Büchner, Georg - Dantons Tod


Referat / Aufsatz (Schule), 1999

5 Seiten


Leseprobe


DANTONS TOD von Georg Büchner

“Dantons Tod“ ist ein Drama in vier Akten und wurde das erste Mal am 5. Jänner 1902 in Berlin uraufgeführt. Ort der Handlung ist Paris im Jahre 1794.

Die große Französische Revolution, deren dynamischer Tribun Danton war, ist in ein Stadium der Stagnation getreten. Danton selbst zieht ein Genußleben vor, stellt seinen Freunden gegenüber geistreiche Welt- und Todesbetrachtungen an und weigert sich, vor dem Konvent zu sprechen. Sein Gegenspieler Robespierre predigt im Jakobinerklub sein Evangelium tugendhafter Enthaltsamkeit und des Terrors gegen die Dantonisten. Eine persönliche Aussprache zwischen Robespierre und Danton führt zu keinem Ergebnis. St. Just und Robespierre sind sich einig, Danton und Desmoulin zu Fall zu bringen, während dieser von seinen Freunden vergeblich gedrängt wird, zu handeln. Selbst als die Verhaftung Dantons beschlossen ist, weigert er sich zu fliehen. Er glaubt, dass seine Gegner diesen letzten Schritt nicht wagen würden. Was er dann jedoch nach seiner Verhaftung unternimmt, kommt zu spät. Mit großen Worten und meisterhafter Verteidigung tritt er vor seine Ankläger. Diese gebrauchen die Volksunruhen zugunsten Dantons und die scharfen Worte, die er spricht, zum Anlass einer schnellen Urteilfällung. Die Frauen von Danton und Desmoulins wollen ihre Männer retten, indem sie Geld ins Volk werfen. Doch das Todesurteil ist bereits gesprochen. Mit Danton müssen seine Freunde mit aufs Schafott, unter denen ihm der junge Camille Desmoulins besonders nahesteht. Mit heroischen Worten und in gefasster Haltung nehmen die Freunde im Gefängnis abschied voneinander. Julie, die Gattin Dantons, will ihren Mann nicht überleben und vergiftet sich. Lucile, die Gattin Desmoulins, ist vor Schmerzen wahnsinnig geworden und wird von der Wache weggeführt, als sie plötzlich ausruft: „Es lebe der König!“

Interpretation:

