"Die Preußenstaatsstreiche" - ein Beitrag zur Verfassungsgeschichte Preußens in der Neuzeit


Skript, 2000

76 Seiten, Note: 16 Punkte


Leseprobe


Inhalt

A. ZUR VORGESCHICHTE DER PREUßENSTAATSSTREICHE
A. 1. EINLEITUNG
A. 2. DAS PROBLEM DES DUALISMUS ZWISCHEN PREUßEN UND DEM REICH SEIT DER REICHSGRÜNDUNG 1871
A. 3. DIE POLITISCHE SITUATION IN REICH UND PREUßEN IN DEN WOCHEN VOR DEM REICHSEINGRIFF AM 20. JULI 1932
A. 3. 1. Die Änderung der Geschäftsordnung des Preußischen Landtages am 12. April 1932
A. 3. 2. Das Ergebnis der Landtagswahl vom 24. April 1932 und die weiteren Bemühungen um eine Regierungsbildung
A. 3. 3. Die innenpolitische Entwicklung im Reich
A. 3. 4. Die unmittelbare Vortage des „ersten Preußenstaatsstreichs“

B. DER „ERSTE PREUßENSTAATSSTREICH“ UND SEINE FOLGEN
B. 1. DER SOGENANNTE „PREUßENSCHLAG“ AM 20.JULI 1932
B. 2. DIE REICHSKOMMISSARE IN PREUßEN BIS ZUM URTEIL DES STAATSGERICHTSHOFES AM 25. OKTOBER 1932
B. 2. 1. Die ersten Maßnahmen des „Kabinetts der Reichskommissare“ nach dem 20. Juli 1932..
B. 2. 2. Die Haltung der anderen Länder zum Reichseingriff vom 20. Juli
B. 2. 3. Der Staatsgerichtshof und der preußische Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung
B. 2. 4. Die Verwaltungsreform der Reichskommissare
B. 2. 5. Der Kampf um die preußische Vertretungsbefugnis im Reichsrat
B. 2. 6. Die Auswirkungen der Reichstagswahl vom 31. Juli 1932
B. 2. 7. Das Verhältnis zwischen dem „Kabinett der Reichskommissare“ und dem „Preußischen Landtag“ nach dem Bruch von Papen/Hindenburg und Hitler
B. 2. 8. Die Verfassungsreformbestrebungen der Reichsregierung
B. 2. 9. Vergleichsbemühungen zwischen Reich und Preußen
B. 3. VOR DEM STAATSGERICHTSHOF
B. 3. 1. Der Prozeß „Preußen contra Reich“
B. 3. 2. Das Urteil des StGH vom 25. Oktober 1932
B. 4. DIE WEITERE ENTWICKLUNG DES VERHÄLTNISSES ZWISCHEN REICH UND PREUßEN BIS ZUM 30. JANUAR 1933
B. 4. 1. Der Dualismus zwischen dem Staatsministerium und den Reichs-kommissaren
B. 4. 2. Die anderen Länder und der Reichsrat nach dem Urteil des StGH 48 vom 25. Oktober 1932
B. 4. 3. Weitere Reichsreformbestrebungen von Papens nach den Urteil des StGH
B. 4. 4. Der Dualismus Reich-Preußen und das Präsidialkabinett „von Schleicher“

C. DER „ZWEITE PREUßENSTAATSSTREICH“ UND DAS ENDE DER „REGIERUNG BRAUN“
C. 1. DAS PRÄSIDIALKABINETT HITLER UND DIE VORBEREITUNG DES „ZWEITEN PREUßENSTAATSSTREICHES“
C. 2. DER „ZWEITE PREUßENSTAATSSTREICH“ AM 6. FEBRUAR 1933
C. 3. DIE LET ZTEN TAGE DER PREUßISCHEN REGIERUNG OTTO BRAUN UND DAS ENDE DER WEIMARER REPUBLIK

D. SCHLUßBEMERKUNGEN

E. ANLAGEN ZUM SKRIPT

"Verordnung des Reichspräsidenten, betreffend die Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Gebiet des Landes Preußen"

(RGBl. 1932 I. S. 377)

Niederschrift über die Ministerbesprechung am 11. Juli 1932 nachm(ittags) 4.30 Uhr in der Reichskanzlei

Auszug aus der Niederschrift über die Ministerbesprechung am Dienstag den 12. Juli 1932, 5 Uhr nachm(ittags) in der Reichskanzlei

Auszug aus der Niederschrift über die Ministerbesprechung am 13. Juli 1932 nachm(ittags) 5 Uhr in der Reichskanzlei

Auszug aus der Niederschrift über die Ministerbesprechung am Sonnabend, den 16. Juli 1932 11 Uhr vorm(ittags) in der Reichskanzlei

"Verordnung des Reichspräsidenten, betreffend die Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Groß-Berlin und Provinz Brandenburg"(Ausnahmezustandsverordnung)

(RGBl. 1932 I. S. 377 f.)

F. LITERATURVERZEICHNIS

A. Zur Vorgeschichte der Preußenstaatsstreiche

A. 1. Einleitung

Fraglich ist bei historischer Betrachtung des 20. Juli 1932, wo die Hintergründe liegen, wo beginnen Zwangsläufigkeiten in der Vorgeschichte des sogenannten „Preußenschlages“? Läßt sich der 20. Juli allein aus seiner unmittelbaren Vorgeschichte, den ersten Wochen der Kanzlerschaft von Papens, begründen?

Oder ist diese Preußenaktion des Reiches nur das Ende einer Kette von Friktionen zwischen dem Reich und Preußen, welche weit vorher beginnen?

Es erscheint nicht allzu sinnvoll, herausfinden zu wollen, ob diese geschichtlichen Ereignisse in Preußen hätten verhindert werden können. Vielmehr gilt es Pläne und Motive der Beteiligten zu verstehen und vielleicht auch Schlußfolgerungen für unsere Gesellschaft in der Gegenwart abzuleiten.

Bei genauerer Betrachtung der Fakten und Schilderungen wird klar, daß mit dem Reichseingriff in Preußen seit langem erwartete, wie auch geplante Bestrebungen sowie kurzfristige politische Motivierungen zusammen kamen. Hauptsächlich ging es jedoch um zwei wesentliche Punkte:

1. die Beseitigung des Dualismus zwischen Preußen und dem Reich, als faktische Vorarbeit einer verfassungsmäßigen Reichsreform
2. die Ausschaltung der letzten sozialistisch-republikanischen Machtposition der „alten

Republik“, damit einhergehend, die Erkämpfung der realen Macht durch die Vertreter des „Neuen Staates“ schon vor Abschluß der Reichsreform

A. 2. Das Problem des Dualismus zwischen Preußen und dem Reich seit der Reichsgründung 1871

Unter dem Dualismus Reich-Preußen versteht man konkret die im Grunde unbefriedigende Stellung der unitarischen Reichsexekutive zur preußischen Hegemonie im förderalistischen Bundesstaat1.

Seit dem Amtsantritt des Präsidialkabinettes „von Papen“ bestand zwischen der autoritären Reichsregierung und dem preußischen Staatsministerium eine Konfliktsituation, welc he sich zunehmend verschärfte. Hier stellt sich jedoch die bereits angesprochene Frage, ob eine Betrachtung der unmittelbaren Vorgeschichte für eine treffende Analyse der „Preußenstaatsstreiche“ ausreicht.

Der preußisch-deutsche Gegensatz begann ja nicht erst mit dem Reichskabinett von Papen, sondern bereits mit dem Beginn der „Weimarer Republik“. Genau genommen, sogar schon in der Zeit der „Paulskirchenverfassung“. Schon damals ging es um die Frage, „ob ein Bundesstaat, mit einer Großmacht innerhalb des Bundes, überhaupt lebensfähig sei und ob sich somit das Reich mit der Existenz Preußens abfinden könne“2.

Nachdem nun bis 1871 unter entscheidender Beteiligung Preußens die deutsche Einheit herbeigeführt wurde, löste Bismarck das preußisch-deutsche Problem mittels eines kunstvollen Ausgleichs zwischen Reich und Einzelstaat. Alle Gegensätze zwischen der preußischen Hegemonie im konservativen förderalistischen Bundesrat und der unitarischen Reichsexekutive wurden in der Person Bismarcks ausgehalten. Er räumte Preußen eine domminierende Stellung ein.

Besonders geschickt verstand er „dieses Regieren mit zwei Parlamenten, dies Reiten bald auf dem deutschen, bald auf dem preußischen Pferde“3. Nach Bismarck wuchs die Gefahr, daß das Deutsche Reich zunehmend ein „verlängertes Großpreußen“ werde.

Spätestens der Weimarer Verfassungskompromiß vom 11.08.1919 war in Bezug auf die Gegensätze zwischen Reich und Preußen verhängnisvoll.

Einerseits, behielt Preußen seine wirtschaftliche Vormachtstellung, seinen großen verwaltungsbürokratischen Apparat und seinen ungeschmälerten territorialen Bestand. Mehr als 3/5 der deutschen Gesamtbevölkerung lebte in Preußen.

Andererseits, verlor Preußen durch den Wegfall der Personalunion Preußen/Reich wenigstens formell seine Hegemonie über die restlichen deutschen Einzelstaaten, was zusätzlich durch zwei Schranken in dem neuen Organ der Ländervertretung, dem Reichsrat, abgesichert wurde. Artikel 61 Abs. 1 S. 2 WRV bestimmte, daß keines der Länder mehr als vierzig Prozent aller Stimmen im Reichsrat innehaben durfte. Ohne diese Bestimmung wären Preußen über die Hälfte aller Stimmen und damit das Übergewicht im Reichsrat zugefallen4. Diese Regelung wurde durch Artikel 63 Abs. 1 S.2 WRV noch verstärkt. Danach mußte die Hälfte der auf das Land Preußen entfallenden Reichsratsstimmen den preußischen Provinzen zur freien Verfügung überlassen werden. Es war der, allerdings nur mit geringem Erfolg beschiedene, Versuch, den Reichsrat zu regionalisieren und eine Willensbildung desselben durch Preußen zu verhindern5. Dennoch bedeutete dieses den Wegfall des früher so überwältigenden Einflusses Preußens auf die Reichspolitik6.

Im Ergebnis entsprachen die Preußen in der Weimarer Reichsverfassung gewährten politischen Rechte noch weniger als zuvor seinem finanziellen und wirtschaftlichen Übergewicht. Dieser Weimarer Verfassungskompromiß als Gemisch von Parlaments- und Präsidialdemokratie, bedeutete keine Gewaltenteilung sondern eine Gewaltenhemmung mit gegenseitigen Abhängigkeiten.

Darüber hinaus fehlte es jetzt an einer organischen Verbindung zwischen dem Reich und Preußen. Damit war die Sicherung gegen allzu weitgehende politische Differenzen bzw. die in der gemeinsamen Führung liegende Chance ihrer Überbrückung entfallen7. Sobald sich die parteipolitische Linie der Reichsregierung wesentlich von der des Preußischen Staatsministerium, hinter dem die Weimarer Koalitionsparteien standen abhob, mußten sich die Spannungen zwangsläufig verschärfen. Mit dem Wegfall der Personalunionen war außerdem die frühere Einflußmöglichkeit des Reiches auf die preußische Verwaltung entfallen. Und gerade in den wichtigsten Fragen der Innenpolitik war das Reich auf die Exekutive Preußens angewiesen. So zum Beispiel, auf die preußische Polizei deren Hilfe man bei inneren Unruhen brauchte. Ganz zu schweigen von dem Sonderfall einer ohne Rücksicht auf die Zusammensetzung des Reichstages eingesetzten Präsidialregierung, dessen spätere Bedeutung man in den Anfangsjahren der Weimarer Republik wohl kaum geahnt hat. Der strukturelle Dualismus zwischen Reich und Preußen bestand unter der Weimarer Reichsverfassung fort8. Die von ihm ausgehenden Gefahren waren noch größer als im alten Reich.

Vor diesen Hintergründen begann schon am Anfang der Weimarer Republik eine Diskussion um die bisher unterbliebene umfassende „Reichsreform im weitesten Sinne“, d.h. die Neugliederung des Reichsgebietes sowie die Reform der Verwaltungsorganisation der Länder und des Reiches sowie ihrer rechtlichen und praktischen Beziehungen zueinander.9

Der Situation entsprechend, bildete dabei das Verhältnis Reich-Preußen den Mittelpunkt der Diskussion. Obwohl Artikel 18 der Weimarer Reichsverfassung den Weg zu Länderneubildungen offenhielt, und einer Neugliederung des Reiches nicht im Wege stand, konnte im Ergebnis keiner der vielen diskutierten Pläne eine allgemeine Zustimmung finden. Dies galt für die „extrem förderalistischen Pläne“, in deren Konsequenz das Reich weitgehend entmachtet und die Hegemonie Preußens durch Aufteilung in mehrere kleinere Länder verhindert werden sollte, wie auch für die Pläne der „extremen Unitarier“ vom Schlage Hugo Preuß, die trotz des Scheiterns des „Preußischen Einheitsstaatentwurfes“10 von 1919 in der Diskussion nach wie vor den „zentralistischen Einheitsstaat“ anstrebten, in dessen Konsequenz die neuen Länder nur eine erweiterte kommunale Selbstverwaltung darstellen und alle wesentlichen Hoheitsrechte vom Reich wahrgenommen werden sollten. Ebensowenig konnte man sich auf einen Vorschlag zur Neuregelung der Beziehungen zwischen Reichs- und Länderverwaltungen einigen.

In den folgenden Jahren (1920 - 1928) kam es zu zahlreichen Kompetenzkonflikten11. Auch deshalb, weil wie anfangs befürchtet, eine parteipolitische Homogenität der beiden Regierungen (Reich/Preußen) über Jahre nicht bestand.

Die SPD war in Preußen von Beginn der Weimarer Republik an ständig an der Regierung beteiligt. Otto Braun war seit 1920 bis zum Untergang der Weimarer Republik, mit zwei kurzen Unterbrechungen, Preußischer Ministerpräsident. Im Reich dagegen begann 1920 eine achtjährige Periode, in der das Reichskanzleramt von keinem Sozialdemokraten mehr bekleidet wurde12.

Als besonders schwerwiegend, zeigte sich das Problem der Abhängigkeit der Reichsregierung von der preußischen Exekutive, wie bereits genannt, auf dem Gebiet der Inneren Sicherheit. Es mußte für das Reich einen schwerwiegenden Mangel bedeuten, daß eine außermilitärische Reichsinstanz zur Bekämpfung innerer Unruhen fehlte. Hieraus entspringt ein entscheidendes Motiv für die angestrebte Beseitigung des Dualismus durch die Reichsregierung „von Papen“. Wollte man im Reich die innere Sicherheit und damit die Macht im Reich gänzlich kontrollieren, brauchte man die Befehlsgewalt über die „preußische Polizei“.

Die zahlreichen echten Bemühungen um eine Reichsreform rissen jedoch nicht ab. Es wurden neue, schon unter dem Gesichtspunkt der Realisierbarkeit, vermittelnde Pläne erarbeitet, welche in den Vorschlägen des „Bundes zur Erneuerung des Reiches“13 und der Länderkonferenzen 1928 - 1930 gipfelten.

Hierbei stellt der Plan des „Verfassungsausschusses der Länderkonferenz“14 eine meines Erachtens hoffnungsvolle Lösung dar. Nach zweijähriger Arbeit wurde dieser Entwurf von den Ländervertretern am 21.06.1930 mit großer Mehrheit (15-JA/3-NEIN/2-ENTHALTUNGEN) angenommen15. Grob zusammengefaßt beinhaltete der Vorschlag folgendes: Baden, Bayern, Württemberg und Sachsen blieben in ihrem alten Bestand. Die Preußischen und die Reichsministerien sollten zusammengelegt werden. Die preußischen Provinzen würden zu neuen Ländern mit beschränkter Gesetzgebungskompetenz umgebildet werden. In diesen Ländern sollte das Reich die grundsätzlichen Aufgaben der bisherigen preußischen Regierung wahrnehmen. Das hieße vor allem unmittelbar über Polizei und Justiz gebieten. Dieser Entwurf war deshalb so bedeutungsvoll, weil er der Exekutivschwäche des Reiches, welche ein Kernproblem des geltenden Verfassungszustandes darstellte, in überzeugendem Maße Rechnung trug. Ohne deren Beseitigung mußte jede Streitigkeit zwischen Preußen und der Reichsregierung eine Schwächung des Reiches bedeuten. Dieser Umstand wurde für den Bestand der Weimarer Republik um so gefährlicher, je stärker die radikalen Parteien wurden. Bis zu den Reichstagswahlen am 14. September1930 wäre der Versuch für den von der Länderkonferenz vorgelegten Reformplan eine Zweidrittelmehrheit zu bekommen, jedenfalls nicht von vornherein völlig aussichtslos gewesen16. NSDAP, DNVP und KPD waren zwar prinzipielle Gegner einer Reichsreform, aber verfügten jedoch nach den Wahlen vom 20. Mai 1928 zusammen nur über 144 der 490 Mandate17. Sie allein hätten die Verfassungsänderung also nicht blockieren können.

Nach den „Katastrophenwahlen“18 vom 14. September 1930 verfügten diese drei Parteien jedoch über mehr als ein Drittel aller nun 577 Mandate. Der Weg zur Reichsreform durch Verfassungsänderung war verbaut.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der gewaltige Machtzuwachs der radikalen Parteien, insbesondere der NSDAP, ließ das Bedürfnis nach einer stärkeren Reichsexekutive und nach einer Reichsreform anwachsen. Da die politischen Veränderungen eine Reichsreform durch Verfassungsänderung ausschlossen, begann man alternative Pläne zu entwickeln, mit denen man auch ohne Verfassungsänderung den Gefahren der neuen Situation entgegentreten konnte.

Als besonders bedeutungsvoll erscheint der Vorschlag19 von Hermann Höpker-Aschoff20. Er empfahl über Artikel 48 Weimarer Reichsverfassung die preußische Polizei- und Justizverwaltung sowie die Gemeindeaufsicht an das Reich zu übertragen. Dieses sollte auf dem Wege über Notverordnungen geschehen, da Artikel 48 WRV dem Reichspräsidenten das Recht gebe, die Länderverwaltung an sich zu nehmen21. Nach Höpker-Aschoffs Vorschlag sollte der preußische Ministerpräsident gleichzeitig Vizekanzler des Reichskabinettes, der preußische Innenminister, Reichsminister des Innern werden. Der Reichsjustizminister sollte gleichzeitig die preußische Justizverwaltung betreuen.22 Diese Aufgabenzusammenziehung hätte ebenso wie ähnliche bei anderen Ministerien ohne Gesetzesänderungen geschehen können23.

Dieser Plan übernahm inhaltlich den dringlichsten Teil aus dem Vorschlag der „Länderkonferenz“. Außerdem trug er mit dem Weg über Artikel 48 der Weimarer Reic hsverfassung dem politischen Kräfteverhältnis im Reichstag Rechnung, indem er eine außerparlamentarische Lösung vorschlug. Höpker-Aschoffs Plan wurde jedoch nicht in die Praxis umgesetzt, da zwischen preußischer Staatsregierung und Reichsregierung keine Übereinstimmung bezüglich der einheitlichen Geschäftsführung erzielt werden konnte. Kurz darauf trat Höpker-Aschoff als preußischer Finanzminister zurück24.

Der Reichskanzler Brüning wollte noch bevor eine Neubesetzung des Ministeriums erfolgt war, daß Reichs- und Preußische Finanzministerium unter Führung des Reichsfinanzministers Dietrich25 zusammenfassen. Braun lehnte dieses jedoch mit dem Hinweis ab, daß zuvor die Ämter des Reichskanzlers und des Preußischen Ministerpräsidenten vereinigt sein müßten. Gleichzeitig stellte er Brüning anheim, bei der nächsten preußischen Landtagswahl im April 1932 für das Amt des Preußischen Ministerpräsidenten zu kandidieren. Braun wollte sich in der SPD für die Unterstützung der Kandidatur einsetzen.26 Daß der Vorschlag Brauns politisch nur schwer durchzuführen war, liegt nahe. Denkt man allein an die Reibungsflächen für einen Reichskanzler und Ministerpräsidenten, der mit zwei Kabinetten und zwei verschiedenen politischen Verantwortungen hätte regieren müssen. Aber in Wirklic hkeit war man in Preußen auch nicht bereit einer konsequenten, aber differenzierten Durchführung der längst überfälligen Reichsreform zur Beseitigung des Dualismus zwischen Reich und Preußen zuzustimmen. Wie sich im Verlauf der Ereignisse noch zeigen wird, braucht Preußen auch keinen Nachweis mehr über die ernsthaften Absichten einer Reichsreform zu erbringen, da die preußische Seite mit dem 20. Juli 1932 dieser Bemühungen enthoben wird.

A. 3. Die politische Situation in Reich und Preußen in den Wochen vor dem Reichseingriff am 20. Juli 1932

A. 3. 1. Die Änderung der Geschäftsordnung des Preußischen Landtages am 12. April 1932

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wo der Nationalsozialistische Kandidat Adolf Hitler über 30% der Stimmen erhielt27, mußte damit gerechnet werden, daß die absolute Mehrheit der Weimarer Koalition im preußischen Landtag verloren ginge und die NSDAP ihrerseits nach der ungeteilten Macht strebe. Es bestand also die Gefahr, daß ein Nationalsozialist zum Ministerpräsidenten Preußens gewählt würde, sofern die Wahl nach dem alten Wahlverfahren stattfand. Dieses Verfahren richtete sich nach Art. 22, 45 der Preußischen Verfassung i.V.m. § 20 der Geschäftsordnung des Preußischen Landtages vom 24. November 1921.

Während Art. 45 Preuß.Verf. erklärte, der Ministerpräsident wird ohne Aussprache gewählt, sah Art. 22 Abs. 1 der Preuß.Verf. grundsätzlich einfache Stimmenmehrheit für Beschlüsse vor. Art. 22 Abs. 2 Preuß.Verf. ließ jedoch Ausnahmen durch die Geschäftsordnung des Landtages zu. Eben solche Ausnahme stellte § 20 Abs. 2 der Geschäftsordnung dar. Dort hieß es, „§ 20, Abs. 2: Gewählt ist, wer mehr als die Hälfte der abgegebenen gültigen Stimmen erhält. Ergibt sich keine solche Mehrheit, so kommen die beiden Anwärter mit den höchsten Stimmenzahlen in die engere Wahl “ Der spätere Antrag der Regierungskoalition beinhaltete, einfach die Streichung des § 20 Abs. 2 S. 2 Geschäftsordnung des Preußischen Landtages. Womit nun der Ministerpräsident nur mit einer absoluten Mehrheit gewählt werden konnte.

Der Preußische Landtag hatte seine Schlußsitzung in der ablaufenden Legislaturperiode bereits am 18. März 1932 abgehalten. Der damalige Landtagspräsident Wittmaack schickte die Abgeordneten nach Hause, kündigte jedoch schon damals an, er behalte sich vor das Parlament nochmals einzuberufen, wenn dies notwendig werde. Eine Woche später, berichtete die Vossische Zeitung über den Plan die Geschäftsordnung zu ändern und gab auch schon den Termin der Landtagssitzung an28, obwohl das Parlament offiziell erst am 9. April einberufen wurde.

In der Sondersitzung des Landtages am 12. April, nur zwölf Tage vor der nächsten Wahl wollten die Regierungsparteien eine Änderung der Geschäftsordnung durchsetzen, wonach ein Ministerpräsident fortan nur noch mit absoluter Mehrheit gewählt werden kann. Bislang war die absolute Mehrheit nur im ersten Wahlgang nötig. Verfehlte ein Kandidat diese, so genügte im zweiten Wahlgang die relative Mehrheit der Stimmen.

In der kurzen Sitzung gaben die meisten Parteien nur politische Erklärungen ab, eine sachliche Aussprache über den Antrag der Regierungsparteien fand nicht statt. Die DNVP-ler und DVP- ler lehnten die Geschäftsordnungsänderung als Schiebung und unerhörtes Manöver ab. Die Nationalsozialisten gegen die sich der Antrag gerichtet hatte, hüllten sich in Schweigen.29 Der Abgeordnete der Dt. Staatspartei Otto Nuschke hielt entgegen der Vereinbarung der Koalitionsparteien zur Begründung des Antrages noch eine Rede. Dieses tat er nur, um die Abstimmung zu verzögern, da noch eine sich verspätende Abgeordnete fehlte, auf deren Stimme man unbedingt angewiesen war. Er improvisierte und erklärte, daß man alles versuchen müsse, um Verfassungsbrecher und Dilettanten von der Alleinregierung fernzuhalten.

Die Änderung der Geschäftsordnung wurde mit 227 Ja-Stimmen einer Enthaltung und zwei Nein-Stimmen beschlossen. 220 Abgeordnete nahmen aus Protest nicht an der Abstimmung teil.

Sie war kein „Angstmanöver zur Rettung der rot-schwarzen Preußenherrschaft“, wie der Völkische Beobachter30 titulierte, sie hatte den Zweck, die Bildung einer radikalen Minderheitsregierung zu verhindern. Von diesem Hintergrund muß auch eine verfassungsrechtliche Würdigung des Sachverhalts ausgehen. Im übrigen wurde sie den demokratisch-parlamentarischen Grundsätzen eher gerecht, als die alte Fassung. Diese verlangte nämlich für die Wahl nur eine relative Mehrheit, während die Verfassung für die Abwahl eine absolute Mehrheit verlangte. Dem Argument der Änderungsgegner31, die Änderung stelle einen Rechtsmißbrauch dar, der außerdem den Grundsatz der Chancengleichheit verletze, kann entgegengehalten werden, daß sich aus dem demokratischen Gleichheitsgrundsatz nicht herleiten läßt, daß die Bedingungen für die Wahl stets die selben bleiben müssen. Sie müssen stets nur für alle Parteien gleich sein.32

A. 3. 2. Das Ergebnis der Landtagswahl vom 24. April 1932 und die weiteren Bemühungen um eine Regierungsbildung

Die preußische Landtagswahl vom 24. April 1932 brachte den Parteien der Weimarer Koalition die bereits erahnte Niederlage. SPD, Zentrum und Dt. Staatspartei verloren ihre absolute Mehrheit. Zukünftig besaßen sie nur noch 163 der insgesamt 423 Mandate.

Insgesamt brachte die Preußenwahl folgendes Ergebnis:

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Zwei Tage nach der Wahl, am 26. April beschloß die Regie rung Braun ihren Rücktritt33, auch um einem drohenden Mißtrauensvotum zuvor zu kommen. Gleichzeitig wurde das neue Parlament zu seiner ersten Sitzung, für den 24. Mai 1932 eingeladen, damit „möglichst schnell eine neue Regierung ... gewählt“34 werde. Braun war zu dieser Zeit überzeugt, daß das Experiment einer parlamentarischen Regierung mit den Nationalsozialisten gemacht werden müsse. Mit dieser Meinung war er innerhalb der SPD nicht allein. Auch Severing sah die Situation angesichts des für die eigene Partei niederschmetternden Wahlergebnisses so. Er fügte jedoch hinzu, die NSDAP müsse durch einen Koalitionspartner gebunden sein, der dafür Gewähr bietet, daß die Grundsätze der Verfassung nicht verletzt werden. Er dachte nicht an die SPD als Koalitionspartner, sondern an das katholische Zentrum.

Die NSDAP hatte die angestrebte absolute Mehrheit verfehlt. Zwar hatte sich ihr Sitzanteil im Landtag fast verzwanzigfacht, ihre Bundesgenossen der Harzburger Front (die DNVP) hatten jedoch mehr als die Hälfte ihrer Sitze eingebüßt. Die der gemäßigten Rechten zugerechnete DVP war nahezu nicht mehr existent. Von 40 Mandaten hatte sie nun 33 Mandate verloren.

Am 24. Mai trat der neu gewählte Landtag zusammen. Mit seiner Bekanntgabe wurde nun der Rücktrittsbeschluß der Regierung Braun wirksam. Gemäß Art. 59 Abs. 2 der Preuß. Verf. hatte die zurücktretende Regierung jedoch bis zur Wahl eines neuen Ministerpräsidenten, die laufenden Geschäfte weiter zu führen. Jetzt zeigte sich die Bedeutung der Geschäftsordnungsänderung. Da es im Landtag weder eine Mehrheit für die Wahl eines neuen Ministerpräsidenten, noch für eine Rückgängigmachung der Geschäftsordnungsänderung gab35, blieb die Regierung Braun als geschäftsführende Landesregierung im Amt.

Die Parteien der alten preußischen Regierungskoalition hatten ihr Ziel also zunächst erreicht. Ein Nationalsozialist konnte nicht mit alleiniger Unterstützung der Deutschnationalen gewählt werden. Die Bildung einer neuen Regierung war nur unter Hinzuziehung eines gemäßigteren Koalitionspartners möglich. Es sollten jedoch bis zum 20. Juli 1932 alle Versuche einer Regierungsbildung scheitern. Nun hatte auch Preußen wie schon viele andere Länder des Reiches eine geschäftsführende Regierung.36

Ministerpräsident Braun ging am 6. Juni in den Urlaub, aus welchem er nach eigenem Bekunden, nicht mehr in sein Amt zurückkehren wollte.37 Die Führung des Preußischen Staatsministeriums übernahm ab sofort Wohlfahrtsminister Hirtsiefer38, ein sehr besonnener und zugleich der dienstälteste Minister. In dieser stürmischen Zeit konnte sich das Staatsministerium bei seiner Arbeit keinesfalls auf eine Mehrheit im Landtag stützen. Dennoch war es der Regierung möglich, auch ohne eine unterstützende Mehrheit im Landtag, die laufenden Geschäfte zu führen. Nach Art. 48 Abs. 4 WRV stand ihr nämlich das Recht zu, bei „Gefahr im Verzuge“ Notverordnungen zu erlassen, die keiner Genehmigung des Landtages bedurften. Auch ohne Gefahr im Verzug konnte mit entsprechenden Ermächtigungen des Reichspräsidenten nach Art.

48 Abs. 2 WRV, die Landesregierung Maßnahmen erlassen, die sonst dem Landtag zustanden und dieser nun wegen seiner permanenten destruktiven Mehrheit nicht verabschiedete. So erließ die Landesregierung am 8. Juni 1932 eine „Verordnung zur Sicherung des Haushaltes“, die sich auf die nach Art. 48. Abs. 2 WRV erlassene „Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung der Haushalte von Ländern und Gemeinden“39 („Dietramszeller Verordnung“) stützte. Am 16. Juni 1932 faßte der Preußische Landtag einen Beschluß, der die sofortige Aufhebung des Erlasses der Landesregierung forderte, jedoch verfassungsrechtlich, aus den oben genannten Gründen, keine Wirkung entfaltete. Ein Beispiel mehr, dafür das die Mehrheit der im Preußischen Landtag vertretenen Parteien, diesen nur noch als politische Propagandabühne ansahen. Am 8. Juli tagte der Preußische Landtag zum letzten Mal vor dem Reichseingriff in Preußen Der rechten Opposition war es vorerst mißglückt, in Preußen die Macht zu übernehmen und damit von Preußen her „das Reich aus den Fängen des Systems zu befreien“40. Nur gemeinsam mit dem Zentrum konnte man die Hürde der absoluten Mehrheit überwinden. Doch das Zentrum versagte sich zunächst, „die unfruchtbare marxistische Diktatur in Preußen“41 zu beseitigen. Der von den christlichen Gewerkschaften beeinflußte linke Flügel des preußischen Zentrums sprach sich klar gegen eine solche Koalition aus. Doch war dieses nicht der Hauptgrund für die Versagung. Vielmehr glaubte die Mehrheit der Partei, daß es sich bei der NSDAP um eine Übergangserscheinung handelte, die man später „zur Erreichung der eigenen Ziele einspannen könne“42.

Taktische Erwägungen veranlaßten das Zentrum die Verhandlungen mit der NSDAP bis Mitte Juni herauszuzögen. Außerdem lehnte man es ab, das Amt des Ministerpräsidenten den Nationalsozialisten zuzugestehen, wie deren Fraktionsführer Kube es bereits am Tag nach der Wahl gefordert hatte.43

Dazu kam, daß Brüning im Reich noch die Unterstützung der Sozialdemokraten für die Reparationskonferenz und die Genfer Abrüstungskonferenz im Mai 1932 benötigte. Erst nach der Lausanner Konferenz wollte der Reichskanzler, der einer Regierungsbeteiligung der Nationalsozialisten nicht mehr völlig ablehnend gegenüberstand, den von Hindenburg vehement geforderten Rechtsschwenk in Preußen und im Reich vollziehen.44 Jedoch wollte er dieses nur mit entsprechenden Sicherungen tun. So ließ er Anfang Mai 1932 vom Reichsminister der Justiz Dr. Joel45 und dem Staatssekretär im Reichsministerium des Innern Zweigert eine Notverordnung erarbeiten, die die Polizei- und Justizhoheit Preußens auf das Reich übertrage, falls ein Koalitionskabinett mit der NSDAP in Preußen zustande komme.46 Dies trat jedoch nicht ein, so daß die Verordnung in der Schreibtischschublade des Reichskanzlers Brüning verblieb. Wenige Wochen später trat das Präsidialkabinett Brüning zurück. Das Verhältnis Reich- Preußen, welches sich im Laufe der Brüningschen Amtszeit zunehmend anspannte und zur teilweisen Zurückdrängung Preußens führte, entwickelte sich in den letzten Monaten wieder zu der von der Reichsverfassung gewollten und vertrauensvollen Zusammenarbeit.

