Erscheinungsformen des Rechtsextremismus bei Jugendlichen und Heranwachsenden


Seminararbeit, 1995

25 Seiten, Note: 10

Anonym


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1 EINFÜHRUNG
1.1 ÜBERBLICK
1.2 STRAFTATEN IM GESAMTÜBERBLICK
1.2.1 Politisch motivierte Straftaten
1.2.2 Deliktbereiche politisch motivierter und fremdenfeindlicher Straftaten und versuchter Straftaten
1.2.3 Ist Fremdenfeindlichkeit ein gesellschaftliches Phänomen?
1.3 URSACHEN VON FREMDENFEINDLICHKEIT UND GEWALT

2 RECHTSEXTREMISTISCHE GRUPPIERUNGEN UND STRÖMUNGEN
2.1 NEONAZISMUS
2.2 SKINHEADS
2.2.1 Nazi-Skins
2.2.2 Rechtsextremistisch motivierte Skinheads
2.2.3 Unpolitische “Oi-Skins”
2.2.4 Linksextremistisch motivierte Skinheads
2.2.5 Auffächerung der Skinhead-Szene
2.2.5.1 “Psychos”
2.2.5.2 “Scooters/Scooterboy´s”
2.2.6 Frauenbild der Skinheads
2.2.7 Skinhead-Musik
2.2.8 Skinhead-Bands
2.2.9 Skinhead-Fanzines

3 RECHTSEXTREMISTISCHE ORGANISATIONEN (AUSWAHL)
3.1 FREIHEITLICHE DEUTSCHE ARBEITERPARTEI (FAP)
3.2 INITIATIVE FÜR AUSLÄNDERBREGRENZUNG (IFA)
3.3 JUNGE NATIONALDEMOKRATEN (JN)
3.4 NATIONALISTISCHE FRONT (NF)
3.5 NATIONALE LISTE (NL)
3.6 WIKINGJUGEND (WJ)

4 ZIELRICHTUNG DER GEWALTTATEN MIT ERWIESENER ODER ZU VERMUTENDER RECHTSEXTREMISTISCHEN MOTIVATION MIT BEISPIELEN DIVERSER STRAFTATEN
4.1 TÖTUNGSDELIKTE
4.2 FREMDENFEINDLICH MOTIVIERTE GEWALTTATEN
4.3 ANTISEMITISCH MOTIVIERTE GEWALTTATEN
4.4 GEWALTTATEN GEGEN POLITISCHE GEGNER UND DEREN TREFFORTE
4.5 GEWALTTATEN GEGEN BEHINDERTE, OBDACHLOSE, PROSTITUIERTE UND HOMOSEXUELLE
4.6 URTEILE (AUSWAHL)

5 MAßNAHMEN GEGEN HERSTELLER UND VERBREITER RECHTSEXTREMISTISCHER SKIN-MUSIK UND SKIN-FANZINES

6 ERKENNTNISSE ÜBER JUGENDLICHE UND HERANWACHSENDE BESCHULDIGTE ERKENNTNISSE ÜBER JUGENDLICHE UND HERANWACHSENDE BESCHULDIGTE
6.1 ALTERSSTRUKTUR DER TATBETEILIGTEN MIT ERWIESENER ODER ZU VERMUTENDER RECHTSEXTREMISTISCHER MOTIVATION
6.2 SOZIOLOGISCHE STRUKTUR ANHAND VON DATEN AUS DEM JAHR 1992
6.3 STÖRUNGSBILD DER STRAFTÄTER

7 BEWERTUNG / PROGNOSE

LITERATURVERZEICHNIS

Bundeskriminalamt - Abteilung Staatsschutz -ST 2-

Lagebericht 1992 “Rechtsextremismus /-terrorismus und fremdenfeindlich motivierte Straftaten Stand: 15.02.1993” Düsseldorf 1993

Bundesministerium des Innern (Hrsg.)

Rechtsextremistische Bestrebungen Verfassungsschutzbericht der Bundesrepublik Deutschland 1993 Bonn 1994

Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen

- Abteilung Verfassungsschutz (Hrsg.)

Verfassungsschutzbericht NRW über das Jahr 1994 Rechtsextremismus Düsseldorf 1995

Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen - Abteilung Verfassungsschutz (Hrsg.)

Verfassungsschutzbericht NRW über das Jahr 1993 Rechtsextremismus Düsseldorf 1994

Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen - Pressereferat (Hrsg.)

Polizei gegen fremdenfeindliche Gewalt Düsseldorf 1995

Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.)

Skinheads in Nordrhein-Westfalen Düsseldorf 1994

PP Bielefeld - U.A. Staatsschutz (Hrsg.)

Rechtsextremistische Parteien, Gruppen und Organisationen - insbesondere mit Bedeutung für den Raum Ostwestfalen Bielefeld 1995

Präsidial-Büro II Bielefeld (Hrsg.)

Übersicht der rechtsextremistischen Parteien, Gruppen und Organisationen insbesondere mit Bedeutung für den Bereich Ostwestfalen Bielefeld 1993

Weiß, Markus

Rechtsradikalismus im Strafvollzug in: Kuratorium der Polizei-Führungsakademie (Hrsg.) Schriftreihe der Polizei-Führungsakademie 3/94: Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus - Möglichkeiten und Grenzen interdisziplinärer Reaktion Münster 1994

Schamberger, Karl-Heinz

Lagebild - Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus in: Kuratorium der Polizei-Führungsakademie (Hrsg.) Schriftreihe der Polizei-Führungsakademie 3/94: Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus - Möglichkeiten und Grenzen interdisziplinärer Reaktion Münster 1994

Zimmermann, Hans-Martin

Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus - Möglichkeiten und Grenzen interdisziplinärer Reaktion in: Kuratorium der Polizei-Führungsakademie (Hrsg.) Schriftreihe der Polizei-Führungsakademie 3/94: Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus - Möglichkeiten und Grenzen interdisziplinärer Reaktion Münster 1994

EINFÜHRUNG

1.1 Überblick

Fremdenfeindlichkeit ist ein Phänomen, das die Bundesrepublik Deutschland seit der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 erschüttert. Angriffe gegen Ausländer in der Form von Beleidigungen, Körperverletzungen, Brandstiftungen und Morden haben bei uns, aber vor allem im Ausland, ein Bild der Republik gekennzeichnet, das - natürlich mit Vergröberungen und Verzerrungen - unser Land als eine Brutstätte des Nationalsozialismus und Rechtsextremismus mit Tendenzen menschenverachtender Brutalität gegenüber Minderheiten erscheinen läßt.

Fremdenfeindlichkeit - dies muß in aller Deutlichkeit gesagt werden - ist in der Republik keinesfalls so neu. Schon vor der Wiedervereinigung gab es in der BRD fremdenfeindliche Tendenzen, die auch zu Straftaten führten. Allerdings, zu einem echten Problem wurden die Ereignisse nach der Wiedervereinigung. Schwerste Straftaten und Großeinsätze der Polizei prägen das Bild seit etwa 1991. Die Orte Hoyerswerda (1991), Rostock (1992), Mölln (1992), Solingen (1993) aber auch Fulda (1993) sind quasi zu Synonymen für diese Entwicklung geworden.1

In der BRD, sowie auch in Nordrhein-Westfalen besteht ein gewalttätiges Potential zumeist jüngerer, männlicher Personen, die zwar überwiegend extremistisch nicht eingebunden sind, aber mit ihren politisch motivierten bzw. fremdenfeindlichen Gewalttaten auch die innere Sicherheit bedrohen.

