Mathematikunterricht für Schüler mit geistiger Behinderung


Seminararbeit, 1998

36 Seiten, Note: 1-


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

Kapitel I: Die Entwicklung des Denkens nach Jean Piaget unter besonderer Berücksichtigung der speziellen Entwicklung bei Kindern mit geistiger Behinderung sowie unter Berücksichtigung der mathematischen Denkentwicklung
Überblick über die Stadien der Entwicklung nach Piaget
1. Die senso-motorische Stufe
2. Die Stufe des symbolischen oder vorbegrifflichen Denkens
3. Die Stufe des anschaulichen Denkens
4. Die Stufe der konkreten Denkoperationen
5. Die Stufe der formalen Denkoperationen

Kapitel II: Mathematikunterricht bei Schülern mit geistiger Behinderung
1.Übungen zur Objektpermanenz
2.Übungen zum Thema Körper und Raum
3.Übungen zum Thema Reihenbildung

Schlussbemerkung

Anhang:

Literaturverzeichnis:

Vorwort

Mathematikunterricht bei Kindern mit geistiger Behinderung - geht das denn überhaupt? Ja, es geht, und zwar anders. Ganz anders. Wer erwartet, dass man diesen Kindern das kleine Einmaleins auswendig lernen lassen kann wird meistens enttäuscht werden. Ma- thematikunterricht beginnt viel früher. Ich werde in meiner Seminararbeit eingehend dar- auf zurückkommen.

Weil die ersten Entwicklungsstufen grundlegend sind für die mathematische Denkentwicklung möchte ich mit einem Theorieteil beginnen, der sich hauptsächlich mit den Erkenntnissen von J. PIAGET beschäftigt. Im Praxisteil möchte ich konkret Übungs- möglichkeiten für Schüler mit geistiger Behinderung vorstellen. Am Ende der Seminarar- beit wird der Leser spätestens feststellen, dass Mathematik in der ersten Klasse Grund- schule schon „höhere Mathematik“ ist und komplexe Denkleistungen erfordert sowie dass beim Mathematikunterricht wie auch bei sämtlichen anderen Unterrichtsfächern das handelnde Lernen eine sehr große Rolle spielt und nicht (aus Bequemlichkeit?) ver- nachlässigt werden sollte.

Kapitel I: Die Entwicklung des Denkens nach Jean Piaget unter besonderer Berücksichtigung der speziellen Entwicklung bei Kindern mit geistiger Behinderung sowie unter Be- rücksichtigung der mathematischen Denkentwicklung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Da die Ausführungen Piagets grundlegend sind für ein Verständnis der Denkentwicklung und ebenso für die mathematische Denkentwicklung des Kindes werde ich mich zu Beginn der Seminararbeit eingehend mit seinen Theorien beschäftigen. Als Basis für seine Untersuchungen beobachtete Piaget seine eigenen Kinder und stellte dabei deutliche Veränderungen in deren Entwicklungsverlauf fest. Er nannte diese VeränderungenStadien der Entwicklung. Ein Stadium folgt nicht einfach dem vorherge-henden, sondern es bedarf massive Interaktionen mit der Lebenswelt als Voraussetzung. Wichtig ist zu beachten, dass die Entwicklungsstadien stets in der gleichen Reihenfolge ablaufen und KEINE Stufe vorgezogen oder übersprungen werden kann. Dies ist bei den nachfolgenden Ausführungen zu beachten.

Im Verlauf der Erläuterung dieser Grundlagen will ich jeweils auf die Besonderheiten bei der Entwicklung von Kindern mit geistiger Behinderung eingehen und auf die mathematische Denkentwicklung besonders hinweisen.

Überblick über die Stadien der Entwicklung nach Piaget

Bevor ich mit genaueren Ausführungen beginne möchte ich auch auf die Gefahr der Wiederholung hin eine kurze Vorschau über die Entwicklungsstadien geben, damit der Überblick nicht verloren geht:

1. Die senso-motorische Stufe
2. Die Stufe des symbolischen oder vorbegrifflichen Denkens
3. Die Stufe des anschaulichen Denkens
4. Die Stufe der konkreten Denkoperationen
5. Die Stufe der formalen Denkoperationen

1. Die senso-motorische Stufe

Obwohl das Kind noch nicht sprechen kann muss in dieser Stufe bereits Intelligenz vor- handen sein. Diese drückt sich allerdings noch nicht in Denken und Affektivität die mit Vorstellungen verbunden ist aus. Das Kind kann Personen und Dinge in deren Abwe- senheit noch nicht bezeichnen. In der senso-motorischen Stufe baut das Kind die Gesamtheit seiner kognitiven Strukturen auf, sie ist Ausgangspunkt für die späteren perzeptiven und intellektuellen Konstruktionen (nach Piaget/Inhelder 1972, 13).

Die senso-motorische Intelligenz

Es gibt also eine Intelligenz vor der Sprache. Wenn dies so ist, so muss diese auf etwas anderes ausgerichtet sein. Sie strebt Erfolge an und ist aufs Praktische gerichtet. Doch auch auf dieser Stufe vollziehen sich schon komplexe Leistungen. Das Kind kann bereits eine Gesamtheit von Aktionsproblemen lösen indem es ein komplexes System von As-similationsschemata konstruiert.

Was aber sind Assimilationsschemata? Dazu bedarf es einer kurzen Erklärung: Unter Assimilation versteht Piaget nicht eine bloße Assoziation. Alles Neue wird in ein bereits vorhandenes Schema oder in eine bereits bestehende Struktur integriert. Der Mensch ist nur dahingehend empfänglich, wo neue Informationen an bereits bestehende Strukturen anknüpfbar, assimilierbar sind. Durch wieder neue Assimilationen verändern sich die so geänderten Strukturen immer weiter und entwickeln sich so fort. Das Kind richtet seine Intelligenz also nicht auf Sprache, sondern auf Wahrneh-mung und Bewegung, ohne Vorstellungskraft oder Denken einzusetzen. In dieser Phase der Entwicklung tritt somit das handelnde Lernen in den Vordergrund. Die Phase der senso-motorischen Intelligenz dauert bei normal entwickelten Kindern etwa bis zum Alter von 1½ oder 2 Jahren an.

Wo also ist der Ausgangspunkt der Entwicklung zu suchen? Die Antwort auf diese Frage lautet nicht „in den Reflexen“, denn die laufen als einfache, isolierte Reaktionen ab. Der Ausgangspunkt liegt vielmehr „in spontanen und totalen Tätigkeiten des Orga- nismus [...] und in dem Reflex, der zugleich als eine Differzenzierung dieser Tätigkeiten [...] verstanden wird, welche die Bildung von Assimilationsschemata nach sich zieht“ (Pi- aget/Inhelder 1972, 17).

Piaget unterteilt die Stufe der senso-motorischen Intelligenz in sechs Stadien:

1. BeimStadium der unbedingten und ererbten Reflexe handelt es sich um angeborene Verhaltensweisen, die dem Lebenserhalt dienen, wie z.B. der Saug- oder Greifreflex.
2. DasStadium der ersten Gewohnheitenist beispielsweise gekennzeichnet durch Daumenlutschen oder dem Ausschau halten nach Geräuschen.
3. ImStadium der aktiven Wiederholung zufällig entstandener Handlungen beginnt das Kind aktiv auf Dinge einzuwirken.
4. DasStadium der Anwendung von Verhaltensschemata auf neue Situationenist ge-kennzeichnet von zielgerichteten, ergebnisvoraussehenden und erforschenden Hand- lungen.
5. DasStadium der Bildung neuer Handlungsschematawird geprägt durch ein anpas- sendes Verhalten an neue, unbekannte Situationen. Probleme werden durch Auspro- bieren gelöst.
6. ImStadium der geistigen Kombinationwerden auftretende Probleme durch kombinie- ren gelöst.