Mit dem Regierungsantritt des Präsidialkabinetts „von Papen“ verstärkte sich auch der politische Dualismus Reich-Preußen zunehmend. Dem geschäftsführenden Preußischen Staatsministerium, welches noch immer von den Parteien der Weimarer Koalition getragen wurde, stand nun eine Reichsregierung gegenüber die ihren parlamentarischen Rückhalt bei den Deutschnationalen und der NSDAP suchte. Eine übereinstimmende Regierungsarbeit, welche schon unter Brüning nicht ohne Differenzen ablief, mußte jetzt zwangsläufig größere Reibungen aufweisen. Besonders traten die grundsätzlichen Differenzen hinsichtlich des Vorgehens gegen die „nationale Opposition“ hervor. Während Preußen gegen die Rechtsradikale „nationale Bewegung“ genauso vorging wie gegen Linksradikale, war Papen im Reich um Tolerierung und Einbeziehung der Nationalsozialisten in die Staatsverantwortung bemüht. Dieses Konzept des Reichskanzlers war jedoch solange zum Scheitern verurteilt, wie in 3/5 des Reiches ein gegenteiliges Konzept gegenüber der NSDAP verfolgt wurde.

Um diesen Konflikt zu beseitigen, verfolgte Papen in Preußen zunächst die Bildung einer neuen Regierung aus Zentrum, NSDAP und Deutschnationalen. Es folgten am 6. Juni Verhandlungen mit dem DNVP-Vorsitzenden Hugenberg47, am 7. Juni mit dem nationalsozialistischen Fraktionsvorsitzenden Kube und dem Präsidenten des Preußischen Landtages Kerrl (NSDAP) und am 8. Juni mit dem preußischen Wohlfahrtsminister Hirtsiefer und anderen Vertretern des Zentrums. Gleichzeitig trat er in einem Brief48 an den Landtagspräsidenten Kerrl mit der Bitte heran, die nächste Sitzung des Landtages früher als geplant49, zum Zwecke der Wahl eines Preußischen Ministerpräsidenten, einzuberufen. Auf das Zentrum übte er mit Hinweis auf die finanziellen Probleme Preußens Druck aus. Sollte eine neue Preußische Staatsregierung nicht alsbald ordnungsgemäß zustande kommen,50 wäre es fraglich, ob ein Einvernehmen mit der Reichsregierung bezüglich der preußischen Staatsverschuldung erzielt würde. Diese Drohung untermauerte er, indem er die der preußischen Regierung in Aussicht gestellte Auszahlung von 100 Millionen Mark, für an das Reich abgetretene Anteile an der preußischen Siedlungsbank, verweigerte. Um ihre Zahlungsfähigkeit gewährleisten zu können, erging am 8. Juni die bereits erwähnte „Verordnung zur Sicherung des Haushalts“. Damit hielt die Preußische Staatsregierung und vorn an die Zentrumsminister, der Drohung Papens stand.

Aber nicht nur das Zentrum war daran Schuld, daß die von Papen ersehnte Regierungskoalition NSDAP/Zentrum nicht zustande kam. Auch in der NSDAP setzte sich zunehmend die Haltung des Trios Hitler, Göring, Goebbels „Alles oder Nichts“ durch, so daß zur Torpedierung jeder Koalitionsverhandlungen völlig illusorische Forderungen gestellt wurden. Dies ging bis zur Forderung nach Übertragung des Amtes des Ministerpräsidenten ohne irgendeine Bindung an Koalitionsabsprachen.51 Am 21. Juni beschlossen Zentrum und NSDAP die Koalitionsverhandlungen und die die Wahl eines Ministerpräsidenten auf einen Zeitpunkt nach der Reichstagswahl am 31. Juli zu verschieben.52 Damit waren auch von Papens Bemühungen um eine zügige Regierungsbildung in Preußen gescheitert.

A. 3. 3. Die innenpolitische Entwicklung im Reich

Die Zeit ab 1930 war wieder von ständig sich erneuernden Unruhen und Angriffen gegen den Verfassungsbestand gekennzeichnet.53 Diese Entwicklung läßt sich auch an der zunehmenden Staatsführung mit Hilfe des Art. 48 WRV ablesen. Die Regierung Brüning mußte auf Art. 48 nicht nur im Hinblick auf die Bekämpfung wirtschaftlicher Not zurückgreifen, sondern auch im Blick auf die zunehmende Gewalt in den politischen Auseinandersetzungen der Parteien, insbesondere der NSDAP und KPD. Schon 1931 wurden daher zum Schutz des inneren Friedens Verordnungen erlassen, die eine Anmeldepflicht für alle öffentlichen politischen Veranstaltungen erforderlich machten, und die Möglichkeit eines vorbeugenden Uniform-, Abzeichen-, bzw. Veranstaltungsverbotes beinhalteten. Dennoch riß die Brutalität in den Auseinandersetzungen zwischen den paramilitärischen Verbänden der einzelnen Parteien nicht ab. Nachdem der kommunistische Rotfrontkämpferbund bereits im Mai 1929 verboten wurde, folgte am 13. April 1932 durch die Verordnung des Reichspräsidenten „zur Sicherung der Staatsautorität“54 das Verbot sämtlicher paramilitärischer Organisationen der NSDAP, insbesondere der SA und SS. Diese Maßnahme erfolgte insbesondere auf Drängen der Innenminister der Länder und weiten Teilen der Reichswehr, die genau wie Brüning befürchtet hatten, das bei den Genfer Abrüstungsverhandlungen die SA und SS auf die Stärke des Deutschen Heeres angerechnet werden könnten. Hindenburg hatte zwar dem Erlaß dieser Verordnung zugestimmt, trotzdem widerstrebte er ihm, wegen des in seinen Augen einseitigen Vorgehens ausschließlich gegen die Organisationen der Rechten. Dennoch hatten ihm Brüning und Reichsinnenminister Groener55 unter der Drohung ihres Rücktritts, zunächst von der Notwendigkeit dieser Verordnung überzeugt. Der Verlauf der Genfer Abrüstungsverhandlungen gab ihnen diesbezüglich recht, die Unruhen im Reich dauerten jedoch unvermindert an. Hindenburg sah in dem SA/SS-Verbot immer mehr einen Fehler. Nicht nur, daß diese Verordnung seinem Ansehen schadete, sie führten auch zu weiterem Unmut der Nationalsozialisten, auf dessen Tolerierung man in Zukunft im Reich, wie der Reichspräsident meinte, angewiesen war. Dies, aber auch das unpopuläre Siedlungsprogramm der Regierung Brüning in Ostpreußen, führten zur zunehmenden Verschlechterung des Vertrauensverhältnisses Hindenburgs zu seinem Reichskanzler. Am 29. Mai erklärte Hindenburg Brüning in einem Gespräch, er gestatte keine Notverordnungen und auch keine Personalveränderung in der Regierung mehr.56 Dies bedeutete die faktische Demission des Kabinetts Brüning durch den Reichspräsidenten, welche die Regierung am 30. Mai 1932 zwangsläufig vollzog.

Bereits im Vorfeld des Rücktrittes des Kabinett Brüning, hatte Kurt von Schleicher Verhandlungen mit der NSDAP über die Teilnahme bzw. die Tolerierung einer zukünften Regierung aufgenommen. Im Ergebnis stellten die Nationalsozialisten für die Tolerierung einer künftigen Regierung zwei Bedingungen. Erstens müßten alsbald Neuwahlen ausgeschrieben werden und zweitens das SA/SS-Verbot vom 13. April aufgehoben werden57. Umstritten ist vielfach, ob, wie Brecht später im Prozeß Preußen contra Reich erklärte, eine dritte Vorbedingung der NSDAP die „Änderung der Personalverhältnisse in Preußen in parteipolitischer Hinsicht, Einsetzung eines bewährten Mannes als Ministerpräsident oder Reichskommissar in Preußen und Umorganisation der inneren Verwaltung in Preußen unter starker Mitwirkung der nationalsozialistischen Kräfte“58 war. Dies fand auch im Prozeß vor dem Staatsgerichtshof keine abschließende Klärung.

Für den „Kanzlermacher“59 von Schleicher, war Franz von Papen für diese Aufgaben der richtige Mann.60 Bereits am Abend des 31. Mai 1932 bekam von Papen von Hindenburg den Auftrag zur Bildung einer Regierung der „Nationalen Konzentration“. Bereits am 4. Juni erfolgte durch den neuen Reichskanzler die Auflösung des Reichstages61. Die Neuwahlen wurden auf den 31. Juli 1932 festgesetzt.62 Daß die Auflösung des Reichstages so schnell erfolgte, hing auch damit zusammen, daß ein eventuelles Mißtrauensvotum gegen das neue Kabinett, selbst bei Gegenstimmen der NSDAP, vernichtend ausgefallen wäre. Es ist demzufolge unzulässig, nur von der zügigen Erfüllung der ersten Vorbedingung der Nationalsozialisten zu sprechen.

Am 16. Juni wurde die „Verordnung des Reichspräsidenten gegen politische Ausschreitungen vom 14. Juni 1932“63 verkündet. Sie hob die Brüningsche Verordnung vom 13. April, also das Verbot der militärähnlichen Organisationen der NSDAP wieder auf. Das rief bei einigen Ländern, insbesondere den süddeutschen große Empörung hervor. Dennoch sicherten in Bayern, Baden und Württemberg landesrechtliche Verordnungen den Bestand der Verbote. Es begann diesbezüglich eine zweiwöchige Auseinandersetzung zwischen dem Reich und den süddeutschen Ländern. An deren Ende standen die „Zweite Verordnung des Reichspräsidenten gegen politische Ausschreitungen vom 28. Juni 1932“64 und die Verordnung des Reichsinnenministers „über Versammlungen und Aufzüge auf Grund der Notverordnung vom 14. Juni 1932“, mit denen die la ndesrechtlichen Vorschriften endgültig aufgehoben wurden. Der Reichspräsident hatte in einem Begleitbrief an von Gayl seiner Hoffnung Ausdruck gegeben, daß der politische Meinungskampf sich künftig in ruhigeren Formen abspielte.65 War er doch davon ausgegangen, daß das Verbot eine Stärkung der nationalsozialistischen Verbände und eine Radikalisierung der Auseinandersetzung mit sich brachte. Wohingegen eine schnelle Legalisierung zumindest die Möglichkeit einer Entspannung der Lage mit sich bringen könnte. Seine Hoffnungen wurden jedoch enttäuscht, wie die Statistik der Todesfälle zeigt. Waren in der ersten Junihälfte, also vor Aufhebung des Verbotes nur 3 Todesfälle bei politischen Auseinandersetzungen verzeichnet, war es in der zweiten Monatshälfte schon 17 Todesfälle. Im Juli stieg die Zahl sogar auf 86 Todesfälle an, während sie in den ersten Monaten des Jahres nur zwischen 6 und 11 Menschen lag.66

Mit dem laufenden Reichstagswahlkampf verschärfte sich die innenpolitische Lage bürgerkriegsähnlich. Höhepunkt waren dabei der zweite und dritte Sonntag im Juli. Am Sonntag dem 10. Juli kam es zu einer offenen Straßenschlacht zwischen SA-Angehörigen und Mitgliedern des Reichsbanners. Diese konnte nur unter Einsatz der Reichswehr beendet werden. Ergebnis: 27 Tote, 181 Schwerverletzte. Am 17. Juli folgte der „Blutsonntag von Altona“. Hier provozierten eindeutig Nationalsozialisten, indem sie offen in einem kommunistischen Wohnviertel aufmarschierten. Daraus entwickelte sich eine Straßenschlacht, die 19 Tote und 285 Verletze forderte.

Gerade diese beiden letzten Sonntage in Preußen boten der Reichsregierung gefundene Argumente zur Begründung des Reichseingriffes am 20. Juli. Dazu mußte die Reichsregierung nur noch behaupten, daß die Masse der Übergriffe von Kommunisten ausgehe, um der Preußischen Staatsregierung dann vorwerfen zu können, daß die preußische Polizei zwar mit großem Einsatz versucht hatte die Unruhen zu beenden, diese Versuche aber gescheitert seien, weil es hohen preußischen Dienststellen an der inneren Unabhängigkeit gegenüber den Kommunisten gefehlt hat. Das wiederum habe zu mangelnder Tatkraft, Planmäßigkeit und Zielbewußtheit bei der Bekämpfung der Kommunisten geführt.67 Darin lag nach Papens Ansicht ein Fehlverhalten, welches eine Reichsexekution gegen Preußen nach Art. 48 Abs. 1 WRV begründe, weil die preußische SPD eine Einheitsfront gegen die „aufstrebende Bewegung der NSDAP“68 gemeinsam mit den Kommunisten habe ermöglichen wollen. Gemeint waren damit auch die angeblichen Verhandlungen des Staatssekretärs im preußischen Innenministerium Abegg, wegen eines Zusammenschlusses der SPD mit der KPD. Diesen Sachverhalt benutzte Reichsinnenminister von Gayl in der Kabinettssitzung vom 12. Juli69, um eine angebliche Pflichtverletzung der preußischen Regierung zu begründen und die Notwendigkeit des Erlasses der Verordnung zur Einsetzung eines Rechskommissares in Preußen zu rechtfertigen.

In Wirklichkeit stellte sich der Sachverhalt so dar:

Staatssekretär Abegg hatte schon im Juni in einem Gespräch mit den kommunistischen Abgeordneten Torgeler70 und Kasper71 versucht, die Kommunisten dazu zu bringen, ihre Terrorakte einzustellen. Er wollte damit die Störung der Sicherheit und Ordnung, als Voraussetzung für einen drohenden Reichskommissar, beseitigen. Von einem Zusammenschluß von KPD und SPD konnte keine Rede sein. Natürlich gab es in Preußen Einheitsfrontbestrebungen, diese gingen jedoch immer von der KPD aus. Darüber hinaus hatte die SPD-Führung in Preußen der Einheitsfront bereits Anfang Juni eine Absage erteilt. Gegen Gayls Behauptung spricht außerdem, daß Abegg nicht wie von Papen behauptet Sozialdemokrat, sondern Mitglied der Dt. Staatspartei war, also überhaupt nicht kompetent war, Verhandlungen in diese Richtung zu führen.

Im Ergebnis der Betrachtung wird deutlich, daß es sich hierbei um ein kaum haltbares plakatives Ammenmärchen der Reichsregierung handelt, aus dessen Inhalt eine Pflichtverletzung der preußischen Regierung untermauert werden sollte.

A. 3. 4. Die unmittelbare Vortage des „ersten Preußenstaatsstreichs“

Wie aus einem undatierten Aktenvermerk des Reichsinnenminister von Gayl hervorgeht, erschien, nachdem die Reden des Minister Severing und des Berliner Polizeipräsidenten Grzesinski nicht die Absicht erkennen ließen, etwas Energisches gegen die Kommunisten zu unternehmen, die Lage in Preußen immer gefahrdrohender. Da Papen nicht in Berlin weilte, verabredete sich von Gayl mit von Schleicher, am Sonnabend den 09.07. für 17.00 Uhr in der Wohnung des Reichswehrminister. Im Ergebnis der Unterredung gelangten beide zu dem Schluß, daß die Zeit zu einem Eingreifen in Preußen vor der Tür stehe.72

Am 10. Juli kehrte von Papen von der „Lausanner Konferenz“ aus der Schweiz zurück, Gayl empfing ihn am Anhalter Bahnhof und hielt kurzen Vortrag über die Situation. Am nächsten Morgen traf man sich um 9.00 Uhr in der Reichskanzlei wieder, um dieses Thema für die Kabinettssitzung am Nachmittag vorzubereiten. Auf dieser Sitzung73 trat das Reichskabinett der Auffassung Gayls und Papens bei. Man war sich über die Einsetzung eines Rechskommissares in Preußen einig, und beauftragte den Reichsminister des Innern und den Reichsminister der Justiz mit der Formulierung und Begründung einer entsprechenden Verordnung.74 Gleichzeitig sollte eine Ausnahmezustansverordnung erarbeitet werden, welche im Falle massiven Widerstands von preußischer Seite, die preußische Polizei sofort der Befehlsgewalt des Reichswehrministers unterstellte. In der Kabinettssitzung am nächsten Tag stellte Gayl den Entwurf der Verordnungen vor. Man war sich einig, daß es zweckmäßig sei, wenn der Reichskanzler zum Reichskommissar für das Land Preußen bestellt werde. Staatssekretär Meissner gab zu bedenken, daß „man Preußen vor der Öffentlichkeit ins Unrecht“75 setzen müsse, um vor dem Staatsgerichtshof zu bestehen.

In der Kabinettssitzung am darauffolgenden Tag erklärte der Reichsinnenminister, daß man von der sofortigen Einsetzung eines Rechskommissares und dem für diese Aktion avisierten Termin, 18. Juli, zunächst Abstand nehmen müsse, da Minister Severing mit dem Erlaß an die Regierungspräsidenten vom 12. Juli 1932 „den Boden für die geplante Aktion in Preußen im Moment entzogen habe.“76

Das Preußische Staatsministerium hatte nach den Ausschreitungen in Ohlau und vor der drohenden Gefahr der Einsetzung eines Rechskommissares einen Erlaß77 verabschiedet, der die Polizeibehörden bei der Anmeldung von Versammlungen und Aufzügen unter freiem Himmel aufforderte, streng zu prüfen, ob ausreichend Polizeikräfte zum Schutz der Veranstaltung zur Verfügung ständen. Wäre dieses nicht der Fall sollte regelmäßig das Verbot der Veranstaltung durch die Regierungsbehörden erfolgen.

Die Reichsregierung blieb in abwartender Haltung und hoffte auf einen neuen Grund, welcher den Reichseingriff in Preußen ermögliche.

Noch am selben Tag, dem 13. Juli fuhren Papen, Gayl und Staatssekretär Meißner zum Reichspräsidenten nach Gut Neudeck, um von ihm die Genehmigung der Verordnung zu erhalten. Nach einem längeren Vortrag von Meissner, Papen und Gayl über die „rote Gefahr“ und der angeblichen Zusammenarbeit von KPD und SPD in Preußen, unterzeichnete Hindenburg nach einigem Zögern die Verordnungen. Das Datum ließ er jedoch offen. Die Blankounterschrift des Reichspräsidenten war der momentanen Situation geschuldet. Gayl hatte Hindenburg klargemacht, daß trotz des Wunsches nach baldiger Einsetzung des Rechskommissares noch kein ausreichender Rechtsgrund bestehe78. In Frage käme für einen Eingriff nur noch die Störung der Sicherheit und Ordnung, diesbezüglich sei jedoch die Polizei im Moment Herr der Lage. Darüber hinaus seien noch nicht alle Vorbereitungen abgeschlossen. Diese Äußerung von Gayls bezog sich auf die Tatsache, daß er nach der Absage des Innenstaatssekretärs a. D. Peters, noch keinen geeigneten Kommissar für das preußische Innenministerium gefunden hatte.

Diese Tatsachen belegen unmißverständlich die verfassungswidrigen Absichten der Reichsregierung. Eine Verordnung war durch den Reichspräsidenten bereits blanko gebilligt, ohne daß ein Grund vorlag sie anzuwenden. Ihr Erlaß blieb davon abhängig, ob die Reichsregierung einen Grund finde, oder konstruierte.

Im übrigen war es außerdem verfassungswidrig, daß der Reichspräsident die Ausübung des Ermessens, welches Artikel 48 der WRV ihm übertrug, de facto der Reichsregierung einräumte. Aber die Reichsregierung störte das nicht, wenn ihnen nur die Geschichte Recht gäbe. Am 16. Juli informierte der Reichsinnenminister in der Kabinettsbesprechung die übrigen Minister über die erteilten Vollmachten.79 Am darauf folgenden Montag, den 18.Juli wurde der Essener Oberbürgermeister Bracht dem Kabinett als der Reichskommissar für das preußische Innenministerium präsentiert.

Das Preußische Staatsministerium hatte trotz der bestehenden Gefahr eines Reichseingriffs passiv verharrt. In den Beratungen des preußischen Kabinetts wurde über die Pläne der Reichsregierung nicht gesprochen.80 Bis auf Aktionen einzelner Minister, besonders Hirtsiefer und Klepper übte man sich gegen über der Reichsregierung sogar entgegenkommend81. Hirtsiefer hingegen hatte Ende Juni versucht, mit seinen Zentrumskollegen der süddeutschen Länder einen Beistandspakt gegen einen drohenden Reichskommissar zu schließen. Dies war jedoch gescheitert, da die süddeutschen Länder sich nicht in eine Reihe mit Preußen stellen wollten.

Kleppers Plan war wohl der radikalste, aber auch konsequenteste. Bei einem Reichseingriff in Preußen wollte er sofort den Ausnahmezustand nach der Preußischen Verfassung ausrufen. Das hätte der Reichsregierung nicht nur den Vorwand für die Einsetzung eines Rechskommissares zur Wiederherstellung der Ruhe und Ordnung genommen, es hätte dem Reichskabinett gleichzeitig die Möglichkeit der Verhängung des Ausnahmezustandes nach der Weimarer Reichsverfassung verbaut. Außerdem, wollte er die Arbeiter zum Widerstand aufrufen.82 Während Hirtsiefer und Adenauer mit dieser Vorgehensweise einverstanden waren, lehnte Severing sie konsequent ab. Severings Haltung ging sogar soweit, daß er dem Polizeipräsidenten Grzesinski, bei Androhung seiner Entlassung, verbot in der Öffentlichkeit zum Widerstand gegen einem Reichskommissar aufzurufen. Das Verhalten der SPD-Führung und ihrer Minister, insbesondere Severings, ist vor diesem Hintergrund völlig unverständlich. Mußte doch gerade die SPD an der Erhaltung dieser Staatsregierung interessiert sein. Dennoch beschloß die SPD-Führung noch Mitte Juli, daß „bei allem, was kommen möge, die Rechtsgrundlage der Verfassung nicht zu verlassen“83 ist. Auf dem sozialdemokratischen Parteitag 1927 in Kiel hatte Severing noch lautstark von der Pflicht gesprochen, gegenüber „faschistischen Aufständen oder Diktaturgelüsten des Kapitalismus zur Gewaltanwendung zu greifen“84, jetzt und auch am 20. Juli, hielt er es entsprechend des Beschlusses des Parteivorstandes, für seine Pflicht, einem Gewaltstreich lediglich Ruhe und die ordentlichen Rechtsmittel entgegenzustellen. Ein wohl folgenschwerer Fehler, den er beging, nicht nur für seine eigene Partei. Man verzichtete schon im Vorfeld der Ereignisse einer nationalkonservativen Reichsregierung genügend Widerstand entgegenzusetzen.

Am 18. Juli wurden die Minister Hirtsiefer und Severing für Mittwoch 10.00 Uhr in die Reichskanzlei geladen. Die Minister konnten sich nicht vorstellen, daß der Reichskanzler mit ihnen über andere als in der Einladung benannte Dinge sprechen wollte. „Bewußte Unwahrheiten bei dieser Ladung und der Auskunft über die Verhandlungsgegenstände zu unterstellen,...(kam Severing) nicht in den Sinn.“85 Selbst bei einem Blick in die Morgenzeitungen des 20. Juli, die Vossische Zeitung86 schrieb: es gelte „als sicher, daß die Reichsregierung ... von den preußischen Ministern Aufschluß darüber erbitten wird, was in Preußen zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung unternommen werde.“ Dies erscheint als „rein formal“ da die Reichsregierung zu einem Eingriff „entschlossen sei.“, verschlossen die Herren Minister die Augen. Die Geschichte nahm ihren Lauf.

B. Der „erste Preußenstaatsstreich“ und seine Folgen

B. 1. Der sogenannte „Preußenschlag“ am 20.Juli 1932

Was war geschehen? - Mittwoch, 20.07.1932, 10.00 Uhr Kabinettszimmer der Reichskanzlei in Berlin.

Es erscheinen die Herren Staatsminister Dr. Hirtsiefer87 und Dr. Severing88, Herr Staatsminister Klepper89,90 obwohl er für seine Person abgesagt hatte. Ferner erschien Ministerialdirektor Nobis. Von Reichsseite nahmen an der im Kabinettszimmer stattfindenden Besprechung der Herr Reichskanzler91, Herr Reichsinnenminister Freiherr von Gayl92, Herr Staatssekretär Planck und Herr Ministerialrat Wienstein als Protokollführer teil.

Offiziell hieß es die preußischen Minister seien zur Besprechung finanzieller, landwirtschaftlicher und innenpolitischer Probleme geladen.

"Der Reichskanzler eröffnete die Besprechung und führte aus, daß er aus Anlaß der Entwicklung der innenpolitischen Zustände in Preußen den Herrn Reichspräsidenten um Erlaß einer Verordnung, betreffend die Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Gebiete des Landes Preußens, habe bitten müssen. Diese Verordnung wurde daher nach Artikel 48 Abs. 1 und Abs. 2 WRV vom Reichspräsidenten erlassen. Sodann verlas der Reichskanzler die Verordnung des Reichspräsidenten, betreffend die Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Gebiete des Landes Preußen, vom 20.Juli 1932.93 Der Reichskanzler gab weiter bekannt, daß er auf Grund des § 1 dieser Verordnung den preußischen Ministerpräsidenten Dr. Braun und den preußischen Minister des Innern Dr. Severing ihrer Ämter enthoben habe."94

Die Dienstgeschäfte des Ministerpräsidenten werden nun entsprechend der Verordnung95 des Reichspräsidenten durch ihn übernommen, erklärte von Papen weiter. Darüber hinaus betraue er als Kommissar des Reiches den Essener Oberbürgermeister Bracht mit der Leitung des preußischen Innenministeriums.

Severing protestierte entschieden gegen die Handlungsweise der Reichsregierung. Er bezeichnete die Verordnung als verfassungswidrig, da Preußen weder seine Pflichten gegenüber dem Reich verletzt habe, noch Ruhe und Ordnung in Preußen weniger gewährleistet seien als in den anderen Ländern. Papen entgegnete die Reichsregierung habe ihre Schritte reiflich erwogen und werde sie auch bis zu Ende bringen.

Er fragte, ob Severing seine Amtsgeschäfte freiwillig an Bracht übergebe. Severing weigerte sich, er weiche nur „der Gewalt“96. Auch Hirtsiefer betonte, daß er das Vorgehen der Reichsregierung für höchst ungewöhnlich halte und fragte:, „Weshalb habe die Reichsregierung nicht Preußen gegenüber gemäß Art. 15 der Reichsverfassung die Mängel gerügt, die nach seiner Ansicht zu rügen seien? Weshalb habe insbesondere das Reichsministerium des Innern nicht mit dem Preußischen Innenministerium in dieser Hinsicht Fühlung genommen?“97 Die Minister seien „gewissermaßen zum Befehlsempfang kommandiert“ worden. Weder habe man ihnen Beanstandungen mitgeteilt noch Gelegenheit gegeben, den ihnen vorgeworfenen Mängeln abzuhelfen98. „Selbst der Angeklagte werde vor seiner Verurteilung noch gehört.“99 Auch Klepper führte aus, daß er das Vorgehen der Reichsregierung für verfassungswidrig halte. Beschwichtigend bemerkte von Papen, es handle sich „doch schließlich um einen Akt der Staatsräson“100. Außerdem sei es den preußischen Ministern nicht verwehrt den Staatsgerichtshof anzurufen. Dieser werde über die Rechtmäßigkeit der Verordnung vom 20.

Juli entscheiden. Er bat Minister Severing, keine Schwierigkeiten zu machen und sein Amt freiwillig zu verlassen. Severing entgegnete, er werde sich jetzt sofort in sein Amtszimmer begeben und dem Kommissar des Reichs erklären, er werde das Amtszimmer nur räumen, wenn er verhaftet werde.101 Kurze Zeit später endete die Sitzung, ohne daß sich die Standpunkte von preußischer Landesregierung und Reichsregierung angenähert hätten.

Unmittelbar nach Beendigung der Besprechung wurde mittels einer weiteren Verordnung102 der militärische Ausnahmezustand über Berlin und die Provinz Brandenburg verhängt.103 Von Gayl und Papen rechneten mit eventuellem Widerstand des preußischen Staatsministerium, insbesondere von Severing, nach dem sich dieser weigerte, seine Amtsgeschäfte zu übergeben. Mit dieser zweiten Verordnung wurde nun der militärische Ausnahmezustand über Groß-Berlin und die Provinz Brandenburg verhängt. Damit unterstand nun die preußische Polizei im Gebiet des Ausnahmezustandes der Befehlsgewalt des Befehlshabers im Wehrkreis III., Generalleutnant von Rundstedt und auch der direkten Weisungsbefugnis des Reichswehrministerium, also von Schleicher.

Darüber hinaus wurden weitere Maßnahmen getroffen um die nun geschaffenen Tatsachen der Reichsregierung zu festigen. Um 11.10 Uhr gab Staatssekretär Planck in der Reichskanzlei eine Presseerklärung gegenüber der inländischen Presse ab, in der die Absetzung der geschäftsführenden preußischen Staatsregierung, d.h. zunächst einmal die Absetzung des preußischen Ministerpräsidenten Braun (SPD), des preußischen Minister des Innern Severing (SPD) sowie die beiden Notverordnungen des Reichspräsidenten bekannt gegeben wurden. Zwischen 11.35 Uhr und 13.15 Uhr empfing der Reichskanzler die Vertreter des Reichsrates, um die anderen Länder in ihren Befürchtungen, solche Maßnahmen könnten auch bei ihnen eingeleitet werden, zu beruhigen und informierte sie eingehend über die erfolgten Maßnahmen der Reichsregierung.104

Hirtsiefer, Severing und Klepper hatten sich nach der Besprechung in der Reichskanzlei sofort in das preußische Innenministerium, Unter den Linden 72, begeben, um dort mit dem gesamten Staatsministerium, außer Braun und Steiger waren alle anwesend, die nächsten Schritte zu besprechen.105 Es wurde einstimmig auf einen Vorschlag von Severing der Beschluß gefaßt, den Staatsgerichtshof anzurufen und den Erlaß einer einstweiligen Verfügung zu beantragen.106 Die preußischen Ministerialdirektoren Badt und Brecht, welche der Sitzung beiwohnten, begannen sofort mit der Formulierung von Antrag und Klageschrift. Als Badt am Abend nach Leipzig fliegen wollte, um die Schriftsätze beim Staatsgerichtshof einzureichen, war das Flugzeug der preußischen Staatsregierung bereits durch die Reichsregierung beschlagnahmt. Badt machte sich sodann mit einem privaten Auto auf den Weg und reichte die Schriftsätze zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr bei Gericht ein.107

Auf Initiative von Minister Hirtsiefer wurde in dieser Sitzung außerdem ein Schreiben an von Papen formuliert, indem begründet wurde, warum die Absetzung des Ministerpräsidenten Braun verfassungswidrig sei und daß sie deshalb als „ungültig und nicht vorhanden“ angesehen wird.108 Weiterhin erklärten die preußischen Minister, daß sie der inzwischen eingegangenen Einladung vom Reichskanzler als Kommissar des Landes Preußen, zu einer „Sitzung der Staatsregierung“ nicht folgen würden. Eine „Sitzung der Staatsregierung“ könne nur unter Vorsitz eines preußischen Ministers abgehalten werden.

Nach diesem Schreiben der preußischen Staatsregierung war es von Papen und von Gayl natürlich ein Leichtes in der Öffentlichkeit den preußischen Ministern den „Schwarzen Peter“ zuzuschieben. Dieses taten sie auch umgehend. In der Rundfunkrede die der Reichskanzler um 19.00 Uhr auf der Deutschen Welle109 hielt, erklärte er, die preußischen Staatsminister hätten sich geweigert mit ihm als Reichskommissar zusammen zuarbeiten. Die logische Konsequenz die dieses Verhalten nach sich ziehen mußte, natürlich nur um die Arbeitsfähigkeit der preußischen Staatsregierung auch weiterhin zu gewährleisten, folgte auf den Fuß. Es war die Demission der restlichen preußischen Minister. Gegen 20.00 Uhr hielten die Minister Hirtsiefer (Wohlfahrt),

Klepper (Finanzen), Schmidt (Justiz), Grimme (Kultus), Schreiber (Handel), Steiger (Landwirtschaft) sowie die Staatssekretäre Dr. Krüger (Landwirtschaft) und Staudinger (Handel) ihre Amtsenthebung in den Händen.110

Darüber hinaus erfuhr die Bevölkerung in der Rundfunkrede von Papens bzw. durch amtliche Verlautbarung der Reichsregierung in der Presse, - der Reichspräsident kann diese auf Artikel 48 Abs. 1 und Abs. 2 WRV gestützten Maßnahmen, „wenn ein Land die ihm nach der Reichsverfassung oder den Reichsgesetzen obliegenden Pflichten nicht erfüllt, ...es mit Hilfe der bewaffneten Macht anhalten,“ und kann, „wenn im Deutschen Reich die öffentliche Sicherheit und Ordnung erheblich gestört oder gefährdet wird, die zur Wiederherstellung nötigen Maßnahmen treffen.“111

Nach Darstellung der Reichsregierung hatten die folgenden Umstände einen Eingriff des Reiches in Preußen erforderlich und dringend erscheinen lassen:

1. Von Kommunisten hervorgerufene blutige Unruhen „haben die Reichsregierung vor die schwere Aufgabe gestellt, von sich aus für Ruhe und Sicherheit“ in Preußen „zu sorgen“, weil die preußische Leitung der Polizei „Planmäßigkeit und Zielbewußtsein“ in der entscheidenden Bekämpfung dieser kommunistischen, „offenbar von langer Hand vorbereiteten“ Umtriebe habe vermissen lassen.

