Das Malinche-Paradigma in Elena Garros


Seminararbeit, 1998

21 Seiten


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS:

VORWORT

KAPITEL 1: ZUR PERSON ELENA GARROS

KAPITEL 2: DIE HISTORISCHE MALINCHE

KAPITEL 3: DAS MALINCHE - PARADIGMA

LITERATURVERZEICHNIS

VORWORT:

Ehe ich in meiner folgenden Arbeit näher auf das zentrale Paradigma der „La Malinche“ bzw. auf die Identifikation mit dieser Person und der damit verbundenen Schuld in Elena Garros Kurzgeschichte „La culpa es de los tlaxcaltecas“ eingehe, möchte ich im ersten Kapitel noch ein wenig die Person der Autorin Elena Garro und die Aspekte der historischen Malinche beleuchten, die für das bessere Verständnis für eben diesen Subtext in dieser Kurzgeschichte von großer Bedeutung sind.

KAPITEL 1: ZUR PERSON ELENA GARROS:

Elena Garro, geboren am 11. Dezember 1920 in Puebla Stadt, studierte zunächst Philologie an der Universidad Nacional Autónoma, machte Choreographie am Universitätstheater und wurde später Journalistin. Sie war einige Zeit mit Octavio Paz verheiratet, lebte danach einige Jahre in Frankreich und in den USA und machte schließlich eine ausgedehnte Europareise, die sie bis in den Fernen Osten führte. 1991 kehrte sie wieder nach Mexiko zurück.

Erste Erfolge feierte Elena Garro mit den surrealistischen, lyrischen Einaktern „Andarse por las ramas“, „Los pilares de doña Blanca und „Un hogar solida“. Alle diese Einakter wurden von der Theatergruppe „Poesía en voz alta“ im Jahre 1957 uraufgeführt. Wobei das Theaterstück „Un hogar solido“ besonders heraussticht, da es in einer für Elena Garros weiteres Werk kennzeichnende Weise gestaltet ist, nämlich die Verbindung von sozialer Wirklichkeit und einer subtilen, ironischen Kritik mit Traumbildern, mythischen und märchenhaften Elementen.

Nach ihrem ersten, äußerst erfolgreichen Roman „Los recuerdos del porvenir“ (1963) folgten weitere Erzählungen, wie „La semana de colores (1964), von dem eben die Erzählung „La culpa es de los tlaxcaltecas“ entnommen ist, Theaterstücke, wie „El rey mago“ (1960), „El árbol“ (1963) oder „La dama boba“ (1964) und schließlich Filmdrehbücher, wie z.B. „¿Qué pasa con los tlaxcaltecas?“ von 1964, das thematisch in direktem Zusammenhang mit der hier in meiner Arbeit zu behandelnden Kurzgeschichte Elena Garros zu bringen ist. Seit Elena Garros „Los recuerdos del porvenir“ werden in ihren weiteren Romanen, wie z.B. „Testimonios sobre Mariana“ (1981) oder „Reencuentro de personajes“ (1982), immer wieder frustrierte und weitgehend qualvolle Beziehungen von unterdrückten Frauen dargestellt, was auch in unserer Kurzgeschichte in der Darstellung der (zweiten) Ehe zwischen Laura und Pablo deutlich zum Ausdruck kommt und somit dieses Grundthema von Garros Erzählungen bestätigt.1