Georg Büchner wurde zu dem Drama durch ein intensives Studium der Geschichte der Französischen Revolution angeregt. Es entstand, während er wegen der Gründung einer politischen Studentengruppe, der „Gesellschaft der Menschenrechte“, und der Veröffentlichung einer radikalen sozialistischen Flugschrift, des „Hessischen Landboten“, der polizeilichen Verfolgung ausgesetzt war. Unmittelbar nach Abschluss des Manuskriptes konnte er nur durch schnelle Flucht der Verhaftung entgehen. „Dantons Tod“ ist seine erste Dichtung und die einzige, die zu seinen Lebzeiten gedruckt wurde. Auf Wunsch des Verlegers wurde der Text jedoch, um der Zensur zuvorzukommen, von Karl Gutzkow - möglicherweise auch noch von einem anderen - an über hundert Stellen geändert. Gutzkow selbst schrieb: „Der echte Danton von Büchner ist nicht erschienen. Was davon herauskam, ist ein notdürftiger Rest, die Ruine einer Verwüstung.“ Auch der Untertitel stammt nicht von Büchner und wurde ohne sein Wissen hinzugefügt. Der Autor wählt für sein Stück einen Ausschnitt aus der Spätphase der Französischen Revolution (24. März bis 5. April 1794), in der sie in ihr Gegenteil, eine selbstmörderische Diktatur, umzuschlagen beginnt und zwei überragende Revolutionsführer, Robespierre und Danton, zu entscheidender Gegenschaft zwingt, der Danton dann zum Opfer fällt. Als Quellen benützte Büchner vor allem die „Histoire de la Rèvolution francaise“ von M.A. Thiers und von A.F. Mignet. Dieses Material ist in einem ungewöhnlichen Ausmaß in das Werk eingegangen: große Teile der Reden Robespierres und Saint-Justs vor dem Nationalkonvent und Dantons vor dem Revolutionstribunal sind unverändert übernommen. Der Grund dafür ist wohl Büchners Überzeugung, dass es die „höchste Aufgabe“ des dramatischen Dichters sei, die „Geschichte, wie sie sich wirklich begeben, so nahe als möglich zu kommen“. Entscheidender jedoch ist, dass sich ihm bei Studium der Quellen eine kraß antiidealistische, skeptische Geschichtsauffassung geradezu aufdrängte, wie er in einem Brief berichtet: „ich studiere die Geschichte der Revolution. Ich fühle mich wie zernichtet unter dem gräßlichen Fatalismus der Geschichte. Ich finde in der Menschennatur eine entsetzliche Gleichheit. Das Muss ist eines von den Verdammungsworten, womit der Mensch getauft worden ist.“ Die Bedeutung diese pessimistischen, jedes individuelle Heldentum in Frage stellenden Sätze für „Dantons Tod“ wird dadurch bestätigt, dass der Autor sie gekürzt als Formulierung in eine der Schlüsselszenen des Dramas übernahm. Büchner verzichtet auf eine ausgedehnte Exposition, vergegenwärtigt die Vorgeschichte aber an zentralen Stellen des Stückes fragmatisch als quälende Erinnerung Dantons: dieser hat zusammen mit Robespierres, der jetzt an der Spitze des mit umfassenden Vollmachten ausgestatteten Wohlfahrtsausschusses steht, die Revolution entscheidend vorangetrieben und als Justizminister im Jahre 1792 die „Septembermorde“ an klerikalen und royalistischen Abgeordneten und Häftlingen gebilligt, sich dann aber dem gemäßigten Flügel angeschlossen, der für eine rasche Beendigung des Blutvergießens eintritt. Die Handlung des Dramas setzt jedoch erst zu einem Zeitpunkt ein, an dem Danton bereits alle politischen Aktivitäten aufgegeben hat. Seine Skepsis kontrastiert scharf mit dem Bild des dynamischen, ungebrochenen Revolutionärs, des Dantons Anhänger beschwörend aufrechterhalten. Sie sind sich darin einig, dass die Revolution ins Stadium der „Reorganisation“ treten und das Chaos einer neuen, elastischen Staatsform weichen müsse, die „sich dicht an den Leib des Volkes schmiegt“. Das universale Glücksversprechen, mit dem die Revolution die geknechteten Volksmassen gewann, soll durch eine neue Ethik erfüllt werden. Aber Danton, der bestürmt wird, das politische Konzept seiner Anhänger vor dem Nationalkonvent durchzusetzen, zögert und lehnt desillusioniert ab. Seine Taktik, die sich schon in den ersten Szenen des Akts andeutet, erwächst nicht etwa daraus, dass seine durch überhelles „Bewustsein“ gebrochene Tatkraft sich gegen Robespierres nicht durchsetzen vermöchte, sondern aus dem Verzicht auf jedes politische „Programm“, auf Veränderung durch Handeln. Dantons Gegenspieler Robespierre, der in den folgenden Szenen des ersten Akts als Redner vor einer aufgebrachten Volksmenge und vor dem Jakobinerklub auftritt, beugt dagegen jeden Widerstand durch seine asketische Strenge und die kalte, konsequente Rationalität seines entfesselten Machtwillens. Er wirft der Gruppe um Danton vor, dass sie das Erbe des Aristokratismus angetreten haben. Dantons Anhänger, die ihn warnen wollen, finden ihn bei Marion, einer Dirne des Palais Royal. Was Robespierre in seinem totalitären, abstrakten Tugendutopismus Dantons “Lasterhaftigkeit“ nannte, ist im Gegenteil ein verfeinerter Sensualismus, eine eingestandene gegenrevolutionäre Genußbereitschaft. Danton weiß, dass sie ihm schaden wird; denn aus vorrevolutionärem Ressentiment hasst das Volk „die Genießenden wie Eunuch die Männer“. Mittelpunkt des ersten Akts ist der als politische Auseinandersetzung beginnende Dialog zwischen Danton und Robespierre. Während dieser sich wiederum bemüht, in Danton den Vertreter einer parasitären Ideologie dadurch vernichtend zu treffen, dass er das Laster zum Hochverrat erklärt, entlarvt Danton die