2. Es bestehe „der begründete Verdacht, daß hohe preußische Dienststellen in Berlin und anderen wichtigen Punkten nicht mehr“ über „die innere Unabhängigkeit“ verfügen, die „zur Erfüllung ihrer Aufgaben“ vorausgesetzt werden müsse, wodurch „die staatliche Autorität erschüttert“ worden sei.

3. In Kundgebungen sei zudem die Reichsregierung durch den preußischen Innenminister und andere hohe Beamte öffentlich brüskiert worden, was eine „notwendige vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Reichsregierung und Landesregierung unmöglich gemacht habe“.

4. Der Ausgang der preußischen Landtagswahl (April 1932) und die

Geschäftsordnungsänderung für die Wahl des preußischen Ministerpräsidenten haben dazu geführt, daß die „parlamentarische Basis des geschäftsführenden Kabinetts entscheidend von der taktischen Haltung der kommunistischen Partei abhängig“ geworden sei; die KPD erstrebe aber den gewaltsamen Umsturz der Verfassung.

5. „Weil man sich in maßgebenden politischen Kreisen nicht dazu entschließen“ könne, „die politische und moralische Gleichsetzung von Kommunisten und Nationalsozialisten aufzugeben,“ sei „jene unnatürliche Frontenbildung entstanden, die die staatsfeindlichen Kräfte des Kommunismus in eine Einheitsfront gegen die aufstrebende Bewegung der NSDAP“ einreihe.112

(In seinem Urteil vom 25.10.1932 sah der Staatsgerichtshof diese gegen Preußen erhobenen Vorwürfe der Pflichtverletzung als nicht erwiesen an.)

Neben der Entlassung der preußischen Minister war es gleichzeitig für die Reichsregierung notwendig geworden, wollte man eine eventuelle Gegenwehr der preußischen Staatsregierung von vornherein ausschließen, die Gewalt über die preußischen Polizeikräfte zu erlangen. Bereits am Vormittag erhielten Polizeipräsident Grzesinski, Polizeivizepräsident Weiß und der Kommandeur der Berliner Schutzpolizei, Oberst Heimannsberg durch Hauptmann Berthold ihre Verabschiedungsbriefe zugestellt. Sie erklärten, daß die Schreiben rechtsungültig seien und daß sie nur der Gewalt weichen würden. Daher wurden sie gegen 16.15 Uhr von einem Reichswehrhauptmann und 12 gemeinen Soldaten, welche voll munitioniert Stahlhelm, Revolver und Handgranaten trugen113, und in Anwesenheit des neu ernannten Polizeipräsidenten von Berlin Dr. Melcher verhaftet und in das Kamaradschaftshaus nach Moabit gebracht.114 Erst nachdem sie schriftlich durch Unterzeichnung eines Revers auf jede weitere Amtsausübung verzichteten115, wurden Sie um 19.20 Uhr aus der Haft entlassen.

Kaum eine halbe Stunde später wurde auch Innenminister Severing aus seinem Amt gedrängt, indem der Reichskommissar für das Innere Dr. Bracht ihm eröffnete, das er von dem anwesenden Polizeihauptmann bei Weigerung verhaftet werde.

Severing, der sowieso eher ein Mann war der Militanz und Demonstrationen von Heldentum scheute, wich dieser Demonstration der Gewalt. Die Frankfurter Zeitung vom 26. Juli 1932 berichtete auf Seite 1, Dr. Brachts Äußerung zur Ehrenrettung Severings in der Öffentlichkeit: „Die Haltung Severings an diesem Abend hatte Niveau. Severing war ein Gegner der mir imponierte.“ Gleichzeitig machte in diesen Kreisen jedoch ein Witz die Runde, nachdem Bracht Severing gefragt haben soll: „Wann befehlen Herr Minister die Gewalt?“116

Mit der Kapitulation Severings war, wie von Papen nicht ohne Stolz vermerkte, die preußische Regierung der alten Weimarer Koalition „programmgemäß und ohne Zwischenfälle“117 von der politischen Bühne gedrängt worden.

Die in der preußischen Regierung ihre letzte wichtige Machtposition haltende SPD, war als einzige ernstzunehmende Opponentin zu den erstarkten Nationalsozialisten, aus dem Staat gedrängt worden, den sie gegen alle extremistischen Parteien immer verteidigt hatte.

Auch die demokratisch gesinnten Volksmassen setzten dem „Staatsstreich“ der Reichsregierung keinen entscheidenden Widerstand entgegen. Die überwiegend zum Kampf entschlossenen und sich bereits auf den Kampf vorbereitenden Reichsbannerleute, Gewerkschaftler und Sozialdemokraten folgten gehorsam den Aufrufen ihrer Organisationen, den von der KPD ausgerufenen Generalstreik118 nicht zu unterstützen, sondern durch Besonnenheit, „Disziplin“119 zu halten und dem Reichskanzler jeden Vorwand zu nehmen, die Reichstagswahl am 31. Juli 1932 abzusagen120.

Die SPD Parteiführung schätzte den Staatsstreich gegen die Regierung Braun - Severing als eine willkommene Wahlhilfe ihrer Gegner ein. Es läge bei den Volksmassen, „durch ihren Machtanspruch am 31. Juli dem gegenwärtigen Zustand ein Ende zu bereiten, der durch das Zusammenwirken der Reichsregierung mit der nationalsozialistischen Partei entstanden“121 sei. Deshalb sei auch „der Kampf um die Wiederherstellung geordneter Rechtszustände zunächst mit aller Kraft als Wahlkampf zu führen“122.

Die Reichsregierung hatte, obwohl sie dennoch über das Ausbleiben jeglichen Widerstandsversuches verwundert war123, auf die Verfassungstreue der Weimarer Demokraten in Preußen gebaut. Lediglich eine Division der Reichswehr und ein kleines Wachkommando standen für das Gebiet des Ausnahmezustandes zur Verfügung. Die nach Severings Erklärung, er werde nur der Gewalt weichen, beim Reichspräsidenten auf Gut Neudeck telefonisch eingeholte Ermächtigung, bei einem Generalstreik in ganz Deutschland den Ausnahmezustand zu verhängen124, erwies sich als nicht notwendig.

Die Situation in Berlin wird vom französischen Journalisten Henri Chard wie folgt beschrieben,: „Nicht ein einziger Reichswehrsoldat ist zu sehen, die Nazis sind von der Straße verschwunden...fast jeder, der sich vor dem (preußischen) Innenministerium Unter den Linden aufhält, trägt das Abzeichen125 der „Eisernen Front“126 kein Zweifel: das Proletariat Berlins ist bereit, zu marschieren und seine sozialdemokratischen Minister Braun und Severing zu verteidigen...man greift nach der ersten Sonderausgabe, und eine große Enttäuschung bemächtigt sich der Massen...“127.

Der Aufruf der preußischen Regierung bzw. der Weimarer Parteien zur aktiven Gegenwehr blieb aus. - Vielleicht eine Fehlentscheidung.

Triumphierend verkündete die rechte Presse am nächsten Morgen: „Ruhe im Lande!“128 die „Kreuzzeitung“ vom 21.07.1932 sprach sogar von einer „erlösenden Tat“. Die arrogante und verachtenswert antidemokratische Haltung im rechten Lager zeigt sich am Besten in der DAZ129. Chefredakteur Dr. Klein sprach dem Reichspräsidenten und der Reichsregierung „für die mutige Entscheidung“ Anerkennung und Dank aus.

Im Kommentar derselben Ausgabe wurde die brachiale Machtanwendung der Reichsregierung so gerechtfertigt: „Der Staat ist keine Akademie der Künste; wenn er seine Macht vernachlässigt zugunsten der idealen Bestrebungen der Menschheit, so verleugnet er sein Wesen und geht zu Grunde.“

Mit diesem Tag, dem „20. Juli 1932“ dokumentierte die damalige Reichsregierung unter von Papen ihre Überlegenheit in der Sache. Sie war eingesetzt worden, um eine nicht vorhandene Regierungsgleichheit im Reich und in Preußen durchzusetzen, den Dualismus Reich-Preußen auszuschalten. Dieses nur vom Vertrauen des Reichspräsidenten abhängige Präsidialkabinett hatte sich mit starker Hand gegen parlamentarische Einrichtungen gewandt und dem demokratisch-parlamentarischen System, insbesondere aber der Weimarer Verfassungsordnung einen nachhaltigen Schaden zugefügt.

Preußen, daß noch knapp ein Jahr früher von den Weimarer Parteien als „das letzte Bollwerk, die Zitadelle der Demokratie und Republik in Deutschland“130 gefeiert wurde, war nunmehr mit dem antidemokratischen Kurs der Reichsregierung gleichgeschaltet.

Ein halbes Jahr später verlor die „Weimarer Republik“ ihren Bestand.

B. 2. Die Reichskommissare in Preußen bis zum Urteil des Staatsgerichtshofes am 25. Oktober 1932

B. 2. 1. Die ersten Maßnahmen des „Kabinetts der Reichskommissare“ nach dem 20. Juli 1932

Der Staatsstreich gegen Preußen war gelungen, aber noch nicht vollendet. Am 21. Juli konstituierte sich das neue „Preußische Staatsministerium“131. Die preußischen Staatssekretäre Abegg, Krüger132 und Staudinger133 wurden am selben Tag beurlaubt134. Die Staatssekretäre bestritten in einem gleichlautenden Schreiben, vom 21. Juli, an Papen „die Rechtsverbindlichkeit der Beurlaubung, da sie nur vom Staatsministerium ausgesprochen werden dürfe, (Papen jedoch), ...selbst wenn die Bestellung zum Reichskommissar gültig sei, nur die Befugnisse des Ministerpräsidenten, nicht des Kollegiums ausüben könne.“135 Einen Tag später wurden sie in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Die Reichskommissare Bracht, Mussehl136 und Ernst137 wurden zu Mitgliedern des Reichsrates ernannt. Die übrigen Staatssekretäre138 wurden mit der Wahrnehmung der Geschäfte ihres Ministeriums betraut. Sie gehörten von nun an dem „Kabinett der Kommissare“ an.

In den folgenden Tagen beschlossen die Reichskommissare weitere Zwangsbeurlaubungen bzw. Versetzungen in den Ruhestand. So wurde der sozialdemokratische Ministerialdirektor Badt aus dem Innenministerium in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Das gleiche geschah mit vier von den zwölf Oberpräsidenten, wo von drei Sozialdemokraten, nur noch der frühere Reichswehrminister Noske (Niedersachsen) auf seinem Posten blieb. Dieses nur, weil von Schleicher und Bracht ihn persönlich kannten und schätzten. Weiter wurden fünf sozialdemokratische Regierungspräsidenten und ein dem Zentrum angehörender Regierungspräsident, acht Polizeipräsidenten und zwei Polizeidirektoren, die alle Sozialdemokraten waren, in den Ruhestand versetzt. Die freiwerdenden Posten wurden nun vertretungsweise oder kommissarisch neu besetzt.

Wie und aus welchem Grund die Beurlaubungen erfolgten, zeigt der Bericht von Dr. Brecht, den er unwidersprochen später dem Staatsgerichtshof schilderte.139 Danach hatte von Papen in der Sitzung vom 21. Juli eine Liste der abzusetzenden Beamten mitgebracht. Diese wurde nicht etwa beraten, sondern den Staatssekretären, welche zudem kaum Personalkenntnis in der allgemeinen Verwaltung besaßen, lediglich zur Kenntnis gegeben. Aber das interessanteste ist dabei, daß nach Brechts Informationen diese Liste aus dem Reichswehrministerium, also von Schleicher stammte. Dafür spricht, daß die Nationalsozialisten, deren Kontakt zur Reichsregierung vornehmlich über das Reichswehrministerium lief, schon am 20. Juli, schenkt man Goebbels Glauben, einen „Wunschzettel“ ausgestellt hatten, „was Bracht nun alles tun“140 sollte. Zwei Tage später, am 22. Juli notierte Goebbels noch einmal: „ Liste aufgestellt, was an Kroppzeug in Preußen alles beseitigt werden muß.“141 Am 22. Juli übergab als letzter Wohlfahrtsminister Hirtsiefer seine Amtsgeschäfte an Staatssekretär Scheidt.

So gestalteten sich also die ersten Maßnahmen, mit denen der Reichskommissar von Papen die Ordnung auf der Straße wiederherzustellen gedachte. Er räumte nach parteipolitischen Grundsätzen unter den höchsten preußischen Beamten auf und besaß die Unverholenheit, öffentlich erklären zu lassen, das sei notwendig, um „die Staatsautorität in Preußen auf überparteilicher Grundlage wiederherzustellen.“142

Die Aktion war begleitet von den verschiedensten Rechtsverwahrungen gegen die Absetzungen, reibungslos abgelaufen.

B. 2. 2. Die Haltung der anderen Länder zum Reichseingriff vom 20. Juli

Die Reaktion der anderen Länder des Reiches war unterschiedlich. Bayern hatte noch am 20. Juli telegraphisch Klage vor dem Staatsgerichtshof erhoben, Baden hatte am 21. Juli ebenfalls Klage eingereicht. Das Land Württemberg hingegen hatte sich damit begnügt, Reichspräsidenten von Hindenburg in maßvollen Formulierungen „verfassungsrechtliche Bedenken“ und politische „Besorgnis“ mitzuteilen.143 Am 23. Juli 1932 trafen sich von Papen und von Gayl mit den Ministerpräsidenten der anderen Länder zu einer Konferenz in Stuttgart. Hier wollten beide zu den Ereignissen des 20. Juli in Preußen Rede und Antwort stehen. Zur Beruhigung der anderen Länder erklärten von Gayl und von Papen, Daß die Reichsregierung nicht beabsichtige, „ irgendwie in einem anderen Land ähnlich vorzugehen, (da dort die Regierungen) in den besten Händen“144 lägen. Papen bagatellisierte den Eingriff als eine Auseinandersetzung des Reiches ausschließlich mit Preußen. Die Länderchefs waren jedoch anderer Meinung. Der bayrische Ministerpräsident Held widersprach dem Kanzler energisch. Mit der Bestellung des Rechskommissares sei man zu einem „generellen Angriff auf die Rechtsgrundlage der Länder übergegangen“145. Ein Kommissar des Reiches könne keine Länderminister absetzen, die Stellung der Landesregierung einnehmen und Reichsratsbevollmächtigte instruieren. Weiterhin erklärte er, es sehe so aus, „als wenn Landeshoheitsrecht unter das Reichsrecht gestellt“146 werden solle.

(Schaut man nur in das Jahr 1933 auf das Reichstatthaltergesetz, sieht man, wie Recht Held mit seiner Äußerung haben sollte.)

Papen gelang es dennoch, das Gespräch von aktuell preußischen, auf das Problem einer allgemeinen künftigen Reichsreform zu lenken. Dabei zitierte er die „Münchner Neueste Nachrichten“147, wo es hieß: „ wir behaupten: Der förderalistische Aufbau des Deutschen Reiches und mit ihm das Reich selbst können nur gerettet werden, wenn man den Dualismus Reich - Preußen beseitigt...“. Papen hatte hinzugefügt: „dieser konstruktive Fehler“ der Weimarer Reichsverfassung sei der „Urgrund des Konfliktes“.

- Das war mehr als deutlich. -

Held entgegnete wiederum, wenn man „jetzt die Frage des Dualismus Reich - Preußen behandeln“ wolle, dann wäre „damit auch die Frage der Reichsreform in Angriff genommen“, und traf damit ein wesentliches Motiv für den Staatsstreich in Preußen. „Was ist das Ziel der Reise, und wie sieht der Weg aus, der bei der Reichsreform mit den Ländern beschritten werden soll?“ erkundigte sich Held. „Hierüber herrsche in Bayern großes Mißtrauen.“ Doch bekannte er auch, er sei „kein Gegner der Reichsreform“, allerdings mache er keine Reform mit, die „die Länder abschaffen“ wolle.

Die Tür zu den Verhandlungen über die Reichsreform zwischen den süddeutschen Ländern und der Reichsregierung, vor allem aber zwischen Berlin und München, die bis in die Ära von Schleicher hineinreichen sollten und doch ergebnislos blieben, war damit aufgestoßen. Die Stuttgarter Konferenz zeigte jedoch auch deutlich, daß die süddeutschen Länder nicht für Preußen in den Kampf ziehen wollten. Es ging ihnen lediglich darum, ihre eigenen Positionen zu stärken und den Staatsstreich gegen Preußen zu nutzen, um daraus politisches Kapital zu schlagen.

Die Ereiferung über den Verfassungsbruch in Preußen war ehrlich, doch entsprang sie nicht der Sympathie für Preußen, sondern der Erkenntnis, daß mit dem Eingriff in Preußen die eigene Rechtsstellung bedroht, im Reichsrat sogar verletzt war.

Zwei Tage nach der Stuttgarter Länderkonferenz trat am 25. Juli 1932 der „Ausschuß zur Wahrung der Rechte der Volksvertretung“ zusammen und beriet über die Notverordnung vom 20. Juli. Der Ausschuß wurde auf Initiative des sozialdemokratischen Reichstagspräsidenten Löbe, gegen den Willen des Nationalsozialistischen Ausschußvorsitzenden Otto Strasser einberufen.148 Dem Ausschuß lagen u.a. ein sozialdemokratischer Antrag vor, welcher die Verordnung vom 20. Juli außer Kraft setzen sollte und ein Antrag der Zentrumsvertreter, die Reichsregierung möge die Verordnung von sich aus aufheben. Von Gayl149 wies gegenüber dem sozialdemokratischen Antrag auf ständige Staatspraxis und einhellige Staatsrechtslehre150 hin. Der Ausschuß sei kein Ersatzreichstag, sondern ein selbständiger Zwischenausschuß, der nicht die ausschließlich dem Reichstag vorbehaltenen Befugnisse wahrnehmen dürfe, zu denen auch das Recht, nach Artikel 48 Abs. 3 WRV die Außerkraftsetzung von Notverordnungen zu verlangen, gehöre. Trotzdem wurde der Antrag bei Stimmenthaltung des Zentrums angenommen. Der Zentrumsantrag erhielt ebenfalls eine Mehrheit. Auch wenn dem verfassungsrechtlich unzulässigen sozialdemokratischen Antrag lediglich die Bedeutung einer politischen Demonstration zukam, zeigte er doch die Grundhaltung der Weimarer Demokraten zu solchen Verfassungsverstößen deutlich.

B. 2. 3. Der Staatsgerichtshof und der preußische Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung

Für den selben Tag erwartete man die Entscheidung des Staatsgerichtshofes über die von der preußischen Staatsregierung sowie der Fraktionen der SPD und des Zentrums im Preußischen Landtag beantragte einstweilige Anordnung.

Bereits am vorherigen Sonnabend dem 23. Juli, dem Tag der Stuttgarter Länderkonferenz, wurde über den preußischen Antrag verhandelt.151

Ursprünglich, hatten Fraktionen und preußische Staatsregierung übereinstimmend beantragt, dem Reichskommissar einstweilen jede Dienstausübung zu untersagen.152 In der mündlichen Verhandlung schränkte die Staatsregierung ihren Antrag jedoch dahin gehend ein, die „entstandene rechtliche und tatsächliche Lage einstweilen zu regeln und dabei insbesondere zu bestimmen:

1. daß die Reichskommissare sich nicht als Preußischer Ministerpräsident oder Preußischer Staatsminister oder Mitglied der Preußischen Landesregierung bezeichnen dürfen;
2. daß sie den Preußischen Staatsministern nicht die Eigenschaft als Staatsminister absprechen dürfen;
3. daß sie und ihre Vertreter nicht ohne Vollmacht der Staatsminister Preußen im Reichsrat vertreten oder den Mitgliedern der Preußischen Staatsregierung das Recht zur Vertretung Preußens im Reichsrat und zur Instruktion der Reichsratsbevollmächtigten entziehen dürfen;
4. daß sie auch Beamtenernennungen und -absetzungen mit dauernder Wirkung nicht vornehmen dürfen.“153

SPD und Zentrumsfraktion erhielten hingegen ihren Antrag in ursprünglicher Form aufrecht.

Bei der Behandlung der Anträge der Fraktionen ließ der Staatsgerichtshof, ausdrücklich, die Frage offen, ob diese überhaupt legitimiert seien, also Parteifähigkeit und Klagebefugnis besaßen.154 Dennoch wurden ihre Anträge aus sachlichen Erwägungen abgelehnt.

Zurück zu dem nun modifizierten Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung des Preußischen Staatsministeriums. Im Ergebnis dieses Antrages wollte die preußische Regierung den Reichskommissaren die Wahrnehmung der laufenden Staatsgeschäfte, bis zur Entscheidung in der Hauptsache, gestatten, jedoch die politische Vollmachterteilung beim Staatsministerium wissen.

Der Staatsgerichtshof lehnte es ab, die beantragte einstweilige Verfügung zu erlassen. Sie würde „eine Spaltung der Staatsgewalt in Preußen“ bedeuten und die Reibungen zwischen Staatsministerium und Reichskommissar nicht verringern, wie es der Zweck einer einstweiligen Verfügung fordere. Diese Teilung der Staatsgewalt wäre, „unter den gegebenen Umständen in besonderem Maße geeignet, eine Verwirrung im Staatsleben herbeizuführen.“155 Zunächst scheint es so, als hätte sich Preußen gerade durch die Einschränkung (Modifizierung) des ursprünglichen Antrages um den Sieg gebracht, denn die zunächst geforderte Verfügung, sollte den Reichskommissaren jede Dienstausübung untersagen, mithin hätte das nicht zur „Teilung der Staatsgewalt“ (dem Hauptargument für die Ablehnung) geführt. Es spricht jedoch vieles dafür, daß eine derart weitergehende Verfügung vom Gericht nicht erlassen worden wäre.

Das Gericht setzte sich damals aus dem Präsidenten des Reichsgerichtes156, drei Reichsgerichtsräten und drei Oberverwaltungsgerichtsräten, aus den Ländern Preußen157, Bayern158 und Sachsen159 zusammen. Der aus Regierungskreisen stets gut informierte Journalist Dertinger160 berichtete schon am 21. Juli, also vor der Änderung des Antrages der preußischen Staatsregierung, daß die vier Reichsrichter „ohne weiteres“ gegen den Erlaß einer einstweiligen Verfügung eingestellt seien, ebenso der sächsische OVwGR Striegler.161 Also bereits gegen den ursprünglichen Antrag gab es eine sichere Mehrheit.

Aber auch so, erhielten Papen und Bracht für ihre weiteren Pläne in Preußen, durch den Staatsgerichtshof in Leipzig am 25. Juli „Freie Fahrt“!

B. 2. 4. Die Verwaltungsreform der Reichskommissare

Auf dem weiteren Programm der Reichskommissare standen nun energische Personal- und Verwaltungsreformen in Preußen. Es sollten solche Tatsachen geschaffen werden, die nach einer Entscheidung des Staatsgerichtshofes in der Hauptsache, egal wie sie ausfällt, nur schwerlich zu revidieren wären.

In der Sitzung des sog. Kabinetts der Reichskommissare am 27. Juli billigten die Kommissare einen von Bracht vorgelegten Erlaß, nach dem Beamte wieder der NSDAP angehören durften.162 Die preußischen Ministerialdirektoren Brecht und Badt, welche bereits beurlaubt waren, wurden in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Die Bearbeitung der Klage des preußischen Staatsministeriums wurde ihnen gestattet. Brecht legte seine Geschäfte im Finanzministerium unter Rechtsverwahrung nieder, gab aber sein wichtiges Amt als Reichsratsbevollmächtigter nicht auf.163 Er schrieb: „Ich wurde in die für einen Beamten überaus peinliche Lage versetzt“ entscheiden zu müssen, ob Papens Anweisung oder die des Staatsministeriums gültig sei. „Die Dienstpflicht gebiete eine derartige Prüfung.“164 Badt protestierte am selben Tag.165

Es ist schon beachtlich wie Papen und Bracht bis zum Beginn der Hauptverhandlung am 10. Oktober Personal und Verwaltung umstrukturierten. Von ca. 588 politischen Beamten166 wurden 94 in den einstweiligen Ruhestand versetzt und 11 Beamte zwangsbeurlaubt.167 47 Landräte verloren allein durch die im August durchgeführte Kreiszusammenlegung ihr Amt.168 Am stärksten waren von Abbau und Umstrukturierung (Versetzung in weniger wichtige Ämter) natürlich sozialdemokratische und liberale Beamte betroffen.169 Deutlich wird dies an einem Berliner Beispiel. Der Leiter der politischen Abteilung des Berliner Polizeipräsidiums, Regierungsdirektor Goehrke170, wurde zum Fremdenamt abgeschoben. Im Berliner Tageblatt Nr. 373 vom 08. August 1932171 sprach Thomas Mann von einer „Razzia gegen die hochbeamteten Sozialisten in Preußen.“ Der Berliner SPD-Vorsitzende Wels protestierte am 17. August in einem Schreiben172 an den Reichskanzler im Namen der SPD gegen dessen preußischer Personalpolitik: „Die Zur-Dispositionstellung fast nur der sozialdemokratischen Partei angehörender Beamten“, käme einer „Infarmierung... der SPD gleich“ und die „Maßregelung sachlich tüchtiger, nicht politischer Beamter, die der Sozialdemokratie angehören, nur wegen ihrer Zugehörigkeit zur Sozialdemokratie“ sei ein „ganz unerhörter Vorgang.“

Angesichts dieser Tendenz spottet eine Erklärung Brachts in der Frankfurter Zeitung vom 10. September 1932 jeder Beschreibung. Zur Motivierung bei personellen Umbesetzungen sagt er: „Die Fähigkeit entscheidet, nicht das Parteibuch.“173

Gleichzeitig wurden 64 höhere Beamtenstellen sowie 17 hohe Justizposten neu besetzt.174 Die Verwaltungsreform war in vollem Gange.

Als preußischer Zentrumsabgeordneter hatte Papen in einer Zuschrift an den „Ring“175 erklärt, daß die Verwaltungsreform „das eigentliche Aufgabengebiet Preußens“ sei und beklagt, daß diese immer noch auf sich warten ließe. Nun führte er sie selbst durch. Als Reichskommissar mußte er keine Rücksichten auf Koalitionspartner nehmen.176 Von Papen konnte die Reformen jedoch nur so zügig durchführen, weil er dabei auf Vorbereitungsarbeiten und Entwürfe der Regierung Braun aus den Jahren 1929 - 1931 zurückgreifen konnte.

Wie vorgeschoben die in der Notverordnung vom 21. Juli genannten Gründe waren, beweist allein die Tatsache, daß diese weitgehende Reform der preußischen Verwaltung ja wirklich nicht dem Zweck diente, Preußen zur Erfüllung angeblich verletzter Pflichten gegenüber dem Reich anzuhalten oder Ruhe und Ordnung wiederherzustellen. Nein, es war der durchsichtige Zweck, der Verwaltungsreform „eine Reihe weiterer wichtiger Tatbestände“ zu schaffen, damit in Leipzig „keine Panne“ eintrete.

B. 2. 5. Der Kampf um die preußische Vertretungsbefugnis im Reichsrat

Die Stuttgarter Länderkonferenz war noch nicht eine Woche vergangen, da standen sich Länder und Reichsregierung in der Sitzung der Vereinigten Ausschüsse II. und V. des Reichsrates wieder gegenüber. Die Frage der Vertretung des Landes Preußen im Reichsrat mußte geklärt werden.

Angesichts der Funktionsunfähigkeit des Reichstages, war bereits in den letzten Jahren, d.h. auch schon unter der Regierung Brüning, die Autorität des Reichsrates gewachsen. Als verfassungspolitisches Ziel der Reichsregierung von Papen sollte der Reichsrat in der Zeit der Funktionsunfähigkeit des Reichstages, zum einen als Repräsentativorgan des Reiches aufgewertet werden und zum anderen der Reichsrat von einem Opponenten der Reichspolitik wieder zu einem Träger der Mitverantwortung für die Reichspolitik entwickelt werden, wie er es im Bismarckschen Reich gewesen war177. Jedoch bestand nach dem Reichseingriff in Preußen auch die Gefahr, daß die der Reichsaktion entgegengetretenen Landesregierungen den Reichsrat zur Plattform ihrer Opposition gegen das Reichskabinett nutzen.178 Zunächst mußte das „Kabinett der Reichskommissare“ sich also den Anspruch auf die preußischen Stimmen im Reichsrat sichern. Der Reichsinnenminister berief deshalb für den 27. Juli die Vereinigten Ausschüsse des Reichsrates ein. Die bisherige preußische Regierung erhielt zu der Sitzung keine Einladung. Von Papen hatte ja bereits als Reichskommissar die preußischen Minister schriftlich verständigt, daß sie auch ihrer Funktion als preußische Reichsratsbevollmächtigte enthoben seien.179 Dem Reichsrat wurde gleichzeitig mitgeteilt, daß die in den einstweiligen Ruhestand versetzten Staatssekretäre Krüger und Staudinger sowie die Ministerialdirektoren Brecht und Badt aus dem Reichsrat ausgeschieden seien.180 Die preußischen Stimmen beanspruchte das Kabinett der Reichskommissare für sich. Als ihr Vertreter erschien Ministerialdirektor Nobis.

An dieser Stelle nun machte der Reichsrat keine sehr rühmliche Figur. Zwar legten fast alle Länder Rechtsverwahrung gegen das Vorgehen der Reichsregierung in Preußen und die Wahrnehmung der Stimmen durch den Reichskommissar ein, aber sie erklärten sich, entgegen Hirtsiefers181 Vorschlag die ordentliche Sitzung zu vertagen, bereit, die Sitzung in Anwesenheit der Vertreter des Reichskommissars zu eröffnen. Die Ländervertreter wollten so einen Stillstand im Apparat des Reichsrates vermeiden. Darüber hinaus wollten die Ländervertreter das in Stuttgart notdürftig beruhigte Verhältnis zwischen Reich und Ländern nicht erneut unnötig verschärfen.

Auch nachdem Hirtsiefer nochmals mit einigen Parteifreunden aus dem Reichsrat, wahrscheinlich mit Vertretern der süddeutschen Zentrumsländer, gesprochen und von ihnen den Rat erhalten hatte, diesmal von einer Demonstration abzusehen, räumte er das Feld.182

Preußen war abermals dem direkten Konflikt mit dem „Kabinett der Reichskommissare“ ausgewichen. Sicherlich um würdelose Auseinandersetzungen vor dem Gremium der Ländervertreter zu vermeiden. Dieses diplomatische Feingefühl war hier jedoch fehl am Platz. Im Reichsrat, dem letzten Ort, an welchem die Regierung Braun der Öffentlichkeit ihre Entschlossenheit und Standfestigkeit gegenüber der Reichsregierung hätte zeigen können und demonstrieren müssen, daß sie als rechtmäßige preußische Staatsregierung gelte, verzichtete man zu leicht auf die Vertretung im Reichsrat.

Jetzt endlich, während sich Hirtsiefer weiterhin darum bemühte zur Erörterung der Rechtslage den Verfassungsausschuß einzuberufen, schaltete sich Ministerpräsident Braun ein. Er hatte sich seit dem 20. Juli 1932 gänzlich im Hintergrund gehalten. Der in seiner gesamten Reichspartei angesehene und als integer geltende Otto Braun, wandte sich an seine Parteigenossen in den Länderkabinetten und bat sie, sich für eine Vertagung des Reichsrates einzusetzen. Braun erkannte, „daß zur Wahrung der Länder- und Verfassungsrechte die bisherigen Rechtsverwahrungen und Proteste nicht genügen.“183

Inzwischen hatte von Gayl es abgelehnt den Antrag Hirtsiefers auf Einberufung des Verfassungsausschusses anzunehmen, und an die Ländervertreter weiterzuleiten. Gleichzeitig versuchte er im direkten Gespräch mit den süddeutschen Ländern und Sachsen einen Vertagungsantrag zu verhindern. Sachsen und Württemberg sprachen sich für die Position des Reichsinnenministers aus, als der bayerische Bevollmächtigte erklärte, seine Regierung habe ihn beauftragt Vertagungsantrag zu stellen.184 Die Sitzung des Reichsrates war für den 2. August 1932 nachmittags angesetzt. Da es sich in den Vorgesprächen abzeichnete, daß eine Mehrheit der Reichsratsbevollmächtigten auf das Recht des Reichsrates beharrte, die Legitimation der zu den Sitzungen erschienen Ländervertreter selbst zu prüfen, und daß man entschlossen war, die Bevollmächtigten der Reichskommissarsregierung nicht als preußische Reichsratsbevollmächtigte anzuerkennen185, trafen Bracht und Brecht ein Übereinkommen überhaupt keine stimmberechtigten Vertreter in die Vollsitzung des Reichsrates am Nachmittag zu senden.