In Elena Garros Werken läßt sich aber auch ihr eigener Konflikt zwischen den Kulturen Mexikos und Spanien feststellen. Als Tochter spanischer Eltern und einer Jugendzeit, die sie in Iguala, Mexiko verbracht hat, stellt sich für sie bald die alles entscheidende Frage „Wo gehöre ich eigentlich hin?“. Sehr früh heiratet sie Octavio Paz, von dem sie sich aber wieder 1959 scheiden läßt. Danach verläßt sie Mexiko, nicht nur auch aufgrund der Ausschreitungen auf dem Plaza de Tlateloolo von 1968. (Hierbei kam es am sogenannten „Platz der 3 Kulturen am 2. Oktober 1968, kurz vor Beginn der 19. Olympischen Sommerspiele zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Studenten und Armen gegen die Ordnungskräfte der Polizei und des Militärs. Mindestens 300 Studenten und Arbeiter wurden bei diesen Protesten, die sich gegen die politisch schwache Regierung richteten, getötet.2 ) Da sie im Ausland keinen mexikanischen Paß erhält, nimmt sie den spanischen an, sie selbst betont aber immer wieder - eigentlich bis heute - Mexikanerin geblieben zu sein. Dieser innere Konflikt drückt sich vor allem in ihren Arbeiten aus. Laut Diaz wäre sie die erste Schriftstellerin, die den „first account of the original clash between the two cultures, [...] implicit criticism of the European - centered culture“3 schreibt. Aufgrund dieser Kritik kann man Elena Garro als Trägerin eines doppelten Erbes ansehen: aufgewachsen mit der spanischen Literatur ihrer Eltern, hat sie sich bis heute ihre eigene mexikanische Identität behalten, die sie in ihren Arbeiten (auch in „La culpa de los tlaxcaltecas“) immer wieder thematisiert.4

2. KAPITEL: DIE HISTORISCHE MALINCHE:

Von der historischen Person der La Malinche (auch Malintzin oder Malinal genannt), eine der Hauptarchetypen des weiblichen Bildes der mexikanischen (oder allgemein lateinamerikanischen) Frau (sie taucht in volkstümlichen Legenden, Tänzen, indigenen Theaterstücken auf, Pflanzen und Berge tragen ihren Namen) ist nur wenig bekannt. La Malinche bzw. Marina (+ spanischem Suffix) ist die hispanisierte Version ihres eigentlichen indigenen Namens, nämlich Malinal, der sich wiederum auf Malinalli bezieht, dem Namen des Tages ihrer Geburt. Seit der Conquista war und ist La Malinche der Gegenstand zahlreicher biographischer, fiktionaler, piktorialer und symbolischer Interpretationen gewesen, die aber nur allzu oft untereinander im Konflikt standen, da sie - La Malinche - selbst nichts Eigenes verfaßt hat. Alles, was über sie existiert, sind immer nur die Berichte anderer: Hernán Cortés selbst erwähnt ihren Namen nur kurz in den cartas Nummer 2 und Nummer 5 seiner Cartas de Relaci ó n, und zwar als lengua Marina. Bernal Díaz de Castillo hingegen stellt eine weitaus größere Quelle an Informationen über die Person der La Malinche und ihrer Wichtigkeit während der Conquista des Hernán Cortés` dar. In seiner Historia verdadera de la conquista de la Nueva Espa ñ a zeigt Bernal Díaz die wichtige Rolle, die La Malinche zum Erfolg des Unternehmens Hernán Cortés` beitragen konnte, auf. Er schreibt hierbei „Doña Marina es una tan ecelente mujer y de buena lengua“ und betont somit ihre Präsenz, Aktuation, ihre männlichen Qualitäten und die Macht, die La Malinche ausstrahlt. Diese Macht als Dolmetscherin, Kennerin der Eigenheiten der einzelnen Völker und „Mittelpunkt der Dialoge“ geht sogar so weit, daß Cortés von den Einheimischen mit ihrem Namen angesprochen wird. In dieser Funktion wird sie auch oft nur als lengua, boca (de) oder medio (de) beschrieben und bezeichnet.5