1.2 Straftaten im Gesamtüberblick

1.2.1 Politisch motivierte Straftaten

Zu den politisch motivierten Straftaten gehören2

- die fremdenfeindlich motivierten Gewalttaten.
- die Gewalttaten von Rechtsextremisten, soweit sie sich nicht gegen Fremde richten (z.B. gegen vermeintlich “Linke”, gegen staatliche Einrichtungen usw.),
- die Gewalttaten von Linksextremisten (z.B. gegen vermeintlich “Rechte”, gegen staatliche Einrichtungen usw.),
- die Gewalttaten von ausländischen Extremisten,

1.2.2 Deliktbereiche politisch motivierter und fremdenfeindlicher Straftaten und versuchter Straftaten

Die Gewalttaten umfassen folgende Deliktbereiche:

- Tötungsdelikte
- Sprengstoffanschläge
- Brandanschläge
- Körperverletzungen
- Landfriedensbruch
- Sachbeschädigung mit erheblicher Gewaltanwendung

Weitere Gesetzesverletzungen:

- Verstöße gegen das Verbot einer rechtsextremistischen Vereinigung durch den Bundesinnenminister (BMI)

a) bis zur rechtskräftigen Entscheidung als Vergehen nach § 20 Abs. 1 VereinSG
b) nach Rechtskraft als Vergehen gemäß §85 StGB (Verstoß gegen das Vereinigungsverbot)
c) ggf. in Verbindung mit §§ 86, 86a StGB

(Verbreiten von Propagandamitteln und Verwendung von

Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, z.B. Zeigen des Hitler-Grußes)

- Verstöße gegen §§ 86, 86a StGB Verstöße gegen §§ 240, 241 StGB (Nötigung, Bedrohung)
- Sonstige Gesetzesverletzungen: §§ 130, 185, 189 StGB

(Volksverhetzungen, Beleidigungen, Verunglimpfungen des Andenkens Verstorbener)

1.2.3 Ist Fremdenfeindlichkeit ein gesellschaftliches Phänomen?

Wie schon unter Punkt 1.1 erwähnt, haben die Gewalttaten seit dem Jahr 1991 insbesondere gegen Ausländer deutlich zugenommen. Der Begriff “Fremdenfeindlichkeit” wurde geprägt.

Definition: Fremdenfeindliche Straftaten werden als Delikte definiert, die in ihrer Zielrichtung gegen Personen begangen werden, denen Täter (aus intoleranter Haltung heraus) auf Grund ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen Nationalität, Volkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft oder aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes ein Bleibe- oder Aufenthaltsrecht in seiner Wohnumgebung oder in der gesamten Bundesrepublik Deutschland bestreiten oder gegen sonstige Personen oder Institutionen/ Objekte/ Sachen begangen werden, bei denen Täter aus fremdenfeindlichen Motiven heraus handeln.3

Fremdenfeindlich sind Handlungen dann, wenn gegen die “Fremdheit” als solche angegangen werden soll, oder wenn die mit der Fremdheit angeblich verbundenen Eigenschaften (Beispiel: Sinti und Roma - Trickbetrüger) oder mit Fremden typischerweise in Verbindung gebrachte Eigenschaften (Beispiel: Türken - schmutzig) als minderwertig angesehen werden und handlungsmotivierend sind.

Das Problem der Fremdenfeindlichkeit resultiert aus einer Berufung auf ein “Deutsches Wesen”, das bestimmte “nicht-deutsche” Eigenschaften oder Eigenheiten nicht kennt oder ablehnt, sie auf jeden Fall aber als minderwertig ansieht.4

Die Bezugnahme auf das Deutsche und die damit zusammenhängende Abqualifizierung “nichtdeutscher” Eigenschaften lassen eine Verbindung zum Extremismusbegriff zu, und zwar zum Rechtsextremismus.

Rechtsextremistische Bestrebungen sind durch einen völkischen Nationalismus gekennzeichnet, dessen Triebfeder ein elitäres Rassedenken und dessen Staatsauffassung auf einen totalitären “Führerstaat” ausgerichtet ist. Nicht die Gemeinsamkeit der Geschichte, der Kultur und insbesondere der Sprache bestimmen nach diesem Weltbild die Zugehörigkeit zu einem Volk und zu einer Nation, sondern allein die biologische Abstammung (Rasse - Volk, Rasse - Nation).

Der Rassismus ist mit dem grundsätzlich verbürgten Schutz der Menschenwürde und dem Gleichheitsgrundsatz unvereinbar (Art. 1 und 3 des Grundgesetzes).5 Denn rassistische Handlungen laufen in ihrer Zielsetzung darauf hinaus, einzelne Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung außer Kraft zu setzen oder zumindest in Frage zu stellen. Dies geschieht eben durch eine Überhöhung deutscher Belange, die dem Nationalismus entspringt.

Eine nachgewiesenen Fremdenfeindlichkeit wird deshalb als Erscheinungsform des Rechtsextremismus angesehen.

1.3 Ursachen von Fremdenfeindlichkeit und Gewalt

Die Ursachen von Fremdenfeindlichkeit und Gewalt sind recht vielschichtig. Festzustellen ist, daß die Modernisierung der Industriegesellschaft zu einem Wandel in Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur führte; ihre Auswirkungen sind u.a. eine zunehmende Individualisierung, eine Erosion traditioneller Milieus, die Gefahr sozialer Desintegration und Entsolidarisierung. Weiterhin von Bedeutung sind sicher auch Orientierungslosigkeit, Störungen in der Befriedigung von Grundbedürfnissen, fehlendes oder unterdrücktes Unrechtsbewußtsein und situative Einflußfaktoren.

Die Gewaltbereitschaft Jugendlicher und Heranwachsender wird vielfach auf Bildungsdefizite, Langeweile, Vernachlässigung, fehlende Anerkennung, Konkurrenzdruck und Perspektivarmut zurückgeführt. Desintegrationsprozesse der modernen Industriegesellschaft führen bei einem Teil der Jugendlichen und Heranwachsenden zu Verunsicherung und Ohnmachtserfahrung.6 Zugleich empfinden Jugendliche und Heranwachsende Gewalt - auch vermittelt durch die Medien - als allgegenwärtig und als zunehmend bedeutsameres Problemlösungsmittel.7

Zu den oben genannten Aspekten addiert sich, daß die Familie und Nachbarschaft, aber auch Kirchen, Verbände und Vereine an Bindungskraft verloren haben. Nicht wenige Menschen haben Probleme, ihrem Leben einen Sinn zu geben, es eigenverantwortlich zu planen und zu gestalten. Die Auflösung traditioneller Milieus kann Entsolidarisierung bedeuten. Sie kann dazu führen, daß ein gemeinsames Erleben in subkulturellen Gemeinschaften gesucht wird, die sich auf nichts anderes als auf Aggressionen gegen Feindbilder gründen.

Persönliche Zukunftsängste und die Unsicherheit, mit ihnen umzugehen, machen insbesondere Jugendliche und Heranwachsende für Parolen rechtsextremistischer und neofaschistischer Gruppen empfänglich. In ihnen werden Ausländer als Verursacher von Kriminalität, Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot und anderen sozialen Mißständen hingestellt. Mit diesen Sündenbock-Parolen werden einfache und schnelle Lösungen für die bestehenden Probleme vorgegaukelt.8

2 RECHTSEXTREMISTISCHE GRUPPIERUNGEN UND STRÖMUNGEN

2.1 Neonazismus

Der Neonazismus bezieht seine ideologischen und propagandistischen Vorstellungen aus der Weltanschauung des Nationalsozialismus. Neonazis identifizieren sich - häufig in unreflektierter Primitivität - mit dem im Dritten Reich praktizierten “Führerstaat”, mit der Rassenlehre der Nazizeit und den grundlegenden Forderungen des Parteiprogramms der NSDAP von 1920. Die rassistische Motivation, die sich meist gegen jede Form des multikulturellen Miteinander und gegen die “Volksvermischung” richtet, ist regelmäßig die Ursache für fremdenfeindliche Agitation und Straftaten. Hinzu tritt meist eine revisionistische, d.h. eine insbesondere Judenvernichtung und die Kriegsschuld des Hitler-Regimes leugnende Zielsetzung.9

2.2 Skinheads

Ende der 60er Jahre entstand in Großbritannien in den von Arbeitslosigkeit am stärksten betroffenen Industriestädten eine neue jugendliche Subkultur, die der “Skinheads”, auch “Skins” genannt. Die Jugendlichen stammen zumeist aus der unteren Schicht der Arbeiterklasse. Es entwickelte sich der typische Bekleidungsstil der “Kahlköpfe”, wie Bomberjacke, Doc-Martens-Stiefel (schwere, mit Stahlkappen versehene Stiefel) und hochgekrempelte Jeans.