Abermals war die preußische Staatsregierung, diesmal mit der Politik „des leeren Stuhls“186, einer Entscheidung im Konflikt ausgewichen. Die Sitzung am 2. August war die letzte vor der Sommerpause und auch die letzte vor dem Urteil des Staatsgerichtshofes. Diese Pause gab der Reichsregierung wohl auch die nötige Ruhe, für die nach der Reichstagswahl vom 31. Juli anstehenden Verhandlungen mit Hitler. Außerdem gewann man Zeit, um die Lage im Reichsrat zum eigenen Nutzen, nach dieser Niederlage, zu wenden.

Im Konflikt um die preußischen Reichsratsstimmen hatte die Regierung Papen verloren. Für die preußische Staatsregierung war es jedoch auch kein richtiger Sieg, denn es war der Regierung Braun nicht gelungen, eigene Bevollmächtigte in den Reichsrat zu schicken. Darüber hinaus bleibt festzustellen, daß Preußen auch im Reichsrat nicht die Unterstützung fand, die es als Land im Ländergremium verdient hätte. Politische Abwägungen und Rücksichten führten dazu, daß die anderen Länder ihren eigenen und den preußischen Rechtsstandpunkt nicht energisch genug und konsequent durchsetzten.

B. 2. 6. Die Auswirkungen der Reichstagswahl vom 31. Juli 1932

Am 31. Juli 1932 war ein neuer Reichstag gewählt worden, der sich folgendermaßen zusammensetzte:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wie das Wahlergebnis zeigt, zog nun die NSDAP erstmals als stärkste Fraktion in den Reichstag ein.

Dennoch verfehlte die sog. „Nationale Opposition“ (NSDAP/DNVP/DVP), ähnlich wie in Preußen, die absolute Mehrheit um einiges. Die Dt. Zentrumspartei, wie auch die Bayerische Volkspartei hatten augenscheinlich von ihrer entschiedeneren Opposition zum Reichskabinett von Papen profitiert und verzeichneten Mandatszugewinne. Auch die KPD gewann und profitierte von ihrer aktiven, wenn auch radikaleren Haltung im Preußenkonflikt. Nur die SPD, die so große Hoffnungen in die Wahl gesetzt hatte, mußte eine herbe Niederlage hinnehmen. Anders als KPD und NSDAP konnte die SPD kein politisches Kapital aus der Preußenaktion schlagen. Unheroisches Handeln in den engsten Grenzen der Legalität wurde von den Volksmassen nicht honoriert. Die NSDAP nutzte diese passive Haltung natürlich aus, wie der Text eines Wahlplakates zeigt: „Ehrlos und schamlos kapitulierte die ganze schwarzrote Preußendemokratie vor 10 Reichswehrsoldaten. Das ist das Ende des Marxismus Feige und erbärmlich stehen die Helden des Klassenkampfes vor ihren betrogenen Anhängern. Arbeiter zieht Bilanz! Kommt zu Adolf Hitler Hitler hätte an Severings Stelle nicht kapituliert. Hitler wird niemals kapitulieren “187 Im Ergebnis der Wahl ist eine Radikalisierung der Wählerschaft deutlich zu erkennen. Der Versuch von Papen die NSDAP in eine Regierung der „Nationalen Konzentration“ einzubinden, um sie zu zähmen und sich nutzbar zu machen, scheiterte mit diesem Wahlausgang und dem Bruch zwischen Hindenburg/Papen und Hitler am 13. August 1932.

An diesem 13. August fand nach dem 10.10.1931 und dem 30.05.1932 die dritte Begegnung zwischen Hindenburg und Hitler statt. Diesmal hatte Hitler selbst um eine Audienz beim Reichspräsidenten nachgesucht, „ um die Sache selber voran zu treiben.“188 In den Vorbesprechungen mit Papen war Hitler allerdings bereits die eindeutig ablehnende Haltung Hindenburgs klargeworden.189 Dennoch nahm Hitler das Treffen mit dem Reichspräsidenten war, denn entweder gelänge es ihm die vorgefaßte, ablehnende Haltung des Reichspräsidenten zu ändern oder er erhielt eine offizielle Abfuhr vom deutschen Staatsoberhaupt.

Hindenburg schlug Hitler vor, „...er möge sich bereit erklären, mit anderen Parteien, besonders der Rechten und dem Zentrum, zusammenzuarbeiten, und möge die einseitige Ansicht aufgeben, daß er die alleinige Macht haben müsse. In der Zusammenarbeit mit anderen Parteien, erklärte Hindenburg, könne er beweisen, was er zu le isten vermöge und auf dieser Grundlage dann weiter bauen. Könne er positive Resultate vorweisen, so würde er zunehmenden und sogar bestimmenden Einfluß auch in einer Koalitionsregierung gewinnen. Hindenburg erklärte, dies würde auch der beste Weg sein, die weitverbreitete Furcht zu beseitigen, daß eine nationalsozialistische Regierung ihre Macht mißbrauchen, alle anderen Ansichten unterdrücken und schließlich ausschalten würde Er sei bereit, Hitler und die Repräsentanten seiner Bewegung als Mitglieder einer Koalitionsregierung zu akzeptieren, deren Zusammensetzung im einzelnen Gegenstand von Unterhandlungen sein müsse. Er könne jedoch die Verantwortung nicht auf sich nehmen, Hitler allein die ausschließliche Macht zu übertragen “190 Das Gespräch endete ohne praktisches Ergebnis mit einem „eisigen Abschied“191.

Zweifellos hat sich mit dem Bruch mit Hitler und der NSDAP, das Zähmungskonzept Schleichers und Papens erstmals als Illusion erwiesen. Sie hatten den nationalsozialistischen Machtanspruch unterschätzt und wesentlich dazu beigetragen, daß sich die politische Krise verhängnisvoll verschärfte. Der 13. August war das Ende einer „Sackgasse“ aus der nur noch Gewalt gegenüber der Hitler-Bewegung192 oder die Kapitulation vor ihr führen konnte. Hindenburg versagte sich den ersten Weg. Darüber stürzte von Papen, dann von Schleicher.

So blieb nur die Kapitulation, der gescheiterte Papen machte sie Hindenburg am 30. Januar 1933 leichter.193

Papen, der nur noch bei der DNVP Rückhalt fand, hatte es jetzt nicht leichter. Zumal kurz nach dem 13. August die Koalitionsverhandlungen zwischen dem Zentrum und der NSDAP begannen. Diese wurden zum Angsttraum der Reichsregierung.194 Deshalb erwirkten Papen und Gayl am 30. August 1932 eine Blankoverordnung des Reichspräsidenten, welche im Falle einer Koalition NSDAP/Zentrum in Preußen, die preußische Polizei dem Reich unterstellte. Eine zweite Vollmacht beinhaltete die Einwilligung des Reichspräsidenten das Parlament auflösen zu dürfen, wenn die Gefahr einer solchen Koalition im Reich akut werden sollte. Doch nicht diese Gefahr, sondern ein drohendes Mißtrauensvotum war der Anlaß, weshalb der Reichstag schon nach seiner zweiten Sitzung am 12. September wieder nach Hause geschickt wurde.195 NSDAP und Zentrum verschoben darauf hin ihre Koalitionsverhandlungen bis nach der neuen Reichstagswahl am 6. November 1932.

B. 2. 7. Das Verhältnis zwischen dem „Kabinett der Reichskommissare“ und dem „Preußischen Landtag“ nach dem Bruch von Papen/Hindenburg und Hitler

Die sich seit dem 13. August grundlegend gewandelte politische Situation hatte natürlich auch Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen Papen als Reichskommissar in Preußen und dem preußischen Parlament.

Die erste Sitzung nach dem Reichseingriff in Preußen fand am 30. August statt. Hirtsiefer gab eine Erklärung über die Vorgänge am 20. Juli und die Haltung seiner Regierung ab. Der Erklärung Hirtsiefers schloß sich eine Aussprache an, in der alle Parteien, außer der DNVP, gegen die Einsetzung des Rechskommissares und dessen Amtsführung protestierten. Besonders trat hier auf einmal die NSDAP hervor, die noch am 20. Juli über die „Liquidierung der Novemberherrschaft“196 frohlockt hatte. Fraktionsvorsitzender Kube wetterte, seine Partei habe den „Kampf gegen die Tyrannis Braun-Severing“ nicht deshalb geführt, damit an die Stelle der schwarz-roten Koalition ein Reichskommissar gesetzt werde, der sich dem Landtag nicht verantwortlich fühle. Von Seiten der NSDAP begann nun der offene Kampf gegen das Kabinett der Reichskommissare, an dessen Installierung sie zumindest mitgewirkt hatten. Der nationalsozialistische Landtagspräsident Kerrl beklagte in einem Brief an den Reichskanzler197, daß die Kommissare Maßnahmen, wie z.Bsp. die Verwaltungsreform, getroffen hätten, „die ihrem eigentlichen Wesen, nämlich der Wiederherstellung von Ruhe und Ordnung in keiner Weise“ entsprächen. Diese Dinge haben die Annahme aufkommen lassen, daß die Regierung „bei der Einsetzung des Rechskommissares weniger die Herstellung von Ruhe und Ordnung, als die Durchführung gewisser anderer Ziele unter Ausschaltung des Landtages im Auge gehabt habe.“ Weiter wies Kerrl darauf hin er habe in seinem Schreiben198 vom 18. Juli 1932 an den Reichskanzler nicht die Einsetzung eines Rechskommissares gefordert, sondern nur die Rückgängigmachung der seiner Meinung nach verfassungswidrig erfolgten Änderung der Geschäftsordnung des Preußischen Landtages. Außerdem wollte er nur bis zur Bildung einer neuen Landesregierung die preußische Polizei unter Reichsgewalt gestellt wissen. Kerrl wiederholte jetzt nochmals die Forderung nach Rückgängigmachung der Geschäftsordnungsänderung. Mit verfassungsrechtlichen Argumenten lehnte von Papen Kerrls Bitte ab. Ihrem Ärger hierüber machten die Nationalsozialisten in der Landtagssitzung vom 30. August Luft. Die NSDAP-Fraktion brachte einen Antrag ein, der dem Reichskommissar von Papen die Mißbilligung aussprach. Gleichzeitig unterstützten sie einen sozialdemokratischen Antrag auf Aufhebung der Notverordnung vom 20. Juli. Außerdem einigten sich die Nationalsozialisten mit der Fraktion der KPD auf einen Beschluß, der die preußischen Beamten von ihrer Gehorsamspflicht gegenüber dem Kabinett der Reichskommissare entband. Alle Anträge erhielten eine überwältigende Mehrheit im preußischen Parlament.

Am 19. September übermittelte Kerrl auch Hindenburg, in einem Schreiben199 seinen „Protest gegen das von der kommissarischen preußischen Regierung bisher geübte Verfahren.“ In einem darauf folgendem Gespräch zwischen Kerrl, Hindenburg und Papen beschwor Papen Kerrl keine Schritte zu unternehmen, die eine Entwicklung, die zum Wohle des Reiches gegangen werden muß, jetzt rückwärts revidieren würde.200 Was die zum Wohle des Volkes eingeleitete Entwicklung war, wissen wir aus der Beratung des Reichskabinettes vor dem 20. Juli: „die Beseitigung des Dualismus Reich-Preußen.“201 In diesem Sinne hatte von Papen am 13. August für die Einbeziehung der NSDAP in die Reichsregierung folgenden Vorschlag gemacht: Vizekanzlerschaft und das Amt des Preußischen Ministerpräsidenten für Hitler, das preußische Innenministerium und das Reichsinnenministerium für Strasser und das Preußische Kultusministerium sowie das Amt eines Reichsministers ohne Geschäftsbereich für Frick. Unverkennbar ist die Reformtendenz der Personalunionen zwischen Reichs- und preußischen Ministerämtern, die Papen am 13. August im Auge hatte.

Schon als preußischer Zentrumsabgeordneter hatte er erklärt: „Eine Fortsetzung des bisherigen Dualismus ist unmöglich.“ Daher legte die Reichsregierung, die keine eigene Exekutive besaß,202 Wert auf die durch die Beseitigung des Dualismus gegebene Möglichkeit den Reichsministerien einen Unterbau zu verschaffen

B. 2. 8. Die Verfassungsreformbestrebungen der Reichsregierung

Aus den Ende September 1932 von Papen, Gayl und Bracht vorgelegten Richtlinien über die „Zusammenführung von Reich und Preußen“203 geht hervor, wie man dieses Ziel erreichen wollte:

1. die in Preußen gewählten Mitglieder des Reichstages bilden den Landtag;
2. die preußische Regierung wird auf Zeit gewählt, wobei Personalunionen zwischen Preußische- und Reichsministern stattfinden;
3. Es wird das Amt des Preußischen Staatspräsidenten geschaffen, welches gleichzeitig mit dem Amt des Reichspräsidenten verbunden sein sollte;

Vor dem Hintergrund dieser Pläne erscheint es nur allzu klar, daß von Papen an die Beseitigung des Reichskommissariats durch eine Verfassungsänderung dachte. Durch diese, so erklärte er später gegenüber den Ministerpräsidenten der süddeutschen Länder und Sachsens, solle der „jetzt bestehende Zustand der praktischen Beseitigung des Dualismus legalisiert“204 werden.

So setzten dann auch sofort nach dem 13. August die Verhandlungen über eine Verfassungsreform zwischen dem Reich und der bayerischen Landesregierung, als die Wortführerin der süddeutschen Länder, ein. Der bayerische Reichsratsbevollmächtigte Sperr hatte bereits Vorgespräche mit Bracht und von Papen geführt. Am 11. August gab von Gayl in seiner Rede zur Verfassungsfeier die Reformpläne zum ersten Mal öffentlich bekannt.205 Am nächsten Tag, befaßte sich das bayerische Parlament mit den Reformplänen. Ministerpräsident Held erklärte in der Debatte, daß eine Änderung der Verfassung notwendig sei und sich nicht mehr aufhalten lasse. Es müsse jedoch verhindert werden, daß sich in ihr die derzeit vorhandenen länderfeindlichen Tendenzen auswirken.206 Am 23. August übergab Ministerpräsident Held in Berlin dem Reichskanzler und dem Reichsinnenminister ein vertrauliches Dossier. Es beinhaltete die Stellungnahme und Forderungen Bayerns zur Verfassungs- und Reichsreform.207 Bayern nannte die Stärkung und besondere Sicherung der Länderrechte als Voraussetzung für eine Verschiebung des Kräfteverhältnisses innerhalb des Reiches. Man war bereit darüber zu verhandeln, daß Preußen unter Vorbehalt einer besonderen Rechtssicherung für die Länder in eine engere Beziehung mit dem Reich gebracht werde. Jedoch hielt Bayern die Verbindung nur einzelner, insbesondere der leitenden Minister in Personalunion für ausreichend. Eine Totalfusion zwischen Reich und Preußen unter Beseitigung der staatlichen Selbständigkeit, wie von der Reichsregierung faktisch angestrebt, wurde als untragbar abgelehnt. Die Reichsregierung konnte zu diesen Forderungen im Gespräch mit Held noch keine Stellung nehmen, da die Reformpläne zu dieser Zeit noch sehr schemenhaft waren. Im September 1932 gab es hierzu ein weiteres Gespräch. Dieses nutzte von Papen gleichzeitig um den Kontakt mit dem Zentrum und der Bayerischen Volkspartei herzustellen, um sie später zu einer Unterstützung, zumindest aber Tolerierung, der Reichsregierung zu bewegen. Die Bayerische Volkspartei machte ihre Annäherung von dem Eingehen des Reiches auf die bayerischen Reformwünsche abhängig.

So wurde die Reformfrage in der nächsten Zeit zu einem wichtigen Angelpunkt der politischen Entwicklung.

B. 2. 9. Vergleichsbemühungen zwischen Reich und Preußen

Von vielen Seiten hatte es aus den verschiedensten Motivationen heraus bis zu letzt Bemühungen gegeben den Prozeß vor dem Staatsgerichtshof mit einem Vergleich zu beenden. Da war Hermann Höpker-Aschoff der ehemalige preußische Finanzminister, der schon lange Jahre die Beseitigung des Dualismus Reich-Preußen auf verfassungsmäßigem Wege forderte.208 Er verurteilte gänzlich die politische Begründung des Reichseingriffes in Preußen, erkannte jedoch „die Notwendigkeit einheitlicher Politik, der Zusammenfassung der Machtmittel des Reiches und Preußens,“209 welche die Reichsregierung zu ihrem Vorgehen am 20. Juli veranlaßt hatte. Er wollte einen Vergleich, der die von Papen erzwungene Vereinigung von Reich und Preußen sanktionierte. Der Inhalt seines Vorschlages, mit dem er sich erstmals am 22. August 1932 an Reichsinnenminister von Gayl wandte, lautete im wesentlichen wie folgt:

1. Die Verordnung vom 20. Juli 1932 wird aufgehoben;
2. Die preußische Exekutive wird durch eine neue Verordnung des Reichspräsidenten auf die Reichsregierung übertragen;
3. Das geschäftsführende Kabinett Braun tritt zurück;

Am darauf folgenden Tag ließen Papen und Gayl Höpker-Aschoff eine Nachricht zukommen, daß man nur einen Vergleichsvorschlag mache, wenn man vorher wisse, daß das Preußische Staatsministerium ihn nicht zurückweise. Damit wandte sich Höpker-Aschoff an die Gegenseite. Er bat Ministerialdirektor Brecht, den Ministerpräsidenten Braun zu beraten. Am 27. August schrieb Brecht einen Brief an Otto Braun, welcher sich zur Kur in Bad Gastein aufhielt. Brecht, der einer der federführenden Köpfe im Verfassungsausschuß bei der Ausarbeitung des Reichsreformentwurfes der Länderkonferenz (1928 -1930) war, plädierte für den Vergleich. Er sah ihn als eine positive Wendung im Sinne der Reichsreform. Außerdem war klar, das faktisch eine einfache Wiederherstellung des früheren Zustandes in Preußen, weder im Bereich der Möglichkeit noch wahrscheinlich war. Anders als Höpker-Aschoff war er jedoch der Auffassung, die preußische Regierung müsse explizit rehabilitiert werden und arbeitete den Entwurf entsprechend um. Im September fuhr Brecht dann zu Braun nach Bad Gastein, um den Vergleichsvorschlag zu besprechen. Es ergab sich, daß der Ministerpräsident durchaus ernsthaft geneigt war, auf den Vergleich einzugehen. Braun unterstrich jedoch nochmals, daß Papen die gegen die preußischen Minister erhobenen Vorwürfe, Pflichten gegenüber dem Reich verletzt zu haben, zurücknehmen müsse.

Zu darüber hinaus gehenden Vergleichsverhandlungen kam es zwischen Staatsministerium und Reichsregierung jedoch nicht, da die preußischen Zentrumsminister sich gegen einen Vergleich aussprachen. Der Grund für diese Ablehnung war nicht inhaltlicher Natur, sondern grundsätzlicher. Die Zentrumsminister wollten nicht handeln ohne mit ihrer Reichspartei zu sprechen und diese hatte sich, wie bereits ausgeführt, für eine scharfe Opposition gegen von Papen ausgesprochen. Das Zentrum war „nicht geneigt, irgend etwas zu tun, was die Stellung des Kabinetts Papen erleichtert hätte.“210 Höpker-Aschoff schrieb am 30. September resigniert an von Gayl, er betrachte „die Möglichkeit eines Vergleiches heute leider als sehr gering.“211

Auch Konrad Adenauer212 entwickelte Bemühungen für eine „gütliche Regelung der Angelegenheit“213 zwischen Reich und Preußen. Außerdem sah Adenauer, daß mit einem egal wie gearteten Urteil, entweder die Autorität des Reichspräsidenten oder die des Staatsgerichtshofes beschädigt werden könnte.214 Wie wir heute wissen, trafen beide Befürchtungen ein.

Inhalt seines Vorschlages; welchen er anläßlich einer Besprechung215 über die Haltung des Rechskommissares gegenüber dem Staatsrat, von Papen erläuterte, war:

1. Rückkehr der preußischen Minister mit Ausnahme der sozialdemokratischen;
2. Wechsel in der Person des stellvertretenen Rechskommissares;

Von Papen lehnte ab. Adenauer verkannte, daß es der Reichsregierung nicht nur um die Ausschaltung der sozialdemokratischen Minister ging. Außerdem war es höchst unklar, ob das Zentrum sich überhaupt auf den Vorschlag Adenauers einlassen würde. Das Zentrum wollte Opposition zum Reichskabinett „von Papen“, keine Versöhnung. Adenauers Plan war aussichtslos. Es bestanden zu viele Schwierigkeiten persönlicher und sachlicher Natur. Am nächsten Tag, dem 22. September, teilte er dem Reichskanzler mit, daß er „von einer Weiterverfolgung des Gedankens absehen“216 werde. Im Antwortschreiben von Papens an Adenauer ist zu lesen, daß dieser die Lageauffassung teile und die „gegenwärtig vorliegenden Schwierigkeiten“ eine Weiterverfolgung „nicht empfehlen“ würden.217

Auch der Vorsitzende des Staatsgerichtshofes, Reichsgerichtspräsident Bumke, hätte den Prozeß lieber durch Vergleich enden lassen.

Am vorletzten Verhandlungstag nahm er sich dem ihm persönlich gut bekannten Ministerialrat Kritzinger aus dem Reichsinnenministerium beiseite. Er erklärte, es wäre angenehm, wenn die Parteien einen Vergleich schließen würden.218 Preußen käme „doch jetzt dem Reich sehr entgegen“219. Kritzinger berichtete das Geschehene am nächsten Morgen in der üblichen Besprechung mit von Papen, von Gayl und Ministerialdirektor Gottheiner220. Gottheiner gab zu bedenken, daß die Reichsregierung sehr wahrscheinlich Recht bekommen werde, solange sie ihren Eingriff auf Artikel 48 Abs. 2 WRV stützte. Man einigte sich darauf hin, daß ein Vergleichsangebot der Reichsregierung nicht in Frage käme.

Ob Reichsgerichtspräsident Bumke die Vergleichsbemühungen danach nochmals weiterführte ist nicht ersichtlich. Jedenfalls wurde mit dem letzten Verhandlungstag der Prozeß fortgesetzt und am 25. Oktober erging das Urteil des Staatsgerichtshofes.

B. 3. Vor dem Staatsgerichtshof

B. 3. 1. Der Prozeß „Preußen contra Reich“

Am 10. Oktober 1932, fast drei Monate nach dem Reichseingriff in Preußen, begann der Prozeß vor dem Staatsgerichtshof in Leipzig. Es sollten sechs Verhandlungstage im Ringen um Preußen und letzten Endes um die Weimarer Republik und ihr förderales demokratisches Verfassungsrecht geben.

Als Antragsteller traten in Leipzig:

1. das Land Preußen, vertreten durch das amtsenthobene Preußische Staatsministerium;
2. die Zentrumsfraktion im Preußischen Landtag;
3. die Fraktion der SPD im Preußischen Landtag;
4. alle amtsenthobenen preußischen Minister als solche;
5. das Land Bayern;
6. das Land Baden auf.

Antragsgegner war in allen Fällen das Deutsche Reich, vertreten durch die Reichsregierung. Der Antrag der Antragsteller unter Nr. 4 war zusätzlich gegen den Reichskanzler als Reichskommissar für Preußen gerichtet.221 Die Antragsteller unter Nr. 1 und Nr. 4 wurden in der mündlichen Verhandlung durch die Ministerialdirektoren Brecht und Badt, sowie den Professoren Friedrich Giese und Gerhard Anschütz vertreten. Die Zentrumsfraktion wurde durch Professor Peters, die SPD-Fraktion durch den jungen Prof. Heller, Bayern durch Staatsrat von Jan, Prof. Nawiasky und Privatdozent Maunz und Baden durch Ministerialdirektor Fecht und Oberregierungsrat Walz vertreten.

Das Reich bzw. der Reichskommissar von Papen wurde von den Ministerialdirektoren Gottheiner und Hoche, sowie den Prof. Carl Schmitt, Prof. Erwin Jacobi und Prof. Carl Bilfinger vertreten.222 Später kam für das Reich noch Ministerialdirektor Schütze hinzu.223 Man kann ohne Frage von einer Versammlung der Elite der deutschen Staatsrechtswissenschaftler sprechen.

Die Antragsteller unter 1 - 4 beantragten übereinstimmend folgendes:

A.) Der Staatsgerichtshof möge erkennen:
1. Die Einsetzung eines Rechskommissares für Preußen mit Befugnissen,
a.) wie sie die Verordnung,betreffend die Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Gebiet des Landes Preußen vom 20. Juli 1932 (RGBl. I., S. 377), dem Reichskanzler übertragen hat,
b.) wie sie der Reichskanzler und die eingesetzten Kommissare auf Grund dieser Verordnung in
Anspruch genommen haben, stand und steht mit der
Reichsverfassung nicht in Einklang.
2. Von den vom Reichskanzler und den übrigen Kommissaren vorgenommenen Handlungen standen insbesondere mit der Reichsverfassung nicht in Einklang:
a.) die Enthebung des Ministerpräsidenten Braun und des Ministers Severing von ihren Ämtern (Schreiben des Reichskanzlers vom 20. Juli),
b.) die Enthebung der Minister Hirtsiefer, Schreiber, Steiger, Schmidt, Grimme und Klepper von den laufenden Geschäften (Schreiben des Reichskanzlers von 20. Juli),
c.) die Versetzung von Beamten in den einstweiligen Ruhestand auf Grund des § 3 der preußischen Verordnung vom 26. Februar 1919 (GS., S. 33) sowie die endgültige (nicht nur kommissarische) Ernennung von Landesbeamten,
d.) die Entsendung eigener Bevollmächtigter in den Reichsrat als Vertreter des Landes Preußen und das Bestreiten des Rechtes der Staatsminister und ihrer Bevollmächtigten, im Reichsrat das Land Preußen zu vertreten.

B.) Der Staatsgerichtshof möge ferner erkennen: Das Reich darf sowohl im Wege der Reichsexekution nach Art. 48 Abs. 1 WRV wie im Wege von Maßnahmen nach Art. 48 Abs. 2 WRV die den Ländern nach der Reichsverfassung und nach den Landesverfassungen zustehenden Funktionen der Staatsgewalt nur insoweit an sich ziehen, als dies mit dem bundesstaatlichen Charakter des Reichs vereinbar und zur Erfüllung der angeblich verletzten Pflichten des Landes oder zur Herstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig ist. Insbesondere ist es mit der Reichsverfassung nicht vereinbar, wenn auf Grund des Art. 48 Abs. 1 oder Abs. 2
a.) Mitglieder von Landesregierungen dauernd oder vorübergehend ihres Amtes für verlustig erklärt oder neue Mitglieder von Landesregierungen ernannt werden,
b.) die Vertretung des Landes gegenüber dem Reich, namentlich das Recht der Landesregierung zur Ernennung und Instruierung der Reichsratsbevollmächtigten (Art. 63 RVerf.) aufgehoben, beschränkt oder beeinträchtigt wird,
c.) Anleihen für Rechnung von Ländern aufgenommen werden.

Das Land Preußen beantragte ferner:

C. Der Staatsgerichtshof möge erkennen:

Die in der Rundfunkrede des Reichskanzlers vom 20. Juli 1932 zur Rechtfertigung der Verordnung vom gleichen Tage aufgestellte Behauptung der Reichsregierung, das Land Preußen habe die ihm nach der Reichsverfassung oder den Reichsgesetzen obliegenden Pflichten deshalb nicht erfüllt,

1. weil die parla mentarische Basis des geschäftsführenden Kabinetts entscheidend von der taktischen Haltung der Kommunistischen Partei abhängig sei,
2. weil eine Reihe von maßgeblichen Persönlichkeiten die innere Unabhängigkeit verloren habe, alle erforderlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der staatsfeindlichen Betätigung der KPD zu treffen,
3. weil insbesondere hohe Funktionäre des Staates ihre Hand dazu geboten hätten, Führern der Kommunistischen Partei die Verschleierung illegaler Terrorabsichten zu ermöglichen,
4. weil offen ein preußischer Polizeipräsident seine Parteigenossen aufgefordert habe, man möge die Kreise der Kommunisten nicht stören, ist nicht begründet und nicht erwiesen.

Die Antragsteller Bayern und Baden stellten dem Grunde nach die Anträge unter „B.“224

Die wesentlichen Arbeiten an den prozeßrelevanten Schriftsätzen leisteten auf preußischer Seite Brecht und Badt, auf Reichsseite Prof. Carl Schmitt, Prof. Carl Bilfinger und Prof. Erwin Jacobi.

Die Reichsseite scheute bei der Prozeßvorbereitung keine Mittel und Wege, um die ohnehin dünnen und mangelhaft begründeten Vorwürfe gegen Preußen zu untermauern. Es wurden preußische Akten durchkämmt um eventuell Dienstverfehlungen der entsprechenden Minister oder Polizeipräsidenten zu finden. Preußische Beamte, die unter dem Damoklesschwert ihres Abbaus durch den Reichskommissar standen, wurden über die politische Haltung und die Arbeitsweise ihrer früheren Vorgesetzten verhört.225 Für Prof. Hans Nawiasky auf preußischer Seite war dieses Verhalten einfach unfaßbar.226

Der Prozeß lief unter großer Aufmerksamkeit und Interesse der Öffentlichkeit ab. Die großen deutschen Zeitungen hatten Sonderberichterstatter nach Leipzig entsandt, die den allgemeinen Prozeßverlauf sachlich schilderten und sich mit Meinungsäußerungen zurückhielten. Auffällige Ausnahme bildeten hier die Vossische Zeitung, das Berliner Tageblatt, der Vorwärts und die Rote Fahne, worin gegen die Auffassungen der Reichsregierung und deren Vertreter, aber auch gegen die Vertreter Severings und Brauns polemisiert wurde.227 Beispielhaft hier das Berliner Tageblatt Nr. 481 vom 10.10.1932, in welchem Sonderberichterstatter Dr. Bretholz den Inhalt eines Slogans wiedergab, der wohl symbolisch für den Reichseingriff in Preußen war: „Brecht hat das Recht und Bracht hat die Macht.“ In der Witzbeilage „Ulk“-Nr. 41, im Berliner Tageblatt Nr. 486 vom 13.10.1932 hieß es unter anderem: „Ein preußischer Minister weicht nur der Brach(t)ialgewalt!“

Während des Prozesses standen sich in bezeichnender Front die Experten des Staatsrechts gegenüber. Bezeichnender Weise deshalb, weil ihre grundsätzliche Haltung zum demokratischen Verfassungsstaat der Weimarer Republik, die Seite vorzeichnete auf der sie standen. Prof. Anschütz und der damals noch junge und streitbare Prof. Heller, als Mitbegründer bzw. Verfechter der demokratisch förderalistischen Verfasstheit der Weimarer Republik auf preußischer Seite und Prof. Schmitt und Prof. Bilfinger als Vertreter der Unitarier eines zentralistischen Reiches und später dann einer sogenannten „Völkischen Staatsphilosophie“228, welche die förderalistisch-demokratische Weimarer Verfassungsordnung eher als Mißgeburt des November 1918 sahen, auf Reichsseite. Der gefährlichste und unangenehmste Gegenspieler auf Reichsseite war wohl Carl Schmitt, der in seinem Vortrag so polemisch, aber auch demagogisch war, daß er sich die meisten Rügen des Vorsitzenden zuzog.229

Der Aufmarsch der bekanntesten und führenden Staatsrechtler im Prozeß hatte zur Folge, daß die politischen Fragen, die im Zusammenhang mit dem Reichseingriff wichtig waren, weitgehend in einem Juristenstreit über Artikel 48 WRV untergingen.

B. 3. 2. Das Urteil des StGH vom 25. Oktober 1932

Am 25. Oktober verkündete der Staatsgerichtshof das von seinen sieben Richtern unter Vorsitz von Reichsgerichtspräsident Dr. Bumke gefällte Urteil.

Der StGH hatte den Versuch unternommen, in einer politischen Machtfrage Recht zu sprechen. Eine Aufgabe, die nach menschlichem Ermessen schwerlich einer befriedigenden Lösung zuzuführen war.

Der Gerichtshof verneinte, daß Preußen irgendwelche Pflichten gegenüber dem Reich verletzt habe (Reichsexekution nach Art. 48 Abs. 1 WRV).230 Damit gab er in dem Punkt, welchen die Preußische Staatsregierung immer als den wichtigsten ihrer Klage bezeichnete, der Klägerseite Recht. Gleichzeitig waren die Richter jedoch der Ansicht, daß die Verordnung vom 20. Juli „offenkundig in einer Zeit schwerer Störung und Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“231 erlassen worden sei. Es habe also begründet die Gefahr bestanden, daß die blutigen Feindseligkeiten der verschiedenen politischen Fronten zu einer Bedrohung für die Verfassungsgrundlage führen würden. In dieser Situation habe der Reichspräsident das Recht mit Diktaturgewalt nach Art. 48 Abs. 2 WRV, „nicht nur die polizeilichen Machtmittel Preußens in die Hand des Reiches zu legen, sondern die gesamten staatlichen Machtmittel des Reiches und Preußens in einheitliche Bahnen zu lenken.“232 Das heißt, die Verordnung vom 20. Juli ist mit der Reichsverfassung vereinbar, soweit sie den Reichskanzler zum Reichskommissar für das Land Preußen bestellte und ermächtigte, preußischen Ministern vorübergehend Amtsbefugnisse zu entziehen und Kommissaren des Reiches zu übertragen. Die Ermächtigung durfte sich jedoch nicht darauf erstrecken, dem Preußischen Staatsministerium die Vertretung des Landes Preußen im Reichstag, Reichsrat oder sonst gegenüber dem Reich, Landtag, dem Staatsrat oder gegenüber anderen Ländern zu entziehen.