Biographisches über Malintzin hingegen ist nur spärlich erhalten: Allgemein anerkannt ist die Tatsache, daß Malintzin um 1502 in Coatzalcoalcos, einer vorkolumbianischen, mexikanischen Provinz, geboren wurde, obwohl Díaz de Castillo in seinem Werk von einer Geburt im Orte Painala spricht. Sie war die erstgeborene Tochter eines cacique (einer Art Stammeshäuptling) und gehörte somit zur privilegierten, gebildeten Klasse. Nach dem Tode ihres Vaters, als Malintzin noch relativ jung war, heiratete ihre Mutter ein zweites Mal, wieder einen cacique. Diesem gebar sie bald darauf einen Sohn. Um nun das Erbe dieses Sohnes und dessen Recht als cacique zu regieren zu sichern, wurde Malintzin in die Sklaverei verkauft. Von der Sklaverei in den Diensten der Tabasca - Indianer gelangte sie als Geschenk zu den Spaniern. Als diese ihre Kenntnisse der Maya - Sprache und des Nahuatl entdeckten, wurde La Malinche zur unverzichtbaren Begleiterin und Übersetzerin des Hernán Cortés`. Gemeinsam mit Jerónimo de Aguilar, dem Spanisch - Maya - Übersetzer in der Gefolgschaft Cortés`, kann somit eine brauchbare Übersetzerkette entstehen. Malintzin diente hierbei als soziales und politisches Werkzeug, damit Cortés die Völker Mexikos verstehen und diese hernach besser gegeneinander ausspielen konnte. Neben ihren speziellen Rollen als lengua und Informantin der spanischen Conquistadores diente sie ihrem Herren Cortés auch als Mätresse und Geliebte. Als Mutter ihres erstgeborenen Sohnes Martín (oft als erster Mestize Mexikos bzw. erster Mexikaner bezeichnet), der aus dieser „Beziehung“ hervorging, gilt sie somit einerseits als la madre de nuestra nacionalidad (cf. „Cortés und Malinche“, das Wandgemälde von José Clemente Orozco in der Escuela Nacional Preparatoria oder Todorov: „Es la Conquista de America la que anuncia y funda nuestra identidad presente“6 ), gar als creadora de la mexicanidad (Carlos Monsiváis), andererseits aber in der Rolle des bloßen Lustobjektes Cortés` auch als la madre violentada. Ein Kritiker der Conquista behauptete sogar: „sin ella [sc. La Malinche] hubiera sido difícil la conquista o tal vez imposible“; ein anderer wiederum fügte hinzu, daß Malintzin „la mujer más odiada del Continente Americano“ wäre!7

Somit kommt La Malinche eine Schlüsselposition zu, ja, sie ist die Mittlerin (bzw. Brücke) zwischen zweier Welten: „[...] se transforma no solamente en la madre de la nación mestiza sino también en forjadora de la nuestra identidad `universal` implicada en el adjetivo `nuestro`“.8 Greenblatt geht sogar so weit, zu behaupten: La Malinche „se enfoca toda comunicación entre las dos culturas, sincretiza dos mundos en conflicto y engendra un nuevo mundo.“.9

