Reinheitsgebot ade? : In welchen Ländern dürfen welche Stoffe zu welchem Zweck dem Bier zugesetzt werden?


Seminararbeit, 2000

13 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Geschichte und historische Hintergründe des Reinheitsgebots

2 Bierherstellung
2.1 Der Brauvorgang im Allgemeinen
2.1.1 Grundstoffe
2.1.2 Malzbereitung
2.1.3 Gewinnung der Würze durch Maischen
2.1.4 Gärung
2.2 Verschiedene Zusätze und ihr Verwendungszweck
2.2.1 Zusatzstoffe während des Brauvorgangs
2.2.1.1 In der Mälzerei
2.2.1.2 In der Würze
2.2.1.3 Bei der Gärung
2.2.2. Zusätze bei der Lagerung und vor dem Abfüllen
2.2.2.1 Trübungsstabilisatoren
2.2.2.2 Antioxidantien und Konservierungsstoffe
2.2.2.3 Schaumstabilisatoren
2.2.2.4 Geschmacksstoffe

3 Die zukünftige Bedeutung des Reinheitsgebots - Ausblick

4 Anhang/ Literaturverzeichnis

Geschichte und historische Hintergründe des Reinheitsgebots

Bereits seit dem 8. vorchristlichen Jahrhundert wird auf deutschem Boden Bier gebraut. Allerdings ließe sich das Bier dieser Zeit und der folgenden Jahrhunderte nicht mit dem vergleichen, was man heute gemeinhin unter Bier versteht. Aus verschiedenen Quellen kann man entnehmen, dass Bierbrauen zu dieser Zeit und auch im Mittelalter für heutige Verhältnisse oft recht eigenartig vonstatten ging. Sei es hinsichtlich der Grundbestandteile, wie dem unabdingbaren Getreide, wo man statt Brotgetreide wie Weizen, Gerste oder Hafer oft auch Hirse, Bohnen, Erbsen oder anderes stärkehaltiges Korn verwendete, oder bezüglich der zur Geschmacksbildung zugesetzten Würze, für die Fenchel, Wacholder, Nelken, Salbei und verschiedene Baumrinden, gelegentlich aber auch Pech, Ochsengalle, harte Eier, Ruß oder Kreide beigefügt wurden. Hopfen als Zusatz wurde erst von den Klosterbrauereien Ende des 12. Jahrhunderts eingeführt und anfangs auch nur dort verwendet. All dies schlug sich natürlich im Geschmack nieder, der häufig als sehr schlecht beschrieben wurde. (vgl.[9] ; S.14) Ab ca. 1000 n.Chr. begann man deshalb allmählich, Regelungen zu schaffen, die das Brauen guten Bieres gewährleisten sollten. Die Zünfte, die um ihren Ruf besorgt waren, erließen schon früh, vornehmlich aber in norddeutschen Städten, Zunftverordnungen, die den Brauern gewisse Gebote, die die Inhaltsstoffe und die Konsistenz des Bieres betrafen, auferlegten. Auch in Süddeutschland erkannte man bald, dass sich die schlechte Qualität des Bieres nur durch Vorschriften verbessern ließe, so dass auch dort verschiedene Gesetze erlassen wurden, die das Brauen schlechten Bieres unter Androhung harter Strafen verboten. Reglementierungen dieser Art gab es in den meisten großen Städten Bayerns. Erwähnenswert sind vor allem Augsburg, Regensburg, Nürnberg und München, bei denen die Brauvorschriften im Stadtrecht festgelegt waren. 1447 wurde in München eine Vorschrift herausgegeben, die als Grundlage des späteren Reinheitsgebotes gilt, da sie inhaltlich mit ihm übereinstimmt.