Im Ergebnis führte dieses widersprüchliche, inkonsequente und auch tatsächlich undurchführbare Urteil den Zustand herbei, den der Staatsgerichtshof am 25. Juli mit der Ablehnung des Antrages auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung, verhindern wollte. Mit dem Urteil erfolgte die Zementierung der faktischen Aufspaltung der Staatsgewalt in Preußen, als deren exekutiver Inhaber, das sog. Kabinett der Reichskommissare und als repräsentativer Inhaber, die preußische Staatsregierung Braun bestätigt wurden. Verfügte das Kabinett der Reichskommissare über die Mittel der faktischen Staatsgewalt, wie Polizei, Verwaltung, so blieben der preußischen Staatsregierung die Wahrnehmung der Repräsentations- und Hoheitsrechte vorbehalten. Es fällt am Urteil auf, daß das Gericht nicht prüfte, inwieweit der Reichspräsident sein Ermessen, in Preußen mit Diktaturmaßnahmen einzugreifen, vielleicht mißbraucht hatte, um der Reichsreform zur Beseitigung des Dualismus Reich-Preußen vorzuarbeiten. Diese Frage war unter den Tisch gefallen, weil die preußische Staatsregierung der Reform nicht abgeneigt gegenüberstand, ja die Beseitigung des Dualismus durchaus populär und gleichzeitig der Ermessensmißbrauch zu Reformzwecken schwer zu beweisen war. Dennoch wußten die Richter durchaus um dieses Problem, das sie im Urteil auffällig umgingen, wie ein Artikel des am Urteil beteiligten Reichsgerichtsrat Schwalb zur Ausführung des Staatsgerichtsurteils beweist. Dort233 heißt es unter anderem: „Die Aufhebung des Dualismus zwischen Preußen und dem Reich werde freilich nach dem Urteil, durch die Verordnung nicht erreicht.“ Es ist Aufgabe des StGH „die Verfassung sinngemäß auszulegen und zu hüten, nicht, Akte zu decken, die sich, ohne die für Verfassungsänderungen vorgeschriebene Form zu beachten, inhaltlich als Änderung oder Durchbrechung der Verfassung darstellen.“

Die Verfassungsrichter beschränkten sich darauf, die Verordnung auf das verfassungsmäßig zulässige Maß zu beschränken und unterließen es diese Maßnahme als das zu qualifizieren was es war, „Ermessensmißbrauch“.

Dennoch rief das Urteil auch bei der Reichsregierung großes Erstaunen hervor. Hatte man doch darauf vertraut, daß das Gericht auch bei Ablehnung des Art. 48 Abs. 1 WRV den Reichseingriff in Preußen voll sanktionieren würde.234

Im Ergebnis hatte sich die Auffassung der Reichsregierung jedenfalls durchgesetzt. Sie übte die vollziehende Gewalt in Preußen aus. Lediglich ihre weitergehenden Ziele, wie den Einfluß auf den Reichsrat zu gewinnen, waren nicht erreicht worden.

B. 4. Die weitere Entwicklung des Verhältnisses zwischen Reich und Preußen bis zum 30. Januar 1933

B. 4. 1. Der Dualismus zwischen dem Staatsministerium und den Reichskommissaren

Das Urteil des Staatsgerichtshofes trug nicht zu einer Entwirrung des Staatslebens in Preußen bei. Es war unter den damaligen Verhältnissen schwerlich in die Praxis umzusetzen. Die Richter erkannten zwar, das die Teilung der Befugnisse auch die Gefahr von Reibungen in sich barg, doch entließen sie die streitenden Parteien lediglich mit dem Hinweis, diese Schwierigkeiten „durch ein verträgliches Zusammenarbeiten zu überwinden.“235 Bei der Reichsregierung stieß dieser Appell an die politische Vernunft und den guten Willen natürlich auf taube Ohren. Und obwohl die Regierung Braun eine loyale Zusammenarbeit anbot, setzte die Reichsregierung ihren Kurs, den sie mit dem 20. Juli eingeschlagen hatte, fort.

Am Vormittag des 26. Oktobers hielt das Preußische Staatsregierung in den Räumen des Wohlfahrtsministeriums eine Kabinettssitzung236 ab, auf der die Umsetzung des StGH-Urteils beraten wurde. Noch am selben Abend richtete Braun an von Papen auf einer Pressekonferenz die er mit Brecht abhielt, ein direktes Angebot zu einer vernünftigen Zusammenarbeit. Er erklärte man solle sich zusammensetzen, „um in der Zusammenfassung Preußischer und Reichsstellen etwas Vernünftiges herbeizuführen.“237 Wie ernsthaft der Wille zu einer einvernehmlichen Zusammenarbeit auf preußischer Seite war, beweist auch eine Äußerung des preußischen Handelsministers Schreiber. Er erklärte: „Daß das Nebeneinander von Reich und Preußen, mit seinen schädlichen Reibungsverlusten beseitigt werden muß, ist eine Forderung, die wir (die Preußische Staatsregierung) immer erhoben haben. In dieser Frage will - trotz der unmöglichen Methoden der Reichsregierung von Papen - niemand von uns in den Zustand vor dem 20. Juli zurückkehren.“238 Darüber hinaus schickte die Regierung Braun Ministerialdirektor Dr. Brecht noch zu Staatssekretär Meissner. Vor dem Hintergrund der unmittelbar bevorstehenden nächsten Stufe der Verwaltungsreform, erklärte Brecht, daß die preußische Staatsregierung „stets Anhängerin einer Verwaltungsreform gewesen sei, insbesondere der Ministerpräsident Braun.“239 Die Regierung Braun wollte wegen der inhaltlichen Übereinstimmung bei der Verwaltungsreform, sichtlich die Situation ausnutzen, um aus der Konfliktlage zwischen den Kommissaren und ihr herauszukommen und eine loyale Zusammenarbeit einleiten. Angesichts der bevorstehenden Reichstagswahlen und dem Druck der Deutschnationalen, sowie der rechten Presse ging von Papen und die Reichsregierung jedoch auf Gegenkurs.

Als Stimmungsbild und Standpunkt der rechtsnationalen Kräfte zum Urteil des StGH soll ein Ausschnitt eines Artikels der „Deutschen Allgemeinen Zeitung“ Nr. 502 vom 26. Oktober 1932 dienen. Auf Seite 1 ist unter der Überschrift „Unsere Meinung“ folgendes zu lesen: „Gegenüber dieser Verwicklung gibt es nur eines: politische Gradlinigkeit und Konsequenz. Was das frühere Kabinett Braun beschließt ist vollkommen Hekuba. Was die aus ihren Ämtern entfernten Herren an amtlichen Funktionen etwa auszuüben wünschen, ist gänzlich gleichgültig. Die Reichsregierung und der Reichskommissar haben nur eine Alternative. Entweder sie weichen zurück und setzen damit ihre gesamte Autorität aufs Spiel; oder sie gehen vorwärts nach ihrem politischen Gewissen und auf dem Wege, den sie am 20. Juli zum Nutzen von Volk und Staat beschritten haben. Unseres Erachtens gibt es nur die letztere Möglichkeit. Wir weigern uns zu glauben, daß irgendeine maßgebliche Stelle, außer unter taktischen Gesichtspunkten, das ´Gegenkabinett´ ernst nehmen wird. Alle Achtung vor der Unabhängigkeit des höchsten Gerichts, die niemals zur Debatte stand und auch heute nicht zur Debatte steht. In der praktischen Politik sehen die Dinge anders aus, und es geht nur um eines: um Niederlage oder Erfolg. Die Reichsregierung hat zu wählen.“

Von Papen selbst eröffnete die erste Ministerbesprechung nach dem Urteil des StGH mit den Worten, daß die Entscheidung „keine schöpferischen Gedanken“ enthalte und einem „Schiedsspruch gleiche“. Es sei daher „unbedingt notwendig die beunruhigenden Wirkungen des Urteils in der Öffentlichkeit abzuschwächen.“240 Papen konnte sich bei seinen einzigen Verbündeten der DNVP nicht, als im Prozeß vor dem StGH geschlagen zeigen. Darüber hinaus spielte wohl auch der ständige Gedanke an die bevorstehende Reichstagswahl eine Rolle. Er wollte wohl auch nicht verhandeln.

Da am 29. Oktober eine Besprechung Brauns mit ihm und dem Reichspräsidenten stattfinden sollte, mußte er nach Möglichkeit die nächsten Reformmaßnahmen noch vorher beschließen. So erklärte er auch dem Reichskabinett in der Sitzung am 28. Oktober241, daß die Verwaltungsreform zum Abschluß gebracht werden müsse. In diesem Zusammenhang würden auch verschiedene Personalentscheidungen nötig sein. So sollte der frühere Staatssekretär im Reichsfinanzministerium Popitz242 zum Kommissar für das preußische Finanzministerium und gemeinsam mit Bracht Reichsminister ohne Geschäftsbereich werden. Als Kommissar für das preußische Landwirtschaftsministerium schlug Papen den Reichsernährungsminister von Braun und für das Kultusministerium den DNVP-Landtagsabgeordneten Professor Kaehler vor. Noch am selben Abend begann um 23.15 Uhr die Sitzung des sog. Kabinetts der Reichskommissare, auf der die schon lange vorbereitete Reform der Ministerien beschlossen wurde.243 Das am folgenden Tag stattfindende Treffen zwischen Hindenburg, Papen und Braun blieb ohne Ergebnis.244 Als Braun am 29. Oktober bei Hindenburg eintraf, bemühte er sich um Sachlichkeit gegenüber von Papen. Er forderte die Aufhebung der Verordnung vom 21. Juli. Er widersprach entschieden der von Papen vorgetragenen Notwendigkeit, auch weiterhin die gesamte Exekutive, „die gesamte Verwaltung bis zur Berliner Porzellanmanufaktur den Reichskommissaren zu unterstellen, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten.“245 Brauns weitere Forderungen waren: keine weiteren Personalveränderungen, Wiedereinsetzung des preußischen Staatsministeriums in die durch Urteil des StGH zugesprochenen Rechte, Wiedereinräumung der Ministerzimmer, Zubilligung der Rechte eines Ministers. Vor allem verlangte Braun jedoch, daß die Verwaltungs- und Verfassungsreform nicht über den Artikel 48 WRV geschehen, sondern daß „zwischen der Reichs- und Staatsregierung Verhandlungen über die Zusammenfassung der Verwaltung im Reich und in Preußen geführt“246 werden sollten. Papen lehnte natürlich die Aufhebung der Verordnung ab. Die politische Lage habe sich nicht entspannt und sie würde sich „nicht erleichtern, wenn die geschäftsführende alte preußische Regierung, die keine Mehrheit in ihrem Landtag“247 habe, die Dinge wieder führe. Die Beschränkung der Kommissarszuständigkeiten lehnte er mit der Begründung ab: „Die Exekutive kann nicht geteilt werden“248. Alle Informationen, welche die Minister für ihre Arbeit bräuchten, sollten in Zukunft nur über Bracht abgewickelt werden. „Die Minister könnten nicht in die einzelnen Ressorts hineinregieren“249 Brauns Forderungen zur Beteiligung an den Reformvorhaben lehnte von Papen am entschiedensten ab: „Es ist bei der gegenwärtigen Lage notwendig, auf Grund der nach Maßgabe des Art. 48 WRV gegebenen Vollmachten auch die Verwaltungsreform durchzuführen und die Verfassungsreform vorzubereiten Wenn man sich die Beseitigung des unhaltbaren Dualismus zum Ziele setzt, ist es zweckmäßig und praktisch, schon jetzt einen Zustand zu schaffen, der ein Urteil darüber erlaubt, wie diese Frage später dauernd auf dem gesetzgeberischen Wege geregelt wird.“250 Eine weitere Intervention Brauns erübrigte sich. Hindenburg verwies lediglich auf die Zusage, daß man einen Weg zur loyalen Zusammenarbeit beschreiten wolle. Die Loyalität von Papen sah so aus, daß er mit Braun zwar über die Verwaltungsreform redete, aber verschwieg, daß sie bereits beschlossene Sache war.

Für die preußische Staatsregierung war diese Unterredung ein voller Mißerfolg.

Als Braun von der Aussprache in das Wohlfahrtsministerium zurückkam, fand er das Gesetzblatt vor, in dem die beschlossene Reform251 der Ministerien veröffentlicht wurde. Die schwerwiegendste Veränderung, welche die Reform mit sich brachte, war die faktische Auflösung des Wohlfahrtsministeriums und dessen Verteilung auf andere Ministerien. Hirtsiefer

Finanzen. Später war er am Widerstand gegen Hitler beteiligt und wurde Anfang 1945 hingerichtet. war nun ein „Minister ohne Ministerium“. Diese Maßnahme stellt nun augenscheinlich für jeden eine Verfassungswidrigkeit dar. Leuchtet es doch ein, daß es nicht zulässig sein kann, daß die Reichsregierung bzw. deren Diktaturgewalt nach Art. 48 WRV in Preußen ein Landesministerium auflöste. Dennoch klagte die Regierung Braun nicht erneut vor dem Staatsgerichtshof. Man nahm diesen Teil der Ministerienreform unter Rechtsverwahrung hin, betrachtete man doch eine Auflösung des Wohlfahrtsministerium, welches seit 1919 bereits viele seiner wichtigsten Aufgaben verloren hatte, ja nicht als gänzlich sachlich ungerechtfertigt.

Durch diese Reform wurde ein nicht unerheblicher Schub an Personalveränderungen ausgelöst. Die Zeitung Germania252 titulierte diesen Vorgang als „Strafexpedition gegen Preußen“. Im Ergebnis wurde Staatssekretär Scheidt253, 9 Ministerialdirektoren, 2 Ministerialdirigenten, 27 Ministerialräte, 15 Oberregierungsräte und 12 Regierungsräte zur Disposition gestellt. Das Kabinett der Reichskommissare erklärte in der Frankfurter Zeitung254, daß es gelungen sei, die Zahl der betroffenen Beamten in Grenzen zu halten, obwohl durch die Reform 8 Abteilungen eingespart und 140 Referate freigemacht worden seien. Der Bericht endete mit der Feststellung, jetzt seien „wohl die letzten höheren Beamten, die sich zur Sozialdemokratie bekennen aus der preußischen Zentralverwaltung entfernt.“255 Braun wandte sich zwar mit einem Protestschreiben an Hindenburg, in dem er schrieb, daß der Staatsgerichtshof zwar die Zulässigkeit der Absetzung und Ernennung von Beamten im Rahmen der Aufgaben des Rechskommissares bejaht hatte, gleichzeitig diese aber nur als vorübergehender Natur bezeic hnete. Weiterhin schrieb Braun: „Die Preußische Landesregierung hat Anspruch darauf, nach Beendigung dieser Aufgaben einen Beamtenapparat wieder vorzufinden, der nicht durch unsachliche Eingriffe in seinen Grundlagen erschüttert ist.“256 Der Reichspräsident ließ lediglich antworten, er habe das Schreiben dem Reichskanzler zur Berücksichtigung übersandt.257 Die Reform der Ministerien wurde jedoch wie beschlossen fortgeführt. Dieses zeigt einmal mehr, daß wie immer nach großen Umwälzungen der Beamtenapparat vom neuen Machthaber gereinigt wurde. Papen wollte durch seine gegen die demokratischen Parteien gerichtete Personalpolitik sich des preußischen Staates bemächtigen und ihn von innen heraus auf seinen Kurs der „revolutionär- konservativen Staatsführung“258 zwingen.

Den Kampf um ihre Existenz hatte die Regierung Braun am 25. Oktober vor dem Staatsgerichtshof gewonnen, den Streit um Mitsprache bei den Reformen aber in der Woche danach verloren. Es begann nun ein Kleinkrieg um Amtszimmer, Akten und Beamte. Der Treppenwitz des Reichsministeriums wurde nun zum Spottwort der Zeit und Ereignisse nach dem 20. Juli, welches den Kern der Dinge und das Kräfteverhältnis zwischen Reich und Preußen treffend darstellte: „Brecht hat das Recht und Bracht hat die Macht.“

Die Reichsregierung blieb auch weiterhin nicht tatenlos. Man mußte versuchen, die Aufgabenverteilung zwischen preußischer Staatsregierung und Reichskommissar (abschließend) klar zu regeln. So entschloß man sich kurzerhand eine neue Verordnung nach Art. 48 Abs. II. WRV, die der Staatsgerichtshof hinsichtlich ihrer Richtigkeit nicht nachprüfen konnte, zu erlassen. Die Notwendigkeit dieser Verordnung wurde damit begründet, daß Schwierigkeiten bei der Regelung der Kompetenzen und Fragen des inneren Dienstbetriebes zu einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führten. Der wichtigste Inhalt dieser Verordnung259 waren, daß die Kommissare von nun an unter dem Briefkopf „Der Preußische Minister für ...“ und unterzeichnet mit „Der Kommissar des Reiches“ firmierten. Das Recht Notverordnungen zu erlassen, welche landes- und reichsrechtliche Ermächtigungen der Landesregierung einräumten, sollte von nun an den Kommissaren zustehen. Das Begnadigungsrecht, welches ein beispielhaftes Hoheitsrecht war und der Regierung Braun offenkundig zustand, wurde ebenfalls den Kommissaren zugesprochen. Der Staatsregierung wurden verbindlich Räume im Wohlfahrtsministerium zugebilligt. Außerdem legte der „Erlaß“ fest, daß die Minister nur durch Vermittlung des zuständigen Staatssekretärs Beamte zum Vortrag beordern und Akten heranziehen konnten. In einem Begleitbrief260 Hindenburgs zur Verordnung, an Braun heißt es: „Das Interesse des Reiches und des Landes Preußen verlangt ... eine beschleunigte Bereinigung aller durch das Urteil des Staatsgerichtshofes entstandenen Schwierigkeiten.“ Es ist schon erstaunlich mit welcher Kaltschnäuzigkeit Tatsachen in ihrer Ursache und Wirkung gebogen und gedreht wurden. Auf einmal war nicht die Einsetzung des Reichskommissars in Preußen oder die fehlende Kompromißbereitschaft von Papens Schuld an den Reibungen im Staatsleben, sondern das Urteil des Staatsgerichtshofes.

Der Streit um die Kompetenzen entbehrte auch nicht einer traurigen Komik wie Braun schilderte.

Der Dichter Gerhart Hauptmann feierte am 15. November 1932 seinen 70. Geburtstag. Am Morgen überreichte im Namen der Preußischen Regierung Kultusminister Grimme dem Dichter, im Hotel Adlon die Goldene Staatsmedaille. Eigentlich, nur die Verleihungsurkunde, die Medaille verwahrte nämlich der Reichskommissar. Am Abend fand dann im Schauspielhaus am Gendarmenmarkt eine Festveranstaltung von Hauptmanns Stück: „Gabriel Schillings Flucht“ statt. Zu dieser hatten die Reichskommissare geladen. Im Anschluß an die Aufführung wurde Hauptmann ein zweites Mal geehrt, jetzt von Bracht und zwar mit Medaille und einer zweiten jetzt auch mit Staatssiegel versehenen Urkunde. Und damit die Satire nicht fehlte, schloß Bracht seine Verleihungsrede mit einem Zitat von Gerhart Hauptmann: „Der deutschen Zwietracht mitten ins Herz.“

Auch diese Begebenheit zeigt, wie kleinkriegerisch der Streit zwischen Reich und Preußen geworden war. Dennoch blieben der preußischen Staatsregierung nun kaum noch andere Alternativen als alle Erniedrigung zu erdulden. Hätte man auf die Schikanen der Reichsregierung mit einem resoluten Kontra geantwortet oder die Beherrschung verloren, wäre das von Papen wahrscheinlich nur Recht gewesen. Hatte der Staatsgerichtshof in seinem Urteil doch einen klaren Weg für die Reichsregierung aufgezeigt, in dem er verkündete: „Sollte die Landesregierung in den ihr verbleibenden Bereichen die Geschäfte in einer Art führen , in der eine Pflichtverletzung gegenüber dem Reich zu erblicken wäre“, dann könnten auf Grund von Art. 48 Abs. I. WRV „weitergehende Eingriffe in die Rechte des Landes“261 vorgenommen werden, als Abs. II. dies erlaube.

Unverständlich und unentschlossen erscheint nur, daß die preußische Staatsregierung nach der Verordnung vom 18. November nicht erneut den Staatsgerichtshof angerufen hat. Zwar wäre dieser Prozeß wahrscheinlich unpopulär gewesen, aber ein Verzicht kam einer Kapitulation der rechtsstaatlichen Demokraten vor der „autoritären Rechten“ gleich.

B. 4. 2. Die anderen Länder und der Reichsrat nach dem Urteil des StGH vom 25. Oktober 1932

Vor dem Staatsgerichtshof waren Bayern und Baden nur als Kläger zugelassen worden, soweit sich ihre Klage auf die Instruktion der preußischen Stimmen im Reichsrat bezog.262 In diesem Punkt hatten sie jedoch vollkommen Recht bekommen.263 Die Frage nach der Zulässigkeit der Amtsenthebung von Landesministern, welche Bayern prinzipiell beantwortet wissen wollte, war zumindest im konkreten Fall Preußen in ihrem Sinne entschieden worden. Der bayerische Ministerpräsident Held sah deshalb in dem Urteil „die glänzende Rechtfertigung des bayerischen Standpunktes und eine Niederlage der Reichsregierung.“264 Außerdem sahen die süddeutschen Länder nun der weiteren Entwicklung eher gelassen oder zurückhaltend entgegen. Hatten sich Bayern und Baden doch in den August und Septemberwochen von der Reichsregierung die Zusicherung geholt, daß man sich vor weitergehenden, nicht provisorischen Reichsreformbestrebungen mit den süddeutschen Ländern verständigen werde. Wie verbindlich solche Zusicherungen des Reichskanzlers waren, mußte die bayerische Landesregierung schon sehr bald merken. Am 28. Oktober erhielt man in München eine Mitteilung aus der Berliner Gesandtschaft, in der die Absicht der Reichsregierung weitere personelle Unionen zwischen Reichskommissaren und Reichsministern herzustellen, mitgeteilt wurde. Ministerpräsident Held begriff sofort, daß es sich nicht um eine nur vorübergehende Maßnahme handeln würde, sondern um den Anfang auf dem Wege zur Reichsreform.

Noch vor dem Gespräch zwischen Braun, Hindenburg und von Papen übermittelte Bayern dem Reichspräsidenten eine Protestnote, von der auch der Reichskanzler erfuhr.265 Man beschwerte sich, daß die Reform ohne die zugesicherte Einschaltung der Länder begonnen werde.266 Bayern appellierte an den Reichspräsidenten nichts zu entscheiden, „bevor nicht mit den übrigen Ländern verhandelt“ worden sei.267 Hindenburg ließ antworten, daß die Protestnote von falschen Voraussetzungen ausgehe und die Maßnahmen sich voll innerhalb der Befugnisse des Reichskommissars befinden. Ob dieser Schritt des Reichskanzlers verfassungsgemäß war oder nicht, mag dahingestellt bleiben. Fakt ist, daß Bayern bereits den „Großpreußischen Einheitsstaat“268 herannahen sah. Nun begannen die Länder, vorn an die süddeutschen, mobil zu machen. Am 01.11.1932 erklärte Held öffentlich in Stuttgart, „daß ... die Bestellung und Tätigkeit des Rechskommissares in Preußen ... das Ende des Rechtsstaates bedeute.“ Er „habe den Glauben an das Kabinett Papen verloren. Wenn (er) (seine) Pflicht als bayerischer Ministerpräsident erfüllen wolle, sei er gezwungen, öffentlich gegen Papen aufzutreten und zum Kampf gegen seine Maßnahmen aufzufordern.“269

Am 10. November fand die erste Vollsitzung des Reichsrates seit über drei Monaten statt. Eingangs verlas Brecht eine Erklärung der Preußischen Staatsregierung zur Lage und den Schwierigkeiten und forderte die Reichsregierung nochmals zur loyalen Ausführung des Urteils des StGH auf. Reichsinnenminister von Gayl antwortete, dieser Streit sei allein Sache der Beteiligten und gehöre nicht vor den Reic hsrat.

Wohin gehörte er denn sonst, wenn schon nicht vor Gericht. War doch der Kommissar ein Reichsorgan, welches die Befugnisse einer Landesregierung wahrnahm. An Brechts Mahnung zu loyaler Zusammenarbeit schlossen sich nun unisono die anderen Ländervertreter an. Am Tag darauf wurde in der Reichskanzlei die Reichspolitik zwischen dem Kanzler und den Ministerpräsidenten von Bayern, Baden, Sachsen und Württemberg diskutiert. Staatspräsident Bolz (Württemberg) sprach dem Reichskabinett sein Mißtrauen aus.270 Es lasse sich nicht überblicken, wie man die Reichsreform durchführen wolle. Der Kanzler entgegnete trocken, daß die Reichsregierung legal vorgehen wolle, wenn dieses nicht gelänge, müßte man allerdings überlegen, welche Mittel es noch gäbe. Er fuhr fort, die Geschichte lehre, daß alle Reformen gerade in Krisenzeiten durchgeführt werden müßten und fast niemals auf ordnungsgemäßem Wege zu verwirklichen seien.

Mit dieser Äußerung hatte von Papen verdeutlicht, daß die Reichsverfassung und auch der Urteilsspruch des StGH für ihn keine unüberwindlichen Hindernisse darstellten. Trotz dieser Deutlichkeit von Papens versagte der Reichsrat erneut. Er beschloß zwar am 18.11.1932 zwei Anträge Bayerns, erstens, auf Aufhebung der Verwaltungsreformmaßnahmen vom 29./30. Oktober 1932 (54 JA-7 Nein-5 Enthaltungen) und zweitens, auf Beratung aller Reformpläne mit den Länderregierungen vor ihrer Verabschiedung (einstimmig), schützte jedoch aktiv weder Preußen, noch die Verfassung.

Die Resignation, mehr aber der Egoismus der süddeutschen Länder hinderte das Gremium, sich konsequent an die Seite des Preußischen Staatsministeriums zu stellen. Aber selbst die preußische Staatsregierung machte eine traurige Figur. Anstatt den Reichsrat politisch zu aktivieren und als Forum gegen die Methoden der Reichsregierung zu benutzen, verfiel man in Hilflosigkeit, ja beinahe Argonie.

Natürlich, liegt manches Verhalten wohl auch darin begründet, daß alle Länder einer Reichsreform grundsätzlich positiv gegenüber standen, aber dennoch hätte es eine gemeinsame Front für die Länder (voran die süddeutschen) und Preußen geben müssen. An dem von der Verfassung dafür vorgesehenem Ort, dem Reichsrat, hatte man es versäumt gegen Papens, in Preußen illegal betriebene Reichsreform vorzugehen. So verlor der deutsche Förderalismus der Weimarer Republik Anfang November 1932 den Kampf, welchen von Papen, von Gayl und von Schleicher am 20. Juli 1932 begonnen hatten.

B. 4. 3. Weitere Reichsreformbestrebungen von Papens nach den Urteil des StGH

Welches wären die auf dem verfassungsmäßigen Boden zu gehenden Wege für eine Reichsreform gewesen:

1. Verfassungsänderung mit einer Zweidrittelmehrheit im Reichstag und Reichsrat.

Diese Möglichkeit schloß man ja bereits 1930 aus. Jetzt stand man ohnehin einem Reichstag gegenüber, in dem eine Zweidrittelmehrheit nahezu unmöglich war.

Mit der Reichstagswahl am 6. November:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

verfügten NSDAP und KPD gemeinsam über mehr als die Hälfte der Sitze. SPD und KPD verfügten gemeinsam auch über ein gutes Drittel aller Mandate. Im Reichstag war eine Verfassungsänderung nicht in Sicht. Im Reichsrat hatte man die preußischen Stimmen durch das Urteil des StGH gerade an die Staatsregierung verloren, darüber hinaus gab es mit den süddeutschen Ländern jetzt Unwägbarkeiten, so daß auch hier eine Mehrheit ohne weitere Verhandlungen kaum möglich schien.

2.) blieb die Möglichkeit eines „Volksentscheides“ nach Art. 76 Abs. 1 WRV. Zunächst, wäre zudem ein Volksbegehren auf Durchführung eines Volksentscheides notwendig gewesen. Bei einem Volksentscheid hätte dann die Mehrheit der Stimmberechtigten mit „JA“ stimmen müssen. (Art. 73 Abs. 3 und 76 Abs. 1 S. 4 WRV) Dieses war erstens ein langwieriges Unternehmen und zweitens waren für einen Erfolg die Aussichten sehr ungewiß und eher gering. So auch die Einschätzung von Reichsjustizminister Gürtner.

Ein verfassungsmäßiger Weg stand der Reichsregierung nicht offen, was blieb, war der „offene Verfassungsbruch“.

Das Papen entschlossen war einen solchen Weg einzuschlagen liegt nahe. Bereits mit der Auflösung des alten Reichstages am 12. September 1932 hatte er sich Gedanken gemacht, mit welcher verfassungsrechtlichen Begründung der Termin für die Neuwahlen über die in der Verfassung verankerte Zweimonatsfrist hinaus geschoben werden konnte. Bereits am 13. September beriet Major Ott, Leiter der politischen Abteilung im Reichswehrministerium mit den Staatsrechtsprofessoren Schmitt, Jacobi und Bilfinger diese Frage.271 Die drei Professoren fanden auch eine Begründung:272 „Wenn die Verschiebung der Neuwahl gestützt wird auf den Verfassungseid ´Schaden vom Volke abzuwenden´ und begründet wird mit der schweren Notlage des deutschen Volkes, das unbedingt Ruhe braucht, so entsteht echtes Staatsnotrecht.“ Mit diesem Argument plädierten von Schleicher und von Gayl auf der Kabinettssitzung am nächsten Tag, für eine Verschiebung der Wahl auf unbegrenzte Zeit. Gayl erklärte, das gesamte Volkswohl stehe höher, als die formale Einhaltung der Verfassung.273 Die Mehrheit des Kabinetts war jedoch der Ansicht, daß die Zeit für die Umgehung der Verfassung noch nicht reif war, zumal die Pläne für die Reichsreform erst in den Anfangsvorbereitungen steckte. Dennoch machte Papen deutlich, daß er auf die außerverfassungsmäßige Reichsreform nicht verzichten werde. Sie sei nur verschoben.

Die Abschaffung des parlamentarischen Prinzips und des „Systems der Parteienherrschaft“274 könne nur durch ein „Abweichen von der Verfassung“275 beseitigt werden. Es zeigt sich, daß Papens Plan einer Verfassungsreform auf einen Verfassungsbruch aufbaute, denn in der Weimarer Reichsverfassung und nach den demokratisch, rechtsstaatlichen Grundsätzen gab es über das verfassungsmäßige Notrecht276 hinaus, kein übergesetzliches Staatsnotrecht.

Auch nach der Reichstagswahl im November hatte sich an der hoffnungslosen Minderheitsposition von Papens nichts geändert. Die DNVP und die DVP konnten zwar einige Mandate hinzugewinnen, aber die Fronten zwischen den Parteien insgesamt blieben starr. Das Berliner Tageblatt277 beschreibt die ausweglose Lage einen Tag nach der Wahl zutreffend: „Es gibt keinen eigentlichen Sieger des Wahlkampfes, aber es gibt wenigstens zwei besiegte: Hitler und Papen.“ Während der Sondierungsgespräche von Papens für eine neue Regierungsbildung zeigte sich, daß nur DNVP und DVP hinter dem Kanzler standen. Die SPD lehnte eine Einladung zu den Gesprächen sogar ab. Von Papens Reichseingriff am 20. Juli hatte das Tischtuch zwischen SPD und dem Kanzler wohl für immer zerschnitten. Papen war isoliert. Am 17. November trat die Reichsregierung „von Papen“ zurück, um dem Reichspräsidenten weitere Gespräche mit den Parteien über die Unterstützung des einen oder anderen Präsidialkabinettes zu erleichtern. Hindenburgs Absicht war es ein von der NSDAP gedecktes Präsidialkabinett „von Papen“ zu berufen. Es lud deshalb Hitler für den 19. November 1932 um 11.30 Uhr ein. Es folgte ein einstündiges Vier-Augengespräch von dem es keine Aufzeichnungen gibt. Am 21. November 1932 fand um 10.30 Uhr ein zweites Gespräch statt. Dieses dauerte nur zwanzig Minuten. Hindenburg erläuterte seinen kurzbefristeten Auftrag an Hitler zur Bildung einer parlamentarischen Mehrheitsregierung.278 Beide tauschten vorformulierte Erklärungen mit den Vorstellungen für eine eventuelle Regierungsbildung aus. Letztlich scheiterten alle Bemühungen, da Hitler seine Position „Alles oder Nichts“ vom 13. August 1932 aufrecht erhielt und auf den Posten des Reichskanzlers bestand. Für Hindenburg war die Situation ziemlich enttäuschend. Er konnte trotz der negativen Einstellung weitester Kreise gegenüber einer Hitlerregierung, zu keiner anderen positiven Lösung kommen. Ihm wäre ein Kanzler von Papen am angenehmsten gewesen. „Ich komme in eine immer schwierigere Lage. Man will mir den Mann meines Vertrauens279 wegnehmen und mir einen Kanzler aufzwingen.“280 Obwohl der Reichspräsident bereit war von Papen erneut zu berufen und ihm für den Konflikt mit dem Reichstag, alle präsidialen Rechte verleihen wollte, ja sogar mit der verfassungswidrigen Hinausschiebung der Neuwahl unter Berufung auf einen „Staatsnotstand“281 einverstanden war, mußte von Papen am 2. Dezember sein Amt niederlegen. Die Minister im Kabinett lehnten von Papen unter diesen Bedingungen als Kanzler ab. Treibende Kraft war dabei Kurt von Schleicher, der nicht bereit war, für von Papen das Risiko eines Ausnahmezustandes im Reich, einzugehen. Hindenburg trennte sich schweren Herzens von Papen und berief am nächsten Tag Kurt von Schleicher zum Reichskanzler.

