Das Tätigkeitsbewertungssystem und das Job Diagnostic Survey - Zwei psychologische Arbeitsanalyseverfahren im Vergleich


Seminararbeit, 1998

19 Seiten


Leseprobe


Gliederung

1 Einleitung

2 Theoretische Konzepte als Grundlage für 2 Arbeitsanalysen
2.1 Die psychologische Handlungstheorie von Hacker
2.2 Das Arbeitsmotivationsmodell von Hackman und 3 Oldham

3 Arbeitsanalysen
3.1 Begriffliche Eingrenzung und Erklärung
3.2 Anwendungsgebiete von Arbeitsanalysen
3.3 Verschiedene Unterscheidungskriterien von 6 Arbeitsanalysen

4 Objektive Arbeitsanalysen
4.1 Merkmale objektiver Arbeitsanalysen
4.2 Das Tätigkeitsbewertungssystem - eine objektive 8 Arbeitsanalyse
4.2 1 Herkunft und Einordnung des Verfahrens
4.2.2 Vorgehensweise bei der 4-Stufen-Methodik der 8 psychologischen Arbeitsanalyse
4.2.3 Formen des TBS
4.2.4 Verfahrensaufbau
4.2.5 Mindestprofile als Bewertungsmaßstab
4.2.6 Gütekriterien

5 Subjektive Arbeitsanalysen
5.1 Merkmale subjektiver Arbeitsanalysen
5.2 Das Job Diagnostic Survey - eine subjektive 11 Arbeitsanalyse
5.2.1 Herkunft und Einordnung
5.2.2 Ziele des JDS
5.2.3 Aufbau des Verfahrens
5.2.4 Auswertung und Prüfkriterien für den sinnvollen 12 Einsatz von Maßnahmen der Arbeitsplatzumgestaltung
5.2.5 Gütekriterien des Verfahrens

6 Vergleich und Diskussion

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Seit dem Fortschritt der Industrialisierung im letzten Jahrhundert hat sich die Art der Arbeitstätigkeiten sehr verändert. Während die meisten Menschen vorher noch eher Selbstversorger waren, und somit vom Säen bis zum Ernten und Verarbeiten alles unter ihrer eigenen Kontrolle hatten, wurden sie dann für immer kleinere Teiltätigkeiten in der Industrie eingesetzt. Noch in diesem Jahrhundert war F.W. Tayler nicht unmaßgeblich daran beteiligt, daß die Arbeitsschritte „in kleinste Bewegungselemente zergliedert und sodann nach technisch-ökonometrischen Kriterien neu zusammengesetzt“ wurden. (Rosenstiel, 1992, S.5) Sein Ziel war dabei nicht der Mensch und seine Bedürfnisse und sein Wohl, sondern oberste Priorität hatte die Produktivität. In den letzten Jahrzehnten - seit die Arbeitspsychologie sich richtig zu entfalten begann - wurden zahlreiche Verfahren zur psychologischen Analyse von Arbeit mit den unterschiedlichsten Fragestellungen und entsprechenden Zielsetzungen sowohl für die wissenschaftliche Arbeitsforschung als auch für die konkrete Anwendung entwickelt.

Mich interessieren hier am meisten diejenigen, mit denen man den Zusammenhang von den gegebenen Arbeitsbedingungen und der Arbeitsmotivation und Arbeitsleistung aufzudecken versucht. Ich habe mich für die Darstellung zweier Analysemethoden entschieden, die sowohl auf unterschiedlichen theoretischen Konzepten basieren als auch in ihrer Anwendung verschiedene Methoden realisieren, nämlich das Tätigkeitsbewertungssystem (TBS) und das Job Diagnostic Survey (JDS).

2 Theoretische Konzepte als Grundlage für Arbeitsanalysen

Frieling hat die theoretische Begründung als erste Anforderung für ein Arbeitsanalyseverfahren aufgeführt. „Dem Verfahren muß ein an der Praxis orientiertes theoretisches Modell zugrundeliegen, um die gewonnenen Daten im Sinne dieses Modells interpretieren zu können.“ (Frieling, 1975, S. 58) Bereits bei der Zuordnung von den Arbeitsanalysen zu entsprechenden theoretischen Modellen stößt man auf ein Problem, das in der gesamten Psychologie zwar zu finden ist, das mir aber in der Literatur zu Arbeitsanalysen besonders aufgefallen ist: zum einen die unterschiedliche Benennung gleicher Sachverhalte und zum anderen die unterschiedlichen Bedeutungsgehalte eines einzigen Begriffes. Dabei fällt es nicht immer leicht einzuordnen, ob die Autoren nun von ein und demselben Sachverhalt schreiben oder nicht. Diese Problematik hat auch Frei erkannt. „...die z.T. sehr unterschiedliche Verwendung gleicher Begriffe...erschweren es außerordentlich, verschiedene Arbeitsanalyseverfahren zu vergleichen und zu kritisieren.“ (Frei, 1981, S. 20)

So hat Richter als theoretische Konzeption des TBS die Tätigkeitstheorie angegeben (Richter, 1986, S. 25), wogegen Fischbach und Nullmeier die Psychologische Handlungstheorie von Hacker dem TBS als die theoretische Fundierung zuordnen. (Fischbach & Nullmeier, 1983). Aus den Ausführungen Richters ist nicht zu entnehmen, auf wessen Theorie er sich genau bezieht. Ich gehe nun von Hackers Handlungstheorie aus. Das TBS stammt mitunter von ihm, und er legt seine Theorie seinem Arbeitsanalyseverfahren zugrunde.

Hacker sieht selbst die Handlung als Teilkategorie der Tätigkeit an. Daraus läßt sich wohl auch die unterschiedliche Bezugnahme auf eine Tätigkeitstheorie oder Handlungstheorie erklären, wo Richter und Fischbach und Nullmeier offensichtlich doch die gleiche Theorie meinen. Beim JDS beziehen sich die Autoren selbst auf ihr eigenes Arbeitsmotivationsmodell. (Schmidt, Kleinbeck, Ottman & Seidel, 1985)

2.1 Die psychologische Handlungstheorie von Hacker

Als grundlegendes Menschenbild wird hier von einem Menschen ausgegangen, der bewußt, zielgerichtet und eigenverantwortlich handelt. Im Gegensatz zur Tätigkeit, die von einem generellen - oft unbewußten - Motiv geleitet wird, ist die Handlung das Ergebnis der Auseinandersetzung mit einem konkreten Ziel. Dabei ist bedeutend, daß dem Handelndem sein Ziel bewußt ist, also welches Arbeitsergebnis er erreichen möchte, daß er die Ausführungsbedingungen der Arbeit kennt und daß er eine Vorstellung davon hat, durch welche konkreten Arbeitsoperationen er sein Ziel erreichen kann. Hacker nennt diese Steuerungsinstanz des Gehirns das „operative Abbildsystem“ (OAS) (Hacker, 1986, zitiert nach Rosenstiel, 1992, S. 57). „Durch Kontroll- und Rückmeldungsprozesse während der Ausführung wird der Fortschritt der Handlung und werden erreichte Teilziele beständig mit dem antizipierten Ziel verglichen und neue verändernde Handlungsschritte eingeleitet.“ (Fischbach &

Nullmeier, 1983, S. 65) Diese Vergleichs- und Rückmeldeprozesse sind auch als TOTE-Modell (TestOperation-Test-Exit) bekannt. (Hacker, 1978, nach Wiendieck, 1993, S. 124) Hacker geht davon aus, daß diese Rückkopplungen auf drei verschiedenen Regulationsebenen ablaufen, nämlich der sensumotorischen Ebene, auf der Bewegungsentwürfe geschaffen bzw. aktiviert werden, der perzeptiv-begrifflichen Ebene, auf der sprachliche und vorsprachliche Signale Handlungen auslösen, und der intellektuellen Ebene, wo die notwendigen Pläne und Strategien entwickelt werden. (Fischbach & Nullmeier, 1983; Rosenstiel, 1992)

Diese Ebenen und deren Inhalte sind dem Handelnden nicht vollständig bewußt, denn dann wäre er kognitiv überfordert. Im Gegenteil helfen Übungs- und Gewöhnungs-prozesse dabei, den Handelnden kognitiv zu entlasten. (Wiendieck, 1993)

Hackers Theorie geht nun davon aus, daß für ein effektives, planvolles Handeln die drei Ebenen beansprucht werden sollen. Wenn dem Arbeitenden durch eine Partialisierung der Arbeit die eine oder andere der hierarchischen Handlungsebenen abgeschnitten wird, d.h. wenn er überwiegend nur seine Hände oder nur seinen Kopf für seine Arbeit gebrauchen kann, führt das dazu, daß die jeweils anderen Ebenen nicht entwickelt werden können, was im Endeffekt zu Unzufriedenheit und Demotivation führen kann.