(nach Piaget/Inhelder 1972, 15ff)

Die Konstruktion der Wirklichkeit

Wie kommt das Kind nun zu seiner Vorstellung von Wirklichkeit?

Anfangs besteht die Welt für das Kind aus Bildern. Diese Welt verändert sich im Laufe der ersten beiden Lebensjahre in eine Welt aus permanenten Gegenständen. So wird das Kind im Alter von 5-7 Monaten, wenn es nach der Milchflasche greifen will, diese aber aus seinem Blickwinkel verschwindet, weinen, aber akzeptieren, dass das „Bild“ der Milchflasche eben einfach nicht mehr da ist. Gegenstände existieren in diesem Alter nur, wenn sie tatsächlich vorhanden, sichtbar und greifbar sind. Erst später wird die Objekt- permanenz1 erworben.

Weiterhin existiert für das Kind anfangs weder eine räumliche noch eine zeitliche Ordnung sondern ein System von heterogenen Räumen, die alle auf den eigenen Körper zentriert sind. Das Kind muss diese Räume erst durch Greifen und Fühlen koordinieren, bis sich schliesslich eine Grundstruktur organisiert, die ein Gerüst des Raumes darstellt. An dieser Stelle der Entwicklung bilden sich auch natürliche und objektiv zeitliche Reihen aus (Æ Mathematikunterricht).

Im Laufe der Entwicklung erwirbt das Kind Kausalitäten. Das bedeutet, das Kind erkennt die Ursache-Wirkung-Beziehung zwischen zwei Gegenständen oder ihrer Aktion. Voraussetzung dafür ist allerdings ein physischer und räumlicher Kontakt mit diesen Objekten (nach Piaget/Inhelder 1972, 23ff).

Der Aufbau der senso-motorische Reaktionen

Den Aufbau der senso-motorischen Reaktionen muss man in zwei Aspekte untergliedern, den kognitiven und den affektiven Aspekt.

Der kognitive Aspekt

Die senso-motorische Entwicklung verläuft in drei aufeinanderfolgenden großen Formen, die nacheinander ablaufen und ineinander überführen:

1. dieStruktur von Rhythmen: Der Aufbau der Reflexe führt von einem Anfangszustand zu einem Endzustand um in der selben Reihenfolge wieder neu zu beginnen. Dies ist bei spontanen und globalen Bewegungen wie etwa beim Saugen zu beobachten.
2.Regulationendifferenzieren die ursprünglichen Rhythmen nach vielfältigen Schemata. Beispielsweise die Kontrollen durch tastende Versuche, die bei der Ausbildung der ersten Gewohnheiten und bei ersten intelligenten Akten mitwirken.
3. Als Grundlage für künftige Denkoperationen tritt schliesslich ein Anfang vonReversibi- litätauf. Diese Umkehrbarkeit ist freilich noch nicht vollständig, denn in dieser Phase der Entwicklung fehlt dem Kind noch alles, was „Vorstellung“ bezeichnet. Dennoch dient schon dieser Anfang von Reversibilität einer Ausbildung von Invarianten2 (nach Piaget/Inhelder 1972, 28f). Doch darauf werde ich später noch genauer eingehen. Der affektive Aspekt

Die Affektivität der senso-motorischen Stufe führt „von einem Zustand, der noch nicht zwischen dem Ich und der physischen und menschlichen Umwelt unterscheidet, in einen neuen Zustand [...], wo ein System von Austauschwirkungen zwischen dem differenzier- ten Ich und den Personen [...] oder den Dingen [...] aufgebaut wird“ (Piaget/Inhelder 1972, 30).

Piaget ordnet den Entwicklungsstadien bestimmte Arten von Affektivität zu.

In den ersten beiden Stadien hat das Kind kein Ich-Bewusstsein, es existiert keine Grenze zwischen der inneren oder erlebten Welt und der äusseren Wirklichkeit. Infolge dessen kommt es zu einer unbewussten Ich-Zentrierung, dem sogenannten „Adualis- mus“. Diese Affekte entsprechen den allgemeinen Rhythmen, dem Wechsel zwischen Spannungs- und Entspannungszuständen, die sich später zu einem Streben nach ange- nehmen und zum Vermeiden von unangenehmen Reizen differenzieren. Im dritten und vierten Stadium wecken mehrere Dinge das Interesse des Kindes. Die Stresstoleranz wächst, der Kontakt zu anderen Personen wird wichtiger. Das Kind erkennt die Reaktionsschemata der Mitmenschen. Piaget spricht hierbei von intermediä-ren Reaktionen.

Das fünfte und sechste Stadium ist gekennzeichnet von Objektbeziehungen. Das Kind wählt ein affektives Objekt und kann zwischen sich und anderen unterscheiden. Diese Zeit steht in engem Zusammenhang mit der Entwicklung eines Schemas der permanenten Gegenstände (nach Piaget/Inhelder 1972, 30ff).

Besonderheiten in der senso-motorischen Entwicklung bei Menschen mit geistiger Behinderung

Nach MIESSLER/BAUER können bei Menschen mit geistiger Behinderung verschiedenste Faktoren der Entwicklungsverzögerung und Besonderheiten im Entwicklungsverlauf auftreten. Zu nennen sind Störungen im motorischen, im taktilen, im visuellen, im akustischen Bereich, Wahrnehmungsstörungen, Erkrankungen, Hospitalismus, Erfahrungsdefizite, Erziehungsfehler und so weiter.

Insbesondere kann man bei Kindern mit geistiger Behinderung von einer langsa- meren oder verspäteter Entwicklung bedingter und unbedingter Reflexe ausgehen, wenn eine Schädigung während der Schwangerschaft oder der Geburt auftrat. Die einzelnen Systeme können oft verspätet miteinander koordinieren und es kommt zu einer Er- schwernis beim Sammeln von Erfahrungen und bei der Ausbildung von Handlungs- schemata. Diese bleiben häufig einfach und wenig differenziert, ein Probierverhalten wird seltener beobachtet als bei nicht behinderten Kindern. Das geistig behinderte Kind ent- wickelt weniger Verständnis für die Dinge der Aussenwelt, es kann weniger auf sie ein- gehen. So wird häufiger assimiliert als akkomodiert. Zur Akkomodation3 benötigt das Kind oft Hilfe von Aussen. Das aktiven Wiederholen und Experimentieren sowie das Neugierverhalten und die Aktivität sind weniger stark ausgeprägt. All das ist verbunden mit einer geringeren Gedächtnisleistung und erschwert somit erheblich die Zielgerichtet- heit von Handlungen (nach Miessler/Bauer 1978, 27ff).

Die Begriffsbildung bei Kindern mit geistiger Behinderung

Was sind Begriffe? MIESLER/BAUER definieren Begriffe als Schemata und Ordnungsmus- ter besonderer Art. Begriffsbildung bezeichnen sie mit dem Versuch, Erfahrungen und Einzelerscheinungen nach bestimmten Merkmalen in Klassen zusammenzufassen.