B. 4. 4. Der Dualismus Reich-Preußen und das Präsidialkabinett „von Schleicher“

Das Präsidialkabinett „von Schleicher“ unterschied sich kaum von dem vorherigen. Nur der Reichsinnenminister von Gayl wurde durch den Reichskommissar in Preußen Dr. Bracht abgelöst. Was die Fortführung der Reichsreformbemühungen betrifft, so hatte Schleicher schon wenige Tage nach der Reichstagswahl in der Ministerbesprechung vom 09. November 1932 dafür plädiert, diese „bei der außerordentlich gespannten Situation zurücktreten zu lassen.“282 An dieser Auffassung hielt er auch als Kanzler fest. Schleicher wollte den Dualismus Reich- Preußen natürlich ebenfalls ein für allemal beseitigt sehen. Er war aber der Meinung so etwas könne auch „de facto und nicht de iure“283 erledigt werden. So ist auch die Ernennung Brachts284 zum Reichsminister für das Innere zu werten. Damit sollte an dem augenblicklichen Zustand nicht gerüttelt werden und gleichzeitig zu einer weiteren Stärkung des Reiches beitragen. Darüber hinaus war es Schleichers Ziel in dem Konflikt Reich-Preußen getreu seinem „Zähmungskonzept“ auch die NSDAP zu binden. Doch bereits am Tag vor Schleichers Ernennung zum Reichskanzler, hatte Hitler das Angebot der Vizekanzlerschaft abgelehnt und erklärt, er werde ein Kabinett Schleicher nicht unterstützen. Der Reichskanzler versuchte nun in der NSDAP Strasser, zu dem er schon seit einiger Zeit gute Verbindungen hatte, für seine Pläne zu gewinnen. Durch Heranziehung des „Strasser-Flügels“ in der NSDAP wollte er auch den Dualismus Reich-Preußen de facto beenden. Strasser sollte Vizekanzler des Reiches und Ministerpräsident in Preußen werden, gleichzeitig wollte man den Reichskommissar aus Preußen zurückziehen.285 Diese Idee konnte jedoch nicht von Erfolg gekrönt sein, da die NSDAP in Preußen in den angelaufenen Koalitionsverhandlungen mit der Zentrumspartei, Göring als Ministerpräsidenten und Innenminister präsentiert hatte. Im innerparteilichen Kräfteverhältnis konnte sich Strasser auf der einen Seite, nicht gegen Hitler, Göring und Goebbels auf der anderen Seite durchsetzen.286 Göring wiederum war für Schleicher nicht akzeptabel, denn dieser sah in Preußen die Bühne zum offenen Kampf gegen die Reichsregierung. Auch die von Schleicher gewünschte Personalunion zwischen Ministerpräsident und Vizekanzler lehnte Göring ab.287 Außerdem beendeten die inzwischen in eine Sackgasse gelangten Koalitionsverhandlungen NSDAP/Zentrum diesen Gedanken.

Während dessen ging der Kompetenzstreit zwischen der Regierung Braun und dem Kabinett der Reichskommissare weiter, wenn auch zunächst in zivileren Formen. Am 8. Dezember 1932 fand auf Wunsch von Otto Braun ein erstes Gespräch mit dem neuen Reichskanzler statt. Diese Unterredung blieb in weiten Bereichen ohne Klärung,288 da Schleicher immer noch auf die Wahl Strassers zum Ministerpräsidenten von Preußen hoffte. Eine solche Wendung wäre inzwischen zumindest mental auch der Regierung Braun entgegen gekommen, denn das „Schattendasein als geschäftsführender Ministerpräsident ohne politischen Einfluß und fast ohne Amtsbefugnisse war geradezu unerträglich.“289 Am 16. Dezember ging der Preußische Landtag in die Weihnachtsferien ohne eine neue Regierung gewählt zu haben.

Am 20. Dezember teilte der preußische Ministerpräsident Braun in einem Schreiben an den Reichskanzler290 nocheinmal die Forderungen der Preußischen Staatsregierung mit, welche sich aus der Umsetzung des Staatsgerichtsurteiles ergaben. Schleicher bedauerte in seinem Antwortschreiben vom 23. Dezember291, daß Braun „diesen nutzlosen Schriftwechsel und Federkrieg“ wieder aufgenommen habe. Gleichzeitig eröffnete er jedoch die Möglichkeit eines Treffens im Januar, in welchem alle Punkte nochmals besprochen werden könnten. Dennoch lehnte er die meisten Ansprüche zunächst grundsätzlich ab.

Ein umstrittener Fall war weiterhin die Ausübung des Begnadigungsrechtes.

Da jedoch auch die Kommissarsregierung sich scheute, dieses Recht auszuüben, kam es, daß Ende des Jahres 1932 ca. 20 zum Tode Verurteilte auf eine Gnadenentschließung warteten. Um diesen unhaltbaren Zustand zu beenden, beschloß das Kabinett der Reichskommissare am 13. Dezember vor dem StGH in Leipzig zu klagen, um die Zuständigkeit für die Ausübung des Begnadigungsrechtes prüfen zu lassen. Es wurden noch mehrere Klageschriften vorbereitet, jedoch kam es nicht mehr zur Klageerhebung, da der Reichskanzler von Schleicher am 28. Januar 1933 zurücktrat und kurze Zeit später nach dem „zweiten Preußenstaatsstreich“ auch die Regierung Braun nicht mehr existierte.

Ein neues Kompetenzproblem tauchte mit der Verabschiedung des preußischen Haushaltsplanes für das Jahr 1933 auf. Mit Schreiben vom 17. Dezember 1932292 ersuchten Braun und der preußische Finanzminister Klepper den Staatssekretär im preußischen Finanzministerium, die Vorbereitung des Haushaltsplanes „technisch einzuleiten und dem Finanzminister alsbald über das Geschehene und die Grundlagen des Haushaltsplanes Vortrag zu halten und seine Weisungen entgegen zu nehmen.“293 Der Finanzminister war der Auffassung er könne einen Haushaltsplan dem Landtag nur vorstellen und verantworten, wenn er an der Ausarbeitung beteiligt war. An dieser Stelle zeigt sich wieder deutlich der neuralgische Punkt des Staatsgerichtshofurteiles. Hoheitsrechte und Exekutivbefugnisse, Vertretung und Verwaltung eines Landes sind eben nur zwei Seiten der selben Medaille. Die ständige Praxis zeigt, daß diese Befugnisse sich zwar begrifflich trennen lassen, aber in der Realität nur schwerlich teilbar sind. Die strikte Trennung, welche der Staatsgerichtshof vornahm, war ein entscheidender Mangel des Urteils, Ursache der Querelen zwischen dem Preußischen Staatsministerium und dem Kabinett der Reichskommissare.

Den damaligen Umständen geschuldet, muß man von Schleicher rechtgeben, als er diesbezüglich Braun antwortet: „Die Vorbereitung und Aufstellung des Haushaltsplanes kann nur von dem vorgenommen werden, der die laufenden Geschäfte des preußischen Finanzministeriums führt.“294 Die Konsequenz wäre gewesen, daß der Finanzminister Preußens lediglich als Bote des Reichskommissars vor dem Landtag tätig wird, welch` ein Possenspiel. Dieser Konflikt wurde jedoch wegen des Rücktritts Schleichers und der Absetzung der Regierung Braun nicht mehr bis zu Ende ausgetragen.

In einer anderen Formfrage, nämlich der Gesetzesverkündung erzielte man eine Einigung deren Ergebnis aus staatsrechtlicher Sicht ziemlich kurios anmutet. Es ging um die Verkündung des „Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Aufwertung von Erbpachtzinsen“ vom 25. Januar 1933. Ergebnis der Einigung war, daß dieses Initiativgesetz des Landtages, von Ministerpräsident Braun und Justizminister Schmidt verkündet und die Verkündung von den Reichskommissaren Bracht und Hölscher bestätigt wurde.

Aber zurück zu den Klärungsgesprächen zwischen Braun und von Schleicher. Am 6. Januar 1933 trafen sich der preußische Ministerpräsident und der Reichskanzler erneut. Man kam überein, eine Verständigung über alle Probleme zu suchen und vereinbarte ein erneutes Treffen im Januar. Braun kam Schleicher sehr entgegen. Er erkannte, daß von beiden Seiten endlich politisch gehandelt werden mußte, wenn man einer nationalsozialistischen Katastrophe noch begegnen wollte. Als von Schleicher resigniert feststellte, mit dem neu gewählten Reichstag könne man nicht arbeiten, sprang Ministerpräsident Braun über seinen Schatten und machte dem Reichskanzler einen Vorschlag, der Reich und Preußen in einer Offensive, auch unter Bruch der Verfassung, gegen Hitler zusammenfassen wollte. „Heben Sie die Verordnung über den Reichskommissar in Preußen auf. Ich will dann ohne Rücksicht auf meine Gesundheit die Führung der Staatsgeschäfte wieder fest in die Hand nehmen. Sie lösen den Reichstag auf, ich führe die Auflösung des Landtages herbei. Wir schieben die Wahlen bis weit in das Frühjahr hinaus, regieren inzwischen mit Verordnungen und führen einen einheitlichen nachdrücklichen Kampf gegen die Nationalsozialisten.“295 Schleicher, der noch immer auf den in der NSDAP gemäßigteren Strasser hoffte, schlug Brauns Angebot aus. Wohl auch, weil er sich nicht in eine zu starke Abhängigkeit zu Braun begeben wollte.

Dieses Angebot Brauns war die einzige handfeste Hilfestellung während seiner gesamten Kanzlerschaft.296 Am 28. Januar 1933 ist von Schleicher das letzte Mal beim Reichspräsidenten, nachdem dieser ihn bereits zwei Tage zuvor die Vollmachten zur Auflösung des Reichstages versagt hatte. Schleicher reicht sein Rücktrittsgesuch ein und weist den alten und nun schon senilen Hindenburg nochmals, auf die beiden Entscheidungsmöglichkeiten des Reichspräsidenten hin. Entweder Vollmachten für das jetzige Präsidialkabinett oder eine Reichsregierung unter Hitler. Hindenburg entscheidet abermals gegen von Schleicher und entläßt diesen mit den Worten: „Mein lieber Schleicher, ob das, was ich jetzt tue, richtig ist, weiß ich nicht. Ich werde es aber genau wissen, wenn ich da oben bin!“297

C. Der „zweite Preußenstaatsstreich“ und das Ende der „Regierung Braun“

C. 1. Das Präsidialkabinett Hitler und die Vorbereitung des „Zweiten Preußenstaatsstreiches“

Schon Wochen vor dem Rücktritt von Schleicher hatte von Papen eine emsige Vermittlertätigkeit zwischen Hugenbergs DNVP, dem Stahlhelm und der NSDAP begonnen. Am Ende dieser Vermittlungen stand das Kabinett „Hitler“:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Jetzt konnte Papen sein come back in die Reichsregierung und als Kommissar von Preußen feiern. Hitler hatte bis zum Schluß darauf gedrungen, daß er als Reichskanzler auch den Posten des Reichskommissars für Preußen erhalte. Hindenburg lehnte jedoch ab. Als Ersatz sprach man den Nationalsozialisten das Innenministerium zu. Göring wurde als Kommissar des Reiches für das preußische Innenministerium berufen. Er bekam nun die preußische Polizei in die Hände. Das, womit Papen am 20. Juli seinen Eingriff in Preußen rechtfertigte, nämlich die preußische Polizei nicht in die Hände der Nationalsozialisten geben zu wollen, wurde nun konterkariert.298 Bereits am 31. Januar begann die Regierung Hitler in ihrer zweiten Sitzung, den Fall Preußen zu beratschlagen. Reichswirtschaftsminister Hugenberg bemerkte: „(Es) (ist) dringend geboten ..., möglichst bald ... die sogenannte Hoheitsregierung Braun abzusetzen.“299 Die einhellige Meinung der Minister bestand darin, die bedauerliche Folge des Urteils des StGH, welches der Regierung Braun wieder in ihre Ämter verholfen hatte, ein für alle mal zu beseitigen. Die preußische Staatsregierung war aber nicht das einzige Hindernis. Auch im preußischen Landtag verfügten die Nationalsozialisten nicht über die absolute Mehrheit. Doch wie sollte man den Landtag auflösen? Staatssekretär Meissner dachte an den bewährten Art. 48 Abs. 2 WRV300. Das hieß für Meissner sich auf die Notwendigkeit einer einheitlichen Staatsführung im Reich und in Preußen zu stützen. Man beriefe sich einfach auf das Urteil des StGH.

Meissners Plan wirft einige Probleme auf. Zum einen war die Gefährdung der Sicherheit und Ordnung für eine vorübergehende Vereinheitlichung von Reich und Preußen notwendig. Zum anderen verkannte Meissner, daß die Richter ausdrücklich bemerkten, daß Art. 17 WRV diktaturfest war. Diese Vorschrift garantierte nicht nur eine eigene Volksvertretung und eine aus ihr hervorgehende Regierung, sondern schützte auch das Recht des Landtages über Zusammentritt und Auflösung selbst zu bestimmen. Ausnahmsweise, konnte dieses nach der Preußischen Verfassung auch durch das „Dreimännerkollegium“(Staatsratspräsident301, Ministerpräsident302 und Landtagspräsident303 ) mit einem Mehrheitsbeschluß geschehen. Meissners Vorschlag hingegen war verfassungswidrig. Man einigte sich also zunächst auf eine freiwillige Auflösung des preußischen Landtages hinzuarbeiten.

Bereits am nächsten Tag brachte die Fraktion der preußischen NSDAP einen Auflösungsantrag ein. Er wurde für den 4. Februar auf die Tagesordnung gesetzt. Die preußischen Landtagsfraktionen lehnten ihn jedoch mit den Stimmen der Sozialdemokraten, des Zentrums, der Dt. Staatspartei und der Kommunisten gegen die Stimmen der Rechten mit 214./.196 Stimmen ab.

Auf der Ministerbesprechung am 3. Februar setzte man die Debatte über das weitere Vorgehen in Preußen fort. Liest man das Protokoll dieser Besprechung304, ist man erschrocken über den Ton und die Unverschämtheit mit der man an die Beseitigung der preußischen Regierung und die Auflösung des Landtages ging. Die Ministerberatung skizziert wie weit die Mißachtung der Verfassung, die Beugung geltenden Rechts gediegen war. Von Papen wiederholte seinen bereits vor drei Tagen gemachten Vorschlag, Hindenburg solle sich zum Preußischen Staatspräsidenten machen. Nachdem dies eher mit Zurückhaltung und einer Kritik Meissners bedacht wurde, eröffnete von Papen einen Alternativplan. Dieser beinhaltete ein Reichsvorgehen nach Art. 48 Abs. 2 WRV. Um bei einem eventuellen Rechtsstreit zu bestehen, ergänzte der Plan, die Gründung eines „Sondergerichtshofes“, bestehend aus einem Vorsitzenden und drei von Reichsrat und drei vom Reichspräsidenten zu ernennenden Richtern. Dieser Gerichtshof werde schon im Reichssinne nach den Notwendigkeiten entscheiden. Der neu berufene Staatssekretär in der Reichskanzlei Lammers variierte Papens Vorschlag. Man besetzt einfach den Staatsgerichtshof so um, daß die richtigen Richter entscheiden. Das ganze wird durch eine Notverordnung des Reichspräsidenten, welche das „Gesetz über den Staatsgerichtshof“ ändere, begründet.

Das Kabinett, welches beide Vorschläge für gangbar hielt, regte an, daß Hitler, Lammers und Gürtner diese Frage mit Hindenburg klären. Zunächst sollte jedoch eine interne Abklärung erfolgen. Am nächsten Tag trafen sich Hitler, von Papen, Frick, Gürtner und Lammers zu einer Chefbesprechung.305 Gürtner sprach sich gegen einen Sondergerichtshof aus. Als Alternative schlug er vor, Ministerpräsident Braun die Frage zu stellen, ob er die mit den Kommissaren streitigen Befugnisse als ihnen zustehend, anerkenne. Verneine er, läge eine Pflichtverletzung vor, die eine Reichsexekution nach Art. 48 Abs. 1 WRV ermögliche. Hitler wollte sich jedoch nicht auf die Gefahr einer Diskussion über eine begangene Pflichtverletzung einlassen. Besser erschien ihm der Vorschlag von Ministerialdirektor Nobis auf das „Staatswohl“ abzustellen und dabei die unmögliche Situation, welche die Existenz zweier Regierungen für die preußischen Beamten brächte. Zur weiteren Absicherung des Planes lud man sich für den darauf folgenden Sonntag306 den höchsten Richter der Republik, Reichsgerichtspräsident Bumke ein. Inzwischen, war wie bereits berichtet, der Auflösungsantrag der NSDAP im Preußischen Landtag gescheitert. Da man bei den Nationalsozialisten damit gerechnet hatte, berief der Landtagspräsident Kerrl für den selben Tag das „Dreimännerkollegium“ ein. Dort beantragte Kerrl, durch Beschluß die Auflösung des Landtages herbeizuführen. Gegen Kerrls Stimme lehnten Braun und Adenauer die Auflösung des Landtages ab.307

Bei dem am Sonntag stattfindenden Treffen zwischen Hitler, Frick, Gürtner, Lammers und Bumke wurde wohl die endgültige Idee für den erneuten Reichseingriff in Preußen geboren, mit der man die Absetzung der Regierung Braun und die Auflösung des Landtages kombinieren konnte, ohne das Autonomierecht des Landtages zu verletzen. Zunächst mußte man Braun beseitigen und dann konnte von Papen als Reichskommissar im Besitz der Befugnisse des Ministerpräsidenten im „Dreimännerkollegium“ gemeinsam mit Kerrl gegen Adenauer die Auflösung des Landtages beschließen. So sollte es auch geschehen.

C. 2. Der „zweite Preußenstaatsstreich“ am 6. Februar 1933

Reichsinnenminister Frick und Reichskanzler Hitler verreisten am 6. Februar um sich vor der Öffentlichkeit einer direkten Verantwortung für den erneuten Reichseingriff in Preußen zu entziehen. Am Mittag begab sich von Papen zu Hindenburg und ließ die von ihm gegengezeichnete „Verordnung zur Herstellung geordneter Regierungsverhältnisse in Preußen“308 unterschreiben. Auf Grund des Art. 48 Abs. 1 WRV und mit der Begründung, daß durch das Verhalten des Landes Preußen gegenüber dem Urteil des Staatsgerichtshofes eine Verwirrung im Staatsleben eingetreten sei, die das Staatswohl gefährde, wurden dem Reichskommissar bis auf weiteres alle Befugnisse übertragen, die nach dem Urteil des StGH noch den preußischen Ministern zustanden.

Formelle Einwände gegen diese Notverordnung bestanden wohl kaum, hatte doch der Staatsgerichtshof in seiner Urteilsbegründung vom 25. Oktober den Erlaß einer solchen Not-VO, im Falle einer Rechsexekution für möglicherweise zulässig gehalten. Bei materieller Prüfung kommt man jedoch schnell zu dem Ergebnis, daß die zur Begründung angeführten Vorwürfe, eher für die Verfassungswidrigkeit der Verordnung sprachen.309

Das Preußische Staatsministerium wurde durch von Papen schriftlich aufgefordert sich „fortan jeder Diensthandlung enthalten zu wollen“ und die Amtszimmer zu räumen.310 Noch am selben Nachmittag tagte das „Dreimännerkollegium“ erneut. Nun in seiner neuen Zusammensetzung. Länger als eine Stunde versuchten Kerrl und von Papen, Adenauer von seiner ablehnenden Haltung gegenüber der Landtagsauflösung abzubringen. Konrad Adenauer, der auf das tiefste erschüttert war, über die „unheilvoll katastrophalen Anschauungen ... in Bezug aus das, was Recht und Verfassung ist“311, weigerte sich mit abzustimmen und sprach von Papen das Recht ab, an Stelle von Braun aufzutreten.312 Kerrl und Papen nahmen die Erklärung zur Kenntnis und beschlossen die Auflösung des Landtages zum 4. März 1933. Am nächsten Tag wurde im ständigen Ausschuß des Landtages, die Neuwahl auf den 5. März, dem Tag der Reichstagswahl festgelegt. Dies geschah durch eine Abstimmung an der nur NSDAP und DNVP teilnahmen.

Die anderen Parteien beteiligten sich an dieser Abstimmung nicht mehr.313 Die Regierung Braun, welche von den Ereignissen hoffnungslos überrollt wurde, sah keine andere Möglichkeit, als wieder vor den Staatsgerichtshof zu ziehen. Am 7. Februar wurde Klage gegen die Verordnung von Papens eingereicht, am 8. Februar folgte eine zweite gegen die Auflösung des Landtages. Beide Klagen konnten nicht mehr als sichtbare Proteste sein.314

Den Klagen Preußens schloß sich diesmal kein einziges Land an. Selbstaufgebender Opportunismus und taktische Erwägungen bestimmte die vorsichtige Haltung der Länder. Wollte doch kein Land das Risiko eingehen, daß auch bei ihm ein Reichskommissar eingesetzt werde. Aber es war nur eine Frage der Zeit. In allen Ländern die nach dem 5. März keine nationalsozialistische Regierung hatten, wurden Reichskommissare eingesetzt. Als letztes Land folgte Bayern am 9. März 1933.

C. 3. Die letzten Tage der preußischen Regierung Otto Braun und das Ende der Weimarer Republik

Die Wahl des neuen preußischen Landtages am 5. März brachte folgendes Ergebnis:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In der ersten Sitzung des Landtages am 22. März, es sollte für die nächsten zwei Monate auch die letzte bleiben, billigte der Landtag die Absetzung der „Preußischen Hoheitsregierung“ und erklärte sich mit der Wahrnehmung der Geschäfte durch den Reichskommissar einverstanden. Am gleichen Tag trat das Preußische Staatsministerium Braun unter dem Vorsitz Hirtsiefers zu seiner letzten Sitzung zusammen. Braun hatte sich bereits unter dem Eindruck des Reichstagsbrandes und der damit verbundenen Vorgänge (Verhaftung von 4000 Funktionären der KPD) nach Ascona zurückgezogen und kehrte nicht wieder nach Deutschland zurück.315 Die Minister meinten, sie seien unter Berücksichtigung der Gesamtlage, durch den Landtagsbeschluß von ihrer Pflicht zur Geschäftsführung entbunden. Verfassungsrechtlich war diese Sicht der Dinge in keinster Weise begründet, denn nach Art. 59 Abs. 2. der Preußischen Verfassung bestand die Pflicht zur Geschäftsführung explizit bis zur Wahl eines neuen Ministerpräsidenten.

Am 25. März teilten die Minister von Papen mit, daß sie auch formell ihre Amtsgeschäfte niederlegen würden und baten, welche Ironie der Geschichte, den Reichskommissar und Vizekanzler, das „Einverständnis dieses Schrittes zu bestätigen“.

Das Preußische Staatsministerium Braun war zurückgetreten. Daher wurden die Klagen vor dem Staatsgerichtshof nicht weiter verfolgt und nie mehr behandelt. Dem StGH wurde damit eine Belastungsprobe erspart, die er ohne das Rechtsvertrauen auf die Verfassungsgerichtsbarkeit zu beschädigen, wohl nicht überstanden hätte. Die Nationalsozialisten hatten mit der neuen Preußenaktion ihre erste Aufgabe im Kampf um die gesamte Macht im Reich erstaunlich gemeistert.

Nachdem nun mit Göring ein Nationalsozialist das preußische Innenministerium besetzt hatte, begann der aktivste Kampf gegen die „Feinde des neuen Staates“. Die Polizei wurde gesäubert und aus den Reihen der SA und SS aufgefüllt. In der allgemeinen Verwaltung begann man die letzten demokratischen Beamten aus ihren Stellen zu fegen und zu ersetzen. Der Grundstein für das nationalsozialistische Regime in Deutschland wird in Preußen gelegt.

Ende Januar 1933 hatte von Papen noch geäußert: „In zwei Monaten haben wir den Hitler in die Ecke gedrückt, daß er quietscht.“ Hugenberg und er hatten sich jedoch getäuscht. Die Zähmung der „Nationalsozialistischen Bewegung“ war gescheitert. Am 7. April 1933 trat Papen als Reichskommissar für Preußen zurück. An diesem Tag wurde das „Zweite Gleichschaltungsgesetz“ erlassen und wandelte die provisorischen Reichskommissariate in den Ländern in das ständige Amt des „Reichsstatthalter“316 um. In Preußen ernannte sich Hitler selbst zum Reichsstatthalter. Am 11. April ernannte er Göring zum Ministerpräsidenten von Preußen. Der Reichskommissar in Preußen hatte am 20. Juli 1932 das eingeleitet, was im April 1933 mit dem Reichsstatthalter seinen Höhepunkt fand.

Jetzt herrschte endlich die gesamte deutsche Nation „durch den Führer ihrer Exekutive über Preußen“.

D. Schlußbemerkungen

Die Staatsstreiche gegen Preußen und letztlich der Untergang der Weimarer Republik stellen den Endpunkt der ständigen Friktionen zwischen Reich und Preußen dar. Neben den persönlichen und politischen Motivationen von Beteiligten, in der unmittelbaren Vorgeschichte der Preußenstaatsstreiche, liegen die Hauptursachen in der Weimarer Reichsverfassung und ihrem Wandel, selbst begründet.

Bei historischer Beleuchtung der Staatsstreiche gegen Preußen, werden die Konstruktionsfehler der Verfassung sichtbar.

So zeigt sich die Unfähigkeit der parlamentarischen Mehrheitsbildung in Reich und Preußen, als Folge des reinen Verhältniswahlrechtes.

So stand der permanente Dualismus Reich-Preußen, als Symbol für die ungelöste Frage der Reichsreform.

Führte der Dualismus zwischen Reichstag und Reichspräsident, also die Vermischung des parlamentarischen mit dem präsidialen System, zwangsläufig zu einem klaren Bruch der Gewaltentrennung. Die politische Macht verlagerte sich in der Weimarer Verfassungswirklichkeit, in den Zeiten der gesellschaftlichen Krise, vollständig auf den Reichspräsidenten. Die Aufhebung der Gewaltenteilung und die nicht gesicherte Stellung der politischen Parteien in der Verfassungskonstruktion, führten zu einer Verkümmerung des Parlamentarismus und öffnete dem autoritären Herrschaftssystem der Kabinette von Papen, von Schleicher Tür und Tor, an dessen Ende die totalitäre Herrschaft der Nationalsozialisten stand.

Nicht zuletzt ist der Erfolg der Preußenstaatsstreiche auch einer apathischen Preußischen Staatsregierung und einer unentschlossenen Sozialdemokratie geschuldet.

Der Dualismus zwischen Reich und Preußen war auf unheilvolle Weise, um den Preis der Demokratie -, Rechtsstaats- und Förderalismusprinzipien, den Grundlagen unserer heutigen Verfassungsordnung, beseitigt worden.

Ein zu hoher Preis. Er wurde mit dem Untergang der Weimarer Republik bezahlt.

Aber selbst eine perfekte Verfassung wird versagen, wenn große Teile der Gesellschaft die Prinzipien des Rechtsstaates und des Parlamentarismus, sowie den Geist der Toleranz nic ht verinnerlichen.

E. Anlagen zum Skript

Anlage 1:

"Verordnung des Reichspräsidenten, betreffend die Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Gebiet des Landes Preußen"317

(RGBl. 1932 I. S. 377)

"Auf Grund des Artikel 48 Abs. 1 und 2 der Reichsverfassung verordne ich zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Gebiet des Landes Preußen folgendes:

§ 1

Für die Geltungsdauer dieser Verordnung wird der Reichskanzler zum Reichskommissar für das Land Preußen bestellt. Er ist in dieser Eigenschaft ermächtigt, die Mitglieder des Preußischen Staatsministeriums ihres Amtes zu entheben. Er ist weiter ermächtigt, selbst die Dienstgeschäfte des Preußischen Ministerpräsidenten zu übernehmen und andere Personen als Kommissare des Reiches mit der Führung der Preußischen Ministerien zu betrauen. Dem Reichskanzler stehen alle Befugnisse des Preußischen Ministerpräsidenten, den von ihm mit der Führung der Preußischen Ministerien betrauten Personen innerhalb ihres Geschäftsbereiches alle Befugnisse der Preußischen Staatsminister zu. Der Reichskanzler und die von ihm mit der Führung der Preußischen Ministerien betrauten Personen üben die Befugnisse des Preußischen Staatsministeriums aus.

§ 2

Diese Verordnung tritt mit dem Tage ihrer Verkündigung in Kraft. Neudeck und Berlin, den 20. Juli 1932. Der Reichspräsident von Hindenburg Der Reichskanzler von Papen"

Anlage 2:

Niederschrift über die Ministerbesprechung am 11. Juli 1932 nachm(ittags)

4.30 Uhr in der Reichskanzlei

Maschinenschriftlich, genehmigter Entwurf: BA, R 43 I./1457/87 - 93; Abschrift: BA, R 43 I./2280/25 - 35.

Anwesend: die Reichsminister v. Papen (Kanzler), v. Neurath (Auswärtiges), v. Gayl (Inneres), Schwerin von Krosigk (Finanzen), Warmbold (Wirtschaft), Schäffer (Arbeit), Gürtner (Justiz), v.

Schleicher (Reichswehr), v. Eltz-Rübenach (Post und Verkehr), v. Braun

(Ernährung und Landwirtschaft); die Staatssekretäre Planck (in der

Reichskanzlei), Meißner (im Büro des

Ministerialdirektor v. Kaufmann-Asser Ministerialrat Wienstein (Protokollführer).

V(er)f(ügun)g

1. Herrn Staatssekretär geh(orsamst) vorgel(egt)
2. den Herren Referenten ergebenst
3. Herrn Min(isterial) Amtm(ann) Büsch ergebenst
4. Z.d.A.

Reichspräsidenten); (Reichspressechef),

Abgezeichnet am 6.8.(1932) von W(ienstein), genehmigt am 10.8. durch P(lanck)

Beratungsgegenstand: Innerpolitische Lage.

Der Reichskanzler betonte, daß die jetzige

innerpolitische Lage, vor allem die zunehmenden Terrorakte

politischer Parteien eine schwere Belastung für die

Reichsregierung darstellen.

Der Reichsminister des Innern gab eine eingehende Darstellung der innerpolitischen Lage. Er führte aus, daß in Süddeutschland eine gewisse Beruhigung eingetreten sei, nachdem zuerst die beiden Verordnungen des Reichspräsidenten gegen politische Ausschreitungen vom 14. und 28. Juni 1932318 große Erregung ausgelöst hatten. Die Verordnungen würden auch in Süddeutschland richtig angewendet.

In Preußen sei die Situation hinsichtlich der erwähnten Verordnungen von Anfang an gut gewesen. Die Besprechung einiger süddeutscher Staats- und Ministerpräsidenten mit Hirtsiefer habe zu keinen positiven Ergebnissen geführt, hauptsächlich wegen der besonnenen Haltung des Staatspräsidenten Bolz. Die Kommunistische Partei entfalte eine erhebliche Tätigkeit in Preußen. Die Abwehr in Preußen sei unzureichend. Wenn in Preußen eine starke319 Staatsgewalt vorhanden wäre, müsse die kommunistische Gefahr nicht zu so erheblicher Beunruhigung Veranlassung geben. In Wahrheit sei jedoch die Autorität der Regierung in Preußen stark erschüttert. Die Polizei erlebe, daß die nationalsozialistische Bewegung immer stärker anwachse, erhalte jedoch Befehl von Minister Severing zur Bekämpfung dieser Bewegung.