Somit ist das Ziel Hackers die Ganzheitlichkeit der Arbeit durch „Job enrichment“ bzw.

Mischarbeitsplätze wiederherzustellen, wovon er sich eine Persönlichkeits-förderung verspricht. (Fischbach & Nullmeier, 1983; Projektgruppe VILA, 1983)

2.2 Das Arbeitsmotivationsmodell von Hackman und Oldham

Dieses Modell läßt sich allgemein in die Klasse der Erwartung X Wert-Theorien einordnen, bei denen persönliche Werte und Erwartungen zusammenspielen. Es beschränkt sich aber auf leistungsthematische Personen- und Arbeits-Beziehungen.

Die Autoren gehen also davon aus, daß die Merkmale der Arbeit und wie sie von der arbeitenden Person wahrgenommen werden von größerer Bedeutung sind für das Arbeitserleben und Arbeitsverhalten als die Beziehungen zu anderen Personen der Arbeitssituation. (Kleinbeck & Schmidt, 1983, S. 15)

Wie die Abbildung auf der nächsten Seite zeigt, gehen Hackman und Oldham von fünf Kerndimensionen der Arbeitssituation als Beschreibung der Arbeitsinhalte aus:

- Anforderungswechsel beschreibt, wie viele verschiedene Fähigkeiten und Fertigkeiten für die Erfüllung der Arbeitsaufgabe gebraucht werden.
- Identifikation mit der Aufgabe oder Aufgabeneinheit beschreibt, wie sehr sich der Arbeitende mit der Aufgabe identifizieren kann, was um so besser gelingt, desto vollständiger die Aufgabe erscheint.
- Wichtigkeit der Aufgabe oder Aufgabenbedeutsamkeit liegt vor, wenn sie das Leben oder die Tätigkeit einer anderen Person bedeutsam beeinflußt.
- Autonomie beschreibt den Handlungsspielraum, den der Arbeitende bei seiner Arbeit erfährt.
- Rückmeldung kann noch einmal aufgeteilt werden in sachliche und personale Rückmeldung.

Hierbei soll die arbeitende Person erfahren, welche Arbeitsergebnisse sie erzielen konnte.

Die Arbeitsplatzmerkmale sollen nun entscheidende psychologische Zustände steuern. Die ersten drei Dimensionen (Anforderungswechsel, Aufgabeneinheit und Aufgabenbedeutsamkeit) wirken gemeinsam auf die erlebte Bedeutsamkeit der Aufgabe. Autonomie bewirkt die erlebte Verantwortlichkeit für die Aufgabe, und die Rückmeldung ist entscheidend für das Wissen um die tatsächlichen Ergebnisse der Arbeit.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Modell der Wirkung von Arbeitsplatzmerkmalen auf Arbeitsmotivation und Zufriedenheit (nach Hackman & Oldham, 1980, übernommen nach Berger, 1984)

Diese psychologischen Zustände wirken zusammen mit der moderierenden Personenvariablen - dem Bedürfnis nach persönlicher Entfaltung - auf die persönlichen und arbeitsbezogenen Ergebnisse, nämlich hohe allgemeine Arbeitszufriedenheit, hohe Zufriedenheit mit persönlichen Entfaltungsmöglichkeiten, hohe intrinsische Arbeitsmotivation und hohe Arbeitseffektivität. In neueren Arbeiten haben Hackman und Oldham die Zufriedenheit mit Kollegen und Vorgesetzten zusammen mit der Zufriedenheit mit der Arbeitsplatzsicherheit und der Arbeitsvergütung sowie die persönliche Qualifikation als weitere moderierende Variable dem Modell hinzugefügt. (siehe obige Abbildung)

Die fünf Kerndimensionen bilden zusammen einen Index für das Motivationspotential der Arbeitssituation (MPA):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Aus dieser Formel ergibt sich, daß die ersten drei Dimensionen sich in ihrer Wirkung gegenseitig ausgleichen können, und eine dieser drei Dimensionen nur im Verhältnis zu den jeweils anderen beiden wirken kann, während Autonomie und Rückmeldung jeweils alleine einen größeren Einfluß auf das Motivationspotential haben.

Es wird davon ausgegangen, daß die kritischen psychologischen Zustände um so ausgeprägter sind, je höher die Faktoren des Motivationspotentials sind.

Entsprechend führen höher ausgeprägte, kritische psychologische Zustände zu einer höheren

Arbeitszufriedenheit, zu einer höheren Arbeitsmotivation und Arbeitseffektivität. ( Berger, 1984; Kleinbeck & Schmidt, 1983; Kleinbeck, Schmidt, Ernst & Rutenfranz, 1980; Schmidt et al., 1985)

3 Arbeitsanalysen

3.1 Begriffliche Eingrenzung und Erklärung

Bevor ich den Begriff der Arbeitsanalyse erklären kann, muß ich kurz darauf eingehen, was unter Arbeit zu verstehen ist. Wenn ich über psychologische Arbeitsanalyse spreche, kann ich kaum die Definition der Arbeit von Marx zugrunde- legen, für den Arbeit nur dann besteht, wenn der Arbeiter dabei unglücklich ist und sie selbst nicht die Befriedigung eines Bedürfnisses ist. (Marx, 1844, zitiert aus 1971, zitiert nach Rosenstiel, 1992) Damit wären alle Bestrebungen, mit Arbeitsanalysen humanere Arbeitsplätze zu schaffen, unsinnig. Aber darum geht es zum großen Teil gerade bei psychologischen Arbeitsanalysen. Ich möchte meinen Ausführungen die Definition von Frieling zugrunde legen, der schreibt: „Unter dem Begriff „Arbeit“ werden - stark vereinfacht - alle Tätigkeiten verstanden, bei denen innerhalb einer raum-zeitlichen Abgrenzung Dinge oder Ideen produziert werden die für andere Menschen von Bedeutung, Wert und/oder Nutzen sein können und die dem Produzenten helfen, mittel- oder unmittelbar die eigene Existenz zu sichern.“ (1975, S. 7)

Es gibt zahlreiche andere Definitionen, doch glaube ich, daß in obiger die für diesen Zusammenhang bedeutsamen Merkmale enthalten sind. Doch muß man auch bedenken, daß unterschiedliche Definitionen von Arbeit auch verschiedene Arbeitsanalysen begründen. Es dürfte nicht schwer fallen, sich verschiedene Arbeitsanalyseansätze unter den Definitionen von Marx oder Frieling vorzustellen. Frieling definiert: „Unter Arbeitsanalyse werden alle jene Methoden verstanden, die in systematischer Form den im Vollzug befindlichen Arbeitsprozeß erfassen und in Verbindung damit das an die arbeitende Person gebundene Verhalten registrieren, um zu einem möglichst vollständigen Bild der Arbeitssituation, der Arbeitsaufgabe und der Arbeitsmittel zu gelangen.“ (1975, S. 10) Wenn ich hier von Arbeitsanalysen spreche, dann möchte ich die nicht-psychologischen ausgrenzen. Das sind die ingenieurwissenschaftlich ausgerichteten, technisch-orientierten Arbeitsanalysen, denen es - ähnlich wie F.W. Taylor - darum geht, „die Wirksamkeit des ökonomischen Systems zu maximieren.“ (Prien & Ronan, 1971, S. 375, zitiert nach Frieling, 1975, S.31) Im Mittelpunkt psychologisch-orientierter Arbeitsanalysen steht dagegen die Wechselwirkung zwischen dem Menschen und der Arbeit, und dabei spielt der Mensch, seine Bedürfnisse und sein Wohlbefinden, eine Hauptrolle. Es geht darum, wie die Arbeit entsprechend humaner gestaltet werden kann. Somit haben psychologische und nicht-psychologische Arbeitsanalysen grundsätzlich erst einmal völlig konträre Zielsetzungen, wobei sich in letzter Zeit „jedoch der Trend einer gegenseitigen Anpassung und engeren Kooperation abzuzeichnen“ scheint. (Frieling, 1975, S. 33) Zum Schluß meiner allgemeinen Erklärungen möchte ich noch kurz erwähnen, welche Anforderungen von Frieling an Arbeitsanalysen gestellt werden, nämlich

- Theoretische Begründung
- Ökonomische Durchführung
- Quantifizierbarkeit der Daten
- Angaben zur Zuverlässigkeit
- Standardisierung der Verfahrensdurchführung (1975, S. 58)

Teilweise implizit enthalten sind darin die allgemein gültigen Gütekriterien von Testverfahren: Objektivität, Reliabilität (Zuverlässigkeit) und Validität (Gültigkeit).