Welche Denkoperationen sind also nötig um Begriffsbildung zu erlangen? Das Kind muss einzelne Merkmale ausgliedern können, Ordnungsregeln finden können und nach dieser Regel anhand des Vergleiches zuordnen können. Ziemlich hohe Anforderungen, wie mir scheint. Nun, ich werde mich im Folgenden mit der Entwicklung der Begriffsbildung näher beschäftigen.

Zunächst will ich mich mit der allgemeinen Begriffsentwicklung beschäftigen und danach auf die spezielle Begriffsentwicklung bei Kindern mit geistiger Behinderung gesondert eingehen.

Zuerst lernt das Kind Objekte zu identifizieren. Dies geschieht durch Manipulation der Objekte sowie durch Betrachten. Einfach ausgedrückt durch handelndes Lernen.

Dadurch gewinnt das Kind für den Aufbau von Begriffen grundlegende Erkenntnisse dar- über, dass Dinge „ihre ´taktilen Reizmuster` behalten, auch wenn sich das ´visuelle Reizmuster` verändert“ (Miesler/Bauer 1978, 87), dass die Gegenstände unterschiedliche Positionen einnehmen können ohne ihre Identität zu verändern und dass diese weiter existieren, auch wenn sie nicht mehr sichtbar sind. Das Kind wird sich dessen bewusst, dass Dinge relative Kontinuität besitzen und entwickelt Vorstellungsbilder von diesen. Es folgt die Phase des Sprechenlernens. Das Kind unterscheidet Namen für Ob-jekte und Namen für Objektklassen. Namen erhalten dadurch sowohl eine Einengung als auch eine Erweiterung. Einengung in dem Sinne, dass nicht alles was vier Beine hat ein „Wauwau“ ist und Erweiterung in dem Sinne, dass „Ente“ nicht nur „meine Ente“ sondern alle Enten auf der Welt sind. Das Kind lernt langsam, wie Begriffskategorien funktionie-ren. Die Abgrenzung von Begriffen ist aber recht schwierig und gelingt nur mit der Zeit und sogenannte „Erlebnisqualitäten“4 beeinflussen die Klassifizierungsversuche. Kinder benutzen also Begriffe im Sinne von Ordnungskategorien, die sich in vier Strate- gien einteilen lassen:

1.Gruppierung nach physikalischenÄhnlichkeiten:Dies ist gelungen, wenn nach Größe, Farbe oder Form des Objektes (innere Ähnlichkeit) oder nach dem Vorkommen der Objekte (äussere Ähnlichkeit) geordnet werden kann.
2.Gruppierung nach funktionalen Eigenschaften:Dies gelingt dann, wenn das Kind da- nach ordnen kann, was Dinge tun können (intrinsische Gruppierung) und was man mit Dingen tun kann (extrinsische Gruppierung).
3. Gruppierung nach Oberbegriffen
4.Gruppierung aufgrund einer Satzäquivalenz:Objekte werden zusammengefasst, weil sie in einen sinnvollen und grammatikalisch richtigen Satz passen.

Nun will ich zur Begriffsbildung bei Kindern mit geistiger Behinderung kommen. Die Begriffsentwicklung folgt einer Entwicklung von sichtbaren Merkmalen zu unsichtba- ren Funktionen. Das Kind mit geistiger Behinderung bevorzugt Gruppierungen nach äus- seren Ähnlichkeiten und ordnet nur extrem selten nach funktionalen Eigenschaften.

Was bedeutet das für die Unterrichtspraxis? Der Lehrer muss darauf achten, den Schüler nicht zu überfordern. Gruppierungen dürfen erst dann vorgenommen werden, wenn das Kind bereits in der Lage ist Gegenstände zu identifizieren und wenn es die Konstanz der Objekte erfasst hat. Man kann schon relativ früh damit beginnen, Objekt-begriffe einzuführen. Zunächst kommt es dabei auf die richtige Reaktion auf Oberbegriffe an, die man dadurch üben kann, dass man dem Kind Aufgaben wie „hol mir alles, was wir zum Tischdecken brauchen“ (siehe auch Lernziel vier im entwicklungsorientierten Lernbereich Denke, „auf Oberbegriffe richtig reagieren“) stellt. Der Begriffsname an sich kann später erlernt werden. Bei all diesen Übungen ist immer auf den praktischen Nut- zen und den Bezug zum Alltag zu achten. Es ist ratsam zuerst konkrete Gegenstände zu gruppieren bevor man mit Abbildungen anfängt (Æ handelnder Umgang mit Mathematik). Anfangs erleichtert eine konkrete Angabe von Ordnungsprinzipien die Gruppierungsver- suche. Das Kind sollte zunächst angeleitet werden, Dinge danach zu sortieren, was man mit ihnen tun kann. Da es sich als schwierig herausstellt, gleich mit dem Bilden von gro- ßen Gruppen zu beginnen, ist es angemessen Paarzuordnungen vornehmen zu lassen. Bei allen Arten von Ordnungsbildung sei angemerkt: Sobald das Kind selbst Klassifikati- onen jeglicher Art vornimmt, beginnt es zu denken. Diese Denkleistungen sind hoch an- zuerkennen und zu bestätigen (vgl. Miesler/Bauer 1978, 86ff).

Die Entwicklung der Wahrnehmung

Wir haben gesehen, „dass die senso-motorischen Strukturen die Grundlage für die spä- teren Denkoperationen darstellen“ (Piaget/Inhelder 1972, 39). Im Folgenden möchte ich auf die Wahrnehmungsentwicklung sowie die Begriffsentwicklung näher eingehen.

Ab dem neunten Lebensmonat entwickelt ein Kind die sogenannteFormkonstanz. Es nimmt die gewöhnliche Form des Gegenstandes ungeachtet der perspektivischen Verformung wahr. Die Formkonstanz steht in engem Zusammenhang mit der Permanenz des Gegenstandes.

Ab dem sechsten Lebensmonat und somit noch vor der Ausbildung des permanenten Gegenstandes entwickelt sich dieGrößenkonstanz. Dieser Schritt kann jedoch erst nach der Koordinierung des Sehens und Greifens ausgebildet werden (nach Piaget/Inhelder 1972, 39ff).

Die mathematische Denkentwicklung in der senso-motorischen Stufe Jedes mathematische Denken hat handelnden Ursprung. Da das Kind diesen handeln- den Umgang mit Objekten erst lernen muss, muss es „zunächst zwei wichtige Kompe- tenzen erwerben, den Objektbegriff gemeinsam mit der Beherrschung des Greifaktes“ (Schmitz/Scharlau 1991, 23). Wie ich bereits oben erläutert habe fällt dies in die Zeit der senso-motorischen Stufe bis zum Ende des zweiten Lebensjahres. Bei Schülern mit geistiger Behinderung sind die Entwicklungsschritte dieser Phase oft nicht abgeschlos- sen.

2. Die Stufe des symbolischen oder vorbegrifflichen Denkens

Die Stufe des symbolischen Denkens tritt in etwa ab dem zweiten Lebensjahr auf. Das Kind zeigt Verhaltensweisen, die einen Hinweis auf nicht vorhandene Gegenstände beinhalten. Dies setzt den Aufbau oder die Verwendung von differenzierten Zeichen vor- aus.

