Kundenbindungsinstrumentarien im Wettbewerb auf dem Luftverkehrsmarkt


Seminararbeit, 1998

26 Seiten


Leseprobe


Inhalt

1 Vorbemerkungen

2 Grundlagen des Marketing
2.1 Was ist Marketing?
2.2 Der Marketingprozeß
2.2.1 Der Markt
2.2.2 Wertangebot als Kaufanreiz
2.2.3 Beziehungen der Parteien
2.3 Kundenbindung als Marketinginstrument
2.3.1 Bedeutung der Kundenbindung
2.3.2 Kundenzufriedenheit als Erfolgsgeheimnis

3 Marketing im Luftverkehr
3.1 Allgemeine Betrachtungen
3.1.1 Der Luftverkehrsmarkt und seine Besonderheiten
3.1.2 Die Situation einer Luftverkehrsgesellschaft
3.1.3 Kundenbindung im Luftverkehr in ihrer Entwicklung
3.1.4 Ein Exkurs: Wie Jan Carlzon die Fluggesellschaft SAS zur Marktorientierung führte
3.2 Konzepte zur Kundenbindung im Luftverkehr
3.2.1 Kundenzufriedenheit durch optimale Anpassung an die Passagierzielgruppe
3.2.2 Kundendialog durch aktives Beschwerdemanagement
3.2.3 Vielfliegerprogramme
3.2.4 TQM als unterstützendes Element bei der Kundenbindung

4 Zukunftsaussichten

5 Anhang

6 Quellennachweis

1 Vorbemerkungen

Kundenbindung als Teilaspekt einer Marketingstrategie hat in den letzten Jahren in allen Wirtschaftszweigen erheblich an Bedeutung gewonnen. Einer der Gründe dafür ist die ständig abnehmende Markentreue der Kunden, so daß es heute nahezu unmöglich ist Käufer alleine über das Image eines Produktes, zum mehrmaligem, dauerhaftem Erwerb des Selben zu bewegen. Es handelt sich nicht mehr um einfache Ausprägungen von Markenpräferenzen und Markentreue des Konsumenten (Als Konsument soll hier die Menge aller Zwischenabnehmer bis hin zum Endverbraucher betrachtet werden.) durch die eine dauerhafte Bindung erreicht werden kann. Die Marketingexperten haben erkannt, daß es in den hochentwickelten Käufermärkten der Industrienationen absatzpolitisch kaum noch vertretbar ist, sich auf einen ständigen Durchsatz mit wechselnden Kunden zu stützen. Die Gründe dafür sind komplex und sollen im Kapitel 2, zusammen mit den dafür relevanten Grundmechanismen des modernen Marketing kurz erläutert werden.

In der Luftfahrt trifft man, was die Erstellung und die Vermarktung des Produktes Transportleistung betrifft, auf eine Reihe von Besonderheiten. Dies betrifft sowohl den Markt, das Produkt und die Abnehmer, als auch die Position der Luftfahrtgesellschaften in diesem Gefüge. Unter anderem die hohe Dynamik dieses Wirtschaftszweiges und seine starke Abhängigkeit von der allgemeinen Wirtschaftslage komplizieren die Erstellung von Langzeitprognosen oder Strategien. Das Kapitel 3 liefert dazu einen kurzen Abriß, zusammen mit einem Versuch, spezielle Strategien aufzuführen.

Das 4. Kapitel widmet sich anschließend den Kundenbindungsinstrumentarien bei Luftverkehrsgesellschaften, wobei auch Möglichkeiten betrachtet werden, die eher in den Bereich einer globalen Unternehmenspolitik fallen, wodurch deutlich wird, daß Kundenbindung, sowie Marketing allgemein, sich nicht auf die Arbeit einer einzelnen Unternehmensabteilung beschränken lassen, sollen sie erfolgreich sein.

2 Grundlagen des Marketing

2.1 Was ist Marketing?

Auf eine ausführliche Darstellung der überaus komplexen Grundlagen und Prinzipien des Marketing soll an dieser Stelle verzichtet werden.

Kotler und Bliemel definieren den Begriff Marketing wie folgt:

“Marketing ist ein Prozeß im Wirtschafts- und Sozialgefüge, durch den Einzelpersonen und Gruppen ihre Bedürfnisse und Wünsche befriedigen, indem sie Produkte und andere Dinge von Wert erzeugen, anbieten und miteinander austauschen.”[1]

Eine weitere, auf den Prozeß des Marketing als unternehmerisches Aufgabenfeld angewandte Definition lautet:

“Marketing (-Management) ist der Planungs- und Durchführungsprozess der Konzipierung, Preisfindung, Förderung und Verbreitung von Ideen, Waren und Dienstleitungen, um Austauschprozesse zur Zufriedenstellung individueller und organisationeller Ziele herbeizuführen.”[2]

Marketing meint somit zum einen alle ablaufenden Prozesse zum Austausch von Gütern und Dienstleistungen, sowie alle sonstigen damit verbundenen Erscheinungen. Zu den ersten zählen Bedürfnisweckung oder Bedürfnisanalyse auf dem Markt und der Prozeß des Güter- oder Leistungsaustausches an sich. Dazu sind Beziehungen der Austauschenden Parteien von Nöten, die durch Informationsaustausch und -sammlung, Kommunikation und Konzentration auf spezifische Gruppen des Marktes gekennzeichnet sind.

Die Aufgabe des Marketings ist es somit, ein Produkt erfolgreich auf einem Markt zu plazieren und dauerhaft erfolgreich zu vertreiben. Simplifiziert ausgedrückt bedeutet dies, daß Abnehmer für ein Produkt auf dem Markt gefunden werden sollen, und diese Abnehmer zur kontinuierlichen Abnahme des Produktes bewegt werden sollen.

2.2 Der Marketingprozeß

2.2.1 Der Markt

In den hochentwickelten Industrienationen der Welt liegt in fast allen Wirtschaftszweigen ein stark ausgeprägter Käufermarkt vor, d.h. viele Anbieter eines Produktes oder einer Dienstleitung stehen um den Kunden im Wettbewerb untereinander. Diese Situation trifft man größtenteils auch im Luftverkehr an, obwohl es regional aus verschiedenen Gründen Monopolausprägungen gibt.

Unternehmen in solchen Käufermärkten sehen sich vor die Aufgaben gestellt, einerseits durch Product Engineering ihre Produkte ständig zu verbessern, sie gegenüber anderen Produkten qualitativ aufzuwerten, und andererseits durch geschicktes
Market-Engineering, eine geeignete Kundschaft für diese Produkte aufzubauen.

2.2.2 Wertangebot als Kaufanreiz

Wann wird es einem Unternehmen gelingen einen Kunden für sein Produkt zu gewinnen?

Der Kunde möchte beim Austausch seines Geldes gegen eine Ware oder Dienstleistung einen Wertgewinn erzielen. Der Erwerb einer Leistung soll “sich lohnen”. Aufgrund einer Erwartungshaltung, die auf dem verfügbaren Wissen über die Leistung, Vermutungen und persönlichen Ansprüchen basiert, erwartet der Kunde einen gewissen Nutzen[3] (oder auch Nutzwert) von dem Erwerb der Leistung. Verspricht sich der Kunde von einem Produkt (einer Dienstleistung), daß diese dem erwarteten Nutzen entspricht, möglicherweise diesen sogar übertrifft, wird er sich zum Erwerb der Leistung entschließen. Die Leistung bringt für ihn bei Erwerb einen Wertgewinn.

Erst nach dem Kauf des Produktes oder der Inanspruchnahme der Dienstleistung weiß der Kunde ob der erwartete Nutzen dem tatsächlichen Nutzen entspricht, d.h. ob er tatsächlich einen Wertgewinn erzielt hat. Diese abschließende Bewertung bestimmt das Maß an Zufriedenheit, daß der Erwerb mit sich gebracht hat.

Der Kunde wird das Produkt nur dann wiederholt erwerben (die Dienstleitung in Anspruch nehmen) wenn er einen Wertgewinn erzielt hat - wenn der Kunde mit der erbrachten Leistung des Unternehmens zufrieden ist.

2.2.3 Beziehungen der Parteien

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 - Einfaches Marketinggefüge

Die Beziehungen zwischen dem Unternehmen und dem Kunden, der ein Produkt des Unternehmens erwirbt oder eine Dienstleistung in Anspruch nimmt, gründen sich zwar auf dem Austausch von Geld gegen erbrachte Leistung, allein mit dieser Wechselbeziehung kann ein Unternehmen sich nicht auf dem Markt behaupten. Es ist nötig, daß der Leistungsersteller mit seinem Kunden in einen Dialog tritt. Das kann in einseitiger Form durch Werbung und Produktinformationen geschehen, oder aber kommunikativ durch persönlichen, zusätzlichen Service für den Kunden, dessen Reaktionen darauf, Vorschläge des Kunden zur Verbesserung des Produktes. Je nach Wichtigkeit des Kunden und nach dem Wert des veräußerten Produktes wird das Unternehmen unterschiedlich stark mit dem Kunden in wechselseitige Beziehung treten. Diese Form der Unternehmen-Kunden-Beziehung nennt man Beziehungsmarketing.

