Virtuelle Unternehmen und Electronic Commerce


Seminararbeit, 2000

27 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Das Modell der virtuellen Unternehmung
2.1 Begriffsbildung und Definition
2.2 Merkmale der virtuellen Unternehmen
2.2.1 Mehrere rechtlich und wirtschaftlich unabhängige Partner
2.2.2 Konzentration auf Kernkompetenzen
2.2.3 Informations- und Kommunikationssysteme
2.2.4 Identitätsbildung
2.2.5 Der Zeitaspekt
2.2.6 Abgrenzung zu ähnlichen Konzepten
2.3 Lebensphasen der virtuellen Unternehmung
2.3.1 Anbahnung und Partnersuche
2.3.2 Vereinbarung der Zusammenarbeit
2.3.3 Durchführungsphase
2.3.4 Auflösung und Neukonfiguration

3. Virtuelle Unternehmen und Electronic Commerce
3.1 Transaktionskostenökonomie
3.2 Virtuelle Unternehmen und Transaktionskosten
3.3 Virtuelle Unternehmen in elektronischen Märkten

4. Praktische Beispiele virtueller Unternehmen

5. Fazit und Ausblick

Einleitung

Die Wettbewerbsbedingungen zwischen den Unternehmen sind in den letzten Jahren immer härter geworden. Die Liberalisierung und Globalisierung der Märkte, die mit einer enormen Innovationsdynamik bei Produkten und Prozessen und einem gesellschaftlichen Wandel einhergeht, intensiviert den Wettbewerb und stellt die Unternehmen vor neue komplexe Anforderungen. Die klassischen Organisationsformen genügen diesem veränderten Wettbewerbsdruck nicht mehr in dem Umfang wie es notwendig wäre. In den Vordergrund treten Eigenschaften wie Flexibilität, Schnelligkeit, Kundenorientierung und Kostenersparnis. Die Probleme der Unternehmen wurden durch Restrukturierungsmaßnahmen wie "Lean Management", "Reengineering", "Prozessorientierung" oder "TQM" noch nicht nachhaltig gelöst. Ein Grund dafür, ist die Ausrichtung dieser Ansätze auf die reine Kostenebene. Viele Unternehmen konzentrierten sich lediglich darauf, das bestehende Leistungsangebot auf die Kernkompetenzen zu reduzieren um dabei mit verringertem Ressourceneinsatz und verbesserter Qualität sicher im Markt bestehen zu können.

Strategische Wettbewerbsvorteile können jedoch nur mit Strategien erreicht werden, die den Unternehmen helfen neue Märkte zu schaffen, neue Produkte (Systemlösungen) anzubieten und Flexibilität besitzen. Insbesondere kleinere und mittelständische Unternehmen verfügen nicht über die notwendigen Ressourcen, um alleine den Herausforderungen der heutigen Situation begegnen. Der Aufbau des Know-Hows, das nötig ist um den gestiegenen Kundenansprüchen gerecht zu werden ist umfangreich und kostspielig. Ein Lösungsansatz zur Erfüllung dieser Anforderungen ist eine neue Organisationsform, die in der Lage ist schnell Problemlösungskompetenzen aufzubauen und mit einer effizienten Leistungserstellung reagieren kann, dabei das Know-How zu bündeln vermag und die Transaktionskosten senkt. Erreichbar ist dies nur durch die Kooperation von Unternehmen.

Bekannte Beispiele sind Kooperationen wie Joint Ventures oder strategische Allianzen, die vertraglich fixiert sind. Durch diese Fixierung werden die Transaktionskosten zwar begrenzt, kann die Kooperation aber nicht als Reaktion auf neue Markterfordernisse dynamisch neu ausgerichtet werden. Dieser Nachteil der starren Kooperation kann durch die Schaffung virtueller Unternehmen vermieden werden, die sich gerade durch eine variable und dynamische Rekonfigurierbarkeit auszeichnen, da die partizipierenden Unternehmen relativ lose aneinandergekoppelt sind. Die normalerweise steigenden Koordinationskosten werden hierbei durch den Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologie im Rahmen gehalten.

Dieses Konzept ist nichts mehr völlig Neues, sondern eine logische Weiterführung der sich durch neuer und moderner Technologie ergebenden Restrukturierungspotentiale. Daraus resultiert sich die Weiterentwicklung von den Hierarchischen und Problemorientierten Organisationen auf flexible, dynamische Unternehmensnetzwerke, den virtuellen Unternehmen.

In dieser Arbeit soll nun das Konzept der virtuellen Unternehmung vorgestellt und ein Überblick über den gegenwärtigen Wissenstands auf Basis der gängigen Literatur gegeben werden. Hierbei wird auf ökonomische Aspekte, insbesondere im Bereich der Transaktionskostentheorie und deren Bedeutung für die Kooperation eingegangen. Der Begriffsdefinition in Kapitel 2 folgt die Darstellung der Merkmale eines virtuellen Unternehmens, daran anknüpfend werden die idealtypischen Lebensphasen des Modells erläutert. Die Konzeptdarstellung der virtuellen Unternehmung und die Voraussetzungen, sowie die Funktionsweise derselben, ist essentiell für das nachfolgende Kapitel, dass sich der Transaktionskostenökonomie zuwendet. In Kapitel 3 wird dann mit Hilfe transaktionskostentheoretischer Ansätze gezeigt, dass das Konzept der virtuellen Unternehmung sich gut für den Erfolg in elektronischen Märkten eignet, wird auf die konsequente Senkung der Transaktionskosten geachtet. Anschließend werden zwei Beispiele aus der Praxis vorgestellt, bevor die Arbeit mit einem Fazit schließt.

1. Das Modell der virtuellen Unternehmung

Um die Möglichkeiten der virtuellen Unternehmen in allen Bereichen zeigen zu können, soll nun in einem ersten Schritt ausführlich auf das Konzept der virtuellen Unternehmung eingegangen werden.

1.1 Begriffsbildung und Arbeitsdefinition

In der Literatur existieren mehrere Definitionen für virtuelle Organisationsformen. Eine der vielzitiertesten Begriffsbestimmungen ist die von Byrne, in der er virtuelle Unternehmen definiert als "... a temporary network of companies that come together quickly to exploit fast- changing opportunities. In a Virtual Corporation, companies can share costs, skills, and access to global markets, with each partner contributing its best at" (Byrne, 1993, S.99). Byrne betont ebenfalls die Wichtigkeit der Informations- und Kommunikationstechnik innerhalb eines virtuellen Unternehmens, was auf keinen Fall bedeutet, dass das Unternehmen aus Bereichen der Technologie stammt. Desweiteren stellt er fest, dass sich die einzelnen Partner schnell und flexibel zu einem virtuellen Unternehmen zusammenschließen, um eine kurzfristig sich bietende Marktchance zu nutzen (Byrne, 1993, S.99f). Die einzelnen Teilnehmer bringen ihre Kernkompetenzen ein und können auf Ressourcen und Know-How anderer Partner zurückgreifen, um zeitlich angemessen, dem Kunden qualitativ hochwertige Produkte und Dienstleistungen zu offerieren. Durch eine vertikale Kooperation können die Partner mit minimierter Risiko- und Kostenbelastung unterschiedliche Teilbereiche der Wertschöpfungskette abdecken und eine hohe Gewährleistung von Absatz und Zulieferung erreichen. Dagegen sollen mit Hilfe einer horizontalen Integration der Teilnehmer, Kapazitätsniveaus realisiert werden, die für den Einzelnen oder die Einzelne Unternehmung nicht zu erreichen wären (vgl. [Arnold b, 1995], S.11)

Bleibt zu klären, weshalb der Begriff "virtuell" verwendet wird. Umgangsprachlich versteht man unter "virtuell" etwas nicht wirkliches, nur scheinbar existierendes. Dem American Heritage Dictionary zufolge ist das Produkt für den Betrachter "existing in the mind, especially as a product of imagination". Ein Unternehmen ist in der Regel, ein dauerhaftes Gebilde, das rechtlichen Verpflichtungen unterliegt und sich aus Menschen und Gebäuden zusammensetzt. Dem "virtuellen" Unternehmen fehlen nun einige dieser Strukturmerkmale, wirkt jedoch auf außenstehende Betrachter wie ein funktionierendes normales Unternehmen.

