Ziele der Familienpolitik


Seminararbeit, 1997

12 Seiten


Leseprobe


Inhalt:

1. Politische Verbindlichkeit und Herkunft familienpolitischer Ziele

2. Familienpolitische Grundziele und der Grad ihrer Verwirklichung in der Bundesrepublik Deutschland
2.1. Beeinflussung der Einkommens- und Vermögenslage
2.2. Förderung der Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbstätigkeit

3. Familiengerechte Wohnungsversorgung

4. Leistungen der Familie

5. Eigene Meinung

6. Literatur

1. Politische Verbindlichkeit und Herkunft familienpolitischer Ziele

Alle politischen Ziele, sofern sie zum Gegenstand staatlicher Politik werden sollen, sind durch die Gesetzgebungsorgane und die Regierung anerkannt. Man spricht von anerkannten Zielen, wenn sie sich in Gesetzen, Erklärungen des Gesetzgebers, Regierungserklärungen und in anderen Verlautbarungen der Regierung finden.

In der EU nimmt die Familienpolitik eher eine Randrolle ein. Familienfragen werden, wenn überhaupt, nur im Zusammenhang

- mit der Mobilität der Arbeitnehmer und ihren Sicherungs- und Wohnungsproblemen,
- mit der Gleichberechtigung und der Chancengleichheit von Männern und Frauen,
- mit Fragen der Kinderbetreuung in Betreuungseinrichtungen und
- mit Hilfen für ältere Menschen behandelt.

Eine zentrale Quelle für politisch verbindliche Ziele ist das Grundgesetz. Art.6 enthält folgende familienpolitische Ziele:

- er stellt Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung
- er erklärt Pflege und Erziehung der Kinder zum natürlichen Recht der Eltern und der zu ihnen "zuvörderst" obliegenden Pflicht
- er verbietet es, Kinder von der Familie zu trennen - es sei denn, die Erziehungsberechtigten versagen oder die Kinder drohen zu verwahrlosen
- er räumt jeder Mutter Anspruch auf Schutz und Fürsorge der Gemeinschaft ein
- er verbürgt den unehelichen Kindern die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft wie den ehelichen Kindern.

Weitere für die Familienpolitik relevante Grundrechte sind:

- der Schutz der Menschenwürde nach Art. 1 Abs.1;
- das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit nach Art.2 Abs.1. Für die Verwirklichung beider Grundrechtsgewährleistungen sind die Lebensbedingungen in den Familien unmittelbar bedeutsam;
- die Gleichberechtigung von Frau und Mann nach Art.3 Abs.2, aus der sich v.a. das Recht von Frau und Mann zur Teilnahme am Erwerbsleben und damit das Ziel der Förderung der Vereinbarkeit von Familientätigkeit und Erwerbstätigkeit ergibt;
- die Sozialstaatsklausel der Art.20 und 21, durch die v.a. soziale Gerechtigkeit gegenüber Familien eingefordert wird.

Ziele der Familienpolitik finden sich auch in Sozialgesetzen wie z.B. in § 6 des SGB wieder:

"Wer Kindern Unterhalt zu leisten hat oder leistet, hat ein Recht auf Minderung der dadurch entstehenden wirtschaftlichen Belastungen". § 1 des Kinder-und Jugendhilfegesetzes erklärt: "Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit." In § 1 Abs.2 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes findet sich als Zielformulierung im Rahmen des Wohnungsbaues:" In ausreichendem Maße sind solche Wohnungen zu fördern, die die Entfaltung eines gesunden Familienlebens, namentlich für kinderreiche Familien gewährleisten."

Die Stellungnahme der Bundesregierung zu den Familienberichten ist eine weitere wichtige Quelle für die Verfolgung familienpolitischer Ziele. In ihrer Stellungnahme zum 2. Familienbericht von 1975 hat sie folgende Ziele für besonders wichtig erachtet:

1. Die Förderung der Sozialisationsaufgabe der Familie mit dem besonderen Ziel, allen Kindern ein Höchstmaß an Chancen für ihre emotionale, geistige und soziale Entwicklung unabhängig von der Schichtzugehörigkeit der Eltern zu sichern; dabei wird besonders die Aufgabe betont, Hilfe für die frühkindliche Erziehung zu geben;
2. die Stärkung der Erziehungsfähigkeit der Eltern durch Maßnahmen der Elternbildung und der Erziehungsberatung;
3. die materielle Sicherung der Familie.