Es sollte zwar Ziel sein, diese Anforderungen und Gütekriterien mehr zu erfüllen, aber zur Zeit ist noch das Problem gegeben, daß sie nicht genug beachtet werden. So heißt es z.B. bei Moser, Donat, Schuler und Funke: „Eine verstärkte Berücksichtigung der klassischen psychometrischen Gütekriterien Reliabilität und Validität bei der Entwicklung, Überprüfung und Anwendung von Arbeitsanalyseverfahren ist erforderlich.“ (1989, S.71)

3.2 Anwendungsgebiete von Arbeitsanalysen

Die Arbeitspsychologie ist eine angewandte Wissenschaft. So ist es nicht erstaunlich, daß es neben der arbeitspsychologischen Forschung zahlreiche Anwendungsgebiete für Arbeitsanalysen gibt. Frieling hat diese recht umfassend zusammengestellt (1975, S. 35-36):

“1. Arbeitsanalysedaten - Ausgangsinformationen zur Bestimmung der psychischen und physischen Eignungsvoraussetzungen

Anwendungsbereiche: z.B. Erstellung von Eignungsprofilen, Validierung eignungsdiagnostischer Testverfahren Auslese und Plazierung

Personalwerbung

Aus-, Fort- und Weiterbildung Umschulung

Berufliche Rehabilitation

2. Arbeitsanalysedaten - Ausgangsinformationen zur Bearbeitung berufsbezogener Fragestellungen Anwendungsbereiche: z.B. Klassifikation von Berufen nach >objektiven< Arbeitsbedingungen, Klassifikation von Berufen nach den psychischen und physischen Eignungsanforderungen Berufsberatung

Berufsaufklärung

Berufsbezeichnungen

Vergleiche von Positionen

Vergleich von Berufen und Berufsgruppen (-feldern)

Untersuchungen zur individuellen beruflichen Entwicklung

3. Arbeitsanalysedaten - Ausgangsinformationen zur Veränderung der Arbeitssituation und Arbeitsorganisation

Anwendungsbereiche: z.B. Arbeitsplatzgestaltung (Licht, Luft, Farbe, Vibration, Gase, Staub, Dämpfe etc.)

Gestaltung von Geräten, Maschinen, Arbeitsmitteln (Anpassung der Maschinen an die menschliche Leistungsfähigkeit, Displaygestaltung)

Unfallverhütung

Arbeitsablaufgestaltung Arbeitsorganisation

Untersuchungen zur Erfassung der Beziehung zwischen Arbeitsbedingungen einerseits und Arbeitszufriedenheit andererseits.“

3.3 Verschiedene Unterscheidungskriterien von Arbeitsanalysen

Die bedeutendste Unterscheidung habe ich schon weiter oben erwähnt, nämlich zwischen einer

psychologischen, humanistischen - oder, wie Ulich es nennt, einer autonomieorientierten -

Arbeitsanalyse und einer ingenieurwissenschaftlich, technischen - nach Ulich funktionsorientierten - Arbeitsanalyse.

Eine Unterscheidung von Arbeitsanalysen kann man treffen, wenn man beachtet, im Rahmen welcher Zielsetzung sie eingesetzt werden soll. Je nach Anwendungsgebiet ist ein entsprechendes Analyseverfahren am besten geeignet.

Frieling nimmt eine Einteilung nach dem Grad der Standardisierung vor. (1975)

Allgemein verbreitete unstandardisierte Arbeitsanalyseverfahren erheben in weitgehend qualifizierter Form allgemeine, frei formulierte Informationen über die zu untersuchenden Arbeitsplätze. Bei halbstandardisierten Arbeitsanalyseverfahren hat der Arbeitsanalytiker grundsätzlich die Möglichkeit, „eigene Beurteilungskategorien bei der Durchführung der Analyse zu verwenden.“ (Frieling, 1975, S. 42)

Mit standardisierten Arbeitsanalyseverfahren werden Daten nach einem festen Schema erfaßt, die anschließend statistisch ausgewertet und nach den Gütekriterien bewertet werden können. Ulich unterscheidet die Analyse von Arbeitsaufträgen und Erfüllungsbedingungen und die ihr nachfolgende psychologische Tätigkeitsanalyse, die dann ausgeführt wird, wenn mit der Auftrags- und Bedingungsanalyse keine ausreichende Bewertung vorgenommen und keine Gestaltungsvorschläge erarbeitet werden können. (1991, S. 63,79)

Frei hat vier Dimensionen vorgeschlagen, die helfen sollen, verschiedene Arbeitsanalysen zum Teil nach den obigen Gesichtspunkten zu vergleichen. (1981, S. 20 ff)

1. Art der durch die Analyse gewonnenen Informationen, womit die Anteile der Mensch- und der Maschine-Komponenten gemeint sind.
2. Intendierte Anwendungen der Analysebefunde - hier bezieht sich Frei auf die obige Auflistung von Frieling.
3. Theoretische Fundierung des Ansatzes. Frei möchte unterschieden haben, ob sie eher arbeitspsychologisch, arbeitsphysiologisch/ergonomisch, organisations-psychologisch oder betriebssoziologisch aufzufassen sind.
4. Formale Charakteristika des Verfahrens. Hierunter fallen die Standardisierung, Ökonomie, Quantifizierbarkeit und metrische Güte.

Schließlich wird von manchen Autoren, z.B. Udris (1981), zwischen objektiven und subjektiven Arbeitsanalysen unterschieden, auf die ich anschließend näher eingehen werde.

4 Objektive Arbeitsanalysen

4.1 Merkmale objektiver Arbeitsanalysen

Grundsätzlich muß man bei der Diskussion von objektiven versus subjektiven Arbeitsanalysen voranstellen, daß es einen Unterschied gibt zwischen Instrumentarien und Erhebungsmethoden. „Unter einem Instrumentarium der Arbeitsanalyse wollen wir ein Verfahren verstehen, mit dem durch ein im einzelnen festgelegtes Vorgehen Merkmale von Arbeitstätigkeiten erhoben und in standardisierter Weise protokolliert werden.“ (Gablenz-Kolakovic, Krogoll, Oesterreich & Volpert, 1981, S. 217) Das bedeutet, daß darunter eben solche konkreten Verfahren wie das TBS oder das JDS fallen. Unter Erhebungsmethode versteht man dagegen als objektive Erhebungsmethode die Beobachtung und als subjektive Erhebungsmethode die Befragung. Sowohl bei objektiven als auch bei subjektiven Instrumentarien können und sollen beide Arten der Erhebungsmethoden verwendet werden. Damit können die Ergebnisse beider Methoden jeweils miteinander verglichen werden, wobei eine Diskrepanz z.B. zwischen einem objektiv und einem subjektiv wahrgenommenen Handlungsspielraum einen „Aufschluß über Ursachen von individuellen Leistungs- und Belastungsunterschieden“ geben kann.(Gablenz-Kolakovic et al., 1981, S. 219)

Nachdem ich diese grundsätzliche Unterscheidung der Begriffe erklärt habe, möchte ich nun auf die objektiven Instrumente eingehen.

