigstens eines ,Gemeinschaftsbewusstseins' stattgefunden haben müssen. Die Verläufe beider betrachteten Ereignisse bzw. ihre Ausgänge oder Folgen unterscheiden sich im wesentlichen Punkten in bezug auf die Geschlossenheit der Bürgerschaft und deren gemeinschaftliches Handeln. Der spontanen Revolte von 1074 ohne einheitliche Ziele oder Führung steht 1106 eine relativ organisierte, zielgerichtete und effizient handelnde Bürgerschaft gegenüber. Dabei fällt auf, dass sich zur Koordinierung und Ausführung der Gemeinschaftsbeschlüsse keine Institutionen oder Organe der Stadtverwaltung neu bilden. ,,Vielmehr übernimmt mit den ,primores' eine bereits existierende Führungsschicht die entsprechenden Aufgeben , denn eine auf Dauer verfasste Stadtgemeinde war zu den jeweiligen Beschlüssen zunächst nicht unbedingt notwendig."79 Es gibt augenscheinlich keinen ,Akt der Gemeindegründung', sondern die kommunale Gemeinschaft entwickelt sich prozesshaft im Rahmen der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten. ,,Gemeinschaftsbildend werden dabei neben wirtschaftlichen Interessen die Verfolgung gleichgearteter Ziele gewesen sein, wie sie [...] mit Sicherheit in der Organisation und Finanzierung des Mauerbaus und der Stadterweiterung von 1106 bestanden."80

Das Verhältnis zum Erzbischof verändert sich vor allem durch ein gestiegenes Selbstbewusstsein und eine größere Geschlossenheit der Städter gegenüber ihrem Stadtherrn. Sie setzen ihre eigenen Interessen und Ziele nun auch gegen den Willen der Stadtherrschaft durch, ohne aber in eine prinzipielle Opposition gegen den Erzbischof zu treten oder die Herrschaftsstrukturen grundlegend revolutionieren zu wollen. Elemente städtischer Selbstverwaltung treten zunächst neben die Stadtherrschaft und schränken diese in ihrer Absolutheit ein, ohne sie aber grundsätzlich in Frage zu stellen. Neben Organen der bischöflichen Stadtherrschaft entwickeln sich neue Entscheidungs- und Organisationsstrukturen, die sukzessive Aufgaben und Rechte übernehmen. Damit ist jedoch ein Weg eingeschlagen, der die Entwicklung der kommunalen Selbstverwaltung in Köln bestimmen wird.

Die Stadtgemeinde als kommunale Organisationsform im engeren Sinne nimmt erst im Laufe des 12. Jahrhunderts greibare Gestalt an. Das Stadtsiegel, das im Namen der Kölner Bürgerschaft vom Schöffenkollegium geführt wird, ist z.B. auf die Jahre um 1115 datiert. Ein Bürgerhaus, weithin als Versammlungsort der Gemeinde und Sitz der kommunalen Selbstverwaltung interpretiert, ist für 1149 nachzuweisen.81 Der Stadtrat als ,Sinnbild' der voll ausgebildeten Kommune wird erstmals in einer Urkunde von 1216 benannt.82 Inwieweit diese Entwicklung aus den in dieser Arbeit skizzierten ersten Ansätzen städtischer Selbstverwaltung notwendig folg, wäre eine interessante Anschlussfragestellung.83

V. Bibliographie

1. Quellen

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2. Sekundärliteratur

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Dilcher, Gerhard: Bürgerrecht und Stadtverfassung im europäischen Mittelalter. Köln/ Weimar/ Wien 1996.

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Erkens, Franz-Reiner: Sozialstruktur und Verfassungsentwicklung in der Stadt Köln während des 11. und frühen 12. Jahrhunderts. In: Jarnut, Jörg/ Peter Johannek (Hrsg.): Die Frühgeschichte der europäischen Stadt im 11. Jahrhundert. Köln/ Weimar/ Wien 1998 (= Städteforschung, Reihe A, Bd. 43), S. 169-192.

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Vollrath, Hanna: Konfliktwahrnehmung und Konfliktdarstellung in den erzählenden Quellen des 11. Jahrhunderts. In: Weinfurter, Stefan (Hrsg.): Die Salier und das Reich, Bd. 3, S. 279- 296.