Zum Fünften Familienbericht (1994) stellte die Bundesregierung u.a. folgende Ziele heraus:

- die ausreichende Förderung der Familien durch Einkommenstransfers und zwar um so mehr, je geringer ihr Einkommen und je größer ihre Kinderzahl ist;
- die Berücksichtigung einer durch Kinder eingeschränkten Erwerbsbeteiligung
- den Ausbau familienergänzender Angebote zur Bildung, Erziehung und Betreuung in Tageseinrichtungen für Kinder;
- die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Eine weitere Quelle für familienpolitische Zielsetzungen bieten die Programme politischer Parteien. Inwieweit Familienpolitik in ihren Programmen Berücksichtigung findet, zeigen folgende Stellungnahmen:

Im Grundsatzprogramm der CDU vom 23.2.94 wird die Familie, die nicht näher definiert wird, als das "Fundament unserer Gesellschaft" bezeichnet, als die "beständigste Form des Zusammenlebens in der Gesellschaft", die ihrer Leistungen für die Sozialisation und für die Persönlichkeitsentfaltung sowie der geübten Solidarität wegen, finanzielle Unterstützung und gesellschaftliche Anerkennung verdient. Als beste Grundlage für die Familie und als schutzwürdig wird die Ehe angesehen. - Nicht eheliche Partnerschaften werden "respektiert". Die Erziehungsleistung der Eltern soll anerkannt und unterstützt werden. Der mit der Erziehung der Kinder verbundene "unersetzliche Beitrag" von Eltern "für das Gemeinwohl und den Fortbestand unserer Gesellschaft soll anerkannt werden durch einen Ausbau des Familienlastenausgleichs zu einem Familienleistungsausgleich sowie durch die Förderung der Erziehung und der Entwicklung der Kinder mit Hilfe der Verwirklichung des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz und des Baues genügend kinderfreundlicher Wohnungen. Die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch eine Vielzahl bekannter Maßnahmen wird als familienpolitische Notwendigkeit aufgefaßt. Das neue, auf dem Gleichberechtigungsgrundsatz beruhende Rollenverständnis von Frau und Mann soll gefördert werden.

Das Leitbild der Familie im Grundsatzprogramm der CSU vom Oktober 1993 betont die Bedeutung der Familie für die Gesellschaft stärker, grenzt die Ehe deutlicher von nicht-ehelichen Gemeinschaften ab und zollt ihnen nicht ausdrücklich Respekt, spricht sich weniger verhalten als das Programm der CDU für staatliche Hilfen aus und hebt die Notwendigkeit hervor, für Eltern eine Wahlfreiheit zwischen simultaner und sequentieller Vereinbarkeit von Familientätigkeit und Erwerbstätigkeit zu schaffen.

Im Grundsatzprogramm der SPD vom 20.12.1989 werden Familien mit "Lebensgemeinschaften" auf eine Stufe gestellt und als eine von "vielfältigen Formen von Bindungen, die auf Dauer angelegt sind " angesehen. Die Ehe unterscheidet sich von anderen Lebensformen dadurch, daß sie als die "häufigste " Lebensform angesehen wird. Familie wird definiert als "Lebensgemeinschaft Erwachsener mit Kindern". Staat und Gesellschaft müssen "Familien und andere Lebensgemeinschaften" anerkennen, "schützen und fördern". Neben der Aufgabe, gesellschaftliche Gleichheit von Frau und Mann zu verwirklichen, wird die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienarbeit für Männer und Frauen u.a. durch Kindertagesstätten und Ganztagsschulen befürwortet, ein wenigstens teilweiser Ausgleich der materiellen Leistungen der Familie vorgesehen und eine "konsequent kinderfreundliche Politik im Rahmen der Stadt- und Dorfentwicklung", v.a. im Wohnungsbau, als notwendig erachtet.