Weiß man nun um diese Hintergründe, ist es klar, warum La Malinche oft mit negativen Charaktereigenschaften belegt und bedacht wird: Im Dienste der Spanier stehend, wird La Malinche als Komplizin der Feinde und somit als traidora an ihren Leuten und an ihrer eigenen Indigenität betrachtet. Ab dem 16. Jahrhundert, als die Conquista neu diskutiert wird, wird La Malinche zur stigmatisierten Figur, die für die Kooperation mit den spanischen Eroberern verdammt und beschuldigt wird. Sie gibt sich nicht mit dem bloßen Übersetzen zufrieden, sie versucht, alles in ihrer Macht stehende zu tun, die Spanier zu unterstützen; „sabe [sc. La Malinche] tomar la iniciativa“.10 1950 schreibt Octavio Paz, der ja einige Zeit mit Elena Garro verheiratet war, im Kapitel „ Los hijos de la Malinche “ aus seiner Essay - Sammlung „ El laberinto de soledad “ , daß die Schwächen des mexikanischen Nationalcharakters auf die Conquista und hierbei besonders auf Malinche als defekte Urmutter der Mexikaner zurückzuführen seien. Die „Beziehung“ La Malinche - Cortés wird symbolisch für die spirituelle und moralische Vergewaltigung Mexikos gesehen; die Position Malinches schwankt hierbei zwischen böser Verführerin bzw. Verräterin und ohnmächtiges Opfer Cortés`. Malinche ist aber auch die chingada, wobei die Conquista Mexikos als die Vergewaltigung selbst betrachtet wird. Daraus resultierend steht Malinche für alle indigenen Frauen, die von den Spaniern fasziniert, vergewaltigt und verführt werden.11 Für Octavio Paz ist La Malinche insgesamt das Gegenstück zur Virgen de Guadalupe: „Por contraposición a Guadalupe, que es la Madre virgen, la Chingada es la Madre violada.“.12 Malinchismo hielt als verächtlicher Terminus, d.h. jegliches Fremde preisend und dabei das eigene Mexikanische verachtend, in die mexikanische Sprache Einzug. Schlußendlich wird ihre Negativität mit der biblischen Eva gleichgesetzt, was die Assoziation mit sich führt, daß die Frauen im Allgemeinen, als Nachkommen und Töchter Evas - eben als hijos de Malinche - , Heuchlerinnen und Verführerinnen der Männer seien.13

KAPITEL 3: DAS MALINCHE - PARADIGMA:

Weiß man nun ob der Komplexität der Figur der La Malinche, sowohl im negativen, als im - wenn auch nur gering vorhanden - positiven Sinne, ist klar, warum sich Laura Aldama, die Hauptperson der Kurzgeschichte Elena Garros gerade mit der Dolmetscherin Cortés identifiziert und über diesen Umweg versucht, ihre „Schuld“ bzw. ihren Verrat auszudrücken. Laura definiert sich selbst als traidora und als cobarde und verkörpert dadurch Malinche. Da Malinche in Octavio Paz` Essay - Sammlung als Verkörperung der chingada verstanden wird (siehe Zitat in Kapitel 2), kann man in Analogie dazu Pablo als Ebenbild Cortés` und sie als „Vergewaltigte“ sehen; wenn nicht im eigentlichen Sinne, dann wohl wahrscheinlich bestimmt im übertragenen: Laura Aldama ist mit einem wohlhabenden criollo, eben Pablo Aldama, verheiratet, führt mit ihm aber eine äußerst unglückliche Ehe. Es ist nicht selten der Fall, daß Pablo seine Frau brutal schlägt und sich um Lauras Gefühle und Gedanken nur wenig kümmert bzw. dafür überhaupt interessiert. Für ihren Mann ist alleine der mexikanische Präsident Lopéz Mateos (Präsident von 1958 bis 1964) von Bedeutung und Interesse, und dieser wird somit Hauptgesprächsthema in den Unterhaltungen zwischen den Personen im Haushalt der Aldamas. An mehreren Stellen der Kurzgeschichte ist die unglückliche Lage, in der sich Laura im Moment befindet, deutlich zu erkennen:

-Desde que entré a la casa, los muebles, los jarrones y los espejos se me vinieron encima y me dejaron más triste de lo que venía. [...] Así me dije y me arrepentí de mi traición. Cuando estábamos cenando me fijé en que Pablo no hablaba con palabras sino con letras. (p. 16/ 17)

En sus adentros ellas pensaban que la señora Laura se aburría oyendo hablar siempre del señor Presidente y de las visitas oficiales. (p.16)