Richter hat seinen Ausführungen über diese Thematik folgende Arbeitsdefinition zugrunde gelegt:

„Unter Methoden der objektiven Arbeitsanalyse werden theoriegeleitete Instrumente verstanden, mit denen durch unterwiesene Experten mit den Methoden der Dokumentenanalyse, Beobachtung und des Beobachtungsinterviews Angaben über Arbeitsaufgaben, Arbeitstätigkeiten und Arbeitsbedingungen gewonnen werden.“ (Richter, 1986, S. 19) Damit stehen die interindividuellen Gemeinsamkeiten im Vordergrund. Es werden Arbeitshandlungen und Bedingungen untersucht, die unabhängig von der ausführenden Person sind oder wenigstens als unabhängig von der Person betrachtet werden. Das bedeutet, zum einen abstrahiert ein objektives Verhalten von der arbeitstätigen Person, und die objektiven Arbeitsgegebenheiten sind Gegenstand der Untersuchung. Zum anderen soll die urteilende oder bewertende Person als „Experte“ die Arbeitssituation aus einem objektiven unbeteiligten Blickwinkel begutachten.

Ich möchte nur kurz erwähnen, daß hier nicht von dem Gütekriterium „Objektivität“ gesprochen wird, sondern hier geht es um die oben beschriebenen Merkmale.

Von Ulich wurde in diesem Zusammenhang das Problem aufgeworfen, ob es überhaupt objektive Arbeitsanforderungen gibt oder ob diese wirklich gemessen werden können. Seine Frage: „...oder laufen solche objektiven Arbeitsanalysen nicht etwa Gefahr, eine nicht psychologische Analyse darzustellen?“ (Ulich, zitiert nach Facaoaru, 1983, S. 139) klingt vielleicht etwas provokativ, aber ich finde es wertvoll, darüber nachzudenken, wenn man sich für oder gegen eine objektive Analyse entscheiden möchte. In der Psychologie haben sich dazu zwei Positionen herausgebildet: „ a) Personenunabhängige Arbeitsanalysen sind prinzipiell möglich, sinnvoll und gerechtfertigt (Fischbach, Frieling);

b) Personenunabhängige Arbeitsanalysen sind nicht möglich (Ulich) oder unzureichend (Binkelmann).“ (Facaoaru, 1983, S. 139)

Ich schließe mich hier am ehesten der Meinung von Binkelmann an, wobei ich denke, daß durch die Anwendung auch subjektiver Erhebungsverfahren in objektiven Instrumenten (wie z.B. im TBS) diesem Einwand entgegengekommen wird.

Nach Richter ist für objektive, expertenorientierte Verfahren die Sicherung von Objektivität und Reliabilität besonders schwierig. Für ihn ist daher „eine weitgehende Standardisierung des Verfahrenstrainings, der Datenerhebung..., der Notation der Merkmale und deren Skalierung“ (Richter, 1986, S. 22) besonders wichtig. Das erfordert zwar einen großen Zeitaufwand, ist aber für die bestmögliche Reduzierung von Fehlerquellen, nämlich“ (1) Mängel bei der Konstruktion des Meßinstrumentes...; (2) mangelnde Repräsentativität der untersuchten Arbeitsaufgaben und Arbeits- kräfte;... (3) unzureichende Qualifizierung des Untersuchers“ unerläßlich. (Richter, 1986, S. 22f)

4.2 Das Tätigkeitsbewertungssystem - eine objektive Arbeitsanalyse

4.2.1 Herkunft und Einordnung des Verfahrens

Das Tätigkeitsbewertungssystem wurde in den 80-iger Jahren an der Technischen Universität Dresden, also in der ehemaligen DDR, von Winfried Hacker, Anna Iwanowa und Peter Richter mit dem Ziel entwickelt, die objektiven Gegebenheiten der Arbeitstätigkeiten zu analysieren und zu bewerten, mit dem Anspruch, Möglichkeiten zur Verbesserung der Arbeitstätigkeit hinsichtlich einer Produktionsförderung, Beanspruchungsoptimierung und Persönlichkeitsförderlichkeit herauszuarbeiten.

Dabei geht man davon aus, daß zu Gesundheit vollständiges körperliches, geistiges und soziales Wohlbefinden gehören. Also muß die Arbeit so beschaffen sein, daß die Gesundheit im obigen Sinne nicht beeinträchtigt und die Persönlichkeitsentwicklung gefördert wird.

Das TBS stützt sich auf die oben beschriebene Handlungstheorie, nach der diese Persönlichkeitsförderlichkeit davon hauptsächlich abhängt, wie vollständig die Arbeitsinhalte die verschiedenen Regulationsebenen beanspruchen.

Mit Hilfe des TBS sollen also vollständige Tätigkeitsinhalte und Handlungsspielräume für die selbständige Planung und Ausführung komplexer Arbeitsabläufe geschaffen werden. (Schuler, 1995) Das TBS kann auch - und gerade das ist ein wichtiger Vorzug gegenüber anderen Verfahren - schon während eines Projektierungsstadiums eingesetzt werden. Hier ist es das Ziel, im Zuge einer Analyse und Bewertung eben die Tätigkeitsmerkmale ausfindig zu machen, die die kognitiven und sozialen Fähigkeiten der Arbeitstätigen erweitern oder wenigstens erhalten können. Im Gegensatz zum JDS, das später genauer beschrieben wird, beschränkt sich das TBS „nicht auf Tätigkeitsmerkmale, welche Arbeitszufriedenheit und Arbeitsmotivation als Grundlagen hoher Leistungen und niedriger Fehlzeiten bzw. Fluktuation bewirken können.“ (Iwanowa & Hacker, 1984, S.58)

Beim TBS handelt es sich um ein Beobachtungsinterwiew.

4.2.2 Vorgehensweise bei der 4-Stufen-Methodik der psychologischen Arbeitsanalyse

Es soll als Untersuchungs- und Auswertungshilfe für eine vierstufige psychologische Arbeitsanalyse dienen. Dabei werden die Tätigkeiten Stufe für Stufe hypothesengeleitet weiter eingegrenzt und präziser differenziert.

In der Stufe 1 werden Auftrag und Ausführungsbedingungen analysiert. Dafür werden neben einer Arbeitsplatzbesichtigung betriebliche Unterlagen untersucht und betriebliche Experten befragt. Dafür wird ein Suchkatalog des TBS verwendet.) Die Daten werden auch auf dieser Stufe selbst noch einmal schrittweise eingeengt und verfeinert. So wird zuerst der Arbeitsauftrag eines Werktätigen in die Aufgabe der Abteilung eingeordnet. Die Grobstruktur des Arbeitsauftrages wird erfaßt, womit dann bestimmte Teiltätigkeiten identifiziert werden können. Besonders wichtige oder zeitintensive Teiltätigkeiten werden dann nochmals in Arbeitsgangstufen unterteilt. Im Zusammenhang mit den obigen Ausführungen über Tätigkeiten und Handlungen (siehe Abschnitte 2 und 2.1) sei nur kurz erwähnt, daß Arbeitsgangstufen im psychologischen Sinne durch ihren Zielcharakter bereits Handlungen darstellen.

Hier kann nun eine erste Einschätzung der Ausprägungen der Tätigkeitsmerkmale und somit eine erste Einstufung in die TBS-Skalen vorgenommen werden.

In der Stufe 2 werden Arbeitsablaufstudien über eine Schicht vorgenommen, wobei Teiltätigkeiten einschließlich ihrer Zeitanteile erfaßt und präzisiert werden. Damit kann dann eine zweite Einstufung der TBS-Skalen getrennt nach Teiltätigkeiten vorgenommen werden, diesmal mit einer Verbalisierung pro Skala.

Die Stufe 3 ist eine Tätigkeitsfeinalalyse, wobei - meist quasi-experimentell - die leistungsbestimmenden Teiltätigkeiten untersucht werden. Dazu werden z.B. leistungsstarke und leistungsschwache Arbeitskräfte miteinander verglichen, oder das Informationsangebot wird systematisch variiert. Somit wollen spezielle kognitive Anforderungen bei leistungsbestimmenden Teiltätigkeiten identifiziert werden. (Fritsche, 1986, S. 30-32)

Wenn nötig schließen sich in einer vierten Stufe feldexperimentelle Detailanalysen an. (Iwanowa & Hacker, 1984, S. 58)

In der 4-Stufen-Methodik wird das TBS als allgemeines Hilfsmittel für Arbeitsuntersuchungen genutzt.

