Frisch, Max - Homo Faber - Änderung des Naturbildes vom Homo Faber


Referat / Aufsatz (Schule), 2000

11 Seiten


Leseprobe


Thema 2: Zeigen sie an einigen Stationen auf, inwiefern sich Fabers Sicht der Natur ändert.

Der am 15. Mai 1911 in Zürich als Sohn eines Architekten geborene Max Frisch ist einer der bekanntesten deutschsprachigen Nachkriegsautoren. Er wurde für seine Werke mit den bedeutensten Literaturpreisen ausgezeichnet. Er starb am 4. April 1991 im Alter von 79 Jahren in seiner Geburtsstadt Zürich. 1957 erschien sein wohl bekanntestes Werk „Homo faber“. Der Titel „Homo faber“ zeigt schon, daß das Gegenüber von Natur (homo, lateinisch Mensch) und Technik (faber, lateinisch Handwerker, Techniker) eine sehr große Rolle spielt. Diese konträren Positionen lassen den Grundcharakter von Frischs Werken erkennen. Zum einen festgelegte, unveränderliche Abläufe und Systeme in der Technikgläubigkeit, zum anderen die gegenüberstehenden irrationalen Abläufe der Realität, Natur und Mensch. In dieser Arbeit soll gezeigt werden, wie Frisch den homo faber als einen sich in den sicheren Regeln und Gesetzen der Wissenschaft befindenden Ingenieur zunächst die Natur sehen läßt und wie Faber letztendlich diese Sicht relativiert und ändert.