Im familienpolitischen Programm der F.D.P. finden sich keine Aussagen zur Bedeutung von Familie und Ehe. Es ist nur die Rede davon, daß "der Stellenwert der Familie durch gesellschaftliche Anerkennung und finanzielle Hilfe gesteigert werden" und "v.a. eine angemessene Unterstützung bei der Kindererziehung verwirklicht werden" muß. Die Partei tritt für eine Verbesserung des Familienlastenausgleichs ein und will die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern. Im Wahlprogramm für die Bundestagswahl 1994 hat die F.D.P. die Achtung von nicht -ehelichen Gemeinschaften u.a. durch eine Ergänzung von Art.6 des GG durch den Satz "Die staatliche Ordnung achtet andere auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaften" angeregt und für die Schaffung des Rechtsinstituts "eingetragene Partnerschaft" für gleichgeschlechtliche Paare plädiert.

Die Gruppierung "Bündnis 90/ Die Grünen" hat in ihren politischen Grundsätzen keine Aussagen zur Familie und Familienpolitik formuliert. Nur ein indirekter Zusammenhang mit dem Begriff der Familie kommt auf bei der Einforderung von "Rahmenbedingungen, die es Menschen mit Kindern" ermöglichen, ihre " Verantwortung als Erziehende ebenso wahrzunehmen wie bei der Gestaltung gesellschaftlicher Prozesse".

Auch das Programm der PDS vom Januar 1993 weist keine familienpolitischen Aussagen auf. Allerdings gibt es eine 1995 gefertigte "Ausarbeitung zur Begründung der Notwendigkeit der Erarbeitung von familienpolitischen Positionen der PDS", die sich ausführlich mit der Bedeutung, den Aufgaben und der Notwendigkeit der Förderung der Familien befaßt.

Obwohl bei der Darstellung der familienpolitischen Programme der Parteien im bezug auf Zielsetzung und Zielkonkretisierung Divergenzen auftreten, ist erkennbar, daß bestimmte Grundziele der Familienpolitik als Finalziele mehrheitlich akzeptiert sind.

Im folgenden werden jene Grundziele der Familienpolitik aufgezeigt, die als Finalziele in der Bundesrebublik Deutschland allgemein durchzusetzen sind.

2. Familienpolitische Grundziele und der Grad ihrer Verwirklichung in der Bundesrepublik Deutschland

2.1. Beeinflussung der Einkommens- und Vermögenslage

Es bestehen erhebliche Einkommensunterschiede zwischen Haushalten mit Kindern und solchen ohne Kinder. Das liegt an der eingeschränkten Erwerbstätigkeit kinderversorgender Eltern und daran, daß eine größere Personenzahl aus dem gleichen Einkommen versorgt werden muß. Aus Gründen sozialer Gerechtigkeit sollten die Einkommensunterschiede verringert werden. Außerdem soll die Familie aufgrund der Erfüllung wichtiger gesellschaftlicher Funktionen finanzielle Anerkennung erlangen.

a) Beeinflussung der Einkommens- und Vermögenslage durch Herstellung der Steuergerechtigkeit

Im Rahmen des Familienlastenausgleichs können die Eltern wählen zwischen Kindergeld oder Steuerfreibeträgen für ihre Kinder. Da jedoch der Gesetzgeber bei der Einkommensbesteuerung die für die Sicherung des Existenzminimums der Familie erforderlichen Einkommensteile nicht besteuern darf, ist klar, das Kinderfreibeträge, die nicht höher sind als die existenzminimalen Aufwendungen für Kinder keine Maßnahme des Familienlastenausgleichs sind, sondern ein Gebot der Steuergerechtigkeit. D.h. Familien, deren Einkommenswirkung höher ist als das Kindergeld, sind aus dem Familienlastenausgleich in Form steuerlicher Entlastung ausgeschlossen, solange der Steuerfreibetrag nicht über den Existenzminimumkosten für Kinder liegt.

b) Beeinflussung der Einkommenslage durch Herstellung der Bedarfsgerechtigkeit

Familien, die nicht in der Lage sind persönlich für ihr Existenzminimum zu sorgen, erhalten ihr Einkommen in Form von Sozialtransfers. Diese Sozialtransfers sind nicht als Maßnahme des Familienlastenausgleichs zu verstehen, sondern als Transferzahlungen, die jedermann erhält, der sein Existenzminimum nicht aufbringen kann. Ein Ausgleich von Lasten zwischen kinderversorgenden und kinderlosen Gesellschaftsmitgliedern, stellen die Transferzahlungen dar, die über dem Existenzminimumeinkommen liegen.