kleinbürgerliche Tugendrechtschaffenheit Robespierres als verbitterte, anmaßende Genußfeindschaft, die nur das „elende Vergnügen“ kennt, andere schlechter zu finden als sich selbst. Robespierre, von Dantons empörter Frage nach der Legitimität einer über ein regulative Ethik hinausgehenden „Moral“ tief betroffen, zaudert zunächst, lässt sich aber von seinem entschlossenen Parteigänger Saint-Just bald umstimmen und billigt die schon vorbereiteten Maßnahmen gegen Danton. Der Beginn des zweiten Akts macht deutlich, wie wenig Danton an Auflehnung und Kampf denkt. Seine illusionslose Erkenntnis der absurden „Immergleichheit“ des Lebens und sein Lebensekel vertiefen sich zum quälenden Bewußtsein des eigenen „Gestorbenseins“. Auf die Frage, warum er sich zum „toten Heiligen“ der Revolution habe degradieren lassen, begnügt er sich mit der Antwort, sein „Naturell“ sei nun einmal so. seine Langeweile schlägt um in Sehnsucht nach dem „Asyl im Nichts“, nach endgültiger Ruhe. Er bleibt untätig im Vertrauen auf sein unantastbares Ansehen im Volk: „Sie werden`s nicht wagen!“ In zwei Szenen des zweiten Akts wird diese Handlung aus seiner politischen Vergangenheit begründet, die, wenn auch für seine Gegner ohne Angriffspunkt, ihm selbst in der Erinnerung zur Qual wird. Von Deputierten des Nationalkonvents gewarnt, entschließt sich Danton zunächst, ein vorbereitetes Versteck als Fluchtmöglichkeit zu nutzen, kehrt aber auf halbem Wege um, getrieben von Zwang eines „Gedächtnisses“, das ihm die persönliche Sicherheit unerträglich machen würde und das ihm seine unauflösbare Verflochtenheit in den historischen „Zwang“ der Revolution bestätigt: „Wir haben die Revolution nicht gemacht, sondern die Revolution hat uns gemacht.“ Er und seine Freunde werden verhaftet. Vor dem Nationalkonvent weist Robespierre den Einspruch mehrerer Delegierter ab und Saint-Just übertrifft ihn noch, indem er Dantons Satz, die Revolution fresse ihre eigenen Kinder ironisch gutheißt: „Sie zerstückt die Menschheit, um sie zu Verjüngen.“ Die Hauptszenen des dritten und vierten Akts spielen in der Conciergerie, dem Untersuchungsgefängnis, und vor dem Revolutionstribunal. Danton und seine Anhänger warten zusammen mit anderen Häftlingen auf ihre Hinrichtung. Obwohl die Entscheidung bereits gefallen ist - die „Entwicklung“ des Dramas besteht in seiner unaufhaltsam fallenden Tendenz - bäumt sich Danton noch einmal auf, als das mechanisch - bürokratische „Mühlwerk“ des Scheinprozesses zu arbeiten beginnt. Seine energische Verteidigung wird jedoch endgültig zu nichte gemacht, als es gelingt, ihm eine Verschwörung im Gefängnis zu unterstellen. Die Gespräche der Eingekerkerten kreisen um den bevorstehenden Tod. Danton, in leidenschaftlicher Todesbereitschaft, verzweifelt endlich sogar an der Möglichkeit des Sterbens selber: „Wir sind alle lebendig begraben und wie Könige in drei- oder vierfachen Särgen beigesetzt...Da ist keine Hoffnung im Tod; er ist nur eine einfachere, das leben eine verwickeltere, organisierte Fäulnis, das ist der ganze Unterschied.“ Sein Selbstverständnis zeigt in diesen letzten Szenen alle Merkmale eines radikalen Nihilismus - den rationalen Vorbehalt gegenüber jedem traditionellen Wertsystems, die Leugnung eines anthropomorphen Gottesbegriffs und die kategorische Ablehnung jedes „Sinns“: „die Welt ist das Chaos, das Nichts ist der zu gebärende Weltgott.“ Danton stirbt als Opfer der Revolution, die er selbst mit ins Werk gesetzt hat und deren Rettung er in ihrer Beendigung erblickte. Seine pessimistische Passivität, die er mit Hamlet teilt, entfremdet ihn dem Leben. Der Prozess des Nichtigwerdens seines Daseins, wie ihn das Drama enthüllt und der Danton zur fortschreitenden Revolution in Widerspruch bringt, ist nicht die Folge einer zynischen Generalisierung von „Selbstunwerterlebnissen“, sondern geht aus der reflektierenden Erfahrung der „Wertlosigkeit“ oder „Wertvergänglichkeit“ überhaupt hervor. Innerhalb der deutschen Dramatik seiner Zeit ist „Dantons Tod“ eine einzigartige dichterische Leistung. Büchner überwindet in „Dantons Tod“ die überlieferte Form des klassischen Dramas und dies nicht allein mit dem Verzicht auf die traditionelle „Handlung“, sondern ebenso in der Gestaltung der Personen und der Sprache. Büchner lehnt die sogenannten „Idealdichter“ ab und meint vor allem den „klassischen“ Schiller, dessen pathetisch - rhetorischem Stil in „Dantons Tod“ eine volkstümliche, oft drastische und obszöne Sprache und neuartige Dialoggestaltung gegenübersteht.

Ende der Leseprobe aus 5 Seiten

Details

Titel
Büchner, Georg - Dantons Tod
Autor
Jahr
1999
Seiten
5
Katalognummer
V96890
ISBN (eBook)
9783638095655
Dateigröße
334 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Büchner, Georg, Dantons
Arbeit zitieren
Harald Messner (Autor:in), 1999, Büchner, Georg - Dantons Tod, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/96890

Kommentare

  • Gast am 18.4.2001

    Büchner, Georg - Dantons Tod.

    Schlechte, unübersichtliche Gliederung

  • Gast am 18.2.2001

    Lobeshymden.

    Hey cool, dass es so was gibt! Da wird meine Deutsch-LK-GEsamtklausur doch net sooo schlecht ausfallen. Ich müsst echt meinen ganzen Ordner noch,al durchwühlen und mir die Geschichte selbstzusammen reimen!
    Danke Harry :)

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