Walter Faber, ein schweizer Ingenieur, befindet sich auf einem Flug nach Südamerika. Nachdem nacheinander zwei der vier Motoren ausfallen, wollen sie in Tampico notlanden. Zwangsläufig sollte man hier erwarten, daß der Ingenieur an dieser Stelle sich Gedanken über Fehler oder Unzulänglichkeiten von Material oder Technik macht und Ursachen oder Gründe für den Ausfall von Motoren überlegt. Offensichtlich sieht Faber keinen Anlaß, die technischen Defekte zu kritisieren, da diese sicherlich aus einer logisch erklärbaren, analysierbaren und sicher zu definierenden Ursache resultieren. Ersatzweise stellt er dieser Situation eine Kritik an Unzulänglichkeiten von biologischen Abläufen in Natur und Mensch gegenüber. Er beschreibt dies in seiner Erfahrung in Tampico, für ihn die „dreckigste Stadt der Welt“ (S. 17), wo er eine Fischvergiftung hatte, gegen die nur die Einheimischen immun sind (vgl. S17), was ihm als Techniker in der Konstruktion Mensch unlogisch und damit irrational erscheint und damit nicht anerkannt werden kann. In der Folge, nachdem der Pilot den Kurs geändert hat und nun landeinwärts fliegt, versucht Faber Erscheinungen aus dem unlogisch natürlichen Bereich (Lagunen, etc.) durch Vergleiche mit definierbaren und exakt beschreibbaren Produkten aus der Technik zu ersetzen. Nach der Notlandung denkt der Protagonist „an den Disney-Film“ (S. 13) und erhofft sich einige Sensationen, die er jedoch nicht findet. Das Einzige, was er zu Gesicht bekommt, ist „ab und zu eine Eidechse (oder) eine Art von Sandspinne“ (S. 23). Dieses Erlebnis bestätigt die Geisteshaltung Fabers, daß die Natur uninteressant und unwichtig ist. Er sieht die Natur eher nüchtern und beklagt sich, daß es in der Wüste keinen elektrischen Strom gibt, mit dem er seinen Rasierapparat betreiben könnte, da er sich nicht wohl und „wie eine Pflanze“ (S. 27) fühlt, wenn er sich nicht rasiert. Eine derartige Darstellung des Vergleichs Bartwuchs und Pflanze impliziert die Situation eines nicht zu kontrollierenden, geschweige denn zu beendenden Wachsens und Wucherns und damit wiederum eine sehr negative Einstellung zu natürlichen Vorgängen und Erscheinungen, da diese nicht nach ganz genauen technischen Regeln zu beeinflussen sind. Als Kontrast dazu läßt Frisch Faber mit der Flugbekanntschaft Herbert Schach als ein extrem logisches System spielen. Um diese Situation noch zu verdeutlichen, läßt Frisch die Spieler noch „abseits (sitzen), um das allgemeine Gerede (der anderen Passagiere) nicht hören zu müssen“ (S. 23), also das jedem von uns bei Flugreisen wahrzunehmende gefühlsbetonte „Ah“ und „Oh“ in der Bewunderung schöner und exotischer Naturbilder und Erscheinungen. Er beschließt mit Herbert, welcher der Bruder seines Jugendfreundes Joachim ist, Joachim auf seiner Plantage in Palenque zu besuchen. Auf dem Weg zur Plantage durchqueren sie einen Dschungel. „Die Hitze mit schleimiger Sonne und klebriger Luft“ (S. 33-34) des Dschungels wird von Faber als ekelhaft empfunden. Wo andere Leute exotische Erfahrungen, Naturbilder und Naturereignisse als faszinierend bewundern und in sich aufsaugen, verachtet Faber die natürlichen Erscheinungen des Dschungels. Zur Steigerung seiner ablehnenden Haltung