Spätestens Mitte der 80er Jahre hatte die Skinheadbewegung ihren britischen Ursprungsraum verlassen und sich zu einem internationalen Phänomen entwickelt. Von einer bloßen subkulturellen “Jugendprotestszene” kann von diesem Zeitpunkt an wohl nicht mehr gesprochen werden.

Deutsche Skinheads mit nationaler Gesinnung weichen in ihrem “Outfit” nur in Details von den obengenannten britischen Skins ab: Ihre Doc-Martens-Stiefel tragen sie grundsätzlich mit weißen Schnürsenkeln und statt Jeans werden häufig Bundeswehrhosen in olivgrün oder Tarnfarben getragen. Außerdem zeigt sich die Gesinnung durch Aufnäher und Tätowierungen mit rechtsradikalen Motiven (bis hin zum tätowierten Hakenkreuz).

Skinheads sind nicht organisiert im Sinne eines Vereins oder einer Partei. Sie bilden eine diffuse Gruppierung, die sich in der Bundesrepublik Deutschland zur Zeit in folgende “Strömungen” grob unterteilen läßt:10

2.2.1 Nazi-Skins

Die auch “Boneheads” genannten Nazi-Skins sind überzeugte Rassisten und Nationalsozialisten und extrem gewalttätig. In der Regel haben sie eine mehr oder weniger feste Anbindung an eine neonazistische Organisation, gehören aber zumindest zu deren Sypathisantenkreis. Hier sind in erster Linie die Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP) und die Nationalistische Front (NF) zu nennen.

Nazi-Skins verstehen sich darüber hinaus als ein Teil einer internationalen Skinhead-Bewegung, die losgelöst vom organisierten Neonazismus sowohl in Deutschland als auch im europäischen und außereuropäischen Ausland existiert. Sie propagieren den Kampf gegen den “kapitalistischen und kommunistischen Abschaum, der die arische Rasse zerstört” und den “Existenzkampf aller arischen Menschen gegen die Untermenschen aus Judäa und Negerland”.

2.2.2 Rechtsextremistisch motivierte Skinheads

Eine Reihe von Skinheads, die sich ebenfalls als “national” eingestellt bezeichnen, beteiligen sich zusammen mit den Nazi-Skins an gewalttätigen Ausschreitungen gegen Ausländer und Linke. Sie lehnen es aber ab, als Nationalsozialisten bezeichnet zu werden.

Triebfeder ihres Handelns ist ein dumpfer, unreflektierter Haß auf Ausländer und alles “Undeutsche”. Obwohl sie ideologisch weniger gefestigt und an Politik nur mäßig interessiert sind, zeugt ihre Grundhaltung zumindest von einem latenten Rechtsextremismus. Sie lassen keine besonderen parteipolitischen Präferenzen erkennen. In der Hauptsache drückt sich ihre politische Ausrichtung im Aufgreifen rechtsextremistischer Parolen und Verwenden neonazistischer Kennzeichen aus.

2.2.3 Unpolitische “Oi-Skins”

Diesen Skinheads geht es in erster Linie um “Spaß haben”. Dazu gehören Saufgelage, Fußball, Musik sowie ziellose Provokationen und Randalierereien in der Öffentlichkeit.

Viele - nicht alle - sind ebenfalls gewalttätig und unterscheiden sich in ihrem Verhalten, insbesondere unter Alkoholeinfluß, kaum von politischen Skins. Ihr Interesse an der Politik ist gering, da “Politik und Spaß” für sie nicht zusammenpassen. Einige distanzieren sich klar von neonazistischen Skins, andere haben keine Berührungsängste, Hauptsache: Skinhead.

2.2.4 Linksextremistisch motivierte Skinheads

Neben der hauptsächlich rechtsextremistisch bestimmten Skinheadszene sind auch linksextremistische Einflüsse auf Skinheads zu beobachten. Diese (antirassistischen) SHARP11 -Skins und (linken) Red-Skins grenzen sich bewußt, auch in ihrem “Outfit” (Doc-Martens-Stiefel mit roten Schnürsenkeln, rote oder grüne Bomberjacken mit Aufnähern, die sie als Nichtrassisten und Anti-Nazis ausweisen) von rechten Skins ab und propagieren eine Besinnung auf die multikulturellen Ursprünge der Skin-Bewegung.

2.2.5 Auffächerung der Skinhead-Szene

Derzeit ist zu beobachten, daß sich die Skinheadszene insofern wandelt, als in Teilbereichen neue “Strömungen” erkennbar werden. Viele Skinheads, die jahrelang der Szene angehörten, wenden sich von ihr ab. Häufig ist damit auch eine Änderung des persönlichen “Outfits” verbunden, um nicht mehr als Skinhead erkannt zu werden.

Ebenso ist eine Hinwendung zur gewalttätigen, unpolitischen Hooliganszene oder zu anderen Subkulturgruppen festzustellen.

Auch schließen sich Skinheads sogenannten “Psychos” oder “Psychobilly´s” an. Ansatzweise liegen Verflechtungen mit “Scooters” bzw. “Scooterboy´s” vor.12 13

2.2.5.1 “Psychos”

Die seit Beginn der 80er Jahre in Erscheinung getretene Subkulturgruppe der “Psychos” (auch: “Psychobilly´s”) war über lange Zeit unpolitisch. Deren Motto lautete ausschließlich “Fun, Suff, Sex und Rock´n Roll”. Die in der Altersstruktur mit der Skinheadszene vergleichbaren “Psychos” sind erkennbar am “flat”, d.h. in die Stirn gestylte Haare mit an den Seiten kurzem Haarwuchs und zur Kopfmitte hin länger werdendem Stoppelhaarschnitt. Sie tragen in der Regel Springerstiefel und Bomber/Lederjacke. “Psychos” nehmen häufig an

Skinheadkonzerten teil, und umgekehrt nehmen die Skinheads an Konzerten von “Psychos” teil. Beide Gruppierungen verbindet die besondere Tanzform “Pogo” und die Vorliebe zur “Ska-Musik”.14

2.2.5.2 “Scooters/Scooterboy´s”

Anfang der 60er Jahre entstand in England die Subkulturgruppierung der “Mods”, die sich durch ihre Lebenseinstellung von den “Spießern” absetzen wollte. In aller Regel stammten die “Mods” aus begüterten Familien und kleideten sich mit in der Szene bekannten Markenartikeln. Heute bezeichnen sich die früheren “Mods” als “Scooters” und tragen die gleiche Kleidung wie Skinheads. Sie bevorzugen “Oi, Punk, Soul und Ska-Musik”. Bei Zusammenkünften von Scooters, sogenannten “Scooter-runs” oder “Soul-nighter/bzw. All-nighter”, sind auch viele “Sharp-Skins” vertreten. Beide Gruppierungen sind äußerlich oft nur durch entsprechende Aufnäher zu unterscheiden. Seit kurzer Zeit sind bei Treffen der rechtsextremistisch bestimmten Skinheadszene vereinzelt auch “Scooters” anzutreffen.

2.2.6 Frauenbild der Skinheads

Das Frauenbild der Skinheads orientiert sich nicht an völkisch geprägten Frauenbildern, wie sie insbesondere vom historischen Nationalsozialismus propagiert werden. Weibliche Skinheads, “Renees” genannt, gehören mit zur Szene, treten jedoch bei gewalttätigen Auseinandersetzungen nur selten in Erscheinung.