Das Ziel der Sicherung des Mindestbedarfs für Familien kann prinzipiell als erreicht gelten.

c) Beeinflussung der Einkommens- und Vermögenslage durch einen Familienlastenund Familienleistungsausgleich

Für die Verwirklichung eines Familienlasten- und Familienleistungsausgleichs sind zwei Leistungsarten von Bedeutung:

1. Fiskalische Leistungen durch indirekte und direkte Transfers (indirekte T.= Ehegattensplitting, Freibeträge, andere Abzüge von der Steuerbemessungsgrundlage oder der Steuerschuld; indirekte T.= Kindergeld, Erziehungsgeld, Zuschüsse im Rahmen des Bafög,etc.)
2. Parafiskalische Leistungen, d.h. Leistungen der Sozialversicherungen für nicht erwerbstätige Familienmitglieder Versicherter.

aa) Familienlasten- und Familienleistungsausgleich durch fiskalische Instrumente

Eine Trennung der beiden Begriffe ist schwierig, da selbst die klassische Leistung des Familienlastenausgleichs, das Kindergeld, an eine Leistung der Familie anknüpft, nämlich die der Versorgung der Kinder. Der Familienleistungsausgleich ist ein neuer Begriff in der familienpolitischen Diskussion. Er soll zum Ausdruck bringen, daß die Familien unentgeltlich für die Gesellschaft unverzichtbare Leistungen erbringen, die Anlaß dafür sein sollten, diese Leistungen finanziell in größerem Umfang als bisher anzuerkennen. Auch wohlhabendere Familien sollten finanziell durch den Familienleistungsausgleich unterstützt werden. Inwieweit die Leistungen von Familien finanziell kompensiert werden sollen, läßt sich letztlich nur politisch bestimmen.

Eine weitere Aufgabe des Familienleistungsausgleichs wäre eine partielle Kompensation des ausgefallenen Erwerbeinkommens während der Betreuung der Kleinstkinder durch die Eltern. Die Verluste während dieser Zeit sind z.T. erheblich und sollten deswegen ausgeglichen werden.

Obwohl Erziehungsurlaub, Erziehungsgeld und die Anerkennung von Erziehungsjahren in der gesetzlichen Rentenversicherung als Instrumente des Familienleistungsausgleichs in die Tat umgesetzt wurden, liegen die staatlichen Leistungen im Durchschnitt keinesfalls höher als 15% des Gesamtwertes der Betreuungs- und Versorgungsleistung.

Es wäre also wünschenswert, direkte Sozialtransfers wie z.B. Kindergeld, Erziehungsgeld, Kinderzulage oder Zuschüsse im Rahmen des Bafög in Zukunft zu erhöhen.

bb) Familienlasten- und Familienleistungsausgleich im Rahmen desSystems der sozialen Sicherung

Die nicht erwerbstätigen Familienmitglieder erhalten schon seit Jahrzehnten beitragsfreie Leistungen im Rahmen des deutschen Systems der Sozialversicherung. Die Höhe dieser Leistungen ist beachtlich: Die Sachleistungen für Familienmitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung wurden quantitativ und qualitativ genauso angehoben wie die Leistungen für die Pflichtmitglieder. Ebenso die Hinterbliebenenrenten in der gesetzlichen Rentenversicherung entwickelten sich wie die Versichertenrenten.

Insgesamt sind die parafiskalischen Leistungen des Familienleistungsausgleichs zufriedenstellend.

2.2. Förderung der Vereinbarkeit von Familientätigkeit und Erwerbstätigkeit

a) Bedeutung und Begründung der Zielsetzung

Das Ziel der Vereinbarkeit von Familientätigkeit und Erwerbstätigkeit stellt aus mehreren Gründen die wichtigste Aufgabe zur Sicherung der Zukunft unserer Familien dar. Die Einstellungen der Frau zum Familienleben haben sich im Verlauf der letzten Jahrzehnte stark gewandelt. Sie streben nach eigener Sicherung ihres Lebensunterhaltes, um auch einen Beitrag zur Finanzierung des Unterhaltes für die Familie zu leisten. Sie suchen in ihrer Erwerbstätigkeit eine Möglichkeit der Selbstbestätigung, der persönlichen Entfaltung und die Vermeidung sozialer Isolation (z.B. finanzielle Unabhängigkeit nach dem Scheitern der Ehe).