wertet er das Schwitzen sogar als Zeichen einer Krankheit (vgl. S. 38). Da Krankheiten was natürliches, vom Menschen nicht kontrollierbares, darstellen, findet er dies nicht gerade positiv. Ebenso empfindet er das Schwirren von „Vögel(n) mit langen blauen Schwänzen“ (S. 42) als lästig, was sich durch den leicht negativ angehauchten Begriff Schwirren erschließen läßt. Als Gegenpol zu dem wohl etwas unorganisierten und unkontrollierten „Schwirren“ ist man versucht, im geistigen Ohr Faber über stabile Lagen, thermische Auftriebe, Dimensionierungen oder Aerodynamik von Flugzeugflügeln dozieren zu hören. Das Dickicht vergleicht er mit einem Ozean, „uferlos, grün-grau, platt“ (S. 43). Der Meinung Walter Fabers nach zu urteilen, stinkt es im Dschungel nach „Fruchtbarkeit, nach blühender Verwesung“ (S. 51), wobei die Verwesung die Vergänglichkeit des Menschen darstellt. Hier kann man noch einmal, durch den Gestank des Dschungels, deutlich Fabers Einstellung der Natur gegenüber erkennen. Um sich etwas zu erfrischen überwindet er für kurze Zeit seinen Ekel vor der Natur und badet in einem Fluß. Er liegt „rücklings im Wasser, Mund geschlossen, um nichts zu schlucken, es war ein trübes und warmes Wasser, das stank“ (S. 51). Ein sehr einprägsames Bild, wie Faber durch den geschlossenen Mund, den er rücklingsliegend aus dem Wasser hält, sich gegen ein Element der Natur abschottet. Um einen Sonnenuntergang zu beschreiben verwendet er für den Mensch wichtige Organe. Die Sonne ist für ihn „wie gedunsen, wie eine Blase voll Blut, widerlich, wie eine Niere“ (S. 53), die gleiche Bedeutung schreibt er dem Mond zu. Die Zopilote, Geschöpfe der Natur, stellen für ihn die Vergänglichkeit dar, da sie alles Tote ohne Erbarmen verzehren (vgl. S. 53). Ebenso erwähnt er, daß er sich nichts aus Blumen macht (vgl. S. 58), was nochmals zeigt, daß er für den Begriff Natur kein Interesse zeigt. Als Faber und Herbert Joachim mit einem Draht erhängt in seiner Wellblech-Baracke finden, verschwendet Walter keinen Gedanken daran, Emotionen zu zeigen, sondern wundert sich, woher Joachims Radio den Strom bezieht (vgl. S. 55). Diese Szene darf wohl als intensivste Darstellung von Fabers Gegenhaltung zur Natur gewertet werden. In der Betrachtung des Totes als Extremsituation der menschlichen Natur, läßt Faber jede emotionale Regung vermissen. Er versucht keineswegs, Motive für den Freitod zu überlegen oder Wege zur Erschließung der Gefühlswelt seines Freundes zu finden. Geradezu schockierend grotesk stellt er sich in dieser Situation die technische Denksportaufgabe, woher Joachims Radio den Strom bezieht. Das Verhalten Fabers in dieser Szene kann sicherlich nur als vollkommen verachtende Verdrängung tiefst menschlicher Gefühle und natürlicher Vorgänge gewertet werden. Nachdem sie Joachim bestattet hatten, macht sich der Ingenieur darüber Gedanken, ob sie ihn nicht doch besser hätten verbrennen sollen, da „Feuer eine [...] saubere Sache (ist), Erde ist Schlamm, nach einem einzigen Gewitter“ (S. 68). Als sie zurück fahren, fängt es an zu regnen. Die nassen, im Scheinwerferlicht sichtbaren Pflanzen,„glänzten wie Eingeweide“ (S. 69). Eingeweide sind menschlich und somit irrational und nicht akzeptabel.