Dies führt zu der folgender Definition:

"Ein virtuelles Unternehmen ist eine Kooperationsform rechtlich unabhängiger Unternehmen, Institutionen und / oder Einzelpersonen, die eine Leistung auf Basis eines gemeinsamen Geschäftsverständnisses erbringen. Die kooperierenden Einheiten beteiligen sich an der horizontalen und / oder vertikalen Zusammenarbeit vorrangig mit ihren Kernkompetenzen und wirken bei der Leistungserstellung gegenüber Dritten als ein einheitliches Unternehmen. Dabei wird auf die Institutionalisierung zentraler Funktionen weitgehend verzichtet und der notwendige Koordinations- und Abstimmungsbedarf durch geeignete Informations- und Kommunikationssysteme realisiert. Das virtuelle Unternehmen besteht solange, bis sein Geschäftszweck erfüllt bzw. hinfällig geworden ist" ([Arnold a, 1995], S.21).

Dadurch ergeben sich Merkmale für eine virtuelle Unternehmung, die eine Abgrenzung gegenüber ähnlichen Konzepten möglich machen.

1.2 Merkmale der virtuellen Unternehmen

Die durch die Zusammenarbeit geschilderte Wahrnehmung als ein Unternehmen nach außen, erlaubt insbesondere kleinen und flexiblen Unternehmen das Ausnützen von Marktchancen, die sie alleine nicht hätten bewältigen können. Es ist dadurch möglich die Vorteile der Größe eines Unternehmens mit denen der Schnelligkeit und Flexibilität zu kombinieren. Welche spezifischen Charakteristika eine virtuelle Unternehmung kennzeichnen, sollen im folgenden aufgezeigt werden.

1.2.1 Mehrere rechtlich und wirtschaftlich unabhängige Partner

Die Unternehmen befinden sich meist in folgender Situation: Sie treten sowohl als Händler wie als Dienstleister auf und akquirieren Projekte selbst. Eine strategische Allianz oder das Binden an einen Hersteller würde ihnen einen großen Teil der Selbstständigkeit nehmen, indem Teile der Informationsinfrastruktur (Microsoft Solution Provider) vorgegeben werden, inklusive eines großen Teils der Organisationsstruktur (Projektmodelle, PR Maßnahmen). Im Gegensatz dazu, binden sich virtuelle Unternehmen rechtlich frei und stehen in einer wirtschaftlichen Austauschbeziehung zueinander, welche sehr flexibel auftragsbezogen aufgebaut sein kann. Die Anzahl der kooperierenden Unternehmen ist nach oben nicht beschränkt. Die Partner müssen zudem keine Unternehmen sein, man findet häufig Zusammenschlüsse von sogenannten "Freelancern", also Einzelpersonen wie Programmierer, die sich wie Telearbeiter von außen projektbezogen an virtuellen Unternehmen beteiligen, im Extremfall könnte eine ganze virtuelle Unternehmung aus Freelancern bestehen.

1.2.2 Konzentration auf Kernkompetenzen

Jedes an einer virtuellen Unternehmung partizipierenden Teilunternehmen muss in dem vorgesehen Teilprozess seine Kernkompetenzen einbringen. Diese "core competencies" stellen dabei "das unternehmensspezifische Wissen, die Fertigkeiten und die vorhandenen Technologien eines Unternehmens, einer Institution oder einer Einzelperson dar, die als Kern der Eigenleistung in die auf dem Markt angebotenen Produkte, bzw. Dienstleistungen eingehen" ([Arnold a, 1995], S.25). Da vor allem kleinere und mittelständische Unternehmen nicht über die nötigen Ressourcen und das erforderliche Know-How verfügen, um breite Dienstleistungen zu erbringen, ermöglicht ihnen die Teilnahme an einer virtuellen Unternehmung die Konzentration auf ihre Kernkompetenzen. Sie integrieren nur ihre kostengünstigsten, effektivsten und überlegensten Fähigkeiten in das virtuelle Unternehmen und helfen so, für alle Partner die Kosten und Risiken zu minimieren, sowie Wettbewerbsvorteile auszuschöpfen. Zu den Kernkompetenzen eines Unternehmens gehören im weiteren Sinne sicher auch die Marktposition eines Unternehmens und der Kundenstamm desselben. Die synergetische Kombination ermöglicht in der Gesamtheit der Unternehmen eine sehr effiziente Form der Leistungserstellung und führt zu einer sogenannten "Best-of- everything-Organization" (vgl. Mertens a, 1996, S.281).

1.2.3 Informations- und Kommunikationssysteme

Um die in der Definition geforderte Leistung auf Basis eines gemeinsamen Geschäftsverständnisses zu erbringen müssen verschiedene Komponenten der Kooperationspartner übereinstimmen. Darunter fällt neben der Produktspezifikation und der sozialen Verhaltensspezifikation (Geheimhaltung gegenüber Dritten, Pünktlichkeit, usw.) sicher auch die Kooperationsspezifikation des Einsatzes von Informations- und Kommunikationstechnologie. Dabei gilt zu beachten, dass niemals die Technik per se als ein Merkmal gelten kann oder zu Veränderungen führt, sondern die Intensität der Technik- Nutzung. Ein virtuelles Unternehmen nutzt innovative, leistungsstarke und kompatible Informations- und Kommunikationstechnologien um seine geschaffene Virtualität zu verbessern. "Virtualness is the ability of an organization to consistently obtain and coordinate critical competencies through its design of value-adding business processes and governance mechanisms involving external and internal constituencies to deliver differential, superior value in the market place. " [Venkatraman / Henderson, 1996]. Ein Hauptmerkmal von virtuellen Unternehmen ist die Existenz flexibler Informationssysteme bei den beteiligten Mitgliedern. Eine gut durchdachte informationslogistische Verzahnung der Leistungserstellung kann verhindern, das durch erhöhte Transaktionskosten bei der Kommunikation, die Effizienzgewinne aus Spezialisierung aufgezehrt werden. Auf diese Thematik soll später ausführlich eingegangen werden, im Rahmen dieser Ausführungen wird auf eine weitere Darstellung der technischen Möglichkeiten verzichtet.

1.2.4 Identitätsbildung

Nach außen hin erscheint ein virtuelles Unternehmen als eine Einheit, als ein einziges Unternehmen, das für den Kunden Produkte "aus einer Hand" nach dem Motto "one face to the customer" erstellt. Intern wirken an der Erstellung des Produktes mehrere Partner örtlich und zeitlich versetzt zusammen, so dass verschiedene Einzelleistungen erbracht werden, die unter Umständen im Endprodukt nicht mehr dem Einzelnen zuzuordnen sind. Damit sich das Unternehmen gegenüber Mitarbeiter und Kunden eine Identität bilden kann, geht die Corporate Identity in eine Marken-, Produkt- oder Projektidentität über. Die Grenzen der Unternehmung, vormals spezifiziert durch Eigentum, Verfügungsrechte oder eine einheitliche Führung schwinden zugunsten des Produktes. Auf die Institutionalisierung von Leitungs- und Kontrollmechanismen wird weitestgehend verzichtet, da darauf vertraut werden kann, dass jedes teilnehmende Unternehmen das beste erreichen will und sich einen möglichst hohen Gewinn aus der Kooperation verspricht. Jedes Mitglied im Verbund hat Zugriff auf die im Netzwerk vorhandenen freien Ressourcen. Nicht die Unternehmensgrenzen, sondern die erstellten Leistungen übernehmen eine identitätsbildende Funktion. Die Kommunikationsbeziehungen charakterisieren die Unternehmung, eine Institutionalisierung ist schwer möglich.