Der Preußische Landtag sei bis zum 24. August vertagt worden320. Der preußische Haushalt sei immer noch nicht in Ordnung321. Augenblickliche Schwierigkeiten würden durch einen Kredit der Reichsbank behoben.

Sehr zu verwerfen sei ein Aufsatz des Staatsministers Severing im "Vorwärts" am 9. Juli nach dem Wiedererscheinen dieser Zeitung322. Die politische Aufregung nach dem 31. Juli werde noch größer sein.

Nach sehr sorgfältiger Überlegung sei er zu dem Ergebnis gekommen, daß jetzt für die Reichsregierung der psychologische Moment zum Eingreifen gekommen sei. Er schlage vor, dem Herrn Reichspräsidenten eine Verordnung zur Vollziehung vorzulegen, durch die ein Reichskommissar für Preußen eingesetzt werde. Die polizeilichen Verhältnisse müßten durch Ersetzung der Polizeipräsidenten in Ordnung gebracht werden.

Als Reichskommissar schlage er den Reichskanzler vor, der seinerseits Unterkommissare einsetzen könne. Nach seiner Auffassung sei jetzt die historische Stunde gekommen, um die Beziehungen zwischen dem Reich und Preußen zu regeln. Eine Verwaltungsreform in Preußen werde notwendig sein. Sachsen und Süddeutschland müßten über die Absichten der Reichsregierung beruhigt werden. Der Reichskommissar in Preußen müsse bleiben, bis die Verwaltungsreform durchgeführt sei. Eine Klage der jetzigen Preußischen Staatsregierung vor dem Staatsgerichtshof halte er für möglich, aber aussichtslos. Strengste Geheimhaltung sei notwendig. Die Formulierung der Verordnung bitte er dem Reichsminister der Justiz und ihm zu überlassen. Vielleicht könnten die Reichsminister als Kommissare für die entsprechenden preußischen Ressorts bestellt werden. Politische Staatssekretäre und Ministerialdirektoren in Preußen müßten notfalls ersetzt werden.

Als Kommissar für das Preußische Ministerium des Innern schlage er den früheren Staatssekretär Dr. Peters323 vor. Die Polizei in Berlin könne man vielleicht dem Kommandanten von Berlin unterstellen.

Der Reichswehrminister stimmte den dargelegten Grundgedanken zu. Er betonte gleichfalls, daß die Autorität der Staatsregierung in Preußen erschüttert sei. Oberpräsident Noske324 habe ihm kürzlich erklärt, ohne Autorität der Staatsregierung könne er nichts ausrichten.

Was die Personalfrage anlange, so sei vielleicht die Mitteilung von Interesse, daß ein nationalsozialistischer Führer ihn dringend gebeten habe, keinen prominenten Nationalsozialisten als Kommissar325 in Preußen einzusetzen.

Eine Endlösung mit Bezug auf die Beseitigung des Dualismus Reich - Preußen halte er für notwendig.

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft führte aus, daß die allgemeine Lage rein wirtschaftlich kaum zu halten sei. Vielleicht könne man jetzt mit einem Arbeitsbeschaffungs-programm herauskommen. Vielleicht könne man auch den Versuch machen, auf die S.A. und S.S. Einfluß zu nehmen.

Der Reichswehrminister warnte dringend vor einem derartigen Versuch.

Der Reichskanzler führte aus, daß jetzt ein Entschluß gefaßt werden müsse. Die Polizeigewalt müsse eine feste Staatsführung spüren. Bisher seien alle Maßnahmen der Reichsregierung durch die Preußische Staatsregierung sabotiert worden. Vielleicht könne man den süddeutschen Ländern versichern, daß man den gesetzgebenden Körperschafen ein Gesetz unterbreiten wolle, wonach eine Beseitigung der eigenstaatlichen Rechte der Länder nur mit Zustimmung der Länder erfolgen könne.

Der Reichsminister der Justitz wies darauf hin, daß man die Einsetzung eines Reichskommissars vor allem für die Öffentlichkeit motivieren müsse. Ein Grund könne darin liegen, daß der Etat in Preußen nicht in Ordnung gebracht werde.

Der Reichsarbeitsminister führte aus, er sei über die jetzigen Absichten des Reichskabinetts bisher nicht unterrichtet gewesen. Er könne die Lage schwer beurteilen. Die Durchführung der ganzen Aktion stelle er sich nicht einfach vor. Er sprach im übrigen gegen Reservatrechte Süddeutschlands aus und betonte, daß es ihm schwer falle, jetzt schon der Einsetzung eines Reichskommissars in Preußen zuzustimmen. Der Reichsminister des Auswärtigen führte aus, daß die beabsichtigten Maßnahmen im Auslande Aufregung und Kritik verursachen würden. Das würde ihn aber nicht schrecken. Er halte es für richtig, mit den süddeutschen Ländern vorher über die Absichten der Reichsregierung zu sprechen.

Der Reichsverkehrsminister betonte, daß in Preußen Ordnung geschaffen werden müsse. Er habe von einer kürzlich stattgefundenen Besprechung von Sozialdemokraten und Kommunisten gehört mit dem Thema "Antifaschismus".

Der Reichswirtschaftsminister betonte die Notwendigkeit einer Reichsreform. Eine Verbindung des Reichskanzlers mit dem Reichskommissar für Preußen sei notwendig. Der Reichskommissar müsse als ein von den Parteien unabhängiger Beamter arbeiten. Natürlich sei eine Bewegung zu vermeiden, die den Bestand des Reichs erschüttere.

Staatssekretär Dr. Meißner betonte die Wichtigkeit der Begründung der zu erlassenden Verordnung. Er teilte mit, daß

Ministerialdirektor Dr. Brecht kürzlich die Auffassung vertreten habe, die Preußische Staatsregierung könne nichts für die bestehenden Schwierigkeiten, der Landtag habe versagt. In Wirklichkeit habe jedoch die Preußische Staatsregierung versagt.

Der Reichskanzler faßte das Ergebnis der Besprechung folgendermaßen zusammen:

Das Reichskabinett ist sich einig über die Einsetzung eines Reichskommissars in Preußen. Die Begründung und Formulierung der zu erlassenden Verordnung wird dem Reichsminister des Innern und dem Reichsminister der Justiz überlassen. Die Personalfragen sind noch zu klären.

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Anlage 3:

Auszug aus der Niederschrift über die Ministerbesprechung am Dienstag den 12. Juli 1932, 5 Uhr nachm(ittags) in der Reichskanzlei Maschinenschriftlich, genehmigter Entwurf: Bundesarchiv, R 43 I./1457, S. 95 - 100; Abschrift: BUndesarchiv, R 43 I./2280/37 - 43.

1. Stellung der Reichsbank
2. Stand der Abrüstungsverhandlungen
3. Personalfragen des Reichsgerichts
4. Innerpolitische Angelegenheit: BA, R 43 I./1457, S. 97 - 100.

Anwesend: die Reichsminister v. Papen (Kanzler), v. Neurath

(Auswärtiges), Schwerin von Krosigk (Finanzen), Warmbold (Wirtschaft),

Schäffer (Arbeit), Gürtner (Justiz), v. Schleicher (Reichswehr), v.

Eltz-Rübenach (Post und Verkehr), v. Braun (Ernährung und

Landwirtschaft); die Staatssekretäre Planck (in der Reichskanzlei),

Meißner (im Büro des Reichspräsidenten), Zweigert (im

Reichsinnenministerium), Zarden (im Reichsfinanzministerium);

Ministerialdirektor v. Kaufmann-Asser (Reichspressechef),

Ministerialrat Wienstein (Protokollführer).

Punkt 1 - 3 am 15.7.(1932) durch W(ienstein)abgezeichnet und von

P(lanck) genehmigt.

Punkt 4 am 6.8.(1932) durch W(ienstein) abgezeichnet; überdies mit einer anderen Schreibmaschine geschrieben wie BA, R 43 I./1457/87-93 (= Anlage 2 des Skriptes)

4. Innerpolitische Angelegenheit

Der Reichsminister des Innern verlas den Entwurf einer Verordnung des Reichspräsidenten über die Einsetzung eines Reichskommissars in Preußen. Er betonte, der Grundgedanke der Verordnung bestehe darin, daß der Reichskanzler Reichskommissar in Preußen werde. Notwendig sei zugleich mit der Aktion eine Kundgebung des Reichskanzlers, die für Preußen bestimmt sei.326

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft warf die Frage auf, was den geschehen solle, wenn Minister Hirtsiefer Widerstand leiste.

Der Reichswehrminister führte aus, daß eventuell dem militärischen Befehlshaber die vollziehende Gewalt übertragen werden könne.

Staatssekretär Dr. Meißner führte aus, man müsse Preußen vor ein Ultimatum stellen. Bisher habe dann, wenn ein Reichskommissar eingesetzt worden sei, immer eine offensichtliche Widersetzlichkeit der Landesregierung vorgelegen327. Man müsse darauf achten, vorm Staatsgerichtshof zu bestehen. Deshalb müsse Preußen vor der Öffentlichkeit ins Unrecht gesetzt werden.

Der Reichswehrminister führte aus, daß man diesen Weg hier nicht beschreiten könne.

Der Reichsminister des Innern schloß sich dem Standpunkt des Reichswehrministers an.

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft bezeichnete die Bedenken des Staatssekretärs Dr. Meißner als gewichtig. Vielleicht könne die Reichsregierung Fragen an die Preußische Staatsregierung richten, auf deren Verneinung hin ein Reichskommissar eingesetzt werde.

Der Staatssekretär Zweigert führte aus, daß die Zuständigkeit des Staatsgerichtshofes im Falle einer Klage entweder des Landtages oder der durch die Verordnung abgesetzten Preußischen Regierung nicht zu bestreiten sei.

Der Reichsminister der Justiz wies auf die Wichtigkeit einer größeren Sicherheit in Deutschland hin. Es sei nicht möglich, daß die Sonntage328 wie bisher mit zahlreichen Todesfällen verliefen. Wenn die Reichsregierung das nicht verhindern könne, sei der Sprung nach Preußen umsonst.

Der Reichsminister des Innern erklärte, man müsse die Demonstrationen unter freiem Himmel für einige Tage verbieten.

Der Reichskanzler und die übrigen Reichsminister erklärten sich mit einer Verordnung329 einverstanden, wonach Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge bis Mittwoch Abend verboten werden sollen.

Der Reichsminister des Innern berichtete sodann über Verhandlungen des Staatssekretärs Abegg wegen eines Zusammenschlußes der SPD mit der KPD.330

Der Reichswirtschaftsminister warf die Frage auf, was dann geschehen solle, wenn als Folge der Einsetzung eines eichskommissars in Preußen der Generalstreik erklärt werde.

Der Reichsminister des Innern erwiderte, daß dann der militärische Ausnahmezustand verhängt werden müsse. Für alle Fälle stehe die Technische Nothilfe zur Verfügung.

Das Reichskabinett erklärte sich hierauf mit einer Verordnung einverstanden, die die Einsetzung des Reichskanzlers als Reichskommissar für das Land Preußen vorsieht.331

Sodann wurden Personalfragen erörtert, die sich aus der preußischen Aktion ergeben würden.

Der Reichswehrminister bezeichnete es als notwendig, Ministerialdirektor Klausener332 zu beseitigen und Polizeioberst Heimannsberg333 durch Polizeioberst Poten334 zu ersetzen.

Als Staatssekretär für das Volkswohlfahrtsministerium schlug der Reichsarbeitsminister Geheimrat Kübler335 vor.

Es bestand Übereinstimmung darüber, daß die Staatsminister Hirtsiefer, Severing und Klepper für den 20. Juli 1932 vormittags 10 Uhr in die Reichskanzlei gebeten werden sollten. Der Reichskanzler werde ihnen dann die Verordnung des Reichspräsidenten über die Einsetzung des Reichskommissars für Preußen mitteilen.

Anlage 4:

Auszug aus der Niederschrift über die Ministerbesprechung am 13. Juli 1932 nachm(ittags) 5 Uhr in der Reichskanzlei

Maschinenschriftlich, genehmigter Entwurf: BA, R 43 I./1457, S. 101- 109.

1. Belgische Markforderungen
2. Freiwilliger Arbeitsdienst
3. Wirtschaftliche Auswirkungen des Lausanner Abkommens
4. Innerpolitische Lage: BA, R 43 I./1457, S. 108-109 (Abschrift: BA, R 43 I./ 2280, S. 45-47).

Anwesend: die Reichsminister v. Papen (Kanzler, v. Neurath

(Auswärtiges), v. Gayl (Inneres), Schwerin von Krosigk (Finanzen),

Warmbold (Wirtschaft), Schäffer (Arbeit), Gürtner (Justiz), v.

Schleicher (Reichswehr), v. Eltz-Rübenach (Post und Verkehr), v. Braun

(Ernährung und Landwirtschaft); die Staatssekretäre Planck (in der

Reichskanzlei), Meißner Ministerialdirektor

Ministerialrat Wienstein

Thomsen (Protokollführer St(aats)S(ekretär) Grieses

(im Büro des Reichspräsidenten;

v. Kaufmann-Asser(Reichspressechef),

(Protokollführer); L(egations)R(at) Dr.

zu Punkt 1 der T(ages)O(rdnung), (im Reichsarbeitsministerium, zu Punkt 2),

Min(isterial)Rat Wende (im Reichsarbeitsministerium, zu Punkt 2),

Min(isterial)D(iri)g(ent) Berger (im Reichsfinanzministerium, zu Punkt 2).

Punkt 1-3 am 15.7.(1932) durch W(ienstein) abgezeichnet und von P(lanck) genehmigt.

Punkt 4 am 6.8.(1932) durch W(ienstein) abgezeichnet; überdies mit einer anderen Schreibmaschine geschrieben wie BA, R 43 I./1457, S. 87- 93

4. Innerpolitische Lage

Der Reichsminister des Innern teilte mit, daß sein Versuch, Staatssekretär a.D. Dr. Peters336 für das Preußische Innenministerium als Unterkommissar zu gewinnen, fehlgeschlagen sei. Dr. Peters habe vor einem Angriff im jetzigen Moment gewarnt. Er habe betont, daß das Versagen der preußischen Regierung noch nicht eklatant genug hervorgetreten sei.

Vielleicht käme nunmehr als Kommissar der Landrat v. Meibom oder Oberpräsident v. Halfern337 in Betracht.

Im übrigen habe er gehört, das die Bayrische Volkspartei in Bayern338 sofort eine Mehrheitsregierung mit der SPD bilden werde, wenn die Reichsregierung einen Reichskommissar in Preußen einsetze.

Der Reichsminister der Justiz machte auf den letzten Erlaß339 Severings aufmerksam.

Der Reichsminister des Innern erwiderte, daß Minister Severing mit diesem Erlaß der Reichsregierung den Boden für die geplante Aktion in Preußen im Moment entzogen habe. Es sei abzuwarten, wie der Erlaß sich auswirke. Deshalb müsse von dem gestrigen Beschluß über die sofortige Einsetzung eines Reichskommissars in Preußen Abstand genommen werden.

Der Reichswehrminister und die übrigen Mitglieder des Reichskabinetts stimmten dieser Auffassung zu. Staatssekretär Dr. Meißner bat die Möglichkeit zu erwägen, ob nicht das mangelhafte Eingreifen der preußischen Polizei gegen die kommunistischen Ruhestörer zum Gegenstand einer Mängelrüge nach Artikel 15 der Reichsverfassung gemacht werden könne.340

Anlage 5:

Auszug aus der Niederschrift über die Ministerbesprechung am Sonnabend, den 16. Juli 1932 11 Uhr vorm(ittags) in der Reichskanzlei Maschinenschriftlich, genehmigter Entwurf: BA, R 43 I./1457, S. 117- 125.

1. Ausdehnung der Osthilfemaßnahmen auf die östlichen Gebiete Bayerns
2. 100. Wiederkehr des Gründungsjahres des Großdeutschen Zollvereins
3. Personalsache
4. Organisatorische Veränderungen im Rundfunkwesen
5. (außerhalb der Tagesordnung): Butterzoll
6. Innerpolitische Lage: BA, R 43 I./1457, S. 125 (Abschrift: BA, R 43 I./2280, S. 49).

Anwesend: die Reichsminister v. Papen (Kanzler), v. Neurath

(Auswärtiges), v. Gayl (Inneres), Schwerin von Krosigk (Finanzen),

Warmbold (Wirtschaft), Schäffer (Arbeit), Gürtner (Justiz), v.

Schleicher (Reichswehr), v. Eltz-Rübenach (Post und Verkehr), v. Braun

(Ernährung und Landwirtschaft); die Staatssekretäre Planck (in der

Reichskanzlei), Meißner (im Büro des Reichspräsidenten), Zarden (im

Reichsfinanzministerium); Ministerialdirektor v. Kaufmann-Asser

(Reichspressechef), Ministerialrat Wienstein (Protokollführer zu Punkt

2 und Punkt 4), Legationsrat Dr. Thomsen (Protokollführer zu Punkt 1

und Punkt 3); ferner Ministerialrat Scholz (im Reichsministerium des

Innern), Staatssekretär Sautter (im Reichspostministerium), Dr. Luther (Reichsbankpräsident).

Punkt 1-5 am 20.7.(1932) durch W(ienstein) abgezeichnet und am 22.7. von P(lanck) genehmigt.

Punkt 6 am 6.8.(1932) durch W(ienstein) abgezeichnet; überdies mit einer anderen Schreibmaschine geschrieben wie BA, R 43 I./1457, S. 87-93.

6. Innerpolitische Lage.

Der Reichsminister des Innern teilte mit, daß er dem Herrn Reichspräsidenten Vortrag341 über die Frage der Einsetzung eines Reichskommissars in Preußen gehalten habe. Der Herr Reichspräsident habe dem Reichskanzler Blankovollmacht erteilt und die Verordnung über die Wiederherstellung der Sicherheit und Ordnung im Gebiet des Landes Preußen sowie eine Verordnung über den Belagerungszustand ohne Datum vollzogen. Der Belagerungszustand sollte zunächst nur für Berlin und die Mark Brandenburg gelten.

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft teilte mit, daß Krupp342 und Brandes343 die sofortige Verhängung des militärischen Belagerungszustandes wünschten, und zwar für das ganze Reich344.

Anlage 6:

"Verordnung des Reichspräsidenten, betreffend die Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Groß-Berlin und Provinz Brandenburg"(Ausnahmezustandsverordnung)345

(RGBl. 1932 I. S. 377 f.)

"Auf Grund des Artikel 48 Abs. 2 der Reichsverfassung verordne ich zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Groß-Berlin und Provinz Brandenburg folgendes:

§ 1

Die Artikel 114, 115, 117, 118, 123, 124 und 125 der Verfassung des Deutschen Reiches werden bis auf weiteres außer Kraft gesetzt. Es sind daher Beschränkungen der persönlichen Freiheit, des Rechts der freien Meinungsäußerung einschließlich Pressefreiheit, des Vereins- und Versammlungsrechts, Eingriffe in das Post-, Brief-, Telegraphen- und Fernsprechgeheimnis, Anordnungen von Haussuchungen und von Beschlagnahmen sowie Beschränkungen des Eigentums auch außerhalb der sonst hierfür bestimmten gesetzlichen Grenzen zulässig.

§ 2

Mit der Bekanntmachung dieser Verordnung geht die vollziehende Gewalt auf den Reichswehrminister über, der sie auf Militärbefehlshaber übertragen kann. Zur Durchführung der zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen wird dem Inhaber der vollziehenden Gewalt die gesamte Schutzpolizei des bezeichneten Gebietes unmittelbar unterstellt.

§ 3

Wer den im Interesse der öffentlichen Sicherheit erlassenen

Anordnungen des Reichswehrministers oder des

Militärbefehlshabers zuwiderhandelt oder zum Widerstand

anreizt, wird, sofern nicht die bestehenden Gesetze eine höhere Strafe bestimmen, mit Gefängnis oder Geldstrafe bis zu 15. 000 Mark bestraft

§ 4

§ 5

§ 6

Die Verordnung tritt mit der Verkündung in Kraft.

Neudeck und Berlin, den 20. Juli 1932.

Der Reichspräsident von Hindenburg Der Reichskanzler von Papen"

F. Literaturverzeichnis

- Anschütz, Gerhard: Die Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919, 14. Auflage, Berlin, 1932/33; (Abkürzung im Skript = „Anschütz“)

- Bay, Jürgen: Der Preußenkonflikt 1932/33, - Ein Kapitel aus der Verfassungsgeschichte der Weimarer Republik -, Inaugural-Dissertation, Erlangen, 1965; (Abkürzung im Skript = „Bay“)

- Brabeck, Richard: Die Gleichschaltung Preußens, - ein rechtshistorisches Problem deutscher Staatsführung -, Inaugural-Dissertation, Köln, 1941; (Abkürzung im Skript = „Brabeck“)

- Bracher, Karl Dietrich: Die Auflösung der Weimarer Republik

- Eine Studie zum Problem des Machtverfalls in der Demokratie, in: Schriften des Instituts für politische Wissenschaft Bd. 4, Stuttgart, 1955; (Abkürzung im Skript = „Bracher“)

- Brammer(zeitgeschichtliche Sammlungen): „Zur Pressepoli-tik des NS-Staates“, Bundesarchiv Koblenz, Zsg 101/25; (Abkürzung im Sktipt „Brammer“) Braun, Otto: „Von Weimar zu Hitler“, 2. Auflage, New York, 1940; (Abkürzung im Skript = „Braun“)

- Brecht, Arnold: Förderalismus, Regionalismus und die Teilung Preußens, Bonn, 1949; (Abkürzung im Skript = „Brecht“) Bullock, Allan: „Hitler - Eine Studie über Tyrannei“, Düsseldorf, 1953; (Abkürzung im Skript = „Bullock, Hitler“)

- Dierske, Ludwig: „War eine Abwehr des „Preußenschlages“ vom 20. Juli 1932 möglich?“, in: Zeitschrift für Politik, Jahrgang 17, 1970, S. 197 ff.; (Abkürzung im Skript = „Dierske“)

- Goebbels, Josef: Vom Kaiserhof zur Reichskanzlei“, München, 1934; (Abkürzung im Skript = „Goebbels“)

- Görlitz, Walter: „Hindenburg“, Bonn, 1953, (Abkürzung im Skript = „Görlitz“) Grund, Henning: „Preußenschlag“ und Staatsgerichtshof im Jahre 1932, Baden-Baden, 1976; (Abkürzung im Skript = „Grund“)

- Höpker-Aschoff, Hermann: „Reichsreform“ in: Der deutsche Volkswirt, 5. Jahrgang, 1931, S. 1579 ff.; (Abkürzung im Skript = „Höpker-Aschoff, Reichsreform“)

- ders.: „Das Ende des deutschen Förderalismus“, in: Der deutsche Volkswirt, Jahrgang 7, 1933; (Abkürzung im Skript = „Höpker-Aschoff, Förderalismus“)

- Horkenbach, Cuno (Hrsg.): Das Deutsche Reich von 1918 bis heute, Bd. 1 (1918 - 1930), Berlin, 1930; (Abkürzung im Skript = „Horkenbach Bd. 1“)

- ders.: Das Deutsche Reich von 1918 bis heute, Bd. 2 (Jahresband 1931), Berlin, 1932; (Abkürzung im Skript = „Horkenbach Bd. 2“)

- ders.: Das Deutsche Reich von 1918 bis heute, Bd. 3 (Jahresband 1932), Berlin, 1933; (Abkürzung im Skript = Horkenbach Bd. 3“)

- ders.: Das Deutsche Reich von 1918 bis heute, Bd. 4 (Jahresband 1933), Berlin, 1935; (Abkürzung im Skript = „Horkenbach Bd. 4“)

- Huber, Ernst Rudolf: „Reichsgewalt und Staatsgerichtshof“ in: Schriften an die Nation, Bd. 42, Oldenburg, 1932; (Abkürzung im Skript = „Huber, Reichsgewalt“)

- ders.: „Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. VI., Stuttgart, 1976; (Abkürzung im Skript = „Huber, Verfassungsgeschichte Bd. 6“)

- ders.: „Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. VII., Stuttgart, 1978; (Abkürzung im Skript = „Huber, Verfassungsgeschichte Bd. 7“)

- Kalischer, Wolfgang: „Hindenburg und das Reichspräsidentenamt im Nationalen Umbruch (1932 - 1934)“, Inauguraldissertation, Berlin, 1957; (Abkürzung im Skript = „Kalischer“)

- Kaufmann, Arthur/Hassemer, Winfried: „Einführung in die Rechtsphilosophie und Rechtstheorie der Gegenwart“, 6. Auflage, Heidelberg, 1994; (Abkürzung im Skript = „Kaufmann/Hassemer“)

- Kessler, Harry Graf; Tagebücher 1918 - 1937, hrg. Von Wolfgang Pfeiffer-Belli, Frankfurt/a.M., 1961; (Abkürzung im Skript = „Graf Kessler“)

- Meinecke, Friedrich: Weltbürgertum und Nationalstaat, - Studien zur Genesis des deutschen Nationalstaates, 6. Auflage, München, 1922; (Abkürzung im Skript = „Meinecke“)

- Meissner, Otto: Staatssekretär unter Ebert, Hindenburg, Hitler.- Der Schicksalsweg des deutschen Volkes 1918 - 1945 wie ich ihn erlebte, Hamburg, 1950; (Abkürzung im Skript = „Meissner“)

- Morsey, Rudolf: Zur Geschichte des „Preußenschlags“ am 20. Juli 1932, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 9. Jahrgang, 1961, S. 430 ff.; (Abkürzung im Skript = „Morsey“) Matthias, Erich/Morsey, Rudolf: „Das Ende der Parteien 1933“, Düsseldorf, 1960; (Abkürzung im Skript = „Morsey/Matthias, Ende“)

- Nawiasky, Hans: „Zum Leipziger Urteil. Staatsrechtliche und staatspolitische Betrachtungen“, in: Bayerische Verwaltungsblätter, 1932, S. 338 ff.; (Abkürzung im Skript = „Nawiasky“)

- Papen, Franz von: Der Wahrheit eine Gasse, München, 1952; (Abkürzung im Skript = „v. Papen“) Poetzsch-Heffter, Fritz: Staatsleben I.-Vom Staatsleben unter der Weimarer Verfassung. Vom 1. Januar 1920 bis 31. Dezember 1924, (Jahrbuch des Öffentlichen Rechts der Gegenwart, Bd. 13, Berlin, 1925; (Abkürzung im Skript = „Poetzsch-Heffter, Staatsleben I.“)

- ders.: Staatsleben II.-Vom 01. Januar 1925 bis 31. Dezember 1928, (Jahrbuch des Öffentlichen Rechts der Gegenwart, Bd. 17, Berlin, 1929; (Abkürzung im Skript = „Poetzsch-Heffter, Staatsleben II.“)

- ders.: Staatsleben III.-Vom 01.Januar 1929 bis 31.Januar 1933, (Jahrbuch des Öffentlichen Rechts der Gegenwart, Bd. 21, Berlin, 1933/34; (Abkürzung im Skript = „Poetzsch- Heffter, Staatsleben III.“)

- Preuß, Hugo: Entwurf der künftigen Reichsverfassung, hrsg. Im Auftrag des Reichsamtes des Innern, Berlin, 1919; (Abkürzung im Skript = „Preuß“)

- Preußen contra Reich vor dem Staatsgerichtshof. Stenogrammbericht der Verhandlungen vor dem Staatsgerichtshof in Leipzig vom 10. bis 14. und vom 17. Oktober 1932. Mit einem Vorwort von Ministerialdirektor Dr. Brecht, Berlin, 1933; (Abkürzung im Skript = „Preußen contra Reich“)

- Rohe, Karl: Das Reichsbanner, Düsseldorf, 1966; (Abkürzung im Skript = „Rohe“)

- „Schulthess“, Thürauf, Ulrich(Hrsg.): Schulthess - „Euro- päischer Geschichtskalender 1931; (Abkürzung im Skript = „Schulthess 1931“)

- ders.: ders. 1932; (Abkürzung im Skript = „Schulthess 1932“)

- ders.: ders. 1933; (Abkürzung im Skript = „Schulthess 1933“)

- Schwalb: „Zur Ausführung des Staatsgerichtsurteils in der Preußensache“ in: Reichs- und Preußische Verwaltungsblätter, 1932, S. 943 f.; (Abkürzung im Skript = „Schwalb“)

- ders.: „Zuständigkeit zur Landtagsauflösung. Die Ereignisse nach dem 5. Februar“, in: Reichs- und Preußische Verwaltungsblätter, 1933, S. 148 f.; (Abkürzung im Skript = „Schwalb, Landtagsauflösung“)

- Severing, Carl: Mein Lebensweg, Bd. 2: Im Auf und Ab der Republik, Köln, 1950; (Abkürzung im Skript = „Severing“)

- Trumpp, Thomas: Franz von Papen, der preußisch-deutsche Dualismus und die NSDAP in Preußen, Inauguraldissertation, Tübingen, 1964; (Abkürzung im Skript = „Trumpp“)

- Vogelsang, Thilo: „Reichswehr, Staat und NSDAP - Beiträge zur deutschen Geschichte 1930 - 1932“, Stuttgart, 1962; (Abkürzung im Skript = „Vogelsang, Reichswehr“)

- Widder, Erwin: Reich und Preußen vom Regierungsantritt Brünings bis zum Reichsstatthaltergesetz Hitlers - Beiträge zum Reich/Länderproblem der Weimarer Republik, Inauguraldissertation, Frankfurt a.M., 1959; (Abkürzung im Skript = „Widder“) Winkler, Hans-Joachim: „Die Weimarer Demokratie“, Berlin, 1963; (Abkürzung im Skript = „Winkler“)

- Zahn, Manfred: „Öffentliche Meinung und Presse während der Kanzlerschaft von Papens“, Inauguraldissertation, Münster, 1953; (Abkürzung im Skript = „Zahn“)

Bedanken möchte ich mich abschließend bei Fr. Prof. Schulze, für den Anstoß zu dieser Arbeit, Frau Mayburg (Bundesarchiv Berlin), Frau Höhne (Deutsches Rundfunkarchiv), der Zentralen Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität zu Berlin, dem Generallandesarchiv Karlsruhe sowie dem Bundesarchiv in Koblenz für die Bereitstellung der Quellen und Materialien.

[...]


1 Trumpp, S.18

2 Brabeck, S. 24

3 Meinecke, S. 519

4 Anschütz, S. 340

5 Anschütz, S. 343 ff.

6 Bracher, S. 491

7 Grund, S. 45

8 Bracher, S. 492

9 Brecht, S. 127

10 Preuß, Hugo: Entwurf der künftigen Reichsverfassung, hrsg. Im Auftrag des Reichsamtes des Innern, Berlin, 1919,

11 Poetzsch-Heffter, Staatsleben II., S. 56 ff.

12 Brecht, S. 51 ff.

13 Eine private, aber nicht unwichtige Organisation in der Reichsreformdiskussion, welche unter Vorsitz des ehemaligen Reichskanzlers „Luther“ tagte, deshalb a.a.O. „Lutherbund“ genannt.

14 vgl. dazu auch: Brecht, S. 127 ff.

15 Widder, S. 38

16 Brecht, S. 188 f.

17 Horkenbach, Bd. 1, S. 253 f.

18 Grund, S. 49

19 vom 21. August 1931

20 Höpker-Aschoff, Hermann (1883 - 1954): Mitglied der DDP, später Dt.Staatspartei, von 1921 - 1932 Abgeordneter im preußischen Landtag, 1925 - 1931 im Reichstag und Preußischer Finanzminister, nach dem zweiten Weltkrieg führendes Mitglied der FDP, seit 1951 Präsident des Bundesverfassungsgerichts

21 so Höpker-Aschoff, Reichsreform, S. 1580

22 Höpker-Aschoff, Reichsreform, S. 1580 f.

23 Höpker-Aschoff, Reichsreform, S. 1581

24 Poetzsch-Heffter gibt die Ablehnung des Reformvorschlages als Rücktrittsgrund an, anders dagegen: Horkenbach Bd. 3, S. 330

25 Dietrich war Mitglied der Dt. Staatspartei

26 Braun,S. 354 f.

27 Winkler, S. 92

28 Vossische Zeitung, Nr. 147 vom 26.03.1932, S. 2: „Der Landtag wählt den Staatschef“

29 Bay, S. 22

30 Völkischer Beobachter, Nr. 204 vom 13.04.1932, S. 1

31 so zum Beispiel Carl Schmitt

32 RGZ 139, Anhang, S. 32

33 Verfassungsrechtlich wurde der Rücktritt jedoch erst mit der Bekanntgabe vor dem Parlament wirksam.

34 Preußen contra Reich, S. 399

35 Am 03. Juni wurde ein solcher Antrag der DNVP mit 212 gegen 202 Stimmen abgelehnt.

36 So auch Bayern, Sachsen seit 1930; Hamburg und Hessen seit 1931 und Württemberg seit März 1932.

37 Braun, S. 396

38 Horkenbach, Bd. 3 , S. 174

39 Verordnung vom 24. August 1931, RGBl. I. 1931, S. 453

40 Schulthess, 1930, S. 200

41 ebenda

42 Morsey/Matthias, Ende, S. 302

43 Horkenbach, Bd. 3, S. 131

44 Vogelsang, S. 185 ff.

45 Curt Joel (1865-1945), seit 1920 Staatssekretär im Reichsjustizministerium, unter Brüning (1930-1932) Reichsminister der Justiz, parteilos.