Nach PIGET/INHELDER treten in dieser Stufe fünf typische Verhaltensweisen beim Kind auf:

1.Die aufgeschobene Nachahmung:Das Kind ahmt Verhaltensweisen anderer zeitlich verschoben nach. Die Nachahmung spielt eine große Rolle. Beispielsweise ist Spra- che nicht vom Kind selbst erfunden, sondern im Nachahmungsprozess erworben. Die Nachahmung ist eine Vorform der Vorstellung, d.h. Vorstellung passiert noch in mate- riellen Akten jedoch noch nicht im Denken. Symbole fungieren als Werkzeuge. Sie weisen Ähnlichkeiten mit dem Bezeichneten auf. Sie können vom Kind selbst ausge- bildet werden. Zeichen sind willkürlich. Das Kind erfährt sie über die Nachahmung.
2.Das symbolische Spiel oder auch Fiktionsspiel:Es ist nötig, dass das Kind über einen Tätigkeitsbereich verfügt, dessen Motivation nicht die Anpassung an das Wirkliche, sondern die Anpassung des Wirklichen an das Ich ist, ohne Zwang und Sanktionen. Dies geschieht im Spiel. Die Wirklichkeit wird durch Assimilation nach den Bedürfnis- sen des Ich gestaltet während die Nachahmung eine reine Akkomodation an die Welt darstellte. Das Kind braucht die direkte Symbolik des Spiels um Situationen anhand der inneren Sprache noch einmal zu durchleben.
3.Die Zeichnung, das Bild:Als Zwischenstufe zwischen dem Spiel und dem eigentli-chen inneren Bild steht die Zeichnung. Bilder von Kindern bis zum achten Lebensjahr stellen realistisch das dar, was das Kind weiß, nicht das was es sieht. Der sogenann- te visuelle Realismus tritt erst später, ab dem achten / neunten Lebensjahr auf.
4.Das innere Bild:Es gibt zwei Typen von inneren Bildern: reproduktive und antizipie- rende Bilder. Auf der präoperativen Stufe sind die Bilder fast ausschließlich statisch, da das Kind Mühe hat, Bewegungen und Wandlungen sowie deren Ergebnisse zu re- produzieren. Erst mit Erreichen der Stufe der konkreten Operationen gelingt diese Re- produktion.
5.Die verbale Erwähnung:Kennzeichend ist die Verwendung von Sprache in nicht-aktuellen Situationen (nach Piaget/Inhelder 1972, 59ff).

Kinder durchlaufen in der senso-motorischen Phase alle Stufen von der Nicht-Erhaltung der Objekte zur Objekt-Permanenz. Mit dem Abschluss dieser Phase beginnt schließlich eine Entwicklung von der Nicht-Erhaltung der Mengen bis zur Zahlinvarianz. Die meisten geistig behinderten Menschen befinden sich in genau dieser Phase. Kaum einer erreicht die Stufe des operativen Denkens. Hier kommt es zu einer Verschiebung von der Handlungsebene zur Vorstellungsebene (nach Schmitz/Scharlau 1991, 27f).

Zuerst entwickelt das Kind Vorbegriffe. Dies geschieht in etwa mit dem Beginn der Sprachentwicklung, diese ist aber nicht unbedingt Voraussetzung für die Entwicklung von Vorbegriffen. Wenn Sprache die bloße Funktion der Handlungsbegleitung verliert und auch zur Beschreibung von vergangenen Handlungen benutzt wird, kann man sagen, das Kind hat Vorbegriffe erworben. Diese sind jedoch „noch egozentrisch, das Kind sieht die Dinge nur aus seiner Sicht, nicht aus der Sicht der anderen“ (Schmitz/Scharlau 1991, 28). „Der ´Vorbegriff` bezeichnet keine Klasse, sondern ein Individuum zu einem bestimmten Zeitpunkt“ (Schmitz/Scharlau 1991, 29).

3. Die Stufe des anschaulichen Denkens

Diese Entwicklungsstufe läuft in etwa zwischen dem vierten und siebten / achten Le-bensjahr ab. Hier kommt es zur Entwicklung von Begriffen. Der oben erwähnte Vorbeg- riff, der auf einem inneren Bild basiert entwickelt sich mit zunehmendem Alter des Kin- des langsam zum anschaulichen Denken. Nun kann das Kind Handlungen in der Vor- stellung und / oder sprachlich nachvollziehen, diese Vorstellungen sind aber noch nicht umkehrbar.

Was bedeutet das für die mathematische Denkentwicklung? Mathematisches Denken vollzieht sich in drei voneinander abhängigen Bereichen. Im Bereich derKlas- senbildungkann das Kind bereits Gegenstände nach einem Merkmal sortieren, es kann dies jedoch noch nicht nach mehreren Merkmalen. Auch kann das Kind zwar bereits Paare bilden aber noch nicht Dinge der Größe nach ordnen(Schaffung von asymmetri- schen Relationen).Das Verständnis für dieZahlist besonders schwierig. Es bedarf der Koordination von Handlungen, was zunächst der Gegenstände bedarf, später aber immer mehr verinnerlicht wird. „Die Bildung der Zahl ist eine Assimilation der Wirklichkeit an den Geist“ (Schmitz/Scharlau 1991, 30).

Das eigentliche Denken in Begriffen beginnt beim nicht behinderten Kind erst et- wa ab dem achten Lebensjahr. Hier kann erst der eigentliche Zahlbegriff erarbeitet wer-den. Bewusste Anschauung ist nicht mehr notwendig, reversibles Denken beginnt und somit wird die Umkehrbarkeit von Addition und Subtraktion sowie von Multiplikation und Division erkannt. Von Rechenunterricht im herkömmlichen Sinne kann man erst hier sprechen, vor Erreichen dieser Entwicklungsphase ist das Kind nicht zu operativer Wahrnehmung in der Lage. Bis dahin nimmt das Kind figurativ wahr. Diese vorherr- schende figurative Wahrnehmung war abhängig von der figürlichen Darbietung der Situa- tion. „So erkennen die Kinder [...]“ auf dieser Stufe, „daß eine Menge Bonbons größer wird, wenn man etwas dazutut, kleiner wird, wenn man etwas fortnimmt - vor ihren Au- gen. Sie verstehen aber noch nicht, daß die Menge gleichbleibt, wenn man ihre Anord- nung verändert und sind unsicher bei der Frage, ob die Menge Bonbons gleichbleibt, wenn man sie in die Tasche steckt und wieder auf den Tisch legt“ (Schmitz/Scharlau 1991, 31). Erst mit Beginn der konkreten Operationen ist diese Unsicherheit überwun- den.

4. Die Stufe der konkreten Denkoperationen

PIAGET bezeichnet Operationen als Aktionen, und zwar aus dem allgemeinsten ausgewählte, verinnerlichbare und reversible Aktionen. Diese sind nie isoliert, sondern stets zu einem Gesamtsystem koordinierbar. Operationen sind allen Individuen der selben geistigen Stufe gemeinsam.

Die Stufe der konkreten Denkoperationen läuft zwischen dem siebten / achten und dem elften / zwölften Lebensjahr ab. Vorher fehlen dem Kind sogenannte Erhaltungsbegriffe5. Auf dieser Entwicklungsstufe kann das Kind Aneinanderreihungen, Klassifizierungen Zahlzuordnungen verstehen, es gewinnt Einblick in Raum, Zeit und Geschwindigkeit (nach Piaget/Inhelder 1972, 97ff).

5. Die Stufe der formalen Denkoperationen

Ab dem elften / zwölften Lebensjahr werden Denkoperationen unabhängig vom Konkreten. Mathematisch gesehen kann man hier beispielsweise das formale Denken und die Kombinatorik, formale, operative Schemata oder affektive Transformationen ansiedeln, das geht aber weit über den jemals zu erreichenden Entwicklungsstand bei geistig Behinderten hinaus und soll nicht Thema dieser Arbeit sein.