Durch die Vielzahl dieser Verordnungen und der stetigen Qualitätskontrollen wurde tatsächlich eine kontinuierliche Verbesserung der Biere in den süddeutschen Städten erreicht. Dies führte dazu, dass man beschloss, endlich eine bayernweit gültige Vorschrift für das Brauen von Bier herauszugeben. So wurde auf dem bayerischen Landesstädtetag am 23. April 1516, auf Initiative Herzog Wilhelms IV. und seines Bruders Herzog Ludwig X., das ,,Bayerische Reinheitsgebot" erlassen, das als älteste lebensmittelrechtliche Verordnung gilt und von der im folgenden der entscheidende Auszug wiedergegeben ist: (vgl.[6] ; S. 112-125) ,,...Ganz besonders wollen wir, dass forthin allenthalben in unseren Städten, Märkten und auf dem Lande zu keinem Bier mehr Stücke als allein Gersten, Hopfen und Wasser verwendet und gebraucht werden sollen. Wer diese unsere Androhung wissentlich übertritt und nicht einhält, dem soll von seiner Gerichtsobrigkeit zur Strafe dieses Fass Bier, so oft es vorkommt, unnachsichtlich weggenommen werden "([6] ; S.116)

Der Brauvorgang im Allgemeinen

Zum besseren Verständnis der Einsatzbereiche und Wirkungsweisen verschiedener Zusatzstoffe soll in diesem einführenden Abschnitt jeweils kurz auf die einzelnen Schritte des Bierbrauens eingegangen werden:

Grundstoffe

Als Grundstoffe bei der Bierbereitung sind mindestens Wasser, Hefe und ein Stärketräger vonnöten. Um dem Bier einen gewissen Geschmack zu verleihen, würzt man es außerdem mit verschiedenen Pflanzen oder anderen Geschmacksstoffen.

Auch das Brauwasser nimmt eine wichtige Stellung bei der Bierbereitung ein, da der Geschmack des Bieres wesentlich vom pH-Wert und dem Gehalt an Mineralsalzen und organischen Stoffen im Wassers abhängt.

Als Stärketräger, nimmt man gewöhnlich Gerste oder mindestens einen Anteil davon, der mit anderen Getreidesorten wie Weizen, Dinkel, Roggen, etc. vermischt wird. Es gibt jedoch auch Biere, die mit Mais, Reis oder Hirse gebraut werden. Dies liegt größtenteils daran, dass europäische Getreidearten nicht in jeder Klimazone ausreichend gedeihen. Das Würzen des Bieres mit Hopfen, den harzigen Blüten einer Kletterpflanze, ist die gängigste Methode. Der Hopfen dient außerdem auch als Konservierungsmittel. Zusätzlich zu dieser ist es in manchen Ländern erlaubt, künstliche Geschmacksstoffe zuzusetzen. Bei den Hefen unterscheidet man grob zwischen untergäriger und obergäriger Hefe. Beide arbeiten nur bei bestimmten Temperaturen und durch sie wird letztendlich die Biersorte bestimmt.

(siehe[9] ; S.55-68)

Malzbereitung

Das Malz des Bieres wird aus geeigneten Getreidesorten gewonnen. Dazu wird das angelieferte Korn in der Mälzerei zuerst von nicht vermälzbaren Bestandteilen und Verunreinigungen befreit.

Danach sorgt man dafür, dass das Getreide trocknet und lagert es für eine bestimmte Zeit ein, um seine Lebensäußerungen auf einen Minimalwert zu beschränken. Nach ausreichender Ruhe beginnt man mit dem eigentlichen Vorgang des Mälzens. Zuerst führt man dem Getreide Wasser zu, um eine Keimung einzuleiten. Dies geschieht, um die im Korn befindlichen Enzyme herauszulösen und eine teilweise Auflösung des Mehlkörpers zu bewirken. Dazu muss genügend Sauerstoff zugeführt werden, um den erneuten Austausch von CO2 zu gewährleisten, der durch die Keimung in Gang gesetzt wird. Die gelösten Enzyme, hauptsächlich _- und ß-Amylase, bauen einen Teil der Getreidestärke in bestimmte Zucker (Glucose, Fructose, Maltose, Saccharose) ab.