2.2.7 Skinhead-Musik

Ein bedeutsames Medium der subkulturellen Skinheadszene ist die sogenannte “Oi-Musik”, deren aggressive und vielfach parolenhafte Texte deutlich rechtsextremistische Inhalte ausweisen. So werden Haß auf Ausländer und auf “Linke” propagiert, kommen primitive Aussagen zum Ausdruck und werden rassistische und nazistische Gedanken laut.15

Ursprünglich wurden von den Skin-Bands Elemente aus der Reggae- bzw. PunkMusik verwendet. Im Laufe der Zeit wandelte sich der Stil aber immer mehr in eine Mischung von Hardrock und Heavy Metal. Die zwischenzeitlich ausgewerteten Skinhead-Musikkassetten bestätigen den ersten Eindruck, daß es sich um eine eigenständige Musikrichtung handelt, die von dumpfen, schlichten Melodien und harten, schnellen, geradezu stakkatoartigen Rhythmen dominiert wird. Entscheidende Textpassagen werden ständig wiederholt und sind daher ausgesprochen einprägend. Insgesamt kann diese Musik ihrer Art nach als extrem laut und aggressiv charakterisiert werden.16

Das Anhören der Skinmusik stärkt offensichtlich auch das Zusammengehörigkeitsgefühl der Skins, denen es ansonsten gewolltermaßen an Organisation fehlt.17

2.2.8 Skinhead-Bands

Zu Beginn der 80er Jahre entwickelte sich in England die “Oi-Music”, die den “Way of Life” und “Fun” in der Skin-Bewegung ausdrückte. Ursprünglich waren die Vertreter der “Oi-Richtung” weitgehend unpolitisch, bis die politisch engagierten Skin-Bands, welche rassistische Texte verbreiteten, den Begriff “Oi” auch für sich beanspruchten.18

Die deutschen Musikgruppen orientieren sich textlich, aber auch musikalisch an den ausländischen Bands.

Bei den deutschen Texten sind folgende Aussagen vorherrschend:

1. Die weiße Rasse, die Herrenrasse, ist zu bewahren, da sie durch Rassenmischung, zionistische Machenschaften, Kommunismus, Kapitalismus und Gleichgültigkeit der herrschenden demokratischen Systeme akut bedroht ist.
2. Die Feinde der weißen Rasse, Kommunisten, Kapitalisten, Juden, sind zu beseitigen und entsprechende Regierungsformen durch das System des “Dritten Weges” zu ersetzen.
3. Skinheads, arische Jugendliche, haben die “Gefahr für ihre Rasse erkannt” und sehen sich als Kämpfer in einem nahen Rassenkrieg.

Zum Teil werden Verbindungen zwischen Skins und der SA, “den politischen Soldaten”, hergestellt.19

Zu den besonders bekannten Skinhead-Bands in Deutschland zählen:20

- “Störkraft” aus Düsseldorf
- “Werwolf” aus Gütersloh
- “Stuka” aus Bottrop
- “Kahlkopf” aus Oberursel/Hessen
- “Volkszorn” aus Bruchsal
- “Entwarnung” (ehemals “Ultra Doitsch”) aus Wuppertal

2.2.9 Skinhead-Fanzines

Bei den sogenannten “Fanzines” (Fan-Magazin) handelt es sich um Druckwerke, die für die Anhänger der Szene und deren Zusammenhalt bestimmt sind. Sie enthalten insbesondere Informationen über Konzerte von Skinhead-Bands sowie Neuerscheinungen und Bezugsadressen der entsprechenden Tonträger. Darüber hinaus informieren sie über szenentypische Aktivitäten, wie Skinhead- Treffen und Feten. Ein Teil der Fanzines enthält rechtsextremistisches Gedankengut. In ihnen wird zusätzlich über politische Demonstrationen von Rechtsextremisten berichtet. Weiterhin wird unter Angabe von Personennamen und Anschriften der Strafvollzugsanstalten dazu aufgefordert, die Publikationen an inhaftierte “Kameraden” zu versenden und sich um sie zu kümmern. Auf diese Weise soll die Lösung inhaftierter rechtsextremistischer Straftäter von der Szene verhindert werden.21

3 RECHTSEXTREMISTISCHE ORGANISATIONEN (AUSWAHL)

Der rechtsextremistische Bereich wird durch eine Vielzahl von Gruppierungen unterschiedlicher Bedeutung und Organisationsformen geprägt.

Von den ca. 75 aktiven rechtsextremistischen Gruppierungen mit ca. 46.000 Mitgliedern22 sind nur diejenigen aufgeführt, die im Zusammenhang mit dieser Arbeit von Bedeutung erscheinen.

Die in der Regel erwachsenen Führer der verschiedenen Jugendorganisationen sind überzeugte demagogische Rechtsextremisten. Dies gilt jedoch - von den JUNGEN NATIONALDEMOKRATEN (JN) als Parteijugend abgesehen - nicht für alle Mitglieder. Halbwüchsige dürften sich regelmäßig weniger von der rechtsextremistischen Ideologie und Propaganda dieser Gruppen als vielmehr von der praktizierten Kameradschaft, den jugendgemäßen Sport- und Freizeitgestaltungen wie Zelt- und Lagerfeuerangeboten angezogen fühlen. Die Führer setzen diese Mittel bewußt ein, um junge Menschen als Mitglieder zu gewinnen und politisch zu indoktrinieren.23

3.1 Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP)

- gegründet am 17. Februar 1979.

Seit 1984 wurde sie durch die Kühnengruppe24 unterwandert und nach dem Verbot der ANS/NA25 übernommen.

= AKTIONSFRONT NATIONALER SOZIALISTEN / NATIONALE AKTIVISTEN (, auch bekannt als “DIE BEWEGUNG” oder “Kühnenbewegung”26 )

Die Agitation der FAP richtete sich vor allem gegen auf Scheinasylanten reduzierte Asylbewerber, sonstige häufig pauschal als kriminell und dauerarbeitslos titulierte Ausländer sowie als “Chaoten” bezeichnete politische Gegner. In den Äußerungen führender Funktionäre der FAP wurde dem Sprachgebrauch der Nationalsozialisten entsprechend eine “Machtübernahme” angekündigt. Politisch Andersdenkende wurden als “Feinde” der FAP bezeichnet, die nach der “Machtübernahme” zu erschießen seien. Auf diese Weise wurden bei Mitgliedern und Anhängern der FAP Ressentiments erzeugt und Haßgefühle aufgebaut.

Der angestrebte Parteienstatus der FAP wurde durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) im November 1994 nicht anerkannt. Am 22. Februar 1995 erfolgte das Verbot durch den BMI (Verbot nicht rechtskräftig).27

3.2 Initiative für Ausländerbregrenzung (IFA)

- Aktionsgemeinschaft der DEUTSCHEN VOLKS UNION (DVU)28

Ziel: Verteidigung des Deutschen Charakters in Deutschland29

3.3 Junge National- demokraten (JN)

- gegründet 1969 in Wuppertal.

Es handelt sich um die Jugendorganisation der

NATIONALDEMOKRATISCHEN PARTEI DEUTSCHLANDS

(NPD).

Bis 1984 war Meinolf Schönborn (NATIONALISTI- SCHE FRONT) im Vorstand der JN. Er entwarf die Jugendzeitung “KLARTEXT”.

Streit mit der NPD-Führung u.a. über “KLARTEXT” führte zum Austritt Schönborns aus der JN und Gründung der NF.30

Aus der Sicht der JN waren die desolaten organisatorischen Verhältnisse sowie Querelen mit der Mutterpartei verantwortlich für den nur knappen Erhalt ihrer Mitgliederzahlen von 1992 zu 1993, welchen die Jugendorganisation als eine unbefriedigende Tatsache bewertete. Durch medienwirksame Auftritte, wie Protest- und Flugblattaktion auf dem Schlesiertreffen am 11. Juli 1993 in Nürnberg und Eierwürfe gegen den bayrischen Ministerpräsidenten anläßlich der Eröffnung der Bayreuther Festspiele am 25. Juli 1993, versuchten die JN, ihren Bekanntheitsgrad zu erhöhen.