Doch dieses Ziel ist für die Frau nicht so einfach zu realisieren, weil

- ihre Männer gegenüber dem Wunsch ihrer Frauen noch nicht aufgeschlossen genug sind und sie bei der Verwirklichung ihres Wunsches nicht oder zu wenig unterstützen
- die Erwerbsarbeitszeiten und die Arbeitsverträge noch zu wenig familienfreundlich ausgestaltet sind
- die erwerbswilligen Frauen angesichts der Verfehlung des Vollbeschäftigungsziels in unserer Wirtschaft auf den Arbeitsmärkten keine oder stark verminderte Einstellungschancen haben.

Die vermutlich immer weiter steigende Bedeutung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist auf den Wandel des Leitbildes der Hausfrauenehe zum Leitbild der partnerschaftlichen Ehe, die auf Gleichberechtigung beruht, zurückzuführen. Sogar die Kommission der europäischen Gemeinschaft hat dieses Leitbild zum Gegenstand ihrer Bemühungen gemacht.

Nicht nur der Familie wäre mit dem Ziel der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familientätigkeit geholfen, sondern auch dem Staat. Er könnte so auf Sozialtransfers verzichten, da die hohen Einkommensverluste während der Betreuungszeit der Kleinstkinder dann nicht mehr gegeben wären.

b) Formen der Vereinbarkeit von Familientätigkeit und Erwerbstätigkeit

3 Möglichkeiten zur Vereinbarkeit von Familienarbeit und Erwerbsarbeit:

1. Modell phasenorientierter Vereinbarkeit:

Ein Elternteil unterbricht nach der Geburt des Kindes die Erwerbstätigkeit bis zu dem Zeitpunkt, in dem das Kind keine volle Betreuung mehr benötigt, anschließend wird das Berufsleben wieder aufgenommen

2. Modell eingeschränkter simultaner Vereinbarkeit:

Beide Eltern sind nacheinander oder gleichzeitig teilzeiterwerbstätig, so daß eine Betreuung des Kindes in der Erziehungs- und Versorgungsphase gewährleistet ist.

3. Modell simultaner Vereinbarkeit:

Beide Eltern sind vollzeiterwerbstätig, bringen ihre Kinder in außerfamilialen Betreuungseinrichtungen unter und teilen sich die Familienarbeit auf.

Laut Art.6 des GG wird postuliert, daß Schutz von Ehe und Familie, das Recht und die Pflicht der Eltern, ihre Kinder zu pflegen und zu erziehen und das Verbot Kinder von der Familie zu trennen zu beachten sind.

Viele junge Eltern bestehen darauf in der Phase des Kleinstkindalters (bis 3 Jahre) auf außerfamiliale Betreuungseinrichtungen gänzlich zu verzichten und in der Kleinkindphase (3-6 Jahre) auf beiderseitige Vollzeiterwerbstätigkeit zu verzichten.

An diesem Punkt sollte die Familienpolitik ansetzen und die Eltern in ihrem Vorhaben finanziell unterstützen.

c) Verfolgung des Ziels der Vereinbarkeit durch Realisierung von Instrumentalzielen aa) Förderung der Rückkehr in die Erwerbstätigkeit

Alltägliche Erfahrungen zeigen wie schwierig es ist nach der Familienphase in die Erwerbstätigkeit wieder aufgenommen zu werden. Folgende Maßnahmen können die erfolgreiche Rückkehr in das Berufsleben erleichtern:

- Maßnahmen zur Vermeidung von Isolierung vom Erwerbsleben und von Entfremdung gegenüber dem Erwerbsleben, z.B. durch die Aufrechterhaltung von Kontakten mit dem Betrieb
- Maßnahmen zur Erhöhung der Effektivität von Arbeitsberatung und Arbeitsvermittlung
- betriebliche Wiedereingliederungshilfen, durch stufenweise Reintegration in den Beruf und durch Erweiterung der Einarbeitungszeiten
- Maßnahmen zur Sicherung des Arbeitsplatzes beim bisherigen Arbeitgeber

bb) Verbesserung des Angebots an familienunterstützenden Betreuungseinrichtungen für Kinder