1.2.5 Der Zeit Aspekt

Nach O. Arnold (1995) oder W. Faisst (1998) existiert eine virtuelle Unternehmung genau so lange, wie zur Erfüllung Ihres Geschäftszweckes notwendig. Dies wird in der Literatur als Missionscharakter, also Bestehen um eine Mission zu erfüllen, bezeichnet. Der zugrundeliegende Geschäftszweck kann längerfristig oder kurzfristig angelegt sein, wodurch die Dauer des virtuellen Unternehmens determiniert wird.

1.2.6 Abgrenzung zu ähnlichen Konzepten

Um die Begriffsbestimmung zu verdeutlichen, muss das virtuelle Unternehmen von ähnlich anmutenden Konzepten und Kooperationsformen abgegrenzt werden:

- Konzerne besitzen eine einheitlich gleiche Leitung, die für die im Verbund tätigen Unternehmen zuständig ist. Durch die finanziellen Beteiligungen untereinander entstehen gewisse Mehrheitsverhältnisse die sich auf Entscheidungen bezüglich der einzelnen Unternehmen auswirken.
- Strategische Allianzen existieren neben dem eigentlichen Kerngeschäft, um dem Unternehmen ein weiteres Spektrum zu erschließen, im Gegensatz zu den an einem virtuellen Unternehmen sich beteiligenden Unternehmen die sich innerhalb dieser Beteiligung auf die Kernkompetenzen beschränken.
- Konsortien sind rechtlich im Rahmen einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechtes aufgebaut. Das virtuelle Unternehmen hingegen weist keine eigene Rechtsform auf, sondern jedes Partizipant wird als rechtlich eigenständige Einheit gesehen.
- Joint Ventures beinhalten meist finanzielle Beteiligungen am jeweils teilnehmenden Unternehmen und werden oft durch die Neugründung einer unter eigenem Namen firmierenden Unternehmung begründet. Daher können Joint Ventures nicht als virtuell bezeichnet werden.
- Keiretsu eine japanische Art eines multilaterales strategisches Netzwerk ist eine typische Form branchenübergreifender Unternehmenskooperation. Das Herzstück besteht meist aus einer Bank, einem Handels- und einem Industrieunternehmen, die zusammen mit ca. 20 bis 30 weiteren Geschäftspartnern regelmäßig Informationen austauschen und die Geschäftspolitik koordinieren. (vgl. Picot, 1997) Wegen der gegenseitigen Kapitalverflechtungen und der langfristigen, unbegrenzten, nicht auf einen Geschäftsvorfall beschränkten Lebensdauer der Kooperation kann Keiretsu nicht als virtuelles Unternehmen bezeichnet werden.

Ein weiterer wesentlicher Unterschied gegenüber den genannten Allianzkonzepten liegt in der konsequenten und weitreichenden Ausnutzung von Informationstechnologie. Zusammengefasst kann gesagt werden, dass sich durch die oben aufgeführten Rahmenbedingungen einer virtuellen Unternehmung Erfolgspotentiale ergeben, auf die in Kapitel 3 im Rahmen der Voraussetzung der Transaktionskostentheorie näher eingegangen werden. Um die kritischen Erfolgsfaktoren in den verschiedenen Stadien eines virtuelles Unternehmen beschreiben zu können, muss zunächst das Lebenszyklusmodell dargestellt werden.

1.3 Lebensphasen der VU

Am Anfang einer jeden Kooperation steht eine Vorbereitungsphase, die sich aus Partnersuche und Vereinbarung der Zusammenarbeit zusammensetzt. Daran schließt sich die Realisierungsphase an, die nach der Durchführung des Projektes in die Phase der Auflösung und Rekonfiguration übergeht.

1.3.1 Anbahnung und Partnersuche

Befindet man sich im Bereich der kleinen und mittelständischen Betriebe, so geht die Gründung einer virtuellen Unternehmung von einem Visionär, oder manchmal auch von zufälligen Begebenheiten aus. Dadurch ergibt sich ein sogenanntes Kernunternehmen, welches die oben erwähnten organisatorischen Prinzipien aufstellt. Geht es um größere Unternehmen, ist es mehr die strategische Notwendigkeit der Schaffung von Erfolgspotentialen, die zur Gestaltung einer "virtual company" führt. Mit der Suche eines Unternehmens nach weiteren Partnern für die Realisierung einer Idee oder eines Kundenwunsches, da die eigene alleinige Umsetzung unmöglich oder nicht sinnvoll erscheint, entsteht die virtuelle Unternehmung. Diese Partnersuche kann über Internet-basierte Katalogsysteme, in denen Unternehmen und Einzelpersonen ihre Kernkompetenzen präsentieren, erfolgen. Die Fülle der zur Verfügung stehenden Informationen mag die Notwendigkeit eines Informationsbrokers notwendig machen, der Unternehmen bei Bedarf auf der Partnersuche unterstützt. Die Suche eines passenden Kooperationspartners bringt bereits Transaktionskosten mit sich, wird zusätzlich nicht auf Anhieb ein passender Partner gefunden, können die Transaktionskosten bereits zur Gefahr für den Bestand und Erfolg der Kooperation werden.

Nach der abgeschlossenen Auswahl der Partner müssen Regeln aufgestellt und Vereinbarung getroffen werden.

1.3.2 Vereinbarung der Zusammenarbeit

In einer zweiten Phase werden Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit bestimmt. Hierbei wird insbesondere auf die Arbeitsteilung, die Ressourcenzuordnung und die für die Kooperation wichtige gemeinsame informationstechnologische Infrastruktur eingegangen. Diese Phase birgt gewisse Unsicherheiten, da unter Umständen eine, die Flexibilität einschränkende Überreglementierung stattfindet oder eine ungenügenden Reglementierung die erhöhte Koordinationskosten verursacht, festgelegt wird. Probleme können dann bei der Produkthaftung und bei Schadensersatzfragen entstehen, die einer Regelung bedürfen, da die Akzeptanz bei den Kunden sonst nicht gewährleistet wäre. Gesetzliche Vorgaben gibt es für virtuelle Unternehmensnetzwerke wenig, da jedes Partnerunternehmen steuerlich gesehen für sich allein steht. Wie später gezeigt wird, kommt es einer Gratwanderung für das Kernunternehmen gleich, gewisse Regeln aufzustellen und Verträge zu schließen, ohne die Flexibilität und die Dynamik der Kooperation einzuengen. In bereits existierenden virtuellen Unternehmung, kann auf einen Pool von bewährten Vertragsmodulen zurückgegriffen werden, die flexibel zusammengestellt werden können.

1.3.3 Durchführungsphase

In der Durchführungsphase oder Realisierungsphase, dreht sich alles um die Koordination der Leistungserstellung. Um den Fit zwischen den Partner konstant zu halten, wird es nötig sein immer wieder Anpassungen an die in Phase 2 getroffenen Regelungen vorzunehmen.