[...]


1 Stehkämper, Hugo: Die Stadt Köln in der Salierzeit. In: Weinfurter, Stefan (Hrsg.): Die Salier und das Reich. Bd. 3: Gesellschaftlicher und ideengeschichtlicher Wandel im Reich der Salier. Sigmaringen 1991, 77-152. (künft. zit.: Stehkämper, Köln in der Salierzeit.), S. 77, 144, 148.

2 Jakobs, Herrmann: Verfassungstopographische Studien zur Kölner Stadtgeschichte des 10.- 12. Jahrhunderts. In: Stehkämper, Hugo (Hrsg.): Köln, das Reich und Europa. Abhandlungen über weiträumige Verflechtungen der Stadt Köln in Politik, Recht und Wirtschaft im Mittelalter. Köln 1971, 49-122. (künft. zit.: Jakobs, verfassungstopograph. Studien), S. 50.

3 Beyerle, Konrad: Die Entstehung der Stadtgemeinde Köln. Kritische Bemerkungen zur älteren Kölner Verfassungsgeschichte. In: ZRGG, GA Bd.31, 1910, 1-67 (künft. zit.: Beyerle, kritische Bemerkungen), passim.

4 Lau, Friedrich: Entwicklung der kommunalen Verfassung und Verwaltung der Stadt Köln bis zum Jahre 1396. o.O., 1898 (künft. zit.: Lau, kommunale Verfassung), passim.

5 Koebner, Richard: Die Anfänge des Gemeinwesens der Stadt Köln. Zur Entstehung und ältesten Geschichte des deutschen Städtewesens. Bonn 1922. (künft. zit.: Koebner Gemeinwesen), passim.

6 Steinbach, Franz: Zur Sozialgeschichte Kölns im Mittelalter. In: Repgen, Konrad/ Skalweit Stephan (Hrsg.): Spiegel der Geschichte. Festausgabe für Max Birnbach. Münster 1964. (künft. zit.: Steinbach, Sozialgeschichte), passim.

7 Ennen, Elisabeth: Kölner Wirtschaft im Früh- und Hochmittelalter. In: Kellenbenz, Herman (Hrsg.): Zwei Jahrtausende Kölner Wirtschaft. Bd.1: Von den Anfängen bis zum Ende des 17. Jahrhunderts. Köln 1975, 87-215. (künft. zit.: Ennen, Kölner Wirtschaft), passim.

8 Erkens, Franz-Reiner: Sozialstruktur und Verfassungsgeschichte der Stadt Köln während des 11.und frühen 12. Jahrhunderts. In: Jarnut, Jörg/ Johanek, Peter (Hrsg.): Die Frühgeschichte der europäischen Stadt im 11. Jahrhundert. Köln/ Wien/ Weimar 1998. (künft. zit.: Erkens, Sozialstruktur), passim.

9 Stehkämper, Köln in der Salierzeit, passim.

10 Zum Aufschwung des Handels allgemein s. auch Pierenne, Henri: Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Europas im Mittelalter. 7. Aufl., Tübingen/ Basel 1994 (künft. zit.: Pierenne, Europa), S. 29-42.

11 Einen Überblick der Entwicklung seit der Merowingerzeit geben u.a. Stehkämper, Köln in der Salierzeit, S.77-90 und Ennen, Elisabeth: Erzbischof und Stadtgemeinde in Köln bis zur Schlacht von Worringen (1288). In: Petri, Franz (Hrsg.): Bischofs- und Kathedralstädte des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Köln/ Wien 1976,27-64 (künft zit.: Ennen, Erzbischof und Stadtgemeinde), S. 27-34; eine sehr detaillierte Darstellung bei Jakobs, verfassungstopograph. Studien, S. 64-95.