Diesem Ziel kommt eine große Bedeutung zu, weil die Eltern während die Kinder in den Betreuungseinrichtungen untergebracht sind, entlastet werden und so ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen können. Mit der flächendeckenden Bereitstellung von ganz- und halbtägigen Betreuungseinrichtungen wird nicht nur das Ziel Vereinbarkeit von Familie und Beruf verfolgt, sondern auch für die Sozialisation der Kinder, insbesondere Einzelkinder, gesorgt.

Seit dem 1. Januar ist gesetzlich verankert, daß jedes Kind vom vollendeten 3. Lebensjahr an bis zum Schuleintritt Anspruch auf einen Kindergartenplatz hat. Angesichts der finanziellen Enge der Haushalte der Kommunen wird das Ziel der Vollversorgung nur schrittweise erreicht werden können. Laut einer statistischen Erhebung im fünften Familienbericht haben 78,3% der Kinder in den alten Bundesländern einen Kindergartenplatz, während in den neuen Bundesländern die Anzahl der Plätze für Kinder im Alter von 3-6 Jahren abgebaut werden müssen (113,0%).

cc) Familienfreundliche Gestaltung der Arbeitswelt

Es kommt immer wieder zu zeitlichen Schwierigkeiten in bezug auf Erwerbstätigkeit und Familientätigkeit. Eine flexiblere Gestaltung der Arbeitszeit von Müttern und Vätern wäre wünschenswert. Gleitende Arbeitszeiten oder auch Teilzeitarbeit würden für Abhilfe dieses Problems sorgen. In der Realität zeigen sich die Arbeitgeber nicht besonders flexibel: Aufgrund organisatorischer Schwierigkeiten lehnen 64,6% der Unternehmen die Einführung und den Ausbau familienorientierter Regelungen ab.

3. Familiengerechte Wohnungsversorgung

Eine Verbesserung familien- und kindgerechter Wohnungsversorgung gehört ebenfalls zu den Grundzielen der Familienpolitik. Besonders einkommensschwache Familien beklagen, daß die Wohnkostenbelastung überdurchschnittlich hoch im Vergleich zu ihrem Einkommen sei.

Zu einer familiengerechten Wohnungsversorgung gehören folgende Unterziele:

1. Die Festsetzung von Mindeststandards für die Wohnungsversorgung nach Größe, Struktur und Ausstattung;
2. ein ausreichender Mieterschutz;
3. die Entlastung von Familien, die zur Miete wohnen, durch einkommens- und familiengrößenabhängige Mietzuschüsse und ihre regelmäßige Anpassung an die Mietentwicklung;
4. die Förderung des Baus von Wohnungen durch die Gewährung öffentlicher Mittel in Form von Darlehen oder Zuschüssen (sozialer Wohnungsbau);
5. die Förderung des Erwerbs von familiengerechtem Wohnungseigentum; Familien mit niedrigem und mittlerem Einkommen in jungen Jahren haben kaum die Möglichkeit, preiswert zu bauen bzw. preiswert Wohnungseigentum zu erwerben.

4. Leistungen der Familie

Um die geforderten familienpolitischen Ziele einiger Politiker und Autoren vertreten zu können, müssen an dieser Stelle die Leistungen der Familie innerhalb unseres Gesellschaftssystems erwähnt werden. Die folgenden Leistungen, die eine Familie im Idealfall erbringen kann, stellen eine unverzichtbare Voraussetzung für die Existenz unserer Gesellschaft dar.:

a. Weitergabe menschlichen Lebens:

Die Familie eignet sich optimal für die Zeugung und Geburt von Kindern im Sinne verantwortungsbewußter Elternschaft. Die Ehe als eine dauerhafte Verbindung der Eltern sichert die kontinuierliche Erziehung und Versorgung durch Zuneigung und Engagement der Erziehenden.