Die JN sehen sich - zusammen mit der NPD - als nationalsozialistische

Gesinnungs- und Kampfgemeinschaft, die nicht Bestandteil des Systems sein will, sondern gegen dieses System kämpft.31

Weiterhin unterhielten die JN Kontakte zu Neonazis und durchbrachen damit die offiziellen Abgrenzungsbeschlüsse der NPD. So beteiligten sich JN-Anghörige am “Rudolf-Heß-Gedenkmarsch” am 14. August 1993 in Fulda, wo der stellvertretende JN-Bundesvorsitzende Holger Apfel (23) als Redner auftrat. Für die “Heldengedenkfeier” am 14. November 1993 (Volkstrauertag) in Halbe (Brandenburg) mobilisierten die JN gemeinsam mit der FREIHEITLICHEN DEUTSCHEN ARBEITERPARTEI (FAP), der NATIONALEN LISTE (NL) und der WIKING JUGEND (WJ). Die Veranstaltung - mit großem Propagandaaufwand als “zweites Fulda” angekündigt - war verboten und durch ein starkes Polizeiaufgebot verhindert worden.

3.4 Nationalistische Front (NF)

- gegründet am 8. Mai 1985 in Steinhagen, Kreis Gütersloh
- durch Meinolf Schönborn (damals JN) und M. Elbing
- Frühjahr 1986: Zulassung als Partei
- April 1986: NF-Zentrum, Bielefeld
- Januar 1989: Gründung des NF-Schulungs- zentrums, Detmold-Pivitsheide
- 1991: Verkauf des NF-Zentrums in Bielefeld und Gebäudeabbruch
- 29.09.1991: Beteiligung an den Landtags- wahlen in Bremen (Ergebnis 0,02%)

Nach der Grenzöffnung erhebliche Ausweitung in die neuen Bundesländer mit Tagungen, Zeltlagern und Teilnahme an Demonstrationen. (Verteilen von Flugschriften.)

Es handelt sich bei der NF um die aktivste Gruppierung in Ostwestfalen-Lippe mit Auswirkungen in alle Bundesländer.32

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten33

Das ehemalige NF -Zentrum in Detmold-Pivitsheide, nunmehr Eigentum Schönborns, war auch nach dem Verbot vom 27. November 1992 Anlaufstelle für Neonazis aus dem Bundesgebiet. Es wohnten dort ständig mehrere Rechtsextremisten für einige Wochen und Monate, um Schönborn in seiner Arbeit zu unterstützen. Auf Veranstaltungen warb Schönborn für den Aufbau einer in örtlichen Zirkeln organisierten Kaderorganisation und bat in diesem Zusammenhang um Spenden für den von ihm gegründeten Förderkreis JUNGENDSTURM DEUTSCHLAND34 (JD).35

3.5 Nationale Liste Christian Worch

- gegründet im März 1989 in Hamburg durch

(NL) - Juni 1991: Teilnahme an den Bürgerschafts- wahlen in Hamburg

Die NL unterhielt Kontakte zu allen rechtsextremistischen Gruppierungen und Skins, auch in den neuen Bundesländern. Worch verstärkte die Aktivitäten in den neuen Bundesländern und nahm an vielen Veranstaltungen, aber auch Gründungen teil. Er gilt bei anderen Gruppierungen als “Rechtsberater”. Nach Kühnens Tod ist er als einer der aktivsten Rechtsextremisten anzusehen. Der Parteistatus wurde durch das BVerfG nicht bejaht (Zuständigkeit: Innensenator Hamburg). Das Verbot der NL erfolgte am 23. Februar 1995 (noch nicht rechtskräftig).36

3.6 Wikingjugend (WJ)

- gegründet am 2. Dezember 1952 in Stolberg /Aachen.

Die WJ wurde nach dem Verbot der SOZIALISTISCHEN REICHSPARTEI (SRP)37 (welche wiederum 1949 als Nachfolgepartei der NSDAP hervorging) gegründet.

Es besteht eine Gliederung in “Gaue” und “Horste”, ca. 400 Mitglieder mit losen Kontakten zur (verbotenen) NF.38

Die WJ wurde am 10. November 1994 vom BMI als eine gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtete Vereinigung verboten (noch nicht rechtskräftig39 ). Hauptgrund für das Verbot war, daß die WJ in Programm, Vorstellungswelt und Gesamtstil eine Wesensverwandtschaft mit der früheren NSDAP und ihrer Teilorganisation “Hitlerjugend” (HJ) aufwies. Weiterhin orientiert sie sich am nationalsozialistischen Sprachgebrauch und an den äußeren Formen der NSDAP, insbesondere der HJ. Die WJ war eine nach dem Führerprinzip geleitete, einer germanisierenden Nordlandideologie nacheifernde Jugendorganisation.40

Ebenso diente die WJ als Sammelbecken rechter, auch weiblicher JugendGruppierungen.

4 ZIELRICHTUNG DER GEWALTTATEN MIT ERWIESENER ODER ZU VERMUTENDER RECHTSEXTREMISTISCHEN MOTIVATION MIT BEISPIELEN DIVERSER STRAFTATEN

Die weitaus meisten Gewalttaten richteten sich gegen ausländische Bevölkerungsgruppen.

Nach den durch die Medien besonders publizierten Ereignissen in Hoyerswerda (16.-23.9.1991), Rostock (22.-25.8.1992) und Mölln (23.11.1992), welche für die rechtsradikale Szene sowohl Signalwirkung hatten, als auch eine Vielzahl von Folgetaten hervorriefen, erfolgte im Mai 1993 der bisher folgenschwerste fremdenfeindliche Anschlag in Solingen:

4.1 Tötungsdelikte

- Bei einem Brandanschlag auf ein von türkischen Mitbürgern bewohntes Mehrfamilienhaus fanden zwei Frauen und drei Kinder den Tod. Sieben weitere Personen erlitten zum Teil schwere Verletzungen. Unter den vier Tatverdächtigen galt als Hauptverdächtiger ein 16jähriger Hauptschüler. Er hatte vor der Tat gegenüber Mitschülern angekündigt, daß er das “Türkenhaus” demnächst zusammen mit Skinheads abbrennen werde. Den Ermittlungen zufolge traf er vor der Tat zufällig mit den drei übrigen Beschuldigten, einem 16jährigen Schüler, einem 20jährigen Wehrpflichtigen und einem 23jährigen Arbeitslosen zusammen. Als diese dann von einer Auseinandersetzung mit Ausländern berichteten, soll er die Tat vorgeschlagen haben. Den dafür verwendeten Kraftstoff sollen die Täter an einer Tankstelle besorgt haben. Der Brandanschlag löste bei rechtsextremistischen Tätern einen bedrohlichen Nachahmungseffekt aus. Nach der Tat kam es in mehreren deutschen Großstädten zu Ausschreitungen türkischer Staatsangehöriger. In einigen Fällen deutete sich der Beginn eines Aufschaukelungsprozesses an.41

4.2 Fremdenfeindlich motivierte Gewalttaten

- In Oberhof (Thüringen) wurden am 29. 10. 1993 vor einer Diskothek zwei dunkelhäutige Mitglieder der US-amerikanischen Rennrodelmannschaft belästigt. Im Zuge der Auseinandersetzungen wurde ein dritter Amerikaner körperlich mißhandelt. Bei der Festnahme der Tatverdächtigen rief einer von ihnen “Sieg Heil”.42

- In der Nacht zum 21.08.1994 rempelte in Wuppertal (Nordrhein-Westfalen) ein 17jähriger deutscher Schreinerlehrling einen 22jährigen griechischen Staatsangehörigen zunächst an und trat ihn dann mit Springerstiefeln vor den Kopf.

Ein zweiter 15jähriger Tatbeteiligter konnte direkt im Anschluß an die Tat festgenommen werden. Dieser führte Aufkleber der FAP mit sich. In seiner Wohnung wurden Musikkassetten mit indizierter rechtsextremistischer Musik sichergestellt.