Außerdem kann es „als spezielles Hilfsmittel für die Analyse und Bewertung der objektiven Angebote an „progressiven Arbeitsinhalten“ dienen, die ein gesundheits- und persönlichkeitsförderliches

Das Tätigkeitsbewertungssystem und das Job Diagnostic Survey - Zwei psychologische Arbeitsanalyseverfahren im Vergleich

Arbeiten ermöglichen.“ (Iwanowa & Hacker, 1984, S. 58) Dafür müssen im Vorhinein mit Hilfe des TBS die Merkmale wie Ausführbarkeit, Schädigungslosigkeit und Beeinträchtigungsfreiheit, die für die Gesundheits- und Persönlichkeitsförderlichkeit vorausgesetzt werden, überprüft werden.

4.2.3 Formen des TBS

Das TBS wurde in verschiedenen Formen mit unterschiedlichen Verwendungszwecken entwickelt. Die Basisvariante ist das TBS-L, also die Langform, die grundsätzlich zur Bewertung aller industriellen Montage-, Bedien-, und Überwachungstätigkeiten einsetzbar ist. Daneben wurden verschiedene Screening-Varianten für unterschiedliche Industriezweige als TBSK(=Kurz)-Varianten bereitgestellt. Diese betreffen die Wirtschaftsbereiche Elektronik, Elektrotechnik, Leichtindustrie, Gießereien, Bauwesen und Handel.

Um auch überwiegend geistige Arbeit analysieren zu können, wurde die Langform des TBS zur TBSGA (=geistige Arbeit) weiterentwickelt.

4.2.4 Verfahrensaufbau

In einer siebenjährigen Entwicklungs- und Erprobungsphase wurden 45 Tätigkeitsmerkmale ausgewählt, die folgenden Merkmalsbereichen zugeordnet werden können:

A. Organisatorische und technische Bedingungen, welche die Vollständigkeit bzw. Unvollständigkeit von Tätigkeiten determinieren
B. Kooperation und Kommunikation
C. Verantwortung, die aus dem Arbeitsauftrag folgt
D. Erforderliche geistige (kognitive) Leistungen
E. Qualifikations- und Lernerfordernisse

Durch diese Tätigkeitsmerkmale sollen potentiell gesundheits- und persönlichkeitsförderliche

Arbeitsanforderungen gekennzeichnet werden. Eine besondere Rolle spielt dabei, wie schon zuvor erwähnt, die Vollständigkeit der Tätigkeiten und zwar bezüglich folgender Bereiche:

- selbständige individuelle bzw. kooperative Zielfindungs-/-stellungs- und Entscheidungsmöglichkeiten auf der Grundlage von Freiheitsgraden
- kognitive Tätigkeitsvorbereitungsschritte mit nicht-algorithmischen „produktiven“ Anteilen
- Lern- und Übertragungsmöglichkeiten erforderlicher Leistungsvoraussetztungen auf andere (Arbeits-, Freizeit-) Tätigkeiten

„Die Teile des TBS sind so aufeinander abgestimmt, daß eine logische Richtigkeitskontrolle möglich wird. Die Skalen sind gerichtet, so daß eine höhere Ausprägung etwas über größere objektive Möglichkeiten zur Entwicklung in der Arbeitstätigkeit aussagt. Sie sind ordinal gestuft, in jedem Falle liegen inhaltlich umschriebene Stufen vor...“ (Iwanowa & Hacker, 1984, S. 59) Dabei werden keine Gesamttätigkeiten, sondern stets die entsprechenden Teiltätigkeiten bewertet, was für übereinstimmende Befunde verschiedener Untersucher notwendig ist, die man sonst nicht erzielen könnte, weil bei der Betrachtung des Ganzen immer verschiedene Teiltätigkeiten bewußt oder unbewußt ins Auge gefaßt würden, ohne konkret differenziert zu werden. Daher ist es auch wichtig, mit diesem Verfahren Teiltätigkeiten identifizieren zu können (siehe oben: 4-Stufen-Methodik)

4.2.5 Mindestprofile als Bewertungsmaßstab

Die Resultate des Beobachtungsinterwiews werden auf eine einheitliche Skalenlänge zwischen 0 und 1 transformiert. Bereits daraus können Gestaltungserfordernisse erkannt werden, wobei gilt, daß der Gestaltungsspielraum um so größer ist, je größer die Differenz zum möglichen oberen Wert (1) ist. Daneben helfen aktuell erhobene Auswirkungen der Arbeit, wie z.B. Fluktuation, Krankenstand, Ermüdung und Arbeitszufriedenheit, Fehlanforderungen zu erkennen. Das TBS-Profil hilft dann, die Merkmale aufzudecken, die für die negativen Auswirkungen wahrscheinlich verantwortlich sind. Verschiedene Tätigkeiten können nach ihrer Punktzahl miteinander verglichen werden. Eine Tätigkeit mit einem kleineren Punktwert ist dann gestaltungsbedürftiger als eine Tätigkeit mit einem größeren Punktwert.

Die wohl bedeutendste Vergleichsgrundlage ist ein Mindestprofil, das von 32 berufserfahrenen

Arbeitspsychologen entwickelt wurde, wonach für die wichtigsten Skalen an 200 Werktätigen die Auswirkungen auf diese kontrolliert wurden. Zum Beispiel wurde so ein Zusammenhang zwischen neurotischen Beschwerden der Arbeitenden und den Freiheitsgraden von Arbeitstätigkeiten herausgestellt. Iwanowa & Hacker, 1984)

4.2.6 Gütekriterien

- Objektivität, als Übereinstimmung der Resultate verschiedener Untersucher zur gleichen Tätigkeit Die meisten Skalen erreichen in verschiedenen Untersuchungen eine gute bis sehr gute Objektivität (gemessen an der Urteilsübereinstimmung). Skalen, die keine zufriedenstellenden Ergebnisse diesbezüglich erreichten, wurden nochmals überarbeitet. Dabei schnitt das TBS-L hochsignifikant besser ab als die TBS-K-Varianten.

Diese Objektivität wird erreicht durch die Handanweisung und die Vergleichsprofile.

- Reliabilität (Zuverlässigkeit)

„..., die Zuverlässigkeit der Ergebnisse des Verfahrens ist im wesentlichen durch das erreichte Maß der Untersucherübereinstimmung festgelegt.“ (Iwanowa & Hacker, 1984, S. 61) Diese konnte zuvor bestätigt werden.

Außerdem wurde das Verfahren auf Wiederholungsstabilität untersucht: Bei 11 von 15 Skalen konnte eine ausreichende Wiederholungsstabilität nachgewiesen werden. Für die übrigen Skalen wurden die Handanweisungen der Langform verbessert.

- Validität

Zur Gültigkeit des Verfahrens zählt zum einen die inhaltlich-logische Validität, die aufgrund übereinstimmender Expertenwissen und Voruntersuchungen dem Verfahren zugeschrieben wird. (Iwanowa & Hacker, 1984), zum anderen die Kriterienvalidität, zu deren Ermittlung die Korrelationen zwischen den zuvor ermittelten TBS-Clustern ,z.B. kognitive Kompetenz oder Verantwortung, und ausgewählten Außenkriterien, wie z.B. Arbeitszufriedenheit, Ermüdung und Monotonie, errechnet wurden. „Die Höhe der ermittelten signifikanten Korrelationen (0,16 bis 0,67) ist nicht groß, liegt aber im Bereich der bei ähnlichen Untersuchungen ermittelten Werte...“ (Iwanowa & Hacker, 1984, S. 64)

Auch eine Konfigurationsfrequenzanalyse konnte die Beziehungen zwischen dem TBS und den Außenkriterien bestätigen.

Diese Gütekriterien konnten bisher alle nur für die TBS-L-Form nachgewiesen werden. Untersuchungen zu einigen der TBS-K-Varianten stehen noch aus.

