David Hockney - Domestic Scene


Referat / Aufsatz (Schule), 1999

5 Seiten


Leseprobe


Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

David Hockney wurde 1937 in Bradford, West Yorkshire geboren. Von 1953-57 studierte er an der Bradford School of Art und von 1959-62 am Royal College of Art, London. Hockney erlangte schon sehr früh Anerkennung. Zumindest ein kleiner, aber einflußreicher Kreis hob ihn schon während seines Studiums am Royal College of Art auf ein Schild. Er zog die Aufmerksamkeit ebenso durch seine Persönlichkeit und sein Aussehen auf sich (eulenhafte Brille, blondgefärbtes Haar) wie durch seine Begabung und wirkte wie die Verkörperung des neuen, Swinging London der sechziger Jahre. Zu seinen Studienkollegen gehörten R. B. Kitaj, Allen Jones, Peter Phillips, Derek Boshier und Patrick Caulfield. Noch bevor er das College abgeschlossen hatte, trat der Kunsthändler John Kasmin an ihn heran und organisierte 1963 für den 26jährigen Hockney die erste Einzelausstellung. Als er das College 1962 verließ, ausgezeichnet mit einer Goldmedaille für seinen Jahrgang, hatte er sich bereits eine landesweite Reputation erworben.

Außerhalb der USA hatte sich nur in Großbritannien eine Pop-Art-Szene eigener Ausprägung entwickelt, und kaum jemand zweifelte daran, daß es sich bei Hockney um einen Pop-Art- Künstler und eine zentrale Figur des britischen Ablegers dieser Bewegung handelte, obwohl seine Beziehung zur Pop-Art laut eigener Aussage eher marginaler Natur war. Aber seine Spielereien mit Stilen und die Bezüge zu Graffiti und Verpackung in seinen frühen Arbeiten führten dazu, daß man ihn mit dieser Kunstrichtung in Verbindung brachte. Ende 1963 zog David Hockney das erste Mal nach Los Angeles und blieb dort bis zu seiner Rückkehr nach London im Jahre 1967. Das Leben in Südkalifornien mit seiner Weite, dem sinnlichen Lebensstil, dem lebhaften Licht und den leuchtenden Farben übte einen überwältigenden Einfluß auf seine Arbeiten aus dieser Zeit aus und veranlaßte ihn zu zahlreichen Werken. Portraithaft aufgefaßte Gestalten in künstlichen Parks oder steriler Hotelatmosphäre, Duschende und Badende in gekachelten Räumen wurden zu bevorzugten Motiven. Er verbindet in diesen Bildern Detailrealismus mit plakativen und ornamentalen Elementen. Seine Gemälde von Los Angeles - spindeldürre Palmen, flache Häuserfronten, kobaltblaue Schwimmingpools - haben die Sichtweise auf das heutige Los Angeles wesentlich geprägt. Im Laufe der Zeit wurde sein Stil naturalistischer, und er arbeitete zunehmend nach Photographien und direkt nach der Natur angefertigten Zeichnungen. Immer häufiger lenkt er die Aufmerksamkeit auf seinen Gebrauch der Kamera und malte wie stark vergrößerte Photographien aussehende Bilder mit Acrylfarben innerhalb eines freibleibenden Leinwandrahmens.

Seit 1974 hat Hockney auch Bühnenbilder und Kostüme für eine Reihe von Opernproduktionen entworfen, zum Beispiel Glyndebourne und für die Metropolitan Opera in New York. Daneben schuf er ferner subtile Zeichnungen und Druckgraphiken, in denen er zum Teil verschiedene graphische Techniken kombinierte. Obgleich er sich schon lange von der Pop-Art distanziert hat, pflegt er doch durch seine Faszination an technischen Neuerungen und Experimenten - angefangen bei Polaroid-Photographie über Photokopieren und vierfarbige Reproduktionen bis zu von Faxgeräten übertragenen Bildern - weiterhin eine besonders eng mit der Pop-Art assoziierte Arbeitsrichtung. Seit 1979 lebt er wieder in Los Angeles und Malibu.

Ein großer Teil seiner späteren Werke stand unter dem Bann der großen Modernen der ersten Generation: erst Picasso, dann Matisse. Besondere Faszination übte auf ihn der kubistische Umgang mit dem Raum aus. Die Ergebnisse all dieser Einflüsse aus der frühen Moderne lassen sich in den Very New Paintings der frühen neunziger Jahre ablesen. Hockney hat darin nicht nur verarbeitet, was er von Picasso gelernt hat, sondern auch Dinge, die er eindeutig seiner Erfahrung als Bühnenbildner verdankt, und er steht in diesen Gemälden der rein abstrakten Kunst so nahe wie sonst nie. 1985 wurde er zum Associate of the Royal Academy, 1991 zum Mitglied der Royal Academy gewählt.