12 Auch in Köln findet sich der in Europa verbreitete ,,topographische Dualismus" zwischen dem Bischofsitz innerhalb der Römermauern als altstädtischem Kern und einer außerhalb gelegenen kaufmännisch dominierten Marktsiedlung, vgl. dazu auch Ennen, Europäische Züge der mittelalterlichen Kölner Stadtgeschichte. In: Stehkämper, Hugo (Hrsg.): Köln, das Reich und Europa. Abhandlungen über weiträumige Verflechtungen der Stadt Köln in Politik, Recht und Wirtschaft im Mittelalter. Köln 1991, 1-48 (künft. zit.: Ennen, europäische Züge), S. 13

13 Dieser Zuzug speist sich aus ganz Mitteleuropa, vgl. Ennen, Edith, europäische Züge, S.

14 Zur Bevölkerungsentwicklung vgl. Ennen, Kölner Wirtschaft, 95f.

15 Ein Überblick über die Reichskirchenpolitik und ihre Ziele bei Schulze, Hans K.: Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier. 2. Aufl., Berlin 1994 (künft. zit.: Schulze, hegemoniales Kaisertum), S. 111-115.

16 Die Bedeutung der Heraustrennung des städtischen Gerichtsbezirks aus dem Kölngau für die verfassungsmäßige Entwicklung Kölns betont u.a. Beyerle, kritische Bemerkungen, S. 4, vgl. auch Ennen, europäische Züge, S. 14f.

17 Vgl. Dilcher, Gerhard: Bürgerrecht und Stadtverfassung im europäischen Mittelalter. Köln/ Wien/ Weimar 1996 (künft. zit.: Dilcher, Bürgerrecht), S. 51f.

18 Stehkämper, Köln in der Salierzeit, S. 91.

19 Dazu sehr ausführlich die rechtshistorisch orientierten Studien von Koebner, Gemeinwesen, S. 114-164 (§7 Die Verfassung der Stadtherrschaft) und Lau, kommunale Verfassung und Verwaltung, S. 54-72.

20 Zu Bedeutung und Aufgaben der Parochien oder Sondergemeinden s. auch Erkens, Sozialstruktur, 178f. und Lewald, Ursula: Köln im Investiturstreit. In: Fleckenstein, Josef (Hrsg.): Investiturstreit und Reichsverfassung. Sigmaringen 1973, 373-379 (künft. zit.: Lewald, Investiturstreit), S. 376ff.

21 Dazu Steinbach, Sozialgeschichte, S.180.

22 Jakobs, Hermann: Stadtgemeinde und Bürgertum um 1100. In: Diestelkamp, Bernhard (Hrsg.): Beiträge zum hochmittelalterlichen Städtewesen. Köln/ Wien 1982, 14-54 (künft. zit.: Jakobs, Stadtgemeinde und Bürgertum), S. 15.

23 Vgl. Erkens, Sozialstruktur, S.172.

24 Vgl. Ennen, Kölner Wirtschaft, S. 126.

25 Zur sozialen Stellung der Handwerker vgl. u.a. Planitz, Hans: Die deutsche Stadt des Mittelalters. Von der Römerzeit bis zu den Zunftkämpfen. Wien/ Köln/ Graz 1973 (künft. zit.: Planitz, dt. Stadt), S. 81ff.

26 Ennen, Kölner Wirtschaft, S. 129.

27 Vgl. Steinbach, Sozialgeschichte, S. 175.

28 Ennen, Kölner Wirtschaft, S. 127.

29 Vgl. Planitz, dt. Stadt, S. 99ff.

30 Vgl. Steinbach, Sozialgeschichte, S. 179

31 Zitate aus Stehkämper, Köln in der Salierzeit, S. 119.

32 Zur Kölner Gilde und ihrer Bedeutung vgl. auch Ennen, Elisabeth: Die europäische Stadt des Mittelalters. 4. Aufl., Göttingen 1987 (künft. zit:. Ennen, europ. Stadt), S.115; Koebner, Gemeinwesen, S. 224 ff.; Lau, kommunale Verfassung, S 40ff.

33 vgl. Koebner, Gemeinwesen, S. 236 ff.

34 vgl. Steinbach, Sozialgeschichte, S. 178.

35 Die im Folgenden verwendete zweisprachige Ausgabe: Lamperti Monachi Hersfeldienses/ Lampert von Hersfeld: Annales/ Annalen. Neu übers. Von Adolf Schmidt, erl. Von Dietrich Fritz. Darmstadt 1957 (= Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe, hrsg. von R. Buchner, Bd. XXIII) (künft. zit.: Lampert, Annalen).