Kapitel II: Mathematikunterricht bei Schülern mit geistiger Behinderung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Geht man von einem entwicklungsorientierten Ansatz aus, so muss es Ziel sein, den Mathematikunterricht bei geistig behinderten Schülern dem von nicht behinderten Schülern möglichst normal anzugleichen. Daher ist es erforderlich nicht bloßes Rechenhandwerk zu vermitteln, sondern Grundlagen zu schaffen. Darüber wurde im ersten Teil der Seminararbeit eingehend geschrieben.

Soll nun also der Mathematikunterricht dazu da sein, die Umwelt des Kindes - sei es nun geistig behindert oder nicht - zu erschließen, diese zu strukturieren und zu verste- hen, so muss primär das Handeln und Denken des Kindes gefördert werden. Also muss es ein „Mathematikunterricht sein, der dort ansetzt, wo das Kind steht, und es behutsam weiterführt zur nächsten Phase seiner Entwicklung“ (Schmitz/Scharlau, 1991, 32). Demnach beginnt der Mathematikunterricht nicht erst bei den Zahlen, wie es allgemein gesehen wird, sondern schon „beim Greifenlernen, beim Erlernen der Beständigkeit der Sachumwelt, führt über die Erfahrung des weiteren Raumes zum Verstehen dieses Rau- mes und der Zeit, in der die Bewegungen im Raum geschehen“ (ebd., 32). Zeitweise ist es jedoch nötig auch Techniken zu entwickeln. Wenn das jetzt inkonse- quent klingt, so berufen sich SCHMITZ/SCHARLAU darauf, dass man einen Kompromiss eingehen muss, denn viele „Schüler werden nie in Begriffen, wie z.B. dem Zahlbegriff, denken lernen, sondern auf der Stufe der figurativen Wahrnehmung verhaftet bleiben und die operationale Strukturierung ihrer Umwelt nicht ohne Hilfe schaffen“ (ebd., 32f)(vgl. ebd., 32f).

Wie muss nun also konkret der Mathematikunterricht für Schüler mit geistiger Behinderung aussehen?

- er muss in der sensomotorischen Phase beginnen;
- der Pädagoge muss diese Phase entzerren, er muss kleinste Lernschritte sichtbar machen;
- er darf keinen Lernschritt übergehen;
- er muss Objektpermanenz als Grundlage für jedes spätere Verständnis von mathema- tischen Zusammenhängen erarbeiten;
- Zahlinvarianz ist in den meisten Fällen das höchste Ziel, erst wenn dies erreicht ist, kann der Lehrer Rechnen im Sinne von konkreten Operationen, die in der Vorstellung durchgeführt werden können unterrichten;
- auf Anschaulichkeit des Unterrichts muss besonderer Wert gelegt werde (vgl. ebd., 81ff).

Im Lehrplan für den Unterricht in der Schule für geistig Behinderte wird der Lernbereich Mathematik in drei Bereiche aufgeteilt:

1. Raum
2. Pränumerischer Bereich
3. Numerischer Bereich

Da es zu umfangreich für den Rahmen dieser Seminararbeit wäre alle Bereiche ausführlich zu diskutieren habe ich mich entschieden, den Bereich „Raum“ besonders unter die Lupe zu nehmen. Ich musste allerdings während der Erarbeitung feststellen, dass ich nicht erst hier ansetzen darf sondern bereits in den entwicklungsorientierten Lernbereichen Wahrnehmung und Denken nach Grundlagen für den Mathematikunter- richt suchen muss.

Raumordnungsbegriffe

Während der Entwicklung des Kindes verwendet dieses Raumordnungsbegriffe unter- schiedlich. Ziele in diesem Bereich sind also der Erwerb von Objektpermanenz, eine Entwicklung von Körperschemata, das Erlernen von Reihenbildung, ein Erkennen von Raumbeziehungen ebenso wie die Anbahnung erster geometrischer Begriffe. In diesem Kapitel möchte ich eine Auswahl konkreter Übungen zu Raumordnungsbegrif- fen darstellen.

1.Übungen zur Objektpermanenz

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In diesem Abschnitt will ich einen lehrgangsmäßigen Aufbau vom Übungen, die zum Ziel haben, Objektpermanenzen und Symbolwörter zu erwerben, darstellen, da auch nach PIAGET diese schon in der senso-motorischen Phase der Entwicklung ausgebildet wer- den.

Ich stütze mich dabei auf die Ausführungen von SCHMITZ/SCHARLAU. Voraussetzungen für diese Art von Übungen ist, dass das Kind das zweite Stadium der sensomotorischen Phase (das Stadium der ersten Gewohnheiten) bereits erreicht hat. Übungen, die das Kind dazu anreizen, ein Objekt bei langsamer Bewegung mit den Augen zu verfolgen bieten sich als Einstieg an. Der Lehrer führt einen Gegenstand mit langsamen Bewegungen bogenförmig vor den Augen des Kindes hin und her und versteckt ihn schließlich - für das Kind sichtbar - z.B. unter dem Tisch und lässt ihn an anderer Stelle wieder auftauchen. Das Ziel der Übung besteht darin, dass das Kind nach mehrmaligem Spiel schon während des Verstecktseins auf die Stelle schaut, an der der Gegenstand normalerweise immer wieder auftaucht. Solche Übungen bereiten die Bil-dung eines Objektbegriffes vor. In diesem Stadium verliert das Kind allerdings recht schnell das Interesse am Gegenstand, wenn es ihn aus den Augen verloren hat. Man kann hier nicht von aktivem Suchen sprechen. Auch verhält sich das Kind allen Objekten gegenüber gleich, es zeigt noch kein Interesse an bestimmten Dingen. Das Kind wäre überfordert, würde man von ihm verlangen, sich mit mehreren Objekten gleichzeitig zu beschäftigen. Lehrziel für dieses Stadium ist also die Erhöhung und Verlängerung der passiven Aufmerksamkeit für Objekte.

Im dritten Stadium versucht das Kind teilweise schon nach dem Objekt zu greifen. Der Lehrer versteckt während des Greifversuches das Ding teilweise z.B. unter einem Tuch. Die Aufgabe des Kindes besteht nun darin, das Hindernis beiseite zu schieben und das Objekt trotzdem zu greifen. Steigerung durch Verstecken immer größerer Teile des Objektes sind möglich. Auch sollte der Lehrer darauf achten, dass nicht immer die gleichen Teile eines Objektes sichtbar sind. Das Lehrziel dieser Phase ist eine Steigerung der Fähigkeit, Objekte aus ihren Teilen zu rekonstruieren.

Weitere Steigerung der Übung erfolgt im vierten Stadium. Nun soll das Kind ver- suchen einen ganz versteckten Gegenstand wiederzufinden, wenn dieser vor den Augen des Kindes versteckt wurde. Mit fortlaufenden Übungen können schließlich sogar zwei gleiche Verstecke eingesetzt werden, der Gegenstand wird dabei jedoch immer unter dem selben Tuch versteckt. Das Kind hat dann den Sinn der Übung erfasst, wenn es nur unter dem richtigen Tuch sucht. Eine weitere Übung während dieses Stadiums besteht darin, den Gegenstand mit Hilfe einer an ihm befestigten Schnur zu sich heranzuziehen oder den auf einer Decke liegenden Gegenstand durch Heranziehen derselben zu errei- chen. Lehrziel hier ist es, das Objekt in eindeutiger Situation für das Kind permanent,unabhängig von seiner Handlung und Wahrnehmung bleiben zu lassen.