Nach genügender Keimzeit (bis zu 10 Tagen) wird das Getreide entwässert, das jetzt Grünmalz genannt wird. Danach wird es gedarrt, d.h. geröstet, um es haltbar zu machen und die chemisch-biologischen Umsetzungen zu beenden. Mit der Dauer des Darrens und der damit verbundenen Bräunung legt man bereits jetzt fest, welche Farbe das spätere Bier haben wird.

Dieses Darrmalz kann nun in der Brauerei weiterverarbeitet werden. (vgl.[8] ; S.1-89)

Gewinnung der Würze durch Maischen

Den zweiten Schritt bei der Bierherstellung stellt die Würzebereitung dar. Dazu werden zuerst Malz und Wasser, später auch Hopfen, bei bestimmten Temperaturen in großen Bottichen miteinander vermengt. Zuvor muss das Malz jedoch noch zerkleinert (geschrotet) werden. Dies ist ein rein mechanischer Vorgang, bei dem es darauf ankommt, den Mehlkörper in verschiedenen Feinheitsgraden zu vermahlen, denn er enthält die Hauptmenge der Extraktbildner. Ist das Mahlgut aber zu fein, kann es nach der Würzebereitung nicht mehr als Würzefilter dienen. Somit hängt die Zusammensetzung der Würze unmittelbar mit der Qualität des Schrotes zusammen.

Nachdem das Malz geschrotet worden ist, gibt man es in warmes Wasser, um die löslichen Inhaltsstoffe zu extrahieren. Da der größte Teil des Mehlkörpers aber immer noch wasserunlöslich ist, bedarf es wiederum einer Reihe von Enzymen, die die festen, gewachsenen und hochmolekularen organischen Substanzen in solche mit niedrigem Molekulargewicht umwandeln und dadurch wasserlöslich machen. Hier kommt die noch im Korn enthaltene Diastase (_- und ß-Amylase) zum Einsatz. Allerdings benötigen beide eine bestimmte Temperatur, um effizient arbeiten zu können. Sie sind es, die die Stärke zum grossen Teil in Maltose (Malzzucker) umwandeln. Außer diesen beiden, durch die der Großteil des vergärbaren Zuckers gebildet wird, finden sich noch weitere Enzyme (wie z.B. Maltase, das den Malzzucker in Glucose überführt), die jedoch eine geringere Rolle spielen und deren Aufgabe auch hauptsächlich die Umwandlung von längerkettigen Kohlehydraten in Ein- oder Zweifachzucker ist. Nach Umwandlung der gesamten Stärke wird die Würze durch das ausgelaugte Schrot abfiltriert (geläutert).

Nun wird die Würze mit Hopfen oder Hopfenprodukten versetzt und eine gewisse Zeit gekocht. Damit bezweckt man das Lösen der Hopfenbestandteile, besonders der Bitterstoffe, die Zerstörung der Enzyme und vor allem die Reduzierung der sogenannten Stammwürze auf die gewünschte Konzentration.

Die durch Maischen und Hopfenkochen entstandene Lösung ist die gehopfte Bierwürze, die vergoren werden soll. Vor der Vergärung wird sie nochmals gefiltert und gekühlt. (siehe[8] ; S.90-193)

Gärung

Hier wird die Würze zu Jungbier vergoren, das danach noch in Fässern oder Flaschen nachreift. Unter Gärung sind im allgemeinen Stoffwechselprozesse von Mikroorganismen zu verstehen. Bei der alkoholischen Gärung werden dabei durch Hefen unter anaeroben Bedingungen Glucose und andere Zuckerarten geringerer Bedeutung über mehrere Zwischenschritte in Alkohol und CO2 abgebaut.

(vgl.[8] ; S.194)

Die Hefe kann ober- oder untergärig sein. Das deutet auf die Eigenschaft der Hefe hin, beim Brauvorgang entweder zum Boden des Gärbottichs abzusinken oder an die Oberfläche zu steigen. Die beiden Hefesorten arbeiten außerdem bei unterschiedlichen Temperaturen. Durch die verschiedenen Hefearten erhält man auch unterschiedliche Endprodukte. Obergärig gebraut werden beispielsweise alle Weißbiere und Malzbiere, auch Altbier und Kölsch. Fast alle übrigen werden in untergäriger Brauweise hergestellt. Somit hat die Hefe einen entscheidenden Einfluss auf den Biercharakter.