Wie erwähnt ist die gemeinsame Infrastruktur ein wichtiges Merkmal und Voraussetzung für eine funktionierende Partnerschaft. Die Realisierungsphase wird durch eine anfängliche Anpassung der Informationstechnologie - Infrastruktur der Partner geprägt sein. In der Realität schaffen Schnittstellen den Übergang und die Verbindung verschiedenster Betriebsysteme und erleichtern so die Zusammenarbeit. Dringend nötig ist die konsequente Ausnutzung der technischen Möglichkeiten. Täglich mehrmaliges Abfragen der Emails ist genauso nötig wie schneller Informationsaustausch und regelmäßiges Update der Daten. Der Kunde sieht von alledem nicht viel und erhält weiterhin seinen einen Ansprechpartner. Ist das Projekt vollständig bearbeitet kommt es zur, bereits bei Gründung der Kooperation vereinbarten, Auflösung in dieser Konfiguration.

1.3.4 Auflösung und Neukonfiguration

Da momentane Kooperationspartner durchaus bald Konkurrenten sein können, ist es notwendig die zuvor bereitgestellten Informationsressourcen vom Netz zu nehmen, um eine weitere Wissensdiffusion zu verhindern. Neue Anforderungen seitens der Kunden und des Marktes erfordern unter Umständen eine Neukonfiguration der virtuellen Unternehmung die dann wieder im Markt weitere Projekte bearbeiten kann, die wieder mit Phase 1 beginnen.

Soweit zur theoretischen Darstellung einer Kooperation im Rahmen von virtuellen Unternehmen. Wie sich diese nun im Markt verhalten, was an das Management für Anforderungen gestellt werden und wie die Transaktionskosten jede Lebensphase der virtuellen Unternehmen beeinflussen, soll nun geklärt werden.

2. Virtuelle Unternehmen und Electronic Commerce

Obwohl in allen Branchen beobachtbar und möglich, findet man virtuelle Unternehmen häufig im Bereich der Informationstechnologie. Auf internationalen Märkten agierend und ständig mit dem schnellen Wechsel der Rahmenbedingungen und neuer Konkurrenz konfrontiert, ist das Geschäftsfeld der elektronische Markt. Zunächst soll die Transaktionskostenökonomie beleuchtet werden um anschließend zu zeigen, dass für den elektronischen Marktplatz das Konzept der virtuellen Unternehmung sehr erfolgsversprechend ist, wenn die Handlungsmaximen der Transaktionskostentheorie eingehalten werden.

2.1 Transaktionskostenökonomie

Der traditionelle Handel schafft Märkte und Wettbewerb und erreicht als gewünschtes Ziel die Versorgung des Kunden mit Gütern. Der Markt stellt dabei einen ökonomischen Ort dar, auf dem Güterangebot und Güternachfrage zusammentreffen und damit Tauschvorgänge ermöglicht. In der klassischen Ökonomie spiegeln die Preise alle relevanten Informationen über den Markt wieder und die ökonomischen Akteure besitzen die perfekte Informationen bei keinen Kosten. Missachtet wurde meist das Grundproblem der Koordination wirtschaftlicher Aktivitäten im realen Leben, das in der ungleichen Informationsverteilung und der Aufwendigkeit der Informationsbeschaffung begründet ist. In der Wirtschaft entstehen sich ständig wandelnde Informationsasymmetrie, die eine Ausgangsbedingung für das Unternehmertum darstellen. Für eine intensive Betrachtung dieser Thematik sei auf Coase, 1937 verwiesen, der in seinem Werk "The nature of the firm" ausführlich die Gründe für die Existenz von Firmen beschreibt. In diesem Zusammenhang erwähnte Coase bereits damals die Kosten der Organisation. Sie determinieren die Größe einer Firma, die ihre optimale Größe dann erreicht, wenn die Transaktionskosten einer zusätzlichen Transaktion innerhalb des Unternehmens gleich den Kosten sind, die für Markttransaktionen anfallen würden (vgl. Coase, 1937). Auf virtuelle Unternehmen gemünzt, ist die ideale Größe, also die ideale Anzahl an Teilnehmern dann erreicht, wenn die zur Koordination der Leistungserstellung nötigen Kosten geringer sind, als die Kosten, die auftreten, erweitern die Teilnehmer Ihre Ressourcen oder Kompetenzen. Die Koordination wirtschaftlicher Aktivitäten erfordert also den Einsatz von Ressourcen und verursacht Kosten, die als Transaktionskosten bezeichnet werden (vgl. Coase 1937, Williamson 1975).

Transaktionen

Nach Williamson ist eine Transaktion der Transfer von Waren oder Leistungen über eine technisch separierbare Schnittstelle oder ein Tausch von Verfügungsrechten. Damit ist nicht der physikalische Vorgang der Bewegung eines Gutes gemeint, sondern vielmehr der rechtlichte Eigentumsübergang. Inzwischen besteht Einigkeit darüber, eine Transaktion als den Prozess der Koordination eines Leistungstausches einschließlich der Vereinbarungen von Maßnahmen zur Absicherung dieses Austausches zu definieren (Eigler 1997, 8f). Williamson, der meistzitierte Theoretiker der Transaktionskostenökonomie, machte mehrere Vorschläge für diese Transaktionsmerkmale. Dabei rangiert an erster Stelle die sogenannte 'asset specifity', eine dauerhafte Investition, die zur Unterstützung bestimmter Transaktionen vorgenommen wird. Daneben sind Transaktionen meist gekennzeichnet von Unsicherheit und Komplexität. Je komplexer die Transaktion, desto ausgefeiltere Lenkungssysteme sind notwendig. Um solcherlei Austauschprozesse planbar und berechenbar zu machen, können sie vertraglich oder institutionell reguliert und abgesichert werden, der "vertragsschließende Mensch" entsteht als Nachfolger zum klassischen "Homo oeconomicus". Genauso anwendbar sind diese Gedanken auf Unternehmen, die in der mikroökonomischen Theorie lediglich die Gewinnmaximierung verfolgen, während die Transaktionskostenökonomie den Akteuren einen wesentlich offeneren Zielkorridor einräumt.

Hier soll auf den "Property Rights" Ansatz verwiesen werden, der die Ziele der Wirtschaftsubjekte nicht auf die Erreichung materieller Vorteile beschränkt. Im Mittelpunkt des Ansatzes stehen die sogenannten Property Rights, also Rechte aus einem Tauschgeschäft und an den verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten des Gutes, insbesondere Fragen zur Spezifizierung und Verteilung derselben. Bei der Herausbildung, Zuordnung, Übertragung und Durchsetzung dieser Rechte entstehen Transaktionskosten.

Transaktionskosten

Bei Transaktionskosten handelt es sich insbesondere um Kosten der Information und Kommunikation sowie Zeit und Mühe, die für die Anbahnung und Abwicklung eines Leistungstausches aufgewandt werden müssen. Richter (1994. S. 6ff.) unterscheidet folgende Transaktionskostenarten:

1. Kosten der Marktbenutzung

Hierunter fallen Kosten der Anbahnung von Verträgen (Such- und Informationskosten; Einrichtung organisierter Märkte wie Börsen. Messen; Kosten für Preisvergleiche; Prüfkosten z.B. für Qualitätskontrolle, Begutachtung, Inspektion). Kosten des Abschlusses von Verträgen (Verhandlungs- und Entscheidungskosten) Kosten der Überwachung und Durchsetzung von Leistungspflichten (Kontrollkosten; Kosten für die Sicherung und Durchsetzung von Ansprüchen, z.B. Gerichtskosten)

2. Kosten der Organisationsnutzung

Damit sind Kosten der Nutzung von Dienstverträgen innerhalb von Unternehmungen gemeint, z.B. Kosten der Planung und Verteilung von aufgaben, Kommunikation, Überwachung und Leitung.