Der 17jährige Täter ist seit 1992 Mitglied der IFA. Es handelt sich dabei, wie schon unter Punkt 3.2 erwähnt, um eine Gruppierung der Deutschen Volksunion (DVU).43

4.3 Antisemitisch motivierte Gewalttaten

- In Freiburg (Baden-Württemberg) griffen am 28. Mai 1993 sieben jugendliche Rechtsextremisten einen Radfahrer an und versetzten ihm Fußtritte und Faustschläge. Dabei beschimpften sie das Opfer mehrmals als “Judenschwein”, riefen “Heil Hitler” und zeigten den Hitlergruß.44

In den übrigen Fällen wurden überwiegend jüdische Grabstätten geschändet. So wurde allein der älteste jüdische Friedhof in Worms (Rheinland-Pfalz) zweimal im Jahr 1993 verwüstet.45

4.4 Gewalttaten gegen politische Gegner und deren Trefforte

Der Kampf gegen den politischen Gegner gewinnt im rechtsextremistischen Lager immer größere Bedeutung. Unter dem Schlagwort “Anti-Antifa” begann eine informationelle Vernetzung von Neonazis, die zu einer neuen Qualität rechtsextremistischer Anschlagsplanung führen könnte.46

Hinter dem Begriff “Anti-Antifa” verbirgt sich keine rechtsextremistische Organisation. Der Begriff kennzeichnet eine politische Strategie. Der Hamburger Neonazi Christian Worch hat sie etwa Mitte 1992 in rechtsextremistischen Kreisen verbreitet. Er hat ihr den Sinn einer “Volksfront von Rechts” unterlegt. Dieser Anspruch sollte u.a. dadurch verwirklicht werden, daß politische Gegner durch die Veröffentlichung ihrer Namen und Anschriften verunsichert bzw. an der Durchführung “antifaschistischer Aktionen” gehindert werden. Linksextremisten bedienen sich diese Instruments seit langem.47 (siehe auch Punkt 7)

- Am 8. Mai 1993 formierten sich vor dem als Treffpunkt der “Antifa” bekannten Jugendzentrum in Aurich (Niedersachsen) etwa 100 Neonazis und riefen: “Ausländer raus, Deutschland den Deutschen, Tod der Antifa”. Die Neonazis kamen von einer Veranstaltung in Oldenburg (Niedersachsen) und waren mit Totschlägern, Gasrevolvern und Signalmunition ausgerüstet. Neonazis und “Antifa”-Anhänger bewarfen sich mit Steinen und beschossen sich mit Signalmunition.48

- In Borgheide (Brandenburg) griffen am 3. Juli 1993 Skinheads in der Absicht, “Linke aufzuklatschen”, einen 17jährigen Mopedfahrer und dessen 15jährige Beifahrerin an und rissen sie von ihrem Fahrzeug. Der Fahrer wurde durch Messerstiche, Elektroschocks und Fußtritte verletzt. Bei einem der Haupttäter wurde Material der verbotenen rechtsextremistischen Organisation “Nationa- listische Front” sichergestellt.49

4.5 Gewalttaten gegen Behinderte, Obdachlose, Prostituierte und Homosexuelle

- In Marl (Nordrhein-Westfalen) trat am 6. Juli ein 18jähriger Schüler unter Alkoholeinfluß auf einen schlafenden Obdachlosen ein. Nach Aussage einer Zeugin bezeichnete er ihn als “Judensau” und sagte: “Für das Schwein bezahle ich Geld”.50

4.6 Urteile (Auswahl)

a) Das Oberlandesgericht Schleswig verurteilte am 8. Dezember 1993 die beiden Rechtsextremisten Michael P. und Lars C. wegen dreifachen Mordes, mehrfachen Mordversuchs und besonders schwerer Brandstiftung zu lebenslanger Haft bzw. zehn Jahren Jugendstrafe. Die beiden Täter hatten in der Nacht zum 23. November 1992 in Mölln (Schleswig-Holstein) Brandanschläge auf zwei von Türken bewohnte Häuser verübt. In einem der Häuser waren drei türkische Staatsangehörige - zwei 10 und 14 Jahre alte Mädchen und eine 51jährige Frau - ums Leben gekommen. Mehrere Personen hatten z.T. schwere Verletzungen erlitten. Lars C., der noch in der Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann stand, schloß sich bereits 1988 einer rechtsextremistischen Skinheadgruppe an.51

b) Das Bezirksgericht Potsdam verurteilte am 8. Juli 1993 zwei Skinheads wegen Mordes zu Jugendstrafen von neun bzw. sieben Jahren. In einem abgetrennten Verfahren wurde ein weiterer Angeklagter, der ebenfalls der Skinheadszene angehörte zu eine Jugendstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Täter hatten am 7. November 1992 in Lehnin (Brandenburg) einen 51jährigen Arbeitslosen schwer mißhandelt, mit Benzin übergossen, angezündet und in einen See geworfen.52

c) Das Bezirksgericht Frankfurt/Oder verurteilte am 26. Juli 1993 einen 20jährigen Rechtsextremisten wegen versuchten Mordes zu einer Gesamtstrafe von sieben Jahren Jugendhaft. Das Urteil wurde vom Bundesgerichtshof bestätigt. Der Verurteilte hatte am 23. Oktober 1992 in Frankfurt/Oder mit einer Schußwaffe einen nigerianischen Asylbewerber schwer verletzt. Er war bereits wiederholt einschlägig hervorgetreten. So war er am 11. Juni 1991 an einem Überfall auf polnische Staatsangehörige in Frankfurt/Oder beteiligt, bei dem diese schwer mißhandelt worden waren.53

d) In Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen) wurde an 02.05.1994, gegen 20.30 Uhr, eine 20jährige Deutsche, die aufgrund ihres Aussehens für eine Ausländerin gehalten wurde, an einer Haltestelle von zwei weiblichen und neun männlichen Jugendlichen festgehalten. Ihr wurde vorgeworfen, auf Kosten anderer zu leben und deshalb wollte man nun auch Spaß an ihr haben. Während die weiblichen Jugendlichen das Opfer weiter festhielten, vergriffen sich die männlichen Delinquenten an der wehrlosen Frau, versuchten sie auszuziehen und zu küssen. Als sich Passanten näherten, ließ die Gruppe von ihrem Opfer ab und flüchtete. Im Rahmen der Ermittlungen konnten die 11 Beschuldigten im Alter zwischen 16 und 18 Jahren festgenommen werden. Gegen alle wurden Haftbefehle erlassen, die mittlerweile außer Vollzug gesetzt worden sind. Ende Januar 1995 wurden zehn der Beschuldigten zu Jugendstrafen von 9 bis 12 Monaten verurteilt. Die Strafen wurden zur Bewährung ausgesetzt.54

e) Das Landgericht Dresden verurteilte am 29. Oktober 1993 einen 19jährigen Rechtsextremisten wegen fahrlässiger Tötung und schwerer Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Der Verurteilte hatte am 31. März 1991 zusammen mit einem anderen rechtsextremistischen Jugendlichen einen Mosambikaner angegriffen. Dabei war dieser aus der fahrenden Straßenbahn gestürzt und hatte schwere Kopfverletzungen davongetragen, an denen er später verstarb.55

f) Am 20.04.1994, gegen 21.30 Uhr brach in Bielefeld (Nordrhein-Westfalen) im ersten Stock eines von türkischen Staatsangehörigen bewohnten Hauses ein Feuer aus, bei dem ein Sachschaden von ca. 150.000 DM entstand. Personen wurden nicht verletzt. Im Zuge der Ermittlungen konnten noch in der Tatnacht sechs Jugendliche zwischen 14 und 16 Jahren festgenommen werden. Die Gruppe um den 16jährigen Haupttäter und Werfer des Brandsatzes will durch den Geburtstag Adolf Hitlers zur Tat angeregt worden sein. Eine Jugendstrafkammer des Landgerichts Bielefeld verurteilte die sechs Angeklagten wegen schwerer Brandstiftung und Verstoßes gegen das Waffengesetz zu Jugendstrafen zwischen 18 Monaten und 3 Jahren.5657

5 MAßNAHMEN GEGEN HERSTELLER UND VERBREITER RECHTSEXTREMISTISCHER SKIN-MUSIK UND SKIN-FANZINES

Am 3. Februar 1993 wurden in sieben Bundesländern abgestimmte Exekutivmaßnahmen gegen die Hersteller und Verbreiter rechtsextremistischer Skin-Musik durchgeführt. Die Polizei durchsuchte u.a. wegen des Verdachts der Volksverhetzung, Aufstachelung zum Rassenhaß und Gewaltdarstellungen Wohnungen, Übungs- und Geschäftsräume von zehn Bands sowie zwei Musikverlagen, die Tonträger mit Skinheadmusik vertreiben. Dabei wurde umfangreiches Beweismaterial sichergestellt. Waffen und Munition stellte die Polizei bei Mitgliedern von Bands aus Bottrop (Skinband “Stuka”) und Gütersloh (Skinband “Wehrwolf”) sicher. Am 15. Juli 1993 wurden in sechs Bundesländern Exekutivmaßnahmen (Durchsuchung von Wohnungen, Autos und Postschließfächern) gegen 12

Hersteller von Skinhead-Fanzines und zwei Geschäftsführer eines Versandhandels wegen des Verdachts eines Verstoßes nach §§ 86 a StGB, §§ 130 StGB und nach Vorschriften des Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften (GjS) durchgeführt, aus deren Anlaß umfangreiches Beweismaterial beschlagnahmt werden konnte.