In allen vorgennanten Szenen wird eine eindeutige Weltsicht der Natur gegenüber dargestellt. Alles, was technisch logisch erklärbar und rational erfaßbar ist, gilt für Faber als akzeptiert und gut. Jede natürliche Erscheinung und gefühlsmäßige Empfindung ist für ihn als irrational zu verdrängen und darf keinerlei Akzeptanz erfahren.

Auf einer weiteren Reise, eine Schifffahrt von New York nach Paris, lernt er ein junges Mädchen, seine Tochter Sabeth, kennen. Bei einem Gespräch mit Mister Lewin, den er ebenfalls auf dem Schiff kennengelernt hat, über Dieselmotoren, kann er „das Mädchen nicht aus den Augen lassen“ (S. 78). Nach einem großen Teil des Buches (nach nunmehr ca 70 Seiten) eindeutiger und intensiver Kenntnisnahme von Fabers Sicht von Mensch, Natur und Gefühl, wird der Leser urplötzlich mit einer bislang nie gekannten Situation konfrontiert. Sehr geschickt verpackt und dennoch als klares Gegenüber von Technik und Gefühl (vgl. hierzu in der Einleitung: homo- faber) wird eine veränderte Situation in Fabers Weltsicht eingeleitet: Bei einem Gespräch mit Mister Lewin über Dieselmotoren, kann er „das Mädchen nicht aus den Augen lassen“. Die Szene läßt nunmehr das Vorhandensein zweier Sichten erkennen. Neben der bislang bekannten klaren, logischen Techniksicht offenbaren sich bislang nicht gekannte emotionale Regungen durch die intensive Beobachtung von Sabeth. Spannend wird es nun für den Leser, zu erfahren inwieweit sich die angebahnte Wesensänderung Fabers im weiteren Verlauf verändert. Durch diese Aufmerksamkeit, die er Sabeth, die sich mehr für Kunst und Natur als für Technik begeistert, nimmt er unbewußt erste Kontakte zur Natur auf. Als er mit Sabeth über Sternbilder spricht (vgl. S. 90) zeigt er das erste Mal von sich aus leichtes Interesse an der Natur.

Dennoch hat er seine Intolleranz der Natur gegenüber noch nicht überwunden. Zunächst ist noch einmal ein Aufbäumen gegen Gefühl und Natur wahrzunehmen, als er über Sexualität spricht. Es sei absurd, „wenn man nicht selber dazu genötigt ist" (S. 93), solche Ideen zu haben. Noch einmal weigert er sich Sexualität mit Gefühlen und natürlichen, menschlichen, Einflüssen zu verbinden und versucht, die Sexualität, als eine Notwendigkeit, lediglich auf eine zweckmäßige Funktion zu reduzieren. Eine fortschreitende Hinwendung zur Natur zeigt „die Nacht der Mondfinsternis“ (S. 124), in Avignon, in der er das erste Mal von der Natur fasziniert war. Noch einmal schwingt hier ein Hauch von technisch rationaler Neigung mit, indem er erklärt, daß es „notwendigerweise eine Verdunkelung des Mondes verursacht“ (S. 124), wenn „drei Himmelskörper, Sonne und Erde und Mond, gelegentlich auf einer Geraden liegen“ (S. 124).