Transaktionskostentheorie

Der Grundgedanke der Transaktionskostentheorie ist die Relevanz der Organisationsform für die Entstehung von Kosten der Geschäftsausführung. Grundlegende Untersuchungseinheit ist die oben bereits beschriebene Transaktion. Die Höhe der Transaktionskosten hängt von bestimmten Eigenschaften der zu erbringenden Leistungen, von Verhaltensmerkmalen der ökonomischen Akteure und von der gewählten Organisationsform ab. (vgl. Picot / Franck 1993, S. 188). Das Existenzrecht der Unternehmen ergibt sich aus der verbesserten Lösung der mit jeder arbeitsteiligen Leistungserstellung verbundenen Koordinationsprobleme, als dies bei Abwicklung über den Markt der Fall wäre.

"Wenn Firmen und Märkte Lenkungsstrukturen zur Gestaltung von Transaktionen sind, dann rücken eher organisatorische als technologische Züge in den Vordergrund Es wird davon ausgegangen, dass Hauptzweck und - wirkung der ökonomischen Organisation nicht ist, Monopole zu schaffen, sondern Transaktionskosten zu sparen [economizing on transaction costs]" (Williamson 1996, S. 133).

Das Koordinationsproblem für eine Unternehmung besteht nun darin, unter Berücksichtigung verschiedener Bedingungen für Teilaufgaben Koordinationsmuster zu finden, die eine möglichst reibungslose Abwicklung der Beziehungen zwischen den Teilnehmern ermöglichen, d.h. die Transaktionskosten zu minimieren (Picot, 1997).

Mit Hilfe dieses transaktionskostentheoretischen Bezugsrahmen lassen sich die Entstehung von Unternehmen (vgl. Coase, 1937) ebenso begründen wie die zu beobachtende Erscheinung, dass Unternehmensgrenzen sich zunehmend verwischen und Unternehmen sich aufzulösen beginnen. Es entstehen neue Kooperationsformen, wie die virtuellen Organisationen, die dann u.U. mit erhöhten Transaktionskosten zu kämpfen haben.

Transaktionskostenökonomie

Die englische Formulierung der Transaktionskostenökonomie zeigt, dass 'economizing on transaction costs', also die Einsparung oder Minimierung der Transaktionskosten, die fundamentale Handlungsmaxime ist. Um Einsparungen dieser Art leisten zu können, müssen Verträge, bzw. Lenkungsstrukturen aufgebaut werden, die für die Charakteristika der Transaktionen (Unsicherheit, Komplexität, Häufigkeit) maßgeschneidert sind, was den Merkmalen der virtuellen Unternehmen widerspricht.

Dieser Aufbau führt zu der Entscheidungsregel der Transaktionskostenökonomie, die im folgenden aufgeführt und im Hinblick auf die Bedeutung für virtuelle Unternehmen entwickelt werden soll.

2.2 Virtuelle Unternehmen und Transaktionskosten

Die dargestellte Transaktionskostenökonomie geht aufgrund ihrer Annahme, dass das optimale institutionelle Arrangement auch von den beteiligten Akteuren abhängt, in die Richtung des mikroökonomischen Programms des methodologischen Individualismus (vgl. Neuberger, 1997), da sie Tauschprozesse auf Entscheidungen oder Handlungen einzelner Akteure zurückführt. Der Akteur handelt nicht allwissend, sondern mit begrenzter Rationalität und opportunistisch. Ebers und Gotsch geben folgende Handlungsmaxime, die auf Williamson (1990, S. 36) zurückgeht:

"Organisiere Deine Transaktionen so, dass Dir aus Deiner begrenzten Rationalität möglichst geringe Kosten entstehen, und versuche gleichzeitig, Dich vor möglichem opportunistischem Verhalten Deines Vertragspartners zu schützen" (nach Ebers & Gotsch, 1993, S. 218 f.).

Schmid versteht unter dem Konzept des Opportunismus eine - im Vergleich zu klassischen [mikroökonomischen] Verhaltensannahmen - differenziertere und realitätsnähere Version des eigennützigen Menschen, der sprichwörtlich jede Gelegenheit zu seinen Gunsten nutzt, sei es durch Vermeidung kostspieliger Informationsbeschaffung, durch gezielte Fehlinformation oder Zurückhaltung von Informationen, sei es durch Ausnutzung jedes sich bietenden Vorteils bis hin zum betrügerischen Erschleichen von Profiten (vgl. Schmid, 1989, S. 391). Williamson zielt mit seiner Ansicht über den Opportunismus in die gleiche Richtung, in dem er dem opportunistisch Handelnden ein arglistiges Eigeninteresse [self-interest seeking with guile] unterstellt. Die Kosten zur Kontrolle des Opportunismus können in Betrieben hohe Summen annehmen, wenig Vertrauen erzeugt wiederum weniger Vertrauen verbunden mit immer mehr Unwillen. Ein entscheidender Faktor für den Erfolg einer Kooperation jedoch, ist das gegenseitige Vertrauen der Kooperationspartner untereinander, da die Organisationsform mit nur wenigen rechtlichen Sicherungen auskommen muss. Die Entstehung von Vertrauen kann rational sein, wenn die Teilnahme an einer virtuellen Unternehmung für jeden Partner eine gewinnbringende Situation darstellt und kein Nullsummenspiel ist. Durch die lose Bindung der Teilnehmer kann bei einer wenig erfolgreichen Zusammenarbeit dem Gefangenendilemma eines Joint Ventures entgangen werden, indem die Kooperation nach Ende der laufenden Projekte aufgehoben wird. Wie groß das Vertrauen der Partner gegenseitig ist, hängt stark von der Anzahl der Teilnehmer ab. Je weniger Teilnehmer, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass sich schnell ein gewisses Maß an Vertrauen bildet, zusätzlich halten sich die Koordinationskosten in Grenzen. Diese vertrauensvolle Zusammenarbeit auf Unternehmensebene verlangt auch von den Mitarbeitern besondere Eigenschaften, um sich den schnell ändernden Umweltzuständen erfolgreich anzupassen. Sie müssen selbstmotiviert, lernfähig, vertrauensvoll und risikobereit sein. Natürlich darf der Transaktionskostenökonomie nicht ein grundsätzlich negatives Menschenbild attestiert werden, es ist jedoch rational gut begründbar, Vorsicht walten zu lassen und ein gewisses Maß an Misstrauen bei ökonomischen Transaktionen zu zeigen. Neben dem Opportunismus warnt die Transaktionskostenökonomie vor der begrenzten Rationalität, ein weiterer Faktor mit dem gerechnet werden muss. Im Kontext gilt die beschränkte Rationalität für die vertragsschließenden Parteien, die bei der Absicherung einer Transaktion weder vorher, noch danach über alle relevanten Informationen verfügen oder verfügen wollen. Vorsoge ist zu treffen, damit die negativen Folgen, die sich hieraus resultieren möglichst klein bleiben.

Wie beeinflusst nun die Transaktionskostenökonomie die virtuellen Unternehmen?

Die vorangegangenen Überlegungen beinhalten wichtige Konsequenzen für die weitere Betrachtung der virtuellen Unternehmen. Einführend wurde herausgearbeitet, wie ein virtuelles Unternehmen aufgebaut ist, und was es von anderen Kooperationsformen unterscheidet. Das Kernunternehmen und die Satellitenunternehmen sollten sich eigentlich, um Ihre Unsicherheit zu begrenzen, mit Verträgen, sei es in verbaler Form oder in schriftlicher Form, bis zu einem gewissen Maße absichern, was aber nicht bedeutet, dass dies zur Institutionalisierung beiträgt. Ein Vertrag ist nach Wolff (1995, S.38) im ökonomischen Sinne jede bindende explizite oder implizite Vereinbarung über den Austausch von Gütern oder Leistungen zwischen Menschen [in unserem Fall: Unternehmen], die dieser Vereinbarung zustimmen, weil Sie sich davon eine Besserstellung versprechen.