2.3 Kundenbindung als Marketinginstrument

2.3.1 Bedeutung der Kundenbindung

In den heutigen Märkten verlieren die klassischen Mittel des Marketing zunehmend an Wirkung. Durch die hohe Reizüberflutung des Konsumenten mit Werbung in den Medien, hat diese ihren hohen Wirkungsgrad verloren. Hinzu kommen dann erhöhte Kosten, will man diesen Effekt auch nur Ansatzweise durch eine größere Intensität der Werbung kompensieren. Rechtliche Beschränkungen setzen der Werbung ebenfalls ihre Grenzen. Auch Maßnahmen der Verkaufsförderung (typische Vertreter sind: Gratis- und Sonderangebote, Rabattmarken, Spielzeugbeigaben in Lebensmittelpackungen u.ä.) ähneln sich von einem Unternehmen zum anderen. Die Überflutung des Marktes mit solchen Angeboten führt ebenfalls zu einer Abstumpfung des Kunden, d.h. auch diese Maßnahmen müssen immer stärker werden, um für das einzelne Unternehmen eine Wirkung zu erzielen.

Allerdings sind diese Maßnahmen nur wirksam bei der Gewinnung neuer Kunden.

In einem Unternehmen kann die Größe des Kundenstammes konstant sein obwohl ein ständiger Kundenstrom vorliegt, d.h. die neu gewonnenen Kunden werden durch verlorene Kunden kompensiert. Nach außen wirkt diese Bilanz ausgeglichen, doch ist der Schaden, den ein abgesprungener Kunde für das Unternehmen bedeutet , als sehr hoch einzuschätzen.

Zum einen wird sich der Kunde, aus was für Gründen er sich auch zu einem Wechsel entschlossen hat, das Unternehmen in einem unvorteilhaften Licht darstellen. So ist es möglich, das andere Kunden ebenfalls abwandern.

Auch ist es für das Unternehmen erforderlich, daß der Kunde für eine gewisse Verweildauer dem Unternehmen erhalten bleibt. Der Kunde muß eine gewisse Zeit lang die Dienste des Unternehmens (eine Anzahl Produkte erwerben) in Anspruch nehmen, damit er dem Unternehmen auch Gewinn bringt, d.h. die Kosten, die bei der Kundenneugewinnung entstehen, werden auf den Kunden umgelagert, und müssen erst wieder durch die Geschäftsbeziehung eingebracht werden.

Aus o.g. Grund und der Tatsache, daß ein starker, kostenintensiver Kampf um die Kunden auf dem Markt stattfindet, ist die Gewinnung von Neukunden immer kostspieliger als die Bindung bestehender Kunden.

Ein kleines Beispiel zur Abschätzung des Schadens durch Kundenabwanderung:

- Ein Unternehmen hat 6400 Kunden.
- Das Unternehmen verliert dieses Jahr 5% der Kunden, die mit dem Service unzufrieden sind (320)
- Im Jahresdurchschnitt brachte jeder der verlorenen Kunden dem Unternehmen einen Umsatz von 40000 DM, die nun verloren sind. Das Unternehmen verzeichnet insgesamt eine Umsatzeinbuße von 12.8 Mio. DM.
- Bei einer Umsatzrendite von 10% verlor das Unternehmen also unnötigerweise 1.28 Mio. DM durch Kundenabwanderung.
- Das Unternehmen muß nun abschätzen, was es kosten würde, diese Abwanderungsrate zu verringern. Wenn der Aufwand dafür weniger kostet als der Schaden von 1.28 Mio. DM durch den Kundenverlust, sollte das Unternehmen die entsprechenden Maßnahmen ergreifen.

Kundenbindung gewinnt immer dann an Bedeutung, wenn die Neukundengewinnung mit hohen Kosten verbunden ist weil ein Markt stark umkämpft ist, wenn es sich um einen spezialisierten Markt mit wenig Kunden handelt, wenn ein geringer Anteil von Kunden über hohe Gewinne oder Verluste des Unternehmens entscheidet und wenn durch Kundenabwanderung und ihre Folgen hohe Verluste entstehen.

Ein namhafter Hersteller für Kornflakes gibt z.B. ca. 3% seines Marketingbudgets für Kundenbindung aus, während es bei dem Luftfahrtunternehmen DBA rund 25% sind.

2.3.2 Kundenzufriedenheit als Erfolgsgeheimnis

Die Bindung des Kunden an ein Unternehmen kann prinzipiell durch drei Möglichkeiten realisiert werden, die in der Praxis fast ausschließlich in Mischformen anzutreffen sind.

Das sind:

1. Schaffung von Barrieren, die den Kunden an einer Trennung vom Unternehmen hindern. Kunden sind weniger geneigt zu einem Konkurrenten zu wechseln, wenn damit hohe Neuinvestitionen, eine langwierige Suche nach einem anderen günstigen Anbieter, der Verlust von Treueprämien und andere hinderliche Umstände (Inkompatibilitäten) verbunden sind.
2. Bindung durch ständige Erwerbsanreize. Durch materielle Vergütungen in Form von Treueprämien, Treuesonderangeboten, sowie Anerkennungen durch die Hebung des Kundenstatus und persönliche Kontaktaufnahmen, wird das subjektive Wertgefühl des Kunden im Gefüge des Unternehmens gehoben. Der Kunde wird an einer zutiefst menschlichen Stelle angesprochen - dem Bedürfnis nach Geltung und Individualität.
3. Bindung durch die Zufriedenheit des Kunden mit dem Produkt, dem Service, dem gesamten Unternehmen.

Während die ersten beiden Maßnahmen oft nur minimal wirksam sind (gerade in Käufermärkten mit hoher Uniformität der Angebote, wie im Luftverkehr), stellt Punkt drei das eigentliche Instrumentarium zur Kundenbindung dar. Die Bindung durch Barrieren und Erwerbsanreize ähnelt sich von Unternehmen zu Unternehmen. innovative Ideen werden kopiert und verlieren so schnell wieder ihre Wirkung auf den Kunden, da die Unternehmen auf diesem Gebiet kein unterscheidbares Profil aufweisen. Immer stärkere Anreize sind nötig, d.h. Geschenke werden kostspieliger, Prämien höher. Das verursacht Kosten im Unternehmen ohne eine entsprechende Wirkung hervorzurufen.

Nur wenn es dem Unternehmen gelingt seine Kunden zufriedenzustellen, werden sie dauerhaft seine Dienste in Anspruch nehmen.

Ein Unternehmen, welches erfolgreich seine Kunden an sich binden will, muß sich folgenden Kernfragen stellen:

- Wer sind unsere Kunden?

Die Fokussierung auf eine spezielle Zielgruppe oder ein Marktsegment ist unerläßlich. Kein Unternehmen kann alle Konsumenten als potentielle Kunden betrachten; das abzudeckende Leistungsspektrum wäre zu groß. Es gilt sich aus der Masse der Kunden, diejenigen auszusuchen, die für das Leistungsprofil des Unternehmens am lukrativsten erscheinen.

Im Dienstleistungsgewerbe werden solche Kundengruppen unter anderem durch bestimmte ausgeprägte Gewohnheiten charakterisiert. Oft kann man die Frage auch so formulieren: Welche Leistungen können wir besonders gut realisieren und vermarkten? Erfolgt die Zielgruppenauswahl unter diesem Gesichtspunkt, ist damit schon der nächste Schritt vollzogen.

- Welche Bedürfnisse haben sie?

Ist die Zielgruppe erst einmal definiert muß nun genau analysiert werden, welche Bedürfnisse diese Gruppe hat. Betrachten wir nochmals den Luftverkehrsmarkt:

Die Unterschiedlichen Zielsetzungen und Voraussetzungen unter denen ein Reisender einen Flug antritt teilen die Gesamtheit aller Reisenden in potentielle Kunden und Reisende, die für die Gesellschaft nicht genug lukrativ erscheinen. Es wird wenig Sinn haben im Segment der Ferienflüge mit einem aufwendigen Bordservice, VIP-Betreuung und einer luxuriösen Bordausstattung um Kunden zu kämpfen. Die Präferenzen dieser Zielgruppe liegen fast ausschließlich bei einem niedrigem Preis für den Flug. Das Erreichen des Reiseziels und der Urlaub, nicht der Weg dorthin, ist maßgebend.