In Griechenland läßt Frisch dann Faber und Sabeth auf den Sonnenuntergang warten. Während dieses Wartens gestaltet der Autor dann einen spielerischen Wettbewerb, der Faber die Möglichkeit eröffnet, Entscheidungskriterien zwischen Technik und Natur zu entdecken. Dabei beschreibt Sabeth Dinge durch Begriffe aus Natur, Kunst und Musik während Faber weiterhin Begriffe aus der Technik, wie zum Beispiel Zinkblech für das Meer und Cellophan für die Luft verwendet (vgl. S. 150- 152). Frisch läßt im Verlauf der Geschichte Faber in einem Vorwärtsgehen, Zurücknehmen und Auseinandersetzen, langsam die Sicht der Natur ändern. Dabei gelingt Frisch eine hochinteressante Steigerung bis hin zum Höhepunkt, als er seine frühere Geliebte Hanna wiedertrifft. Langsam fällt die Entscheidung, daß Faber durch seine Ahnung, bald sterben zu müssen, die Abläufe in der Natur und die Vergänglichkeit anerkennt. Durch ein Gespräch mit Hanna, in welchem sie ihn aufklärt, daß man „das Leben nicht in [...](den) Armen behalten“ (S. 138) kann, versteht Faber nun, daß man den Tod als Ende vom Leben und Ziel der Vergänglichkleit akzeptieren muß.

Zum endgültigen Wendepunkt wird die Reise nach Caracas/Palenque, wo er zu erkennen gibt, daß er seine Meinung über die Natur mittlerweile vollkommen geändert hat. Anfangs war Palenque für ihn ein unerträglicher Ort, bei dem er froh war, nicht hin zu müssen, doch jetzt macht es ihn glücklich, dort sein zu können (vgl.S. 165). Seine letzte Reise, bevor er nach Athen ins Krankenhaus geht, führt ihn nach Kuba. Dort läßt er den Beruf des Ingenieurs los und geht nur spazieren und genießt die Umgebung (vgl. S. 172). Mit der Aufgabe des Ingenieurberufes symbolisiert Frisch die vollkommene Loslösung von Fabers Technikgläubigkeit. Hier vergißt er zum ersten Mal Beruf und Reisen (vgl. S. 173) und entscheidet, sein Leben komplett zu ändern (vgl. S. 175).