Hauptthema der Kurzgeschichte ist aber nicht unbedingt Lauras unglückliche Ehe, die nur der Anlaß für ihre Identifizierung mit La Malinche ist, sondern die Thematisierung der Schuldfrage. Als Malinche - Abbild repräsentiert Laura einen stereotypen Glauben an die weibliche Negativität und den Verrat von Frauen für die mexikanische Kultur. Dieses Vorurteil des mexikanischen Patriarchat kann nur durch den eigenen Willen und durch Taten der Frauen geändert werden. Solange Mexiko nicht dazu bereit ist, auch Frauen mitsprechen und mithandeln zu lassen, muß sich dieses Malinche - Paradigma unweigerlich immer und immer wieder wiederholen und beeinflußt so die Gegenwart. Duncan schreibt dazu: „Only through a mythic reevaluation of the past can the Mexican come to terms with his identity in the present and break out of the oppressive cycle of history which haunts him in the modern world.“14. Somit werden alle Tätigkeiten und Identifizierungen, die ich im folgenden beschreiben werde, von Laura gesetzt, um aus einer männerdominierten Welt auszubrechen und schlußendlich ihre eigene (indigene?) Identität zu erlangen.

Schon alleine der Titel der Kurzgeschichte beginnt mit einer „Transformation“ des Malinche - Mythos, den ich im 2. Kapitel zu erklären versucht habe. Hierbei wird das Konzept der Schuld eindeutig ausgeweitet: nicht bloß La Malinche, die Identifikationsfigur Lauras, trägt Schuld, nein, auch die Tlaxcalteken, ein Stamm Indios, die Cortés bei seiner Conquista tatkräftig unterstützt haben, nicht ohne davon Nutzen daraus geschlagen zu haben. Somit sind auch diese Tlaxcalteken Verräter am eigenen Indigenen, ja, am eigenen Volk. Damit wird der eigentliche, wichtige Subtext dieser Kurzgeschichte eindeutig postuliert. La Malinches Name wird zwar mit keinem einzigen Wort in der Handlung erwähnt, die Hauptdarstellerin Laura teilt aber Schlüsselcharakteristika mit der Dolmetscherin Cortés`. Laura ist mit der Schuld und dem Verrat der Malinche (und der Tlaxcalteken) verbunden. Sie selbst macht dieses Geständnis:

-¿Sabes, Nacha? La culpa es de los tlaxcaltecas. Nacha no contestó. Prefirió mirar el agua que no hervía. [...]
-¿No estás de acuerdo, Nacha?
-Sí, señora ...
-Yo soy como ellos: traidora ... - dijo Laura con melancolía. (p. 9/ 10)

Dieses Geständnis macht sie der Köchin Nacha, mit der sie sich gerade in der Küche aufhält, um im darauf folgenden Monolog für den Leser die vorangegangenen Geschehnisse nochmals Revue passieren zu lassen. In dieser Atmosphäre der Intimität kommen sich Nacha und Laura näher denn je. Ein Schuldgeständnis wird möglich, mit Laura teilt sie ihr Weltbild der „cosmovisión india“15. Margo Glantz schreibt dazu: „[...] es en la intimidad, sobre todo en la intimidad vivida con las mujeres, que se descubre la verdadera naturaleza de una cultura: [...] en la mesa y en la cama donde se inician todas las cosas“. Küche und Speisezimmer sind somit „los espacios de la mujer, los que carecen de historia.“16. Um ihre Solidarität mit ihrer Herrin Laura, von ihr oft nur liebevoll se ñ ora Laurita genannt, zu bezeugen, gibt sie zu, genauso Schuld zu tragen:

-Y tú, Nachita, eres traidora? [...]
-Sí, yo también soy traicionera, señora Laurita. (p.10)

Elena Garros Geschichten befassen sich aber auch mit der Psychologie und bilden einen fließenden Übergang zur Mythologie. Ähnlich wie bei Garros „El árbol“ ist die Geschichte um einen Dialog - einem „confessional conversation dialogue“17 - zwischen patrona und sirvienta gebaut, der das Abbild zweier verschiedener, aber auch ergänzender Perspektiven der weiblichen Kondition im universellen und mexikanischen Kontext darstellt.18

Nacha gibt Laura nun zu bedenken, daß niemand seiner/ ihrer Schuld entkommen kann, weder La Malinche, noch die Tlaxcalteken, weder ein Individuum, noch eine ganze Gruppe. Dennoch ist Laura fixiert und besessen von der Idee ihrer Schuld und ihres Verrates an ihrem (ersten) Ehemann, in der Kurzgeschichte schlicht primo marido genannt.