5 Subjektive Arbeitsanalysen

5.1 Merkmale subjektiver Arbeitsanalysen

Auch hier muß die unter 4.1 beschriebene Unterscheidung von Instrumentarien und Erhebungsmethoden berücksichtigt werden. Ich möchte hier im besonderen auf subjektive

Instrumentarien im obigen Sinne eingehen. „Subjektive Instrumentarien untersuchen interindividuelle Variationen im Arbeitshandeln und deren Bedingungen.“ (Gablenz-Kolakavic et al., 1981, S. 218) Sie gehen davon aus, daß die Arbeitenden selbst die besten Experten ihrer Arbeitstätigkeit sind. (Hacker, 1980)

Aber die wichtigste Grundannahme in diesem Zusammenhang ist die Meinung, daß nicht nur die objektiven Arbeitsbedingungen an sich den Menschen beeinflussen. Erst das Arbeitserleben - das „ist die persönliche kognitiv-emotionale Wahrnehmung und Beurteilung der Arbeit“ (Quaas, 1986, S. 42)

- begründet das weitere Verhalten. Das bedeutet, daß jeder Arbeitende die objektiven Merkmale seiner Arbeit ganz individuell unterschiedlich wahrnimmt, bewertet und daran sein weiteres Handeln ausrichtet. Udris nennt diesen Prozeß „Redefinition“. (1981, S. 283ff)

Im Arbeitserleben werden die objektiven Arbeitsbedingungen, Aufträge usw. widergespiegelt. Aber auch das Erleben der persönlichen Lebenssituation, der persönlichen Leistungsvoraussetzungen und anderes kommen im Arbeitserleben zur Geltung.

Es ist zwar einleuchtend, daß dieses subjektive Arbeitserleben die Arbeitstätigkeit und somit auch die Auswirkungen der Arbeit begründet. Aber man darf nicht übersehen, daß „gerade beim geübten Arbeiter nur noch ein Teil der wesentlichen tätigkeitsregulierenden Sachverhalte bewußtseinsfähig und mithin auf Befragen aussagbar“ ist. (Hacker, 1980, zitiert nach Udris, 1981) Wenn man also denkt, daß durch subjektive Analyseverfahren ein vollständigeres Bild entsteht als das bei objektiven Verfahren der Fall ist, muß man doch davon ausgehen, daß auch bei subjektiven Verfahren nicht alle relevanten Bestandteile der Arbeitstätigkeit erfaßt werden können, weil sie nicht alle bewußt oder nicht verbalisierbar sind.

Individuelle Unterschiede zwischen Arbeitenden kann man nur vergleichen, wenn zuvor mittels objektiver Verfahren gleiche äußere Bedingungen festgestellt wurden. Dann kann eine subjektive

Arbeitsanalyse aber viel dazu beitragen, daß die Arbeitsbedingungen für diese konkrete Person so verändert werden können, daß sie für diese persönlichkeitsfördernd wirken. Denn was für eine Person förderlich ist, kann für eine andere Person, bei der z.B. ein anderes Motiv überwiegt, genau das Gegenteil bewirken.

Wir sehen also, daß subjektive Verfahren am besten dann eingesetzt werden, wenn es um die Veränderung konkreter bestimmter Arbeitsplätze für ganz konkrete Personen geht. Dagegen sind objektive Arbeitsanalysen eher dann angebracht, wenn die Arbeitsbedingungen im gesamten untersucht und verändert werden sollen, wenn die arbeitenden Personen entweder noch nicht bekannt sind (z.B. bei Präventivmaßnahmen) oder wenn die Ergebnisse generell einsetzbar verwendet werden sollen.

Nach Quaas sind subjektive Arbeitsanalysen „besonders gut geeignet, die Werktätigen zur aktiven Mitarbeit bei der Gestaltung der Arbeit und Arbeitsbedingungen zu stimulieren und somit die Subjektfunktion der Menschen im Produktions- und Arbeitsprozeß voll zur Geltung zu bringen.“ (1986, S. 53)

Sie können den Arbeitenden in mehrerer Hinsicht Gewinne bringen: Sie bekommen das Gefühl, daß sich jemand für ihre Arbeitssituation und ihr Arbeitserleben interessiert, was motivationsförderlich wirken kann. Eine Befragung kann das Bewußtsein für eventuelle Probleme erst wecken, was dazu führen kann, daß die Arbeiter sich für die Lösung dieser Probleme einsetzen. Indem sie über ihre Arbeit berichten, werden ihnen einige Arbeitshandlungen bewußter, was zur „intellektuellen Durchdringung der Arbeit“ führen kann. (Quaas, 1986, S. 53) Und wenn sie andere Meinungen von Kollegen über ihre Arbeit mitbekommen, wächst ihr Erfahrungsschatz, indem sie sich damit auseinandersetzen. „Andererseits ergibt sich aus der möglichen Beeinflussung der Werktätigen durch die Befragung eine besondere Verantwortung des Untersuchers (Vermeidung eines „schädlichen“ Problembewußtseins, das die betriebliche Situation unangenehm beeinträchtigt, Vermeiden der Auslösung einer unangemessenen Erwartungshaltung bei den Werktätigen...)“ (Quaas, 1986, S. 53) Mit diesem Hintergrund der subjektiven Arbeitsanalyseverfahren, möchte ich nun näher auf das weit verbreitete Job Diagnostic Survey (JDS) eingehen, welches hier einzuordnen ist.

5.2 Das Job Diagnostic Survey - eine subjektive Arbeitsanalyse

5.2.1 Herkunft und Einordnung

Die Originalfassung des Job Diagnostic Survey wurde in den USA, einem kapitalistischen Staat (im

Gegensatz zum TBS, das in einem sozialistischen Staat entwickelt wurde) von J.R. Hackman und G.R. Oldham 1975 an der Yale University vorgestellt.

Das JDS ist ein objektives Arbeitsanalyseverfahren in der Form eines Fragebogens. Es soll für alle Tätigkeitsfelder eingesetzt werden können (während das TBS auf bestimmte Tätigkeiten beschränkt ist). Es baut auf dem ebenfalls von Hackman und Oldham stammenden „Job Characteristics Model“ der Arbeitsmotivation (siehe Abschnitt 2.2 Arbeitsmotivationsmodell) auf. Es wird davon ausgegangen, daß die Leistung von Arbeitenden von individuellen Fähigkeiten, von der individuellen Motivation oder Arbeitsfreude (die wie in 2.2 beschrieben entsteht und mittels des MPS gemessen werden kann) und von der Arbeitsplatzgestaltung oder der Arbeitssituation abhängt. Der JDS soll diesen theoretischen Zusammenhang aufdecken, aber auch zur Diagnose und Therapie desselben beitragen. (Berger, 1984, S. 86) Ähnliches wird auch vom TBS erwartet. Beide Verfahren sollen also die gegebene Situation erfassen, aber auch Beiträge zur Verbesserung le isten. Berger erklärt zur Ausgangssituation, wo das JDS eingesetzt werden soll, das Mißverhältnis zwischen den Bedürfnissen der Arbeitenden und der Entwicklung der Arbeitsbedingungen durch die Technologisierung: „das Ergebnis dieser Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit der Berufsarbeit ist die Krise der Arbeitsmotivation, ist Freizeitorientierung, ist Schattenwirtschaft und die Suche nach alternativen Arbeitsformen.“ (1984, S. 86)

5.2.2 Ziele des JDS

An genau dieser Stelle setzen die Ziele des JDS an: Mit seiner Hilfe sollen die Schwachstellen des Arbeitsplatzes systematisch analysiert werden - also auch wie beim TBS, die Verbesserungsmöglichkeiten erfaßt werden. Mit den Ergebnissen dieser Analyse sollen Mitarbeiterpersönlichkeit und Arbeitsplatz aufeinander abgestimmt werden, daß eine größtmögliche Arbeitsmotivation und Arbeitszufriedenheit erreicht wird. Das wiederum soll zu einer besseren Produktivität verhelfen.