Nach dieser Veränderung in seiner Person zeigt er Bewunderung für Natur und Menschen. Er beschreibt und bewertet nun natürliche und menschliche Erscheinungen. In Darstellung der nunmehr positiven Sicht der Natur können wir im Verlauf des Romans ein häufig verwendetes Stilmittel Frischs erkennen: Szenen mit positiver Natursicht des „geänderten“ Fabers korrespondieren als gegensätzliche Darstellung mit jeweils entsprechenden Szenen einer negativen Natursicht des ersten Teils. Er bewundert die Natur und auch die Menschen. Auf kürzestem Raum reiht Frisch eine Anzahl positiver Sichtweisen Fabers aneinander. „Die Mischung von Neger und Süanier“ (S. 173) fasziniert ihn genauso wie „die Mädchen in blauen Glockenröckchen“ (S. 173). „Das weiße Gebiß, wenn sie lachen (und) das Weiß ihrer Augen“ (S. 174) zieht Faber gleichermaßen in den Bann. Er freut sich sogar über das Gewitter, „wie (er) [...] allein unter den Arkaden sitzt, in einem gelben Schaukelstuhl, ringsum rauscht es; ein plötzlicher Platzregen mit Wind“ (S. 174). Er empfindet den Regen als positiv und ist mit sich und der Welt zufrieden (vgl. die negative Sicht von Sturm, Regen und Gewitter S. 68). Als er sich von einem Jungen die Schuhe putzen läßt, berührt er dessen Kopf und „sein Haar, eher grau wie Asche, braungrau, jung, (das sich) wie Roßhaar (an)fühlt [...], aber kruselig und kurz“ (S. 175). Er verwendet nun keine Begriffe aus der Technik mehr um Gegenstände der Natur zu umschreiben, sondern, wie Sabeth vorher, aus der Tierwelt. So vergleicht er die Haare des Jungen mit dem Haar eines Pferdes und den warmen Schädel mit einem geschorenen Pudel. Am anderen Tag schwimmt er im Meer „mit dem Gesicht im Wasser, damit (er) [...] den Meeresgrund (sieht) [...]; [...] (sein) eigener Schatten auf dem Meeresgrund: ein violetter Frosch“ (S. 176). Im Dschungel hat er noch mit dem Gesicht gen Himmel gebadet, um kein Wasser zu schlucken, nun ist es genau umgekehrt, nur damit er seinen Schatten, den er mit einem Frosch vergleicht, sehen kann (vgl. S. 124). In einem Schaukelstuhl, bei einer Arkade sitzend, schaut er beziehungsweise hört er zu, wie „ein Droschkenpferd wiehert“ (S. 181). Er verspürt eine Lust nach Wind „der die Palmen schüttelt“ (S. 181), „die biegsam wie eine Gerte ist“ (S. 181). Auf dem Flug von Zürich nach Athen, wo er in ein Krankenhaus geht, wiederholt er das Spiel das er schon mit Sabeth auf dem Akrokorinth gespielt hat. Die „Täler im Schräglicht des späteren Nachmittags, Schattenhänge, Schattenschluchten, die weißen Bäche drin, Weiden im Schräglicht, Heustadel, von der Sonne gerötet“ (S. 195) wecken die Faszination in ihm und eine „Herde in einer Mulde voll Geröll“ (S. 195) sieht für ihn „wie weiße Maden“ (S. 195) aus, da er keinen anderen vergleichbaren Begriff in seinem Vokabular findet. Zusätzlich wünscht er sich „Heu zu riechen“ (S. 195), „nie wieder (zu) fliegen“ (S. 195) und „auf der Erde zu gehen“ (S. 195) um „Harz (zu) riechen und das Wasser (zu) hören“ (S. 195). Er würde auch gerne die Erde greifen, doch das Flugzeug steigt immer höher (vgl. S. 195). Faber denkt darüber nach, wie dünn die „Zone des Lebens“ (S. 195) und kommt zu dem Schluß, daß sie nur „ein paar hundert Meter“ (S. 195) dick ist und dann „die Atmosphäre schon zu dünn, zu kalt“ (S. 195) wird. Er schwärmt davon, daß die Erde eigentlich „eine Oase“ (S. 195) sei, die von den Menschen bewohnt wird und deren Wälder „hierzulande auf 2000m, in Mexiko auf 4000m“ (S. 195) wie abgeschnitten sind (vgl. S. 195). „Am Rand des möglichen Lebens“ (S. 195) gibt es eine Zeit lang dennoch Herden, die dort weiden (vgl. S. 195). Das Wasser eines Stausees vergleicht er mit Pernod, das „grünlich und trübe“ (S. 195) ist. Die Gletscherspalten umschreibt er, im Gegensatz zu Sabeth, die wahrscheinlich Smaragd dazu sagen würde, mit dem Grün eines Bierflaschenglas (vgl. S. 195). „Die Felsen im späten Licht“ (S. 195) würden für Sabeth „wie Gold“ (S. 195) aussehen. Für Walter sind sie aber eher „wie Bernstein, weil matt, beinahe durchsichtig, oder wie Knochen, weil bleich und spröde“ (S. 195). Dieser Flug von Zürich nach Athen zeigt auf, daß der Protagonist versucht, dieselbe Naturvorstellung wie Sabeth anzunehmen, es aber nicht schafft, da es am Anfang zwei von Grund auf verschiedene Charaktere waren und man einen Charakter zwar ändern kann, aber nicht auf eine solch extreme Art wie Faber das vor hat. Im Krankenhaus akzeptiert Walter Hannas Meinung, daß das Leben kein Stoff ist, den man mit Technik bewältigen kann, sondern die „Technik als Kniff“ (S. 169) ansehen muß, mit der man „die Welt als Widerstand in der Welt zu schaffen“ (S. 169) versucht. Walter Faber hat fast sein ganzes Leben mit einem Irrtum, „daß [...] Techniker versuchen, ohne den Tod zu leben“ (S. 170) verbracht, den er jetzt aber fallen gelassen hat. Als die Diakonissin ihm einen Spiegel reicht erschrickt er (vgl. S. 170). Für ihn ist „der ganze Mensch als Konstruktion möglich, aber das Material ist veraltet, Fleisch ist kein Material, sondern ein Fluch“ (S. 171). Fast sein komplettes Naturbild hat sich geändert, mit Ausnahme, daß er das Bild über sich kaum geändert hat. Er akzeptiert es immer noch nicht, daß die Menschen, wenn sie altern, Falten bekommen und somit nicht mehr so attraktiv aussehen (vgl. S. 171). Er hängt „an diesem Leben wie noch nie, und wenn es nur noch ein Jahr ist, ein elendes, ein Vierteljahr, zwei Monate“ (S. 198). Anfangs war er der Meinung „den Tod zu annullieren“ (S.89) „indem sie den Menschenleib [...] ersetzen“ (S. 89), was er jedoch nun revidiert hat.