(vgl.[6] ; S.17-23)

Für die Beschreibung des Gärvorgangs spielt dies allerdings keine Rolle, da die Prozesse bei beiden annähernd gleich ablaufen.

Dazu wird die Würze mit Hefekulturen versetzt (angestellt), wobei diese darin versinken und somit fast gänzlich von der Versorgung mit Sauerstoff abgeschnitten sind. Nun beginnt das Bier zu gären. Nach ca. 24 Stunden bildet sich eine Schaumschicht an der Oberfläche, die anzeigt, dass der Umwandlungsprozess begonnen hat. Der Hefestoffwechsel setzt nun die Zuckerarten, die in der Würze enthalten sind in etwa gleiche Teile Alkohol ( größtenteils Ethanol, durch Vergärung von Glucose) und Kohlendioxid um, das in Verbindung mit Wasser zur Kohlensäure wird. Der Vergärungsgrad nimmt Einfluß auf die Endkonzentration der Würze. Zusätzlich werden von den Hefezellen auch die darin enthaltenen Eiweiße und Fette umgewandelt, was insgesamt für den späteren Geschmack ausschlaggebend ist.

Dieser Vorgang nimmt etwa 6-12 Tage in Anspruch. Danach entfernt man den Großteil der Hefe und pumpt das Bier zur Nachgärung ab.

(siehe[8] ; S.194-235, S.347-358)

Das entstandene Jungbier wird nun in geschlossene Lagergefäße verteilt. Hier reichert sich das Bier noch mit Kohlensäure an, klärt sich und reift langsam geschmacklich aus. Nach beendeter Lagerzeit und anschließender Filterung wird das nun fertige Bier in Fässer oder Flaschen abgefüllt und geht in den Verkauf.

Damit ist das Bierherstellungsverfahren in aller Regel beendet. (siehe[12] ; S.145)

Verschiedene Zusätze und ihr Verwendungszweck

Es ist durchaus möglich, dem Bier bzw. seiner Zwischenprodukte während der einzelnen Brauvorgänge oder kurz vor dem Abfüllen noch Stoffe beizugeben. Dies geschieht hauptsächlich aus Gründen der Kostenersparnis bezüglich der Rohstoffe und der Verarbeitung, oder um Defizite des Bieres in verschiedenen Bereichen auszugleichen. (Zu diesem Abschnitt siehe auch Anhang: Tabelle der häufigsten Zusatzstoffe) (vgl.[7] )

Zusatzstoffe während des Brauvorgangs

Da von den Stoffen, die beim eigentlichen Brauvorgang verwendet werden, nur das Wasser, die verwendeten Getreidearten, der Hopfen und eventuell Säuerungsmittel deklariert werden müssen, kann man die beim Brauen verwendeten Zusätze im ausstoßreifen bzw. verkaufs- fertigen Bier oft nicht mehr feststellen. Da aber diese Zusätze den lebensmittelrechtlichen Bestimmungen der einzelnen Länder entsprechen müssen, sind ernsthafte gesundheitliche Schädigungen bei normalem Bierkonsum praktisch ausgeschlossen.(vgl.[5] )

In der Mälzerei

Schon bei der Malzbereitung verwendet man verschiedene Getreidearten oder -mischungen, um unterschiedliche Geschmacksnoten zu erzielen. Außerdem gibt man zu dem fast überall gebräuchlichen Gerstenmalz in einigen Ländern geringe Mengen von unedleren Biergetreidesorten wie Mais oder Reis hinzu, um Volumenverluste, die durch das Mälzen entstehen, auszugleichen oder geschmackliche Modifikationen vorzunehmen. Bemerkenswert sind Biere, deren Malz nur aus Mais besteht (Frankreich, Mexiko). (vgl.[9] ; S.55-60;[11] ) In der Mälzerei werden dem Weichgut teilweise Wuchsstoffe wie Giberellins ä ure, das auch auf natürlichem Weg im Korn entsteht, zur Vermehrung der enzymatischen Verbindungen aufgesprüht. Dies ist beispielsweise in Großbritannien, Belgien und Frankreich eine gängige Methode, um das Potential des Malzes zu erhöhen. Sie ist in Deutschland aber verboten. Es ist auch möglich, dem Grünmalz vor dem Darren Gummi arabicum aufzusprühen. Diese Substanz erhöht die Elastizität des Schaumes beim fertigen Bier. Dieses Verfahren ist nach EU-Recht auch in Deutschland erlaubt.