Domestic Scene, 1963

Los Angeles Öl auf Leinwand, 153 x 153

cm

Privatsammlung

Nach Hockneys eigener Aussage ist sein Eindruck von Los Angeles hauptsächlich geprägt durch den Roman City of Night von John Rechy und durch das homoerotische Magazin Physique Pictorial. Letzteres war eine ungewöhnliche Illustrierte, denn das Bildmaterial, mit dem es aufwartete - Bilder kraftstrotzender Jünglinge, vielfach alleine unter der Dusche posierend oder, als Paar lässig sitzend oder ineinander verschlungen in häuslicher Atmosphäre - hatte ungeachtet drohender strafrechtlicher Sanktionen nur am Rande mit jener Körperkultur zu tun, die traditionell zur Legitimation von Bildern dieser Art herangezogen wurde. Die geschwätzigen Begleittexte zu diesen Photos nahmen sogar ausdrücklich auf die Schwulenszene von Los Angeles Bezug, machten sich für die Änderung des Sexualstrafrechts stark und nahmen Zensur und Doppelmoral aufs Korn. Für den jungen, mittellosen Künstler wurde Kalifornien mehr und mehr zum Gegenbegriff von Scheinheiligkeit, von jenen verlogenen moralischen Standards, denen man im England jener Zeit nach außen hin huldigte. Das Magazin ist für Hockney eine Fundgrube, die ihn von Anfang bis Mitte der sechziger Jahre mit Motiven für zahlreich Bilder versorgt. So geht die Bildidee für Domestic Scene, Los Angeles vermutlich auf in Physique Pictorial abgebildete Standphotos zurück, die Szenen aus einer Reihe von Kurzfilmen über die Wechselfälle eines > leicht geschürzten Teenagers < (der den femininen Part übernahm) und seines älteren männlicheren > Bruders < zeigten. Das würde erklären, weshalb Hockney die linke Figur, die der rechten den Rücken schrubbt, nicht mit dem üblichen Sportsuspensorium, sondern mit einer Schürze ausgestattet hat. Entgegen der Ortsangabe im Titel gehen der Telephonapparat, die Dusche und der chintzbezogene Lehnsessel (der sich übrigens auch wieder findet in Domestic Scene, Notting Hill) jeweils auf Einrichtungstücke in der Atelierwohnung des Künstlers an der Powis Terrace in London zurück. Die Blumenvase, kopiert nach einer Abbildung in einer Frauenzeitschrift, sehen wir wieder in Seated Woman Drinking Tea, Being Served by Standing Companion und auf A Rake ´ s Progress, beides ebenfalls Werke von 1963. Somit bietet die in Domestic Scene, Los Angeles dargestellte, fiktive Szene, in der gleichen Zeit wie The Second Marriage entstanden auch einen verläßlichen Eindruck davon, wie sich Hockney - ein halbes Jahr vor seinem ersten Aufenthalt dort - Los Angeles in seiner Phantasie ausmalt. Die Darstellung ist insofern fortschrittlich für ihre Zeit, als Homosexualität damals meist nur unter Bezugnahme auf die Antike, nicht aber (wie hier durch die weißen Socken nachdrücklich angedeutet) als Sportszene zu thematisieren war. Als einer der ersten verwendete David Hockney offenkundig homosexuelles Bildmaterial für ein allgemeines Publikum. Neu an Domestic Scene, Los Angeles war die Nüchternheit, mit der das Thema Homosexualität behandelt wurde. In dieser Hinsicht unterscheidet es sich deutlich von Francis Bacons genau zehn Jahre zuvor entstandenem Bild Two men on a Bed. Mit dem allmählichen Erstarken der homosexuellen Bewegung konnten schwule Künstler in den siebziger Jahren und zum Teil später Vorstellungen und Gefühlen freien Lauf lassen, die früher sorgsam verschlüsselt werden mußten.

Hockneys Bilder von jungen Männer unter der Dusche sind, ebenso wie die später entstandenen Poolbilder (19965/66) zeitgenössische Abwandlungen des konventionellen literarischen und künstlerischen Themas vom Goldenen Zeitalter. Der wollüstig-sybaritische Badende ist eines der Hauptsymbole dieses klassischen Ursprungsmythos, eines Mythos, der von einem verlorenen, ländlichen Arkadien voller Frieden und Harmonie erzählt, das in starkem Kontrast zur erschütternd turbulenten Geschichte der Welt steht. Das David Hockney ein solches Bild wählt zeigt seine Verneinung der unvollkommenen Alltagswelt, deren tieferer Sinn sich aus dem Bruch zwischen paradiesischen Ursprüngen und der erdrückenden Realität des heutigen Lebens ergibt. In den tiefgreifenden Umwälzungen der sechziger Jahre - gesellschaftliche Neuorientierungen, in die er selbst verstrickt war - traf Hockneys engagiertes Bekenntnis zur Welt wie sie war, auf das entgegengesetzte, tief aus seinem Inneren kommende Gefühl, etwas unwiederbringlich verloren zu haben.

Domestic Scene, Los Angeles, 1963

Öl auf Leinwand, 153 x 153 cm

Quellenangabe

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

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Details

Titel
David Hockney - Domestic Scene
Autor
Jahr
1999
Seiten
5
Katalognummer
V97184
ISBN (eBook)
9783638098595
Dateigröße
395 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Biographie und Bildanalyse
Schlagworte
David, Hockney, Domestic, Scene
Arbeit zitieren
Stefan Winkelmeyr (Autor:in), 1999, David Hockney - Domestic Scene, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/97184

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