Die Übungen werden mit steigendem Schwierigkeitsgrad fortgesetzt. So kann man im fünften Stadium bei Verwendung mehrerer Verstecke das Ding abwechselnd unter dem einen und dem anderen Tuch verstecken, das Kind soll immer nur unter dem richtigen Tuch nachsehen. Die Anzahl der Verstecke kann gesteigert werden. Das Kind soll in diesem Stadium auch lernen, die Hand des Lehrers als Hilfsmittel zu benutzen, wenn es von alleine nicht an einen Gegenstand, den es gerne haben möchte hinkommt. Das Kind soll auch kleine Objekte in Dosen und Schachteln hineintun und wieder her- ausfallen lassen. Es soll es schaffen, Dinge aus verschlossenen Dosen durch öffnen zu entnehmen und anschließend damit herum experimentieren. Das Lehrziel dieses Stadi-ums besteht darin die Permanenz von Objekten auch bei schwierigen, allerdings sichtba- ren Situationen zu verstehen, sowie sichtbare räumliche Relationen zu verstehen. Es ist die Aufgabe des Pädagogen, Anregungen zum experimentellen Handeln zu geben.

Im letzten Stadium der sensomotorischen Entwicklung, Phase sechs, soll das Kind nun lernen, auch unsichtbar versteckte Objekte wiederzufinden. Auch hier kann die Anzahl der Verstecke gesteigert werden. Das Kind soll hierbei lernen, sich den Weg, den das Objekt zurücklegt, vorzustellen und systematisch nach ihm zu suchen. Eine weitere - banal klingende - Übung ist es, dem Kind eine Spieluhr aufzuziehen. Nach Beendigung der Melodie soll das Kind versuchen durch Kontaktaufnahme mit dem Lehrer die Spieluhr wieder in Betrieb zu setzen und dies allmählich selbst durchführen. Als Lehrziel kann der Erwerb von Objektpermanenz, der unabhängig von Wahrnehmung und Handlung in der Vorstellung existiert genannt werden. Ein weiteres Lehrziel ist der Gebrauch symbolischer Vorstellungen und Wörter für abwesende Objekte.

Zur praktischen Durchführung dieser Übungen sei angemerkt, dass sie am besten in Einzelbetreuung oder höchstens in Kleinstgruppen und nicht in zu langen Einheiten (Dauer höchstens 5-10 Minuten) durchgeführt werden. Die Übungen sollen möglichst in natürliche Unterrichtssituationen eingebettet und sprachlich begleitet werden. Die Hilfe- stellung durch den Lehrer soll langsam zurückgenommen werden (vgl. Schmitz/Scharlau 1991, 85ff).

Ich habe diese aufbauenden Übungen zum Erwerb der Objektpermanenz deshalb so ausführlich dargestellt, da ich selbst ziemlich überrascht war vom großen Umfang der vielen kleinen „Selbstverständlichkeiten“ die in diesen aufgaben stecken. Ich musste mich erst näher damit befassen um die dahintersteckenden Denkleistungen zu erkennen und zu begreifen.

Im Lehrplan für den Unterricht in der Schule für geistig Behinderte tritt das Bilden von Objektpermanenz im entwicklungsorientierten Lernbereich Wahrnehmung auf. Das Lernziel wird formuliert als „Suchverhalten entwickeln. Suchverhalten bildet sich mit der Objektpermanenz heraus und ist gleichzeitig ein Anzeichen für diese“ (Staatsinstitut für Schulpädagogik München 1982, 39). Hier werden spielerische Übungen angeboten, wie „Kuckuck“, das Suchen versteckter Gegenstände und zugedeckter Körperteile. Auch im Lernbereich Denken kann man jede Menge Lernziele zum Erwerb von Objektpermanenz finden.

2.Übungen zum Thema Körper und Raum

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ausgehend vom eigenen Körper6 erfährt das Kind eine Fülle von vestibulären und taktilkinästhetischen Reizen, beantwortet diese bewegend durch eine Anpassung des Körpers an den Reiz und versprachlicht sie nach und nach im Redeaustausch. So kommt es zur Entwicklung der räumlichen Orientierungsfähigkeiten und deren Vergegenwärtigung (z.B. mein Kopf ist oben, meine Füße sind unten).

Auf den Mathematikunterricht bezogen bedeutet das, dass das Kind ausgehend vom Körper lernt, vor, hinter, rückwärts, oben, unten,... zu erfassen und allmählich Zahlvorstellungen aufzubauen, was für die spätere Entschlüsselung von Gleichungen notwendig ist (vgl. Staatsinstitut für Schulpädagogik 1989, ).

Im Lehrplan für den Unterricht in der Schule für geistig Behinderte werden Lernziele zum Thema Erfahrungen mit Räumen sammeln, sich in Räumen orientieren, und Räume herstellen erläutert. Ich will versuchen im Folgenden eine hierarchische Abfolge von Übungen zum Thema Körper und Raum vorzustellen. Da ein gebildetes Körper- schema aber Voraussetzung für Raumübungen ist, muss ich allerdings auch wieder andere Lernbereiche mit einbeziehen.

SCHMITZ/SCHARLAU schlagen vor, dass man, wenn man in der Klasse einen großen Spiegel hat, diesen nutzen um mit den Kindern dessen Körperteile kennenzulernen. Man kann auf sie zeigen, sie benennen, sie bewegen, sie mit denen der anderen Schüler o- der denen des Lehrers vergleichen. Das Kind kann Körperbewegungen nachmachen, sie anderen vormachen und Bewegungen, die auf Bildern dargestellt sind nachmachen. Wenn diese Übungen beherrscht werden, kann man ohne Spiegel weiterarbeiten. Das Kind muss nun seine Körperteile bewegen ohne sie zu sehen. Dabei lernt das Kind sich seine Körperteile vorzustellen, sie zu empfinden (vgl. Schmitz/Scharlau 1991, 93f). Im Folgenden möchte ich einige Angebote zur Erarbeitung von Raum-Lage- Begriffen vorschlagen.

Oben/unten

Nach THEILEN gibt es dazu zweierlei Übungsarten, die auch für schwerer behinderte Schüler durchführbar sind. Bei der einen Art handelt es sich um Übungen, bei denen sich der Schüler selbst oben befindet, die Höhe mit seinem eigenen Körper wahrnimmt. Dies kann durch Steigen auf unterschiedlich hohe Gegenstände wie Hocker oder Kisten (evtl. mit Hilfestellung) geübt werden. Das Kind erlebt so beispielsweise Räume aus neuer Perspektive, macht unterschiedliche Höhenerfahrungen, lernt sich selbständig im Raum hinauf- und hinunterzubewegen, erlebt in Verbindung mit der Höhe die Tiefe, etc. Bei der zweiten Übungsart führt der Schüler Tätigkeiten aus, die das Heben des Kopfes, das Bewegen der Augen, das Strecken der Arme oder des ganzen Körpers er-fordert. Die Übungen sollen so strukturiert sein, dass der Schüler in ihnen einen Sinn sehen kann, beispielsweise das Bauen eines Turmes, der immer höher gebaut wird, bis man sich schließlich strecken muss um weitere Bauklötzchen darauf zu stellen. Dabei kann der Schüler den Raum über sich als eigenen Handlungsspielraum entdecken. Wei- tere Übungmöglichkeiten sind das Verfolgen von Seifenblasen auf Gesichtshöhe, dabei muss das Kind die Augen nach oben und unten bewegen und den Kopf heben und sen- ken. Hängt der Lehrer über den Kopf des Kindes interessante Gegenstände auf, so lernt das Kind zu erleben, dass der Raum über ihm auch für ihn interessant sein kann. Es wird den Blick nach oben richten und den Kopf heben. Später kann mit dem Gegenstand gehandelt werden, indem der Schüler z.B. nach dem Gegenstand greift. Der neu gewonnene Raum wird so für das eigene Tun genutzt.