(siehe[7],[5],[1] )

In der Würze

Zum geschroteten Getreide können je nach Ländergesetz verschiedene ungemälzte Getreidesorten (Rohfrucht) oder Malzextrakte (überall üblich) oder diverse Zuckerarten (Deutschland, Dänemark, Großbritannien, Belgien, Frankreich, Schweiz und Japan) in das Brauwasser gegeben werden, um die Ausbeute insgesamt und die Konzentration der Würze und der vergärbaren Stoffe zu erhöhen. Erwähnenswert ist der Zusatz von Caramel, das außerdem der Farbgebung dient. (siehe[7] )

Auch das Brauwasser wird bei ungenügender Qualität und Inhaltsstoffen, die im Trinkwasser unbedenklich wären, aber im Bier unerwünschte Reaktionen zeigen könnten, dementsprechend behandelt. Also bei Bedarf gereinigt, entmineralisiert und im pH-Wert optimiert. Sofern dies auf physikalischem Weg geschieht, gibt es dafür keine gesetzlichen Hinderungsgründe.

(siehe[6] ; S.194-196)

Hauptsächlich werden beim Würzebereiten zur Umwandlung der Malzbestandteile verschiedene Enzyme zugesetzt, wobei man den pH-Wert der Würze mit diversen Säuren und Carbonaten zu regulieren versucht, um den Enzymen optimale Bedingungen zu schaffen. Seit 1995 legt eine EU-Richtlinie fest, dass nur noch Milch- und Zitronens ä ure verwendet werden dürfen. Außerhalb der EU wird dies allerdings nicht berücksichtigt. (vgl.[7],[8] ; S.114-120, [1] )

Beim anschließenden Hopfenkochen wird der Hopfen beigefügt. Dieser kann jedoch verschiedene Konsistenzen haben (Pulver, Extrakt oder ganze Hopfendolde).

Der Zusatz von Bentoniten (Aluminiumsilikaten) und Kiesels ä urepr ä paraten kann hier unter Umständen eine verbesserte Ausbeute der begehrten, im Hopfen enthaltenen Bitterstoffe bewirken. Dadurch, dass sie zusätzliche Kontaktoberflächen schaffen, unterstützen sie die die Umwandlung von Bitterstoffen, die bei der Gärung wieder ausgeschieden werden, in solche, die im Bier verbleiben. Diese Stoffe werden vor der Gärung ausgefiltert. (vgl.[8] ; S.104,163-164)

Bei der Gärung

Dem gärenden Bier setzt man für gewöhnlich keine Stoffe zu. Dies liegt vor allem daran, dass die verwendeten Hefen genau auf das Bier abgestimmt sind (also auf bestimmte Eigenschaften hin gezüchtet oder manipuliert), und die gewünschten Veränderungen selbst vornehmen.

(vgl.[8] ; S.194-198)

Es kommt vor, dass das Bier nach der Gärung mit sogenannten Antifoam-Mitteln (Schaumhemmern) angereichert wird, um Platz in den Lagertanks zu sparen. Diese werden bei der Endabfüllung wieder herausfiltriert.

(siehe[7] )

Zusätze bei der Lagerung und vor dem Abfüllen

In der Zeit zwischen Einlagerung zur Nachgärung und Abfüllung des Bieres in Flaschen oder Fässer, in der das Jungbier reift, werden viele der eigentlichen Zusatzstoffe dem Bier beigemengt. Dies sind größtenteils Stoffe, die die sichtbaren Eigenschaften des Bieres, Haltbarkeit und Geschmack stark beeinflussen.