In Nordrhein-Westfalen waren der “Donner-Versand” in Lüdenscheid sowie der Herausgeber des Skinhead-Fanzines “Phönix” aus Issum, Kreis Kleve, betroffen.

6 ERKENNTNISSE ÜBER JUGENDLICHE UND HERANWACHSENDE BESCHULDIGTE

6.1 Altersstruktur der Tatbeteiligten mit erwiesener oder zu vermutender rechtsextremistischer Motivation

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: LKA, NW

6.2 Soziologische Struktur anhand von Daten aus dem Jahr 1992

Eine 1992 bundesweit angelegte soziologische Strukturanalyse von Urteilen gegen 36 Jugendliche und 40 Heranwachsende, die aufgrund einer oder mehrerer Gewalttaten verurteilt worden waren ergab folgende Ergebnisse58:

I. Bei den Verurteilten handelte es sich ausnahmslos um männliche Personen.

II. Bezüglich des Alters:

A. Unter den Jugendlichen befanden sich

1. zwei 15jährige,

2. achtzehn 16jährige und sechzehn 17jährige Straftäter

B. Die Heranwachsenden unterteilten sich in

1. achtzehn 18jährige,

2. sechzehn 19jährige und

3. sechs 20jährige

III. Bezüglich der Ausübung einer Tätigkeit und/oder des Berufs:

A. 11 Schüler (davon 5 Gymnasiasten)

B. 21 Auszubildende

C. 10 zum Wehrdienst einberufene Heranwachsende (drei mit, sieben ohne vorherige Berufsausbildung)

D. 9 Personen in einem ungelernten Arbeitsverhältnis

E. 7 Personen in einem gelernten Arbeitsverhältnis

F. 24 Arbeitslose

G. Bei 5 Personen waren die Tätigkeitsfelder unbekannt

IV. Bezüglich der Schulbildung:

A. Höhere Handelsschule = ein Heranwachsender

B. Realschule = ein Heranwachsender

C. 10. Klasse Hauptschule = 5 Jugendliche und 6 Heranwachsende

D. 9. Klasse Hauptschule = drei Jugendliche und ein Heranwachsender

E. 8. Klasse Hauptschule (Hauptschulabschluß) = 10 Jugendliche und

11 Heranwachsende

F. Hauptschule ohne Abschluß = zwei Jugendliche und drei Heranwachsende

G. Sonderschule = drei Heranwachsende

H. Schulbildung unbekannt bei 10 Jugendlichen und 7

Heranwachsenden

V. Bezüglich der Szenenzugehörigkeit:

A. Sowohl 20 Heranwachsende als auch 19 Jugendliche waren Angehörige der Skinhead-Szene. (Besonders auffällig erscheint ein jugendlicher Skin, welcher die türkische Staatsangehörigkeit besitzt.)

B. Zwei Jugendliche und vier Heranwachsende zählten sich nach eigenen Angaben nicht zu den Skinheads.

C. Der “Psychobilly”-Szene gehörten zwei Jugendliche und ein Heranwachsender an.

D. Die Zugehörigkeit von 12 Jugendlichen und 16 Heranwachsenden war unbekannt.

VI. Sympathisanten oder Mitglieder in politisch rechts orientierten Parteien:

A. Ein 15jähriger Jugendlicher unterhielt Verbindungen zur NF.

B. Drei Heranwachsende unterhielten Verbindungen zur FAP und ein Jugendlicher gab an, in früherer Zeit Verbindungen zu dieser Organisation gehabt zu haben. Darüber hinaus waren derzeit jeweils ein Jugendlicher und ein Heranwachsender Mitglied der FAP.

C. Ein Heranwachsender war Mitglied der JN.

D. Bei zwei Heranwachsenden und zwei Jugendlichen bestand eine Mitgliedschaft zur WJ.

6.3 Störungsbild der Straftäter

Die Kombination von Gewaltbereitschaft, mäßiger bis geringer Intelligenz, Neigung zum Alkohol- und Drogenmißbrauch bei ideologischer Rechtfertigung begangener und noch zu begehender schwerer Straftaten, mangelnde Reue, engstirniger Stolz statt Scham- und Schulderleben, Gefühlskälte und Unbelehrbarkeit sowie mangelnde Einsicht in das Unrecht stellen ein therapeutisch schwer anzugehendes Bollwerk dar.

Dahinter verbirgt sich zumeist ein durch Minderwertigkeit, Depressivität, Selbsthaß sowie Ich-Schwäche, geringer Lern- und Leistungsfähigkeit und instabiler psychosexueller Identität gekennzeichneter unreifer Jugendlicher, bei dem Abwesenheit von Erziehung (im günstigsten Fall), Erlebnisse schwerster Mißhandlung in der Kindheit, und früh einsetzendes Herausfallen aus Kindergarten, Schule und Vereinsleben ein Abdriften in die Gemeinschaft der vermeintlich “rassisch Auserwählten” begünstigen.

Diese besondere “peer-group” scheint eher die Aufgabe zu haben, das Erwachsenwerden zu behindern, regressive Prozesse einzuleiten und den Weg zur Individuation zu versperren. Die Gewaltanwendung in der Gruppe dient dabei als Möglichkeit, auf sich aufmerksam zu machen und hat zusätzlich noch selbst- rettende Funktion.59

7 BEWERTUNG / PROGNOSE

Das Straftatenaufkommen im Bereich des Rechtsextremismus/-terrorismus und der fremdenfeindlich motivierten Straftaten bewegt sich weiterhin auf hohem Niveau.

Auf Seiten der Sicherheitsbehörden wurde durch eine Verstärkung der mit dem Phänomenbereich befaßten Organisationseinheiten in Bund und Ländern auf die Bedrohungslage durch rechtsextremistisch und fremdenfeindlich motivierte Straftäter reagiert.

Mehrere koordinierte länderübergreifende Exekutiveinsätze seit Anfang 1993 in den Bereichen Skinheads/Propagandaaktivitäten haben bereits Wirkung gezeigt und zu einem Rückgang des Strafaufkommens in diesen Bereichen geführt.

Eine systematische Vernetzung rechtsextremistischer Organisationen mit militanten Rechtsextremisten, insbesondere rechtsextremistischen Skinheads, ist bisher nicht feststellbar.

Angesichts der anhaltenden schweren Ausschreitungen von Rechtsextremisten verschärfte sich auch der “antifaschistische Kampf” des linksextremistischen Spektrums und die damit verbundene Konfrontation beider politischer Lager.

Die Auseinandersetzungen zwischen Rechts- und Linksextremisten werden offensichtlich härter und systematischer. Erste Anzeichen der Strukturierung einer “Anti-Antifa” weisen auf neue und qualifizierte Gefährdungen hin.

Die Hemmschwelle zur brutalen Gewalt wird auf beiden Seiten immer niedriger. Ziele der Gewalttaten mit rechtsextremistischen Hintergrund sind vor allen Trefforte und Lokale der “Linken”, wie sie es nennen.

Der bereits unter Punkt 3.5 und 4.4 genannte Hamburger Neonazi Christian Worch leitete wie schon erwähnt die “Anti-Antifa”- Kampagne ein, deren Ziel zum einen die langfristig logistisch vorbereitete Bekämpfung politischer Gegner, andererseits die Mobilisierung von Anhängern unterschiedlicher rechtsextremistischer Gruppen zu einer organisationsübergreifenden Aktionsgemeinschaft ist.