- Was müssen wir tun, um sie zu befriedigen?

Im dritten Schritt ist zu erschließen mit welchen Mitteln den Bedürfnissen der Kundenzielgruppe am besten nachgekommen werden kann. Das schließt Verbesserungen an den Leistungen des Unternehmens und das Aufnehmen von neuen Leistungen genauso ein, wie auch die Aufgabe von bestimmten, nicht benötigten, Angeboten. Letztere verursachen Kosten obwohl sie nicht zur Deckung der Wünsche der Kunden nötig sind.

Hält sich das Unternehmen an diese Regeln wird, beschränkt es sich also darauf eine ausgewählte Kundengruppe bestmöglich zu befriedigen, wird sich bald herausstellen, daß durch die Ausrichtung auf die speziellen Bedürfnisse, die Zufriedenheit der Kunden steigt. Kundenzufriedenheit ist letztendlich der Ausdruck dafür, ob das Produkt den Erwartungen und Anforderungen des Kunden gerecht wird.

Nach Kotler und Bliemel ist die Zufriedenheit des Kunden mit den Leistungen des Unternehmens der einzige Garant dafür, daß der Kunde diese Leistungen auch dauerhaft in Anspruch nehmen wird. Es erfolgt eine Bindung des Kunden an das Unternehmen aufgrund seiner Zufriedenheit.

Mit welchen Mitteln des Marketing kann nun Kundenzufriedenheit erreicht werden?

Der Kern der ist das perfekte Produkt; perfekt auf die Zielgruppe des Unternehmens abgestimmt. Die Marketingabteilung des Unternehmens kann das Produkt nicht verbessern, sondern nur vermarkten. Allerdings bildet das Marketing die Schnittstelle zum Kunden; hier können wichtige Informationen über die Bedürfnisse und Gewohnheiten der Konsumenten gesammelt werden, um anschließend das Produkt diesen Bedürfnissen anzupassen.

Das Produkt einer Firma stellt das Konsumgut an sich inklusive der Gesamtheit aller damit verbundenen Zusatzleitungen (Service, Informationen, Sonderleistungen) dar. Der Vertrieb einer Leistung allein durch anonymen Verkauf wird nicht zu einem ausreichend hohem Absatz führen. Ein umfassendes Service- und Betreuungsangebot begleiten gute Produkte. Einerseits wird dem Kunden im Umgang mit dem Produkt Hilfestellung gegeben, andererseits können so wertvolle Daten über die Bedürfnisse des Kunden (z.B. durch Befragungen) gesammelt werden. Ein Kunde, der sich gut betreut fühlt, dem bei Problemen zügig und kompetent geholfen wird (siehe Beschwerdemanagement), wird auch ein zufriedener Kunde sein.

Alleine das gute Produkt mit seinen Zusatzleitungen reicht aber auch nicht, um den Kunden dauerhaft zu binden, bleibt das Unternehmen dabei für den Kunden weiterhin der anonyme Verkäufer. Es geht darum eine Beziehung zum Kunden aufzubauen, welche die Grenzen des bloßen Güteraustausches sprengt. Der Aufbau solcher Beziehungen und ihre sinnvolle Steuerung obliegt dem Beziehungsmarketing.

Dabei ist die Intensität dieser Beziehung abhängig von der Art des Produktes und des Kunden. Man unterscheidet folgende Stufen (nach steigender Intensität):

- Einfache Beziehung: Das Produkt wird lediglich verkauft, kein weiterer Kontakt.
- Reaktive Beziehung: Das Produkt wird verkauft, der Kunde wird ermutigt sich bei Fragen oder Problemen zu melden.
- Verantwortungszeigende Beziehung: Kurz nach dem Kauf wird der Kunde angerufen, um herauszufinden, ob das Produkt und die Kontakterlebnisse mit dem Anbieter seinen Erwartungen entsprechen. Der Kunde wird ermutigt Verbesserungsvorschläge zu machen und Unzufriedenheit offen zu äußern. Das Unternehmen kann auf diese Weise ständig sein Angebot an dem Kunden und die Beziehung mit dem Kunden verbessern.
- Proaktive Beziehung: Der Kunde wird regelmäßig angerufen, mit Hinweisen über Veränderungen, Produktneuerungen und Neuerscheinungen.
- Partnerschaftliche Beziehung: Das Unternehmen arbeitet Hand in Hand mit dem Kunden daran, dem Kunden Einsparungen und bessere Leistungen zu ermöglichen.

Nicht jede Art von Beziehungsmarketing ist dabei sinnvoll auf ein Produkt anwendbar. Ein Hersteller von Kornflakes wird keine Beziehung zu seinen vielen tausend Kunden aufbauen. Einerseits erzielt das einzelne Produkt einen zu geringen Umsatz, andererseits ist der Markt für Kornflakes durch viele Kunden gekennzeichnet. Dazu kommt ,daß das Produkt an sich den Kunden nicht überzeugend binden kann. Hier Kundenbindung zu betreiben wäre Verschwendung von finanziellen Mitteln. Ganz anders sieht die Situation einer Luftfahrtgesellschaft aus, die sich auf die Beförderung von vielfliegenden Geschäftsreisenden auf Langstrecken spezialisiert hat. Das Produkt Langstreckenflug wird auch von anderen Carriern angeboten, doch durch die Anpassung an die speziellen Bedürfnisse der Geschäftsreisenden auf Langstrecken einerseits und eine Verantwortungszeigende Bez iehung, kann der Kunde an die Gesellschaft gebunden werden. Maßnahmen des Beziehungsmarketings wären in diesem Fall z.B.: Der Kunde wird ermutigt sich durch Teilnahme an einem Vielfliegerprogramm Vorteile gegenüber “normalen” Kunden zu sichern. Durch die Datenerfassung des Vielfliegerprogramms können detaillierte Aussagen über die Gewohnheiten des Kunden gemacht werden. Das Unternehmen kann den Kunden nun aufgrund seiner Vorlieben zu bestimmten Zusatzleistungen informieren, z.B.: durch Infopost, ( z.B.: Mietwagenservice), und ihm diese gegebenenfalls günstiger anbieten. Weiterhin wird die Fluggesellschaft dem Kunden die Möglichkeit einräumen seine Vorschläge und Wünsche einzubringen.

Durch Beziehungsmarketing bekommt der Kunde das Gefühl, vom Unternehmen ernst genommen zu werden. Getreu dem Grundsatz: “Die wichtigen Kunden erkennt man.”, wird durch die Beziehung zwischen Geschäftspartnern dem Kunden vermittelt, daß seine Person dem Unternehmen wichtig sei; es wird dem individuellen Geltungsbedürfnis des Menschen nachgekommen. Ein Kunde, der sich ernst genommen fühlt, der in den Genuß aller erdenklicher Serviceleistungen kommt, und der ein erstklassiges Produkt als Gegenwert für sein Geld erhält, wird zufrieden sein und dem Unternehmen erhalten bleiben.

3 Marketing im Luftverkehr

3.1 Allgemeine Betrachtungen

3.1.1 Der Luftverkehrsmarkt und seine Besonderheiten

Ein Markt ist definiert als der Ort des Austausches von Wirtschaftsgütern, an dem sich durch Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage der Preis herausbildet.

Das Angebot auf einem Verkehrsmarkt besteht aus einer Beförderungsleistungen, d.h. der Ortsveränderung von Personen oder Gütern. Zur Beförderung sind verschiedene Verkehrsmittel möglich, die untereinander in Konkurrenzbeziehungen stehen.

Im Folgenden soll jedoch nur die Beförderung durch die Luft, der Luftverkehrsmarkt, betrachtet werden.

Der Luftverkehr läßt sich nach verschiedenen Gesichtspunkten untergliedern. Beispielsweise besteht die Möglichkeit ihn entsprechend seiner Aufgaben in Personen-, Fracht- und Postluftverkehr oder in Abhängigkeit der Entfernung in national und international, bzw. Kurz-, Lang- oder Mittelstrecke zu differenzieren. Der Gesetzgeber unterscheidet in den §§ 21 und 22 Luft-VG Linien- und Gelegenheitsluftverkehr.