„Der JDS ist also erstens ein Diagnoseinstrument, mit dem Problemfelder und Schwachstellen in der Arbeitsplatzgestaltung näher analysiert werden können, um informiert, gezielt und daher effektiv Verbesserungen einzuleiten. Das Instrument ist zweitens zur Evaluierung und Erfolgskontrolle dieser Maßnahmen einzusetzen. Es ist drittens als eine Art Frühwarnsensor verwendbar, um den Einfluß ungeplanter Faktoren auf die Arbeitssituation bestimmter Mitarbeitergruppen einschätzen zu können.“ (Berger, 1984, S. 87) Somit könnte man sagen, das Muster der Ziele des TBS und des JDS sind gleich, aber die genauen Inhalte der Analyse sind verschieden. Denn der JDS beschränkt sich auf Arbeitsmotivation und Zufriedenheit, während das TBS sich auf die kognitiven und sozialen Fähigkeiten der Arbeitenden konzentriert.

5.2.3 Aufbau des Verfahrens

Die Originalfassung des Fragebogens mit den 83 Items wurde von Schmidt, Kleinbeck, Ottmann und Seidel ins Deutsche übertragen, wo es genau analog zur amerikanischen Fassung gebraucht wird. Der Fragebogen wurde in sieben Teilabschnitte untergliedert, auf die die 83 Items aufgeteilt wurden. In den ersten beiden Teilabschnitten werden die fünf Kerndimensionen der Arbeitssituation erfaßt. Die Abschnitte 3 und 5 enthalten Items zur Erfassung der drei kritischen psychologischen Zustände der Person sowie zur Messung der allgemeinen Arbeitszufriedenheit und der intrinsischen Arbeitsmotivation. Spezifischere Aspekte der Zufriedenheit werden im 4. Abschnitt erfaßt. Und die Abschnitte 6 und 7 schließlich enthalten Items, um das Bedürfnis nach persönlicher Entfaltung zu erkennen. (Schmidt et al., 1985)

Somit werden alle Variablen der Bestandteile des Arbeitsmotivationsmodells im Fragebogen berücksichtigt: Arbeitsplatzmerkmale, entscheidende psychologische Ergebnisse und moderierende Variablen (außer Qualifikation). Für jede Variable wird aus passenden Items (auch aus verschiedenen Teilabschnitten) ein Indexwert (Durchschnitt) errechnet.(Berger, 1984)

Die Formate der Fragen sind nicht überall gleich. Aber überall werden die Antworten auf der Grundlage einer 7-stufigen Likert-Skala, die meist verbal erklärt ist, ermittelt. (Schmidt et al., 1985) Als Beispiel sei hier der von Berger übersetzte Anfang des 3. Teils der Originalversion gezeigt: „Teil 3

Bitte sagen Sie uns jetzt, wie Sie sich persönlich an Ihrem Arbeitsplatz fühlen.

Sie finden unten eine Reihe von Aussagen, die man über seinen Arbeitsplatz machen kann. Bitte geben Sie an, wie Sie persönlich sich an Ihrem Arbeitsplatz fühlen: inwieweit stimmen Sie mit den Aussagen überein?

Schreiben Sie bitte vor jede Aussage eine der folgenden Kennziffern:

Inwieweit stimmen Sie der Aussage zu?

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

__1. Ich habe an diesem Arbeitsplatz kaum Einfluß darauf, ob die Arbeit richtig ausgeführt wird oder nicht.

__2. Meine Selbstachtung steigt, wenn ich diese Arbeit gut mache.

__3. Allgemein gesagt, bin ich mit diesem Arbeitsplatz sehr zufrieden.

__4. Das meiste, das ich an diesem Arbeitsplatz zu tun habe, erscheint mir nutzlos oder unbedeutend.

__5. Gewöhnlich erfahre ich es, ob meine Arbeit an diesem Arbeitsplatz zufriedenstellend ist oder nicht.“ (Berger, 1984, S. 88)

Der Fragebogen soll von Kleingruppen mit nicht weniger als 5 Personen ausgeführt werden. Er soll nicht für die Bewertung eines einzelnen Arbeitsplatzes verwendet werden und ist daher nicht zur Eignungsdiagnostik gedacht. (Berger, 1984)

5.2.4 Auswertung und Prüfkriterien für den sinnvollen Einsatz von Maßnahmen der Arbeitsplatzumgestaltung

Mit Hilfe der zuvor beschriebenen Indexwerte können Profile über alle Variablen erstellt werden. Somit lassen sich z.B. verschiedene Arbeitsplätze miteinander über ihre Profile vergleichen. Aber auch an dem Profil nur eines einzelnen Arbeitsplatzes können Schwachstellen erkannt werden.

Das Tätigkeitsbewertungssystem und das Job Diagnostic Survey - Zwei psychologische Arbeitsanalyseverfahren im Vergleich Um das Motivationspotential zu errechnen, werden die Indexwerte der Variablen der fünf Kerndimensionen nach der in 2.2 dargestellten Formel für das MPS zusammengefaßt. Dieser Index des MPS schwankt dann zwischen 1 und 343.

Da das Ziel des JDS nicht nur darstellt, den Ist-Zustand zu analysieren, sondern auch Arbeitsplatzumgestaltungsmaßnahmen zu leiten und zu fördern, bietet ein „Kriterienkatalog für den Prüfungsprozeß“ genau dafür Hilfe an. Anhand von sechs Kriterien soll zuerst der Bedarf an Arbeitsplatzumgestaltungsmaßnahmen nachgewiesen ( I.) und dann die Durchführbarkeit ( II.) solcher Maßnahmen analysiert werden.

Die sechs Fragen lauten:

I. 1. Gibt es eine Problemstellung/eine Chance, die mit Arbeitsplatzumgestaltung auch tatsächlich gelöst/wahrgenommen werden könnte?

2. Könnte dieses Problem im Zusammenhang stehen mit niedriger Arbeitsmotivation, - zufriedenheit oder Arbeitseffektivität?

3. Könnte die Arbeitsplatzgestaltung für dieses Problem verantwortlich sein?

4. Welche speziellen Aspekte des Arbeitsplatzes sind besonders problemträchtig? II. 5.Wie ist die Haltung der betroffenen Mitarbeiter zu den geplanten Veränderungen?

6. Wie groß ist die Veränderungsbereitschaft der Gesamtorganisation? (Berger, 1984, S. 90)

Zu einigen der Kriterien wurden Angaben gemacht, welche konkreten Indexwerte des JDS als Beantwortungsgrundlage herangezogen werden sollten.

Der JDS bietet aber keine Standardlösung als Verbesserungsvorschläge an, sondern er „ist als ein prozeßbegleitendes Informations- und Diagnoseinstrument zu betrachten.“ (Berger, 1984, S. 90) Damit soll es durch Informationen den schwierigen und vielgestaltigen Prozeß der Arbeitsplatzumgestaltung unterstützen.

5.2.5 Gütekriterien des Verfahrens

- Objektivität: Bei subjektiven Verfahren - wie diesem - sollen die subjektiven Bewertungen objektiver Arbeitssituationen deutlich mehr von eben diesen objektiven Gegebenheiten abhängen als von Persönlichkeitsfaktoren. Das bedeutet, daß sich objektive Unterschiede der Arbeitsbedingungen und Aufgaben auch in deutlichen Unterschieden der Bewertung dieser verschiedenen Arbeitsplätze widerspiegeln sollten. Die deutsche Fassung des JDS wurde in neun verschiedenen Tätigkeitsfeldern angewandt, wo man deutliche Unterschiede der Bewertung der fünf Kerndimensionen je nach Tätigkeitsfeld erkennen konnte.