(siehe[7] )

Trübungsstabilisatoren

Bei längerer Lagerung von Bier in Raumtemperatur stellt sich normalerweise eine Trübung ein, die nicht mehr reversibel ist. Sie wird durch Kolloidierung (Zusammenlagerung) verschiedener Substanzen wie Proteine (Eiweißstoffe), Polyphenole und Kohlehydrate hervorgerufen. Um das Bier nun für längere Zeit zu stabilisieren, gibt es adsorptiv oder chemisch wirkende Präparate, die man zugeben kann. Adsorptive (anlagernde) Mittel werden in allen Ländern, unter anderem auch in Deutschland, verwendet.

Adsorptiv

Kiesels ä ure und Bentonite (Aluminiumsilikate) beseitigen die Trübungen, die durch Eiweißsubstanzen entstehen, indem sie sich an die Schwebstoffe anlagern. Bentonite werden während der Lagerung zum Bier gegeben und verbleiben dort 3-7 Tage, bis sie ausfiltriert werden. Kieselsäure benutzt man als Filtersubstanz vor der Abfüllung. Polyamide und Polyvinylpolypyrrolidon (PVPP) sind Harze, die durch Polymerisation aus geeigneten niedermolekularen Verbindungen hergestellt werden. Mit ihrer Hilfe ist es möglich, Trübungen, die durch Polyphenole hervorgerufen werden, zu beseitigen. Auch diese Stoffe werden in Filtern angewendet.

Chemisch

Tannin selbst ist ein hydrolisierbares (wasserlösliches) Polyphenol und wird in den letzten Tagen der Lagerung zugesetzt, wobei es Proteine fällt. Bei der Abfüllung wird es wieder herausfiltriert.

Proteolytische Enzyme wie Papain, Ficin, Bromelin und Pepsin bauen komplexe Eiweißstoffe zu Produkten mit niedrigem Molekulargewicht ab, die nicht mehr dazu neigen, Trübungen zu verursachen. Der Zusatz erfolgt 10-14 Tage vor dem Abfüllen. Es verbleibt im Bier, in dem es deshalb zu einer Schaumminderung und einer Verschlechterung der Vollmundigkeit kommen kann.

(siehe[8] ; 316-322,[5] )

Antioxidantien und Konservierungsstoffe

Diese gibt man vor allem ins Bier, um eine Anlagerung und Reaktion der im Bier vorhandenen Sauerstoffmoleküle an die in großer Zahl vorhandenen oxidierbaren Verbindungen zu verhindern. Sie können vor allem den Geschmack, aber auch die Farbe des Bieres erheblich beeinträchtigen. Dies ist die bei Bier einzig notwendige Konservierungsmaßnahme durch Zusatzstoffe, da Bier, das international verkauft wird, meist pasteurisiert (kurzzeitig hocherhitzt, zur Abtötung jeglicher Organismen) wird. Zum anderen sind im Hopfen Substanzen enthalten, die konservierend wirken und somit das Bier wirksam schützen.

Ascorbins ä ure reagiert bevorzugt mit Sauerstoff, wobei ihr zwei Wasserstoffatome entzogen werden und sie zu Dehydro-Ascorbinsäure übergeführt wird. Dieser Wasserstoff bildet mit dem Sauerstoff Wasserstoffperoxid (H2O2). Somit macht die Ascorbinsäure den Sauerstoff unschädlich, bevor er auf andere Verbindungen einwirken kann. Sie wird vor allem eingesetzt, wenn nur geringe Sauerstoffmengen vorhanden sind. Dieser zu den am häufigsten angewandten Zusatzstoffen zählende wird kurz vor dem Abfüllen zum Bier gegeben. Auch Zuckerreduktone, also ungesättigte Zuckermoleküle, denen Sauerstoffmoleküle fehlen. Dazu zählen alle Einfachzucker und die meisten Zweifachzucker. Sie werden zum Zweck der schnellen Sauerstoffbindung zugegeben. Dies erfolgt bereits in den Lagerbehältern. Sulfite (Bisulfite, Hydrogensulfite), die Derivate der schwefligen Säure sind, binden den Sauerstoff im Bier in kurzer Zeit. Sie werden schon während des Abpumpens des Bieres in die Lagerbehälter zugesetzt.