Diese Untergliederungen erscheinen auf den ersten Blick für Transaktionen auf dem Luftverkehrsmarkt nebensächlich, doch tragen sie im Wesentlichen dazu bei, daß sich aus dem Luftverkehrsmarkt Teilmärkte bilden. Beispielsweise waren Marktbeschränkungen wie Gesetze und Verordnungen ausschlaggebend dafür, daß Luftverkehrsgesellschaften, die Linienverkehr durchführten, bisher keine Konkurrenz in Chartergesellschaften gesehen haben, weil durch Charterverkehr gewissermaßen ein anderer Markt bedient wurde als durch Linienverkehr.[4] Zwar befindet sich der Luftverkehrsmarkt in einem Transitionsstadium, da der Gesetzgeber über das dritte EU - Liberalisierungspaket Restriktionen abbauen will, aber bis hin zu einem offenen oder gar vollkommenen Markt mit echten Marktpreisen sind noch einige Schritte zu tun. So ist beispielsweise der Unterschied zwischen Linien- und Gelegenheitsluftverkehrsgesellschaften de facto seit dem 01.01.1993 laut EU-Recht aufgehoben, besteht aber in den entsprechenden Artikeln im Luft-VG der Bundesrepublik Deutschland noch fort.

Die Geschichte des Luftverkehrs zeichnet sich ebenfalls durch weltweite Marktzugangsbeschränkungen aus, da in vielen Ländern außer der Staatlichen Luftverkehrsgesellschaft keine weiteren zugelassen waren, und der Staat somit die absolute Kontrolle über, am Markt angebotene, Verkehrsleistungen hatte. So kommt es, daß die bis heute gewachsenen Strukturen in den einzelnen Teilmärkten (der kleinste Teilmarkt besteht aus der Verbindung eines Städtepaares) Anbietermonopole oder -oligopole aufweisen. Die Nachfrageseite zeigt sich zumeist als Polypol.

Der Luftverkehrsmarkt ist noch immer geprägt von staatlicher Regulierung. Daher sind beispielsweise die Flugtarife d. h. die veröffentlichten Flugpreise noch immer genehmigungspflichtig, wodurch den Luftverkehrsgesellschaften die Möglichkeit genommen wird, Nachfrageschwankungen über veränderliche Tarife auszugleichen. Das ist insoweit verhängnisvoll, da Luftverkehrsgesellschaften in der Regel ein preisunelastisches Angebot aufweisen. Die Bereitstellung von Luftverkehrsleistungen erfordert sehr hohe Investitionen und der Planungshorizont beträgt nicht selten über fünf Jahre, weshalb das Angebot oft auf Nachfragespitzen ausgelegt wird. Das unelastische Angebot in Verbindung mit festen Preisen macht Luftverkehrsgesellschaften zu sehr auslastungssensitiven Unternehmen. D. h. es ist eine hohe Auslastung erforderlich, damit die Luftverkehrsgesellschaft in der Gewinnzone bleibt.

Aus seit jeher bestehenden individuellen Anforderungen an die Beförderungsleistung seitens der Nachfrageträger haben sich einige Preisgruppen gebildet. So gibt es in der formellen Tarifgestaltung neben dem Normaltarif, ermäßigte Flugpreise für bestimmte Personengruppen, Sonderflugpreise für spezielle Reisearten, Gruppentarife und Tarife für unterschiedliche Beförderungsklassen. Außerdem existieren noch Kombinationstarife für Beförderungen mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln und Zuschläge für besondere Leistungen wie z.B. Schlafsessel oder Überschallbeförderung.

Luftverkehrsgesellschaften sind jedoch bemüht, die Tarife noch flexibler zu gestalten, und so kommt es, daß es heute bereits gängige Praxis ist, Flugscheine unterhalb der genehmigten Preise auf dem sogenannten “Grauen Markt” anzubieten. Zunehmende Liberalisierungstendenzen, die Abkehr von staatlich sanktionierten Tarifen sowie die abnehmende Bedeutung der IATA-Tarifkoordination sorgen jedoch allmählich für das ineinander Übergehen von Grauem und tatsächlichem Markt.

Mit zunehmender Konkurrenz unter den Linienfluggesellschaften und zunehmenden Privatisierungen hat das Denken vom Markte her, in Form des Marketing an Bedeutung gewonnen. Die Folge ist eine zunehmende Marktsegmentierung mit daraus erwachsenen Marktbearbeitungsmöglichkeiten.

Es hat sich eine Segmentierung nach dem Reisezweck, d.h. nach dem kaufverhaltensorientierten Anlaß als sinnvoll erwiesen. Nach diesem Kriterium unterteilt sich der Luftverkehrsmarkt in die Hauptsegmente Passagiermarkt und Frachtmarkt. Diese werden wiederum unterteilt in Geschäfts- und Privatreisen bzw. Emergency Traffic, Routine Perishable Traffic und General Cargo.

Eine Übersicht über die einzelnen Marktsegmente und ihre Charakteristiken bieten die nachfolgenden Tabellen.

Bleibt noch zu erwähnen, daß es sich beim Luftverkehrsmarkt um einen stets in Bewegung befindlichen, und starken Wachstumsmarkt handelt. Derzeit kann von einer Verdopplung des Verkehrsaufkommens innerhalb von 12-15 Jahren ausgegangen werden.

Passagiermarkt

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1 - Segmentierung des Passagiermarktes im Luftverkehr

Frachtmarkt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2 - Segmentierung des Frachtmarktes im Luftverkehr

3.1.2 Die Situation einer Luftverkehrsgesellschaft

Luftverkehrsgesellschaften sind Träger der Beförderungs- und Abfertigungssituation im Rahmen des Luftverkehrs. Im letzten Abschnitt wurden bereits einige Rahmenbedingungen vorgestellt, welche die Charakteristik einer solchen Unternehmung entscheidend mit beeinflussen. So wurde bereits erwähnt, daß eine Luftverkehrsgesellschaft eine hohe Sitzauslastung haben muß, damit sie in der Gewinnzone bleibt. Die für den Luftverkehr typische Break-Even-Konstellation mit flach ansteigender Kostenkurve und steil ansteigender Umsatzkurve sorgt auch dafür, daß hohe Gewinne bzw. große Verluste über oder unter der Break-Even-Auslastung entstehen. Schuld daran ist die Kostenstruktur einer Luftverkehrsgesellschaft. Sie zeichnet sich durch hohe Fixkosten und geringe Grenzkosten aus.

Wie oben ausgeführt, kann das mengenmäßige Beförderungsangebot einer Luftverkehrsgesellschaft nicht kontinuierlich variiert, d.h. an die Nachfrage angepaßt werden und ist auf die Nachfragespitzen ausgerichtet.

Eigenschaften des Produktes Flugreise, welche die Situation der Luftverkehrsgesellschaft beeinflussen, wurden bisher nicht erwähnt. Es handelt sich hier um eine abstrakte, nicht-stoffliche Dienstleistung. in dem Prozeß der Leistungserstellung muß der Fremdfaktor Passagier mit eingebunden werden. Dies ist eine nicht beeinflußbare Größe, die sich negativ auswirkt, wenn ein Sitz für einen Passagier reserviert ist und nicht in Anspruch genommen wird, denn die Beförderungsleistung kann nicht gespeichert werden, und ist eine unwiederbringlich verlorene Produktionseinheit (No-Show-Problematik).

Luftverkehrsgesellschaften erbringen eine Dienstleistung und haben somit keine dingliche Sicherheit am Produkt für den Fall, daß der Kunde die Bezahlung des Kaufpreises verweigert. Aus diesem Grund besteht die Vorauszahlungspflicht beim Ticketkauf.

Des Weiteren kann die Grundleistung (Beförderung einer Person) nicht auf Vorrat produziert werden, da Erstellung und Konsum der Dienstleistung zeitlich wie räumlich zusammenfallen, und es besteht eine originäre Homogenität, d.h. die Leistung ist zumindest auf den Massenmärkten aufgrund beschränkter Produktdifferenzierungen und fast identischer Produktionsbedingungen sehr ähnlich.

Die Distribution des Produktes erfolgt im allgemeinen zum größten Teil über indirekte Vertriebswege (Reisebüros; IATA-Agenturen) und nur zu 20% - 30% im direkten Vertrieb. Es besteht eine Tendenz hin zum direkten Vertrieb, da erfahrungsgemäß die Plazierung des Produktes durch das Computerreservierungssystem und das Reisebüro erheblichen Einfluß auf den Absatz haben. Außerdem sollen Kosten in Form von Provisionen eingespart werden.

Das Thema Kundenbindung selbst ist erst in jüngerer Zeit, im Zusammenhang mit zunehmender Marktsegmentierung und differenzierter Bearbeitung der Märkte, für Luftverkehrsgesellschaften zum Thema geworden. Um einen Kunden langfristig an das Unternehmen zu binden, muß er auf Dauer zufrieden sein. Zufrieden ist der Kunde dann, wenn seine individuellen Anforderungen an die Beförderungsleistung, mehr als erwartet, befriedigt werden. Um dies zu leisten, muß sich eine Luftverkehrsgesellschaft auf die individuellen Bedürfnisse einstellen. Ein solches Verhalten erfordert einen hohen Grad an Flexibilität und Diversifizierungsmöglichkeiten. Mehr als es mit dem derzeitigen Unternehmensumfeld bzw. den derzeitigen Rahmenbedingungen möglich ist.