36 Annales Hildesheimenses. Hrsg. von G Waitz, in: MGH SSrG 8. Hannover 1878 (künft. zit.: Annales Hildesheimenses).

37 Vita Heinrici IV. Imperatoris (Vita Heinrichs VI.), ed. W. Wattenbach, MGH SSrG 12, Hannover 1856. (künft. zit. Vita Heinrici).

38 Dazu ausführlich: Vollrath, Hanna: Konfliktwahrnehmung und Konfliktdarstellung in den erzählenden Quellen des 11. Jahrhunderts. In: Weinfurter, Stefan (Hrsg.): Die Salier und das Reich. Bd. 3: Gesellschaftlicher und ideengeschichtlicher Wandel im Reich der Salier. Sigmaringen 1991, 279-296 (künft. zit.: Vollrath, Konfliktwahrnehmung), passim.

39 Lampert, Annalen, S. 236-249.

40 Lampert, Annalen, S. 236; auch : ,,Preterea in mentem venibat Wormacensium insigne preclarumque facinus", ebd., S.238.

41 ebd., S. 236.

42 Vgl. ebd., S. 242 : ,,Inter haec arreptum quedam de turba super partam urbis [...] suspedund, magis in hoc fueri suo, quo preciptes raptabantur, stisfacientes [...]"

43 Vgl. ebd., S. 238: ,,Conferunt primores inepta consilia..."

44 Bürger steht hier v.a. für die Oberschicht

45 Ennen, Erzbischof und Stadtgemeinde, S.36.

46 Vgl. Koebner, Gemeinwesen, S. 113f.

47 Steinbach, Sozialgeschichte, S. 177.

48 Zur Rechtstradition der Kaufleute, dem ,ius mercatorum' als überlieferter Rechtsgewohnheit, vgl. Pirenne, Europa, S. 55f., Dilcher, Bürgerrecht, S. 59f.

49 Zur Erhebung in Worms 1073 vgl. u.a. Schulz, Knut: ,,Denn sie lieben die Freiheit so sehr..." Kommunale Aufstände des europäischen Bürgertums im Hochmittelalter. 2. Aufl., Darmstadt 1995 (künft zit.: Schulz, kommunale Aufstände), S. 78ff.

50 Lampert, Annalen, S. 248

51 Vgl. Lampert, Annalen, S. 248.

52 Vgl. auch Stehkämper, Köln in der Salierzeit, S. 95.

53 Koebner, Gemeinwesen, S. 125.

54 Vgl. dazu auch Erkens, Sozialstruktur, S. 182f.

55 Vgl. Lampert, Annalen, S. 238ff.

56 Vgl. Koebner, Gemeinwesen, S. 234ff.

57 Stehkämper, Hugo: Zur Entstehung der Kölner Stadtgemeinde. Wann und wie könnte sie im Mittelalter zustande gekommen sein? In: Schmitz, Wolfgang (Hrsg.): Jahrbuch 65 des kölnischen Geschichtsvereins e.V. Köln 1994, 1-12 (künft. zit:. Stehkämper, Entstehung der Stadtgemeinde), S. 3.

58 Vgl. dazu Schulze, hegemoniales Kaisertum, S. 450f.

59 Es stellt sich natürlich die Frage, warum sich die Kölner auf die Seite des alten Kaisers stellen, und das gegen ihren Erzbischof und angesichts der Gefahr, in die Kampfhandlungen hereingezogen zu werden. Die genauen Beweggründe sind nicht überliefert, es bleibt aber festzuhalten, dass Heinrich IV. allgemein in den Städten ein hohes Ansehen genoss, da seine Friedenspolitik sehr förderlich für den Handel war (vgl. dazu Stehkämper, Köln in der Salierzeit, S.121f. und Koebner, Gemeinwesen, S. 251f.) Zudem bestand augenscheinlich eine enge Verbundenheit Heinrichs zu Köln, denn er besuchte zwischen 1074 und 1106 zehnmal die Stadt, feierte dort Weihnachten, Ostern und 1089 sogar seine Hochzeit.