- Validität: Nach Hackman und Oldham liefern Item-Inter-Skalen-Korrelationen einen Hinweis auf die Validität (Gültigkeit), also ob das Verfahren genau das erfaßt, was es erfassen soll. Daher wurden zuerst Konsistenz-Reliabiltäten für die fünf Kerndimensionen ermittelt. Diese liegen zwischen 0,59 und 0,74 und sind daher groß genug, um gruppenbezogene Bewertungen von Arbeitssituationen zu ermöglichen. Würde man aber nur jeweils einen Arbeitsplatz untersuchen, könnte man nicht von einer ausreichenden Validität ausgehen, deshalb werden immer mindestens fünf gleiche Arbeitsplätze gemeinsam untersucht. Die Reliabilitäts-Koeffizienten der drei kritischen Erlebniszustände fallen auffallend niedrig aus und „spiegeln recht uneinheitliche Abbildungsbereiche der Skalen-Items wider und verlangen nach einer schärferen Eingrenzung.“ (Schmidt et al., 1985, S. 167)

Von Hackman und Oldham wurde im Vorhinein eine Mehrdimensionalität - nämlich bezüglich der fünf Kerndimensionen - herausgestellt. Diese sollte anhand einer Faktorenanalyse nachgewiesen werden. Dabei konnten die drei Dimensionen „Identifikation mit der Aufgabe“, „Wichtigkeit der Aufgabe“ und „Rückmeldung“ relativ eindeutig jeweils einem Faktor zugeschrieben werden, womit ihre Unabhängigkeit signifikant nachgewiesen ist. Aber die beiden Dimensionen „Anforderungswechsel“ und „Autonomie“ scheinen entweder nicht trennscharf genug formuliert zu sein oder in der Realität nicht voneinander unabhängig zu sein, oder sie werden von den Befragten im subjektiven Erleben nicht unabhängig voneinander gesehen. Denn ihre Items überlappen sich faktoriell. Sie können keinem Faktor eindeutig zugewiesen werden. (Schmidt et al., 1985)

- Reliabilität: Die Untersuchungen zur Zuverlässigkeit und zur Validität scheinen hier

zusammenzufallen. Ich konnte nichts über konkrete Untersuchungen finden, die zeigen, daß dieses Verfahren bei wiederholtem Einsatz zu gleichen Ergebnissen kommt. Das soll offenbar durch die obigen Ergebnisse ebenfalls nachgewiesen sein.

6 Vergleich und Diskussion

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die obige Tabelle zeigt die wichtigsten Unterschiede und Gemeinsamkeiten der beiden Arbeitsanalyseverfahren im Überblick.

Sollte man sich für eines der beiden Verfahren als das bessere entscheiden, hätte man damit einige Probleme. Jedes der Verfahren hat seine Vorteile und seine Daseinsberechtigung, aber auch seine Nachteile.

Das TBS wurde in der DDR noch für andere gesellschaftliche Verhältnisse entwickelt und ist nur für einen eingeschränkten Tätigkeitsbereich einsetzbar. Daher muß man sich überlegen, ob es in einer westlichen Gesellschaft mit völlig anderen Arbeitsvoraussetzungen genauso einsetzbar ist. Soweit ich Literatur zur Verfügung hatte, konnte ich nichts spezifisch Sozialistisches entdecken, aber ich möchte mir nicht anmaßen, darüber zu urteilen, man müßte das Verfahren daraufhin noch einmal genauer untersuchen.

Durch die verschiedenen Kurzvarianten steht das TBS wenigstens als Screeningvariante schon in einigen Tätigkeitsfeldern zur Verfügung. Und das TBS-GA hat einen weiten - immer bedeutenderen - Wirtschaftsbereich erschlossen.

Das TBS erfordert einen Mehraufwand an Arbeit für die Untersucher zur einmaligen Einarbeitung und Schulung für das Verfahren und zum Ausfüllen der TBS-Unterlagen. Aus diesem Grund, und weil es sich auf die Persönlichkeitsförderlichkeit konzentriert, ist sein Einsatz in Betrieben eher unwahrscheinlich. (Wiendieck, 1993) Denn auch wenn in den letzten Jahren die Humanisierung der Arbeit ein immer wichtigeres Ziel wurde, können die Verantwortlichen der Betriebe nicht die Ziele der Wirtschaftlichkeit aus den Augen verlieren, worauf sie sich nach wie vor konzentrieren.

Das JDS findet seine Begründung als subjektives Verfahren in der Annahme, daß nicht die objektiven Bedingungen, sondern das subjektive Erleben dieser Bedingungen das Verhalten beeinflussen. (Schmidt et al., 1985)

Die Hauptkritik von Matern bezieht sich darauf, daß das JDS „für die Planung von Gestaltungsanliegen zu grob“ sei. „Ein niedriger MPS-Wert weist zwar auf die Gestaltungsbedürftigkeit einer Tätigkeit hin, aber was anders oder besser gemacht werden muß, wird nur sehr global gekennzeichnet, keinesfalls in einer Differenziertheit, die Ausgangspunkt für eine bei Gestaltungen wünschenswerte Zusammenarbeit zwischen Technikern und Psychologen sein kann.“ (Matern, 1984, S. 37) Außerdem kritisiert sie, daß der Begriff der Arbeitszufriedenheit nicht genügend differenziert wird, und sie unterstellt eine „relativ schlechte Operationalisierung“ des theoretischen Konzeptes in den Fragen. Und schließlich weist sie darauf hin, daß die mangelhaften Ergebnisse der Faktorenanalyse bezüglich der fünf Dimensionen die Gültigkeit der MPS-Formel sogar in Frage stellen. (Matern, 1984, S. 38)

Der größte und bedeutendste Unterschied der beiden Verfahren liegt wohl in der Objektivität versus der Subjektivität.

Es ist nicht ganz leicht zu sagen, was davon nun besser sei.

Man kann nicht einfach behaupten, objektive Verfahren seine objektiver. Udris stellte fest: „Es ist fraglich, wessen Urteil die „Realität“ adäquater abbildet: das des „objektiven Experten“ (Fremdbeobachter) oder das des „subjektiven Experten“ (Selbstbeobachter).“(1981, S. 294) Ich bezweifle, daß man diese Frage jemals beantworten können wird.

Gablenz-Koakovic et al. schlagen vor, objektive Verfahren anzuwenden, wenn es um eine allgemeine Bewertung von Gestaltungsmaßnahmen geht, wenn z.B. die konkrete Person am Arbeitsplatz noch nicht bekannt ist. Und subjektive Verfahren sollen bei konkreten Gestaltungsmaßnahmen für eine bestimmte Person eingesetzt werden. Das klingt einleuchtend. Doch glaube ich, daß in beiden Fällen auch die jeweils andere Analyse hilfreich sein könnte.

Am meisten kann man sicher gewinnen, wenn man für einen Arbeitsplatz verschiedene Analyseverfahren (z.B. TBS und JDS) anwendet. Da das allerdings einen gewaltigen Aufwand bedeutet, ist das wohl in den wenigsten Fällen vom Aufwand-Nutzen-Verhältnis her gerechtfertigt. In der Praxis sollte man sich vorher genau überlegen, was man konkret erfahren und verbessern möchte. Je nach Zielsetzung kann man dann gemäß den Zielen und Inhalten der Verfahren die bestgeeignete Arbeitsanalyse auswählen.

Erklärung

Hiermit erkläre ich, daß ich die vorliegende Hausarbeit mit dem Thema Das Tätigkeitsbewertungssystem und Job Diagnostic Survey - zwei psychologische Arbeitsanalyseverfahren im Vergleich ohne fremde Hilfe erstellt habe. Alle verwendeten Quellen wurden angegeben. Ich versichere, daß ich bisher keine Hausarbeit oder Prüfungsarbeit mit gleichem oder ähnlichem Thema an der FernUniversität oder einer anderen Hochschule eingereicht habe.

Plauen, den 18. August 1998

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Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Das Tätigkeitsbewertungssystem und das Job Diagnostic Survey - Zwei psychologische Arbeitsanalyseverfahren im Vergleich
Veranstaltung
Einführung in die Arbeits- und Organisationspsychologie
Autor
Jahr
1998
Seiten
19
Katalognummer
V95967
ISBN (eBook)
9783656686156
Dateigröße
407 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Tätigkeitsbewertungssystem, Diagnostic, Survey, Zwei, Arbeitsanalyseverfahren, Vergleich, Einführung, Arbeits-, Organisationspsychologie
Arbeit zitieren
Stefanie Dzierzon (Autor:in), 1998, Das Tätigkeitsbewertungssystem und das Job Diagnostic Survey - Zwei psychologische Arbeitsanalyseverfahren im Vergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95967

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