3.1.3 Kundenbindung im Luftverkehr in ihrer Entwicklung

Viele Luftverkehrsgesellschaften sind als staatliche Unternehmen mit Monopolstellung gegründet worden. In einer solchen Situation ist es nur verständlich, daß Kundenbindung im Marketing eine eher untergeordnete oder gar keine Rolle spielte. Das Marketing konzentrierte sich hier eher auf die Präsentation der Unternehmensphilosophie oder auf Marktforschungsaufgaben zur Ausarbeitung eines angemessenen Streckenangebots. Die Deutsche Lufthansa AG selbst hatte bis vor kurzem kein vollständiges Marketingkonzept.[5] Zuerst war das Geschäft da; das Konzept wurde “nachgereicht”. Das soll heißen, als staatliches Unternehmen kümmerte man sich zuerst um die Erfüllung der primären Aufgabe (Verkehrsleistung) und bemühte sich erst später um die Abrundung des Unternehmenskonzeptes.

Das Denken vom Markte her gewinnt, durch die Liberalisierung im Luftverkehr und durch zunehmende Konkurrenz im Linienverkehr, an Bedeutung. Auch die Privatisierung der Deutschen Lufthansa AG hat nicht nur mehr Handlungsspielraum sondern auch Notwendigkeit zum Handeln gebracht.

Der Charterluftverkehr ist seit jeher mit mehr Konkurrenz belebt, wodurch hier Kundenbindung eigentlich schon lange ein Thema sein sollte. Dies war jedoch in Bezug auf den Endkunden nicht notwendig. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen haben dafür gesorgt, das Charterluftverkehrsgesellschaften den größten Teil Ihrer Beförderungsleistung an Reiseveranstalter verkauft haben, die sich ihrerseits dann um die Bearbeitung der Endkunden kümmern mußten.

Die Angleichung von Charter- und Linienverkehr wird auch hier für ein Umdenken sorgen.

3.1.4 Ein Exkurs: Wie Jan Carlzon die Fluggesellschaft SAS zur Marktorientierung führte

Im Jahr 1980 übernahm Jan Carlzon bei SAS die Leitung des Unternehmens. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Airline bereits ständig Verluste zu verzeichnen, denen bisher mit umfassenden Kosteneinsparungen begegnet wurde. Carlzon schlug einen völlig neuen Weg ein. SAS hatte keinerlei am Markt orientierte Schwerpunktstrategie, der Carrier sah den gesamten Pool aller Reisenden als seine Zielgruppe an. Er konnte deshalb auch keiner Gruppe besondere Vorteile bieten. Dazu kam noch, daß SAS als eine der unpünktlichsten Fluggesellschaften in Europa galt.

Carlzon mußte sich drei Kernfragen stellen, wollte er SAS zu einer erfolgreichen markt- und zielgruppenorientierten Unternehmensstrategie verhelfen:

- Wer sind unsere Kunden?
- Welche Bedürfnisse haben sie?
- Was müssen wir tun, damit sie uns bevorzugen?

Es stellte sich heraus, daß die Gruppe der vielfliegenden Geschäftsleute am interessantesten für SAS war. Allerdings umwarben andere Fluggesellschaften diese Kundengruppe ebenfalls. Sie hatten in der Businessclass breitere Sitze montiert, boten kostenlose Getränke und anderen Service an. Carlzons Carrier mußte in diesen Dingen besser werden als seine Konkurrenten; SAS mußte durch gewisse spezifische Vorzüge zur bevorzugten Linie der Vielflieger werden.

Zunächst mußte Marktforschung betrieben werden, um Antworten auf die zweite Kernfrage zu sammeln: Welche besonderen Bedürfnisse haben vielfliegende Businessreisende? Es ergab sich folgende Prioritätenliste:

1. pünktliche Ankunft
2. schnelles Check-in
3. schnelle Gepäckrückgabe am Ziel

Es wurden Arbeitsgruppen zur Verbesserung dieser Schwerpunkte und anderer Dienstleistungen eingerichtet. Es ging Carlzon darum, anstatt in einem Punkt 100%ig besser zu sein als die Konkurrenz, sich in einhundert Details einen 1%igen Vorspruch zu erarbeiten. Aus den Arbeitsgruppen erwuchsen Hunderte von Projekten, von denen 150 mit einem Investitionsaufwand von 40 Mio. Dollar realisiert wurden.

Eine überragende Rolle spielte die totale Orientierung der SAS-Mitarbeiter am Kunden. Jeder Kontakt eines Passagiers auf seiner Reise mit einem Mitarbeiter von SAS bedeutete einen “Moment der Wahrheit”, in dem SAS den Reisenden zufriedenstellen oder ihn enttäuschen konnte. Das Gewicht dieser Kontakte wurde auch aus der Schätzung deutlich, nach der im Jahr ca. 25 Millionen solcher Kunden-Mitarbeiter-Kontakte bei SAS stattfinden. Die Mitarbeiter, die direkt mit dem Kunden in Kontakt traten wurden bei SAS die wichtigsten, sie sollten ihre Aufgabe am Kunden perfekt erfüllen. Zu diesem Zweck schickte SAS 10000 Mitarbeiter und 2500 Führungskräfte auf Schulungen.

Die Ergebnisse waren beeindruckend:

SAS wurde in einem Zeitraum von nur vier Monaten zur pünktlichsten Airline Europas und hielt diese Position. Neue Check-in Systeme und ein neues Abfertigungskonzept ermöglichten eine wesentlich schnellere Passagierabfertigung. Zusammen mit den SAS-eigenen Hotels besteht die Möglichkeit, direkt im Hotel sein Gepäck für einen Flug aufzugeben. Verkaufspolitisch entschied sich SAS, standardisiert Business Class-Tickets anzubieten, nur noch auf besonderen Wunsch Economy Class-Tickets.

Das Verbesserte Ansehen der Fluggesellschaft bei den Geschäftsreisenden führte zu einem Umsatzanstieg von 8% bei den Innereuropäischen Flügen und um 16% bei den Interkontinentalflügen - eine beachtliche Leistung auf dem hart umkämpften Luftverkehrsmarkt.

1.1

3.2 Konzepte zur Kundenbindung im Luftverkehr

3.2.1 Kundenzufriedenheit durch optimale Anpassung an die Passagierzielgruppe

In Tabelle 1 (Kapitel 3.1.1) sind die Charakteristika der Zielgruppen des Passagiermarktes dargestellt. Aus den aufgeführten Anforderungen der Gruppen an das Produkt “Flug” kann man ersehen, daß eine Anpassung an potentielle Kunden aus dem Segment der Privatreisenden nur über einen günstigen Tarif möglich ist. Der Urlaubsreisende sieht den Flug ausschließlich als Mittel zum Zweck des Erreichens seines Urlaubsziels. Der Privatreisende bezahlt den Flug aus seinem eigenem Vermögen, und wird bestrebt sein, seine Reisekosten zu minimieren, um am Ziel möglichst viele finanzielle Freiheiten zu haben. Trends in der Vergangenheit zum Flugzeug als Abenteuererlebnis, als Fliegen noch als eine aufregende Neuheit galt, haben ihre Wirkung fast vollständig verloren, trotzdem fliegt der Urlaubsreisende noch so selten, daß er wesentlich weniger Ansprüche an den Reisekomfort stellt als ein vielfliegender Geschäftsreisender. Mit der Benutzungsfrequenz steigt der Anspruch an den Service, der Passagier wird kritischer.

Im Bereich des privaten Ad-hoc- und Besuchsverkehrs dominiert der Zeitfaktor als wichtigste charakterisierende Größe, gefolgt vom finanziellen Aufwand für den Flug. Das Anforderungsprofil dieser Kundengruppe ist zu ungenau, um sich darauf spezialisieren zu können, und die Gruppe ist zu klein (Menge und Marktanteil), als das es sich lohnen würde große Anstrengungen in dieser Richtung zu unternehmen.