Williamson hat als Erweiterung der Transaktionskostenökonomie um vertragstheoretische Aspekte, die Principal-Agent-Theorie entwickelt (vgl. Williamson, 1985). Diese eigentlich auf das Verhältnis von Vertragspartnern im Sinne der arbeitsteiligen Auftraggeber- Auftragnehmer-Beziehung angewandte These, kann für die virtuellen Unternehmen herangezogen werden um ein Problem derer intuitiv aufzugreifen. In der Principal-Agent- Theorie delegiert der Prinzipal dem Agenten Entscheidungs- und Ausführungskompetenzen, trifft damit Entscheidungen, die nicht nur sein eigenes Nutzenniveau betreffen, sondern auch das des Agenten. Es entsteht so eine Informationsasymmetrie, weil der Prinzipal 'ex ante', also vor der Beauftragung, Wissen, Können und Handlungsbereitschaft des Agenten weniger gut kennt, als dieser selbst. So geht der Prinzipal ein Wagnis ein, da sich nach Vertragsabschluß Diskrepanzen ergeben können, arbeitet der Agent nicht so wie erwartet. Es entstehen Agency- costs, die aus der Überwachung und Kontrolle des Agenten entstehen, die damit ein Effizienzkriterium von Principal-Agent Verhältnissen darstellen. Der Agent könnte seine positives Informationsstellung opportunistisch ausnutzen und den Interessen des Prinzipals entgegenarbeiten. Beispielsweise wäre es denkbar, dass das Kernunternehmen, welches als Prinzipal fungiert und dem Kunden gegenüber als Ansprechpartner auftritt, einem Satellitenunternehmen, mit dem in diesem Bereich besten Kernkompetenzen, Aufträge vergibt, dass jedoch seine Informationsstellung ausnützt um direkt mit dem Auftraggeber zu verhandeln und dort den Umsatz zu generieren. Diese Art des Wagnisses nennt man "moral hazard", was im Endeffekt zu einer Abhängigkeit des - in unserem Fall - Kernunternehmens an den Agenten führt, da es auf dessen Leistungen angewiesen ist. In diesem Fall, wie im Bereich der Transaktionskosten, ist die Spezifität von Investitionen das risikoauslösende Moment.

Um der asymmetrischen Informationsverteilung entgegenzusteuern, gibt die Principal-Agent- Theorie konkrete Gestaltungsempfehlungen ab. So werden Screening- oder Signalling- Mechanismen vorgeschlagen, wobei Signalling bedeutet, dass der Agent dem Prinzipal seine Charaktereigenschaften, bzw. die Eigenschaften seiner Leistungen signalisiert, um die Vereinbarung einer Principal-Agent-Beziehung zu erreichen. Natürlich wäre auch ein Monitoring der Leistungen des Agenten angebracht, welches auf Basis von Informations- und Kommunikationssystemen funktioniert. Insbesondere im Bereich der virtuellen Unternehmen, u.a. aufgrund der räumlich dezentralisierte Aufgabenerfüllung, nehmen Informationsasymmetrien durch das Hidden-action (Agent handelt ohne Wissen des Prinzipals) Problem zwischen Prinzipal und Agent immens zu. So auch im Bereich der Telearbeit, wenn eine genauere Überwachung der Mitarbeiter nicht mehr möglich ist. Angesichts dieser Probleme müssten Verträge natürlich aus rationalen Gründen, wie intuitiv gesehen, eine wichtige Rolle in der virtuellen Unternehmung spielen. Der Grunddefinition virtueller Unternehmen zufolge, wird Vertrauen als konstituierendes Element aufgeführt. Um diesem Zwiespalt entgegenzuwirken wäre eine Absicherung seitens des Gesetzgebers durchaus angebracht, der die Unsicherheitsfaktoren von Kooperationen dieser Art nehmen könnte. Das Teleworking, also Arbeiten von zuhause aus, wäre damit ebenso abgesichert und könnte vermehrt eingeführt werden.

Virtuelle Unternehmen haben mit einer Reihe von Problemen zu kämpfen, die hauptsächlich auf die durch die Kooperationsform erhöhten Transaktionskosten zurückzuführen sind. Wird ein neuer Kunde akquiriert und vergibt dieser einen Auftrag, so verschlingen die Koordinationskosten zwischen den beteiligten Unternehmen u.U. viel Geld. Durch Beachtung der Handlungsempfehlungen der Transaktionskostenökonomie [economizing on transaction costs] kann beigetragen werden, ein virtuelles Unternehmen zum Erfolg zu führen. Am Besten kann dies durch den konsequenten - auch als Voraussetzung angeführten - Einsatz von moderner Informations- und Kommunikationstechnologie erreicht werden. Die klassische Zuordnung hierarchischer Mechanismen zu Unternehmen und marktlicher Mechanismen zu Märkten wird durch diese technologische Revolution verwischt. Hinzu kommt eine Möglichkeit der Leistungserstellung über weite räumliche Distanzen. Ohne an dieser Stelle die technische Seite zu beleuchten (vgl. Punkt 2.2.3) ist einleuchtend, dass die nötigen Transaktionskosten gesenkt werden, wird die Kooperation auf das Standbein der Informationstechnologie gehievt. Zum anderen kann der Einsatz der Technologie direkt zu einer Verringerung der Spezifität führen, dies trifft v.a. auf Wissen und Know-How zu.

Es wird immer schwieriger, auch klassische Unternehmen als in sich geschlossene, integrierte Gebilde zu sehen. Die Schnittstellen zwischen Unternehmen und Märkten schwindet, es ergeben sich neue Kooperationsformen, wie die hier zugrundeliegende virtuelle Unternehmung, Resultate neuer Wettbewerbsbedingungen und der Möglichkeiten der Informations- und Kommunikationstechnologie.

Welches Potential hinter den virtuellen Unternehmen angesichts der oben genannten Problematiken und unter Berücksichtigung der Handlungsmaximen steckt, soll nun folgend dargestellt werden.

2.3 Virtuelle Unternehmen in elektronischen Märkten: Electronic Commerce

Viele Unternehmen tragen heutzutage ein "E" in ihrem Firmennamen, Begriffe wie "E Business" oder "E Commerce" werden in jedem Bereich der Wirtschaft verwendet, man spricht von "digitalen Marktplätzen" und der "Informationsgesellschaft". Aufgrund der schnellen Entwicklung im Bereich der elektronischen Märkte werden diese Begriffe unscharf und uneinheitlich eingesetzt (vgl. Picot 1997), es existiert keine einheitliche Definition. Picot fasst unter dem Begriff jede Art von wirtschaftlicher Tätigkeit auf der Basis elektronischer Verbindungen zusammen. Eine engere Definition stammt von Röder (1999): "Electronic Commerce ist die professionelle, betriebswirtschaftliche Nutzung der Internet Technologie zur Integration des Informationsflusses zwischen Geschäftspartnern".