Als sie nun Nacha von den vergangenen Ereignissen erzählt, und somit ihrer Köchin ihre Gedanken und innersten Gefühle preisgibt, die ihr Ehemann Pablo wohl nie erfahren wird (weil er ihr erst gar nicht zuhört!), fühlt sie sich als Verräterin an der gesamten indigenen, amerikanischen Vergangenheit. Wehmütig muß Laura bekennen, wie im Mythos der La Malinche, daß sie ihre vergüenza de mi traci ó n zu akzeptieren hat, genauso wie ihre Identität mit den Tlaxcalteken als ausschlaggebenden Grund der Niederlage der Indios in der mexikanischen Conquista.

Als sie weiter in ihrer Erzählung in die Vergangenheit eindringt, ergeben sich weitere Parallelismen mit La Malinche. Laura bezieht sich dabei auf eine (eigene) mysteriöse und magische Vergangenheit, die in der mexikanischen Conquista wurzelt. Man beachte dabei ihre vagen Andeutungen, die sie über ihre (andere) Kindheit macht (für Elena Garro ist die Kindheit eine besondere „etapa magica“, ein besonderer „espacio de escape“19 ):

Me preguntaba por mi infancia, por mi padre y por mi madre. Pero, yo, Nachita, no sabía de cuál infancia, ni de cuál padre, ni de cuál madre quería saber. Por eso le platicaba de la Conquista de México. (p.28)

Laura erinnert sich ihrer früheren, „richtigeren“ Identität, die sie in der Azteken - Zeit gemeinsam mit ihrem „phantom lover“20, ihrem „ersten Ehemann“ lebt. Aus Feigheit bzw. Furcht verläßt sie ihren Geliebten, während Tenochtitlan von Cortés` Heer überfallen und in Brand gesteckt wird. Der Verrat und die Schuld, die Laura trägt, ist damit erklärt. Laura „umgeht“ das vorherrschende Patronat, da sie weiß, daß dieser Verrat nur durch die Liebe (zu ihrem Indio) entschuldigt werden kann.21

Lauras Interesse an der Historia verdadera de la conquista de la Nueva Espa ñ a des Bernal Díaz de Castillo, ihr Hauptaugenmerk am Fall und Untergang Tenochtitlans und schließlich die verschiedenen Konversationen, die sie mit ihrem (wirklich real existierenden?) primo marido führt, lassen den Leser glauben, daß Laura zwei Leben in zwei grundsätzlich verschiedenen Welten führt, eines im Mexiko - City des 20. Jahrhunderts (also der Gegenwart), das andere als India, die die mexikanische Conquista von 1521 ertragen und miterleben muß. Betrachtet man auch meine Ausführungen über die historische Malinche in meinem zweiten Kapitel, versteht man als Leser auch, warum sich Laura gerade dem Werk Bernal Díaz` zuwendet: hier erhält man die meisten und besten Hintergrundinformationen über La Malinche: Laura möchte alles über diese Person, die soviel Schuld trägt, erfahren, um sich noch besser und leichter mit ihr identifizieren zu können!