(siehe[8] ; S.322-323,[2] ; S.1155-1162)

Schaumstabilisatoren

Der Schaum wird durch oberflächenaktive Stoffe im Bier erzeugt, die in der Lage sind, elastische Häutchen zu bilden. Man achtet bereits bei den einzelnen Schritten des Brauens darauf, diese Substanzen möglichst zu erhalten. Da dies jedoch aus verschiedenen Gründen nicht immer möglich ist, gibt es Zusätze, die die Schaumbildung unterstützen. Das Verhalten des Schaumes hat nur indirekt und in sehr geringem Maße Einfluss auf den Biergeschmack. Propylenglycoalginat, ein Eiweißabbauprodukt, erhöht die Viscosität des Häutchenbildners (Eiweiß) und steigert somit die Elastizität des Schaumes.

Bitterstoffe des Hopfens und Polyphenole verstärken durch Komplexbildung mit den Eiweißstoffen diese Häutchen. Sie sind jedoch selbst nicht in der Lage, solche zu bilden.

Auch wenn Kohlensäure ein selbstverständlicher Bestandteil des Bieres zu sein scheint, spielt sie doch eine erwähnenswerte Rolle bei der Bildung und Haltbarkeit des Schaumes. Der Bierschaum verhält sich proportional zur enthaltenen Kohlensäuremenge, so dass auch mit ihr die Qualität des Schaumes beeinflusst werden kann.

(vgl.[8] ; S.314-315)

Geschmacksstoffe

Einer Reihe von Bieren werden noch zusätzliche geschmacksverändernde Stoffe zugesetzt, jedoch gibt es dafür keine Beschränkungen, sofern diese Stoffe im jeweiligen Land lebensmittelrechtlich einwandfrei sind. Künstliche Aromen beizufügen, ist in Deutschland und Österreich nur mit Sondergenehmigung erlaubt, in Belgien, Holland und Frankreich aber durchaus gängig. Diese Aromastoffe können in Form von Ölen, Pflanzenextrakten aber auch Spirituosen vorkommen. Unter bestimmten Bedingungen dürfen solche Produkte nicht mehr unter dem Namen ,,Bier" verkauft werden.

(vgl.[4],[11] )

Die zukünftige Bedeutung des Reinheitsgebotes

Trotz der zunehmenden Etablierung ausländischer Biere sieht die deutsche Brauwirtschaft das Reinheitsgebot nicht gefährdet. Begründet meist damit, dass das Reinheitsgebot heute nicht mehr verpflichtend gilt, sondern mittlerweile, mehr noch als früher, ein Qualitätssiegel ist, verweist man auf die vielen Stammkunden der einheimischen Brauereien. Auch dadurch, dass die Ausgangsprodukte ausschließlich natürlicher Herkunft sind und für das Brauen ohne Zusatzstoffe einwandfrei und von höchster Qualität sein müssen, ist auch die Güte des Bieres gewährleistet.

Trotzdem ist in den letzten Jahren ein Wandel zu beobachten. Seit es fast in jeder Kneipe, die von jungen Menschen besucht wird, auch ausländische Biersorten wie CORONA aus Mexiko oder DESPERADOS aus Frankreich gibt, haben sich deren Trinkgewohnheiten erheblich verändert. Diese Biere, die beide mit bei uns ungebräuchlichen Rohstoffen und teilweise künstlichen Aromen hergestellt sind, haben inzwischen eine gewisse Popularität erreicht. Ursprünge dieses Wandels sind mit Sicherheit die weniger ausgeprägte Produktbindung und das deutlich geringere Misstrauen neuen Bieren gegenüber. Der Geschmack von Bieren aus anderen Rohstoffen unterscheidet sich tatsächlich deutlich von dem traditionell gebrauter. Jedoch ist der gute Geschmack eine recht subjektive Empfindung, dessen Grenzen jeder für sich festlegen muss, denn sofern ein Getränk als Bier verkauft wird, bewegt es sich auch mehr oder minder in diesem Geschmacksbereich.