Der "Fit", also die Übereinstimmung relevanter Merkmale zwischen Unternehmungen sollte in allen Dimensionen erfüllt sein. In strategischer, organisatorischer sowie prozeduraler Hinsicht muss die Basis bei den Teilnehmern übereinstimmen, so auch der Führungsstil und die Strategische Ausrichtung. Eine amerikanisierte, auf Teamarbeit ausgerichtete und mit Expansionsgedanken erfüllte Unternehmung, wird selten eine erfolgreiche Kooperation mit einem bodenständigen, eventuell technikaversen Kleinunternehmen eingehen, dass Risiken scheut und Investitionen meidet. Die Angst vor dem möglichen Verlust der im Netzwerk bereitgestellten Kernkompetenzen darf bei den Mitgliedern nicht den reibungslosen Ablauf der Bereitstellung interner Ressourcen behindern. Wie oben mehrfach geschildert, spielt die Informationstechnik eine weitreichende Rolle in virtuellen Unternehmen. Ein flexibles, integratives Informationssystem ist für die Koordination zwischen den partizipierenden Unternehmen wichtig. Dabei ist die Leistungsfähigkeit der Informationssysteme nicht allein für die Entstehung von Wettbewerbsvorteilen ausschlaggebend, da diese erst durch die Berücksichtigung organisationsübergreifender Prozesse in der Informationsinfrastruktur entstehen.

Die meisten virtuellen Unternehmen sind im Bereich des Internets, dem zukünftigen elektronischen Markt zugange. Das Internet, aus der Experimentierphase und der Skalierungsphase in die Phase der globalen Information und Kommunikation gewachsen, steht nun an der Schwelle zur Phase der globalen Transaktion. In dieser Phase werden die Anbahnung, Vereinbarung, Abwicklung und Kontrolle des marktlichen Leistungsaustausches über das Internet abgewickelt. Zur Zeit orientiert sich ein Großteil der Internetseiten noch an den Bedürfnissen der Computer User, die Ihren Rechner nicht ausschließlich zum Internetsurfen nehmen. Dies wird sich definitiv im Laufe der Zeit ändern, kommen immer neue technischen Geräte, wie die Settop Boxen, die Fernseher und Internetsurfen verbinden, auf den Markt und wird die Hemmschwelle bei der Bevölkerung weiter abgebaut.

Markttransaktionen werden noch komplementär neben den traditionellen Transaktionen auftreten. Vermehrt werden jedoch elektronische Märkte substituiv, also als Ersatz für die bisherigen Transaktionsformen, entstehen. Der kumulative Evolutionsprozeß des Internets, die steigende Attraktivität bei einer immer größer werdenden Anzahl an Nutzern, führt zu einem weiteren Anstieg der Attraktivität, auch für Firmen diesen Absatzmarkt zu nutzen, was wiederum neue Teilnehmer anzieht. Gerade in diesem elektronischen Markt ist ein besonders gut geeignetes Terrain zu finden, für virtuelle Unternehmen und Telekooperationen.

Durch die weite Verbreitung der Informationsstandards und den Schnittstellen, können immer mehr Kunden via Netzwerke an Unternehmen herantreten, welche sich wiederum aus Netzwerken definieren. Damit ergibt sich für kleine virtuelle Unternehmensformen eine einmalige Chance in Märkte ohne große Markteintrittsbarrieren einzutreten. Ohne große intraorganisatorische Transaktionskosten und reduzierte Transaktionskosten für Kunden, die mittels des Internets viele Zwischenhandelsstufen umgehen, steigt der Nutzen für Unternehmen, wie für Käufer. Vorteile die zu einer weiteren Verbreitung der technologischen Standards führen. In diesem Zusammenhang kann auf Shapiro / Varian verwiesen werden, die in ihrem Buch "Information Rules" die Problematik der Einführung von Standards auf elektronischen Märkten behandeln.

Ein weiteres Problem für virtuelle Unternehmen besteht in der Frage des "make or buy". Durch die Vielzahl möglicher Kooperationspartner im E-Business, schließlich bieten sogar die meisten Studenten Internet Wissen an, ergeben sich weitreichende Potentiale, Produkte nicht selbst zu erstellen, sondern an Satellitenunternehmen zu vergeben. Dies ist unter Umständen günstiger als eigene Mitarbeiter weiterzubilden oder neue zu engagieren, kann jedoch dazu führen, dass ein Kompetenzverlust eintritt und zum Einen die Koordinationskosten steigen, da immer mehr Partner an der virtuellen Unternehmung beteiligt sind, zum Anderen das Risiko opportunistischen Verhalten seitens der partizipierenden Unternehmen steigt, was wiederum zu weniger Vertrauen, mehr Bedarf alles durch Verträge zu regeln und im Endeffekt zu weiter erhöhten Transaktionskosten führt. Die Vorteile der virtuellen Kooperation würden sich ins Gegenteil verkehren. Es gilt ein Mittelmaß zu finden, wie viele Partner an der virtuellen Unternehmung beteiligt sein sollen um das gegenseitige Vertrauen zu garantieren.

Das virtuelle Unternehmen, sofern im Bereich des E Business tätig, muss sich entscheiden welche Produkte angeboten werden, um die Möglichkeiten dieser Kooperationsform voll auszuschöpfen. Dabei kann die aus der Informationsökonomik stammende Systematisierung (vgl. Nelson 1981) der Güter nach ihrem Anteil an Such-, Vertrauens- und Erfahrungseigenschaften hilfreich sein, die eine Einteilung der elektronischen Märkte nach ihrem Disintermediationspotential erlaubt. Güter, die gewisse Sucheigenschaften aufweisen, können vom Interessenten bereits vor dem Kauf, anhand Ihrer Merkmale, vollständig beurteilt werden. Im Gegensatz dazu, können Vertrauensgüter vom Konsumenten weder vor, noch nach dem Kauf völlig beurteilt werden. Bei Erfahrungsgütern erfolgt die Beurteilung der Qualität erst nach dem Kauf oder dem Gebrauch. In der Realität haben die meisten Güter eine oder mehrere dieser Eigenschaften und können selten genau einem Bereich zugeordnet werden. Beispielsweise Bücher oder Schuhe weisen hohe Sucheigenschaften auf, da Eigenschaften wie Preis, Größe, Inhalt über elektronische Medien ausreichend genau zur Verfügung gestellt werden können, zusätzlich besteht die Möglichkeit über interaktive, multimediale Elemente Zusatznutzen der Produkte herauszustellen.

Bei Austauschgütern mit Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften muss sich der Käufer auf Indikatoren verlassen und seine Unsicherheit durch Informationssubstitute reduzieren (vgl. Weiber / Adler 1995; Picot 1997). Die technischen Möglichkeiten unterstützen dabei die Übertragung von Informationssubstituten, wie Image oder Bekanntheitsgrad, die ebenso wie Garantien und Preis medial transferierbar sind. Man denke auch an virtuelle Communities zur Unterstützung dieser Unsicherheitsreduktion (vgl. Hagel / Armstrong 1997). Virtuelle Unternehmen können ihr Erfolgspotential am Besten im Bereich der Produkte mit dem höchsten Disintermediationspotential entfalten, so bei Produkten mit hohen Sucheigenschaften, aber auch bei digitalen Gütern und Informationsgüter.

Informationen können einfach über elektronische Kommunikationswege transferiert werden und bilden die Basis elektronischer Märkte. Für den Kunden kann das zu einer erhöhten Martktransparenz führen und er wird sich von Informationstechnologie unterstützen lassen. Traditionelle Märkte waren durch einen hohen Grad an Beziehungen zwischen Unternehmen und Kunden geprägt, hingegen werden Internet Käufer hauptsächlich den Preisaspekt im Auge behalten und eher auf Dienstleistungen verzichten, wie umfangreiche Beratung. Vor dem Hintergrund dieser strukturellen Veränderungen können virtuelle Unternehmen ihre Möglichkeiten völlig ausschöpfen, da z.B. bei der Erstellung von digitalen Produkten der Koordinationsaufwand zwischen den beteiligten Unternehmen mit geringeren Transaktionskosten verbunden ist, als bei Unternehmen die mit "realen" Produkte handeln. Wie eingangs erwähnt muss ein virtuelles Unternehmen nicht zwangsläufig aus dem E Business Bereich kommen, wird dort jedoch die meisten Erfolgschancen besitzen.