b) Materielle Versorgung der Familienmitglieder

Eine Kernaufgabe der Familie ist die Sicherung der materiellen Existenz ihrer Mitglieder. Dazu zählen die Deckung des Bedarfes an Nahrung, Kleidung, Wohnraum und andere materielle Voraussetzungen zur Entfaltung der Persönlichkeit. Familien wenden enorme Summen auf, bis ihre Kinder erwachsen und ausgebildet sind. Diese Kinder leisten dann nicht nur Beiträge zur Sicherung der Existenz ihrer Eltern, sondern auch zur Sicherung der Existenz derjenigen, die keine Kinder haben. Außerdem sind die Mitglieder einer Familie aufgrund von Unterhaltsverpflichtungen im Falle wirtschaftlicher Not zu Zahlungen verpflichtet und fallen so der Öffentlichkeit nicht oder nur zu einem geringen Teil zur Last.

c) Erziehung und Sozialisation der Kinder

Die Erziehung und Sozialisation der Kinder sind die wohl bedeutsamsten Leistungen der Familie. Es geht allgemein darum, den Kindern jene Verhaltensmuster und Wertvorstellungen zu offenbaren, die in den Familien und in der Gesellschaft gelten.

Für die Eltern wird es immer schwieriger gegen die Gegebenheiten der Gesellschaft ( dazu gehören die Verbreitung von Sexualdarstellungen und Darstellungen im Fernsehen oder die zunehmende Verrohung in den Schulen angesichts des Drogenkonsums) im Rahmen ihrer Erziehungsmöglichkeiten anzugehen.

Die Familie ist in der Phase der sozio-kulturellen Geburt des Kindes unverzichtbar für eine gelingende Soziabilisierung. Ihre Aufgabe besteht darin, dauerhafte Zuwendung, Erfahrungen der Geborgenheit, körperliche Kontakte, regelmäßige Bedürfniserfüllung und liebende Pflege zu gewährleisten. Diese Erfahrungen sind für die Persönlichkeitsentwicklung von großer Bedeutung. Das Kind braucht eine Dauerpflegeperson, die auf lange Sicht nur im familialen Kontext wiederzufinden ist.

d. Pflege und Regeneration der Familienmitglieder

Die Aufgabe der Pflege innerhalb der Familie besteht in der Pflege der Gesundheit, d.h. die Erziehung zu gesundheitsbewußtem Verhalten, die Pflege im Krankheitsfall und die Pflege im Falle einer Behinderung. Die Pflege im Falle einer Krankheit bezieht sich sowohl auf die Kinder als auch auf die erwachsenen Familienmitglieder. Dieser Faktor bietet auch wirtschaftliche Vorteile, da durch die Pflegeleistungen der Familie die Leistungsfähigkeit des einzelnen bewahrt wird und soziale Kosten vermieden werden.

e. Entwicklung und Ausübung von Solidarität

Die Familie ist ein Sozialraum, in dem sich die Bereitschaft zu gegenseitiger Hilfe, die Vertrautheit miteinander positiv entwickeln kann. In den meisten Familien ist eine umfassende Solidarität des Helfens und des Teilens besonders im Krankheitsfalle, Alter oder persönlichem Unglück zu beobachten.

5. Eigene Meinung

Anhand der Leistungen der Familie, die unverzichtbar auch in der heutigen Gesellschaft sind, ist es erforderlich die Institution Familie weiterhin aufrechtzuerhalten und mit staatlichen Mitteln zu fördern. Ich halte es für notwendig, Familien mit Kindern in finanzieller Sicht noch deutlich intensiver zu unterstützen als Ehen ohne Kinder. Es wäre wünschenswert, wenn die Familienpolitik in der Politik eine größere Rolle spielen würde, weil die Familie in unserem Gesellschaftssystem nicht wegzudenken ist.

& Literatur:

- Bundesministerium für Familie und Senioren,1994: Familien und Familienpolitik im geeinten Deutschland- Fünfter Familienbericht. Bonn.
- Lampert, Heinz,1996: Priorität für die Familie. Plädoyer für eine rationale Familienpolitik. Berlin: Duncker & Humblot

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Ziele der Familienpolitik
Autor
Jahr
1997
Seiten
12
Katalognummer
V96463
ISBN (eBook)
9783638091398
Dateigröße
359 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ziele, Familienpolitik
Arbeit zitieren
Carsten Schutz (Autor:in), 1997, Ziele der Familienpolitik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/96463

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