Die Gruppe der Geschäftsreisenden dagegen wird von einem besonderen Merkmal gekennzeichnet: die Kosten für die Reise werden nicht aus dem privaten Vermögen bezahlt. Der Ticketpreis verliert an Wichtigkeit gegenüber anderen Faktoren wie Pünktlichkeit und Komfort - in dem relativ unflexiblem Preisgefüge auf dem Luftverkehrsmarkt ein Vorteil. Das Businessverkehrsaufkommen ist zudem stärker personengebunden, ein Geschäftsreisender wird seinen Status i.d.R. über mehrere Jahre beibehalten, der private Reiseverkehr ist ein Markt mit wechselnden Kunden bei starken saisonalen Schwankungen (Ferien- und Urlaubsreiseverkehr), so daß hier die Bindung des einzelnen Kunden an die Gesellschaft nützlich ist. Schenkt man auch noch der Tatsache Beachtung, daß der Großteil des Marktvolumens (Innerdeutscher Flugmarkt: 80%) von den Geschäftsreisenden generiert wird, dann ist die große Bedeutung der Kundengruppe der Geschäftsreisenden für eine Airline offensichtlich - hier gilt es Kunden zu gewinnen und zu vor allem zu binden.

So richten die Fluggesellschaften ihre Linienflugpläne nach den Spitzenbelastungszeiten im Reiseverkehr aus, die durch den beruflich bedingten Verkehr determiniert werden, um hier möglichst viele Kunden dieser Zielgruppe zu erreichen.

Im Kapitel 2.3.2 wurde die Zufriedenheit des Kunden mit dem Produkt und den, vom Unternehmen zusätzlich erbrachten Leistungen, als ausschlaggebend für eine Bindung des Kunden an das Unternehmen gekennzeichnet. Weiterhin wurde im Kapitel 3.1.2 auf die Besonderheiten des Produktes Transportleistung, welches die Fluggesellschaft erstellt, hingewiesen. Jede Airline, die eine bestimmte Strecke bedient, kann dem Kunden prinzipiell nur das selbe Produkt anbieten wie ihre Konkurrenten: den Flug von A nach B. Unterschiede erwachsen erst aus den verschiedenen Bemühungen der Airlines, den Ansprüchen ihrer Zielgruppe (meist der vielfliegende Geschäftsreiseverkehr) gerecht zu werden.

Das sind vor allem:

- Flexibilität der Verbindung
- große Zielortauswahl
- Prioritäten auf bestimmte Abflugtage und -zeiten
- Pünktlichkeit und Schnelligkeit (Non-Stop-Flüge)

Die Erfüllung dieser Grundanforderungen zählt zu den Qualitätsmerkmalen des Produktes. Ihre Wichtigkeit ist am Beispiel der SAS zu ersehen (Kapitel 3.1.4).

Da aber alle Carrier um die Erfüllung dieser Kriterien bemüht sind, und der Kunde damit die Auswahl aus einer Menge fast gleichartiger Produkte hat, ist die Gefahr eines Verlustes des Kunden immer noch hoch. Zu dem optimierten Produkt muß nun noch eine Komponente hinzu kommen, die dem Kunden seine Wichtigkeit und Individualität vermittelt (persönlicher Service, VIP-Lounges), und die Beziehung zur Airline persönlicher werden läßt. Das Ziel der Bindung ist dann sicher erreicht wenn der Kunde das Gefühl der Situation: “Die Airline, mit der ich fliege.”, gegen das Zugehörigkeitsgefühl: “Meine Airline.” eingetauscht hat.[6]

Die Vielfliegerprogramme der Luftverkehrsgesellschaften (Kap 3.2.3) tragen durch ihre rechentechnische Datenerfassung und Aufbereitung eine Anzahl von nützlichen Informationen über den einzelnen Kunden zusammen, so daß nach ihrer Auswertung, der persönliche Service noch besser abgestimmt werden kann.

3.2.2 Kundendialog durch aktives Beschwerdemanagement

Wie entsteht eine Beschwerde? Durch eine Abweichung von der erwarteten Qualität des erworbenen Produktes.

Fliegen ist ein komplexes Produkt mit vielen möglichen Fehlerquellen, wie

- Verspätungen
- Flugstreichungen
- Gepäckverlust
- Gepäckbeschädigung

etc.

Dabei entstehen die wenigsten der o.g. Probleme durch das Verschulden der Airline selbst. Schlechtwettereinflüsse, Streiks auf Flughäfen, mangelhaft Qualifiziertes Boden- und Abfertigungspersonal, Störfälle können die Quelle dieser Probleme sein. Praktisch jeder Vielflieger hatte bereits Reklamationsgründe. Es obliegt nun der Verantwortung der Airline, die Beschwerde entgegenzunehmen und zu bearbeiten, will sie den Kunden nicht, aufgrund einer durch Produktmängel erzeugten Unzufriedenheit, an einen Konkurrenten verlieren. Der relativ hohe Preis für das Produkt Flug rechtfertigt dabei auch größere Bemühungen, den Anspruch des Kunden an die Qualität des Produktes Flug nachträglich wiederherzustellen. Z.B.: durch folgende Maßnahmen:

- angemessene finanzielle oder ideelle Entschädigung
- angemessene Bearbeitungszeit
- angemessene Art der Kommunikation

Das Beschwerdemanagement definiert die Reklamationsbearbeitung in einem Unternehmen als Chance, den Kunden nicht zu verlieren, oder durch eine überraschend positive (kulante) Bearbeitung fester als zuvor zu binden.

Die im Luftverkehr übliche Reklamationsbearbeitung nach dem Warschauer Abkommen ist sehr restriktiv.

Der Fall: Laptop geht im aufgegebenen Gepäck verloren. Gewicht des Gepäcks: 4 kg, Wert des Gepäcks: 5000 DM. Der Kunde erhält als Erstattung:

63,50 DM x 4 kg = 254 DM.

Die Profilierung einer Airline erfolgt hier durch die Art der Ansprache und Geschwindigkeit der Bearbeitung, vor allem aber durch Kulanz. Kulantes Verhalten ist kein Selbstzweck, keine Wohltat und kein Verschenken von Geld; kulantes Verhalten bringt Kunden zurück, kulantes Verhalten bindet den Kunden, kulantes Verhalten ist ein Kommunikationsinstrument. Nur Kulanz schafft beim Beschwerdemanagement wirkliche Kundenbindung.

Unter Berücksichtigung aller Kosten kostet die Bearbeitung einer Beschwerde zwischen 30 DM und 60 DM (Quelle: DBA). Ein Vielflieger, der mit einer Reisehäufigkeit von 11 Flügen pro Jahr und einer voraussichtlichen Bindung von 20 Jahren eingestuft werden kann, wird der Airline noch ca. 120000 DM Umsatz einbringen - sein Deckungsbeitrag finanziert die Bearbeitung von bis zu 2000 Reklamationen! Im o.g. Beispiel (Laptopverlust) wird die betroffene Gesellschaft also dazu tendieren den vollen Gegenwert des Gepäckstücks zu ersetzen, um so den Kunden zufriedenzustellen und weiterhin zu binden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2 - Leitlinie zum Beschwerdemanagement der DBA

Neben einer kulanten Behandlung der Beschwerde, ist es wichtig mit dem Kunden einen verstärkten Dialog zu führen. Abgestimmt auf den Grund der Beschwerde und die Einstufung des Kunden (nach Art des Tickets und Kundenprofil) werden nach 2-3 Monaten Nachfaßschreiben mit Dialogbogen verschickt. Zusätzlich wird der Kunde in eine besondere Datenbank aufgenommen, und erfährt fortan eine gesteigerte persönliche Zuwendung in Form von Weihnachts- und Geburtstagsgrüßen, Einladungen zu Diskussions- und Informationsveranstaltungen.

Auf der Seite des Unternehmens gilt es die Beschwerde(n) statistisch nach Gründen, Flügen und Stationen zu erfassen und auszuwerten. Unter Umständen sind, in den betroffenen Abteilungen qualitätssichernde Maßnahmen zu ergreifen. Auch die stärkere Einbeziehung des Kunden (“Kundenparlament”) bei der Produktentwicklung hilft zukünftige Beschwerden verhindern. (Vgl. Kap. 2.3.2, Beziehungsmarketing)

Ein Vielfliegerprogramm hat bei der Reklamationsbearbeitung Vorteile, da der Kunde aufgrund seines Mitgliedsstatus und Kundenprofils eingeschätzt werden kann.

3.2.3 Vielfliegerprogramme

Mit einem Vielfliegerprogramm (FFP - Frequent-Flyer-Programm) alleine, und sei es noch so gut, kann man weder Kunden gewinnen noch Kunden binden. Es gehört schon etwas mehr dazu als ein geringer materieller (Freiflüge) oder ideeller (VIP-Service) Anreiz, damit ein Passagier immer wieder mit der gleichen Airline fliegt, zumal alle Gesellschaften ähnliche Angebote an FFP’s haben (Vgl. Kapitel 3.2.1 und 3.2.2). Dennoch sind FFP’s, nicht zuletzt durch die damit verbundenen Möglichkeiten der Informationserfassung über den Kunden, ein nicht zu unterschätzendes Instrument.