46 Trumpp, S. 76

47 Alfred Hugenberg (1865-1951), seit 1919 Abgeordneter der Deutschnationalen im Reichstag, seit 1928 Parteivorsitzender der DNVP, vom 30.01.1933-26.06.1933 Reichsminister für Wirtschaft und Ernährung.

48 Schreiben des Reichskanzlers von Papen an den preußischen Landtagspräsidenten Kerrl vom 6. Juni 1932, in: Trumpp, S. 180 f.

49 Die nächste Sitzung war erst für den 22. Juni angesetzt.

50 Trumpp, S. 180

51 Horkenbach, Bd. 3, S. 206

52 ebenda

53 Winkler, S. 49

54 RGBl. I. 1932, S. 175

55 Wilhelm Groener (1867-1939) 1920-1923 mit Unterbrechungen Reichsverkehrsminister, seit 1928 Reichswehrminister(Rücktritt 12.05.1932) und seit Oktober 1931 bis zum Ende des Kabinetts Brüning gleichzeitig Reichsinnenminister.

56 vgl. Vogelsang, Reichswehr, S. 549 ff.

57 vgl. Trumpp, S. 67

58 Preußen contra Reich, S. 12 ff.

59 ebenda

60 ausführlicher dazu Trumpp,S. 66-74

61 RGBl. I. 1932, S. 255

62 RGBl. I. 1932, S. 257

63 RGBl. I. 1932, S. 297 ff.

64 RGBl. I. 1932, S. 339

65 Horkenbach, Bd. 3, S. 137

66 Preußen contra Reich, S. 14 f.

67 vgl. ebenda, S. 482

68 ebenda, S. 483

69 Anlage 3 des Skripts

70 Fraktionsvorsitzender der KPD im Reichstag

71 Abgeordneter der KPD im Preußischen Landtag

72 Trumpp, S. 211

73 Anlage 2 im Skript

74 ebenda = Ministerbesprechung am 11. Juli 1932 in der Reichskanzlei, in: Bundesarchiv Berlin, Akten der Reichskanzlei, R 43 I., Bd. 1457, S. 93

75 Ministerbesprechung in der Reichskanzlei am 12. Juli 1932, ebenda, S. 98

76 Anlage 4 im Skript = Auszug der Ministerbesprechung vom 13. Juli 1932, ebenda, S. 109

77 Horkenbach, Bd. 3, S. 240

78 Informationsbericht Dertingers vom 15. Juli 1932, in: Brammer, fol. 210 f.

79 Anlage 5 im Skript, = Ministerbesprechung vom 16. Juli 1932, in: Akten der Reichskanzlei, R 43 I., Bd. 1457, S. 125

80 Bay, S. 119

81 Dies zeigte sich vor allem, beim Streit zwischen Reich und Ländern um die Aufhebung des Brüningschen SA/SS-Verbots.

82 Bay, S. 121

83 Severing, S. 347

84 Sozialdemokratischer Parteitag 1927 in Kiel, Protokoll, Berlin, 1927, S. 204

85 Severing, S. 348

86 Vossische Zeitung Nr. 345 v. 20. Juli 1932, S. 1: „Neuer Ansturm gegen Preußen.“

87 stellvertretender, preußischer Ministerpräsident und preußischer Minister für Volkswohlfahrt, Mitglied der Deutschen Zentrumspartei

88 preußischer Innenminister, Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

89 preußischer Finanzminister, früher parteilos, seit Juli 1930 Deutsche Staatspartei (Zusammenschluß aus der Demokratischen Partei und dem Jungdeutschen Orden)

90 Am 18.Juli 1932 hatte von Papen die drei Minister zu dieser Besprechung gebeten. (Severing, Lebensweg, Bd. 2, S. 348) Ihnen war gesagt worden, daß finanzielle, landwirtschaftliche und innenpolitische Fragen erörtert werden sollen. (Bay, Preußenkonflikt, S. 5)

91 Franz von Papen, früher Deutsche Zentrumspartei, kam entgegen Widders Aussage, einem Parteiausschluß 1932 durch eigenen Austritt zuvor

92 von Gayl, Deutschnationale Volkspartei(DNVP)

93 Reichsgesetzblatt Teil I., S. 377; hier in Abschrift als Anlage 1 dem Skript beigefügt

94 Bundesarchiv Berlin, R 43 I./2280, S. 119, Besprechung des Reichskanzlers mit Vertretern der preußischen Staatsregierung, 20. Juli 1932, 10.00 Uhr

95 gemeint ist die „Verordnung des Reichspräsidenten, betreffend die Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Gebiet des Landes Preußen“ (RGBl. 1932 I. S. 377)

96 In der Niederschrift über diese Besprechung in der Reichskanzlei folgte an dieser Stelle der Satz Severings „gegen Verfassungsbrecher müsse mit Polizeigewalt vorgegangen werden.“ Dieser ist nachträglich durchgestrichen worden, findet jedoch in etwas abgeschwächter Form in der Klageerwiderung der Reichsregierung vom 25.08.1932 wieder, wo es heißt: „Man müsse sich überlegen, ob man nicht gegen solche Verfassungsbrecher einschreiten müsse.“

97 Morsey, S. 437

98 Severing, S. 349 f.

99 Bundesarchiv Berlin, Aufzeichnung des Staatsministers Hirtsiefer über die Besprechung in der Reichskanzlei am 20. Juli 1932, in Anlageheft zu der Erklärung des Preußischen Staatsministeriums vom 10. August 1932, Anlage 1, Aktenblatt 136; Gegen diesen Vergleich Hirtsiefers erhoben Severing und Klepper jedoch ebd. Einspruch

100 Severing, S. 350

101 Bundesarchiv Berlin, Akten der Reichskanzlei, R 43 I./2280, S. 123

102 („Ausnahmezustansverordnung“) Text dieser Verordnung auszugsweise siehe Anlage 6 dieses Skriptes

103 „Verordnung des Reichspräsidenten, betreffend die Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Groß-Berlin und Provinz Brandenburg“ (auch „Ausnahmezustandsverordnung“ genannt), RGBl. 1932 I. S. 377 f.

104 11.35 Uhr Herrn Staatsrat Quarck (Bayern), 11.50 Uhr Oberfinanzrat Stöckinger (Baden), 12.00 Uhr Graf Holtzendorff (Sachsen), 12.15 Uhr Minister Münzel (Thüringen), 12.30 Uhr Oberfinanzrat Schäfer (Hessen), 12.45 Uhr Herrn Bürgermeister Petersen (Hamburg)

105 Ministerpräsident Braun befand sich in seiner Dienstwohnung in Zehlendorf und Landwirtschaftsminister Steiger befand sich auf einer Konferenz der Ernährungsminister des Reichs und der Länder in München

106 Severing, S. 351

107 so wiedergegeben in der Vossischen Zeitung, vom 14. Oktober 1932, S. 4 „Profile vom Preußenprozeß“ von C. Misch; ähnlich Badts Schilderung zu Protokoll genommen in: Preußen contra Reich, S. 67

108 Dieses Schreiben wurde abgedruckt in „Preußen contra Reich“, S. 485

109 Rundfunkrede des Reichskanzlers von Papen am 20. Juli 1932 um 19.00 Uhr abgedruckt in: Preußen contra Reich, S. 484

110 Vermerke über die Zustellung der Entlassungsschreiben in: Bundesarchiv Berlin, Akten der Reichskanzlei, R 43 I./2280, S. 141 ff.

111 Widder, S. 110

112 Preußen contra Reich, S. 482 ff.

113 Horkenbach Bd.3, S. 250

114 Dierske, S. 200

115 Bay, S 12; siehe auch dort Quellverweis Fußnote 51

116 Graf Kessler, S. 691

117 v. Papen, S. 218

118 Horkenbach Bd. 3, S. 253

119 Aufruf der „Eisernen Front“, ein Exemplar in den Akten der Reichskanzlei: Bundesarchiv Berlin, R 43 I./2280, S.

120 Diese Furcht bestand auch bei den Ministerpräsidenten der süddeutschen Länder, denen von Papen und von Gayl auf der Stuttgarter Konferenz am 23. Juli 1932 zusichern mußten, daß die Wahl stattfinden werde. So laut Niederschrift der Besprechung der Reichsregierung mit den Ministern der Länder am 23. Juli 1932 in den Akten der Reichskanzlei: Bundesarchiv Berlin, R 43 I./2280, S. 373

121 Horkenbach Bd. 3, S. 253, „Aufruf des sozialdemokratischen Parteivorstandes“

122 ebenda

123 Meissner, S.237

124 Akten der Reichskanzlei: Bundesarchiv Berlin, R 43 I./2280, S.228

125 Drei schräge weiße Pfeile auf rotem Grund

126 Die „Eiserne Front“ ist identisch mit dem von SPD, DDP und Zentrum 1924 als Bund republikanischer Kriegsteilnehmer in Magdeburg gründeten Verband „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold“. Das Reichsbanner sollte ein Verband sein, in dem sich alle republikanisch-demokratischen Kräfte zum Schutz der Weimarer Verfassung zusammenfanden. Die Mitglieder kamen meist aus der SPD und den Gewerkschaften. Ihre zahlenmäßige Stärke lag bei ca. 500.000 direkter Mitglieder. Als Antwort auf die am 11. Oktober 1931 in Bad Harzburg als nationale Opposition gebildete „Harzburger Front“ beschloß das Reichsbanner am 28. November 1931 seine Organisation auf eine breitere Grundlage zu stellen und der „Front der Staatsfeinde“ die „Eiserne Front der staatstreuen Bürger“ entgegenzustellen. Es schlossen sich so weitere selbständige Organisationen und Verbände dieser Front korporativ an, so daß die Rekrutierungskraft auf ca. 3 Millionen Menschen angewachsen war.(vgl. dazu auch: Rohe, S. 393)

127 Bay, S. 15 f.

128 Berliner Börsenzeitung, Nr. 337 vom 21.07.1932, S. 1: „Die Durchführung der Säuberungsaktion“

129 „Deutsche Allgemeine Zeitung“, hier Nr. 335/6 vom 21.07.1932

130 Schulthess 1931, S. 176

131 diese Bezeichnung führten die Sitzungen des sog. „Kabinetts der Reichskommissare“, wie später, mit Urteil des StGH vom 25.10.1932 festgestellt, unberechtigter Weise

132 Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium, SPD-Mitglied

133 Staatssekretär im Handelsministerium

134 Beurlaubungsschreiben Papens an Staudinger und Krüger, in: Bundesarchiv Berlin, Akten der Reichskanzlei, R 43 I., Bd. 2280, S. 171, S. 173

135 Bundesarchiv Berlin, Akten der Reichskanzlei, R 43 I., Bd. 2280, S. 185, S. 187

136 Staatssekretär im Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft

137 Ministerialdirektor, Reichskommissar für das Bankgewerbe

138 Hölscher (Justiz), Lammers (Wissenschaft), Schleusener (Finanzen), Scheidt (Wohlfahrt)

139 Preußen contra Reich, S. 360 f.

140 Goebbels, S. 131

141 ebenda, S. 133

142 Bracht in einer Rundfunkrede am 22. Juli 1932, in: Horkenbach, Bd. 3, S. 256

143 Horkenbach, Bd. 3, S. 255

144 Besprechung des Reichskanzlers mit den Vertretern der Länder, in: Bundesarchiv Berlin, Akten der Reichskanzlei, R 43 I., Bd.2280, S. 399

145 ebenda

146 ebenda

147 Münchner Neueste Nachrichten, Nr. 196 vom 21. Juli 1932, S. 1, „Wohin?“

148 Frankfurter Zeitung Nr. 545 vom 23.07.1932, S. 3: „Reichsregierung und Parlament“

149 Reichsminister des Innern

150 Anschütz, S. 225

151 vgl. dazu: Frankfurter Zeitung Nr. 548 vom 24. Juli 1932, S. 2: „Die Preußenklage vor dem Staatsgerichtshof“; Vossische Zeitung Nr. 352 vom 23. Juli 1932, S. 1 f.: „Vor dem Staatsgerichtshof“; Vossische Zeitung Nr. 353 vom 24. Juli 1932, S. 3: „Montag Verkündung in Leipzig.“

152 Preußen contra Reich, S. 488

153 RGZ 137, Anhang S. 65 ff.

154 Huber, Reichsgewalt, S. 15 übte an diesem nach seiner Ansicht verfahrensrechtlich unstatthaften Vorgehen des StGH Kritik. Dem ist voll und ganz zuzustimmen.

155 RGZ 137, Anhang, S. 65 ff.70

156 Reichsgerichtspräsident Bumke

157 Oberverwaltungsgerichtsrat Müller

158 Oberverwaltungsgerichtsrat Gumbel

159 Oberverwaltungsgerichtsrat Striegler

160 Dertinger stand der DNVP nahe. Er unterhielt gute Beziehungen u.a. zum Herrenklub, dem auch von Papen und von Gayl angehörten. Nach dem Krieg war er der Gründer der OST-CDU und wurde 1949 Außenminister der DDR. 1954 wurde er wegen angeblicher Spionage zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt und 1964 begnadigt.

161 vgl. Brammer, fol. 220

162 Die preußische Regierung hatte am 3. Juli 1930 allen Staats- und Gemeindebeamten und Angestellten die Mitgliedschaft in der NSDAP und der KPD verboten. Dazu: Horkenbach, Bd. 1, S. 312

163 Schreiben Brechts an von Papen vom 28. Juli 1932, in: Bundesarchiv Berlin, Akten der Reichskanzlei, R 43 I., Bd. 2280, S. 494 f.

164 ebenda

165 Schreiben Badts an von Papen vom 28. Juli 1932, in: Bundesarchiv Berlin, Akten der Reichskanzlei, R 43 I., Bd. 2280, S. 510 f.

166 zu den politischen Beamten zählten: Staatssekretäre, Ministerialdirektoren, Ober- und Regierungspräsidenten sowie deren Vertreter, Polizeipräsidenten und Landräte

167 Preußen contra Reich, S. 90

168 Horkenbach, Bd. 3, S. 291

169 vgl. Bay, S. 151

170 Mitglied der Dt. Staatspartei, früher DDP

171 S. 1: „Was wir verlangen müssen“

172 Schreiben von Wels an Papen vom 17.August 1932, in: Bundesarchiv Berlin, Akten der Reichskanzlei, R 43 I., Bd. 2280, S. 592

173 FZ Nr. 678 vom 10. September 1932, S. 2: „Die Verwaltungsreform in Preußen“

174 Preußen contra Reich, S. 91 f.

175 ahrgang 5, 1932, S. 258

176 Daran war eine Reform, durch die Regierung Braun, bisher in Preußen gescheitert.

177 Huber, Verfassungsgeschichte, Bd. 7, S. 1045

178 vgl. dazu auch: Huber, Verfassungsgeschichte, Bd. 6, S. 375 f.

179 Horkenbach, Bd. 3, S. 262

180 Schreiben des sog. „Preußischen Staatsministeriums“ vom 27. Juli 1932 an das Büro des Reichsrates beim Reichsinnenministerium, in: Bundesarchiv Berlin, Akten der Reichskanz-lei, R 43 I., Bd. 2280, S. 544

181 Dieser wurde durch seine Bayrischen Zentrumskollegen über die stattfindende Reichsratssitzung informiert und war deshalb als Vertreter der preußischen Staatsregierung doch zugegen.

182 Bay, S. 161

183 Schreiben Otto Brauns vom 29. Juli 1932 an den badischen Innenminister Maier, in: Geheimes Landesarchiv Karlsruhe, GLA 233/ Nr. 25715; Bei diesem Schreiben handelt es sich um einen Durchschlagbrief, in den der Name des badischen Innenministers von Hand eingesetzt wurde. Die Unterschrift Brauns erfolgte mit vollem Namenszug (eigenhändig) und nicht als Unterschriftenstempel. Es kann daher davon ausgegangen werden, daß Braun auch andere sozialdemokratische Länderminister anschrieb.

184 Dies scheint ein direkter Erfolg der kurzfristigen Bemühungen Hirtsiefers gewesen zu sein, denn nach den Akten der Reichskanzlei, R 43 I., Bd. 2280, S. 538 hatte Nobis in einer Aktennotiz vom 29. Juli 1932 zu einem Gespräch mit dem bayerischen Reichsratsbevollmächtigten Sperr vermerkt, daß Bayern gegen Abstimmungen im Reichsrat Bedenken anmelde, solange nicht geklärt sei, wer Preußen vertrete.

185 Huber, Verfassungsgeschichte, Bd. 7, S. 1047

186 Bay, S. 164

187 Abschrift des Plakattextes aus dem Schreiben des SPD Bezirkssekretärs Kolaß (Niederrhein) vom 28. Juli 1932 an Hindenburg , in: Internationales Institut für Sozialgeschichte Amsterdam, Nachlaß Grzesinski, Nr. 2035

188 Bullock, Hitler, S. 216

189 vgl. Kalischer, S. 97

190 vgl. Bullock, Hitler, S. 218 f.

191 v. Papen, S. 224

192 Dieses meint neben der eigentlichen Bedeutung, Verbot und notfalls eben Verteidigung der Weimarer Demokratie mit der Waffe.

193 dazu: Bracher, S. 616 f.

194 ebenda, S. 621

195 ausführlicher: ebenda, S. 627 ff.

196 Völkischer Beobachter, Nr. 2014 vom 22. Juli, S. 1

197 abgedruckt bei: Poetzsch-Heffter, Staatsleben III., S. 43 f.

198 Schreiben vom 18. Juli 1932, in: Bundesarchiv Berlin, R 43 I. Bd. 2280, S. 99 ff.

199 Schreiben Kerrls an Hindenburg, in: Bundesarchiv Berlin, Akten der Reichskanzlei, R 43 I., Bd. 2281, S. 23

200 Bay, S. 174

201 vgl. Anlagen 2 - 5 im Skript

202 Papen, S. 126

203 Als Anlage der Aktennotiz über die diesbezügliche Besprechung am 28. September 1932 bei den Akten der Reichskanzlei, R 43 I., Bd. 1883, S. 47 ff.

204 Niederschrift über die Besprechung mit den süddeutschen Ländern und Sachsen am 11. November 1932 in der Reichskanzlei, Bundesarchiv Berlin, Akten der Reichskanzlei, R 43 I., Bd. 2281, S. 335

205 Horkenbach, Bd. 3, S. 284

206 dazu: Bay, S. 179

207 Dossier zu den Bedingungen einer Reichsreform vom 22. August 1932, in: Geheimes Staatsarchiv München, MA 103302

208 Höpker-Aschoff, Reichsreform, S. 1579 ff.

209 Höpker-Aschoff, Förderalismus, S. 810

210 Schreiben Höpker-Aschoff an von Gayl vom 30.09.1932 in: Nachlaß HöpkerAschoff, Bundesarchiv Koblenz, Bd. 15

211 ebenda

212 damals preußischer Staatsratspräsident und Mitglied des Zentrums

213 Schreiben Konrad Adenauers vom 13. Februar 1964 an Jürgen Bay, in: Bay, S.184

214 Schreiben Adenauers an Reichskanzler Papen vom 22. September 1932, in: Bundesarchiv Berlin, Akten der Reichskanzlei, R 43 I., Bd. 2281, S. 45

215 Die Besprechung fand am 21. September in der Reichskanzlei statt.

216 Schreiben Adenauers, in: den Akten der Reichskanzlei, R. 43 I., Bd. 2281, S. 47

217 Antwortschreiben von Papens an Adenauer vom 22.09.1932, ebenda, S. 49

218 vgl. dazu Akten der Reichskanzlei, R 43 I., Bd. 2283, S. 374 f.

219 ebenda

220 Ministerialdirektor Gottheiner vertrat neben den Professoren Carl Schmitt, Jacobi und Bilfinger im Prozeß die Reichsseite

221 RGZ 138, Anhang, S. 1. f

222 Preußen contra Reich, S.3

223 ebenda, S. 121

224 vgl. RGZ 138, Anhang, S. 1 ff [3 f.]

225 ausführlich Nawiasky, S. 338 ff.

226 ebenda, S. 340

227 Zahn, S. 259

228 Kaufmann/Hassemer, S. 86

229 Bay, S. 192

230 Preußen contra Reich, S. 511 ff.

231 ebenda, S. 513

232 ebenda, S. 514

233 Schwalb, S. 943 f.

234 ausführlicher Bay, S. 198 f.

235 Preußen contra Reich, S. 517

236 ausführlich in: Vorwärts Nr. 505 vom 26.10.1932, S. 1: „Das Kabinett Otto Braun berät“

237 Frankfurter Zeitung Nr. 805 vom 27.10.1932, S. 2: „Braun und Brecht vor der Presse“

238 Vossische Zeitung Nr. 515 vom 27.10.1932, S. 1 f.: „Preußen im Reich“

239 Protokollvermerk Meissners über die Besprechung am 27. Oktober 1932 um 12.30 Uhr in der Reichskanzlei betreffend: Urteil des Staatsgerichtshofes und Lage in Preußen, in: Bundesarchiv Berlin, Akten der Reichskanzlei, R 43 I., Bd. 2281, S. 111 f.

240 Protokoll der Ministerbesprechung vom 28. Oktober 1932, Bundesarchiv Berlin, Akten der Reichskanzlei, R 43 I., Bd. 1458

241 ebenda

242 Johannes Popitz, Honorarprofessor der Finanzwissenschaft an der Berliner Universität, war von Anfang bis Ende 1925 Staatssekretär im Reichsministerium der

243 Protokoll über die Sitzung des Kommissarischen Staatsministeriums vom 28./29. Oktober 1932

244 Horkenbach, Bd. 3, S. 355

245 Aufzeichnung des Staatssekretärs Meissner über die Besprechung des Reichspräsidenten mit Reichskanzler von Papen und Ministerpräsident Braun am 29. Oktober 1932, in: Bundesarchiv Berlin, Akten der Reichskanzlei, R 43 I., Bd. 2281, S. 175 ff.

246 ebenda

247 ebenda

248 ebenda

249 ebenda

250 ebenda

251 Zweite Verordnung zur Vereinfachung und Verbilligung der Verwaltung vom 29. Oktober 1932. Die VO trat am 01. Dezember 1932 in Kraft.

252 Germania Nr. 307 vom 4. November 1932, S. 1, Die Germania kann durchaus als Zeitung des Zentrums bezeichnet werden.

253 Staatssekretär im Wohlfahrtsministerium

254 Frankfurter Zeitung Nr. 849 vom 12. November 1932, S. 2: „Umfangreiche Personalveränderungen in der preußischen Zentralinstanz“

255 ebenda

256 Braun, S. 418

257 ebenda

258 so von Papen im Protokoll über die Ministerbesprechung vom 07. Oktober 1932, in: Akten der Reichskanzlei, R 43 I., Bd. 1458, S. 75

259 Erlaß vom 18. November 1932 im: Deutschen Reichsanzeiger und Preußischen Staatsanzeiger Nr. 271 vom 18.11.1932

260 Poetzsch-Heffter, Bd. 3, S. 55

261 Preußen contra Reich, S. 517

262 ebenda, S. 501 f., 508 f.

263 ebenda, S. 516 f.

264 Horkenbach, Bd. 3, S. 353

265 Akten der Reichskanzlei, R 43 I., Bd. 2281, S. 133

266 Horkenbach, Bd. 3, S. 355 f.

267 ebenda

268 Schreiben Helds vom 8. November 1932 an Papen, in: Geheimes Staatsarchiv München, MA. 103302

269 Keesings Archiv 1931/32, S. 543 zit. aus: Widder, S. 129

270 vgl. dazu und im folgenden: Notiz über die Besprechung in der Reichskanzlei in Berlin am 11. November 1932, in: Geheimes Staatsarchiv München, MA. 103302

271 Rücksprache Otts mit den Professoren am 13. September 1932, in: Bundesarchiv Berlin, R 43 I., Bd. 2284, S. 15 ff.

272 ebenda

273 Protokoll der Ministerbesprechung am 14. September 1932, in: Bundesarchiv Berlin, Akten der Reichskanzlei, R 43 I., Bd. 1457, S. 630 ff.

274 ebenda

275 ebenda

276 die Diktaturgewalt

277 Nr. 529 vom 7. November 1932, S.1: „Niederlage der Diktatur“

278 Kalischer, S. 105

279 gemeint war Franz von Papen

280 Görlitz, S. 392

281 v. Papen, S. 243 f.

282 Protokoll über die Ministerbesprechung am 9.11.1932, in: Bundesarchiv Berlin, Akten der Reichskanzlei, R 43 I., Bd. 1458, S. 317

283 vgl. Schulthess 1932, S. 228

284 Er war in Preußen als Stellvertretender Reichskommissar für das Innere zuständig.

285 Vogelsang, Reichswehr, S. 341

286 ebenda, S. 341 f.

287 ebenda, S. 342

288 Braun, S. 431 f.

289 ebenda, S. 432

290 Schreiben Brauns vom 20.12.1932 mit Anlage, in: Bundesarchiv Berlin, Akten der Reichskanzlei, R 43 I., Bd. 2281, S. 491 ff

291 Schreiben Schleichers an Braun vom 23.12.1932, in: Akten der Reichskanzlei, R 43 I., Bd. 2281, S. 523 f.

292 Schreiben in den Akten der Reichskanzlei, R 43 I., Bd. 2281, S. 501 f.

293 ebenda

294 siehe Fn. 205

295 Braun, S. 437 f.

296 so auch: Vogelsang, S. 362

297 vgl. Görlitz, S. 401

298 vgl. Horkenbach, Bd. 4, S. 49

299 Protokoll der Ministerbesprechung am 31. Januar 1933, in: Akten der Reichskanzlei, R 43 I., Bd. 1459, S. 251 ff.

300 ebenda, S. 252

301 Staatsratspräsident war zu dieser Zeit Konrad Adenauer, Mitglied des Zentrums.

302 Ministerpräsident war Otto Braun, SPD-Mitglied.

303 Landtagspräsident war Johannes Kerrl, NSDAP-Mitglied.

304 Ministerbesprechung vom 3.02.1933, in: Bundesarchiv Berlin, Akten der Reichskanzlei, R 43 I., Bd. 1459, S. 329 ff.

305 Protokoll der Chefbesprechung vom 4. Februar 1933, in: Akten der Reichskanzlei, R 43 I., Bd. 2282, S. 57 ff.

306 05. Februar 1933

307 Horkenbach, Bd. 4, S. 41

308 RGBl. I. 1933, S. 43

309 vgl. Schwalb, Landtagsauflösung, S. 148 f.

310 Braun, S. 443

311 Berliner Tageblatt, Nr. 66 vom 08.02.1933, S.1: „Die umstrittene Auflösung“

312 Schulthess 1933, S. 40

313 Horkenbach, Bd. 4, S. 47

314 Severing, S. 379

315 dazu Braun, S. 450 ff.

316 RGBl. I., 1933, S. 173

317 Das Datum "20." dieser Notverordnung wurde im Original erst durch von Papens Hand eingefügt, wie aus Schriftzug und Farbe der Tinte geschlossen werden kann (Bundesarchiv Koblenz, Akten der Reichskanzlei, R 43 I./ 2280, S. 59). Bereits am 12.Juli 1932 wurde der Entwurf dieser Verordnung durch das Reichskabinett beschloßen. Am 14. Juli 1932 unterzeichnete der Reichspräsident von Hindenburg die Verordnung auf Gut Neudeck nach einem Vortrag von Papen und Gayl über die preußische Lage. Es erfolgte quasi eine Blankobevollmächtigung des Reichskanzlers, da das Datum für den Erlaß der Verordnung offen gelassen wurde. Siehe zur Entstehung der Verordnung auch die Anlagen 2 - 5 dieses Manuskriptes)

318 RGBl I./36 v. 16. Juni 1932, S. 297 - 300; RGBl I./40 vom 29. Juni 1932, S. 339

319 Ursprünglich: derartige Staatsgewalt, dann geändert

320 die 16. Sitzung in der vierten Wahlperiode des preußischen Landtages fand am 8. Juli 1932 statt, die 17. Sitzung dagegen erst am 30. August 1932 (Sommerpause)

321 Der preußische Haushalt wurde drei Tage später, am 14. Juli 1932 durch "Notverordnung" verabschiedet

322 Der "Vorwärts" war vom 4. - 8. Juli 1932 verboten worden.

323 Dieser war früher Staatssekretär im Preußischen Ministerium des Innern und im Preußischen Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung tätig.

324 Noskes Regierungssitz war Hannover 325

325 "als Kommissar" fehlte ursprünglich und wurde dann ergänzt.

326 vergleiche dazu: Rundfunkansprache v. Papen und Erklärung für die Presse wegen des 20. Juli 1932: Bundesarchiv, R 43 I./2280, S.81 - 91; R 43 I./2280, S. 237 - 238,

327 vergleiche als Beispiele: Reichsexekution gegen Thüringen am 22.3.1920, gegen Sachsen am 29.10.1923

328 gemeint waren damit die blutigen Auseinandersetzungen zwischen KPD und NSDAP am 10 Juli 1932 in Ohlau

329 RGBl. I. vom 18. Juli 1932, S. 377 f.

330 Dabei handelte es sich um die umstrittenen Gespräche zwecks einer Annäherung von KPD und SPD angesichts ihrer gemeinsamen Gegner, zwischen dem preußischen Staatssekretär Abegg und seinem Intimus Diels mit den kommunistischen Abgeordneten Kasper (Preußischer Landtag) und Torgler (Reichstag) am 4. Juni 1932 in Berlin.

331 RGBl. I. vom 20. Juli 1932, S. 377

332 Klausener war Ministerialdirektor und Leiter der Polizeiabteilung im Preußischen Ministerium des Innern seit 1926

333 Heimannsberg war Kommandant der Schutzpolizei bis zum 20. Juli 1932

334 Poten war Referent für die Organisation der Schutzpolizei im Preußischen Ministerium des Innern und Leiter der Polizeischule Eiche. Er wurde der Nachfolger von Heimannsberg.

335 Kübler war Geheimer Justizrat sowie ordentlicher Professor der Rechte an der Universität Erlangen.

336 Peters war im Preußischen Ministerium des Innern und im Preußischen Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung Staatssekretär

337 von Halfern war seit 1930 Oberpräsident der Provinz Pommern.

338 Ursprünglich stand hier im Protokoll ",daß Bayern ", was nachträglich geändert wurde.

339 In diesem Erlaß vom 12. Juli 1932, welche an die Regierungspräsidenten Preußens gerichtet war, verlangte Severing, daß die Polizeibehörden bei der Anmeldung von Versammlungen und Aufzügen unter freiem Himmel scharf zu prüfen hätten, ob ausreichende Polizeikräfte zu Schutz der Teilnehmer zur Verfügung stehen. Wäre dieses nicht der Fall, dann sollte ein Verbot der Veranstaltung erlassen werden.(vergleiche dazu auch: Horkenbach, Bd. 3, S. 240)

340 Präziser benannt heißt dieses eine Mängelrüge nach Artikel 15 Abs. 3 der WRV.

341 Das Zusammentreffen mit dem Reichspräsidenten erfolgte am 14. Juli 1932 auf Gut Neudeck in Ostpreußen.

342 Krupp war seit 1906 Leiter der Kruppwerke und von 1931-1934 Präsident des Reichsstandes der deutschen Industrie.

343 Brandes war Präsident der ostpreußischen Landwirtschaftskammer.

344 Im Entwurf lautete der Schlußsatz ursprünglich: "Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft teilte mit, daß Krupp und Brandes die Verhängung des sofortigen Belagerungszustandes wünschten."

345 Das Datum "20." dieser Notverordnung wurde im Original erst durch von Papens Hand eingefügt. Die Verordnung wurde am 26. Juli 1932 aufgehoben.

[...]


Ende der Leseprobe aus 76 Seiten

Details

Titel
"Die Preußenstaatsstreiche" - ein Beitrag zur Verfassungsgeschichte Preußens in der Neuzeit
Veranstaltung
Seminar für Rechtsgeschichte
Note
16 Punkte
Autor
Jahr
2000
Seiten
76
Katalognummer
V96550
ISBN (eBook)
9783638092265
ISBN (Buch)
9783640127252
Dateigröße
692 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Preußenstaatsstreiche, Beitrag, Verfassungsgeschichte, Preußens, Neuzeit, Seminar, Rechtsgeschichte
Arbeit zitieren
Sven Uwe Herzberger (Autor:in), 2000, "Die Preußenstaatsstreiche" - ein Beitrag zur Verfassungsgeschichte Preußens in der Neuzeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/96550

Kommentare

  • Gast am 7.6.2000

    Preußenstaatsstreiche.

    Eine Arbeit, welche bereits durch ihre verfassungsgeschichtliche Tiefe überzeugt.
    Insbesondere die Quellenarbeit überzeugt sehr. Für mich auch überaus interessant die Anlagen (Abschriften der Protokolle der verschiedenen Reichskabinettssitzungen)
    Zur Vertiefung der Verfassungsgeschichte Preußens in der neueren Zeit geeignet.

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Titel: "Die Preußenstaatsstreiche" - ein Beitrag zur Verfassungsgeschichte Preußens in der Neuzeit



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