Nachfolgend sollen zwei Beispiele virtueller Kooperationen aufgeführt werden, um zu demonstrieren wie es durchaus funktionieren kann.

3. Praktische Beispiele virtueller Unternehmen

Ein virtuelles Unternehmen muss nicht zwangsläufig im Internetbereich agieren, Beispiele aus anderen Wirtschaftszweigen gibt es ausreichend. Ein Beispiel aus dem Bankensektor ist die Advancebank, die ihre Callcenter und Rechnzentren an mehreren Punkte in Deutschland verteilt hat und je nach Auftragsmenge neue Callcenter hinzunimmt, sich also dynamisch neu formiert. Ein anderes Beispiel, ebenfalls nicht im E - Commerce, ist die "Virtuelle Fabrik" in der Euregio Bodensee. 1995 als Pilotprojekt der Universität St. Gallen mit der Erschließung neuer Marktchancen als Ziel gestartet, gehören mittlerweile mehr als 30 Partnerunternehmen dem Verbund an. Nach außen wird der Zusammenschluss durch einen Broker vertreten, der die Leistungen vertreibt und bei Bedarf ein neues virtuelles Unternehmen innerhalb der teilnehmenden Unternehmen mit anderen Partner formiert. Dieser Leistungsmanager schlichtet in Konfliktfällen und wählt die auf den Auftrag passenden Unternehmen mit den jeweiligen Kernkompetenzen aus.

"The virtual company" (www.tvc.at) stellt seinen Anspruch ein virtuelles Netzwerk zu sein bereits im Firmennamen heraus. Hauptsächlich im Bereich des Marketing und Vertrieb tätig, stehen hinter dem Verbund 12 Unternehmen, die teilweise nur aus einer Person bestehen. Harald Meier, Koordinator der Unternehmung plant die Anzahl der partizipierenden Unternehmen im Jahre 2000 zu erhöhen. Eine vertragliche Vereinbarung besteht zwischen den Teilnehmern nicht, sollte ein Partner jedoch opportunistisch Handeln, wird er auf Lebenszeit vom Verbund ausgeschlossen. Die Koordination läuft über Intranet und Internet ohne spezielles Tool.

Diese Kooperationen sind von Erfolg gekrönt, ist die virtuelle Unternehmung also die Kooperationsform der Zukunft?

4. Fazit und Ausblick

Dem Wettbewerbsdruck folgend, entstehen zunehmend, v.a. im Internet Bereich seitens der Content Anbieter, virtuelle Kooperationen und Netzwerke von zusammenarbeitenden Unternehmen. Ist die virtuelle Unternehmung nun ein Allheilmittel, oder nur ein Organisationstyp unter vielen?

In der vorliegenden Arbeit wurde zunächst ausführlich das Konzept einer virtuellen Unternehmung präsentiert (vgl. Kapitel 2) und auf die Voraussetzungen, die zur Schaffung eines Netzwerkes dieser Art nötig sind, eingegangen. Um zu zeigen welche Potentiale hinter diesem Konzept stehen, welche Risiken es birgt, wurde in Kapitel 3 der Focus auf die Neue Institutionelle Ökonomie gelegt, die mit der Transaktionskostentheorie wichtige Handlungsempfehlungen für virtuelle Unternehmen gibt. Hier wurden geeignete Definitionen angeführt und der Zusammenhang zu elektronischen Märkten und Electronic Commerce erarbeitet.

Ein abschließendes Fazit muss mehr als nur eine Seite beleuchten, so auch die, aufgrund begrenztem Umfangs, knappe Darstellung der technischen Möglichkeiten, die so eminent wichtig sind für das Funktionieren einer virtuellen Organisation. Diese sollen den Informationsaustausch erweitern, erleichtern und beschleunigen, nicht zuletzt um dem geringen Informationsverarbeitungsgrad des Menschen entgegenzuwirken. Die Grenzen eines dynamischen Aufbaus virtueller Unternehmen, liegen dann weniger in den Kosten des Aufbaus, als vielmehr in der Qualität der zugrundeliegenden Information. Reinemer (1998) stellt abschließend fest, dass jedoch keines der momentan verfügbaren Programme oder technologischen Konzepte ganz den Anforderungen einer Kooperation dieser Art entspricht. Die Möglichkeiten sind zwar enorm gewachsen, um die komplette Vernetzung mit den Partnerunternehmen und die schnelle Austauschbarkeit von Informationen zu schaffen, allerdings ist kein System am Markt, dass die Verknüpfung vollständig ermöglicht.

Ein weiterer Kritikpunkt am Konzept der virtuellen Kooperation ist das Vertrauen als Koordinationsmechanismus. Das in Kapitel 3 angeführte opportunistische menschliche Verhalten birgt erhebliche Risiken in sich, wie es die Principal-Agent-Theorie treffend beschreibt, somit steigt das Absicherungsbedürfnis des Kernunternehmens, je höher das Verlustpotential und komplexer die zu erstellende Leistung wird. Im Regelfall wären ausgeklügelte, fundierte Verträge die Folge, auf die allerdings die virtuelle Organisation zugunsten ihres dynamischen Charakters weitgehend verzichtet und Vertrauen als konstituierendes Element schafft. Sind jedoch vertrauenswürdige Partner gefunden und besteht die Kooperation bereits eine Weile funktionierend, geht das Konzept auf.

Prinzipiell geht es in virtuellen Organisationen um eine kooperative Problemlösung zwischen lose verbundenen Partnerunternehmen. Wenn die Handlungsbereitschaft der Akteure - wie es die Property-Rights-Theorie lehrt - vom Individualismus der Handlungsfolgen bestimmt wird, dann spielt die Sicherung und Durchführbarkeit von Property-Rights eine wichtige Rolle für das Funktionieren virtueller Unternehmen. Wie kann aber den Grundproblemen der Beziehung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer entgegengewirkt werden um die Kosten dieser Beziehung (Hidden action, Hidden characteristics) klein zu halten? Wie können Verträge so gestaltet werden, dass sie hohe Flexibilität gewährleisten, die Gefahr einer opportunistischen Ausnutzung dieser Freiheiten jedoch minimiert? Nur so kann die Höhe der Transaktionskosten im Rahmen gehalten werden.

Eine abschließende Antwort auf diese Fragen kann nicht gegeben werden. Man sieht allerdings deutlich, dass die Grenzen der "grenzenlosen Unternehmung" nicht nur im technischen, sondern in großem Maße im menschlichen Bereich zu finden sind. Werden in naher Zukunft die staatlichen Stellen das gesetzliche Rahmenwerk für Kooperationen dieser Art vorgeben, um den Unternehmen ohne langfristige Absicherung durch speziell erarbeitete Verträge ein Bestehen ermöglichen und werden die Menschen den Umgang mit Telearbeit, virtuellen Organisationsformen gelernt haben, so wird sich die virtuelle Unternehmung einen festen Platz in der Zukunft sichern.

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Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Virtuelle Unternehmen und Electronic Commerce
Note
1,3
Autor
Jahr
2000
Seiten
27
Katalognummer
V97401
ISBN (eBook)
9783638958530
Dateigröße
523 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Allgemein gehaltener Überblick über Virtuelle Unternehmen, wie diese in die New Economy passen und welche Anforderungen und Voraussetzungen an diese Unternehmen gestellt werden. Zusätzliche Betrachtung zu den Transaktionskosten zwischen virtuellen Unternehmen.
Schlagworte
Virtuelle, Unternehmen, Electronic, Commerce
Arbeit zitieren
Florian Resatsch (Autor:in), 2000, Virtuelle Unternehmen und Electronic Commerce, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/97401

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