60 Vgl. dazu Koebner, Gemeinwesen, S. 252ff.

61 Quellen hierfür sind die Hildesheimer Annalen: Annales Hildesheimenses. Hrsg. von G. Waitz MGH SSrG, Hannover 1880 (künft. zit.: Hildesheimer Annalen), S. 110 . ,,[...]iterum Coloniam revitur; civesque illi cum iuramento urben sibi custodire promiserunt,ac deinde, sicut docti fuerant ab eo, intus et fortis optime muniere ceperunt." und die Vita Heinrichs VI: Vgl. Vita Heinrici IV. Imperatoris (Vita Heinrichs VI), ed. W. Wattenbach, MGH SSrG Bd.12, Hannover 1856 (künft zit.: Vita Heinrici IV), S. 282: "Cum igitur audisset Henricus dux, et Colonienses cum Leodicensibus, quod super rex exercitum ducere vellet, arma prabant..."

62 Zur Belagerung Kölns durch Heinrich V. und den Maßnahmen der Kölner: Vita Heinrici, S. 282: ,,Iam rex Renum cum ceercitu valido transierat

63 Koebner, Gemeinwesen, S. 250.

64 Ebd., S. 251.

65 Stehkämper, Köln in der Salierzeit, S. 123.

66 Vgl. auch Erkens, Sozialstruktur, S. 185.

67 Vgl. Hildesheimer Annalen, S. 110. ,,Colonienses vero ut bonimilites stabant inperterriti, fortiter ei resistentes, et strennuissime , qualiter numquam antea est visum [...]"

68 Schulz, kommunale Aufstände, S. 84.

69 Hildesheimer Annalen, S.110 , `intus et foris se optime munire ceperunt"

70 Vgl. Stehkämper, Köln in der Salierzeit, S.123.

71 Ebd., S. 124.

72 Erste Ansätze dazu zeigen die Kölner, als sie mit den Lütticher ein Schwurbündnis zur Verteidigun g gegen Heinrich V, schließen, vgl. dazu Erkens, Sozialstruktur, S. 184.

73 Vgl. Lewald, Investiturstreit, S. 387, Stehkämper, Entstehung der Stadtgemeinde, S. 8f.

74 Ein Anzeichen für die wachsende Bedeutung der Schöffen ist u.a. die Tatsache, dass ihre Namen 1103 in der Urkunde zu einer Zollvereinbarung mit Huy auftauchen, sie bestätigen dort im Namen des Erzbischofs sie Zollsätze. Offensichtlich sind sie nun nicht mehr nur in der Gerichtsbarkeit tätig, sondern übernehmen auch Aufgaben in der städtischen Verwaltung und Repräsentation. (vgl. dazu Lewald, Investiturstreit, S. 385f.), Stehkämper, Entstehung der Stadtgemeinde, S. 7f.

75 Stehkämper, Entstehung der Stadtgemeinde, S. 6.

76 Vgl. Stehkämper, Köln in der Salierzeit, S. 124f., auch Erkens, Sozialstruktur, S. 186 und Koebner, Gemeinwesen, S. 262f.

77 Vgl. dazu Steinbach, Sozialgeschichte, S. 177; auch Stehkämper, Köln in der Salierzeit, S.128ff.

78 Koebner, Gemeinwesen, S. 264 (Hervorhebungen im Original).

79 Stehkämper, Köln in der Salierzeit, S. 126.

80 Erkens, Sozialstruktur, S.191.

81 Vgl. Planitz,dt. Stadt, S. 115

82 Vgl. Lau, kommunale Verfassung, S.98.

83 Vgl. dazu Dilcher, Bürgerrecht, S. 41ff.: Stadtherrschaft oder kommunale Freiheit - das 11. Jahrhundert - ein Kreuzweg?

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Die Anfänge städtischer Selbstverwaltung in Köln. Vom Aufstand von 1074 bis zur Stadterweiterung 1106
Note
1
Autor
Jahr
2000
Seiten
24
Katalognummer
V97484
ISBN (eBook)
9783638959360
Dateigröße
501 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Anfänge, Selbstverwaltung, Köln, Aufstand, Stadterweiterung
Arbeit zitieren
Svenja Kunze (Autor:in), 2000, Die Anfänge städtischer Selbstverwaltung in Köln. Vom Aufstand von 1074 bis zur Stadterweiterung 1106, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/97484

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