“Letztendlich sind Vielfliegerprogramme eine Droge”, so resümierte Michael Grande, der Marketingleiter der Deutschen Lufthansa AG in einem Vortrag an der TU-Berlin.[7]

Das Konzept ist im weitesten Sinn vergleichbar mit einer Droge, da es den Kunden für seinen “Konsum” belohnt. Es verspricht ihm, daß sich seine Treue in Zukunft auszahlt. Es besteht für den Kunden selbstverständlich keine Gefahr, hierdurch in eine Abhängigkeit zu geraten, aber es entsteht eine enge Bindung zur Airline, denn jeder Flug wird zur “Belohnung” hinzugezählt, die sich damit vergrößert. Unter Umständen wird eine gewisse Sammlerleidenschaft entfacht. Das Programm soll den Kunden auch nicht wie eine Droge berauschen, aber es entsteht durchaus die Absicht ihm ein gutes Gefühl zu vermitteln. Das Gefühl einer persönlichen und individuellen Bedeutung für die Airline. Der Fluggast möchte seinerseits individuell als wichtiger Kunde erkannt werden. Diesem Bedürfnis wird durch das Vielfliegerprogramm entsprochen, da der Kunde auf jedem Flug registriert wird. Er erkennt die Aufmerksamkeit, die ihn durch die Airline zuteil wird, an Prämien bzw. materieller Belohnung sowie Anerkennung bis hin zu einer bevorzugten Behandlung - vor, während und nach dem Flug.

Das Selbstwertgefühl der Fluggäste wird gesteigert und die Airline geht auf individuelle Ansprüche ein. Alles in allem kann man das Vielfliegerprogramm also auch als Instrument zur Steigerung der Kundenzufriedenheit sehen, die, wie in Abschnitt 2.3 bereits erläutert, wesentlich zu Erfolg oder Mißerfolg beiträgt, denn nur der zufriedene Kunde wird der Gesellschaft treu bleiben oder sie sogar weiterempfehlen.

Kundenzufriedenheit beinhaltet jedoch wesentlich mehr, weshalb auch Michael Grande Vielfliegerprogramme nur als Beiwerk bezeichnet. Seiner Meinung nach sind weltweiter Service und Betreuung auf hohem Niveau entscheidend für einen zufriedenen Kunden. Das Lufthansa-Konzept lautet hiernach “Kundenbindung durch ein überzeugendes Produkt”.[8]

Nichtsdestoweniger gehört ein Vielfliegerprogramm heute zum guten Ton einer weltweit operierenden Fluggesellschaft, weshalb es inzwischen bei fast jedem privaten oder auch staatlichen Unternehmen anzutreffen ist.

Ein Vergleich der Programme der einzelnen Fluggesellschaften hat gezeigt, daß die Grundkonzepte identisch und auch die inhaltlichen Unterschiede nur unbedeutend sind, weshalb ein solches Programm nur an einem Beispiel vorgestellt werden soll.

Es soll das Vielfliegerprogramm Sky Miles von Delta Air Lines, als Programm eines großen Carriers mit weltweitem Streckennetz, vorgestellt werden.

Delta hat wie jede andere Airline, die ein solches Programm anbietet, eine Reihe von Partnerunternehmen, wie Partnerairlines, Partnerhotels oder Mietwagenpartner, wodurch das Angebot an den Kunden um ein Vielfaches erweitert wird. Ist der Kunde nun Mitglied des Programms, was er fast automatisch oder auf besonderes Wunsch wird, dann erhält er für jede, bei Delta oder den Partnern, in Anspruch genommene Leistung eine Gutschrift in “Meilen”. Diese “Meilen” sind nur als Einheit für die Gutschrift zu verstehen und haben nur in Spezialfällen etwas mit den zurückgelegten Flugmeilen zu tun. In höheren Beförderungsklassen werden die Gutschriften im Normalfall noch mit einem Faktor aufgewertet (Business Class 125% / First Class 150%). Die Gutschriften mehrerer Leistungen werden gesammelt d.h. summiert, und verfallen nicht, solange das Mitglied mindestens einmal alle 36 Monate einen Flug mit Delta Air Lines oder Delta Connection antritt.

Wozu werden nun diese Meilen gesammelt? Das Mitglied kann sie, wenn es genug Meilen gesammelt hat, nun direkt in weitere Leistungen d.h. Flüge (Freiflüge oder Zuzahlungen für Flüge in einer höheren Beförderungsklasse), Übernachtungen oder Mietwagen usw. umwandeln. Die Airline verspricht also Freiflüge für gesammelte Meilen. Weiterhin besteht die Möglichkeit über angesammelte Meilen eine höhere “Anerkennungsstufe” im Sky Miles Programm zu erreichen, die in steigender Rangfolge “Medallion”, “Gold Medallion” und “Platinum Medallion” heißen. Für so eine höhere Stufe verspricht Sky Miles höhere Meilengutschriften, größere Upgrades (%) und andere Anerkennungen.[9]

Zumeist stehen die Vielfliegerprogramme in direkter Verbindung mit zusätzlichen Serviceangeboten, welche die Reise zum Freizeitvergnügen machen sollen. Dem Kunden werden also nur Vorteile geboten, und Mitglied werden ist kinderleicht. Der Fluggast hat nur die Qual bei der Wahl des Programms bzw. der Fluggesellschaft, da die Vielfliegerprogramme kaum Möglichkeiten bieten, das besondere Profil jeder einzelnen Luftverkehrsgesellschaft ersichtlich zu machen. In der Regel dient aber ein FFP auch nicht der Neukundengewinnung (Vgl. Kapitel 2.3.1) sondern nur der Schaffung von Barrieren (durch erhöhten Wertgewinn beim Leistungserwerb) gegen den Wechsel des Kunden zu einem Konkurrenten.

3.2.4 TQM als unterstützendes Element bei der Kundenbindung

In komplexen, vielen äußeren Einflüssen ausgesetzten Unternehmen ist ein homogenes, alle Teile des Unternehmens einschließendes Qualitätssicherungskonzept notwendig. Das Marketing eines Unternehmens kann nicht effektiv sein, wenn es nicht Hand in Hand mit den andern Abteilungen um die Qualität des Produktes bemüht ist, da es die Nachteile fehlerhafter Produkte oder Dienstleistungen nicht ausgleichen kann. Die meisten Kunden sind nicht bereit sich mit einer durchschnittlichen Qualitätsleistung zufriedenzugeben. Aus diesem Grund existiert seit einigen Jahren ein Durchführungsansatz, der im Unternehmen, mittels entsprechender Koordinations-, Kontroll- und Integrationsinstrumente, zu einem kundenorientierten, unternehmensweiten, ganzheitlichen Qualitätsverständnis führt. Dieser Ansatz wird mit Total Quality Management (TQM) bezeichnet[10].

Mit dem TQM-Ansatz wird bei Dienstleistungsunternehmen, zu denen Luftfahrtunternehmen zu rechnen sind, das Konzept: “Der Kunde steht im Mittelpunkt aller, vom Unternehmen ausgehenden Bemühungen. Seinem Nutzen und seiner Zufriedenheit dienen alle Aktivitäten des Unternehmens”, durchgesetzt. Diese Orientierung auf die Kundenbedürfnisse ist in Hinsicht auf die Kundenbindung im Luftverkehr unerläßlich (Vgl. Kap. 3.2.1). Wie der Exkurs über die Durchsetzung einer neuen Firmenpolitik und eines neuen Qualitätsanspruchs bei SAS (Kap. 3.1.4) aufzeigt, führt nur die Verinnerlichung des Qualitäts- und Servicegedankens bei allen Mitarbeitern, ganz besonders bei denen, die direkt mit dem Kunden in Kontakt treten, zu einer hohen Qualität des Produktes Flug einschließlich aller Zusatzleistungen.

Bei SAS existiert dazu ein spezieller Ansatz: die SAS Qualitätspyramide (Abb. 3). In ihr sind die Qualitätsbedürfnisse der Kunden dargestellt, aufsteigend von grundlegenden Qualitätsansprüchen über den allgemeinen Servicebereich, bis zum persönlichem Service und persönlichen Hilfestellungen. Diese Ansprüche sind nur durch unternehmensweites Qualitätsmanagement optimal zu erfüllen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3 - SAS Qualitätspyramide (Quelle: SAS Annual Report)

Jeder Mitarbeiter muß sich bewußt sein, daß sein Auftreten, seine Kompetenz das Erscheinungsbild des Unternehmens beim Kunden prägt. Der Kunde ist in den letzten Jahren schlauer und anspruchsvoller geworden. Zum einen hat er gelernt Blendwerk von wahren Qualitätsmerkmalen zu unterscheiden, zum anderen stellt er immer höhere Ansprüche. So wird sich z.B. ein Vielfliegerprogramm als Kundenbindungsinstrument als nutzlos erweisen, wenn nicht ein solides Fundament aus Sicherheit, Schnelligkeit, gutem Service und einem flexiblem Beschwerdemanagement das Produkt “Flug” tragen.