Die Brauereien in Deutschland, die schon immer nach dem Reinheitsgebot gebraut haben, werden dies auch zukünftig tun, da ihre Produktionsanlagen auf diese Brauart optimiert sind. Aufgrund der Tatsache, dass der Großteil der Bevölkerung immer noch heimisches Bier bevorzugt, sind Befürchtungen, dass es Bier, gebraut nach dem Reinheitsgebot, in absehbarer Zeit nicht mehr geben wird, unbegründet.

(vgl.[3] )

Tabelle der häufigsten Zusatzstoffe

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Betroffene EU-Staaten: Großbritannien, Dänemark, Belgien, Frankreich, Italien, Österreich, Deutschland.

(Quellen: Europäische Zusatzstoffrichtlinien, Foliensammlung ,,Braumethoden im Ausland")

Literaturverzeichnis

[1] Deutscher Brauer-Bund e.V., In den Europäischen Zusatzstoffrichtlinien für Bier vorgesehene Zusatzstoffe, Stand 3/95
[2] Glöckner, Wolfgang, (Hrsg.), Grundlagen der organischen Chemie, Bamberg 1982
[3] Interview mit dem Vorstand der Brauerei Hutthurm, 10/99
[4] Klein, Rabe, Weiss, Textsammlung Lebensmittelrecht, Hamburg 1999
[5] Kopierte Unterlagen der Firma Kneitinger, Braumethoden im Ausland, 1987
[6] Lohberg, Rolf, Das große Lexikon vom Bier, Stuttgart 1984
[7] Miedaner, Heinz, Folien für internationale Braumethoden, Freising 1992/93
[8] Narziß, Ludwig, Abriß der Bierbrauerei, Stuttgart 1995
[9] Otto Maier Verlag, (Hrsg.), Bier brauen, Ravensburg 1980
[10] Verlag Chemie GmbH, (Hrsg.), Lehrbuch der organischen Chemie, Weinheim 1974
[11] Verschiedene Flaschen ausländischen Bieres aus der Gaststätte ,,Stadtschreiber" in Passau
[12] Zentgraf, Georg, Die Brauerei im Bild, Nürnberg 1993

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Reinheitsgebot ade? : In welchen Ländern dürfen welche Stoffe zu welchem Zweck dem Bier zugesetzt werden?
Autor
Jahr
2000
Seiten
13
Katalognummer
V96202
ISBN (eBook)
9783638088787
Dateigröße
452 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Reinheitsgebot, Ländern, Stoffe, Zweck, Bier
Arbeit zitieren
Schatzl M. (Autor:in), 2000, Reinheitsgebot ade? : In welchen Ländern dürfen welche Stoffe zu welchem Zweck dem Bier zugesetzt werden?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/96202

Kommentare

  • Gast am 21.1.2007

    Nicht alles wahr.

    Im Grunde gut rechergierte Arbeit. Einige Punkte entsprechen aber nicht den Tatsachen. So ist z.B. eine Zugabe "verschiedener Zucker" in Deutschland zur Würze nicht erlaubt. Auch eine "manipulation" der Hefen müsste weiter differenziert werden. Welche Manipulation ist den gemeint? Es werden einige Zusatzstoffe benannt, die in anderen Ländern erlaubt sein mögen, in Deutschland sind sie es im Lebensmittel Bier nicht.

  • Gast am 12.4.2002

    Hausarbeit zum Thema Reinheitsgebot.

    Ich finde deine Hausarbeit super spitze. Da ich in der Gastronomie arbeite bzw. lerne ist es nicht einfach so viele Informationen zu erhalten, aber Respect. Bier ist schon Interessant und ich hoffe es macht dir weiterhin spaß. Es ist eine super spitzen Hausarbeit geworden. großes LOB,

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