Es ist ratsam solche Übungen sowohl im Sitzen als auch im Stehen durchzufüh-ren, da jeweils andere Körperteile vom Schüler aktiviert werden müssen. Bei solchen Übungen lernt der Schüler auch sich im Raum zu bewegen.

Zur Erfahrung von „unten“ können Übungen durchgeführt werden, bei denen die Aufmerksamkeit auf die Füße gerichtet wird. Das Kind kann so erfahren, dass sich unter ihm etwas befindet. Eine sehr gute Möglichkeit diese Raumerfahrungen machen ist es den Boden mit unterschiedlichen Belägen und Kisten zu und mit den Schülern barfuß darüber bzw. durch zu laufen (vgl. Theilen 1994, 180f).

Zu dieser Idee haben wir im Rahmen unseres Facharbeitskreises Behindertenarbeit der DPSG einmal einen sogenannten Barfuß-parcour aufgebaut. Weil ich finde, dass dieser sich gut eignen würde hier zu üben will ich ihn kurz skizzieren:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Nach längerem Suchen habe ich eine Unterrichtsskizze einer Stunde zum Thema „Raumbegriffe gewinnen“ gefunden die zwar für eine Diagnose-Förderklasse konzipiert wurde, die ich aber trotzdem hier aufführen möchte, da sie meiner Meinung nach auch mit Kindern mit leichter geistiger Behinderung evtl. mit klassenspezifischen Änderungen durchgeführt werden könnte: (Michielsen 1987, 96ff)(siehe dazu Anhang 1)

vorne / hinten

Da das Erleben des Raumes „vor mir“ oder „hinter mir“ nach THEILEN einfacher zu verstehen ist als „links“ oder „rechts von mir“ sollte man die Übungen auch zuerst hier ansetzen. „Alle Übungen zum gezielten Gebrauch der Hände werden zunächst in Körpermitte vor dem Schüler durchgeführt, bevor man sich zur Seite, nach oben oder unten wendet. Basale Stimulation der Hände durch Berührungs-, Bewegungs-, Druck- und Temperaturreize läßt sich dazu begleitend anbieten“ (Theilen 1994, 189).

Übungsmöglichkeiten bieten sich unzählige. Beispielsweise kann man vor das Kind interessante Gegenstände bringen, die das Kind dann entweder mit den Augen fixiert oder nach ihnen greift. Auch kann man Hindernisse vor das Kind stellen, die es ü- berwinden muss.

Auch im handelnden Umgang mit alltäglichen Dingen kann man vorne / hinten Beziehungen üben. Beispielsweise beim benutzen einer Tür: Vor dem Schüler befindet sich eine Tür. Gemeinsam öffnen wir die Türe und gehen hindurch. Ein anderes Mal wird die Tür ausgehängt und statt dessen ein Fliegenvorhang angebracht. Beim durchgehen durch das Hindernis spürt der Schüler dass sich vor ihm etwas befindet, er kann es mit seinen Händen fühlen, durch es hindurchgehen, es dabei mit dem ganzen Körper spü- ren, es beiseite schieben, ...

Der Begriff „hinter“ kann durch Begrenzungserfahrungen verdeutlicht werden. Dadurch dass der Schüler hinter sich etwas spürt, dort Berührung erfährt erlebt er diesen Begriff. Auch kann man interessante Dinge oder Musik hinter dem Schüler anbieten und ihn so zum umdrehen veranlassen.

Wichtig ist es auch, Bewegungen nach hinten zu erleben. Dies kann durch rückwärts gehen oder rückwärts im Rollstuhl gefahren werden verdeutlicht werden. Durch die normalerweise recht schwierige Übung des rückwärts Gehens macht der Schüler neue Bewegungserfahrungen (vgl. Theilen 1994, 189ff).

links/rechts bzw. neben

Hierbei möchte ich wieder mit Übungen für schwerer behinderte Kinder beginnen. Dabei kann es sicherlich nicht darum gehen, die Begrifflichkeiten rechts / links zu lernen. Es geht vielmehr darum zu erfahren, dass es etwasneben sich gibt.

THEILEN schlägt eine Übung vor, die mir sehr gut gefällt und die ich hier darstellen möchte. Eine Turnmatte wird in drei Reifen gelegt, so dass sie sich automatisch nach oben wölbt. Nun kann das Kind darauf gelegt werden. Durch sanftes hin- und herschau- keln erlebt das Kind die seitliche Begrenzung, es kann so den eigenen Körper besser spüren und bei schnellerem schaukeln die Angst vor dem Bewegtwerden abbauen.

Ein weiterer Vorschlag ist es, mit großen Bausteinen zwei parallele Wände aufzu- bauen und daran entlang zu gehen. Das Kind kann mit den Händen spüren, dass es links und rechts seitliche Begrenzungen gibt. Diese Übung kann man dadurch variieren, dass die Begrenzung nur mit den Augen oder mit dem ganzen Körper wahrgenommen wird.

Auch Stofftunnels eignen sich sehr gut für diese Art von Übungen. Hierbei wird das handelnde Lernen wieder ganz deutlich (vgl. Theilen 1994, 187ff).

Bei weniger schwer geistig behinderten Schülern kann auch der Unterschied von rechts und links versprachlicht werden. Solche Übungen lassen sich gut durch die Mar- kierung von Händen und Füßen einleiten. Beispielsweise wird die rechte Hand mit einem Handschuh versehen, der linke Fuß mit einem Luftballon, etc.. Hat das Kind gelernt, der- art rechts und links zu unterscheiden so ist das nächste Ziel anzugeben, ob Gegenstän- de rechts oder links von ihm stehen. Das ist vor allem dadurch schwierig, dass „ die Um- kehrung (der Schüler steht links oder rechts vom Gegenstand) nicht durch einen verbalen Analogieschluß, sondern nur durch einen anschaulich-logischen gezogen werden kann“ (Schmitz/Scharlau 1991, 94).

Zum Thema „Raumerfahrung“ habe ich ein Unterrichtsbeispiel gefunden, auf dass ich abschließend hier hinweisen möchte (siehe Anhang 2).

3.Übungen zum Thema Reihenbildung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das Thema Reihenbildung (Seriation) impliziert gewissermaßen das Thema Raumerfahrung. Ich möchte es in diesem Kapitel jedoch expliziter behandeln, da ich hierzu eine Reihe schöner Unterrichtsmaterialien gefunden habe und da es weiter gefasst ist als bloße Raumerfahrung. Als weitere Lernziele sind hier zu nennen:

„Die Schüler sollen

- anhand von Beispielen erfahren bzw. erleben, daß in einer Reihe die Elemente immer ordentlich neben- oder hintereinander stehen bzw. liegen
- [...]
- Elemente einer ungeordneten Menge von Gegenständen in Reihen ordnen
- auf ikonischer (bildlicher) Darstellungsebene mit Hilfslinien Reihen bilden
- auf ikonischer Ebene ohne Hilfslinien Reihen bilden
- vorgegebene Abfolgen nachlegen
- Abfolgen nach vorgegebenen Kriterien selbständig bilden
- periodische Abfolgen von konkreten Objekten nachbilden
- periodische Folgen von konkreten Objekten nach vorgegebener Regel selbständig bil- den bzw. fortsetzen
- periodische Folgen (auf ikonischer Ebene) nach Vorlagen abmalen
- periodische Folgen nach vorgegebener Regel aus- oder weitermalen
- Regeln bei vorgegebenen periodischen Folgen erkennen und die Reihen entspre- chend fortsetzen (Bildungsgesetz erschließen)
- Fehler bei vorgegebenen periodischen Folgen erkennen und verbessern“ (Reich 1994, 12).