Wie La Malinche, die erst ihre Macht, ihren Status und ihre Anerkennung erreichen konnte, durch die Beziehung zu zwei verschiedenen Männern, ändert auch Laura Aldama ihre Identitäten, je nachdem, mit welchem „ihrer“ Männer sie gerade zusammen ist. Gemeinsam mit ihrem primo marido kehrt sie in die Zeit der Conquista zurück; wenn sie wieder zurückkehrt, ist sie wieder die weiße Frau der Upper - class des 20. Jahrhunderts bei ihrem (eigentlichen) Ehemann Pablo; man kann Laura somit treffenderweise auch als „blonde Malinche“22 bezeichnen. Wie Malintzin, dient Laura als Mittlerin und Brücke zwischen zwei Welten, ihr ist es möglich (psychisch und physisch) in beiden Welten (und somit Kulturen) zu existieren, da sie ja als Malinche - Figur ein Teil der indigenen Vergangenheit Mexikos wird (Bei Bernal Díaz ist Malinche die einzige, die beide Kulturen versteht!). Die Vergangenheit koexistiert mit der Gegenwart Lauras. Das Problem der „simultaneidad de nuestra historia“ wie sie Carlos Fuentes beschreibt kommt hier voll zum Tragen. „[...] todo tiempo debe ser mantenido. ¿Por qué? Porque ningún tiempo mexicano se ha cumplido aún. Porque la historia de México es una serie de `Edenes subvertidos` a los que,[...] quisieramos a un tiempo regresar y olvidar.“. Während das europäische Zeitkonzept linear und progressiv verläuft, ist das mexikanische hingegen verschiedenartig, simultan verlaufend und zirkulär. Lauras Zurückgehen in der Zeit ist symbolischer Ausdruck der mexikanischen Beschäftigung mit einem „aborted and unfulfilled historical destiny“. „Laura suffers from alienation and seeks escape from the ills of modern society, seeking comunion with the past and thereby recapture the lost Edenic unity of eternal time.“23, was einem (paradiesischen) Verschmelzen mit ihrem „ersten Ehemann“ gleichkommt.

Elena Garro will damit zeigen, daß Malintzin/ La Malinche immer noch in jeder mexikanischen Frau, selbst nach einer so langen Zeit zu finden ist. Gleich welcher sozialen Herkunft sie ist, die mexikanische Frau von heute ist immer noch als Verräterin und Schuldige stigmatisiert. Die Identität wird somit auch zu einem weiteren, wichtigen Punkt in Elena Garros Kurzgeschichte. Neben der eigenen Identität Lauras, gibt es noch die Identität der anderen: der „wilden“ Indios (zu denen ja auch Lauras „erster Ehemann“ zählt) und allen voran die ihres „gegenwärtigen“ Ehemannes Pablo. Laura versucht die Natur der Männer zu ergründen und vergleicht ihre beiden Ehemänner: ihr primo marido ist gar nicht der Wilde, zu denen man ihn eigentlich zählen könnte. Er ist zärtlich zu ihr und akzeptiert und liebt sie zugleich, obgleich sie ihm gestehen muß, daß sie eine Verräterin ist und nicht anders könne („ Yo soy como soy. “ ); dies bestätigt ihr auch der Indio. Dadurch, daß Laura behauptet, daß sie zugleich dessen Cousine ist, wird auch sie selbst zur India; sie kann sich leichter (und für sie auch glaubwürdiger) mit La Malinche identifizieren. Der Indio beinhaltet all` das, was Pablo zuwider ist. Der eigentliche „Wilde“ in dieser Geschichte ist Pablo, den man als Kritik Garros am mexikanischen Patriarchat verstehen kann. Obwohl beide sich äußerlich wirklich ähnlich sind, überwiegen doch die (inneren) negativen Charaktereigenschaften bei Pablo, die Laura zu ihrer Flucht aus einem „ambiente opresivo“24 in die mexikanische Vergangenheit treiben läßt:

Pablo habla a saltitos, se enfurece por nada y pregunta a cada instante: „¿En qué piensas?`“. (p.17)

También yo siempre lo [sc. el primo marido] quise, Nachita, porque él es lo contrario de mí: no tiene miedo y no es traidor. (p.13)

Yo miré a Pablo. „Se parece a ..“ y no me atreví a decir su nombre [sc. el primo marido]. (p.17)

Lauras Interpretation von vergangenen Ereignissen beschwört aber auch Konflikte herauf, einen Kampf zwischen Pablo und dem Indio, um die Gunst Lauras. Wahrscheinlich liebt Pablo seine Frau immer noch, was die Köchin indirekt bestätigt, als Laura nach längerer Abwesenheit wiederkehrt, doch weiß er es nicht zu zeigen.