Faber durchlebt in diesem Roman einen deutlich erkennbaren Wandel in der Sicht der Natur. Max Frisch will mit diesem Werk ausdrücken, wie Gefühle oder Personen, die einem etwas bedeuten, das Leben verändern können. Schicksalsschläge, wie hier der Tod von Fabers Tochter und Geliebten, Sabeth, können das gewohnte Leben ebenfalls stark verändern. So verändert sich Faber, nach dem Tod von Sabeth, schlagartig vom Ignoranten natürlicher Erscheinungen, für den es nur die Technik gab, zu einem regelrechten Fanatiker von Gefühl, Mensch und Natur, der mit Technik nicht mehr viel zu tun hat.

Gefühle, Mensch und Natur sind zu einem Gutteil irrational und nicht bis ins Kleinste definier- und erklärbar. Auch die Technik muß beim Versuch der Erklärung scheitern und letztendlich Fragen zu Vorgängen in Gefühlen, Mensch und Natur als unbeantwortet stehen lassen.

Gliederung:

A: Zu Autor und Werk

1. Bedeutender Nachkriegsautor mit Literarischen Auszeichnungen

2. Konträre Position von Natur und Technik als Grundcharakter des Werkes

B: Aufzeigen der Änderung in Fabers Sicht der Natur an Stationen des Romans

I. Fabers negative Sicht der Natur und rationale Technikerklärungen in den Szenen des Romans

1. Ausfall der Flugzeugmotoren

a) keine Kritik an Technik

b) Stattdessen Fischvergiftung in Tampico als Kritik an der Natur

2. Beschreibung von Lagune, etc, durch Vergleich mit technischen Produkten

3. Desinteresse und Kritik an Natur

a) Kein Strom für Rasierapparat in der Wüste

b) Unwohlsein über Wuchern und Wachsen von Bartwuchs und Pflanzen

4. Schach als logisches Spiel als Kontrast zur Natur

5. Ekel über die Naturerscheinungen des Dschungels

a) Hitze, schleimige Sonne, klebrige Luft 6. Unruhiges Schwirren der Vögel

7. Stinken des Dschungels nach Fruchtbarkeit und blühender Verwesung

8. Badeszene im Fluß, Ekel und Gefühl stinkenden Wassers

9. Beschreibung des Sonnenuntergangs durch Vergleich mit menschlichen Organen

10. Tod Joachims

a) Verdrängung von Gefühlen in menschlichen Extremsituationen

b) Groteske Überlegung über Stromversorgung des Radios

11. Negative Sicht der Natur in allen bisherigen Szenen

II. Beginnende Änderung in der Sicht Fabers

1. Treffen mit Sabeth auf der Schiffsreise von New York nach Paris

a) Sabeth als gefühlsbetontes Wesen: musisch, künstlerisch

b) Beginnendes Interesse Fabers an der Natur durch das Gespräch über Sternbilder

2. Zwischenzeitliches Zurücknehmen von und Aufbäumen gegen Gefühle und Natur

a) Sexualität als bloße Funktion

b) logische Erklärung des Naturphänomens Mondfinsternis

3. Entscheidende Schritte hin zur positiven Sicht der Natur

a) spielerischer Wettbewerb mit Sabeth im Gegenüber von musischen und technischen Umschreibungen

b) Anerkennung von Natur, Tod, Vergänglichkeit nach dem Treffen mit Hanna

III. Fabers positive Sicht der Natur und Abkehr von der Technikgläubigkeit

1. Endgültiger Wendepunkt

a) nunmehr Glücksgefühl, in Caracas/Palenque zu sein

b) Loslösung von der Technikgläubigkeit, Aufgabe des Ingenieurberufes in Kuba

c) Naturgenuß auf Kuba mit der endgültigen Entscheidung, das Leben zu ändern

2. Fabers positive Sicht der Natur, aufgezeigt an den einzelnen Szenen des Romans

a) Nunmehr positiv dargestellte Szenen in direktem Rückbezug auf negative Sichten des ersten Teils

b) Mischung von Rassen faszinierend

c) Mädchen in Glockenröckchen

d) Weißes Gebiß/weiße Augen, strahlend positive Wirkung

e) nunmehr Freude über Gewitter, Regen, Wind, Sturm

f) Momentaufnahme von Menschen (Schuhputzer)

g) Schwimmen im Meer mit nach unten, dem Wasser zugewandten Gesicht

h) Entspannung: Schaukelstuhl, Wiehern eines Droschkenpferdes, Schütteln der Palmen im Wind

3. Ähnliche Beschreibungsweise der Natur wie Sabeth

a) Beschreibungen wie schon im Spiel auf dem Akrokorinth gespielt

b) Aufzählung vieler Naturerscheinungen: Schatten, Täler, Bäche

c) Erde als Oase

4. Akzeptanz von Hannas Meinung, daß Technik nur als „Kniff“ zur Bewältigung der Natur gesehen werden kann.

C: Vollzogener Wandel in Fabers Sicht der Natur

1. Änderung der Person vom Naturignoranten zum Naturbewunderer

2. Unzulänglichkeit der Technik, Natur bis ins letzte zu erklären

Ende der Leseprobe aus 11 Seiten

Details

Titel
Frisch, Max - Homo Faber - Änderung des Naturbildes vom Homo Faber
Autor
Jahr
2000
Seiten
11
Katalognummer
V95693
ISBN (eBook)
9783638083713
Dateigröße
347 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Frisch, Homo, Faber, Naturbildes, Homo, Faber
Arbeit zitieren
Johannes Richter (Autor:in), 2000, Frisch, Max - Homo Faber - Änderung des Naturbildes vom Homo Faber, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95693

Kommentare

  • Gast am 9.3.2008

    1a.

    Genialer Text 10/10!

  • Gast am 23.9.2001

    15 Punkte!.

    Hi,
    super Referat und alle Aspekte des Wandels von dem Protagonisten sind super aufgezeigt und widergelegt worden.

    Kompliment.

  • Gast am 25.3.2001

    bei allen bekannt.

    Wenn ich meinen Haufaufsatz schreibe
    und dabei grässlich leide,
    dann weiss ich: einer kann es
    der Richter Johannes.

    P.S. Gruss an die 11b Pestalozzi Gym.

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