Neben der “Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige” (HNG), die inhaftierte Neonazis unterstützt, stellt die “Anti-Antifa” derzeit das einzige nennenswerte Bindeglied zwischen den unterschiedlichen neonazistischen Gruppierungen dar.

Die Vielfalt der Propagandadelikte läßt erkennen, wie intensiv die Agitation betrieben wird. Damit wird der Nährboden und das Rekrutierungsfeld für organisierten Rechtsextremismus geschaffen.

Ob der Rückgang der fremdenfeindlichen Gewalttaten dauerhaft ist, wird sich zeigen. Die Erfahrungen der letzten Jahre belegen, daß es nur einer Fanaltat wie in Mölln oder Solingen bedarf, um die Zahl der Gewalttaten wieder emporschnellen zu lassen.60

[...]


1 Zimmermann in PFA 3/94, 5 ff.

2 IM NW / Abt. VerfS - VerfSB NRW 1993, 40

3 IM NW / Abt. VerfS - VerfSB NRW 1993, 19

4 IM NW - Skinheads in NRW, Teil 2, 17

5 IM NW / Abt. PR, 1

6 IM NW / Abt. PR, 4

7 IM NW / Abt. PR, 4

8 IM NW / Abt. PR, 5

9 BMI - BVerfSB 1993, 103

10 IM NW - Skinheads in NRW, Teil 1, 3 - 5

11 Skinheads Against Racial Prejudice

12 IM NW / Abt. VerfS - VerfSB NRW 1993, 106

13 IM NW / Abt. VerfS - VerfSB NRW 1993, 106

14 IM NW / Abt. VerfS - VerfSB NRW 1993, 107

15 IM NW - Skinheads in NRW, Teil 1, 7

16 IM NW - Skinheads in NRW, Teil 2, 3

17 IM NW - Skinheads in NRW, Teil 1, 14

18 IM NW - Skinheads in NRW, Teil 1, 7

19 IM NW - Skinheads in NRW, Teil 1, 10

20 IM NW - Skinheads in NRW, Teil 1, 10 - 12; Teil 2, 2

21 IM NW / Abt. VerfS - VerfSB NRW 1993, 102 - 103

22 PP Bielefeld - U.A. Staatsschutz, 2

23 BMI - BVerfSB 1993, 143

24 Michael Kühnen trat 1971 in Hamburg als Linksextremist in Erscheinung und wechselte nach etwa einem halben Jahr in das rechtsextremistische Lager. Er gründete in Hamburg die ANS und NA. Mehrfach trat er in öffentlichen Medien auf. Kühnen unterhielt Kontakte auf internationaler Ebene. Der Bundeswehr diente er als Zeitsoldat in der Offizierslaufbahn. Es folgten Verurteilungen wegen mehrerer Straftaten zu längerer Haft. Kühnen starb im April 1991 in Kassel im Alter von 36 Jahren an den Folgen der Immunschwäche AIDS (Er galt als homosexuell). Es bestand Streit um seinen Bestattungsort (links/rechts). Der Verbleib der Urne ist bis heute ungewiß. (vgl. PP Bielefeld - U.A. Staatsschutz, 6)

25 durch BMI am 24. 11. 1983 (Rechtskraft: 01.04.1986)

26 Von Michael Kühnen selbst und seinen Anhängern bevorzugte Bezeichnung für seine rechtsextremistischen und neofaschistischen Gruppierungen, die besonders während des organisationslosen Zeitraumes des ANS/NA-Verbotes und Neugründung der Nationalen Sammlung (NS) im Jahr 1988 als Oberbegriff benutzt wurde.

27 PP Bielefeld - U.A. Staatsschutz, 13 - 14

28 Die DVU agiert gegen Ausländer, insbesondere gegen Asylbewerber, vor allem gegen Sinti und Roma.

29 PP Bielefeld - U.A. Staatsschutz, 18

30 PP Bielefeld - U.A. Staatsschutz, 19

31 BMI - BVerfSB 1993, 131

32 PB II Bielefeld, 18

33 BKA Abt. ST2, 1992

34 Die Jugendorganisation der NF (Aufnahme mit dem 14. Lebensjahr; Emblem: Reichsadler mit Totenkopf)

35 IM NW / Abt. VerfS - VerfSB NRW 1994, 106

36 PP Bielefeld - U.A. Staatsschutz, 24

37 Selbstauflösung im Oktober 1952 vor dem Ausspruch des Verbotes durch das BVerfG. (Trotz Auflösung erfolgte Verbot durch BVerfG.)

38 PB II Bielefeld, 24

39 PP Bielefeld - U.A. Staatsschutz, 31

40 IM NW / Abt. VerfS - VerfSB NRW 1994, 133

41 BMI - BVerfSB 1993, 85

42 BMI - BVerfSB 1993, 86 - 87

43 IM NW / Abt. PR, 40

44 BMI - BVerfSB 1993, 87

45 BMI - BVerfSB 1993, 88

46 BMI - BVerfSB 1993, 88

47 IM NW / Abt. VerfS - VerfSB NRW 1994, 53

48 BMI - BVerfSB 1993, 89

49 BMI - BVerfSB 1993, 90

50 BMI - BVerfSB 1993, 88

51 BMI - BVerfSB 1993, 90 - 91

52 BMI - BVerfSB 1993, 91

53 BMI - BVerfSB 1993, 92

54 IM NW / Abt. PR, 39

55 BMI - BVerfSB 1993, 93

56 IM NW / Abt. PR, 38 ff.

57 IM NW / Abt. VerfS - VerfSB NRW 1993, 103

58 IM NW - Skinheads in NRW, Teil 2, Anhang

59 Weiß in PFA 3/94, 67 ff.

60 Schamberger in PFA 3/94, 20 ff.

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Erscheinungsformen des Rechtsextremismus bei Jugendlichen und Heranwachsenden
Hochschule
Universität Bielefeld
Veranstaltung
Vorlesung Jugendstrafrecht, Prof. Dr. Frehsee
Note
10
Jahr
1995
Seiten
25
Katalognummer
V96428
ISBN (eBook)
9783638091046
Dateigröße
401 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Grundlagenschein Jugendstrafrecht
Schlagworte
Erscheinungsformen, Rechtsextremismus, Jugendlichen, Heranwachsenden, Vorlesung, Jugendstrafrecht, Prof, Frehsee
Arbeit zitieren
Anonym, 1995, Erscheinungsformen des Rechtsextremismus bei Jugendlichen und Heranwachsenden, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/96428

Kommentare

  • Gast am 24.11.2005

    sinnliche Wahrnehmung und explizieren der Tatsachen.

    Also junger Mann vorab, eine an sich recht gute Arbeit, ABER: Wer von Skinhead spricht sollte sich unbedingt tiefgründig mit der Materie befassen. SO sind hier Fehler wie S.H.A.R.P. - Skinheads gehören der linksextremistischen oder der linksgeneigten Skinheadszene an, oder Oi-Skinheads wären in ihrem verhalten ähnlich wei national gesinnte Skinheads. Des weiteren gibt es in Deutschland eine Vielzahl Skinheads die nicht in Armeeklamotten und weißen Laces (Schnürsenkel) rumlaufen. Auch antirassistische Skinheads tragen weiße, JA WEIßE Laces. Die Farbe der Laces hat absolut keinerlei Bedeutung und entbehrt jeder empiristischer Grundlage das diese explizit der Rechten zugewiesen werden können. Ich empfehle Ihnen eine genauere Studie dieser Subkultur, da diese an Vielschichtigkeit, Komplexität und Anspruch wohl von keiner Jugendsubkultur übertroffen wird. Letztlich ist diese auch eine der ältesten noch existenten und damals wie heute das Straßenbild prägenden Kulturen und nicht um sonst spricht man vom "Skinheadkult" oder " Skinhead Way Of Life". Vielen Dank

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Titel: Erscheinungsformen des Rechtsextremismus bei Jugendlichen und Heranwachsenden



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