4 Zukunftsaussichten

Der Luftverkehrsmarkt zeichnet sich durch ständige Veränderungen aus, bedingt durch technischen Fortschritt und stetige Entwicklungen der Rahmenbedingungen. Dieser Tatbestand erschwert sichere Prognosen für die Zukunft erheblich, weswegen hier nur Möglichkeiten einer Entwicklung aufgezeigt werden sollen.

Mit Sicherheit kann gesagt werden, daß die Nachfrage nach Luftverkehrsleistungen noch erheblich steigen wird. Betrachtet man ältere Verkehrsmittel, so kann man davon ausgehen, daß Fliegen in Zukunft auch im privaten Bereich noch mehr zur Normalität wird und, wie die Schiffahrt in den 20er bis 50er Jahren, den “Reiz des anderen, des Abenteuers”, völlig verlieren wird. Tendenzen hierfür sind bereits zu erkennen, da der Anteil an Geschäftsreisenden im Linienverkehr bereits rückläufig ist, wogegen der Anteil an Privatreisenden überproportional wächst. Privatreisende gewinnen also auf der Nachfrageseite zunehmend an Bedeutung. Daraus ist ersichtlich, daß sich auch die Luftverkehrsgesellschaften in Zukunft stärker auf den Markt der Privatreisenden konzentrieren müssen, und auch in diesem Segment ausgeprägtere Strategien zur Kundenbindung nötig werden.

Wie sich die Struktur der Angebotsseite in Zukunft entwickelt, ist weit weniger eindeutig. Tendentiell streben derzeit Luftverkehrsgesellschaften nach Fusionen mit anderen Gesellschaften bzw. aus kartellrechtlichen Gründen nach sogenannten strategischen Allianzen, die eine enge Zusammenarbeit der Gesellschaften beinhalten. Sie nutzen so Kosteneinsparungen durch steigende Skalenerträge und weitere Synergieeffekte, wie beispielsweise ein erweitertes Angebot. Werden diese Bestrebungen weiter ausgebaut, so kommt es zu Macht- und Marktpotentialkonzentrationen auf wenige strategische Allianzen. Das Ergebnis wären Allianzen als Träger der Absatzpolitik.

Ebenfalls denkbar wäre aber ebenso ein Angebotsmarkt, der aus vielen kleineren Gesellschaften besteht, die sich auf die Bedürfnisse und Charakteristiken einzelner Marktsegmente spezialisiert haben. Hierzu bedarf es eines weiteren Abbaus von Marktzugangsbeschränkungen und der oben bereits erwähnten Entwicklung, in der Fliegen zum alltäglichen Leben gehört. Eine Spezialisierung ist von der Nachfrageseite mit Sicherheit erwünscht. Die Marktzugangsbeschränkungen waren seither nur so erheblich, daß kaum ein Angebot von kleinen Gesellschaften lange aufrecht erhalten werden konnte.

Die aufgezeigten Entwicklungsmöglichkeiten schließen sich nicht gegenseitig aus. Es ist auch ein Angebotsmarkt denkbar, in dem Allianzen auftreten und kleine Gesellschaften in für Allianzen uninteressanten Marktsegmenten Raum finden. Letztere Entwicklungsmöglichkeit ist um so wahrscheinlicher, je größer das Wachstum der Nachfrage nach Luftverkehrsleistungen ausfällt.

Wie Luftverkehrsgesellschaften im Einzelnen auf den veränderten Markt reagieren, ist noch schwerer vorherzusagen. Derzeit sind angebotene Leistungen nur schlecht unterscheidbar, ebenso wie die Profile der einzelnen Luftverkehrsgesellschaften. Hier kann es zu einer weiteren Angleichung kommen. Soll der Kunde aber in Zukunft mehr an das Unternehmen gebunden werden, muß er auch gute Gründe für seine Treue bekommen. Daher werden Luftverkehrsgesellschaften in Zukunft ihre Tätigkeitsfelder noch mehr auf weitere Dienstleistungen (Hotels, Mietwagen) ausweiten, um sich an die Erwartungen der Kunden anzupassen bzw. um mehr zu bieten, als der Kunde erwartet. Er soll sich auch beim nächsten Mal an den Partner seines Vertrauens wenden.

Zu einer weiteren Anpassung an die Erwartungen der Kunden gehört ebenfalls die fortgesetzte Spezialisierung auf einzelne Marktsegmente bzw. Zielgruppen, bis hin zum individuellen maßgeschneiderten Beförderungsangebot.

Abschließend läßt sich sagen, daß Luftverkehrsgesellschaften in Zukunft noch intensiver auf den Kunden eingehen werden, denn nur ein zufriedener Kunde wird wieder beim gleichen Unternehmen buchen, und zufriedene Kunden, welche die Gesellschaft empfehlen sind die beste Werbung für ein Unternehmen.

1

5 Anhang

Seite gegen Delta FFP austauschen!

6 Quellennachweis

- SAS Annual Report 1996, S.50 ff.
- Delta Airlines Annual Report 1996
- Philip Kotler, Friedhelm Bliemel: “Marketing-Management”;Schäffer-Poeschel Verlag, 1995; 8. Auflage
- Deutsche BA; Fred Itzeck, Leiter Marketing :“Bewertung eines aktiven Beschwerdemanagement nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten”, Vortrag auf einer Fachtagung zum Thema Kundenmanagement
- Grande, Michael, Leiter Marketing LH-AG: “Strategische Allianzen - Die Zukunft der Fluggesellschaften”, Vortrag an der TU Berlin vom 27.11.1997
- Hammes, Michael: “Wettbewerbsregeln für den Luftverkehr in den Europäischen Gemeinschaften”, Dissertation. Johannes Gutenberg Universität Mainz. 1982. S.73 ff.
- Prof. Dr. Fricke: “Luftverkehrspolitik und -wirtschaft”, Vorlesungsskript, Technische Universität Berlin, Institut für Luft- und Raumfahrttechnik - WS 1997/98
- Prof. Dr. Hüttig: “Luftverkehrsbetrieb”, Vorlesungsskript, Technische Universität Berlin, Institut für Luft- und Raumfahrtechnik - WS 1997/98
- Telefongespräche mit Mitarbeitern der Marketingabteilungen von United Airlines, Deutsche Lufthansa AG, Deutsche BA, Delta Airlines, SAS, Cathay Pacific, All American Airlines

[...]


[1] Kotler/Bliemel: “Marketingmanagement”, Schäffer-Poeschel Verlag, 1995, S. 16

[2] Kotler/Bliemel: “Marketingmanagement”, Schäffer-Poeschel Verlag, 1995, S. 17

[3] Vergleiche dazu auch: Nutzwertanalyse im Rahmen der Systemtechnik (Systems Engineering).

[4] Vgl.: Hammes, Michael: Wettbewerbsregeln für den Luftverkehr in den Europäischen Gemeinschaften. Dissertation. Johannes Gutenberg Universität Mainz. 1982. S.73 ff.

[5] Michael Grande in einem Vortrag am 27.11.97 an der TU Berlin über das Thema “Strategische Allianzen. Die Zukunft der Fluggesellschaften (...).

[6] Siehe dazu Anlage 1.

[7] Michael Grande in einem Vortrag am 27.11.97 an der TU Berlin über das Thema “Strategische Allianzen. Die Zukunft der Fluggesellschaften (...).

[8] Ebd.

[9] Vgl.: Delta Air Lines. Firmenunterlagen.

[10] Auf eine Darstellung der Grundlagen des TQM wird an dieser Stelle aus Gründen der Übersichtlichkeit verzichtet.

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Kundenbindungsinstrumentarien im Wettbewerb auf dem Luftverkehrsmarkt
Hochschule
Technische Universität Berlin
Veranstaltung
Luftverkehrspolitik und -wirtschaft
Autoren
Jahr
1998
Seiten
26
Katalognummer
V96316
ISBN (eBook)
9783638089920
Dateigröße
427 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Nicht alle Abbildungen enthalten. Anhang fehlt.
Schlagworte
Kundenbindungsinstrumentarien, Wettbewerb, Luftverkehrsmarkt, Luftverkehrspolitik
Arbeit zitieren
Marc Lukaschewski (Autor:in)Mark Paetzold (Autor:in), 1998, Kundenbindungsinstrumentarien im Wettbewerb auf dem Luftverkehrsmarkt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/96316

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