Ein umfangreicher Übungsfundus findet man bei REICH (s. Literaturverzeichnis). In dieser Arbeit möchte ich nun einige Übungen auswählen und abbilden, damit der Leser einen Einblick erhält.

Eine recht einfache Übung auf der handelnden Ebene stellt „Der Trubel ist vorbei, eine Reihe sei!“ dar:

„Die Kinder dürfen in der Turnhalle durcheinander laufen, springen, hüpfen. Der Lehrer schlägt dazu leicht und schnell auf das Tamburin. Sobald er (mit rhythmischer Tamburinbegleitung) ruft: ´1,2,3, der Trubel ist vorbei, eine Reihe sei!` stellen sich die Schüler (hintereinander) in einer Reihe vor der Bank auf. Sie gehen nacheinander über die Bank und setzen sich (nebeneinander) auf eine Matte, bis alle fertig sind. Die Übung wird mehrmals wiederholt, wobei die Kinder stets auf andere Art die Bank ´überqueren` (hüpfen, robben, rutschen, drunter durchkriechen etc.).

Wenn ein Kind die Reihe nicht einhält, weist der Lehrer ausdrücklich darauf hin: ´Da tanzt einer aus der Reihe.`“ (Reich 1994, 13).

Auf der ikonischen Darstellungsebene stellt die Übung „Blumenbeete“ eine schon recht komplexe Anforderung an den Schüler (siehe Anhang 3).

„Wir malen Perlenketten“ ist gut geeignet um periodische Abfolgen zu üben (siehe An- hang 4).

Zum Lernziel Fehler bei vorgegebenen periodischen Folgen erkennen und verbessern habe ich die Übung „Wer findet den Fehler?“ ausgesucht (siehe Anhang 5).

Schlussbemerkung

Ursprünglich habe ich geplant noch eine ausgearbeitete Unterrichtsstunde zum Thema Raum anzuschließen. Mehrere Gründe hielten mich davon ab: Ich finde, dass zu einer ausgearbeiteten Stunde auch eine Reflexion gehört, sonst bleibt es Theorie und ist unre- alistisch. Da ich momentan nicht die Möglichkeiten habe in der Praxis Mathematikunter- richt auszuprobieren und die hier gewonnenen Erkenntnisse anzuwenden habe ich dar- auf verzichtet. Letztlich wäre es auch zu umfangreich für den Rahmen dieser Arbeit ge- worden.

Ich hoffe, der Leser hat dennoch einen Einblick in den Mathematikunterricht bei Schülern mit geistiger Behinderung und einige Anregungen für eigenen Unterricht bekommen.

Anhang:

Literaturverzeichnis:

- Freisleben, Herbert B. (Hrsg.): Mathematik und Bewegung: Michielsen, Miek: Musik- und Bewegungserziehung im Mathematikunterricht einer Diagnose- und Förderklasse. Würzburg 1991
- Miessler, Maria und Bauer, Ingrid: Neues Lernen mit Geistigbehinderten. Wir lernen denken. Würzburg 1978
- Piaget, Jean: Der Aufbau der Wirklichkeit beim Kinde. Stuttgart 1974
- Piaget, Jean und Inhelder, Bärbel: die Psychologie des Kindes. Olten 1972
- Reich, Franziska: Übungsreihen für Geistigbehinderte: Heft A 8.2: Geistig Behinderte lernen Voraussetzungen zum Zählen. Reihenbegriff und Zahlbegriff „1“. Dortmund 1994
- Schmitz, Gudrun und Scharlau, Robert: Neues Lernen mit Geistigbehinderten. Ma- thematik als Welterfahrung. Rheinbreitbach (6) 1991
- Staatsinstitut für Schulpädagogik (Hrsg.): Erstrechnen. Handreichungen für Sonderpä- dagogische Diagnose- und Förderklassen. Teil 1: Grundlegende mathematische Fä- higkeiten. Würzburg (3) 1989
- Staatsinstitut für Schulpädagogik (Hrsg.): Lehrplan und Materialien für den Unterricht in der Schule für geistig Behinderte. München 1982
- Theilen, Ulrike: mach doch mit! Lebendiges Lernen mit schwerbehinderten Kindern. München 1994

[...]


1 Den Begriff des permanenten Gegenstandes beschreiben SCHMITZ/SCHARLAU als „Permanenz des Objektes“ (Schmitz/Scharlau 1991, 24). Zum besseren Verständnis des Begriffes will ich hier eine Definition von SCHMITZ/SCHARLAU aufführen „Der Objektbegriff beinhaltet die Erfahrung eines unabhängig von dem Ich des Kindes vorhandenen ‘Etwas’, das außerhalb liegt. Das Objekt existiert unabhängig von den Handlungen des Kindes und unabhängig vom zeitweiligen Unsichtbarwerden und dergleichen. Es handelt sich hier um den ersten Invarianzerwerb des Kindes“ (Schmitz/Scharlau 1991, 55).

2 Mit Invarianz ist vereinfacht dargestellt ein Erhaltenbleiben gemeint. Ein Kreis bleibt ein Kreis, egal wie man ihn betrachtet.

3 mit Akkomodation bezeichnet Piaget die Anpassung des Verhaltens an ein Objekt

4 Erlebnisqualitäten bezeichnen Situationen, in denen das Kind durch tägliches Erleben Dinge nicht gleichsetzen kann, da sie für das Kind unterschiedliche Bedeutungen haben. Als Beispiel sei angefügt, dass Kinder wohl Menschen als solche bezeichnen, jedoch „Mama“ kein Mensch in dem Sinne ist, denn die ist ja „Mama“ und nichts anderes.

5 Das Kind erkennt beim „Glas-umfüll-Versuch“ nicht, dass im hohen, schmalen Glas der selbe Inhalt wie im niedrigen, breiten Glas ist.

6 das Körperschema beinhaltet das Wissen um die Teile des Körpers, ihre Stellung und Bewegungsmöglichkeiten und die Abgrenzung zum Raum)

Ende der Leseprobe aus 36 Seiten

Details

Titel
Mathematikunterricht für Schüler mit geistiger Behinderung
Veranstaltung
Seminar Grundlagen und Formen des Mathematikunterrichts
Note
1-
Autor
Jahr
1998
Seiten
36
Katalognummer
V96990
ISBN (eBook)
9783638096652
Dateigröße
471 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Mathematikunterricht für Schüler mit geistiger Behinderung - theoretische Grundlagen und praktische Beispiele zum Thema "Raum"
Schlagworte
Mathematikunterricht, Schüler, Behinderung, Seminar, Grundlagen, Formen, Mathematikunterrichts
Arbeit zitieren
Miellyn Mayer (Autor:in), 1998, Mathematikunterricht für Schüler mit geistiger Behinderung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/96990

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