-El señor Pablo hace ya diez días que se fue a Acapulco. Se quedó muy flaco con las semanas que duró la investigación -explicó Nachita satisfecha. (p.32)

Als Laura zugibt, von Cuitzeo bis nach Mexiko - City von einem Indio verfolgt worden zu sein und Pablo ihr schmutziges Kleid sieht, verpaßt er ihr eine Ohrfeige und sperrt sie in ihrem Zimmer ein. Laura ist wieder isoliert in einer Welt, die ihr nicht behagt. Eine neuerliche Flucht in ihre bessere, vergangene Scheinwelt steht wieder bevor! Pablo akzeptiert Lauras Verrat als Tatsache, die er nicht genau überprüfen, noch verstehen kann: er behandelt sie wie einst Cortés La Malinche behandelt hat. Doch Lauras Triumph ist die Gewißheit, daß der Indio, ihr „erster Ehemann“ (als pars pro toto für die gesamte Indigenität) über ihren unzivilisierten, verständnislosen Ehemann Pablo (als pars pro toto für die spanischen Conquistadores) gewinnen wird. Pablo ist ihrer unwürdig, und Laura hat nicht die Absicht passiv auf Männer zu warten, die ihr Schicksal besiegeln sollen, sondern entscheidet für sich selbst. Somit kann sie auch die innere La Malinche, mit der sie sich ja ständig identifiziert, überwinden und besiegen, damit sie nicht dasselbe Schicksal wie Malintzin ereilt: das Opfer eines Mannes, der sie nur ausgenutzt hat, um an Macht zu gelangen und gleichzeitig als Verräterin und Schuldige abgestempelt zu werden! Laura bekommt nun die Gelegenheit, die Malintzin nicht ergreifen konnte: Laura evaluiert beide Kulturen bzw. Welten (was einer Evaluierung ihrer beiden Männer gleichkommt !) und entscheidet sich schließlich für jene, die es wert ist, ihre Loyalität zu geloben bzw., wo sie ihre zukünftige Existenz „verbringen“ will.

Pablo, als Produkt des mexikanischen Patriarchats, weiß die Wichtigkeit der indigenen Vergangenheit nicht zu würdigen und gesteht ihr insofern keine „Lebensfähigkeit“ zu, da er für alles und jedes die Frauen beschuldigt und zur Verantwortung zieht. Laura hingegen erkennt eben diese „(Über)Lebensfähigkeit“ in ihrer eigenen Gegenwart. Sie steht daher im krassen Gegensatz zu ihrer Schwiegermutter Margarita, die „unschuldige“ Frau, die keine störenden Fragen stellt und somit das Patriarchat Pablos unterstützt.

Elena Garro zeigt also das unweigerliche Weiterbestehen des La Malinche - Paradigmas in einer jeden Frau des heutigen Mexikos auf. Es scheint so, daß die Mexikaner sich selbst und ihren kulturellen Anbeginn, der erst durch die Conquista geschaffen werden konnte, erneuern müssen, um vorwärts kommen zu können, die Last von Schuld und Verrat hinter sich lassend. Garro hat somit nicht nur diesen Malinche - Mythos neu erforscht, sondern (indirekt) die Gesamtschuld von den Schultern der La Malinche genommen. Auch andere Personen (allen voran Hernán Cortés) waren an der Eroberung Mexikos beteiligt! Garro zeigt aber auch eine Solidarität zwischen den Frauen - eben zwischen Laura und ihrer Köchin - auf, die von Nöten ist, um mit der Vergangenheit endlich abzuschließen und, um in eine zuversichtlichere Zukunft (vielleicht ohne Patriarchat?) blicken zu können. Diese Solidarität geht sogar so weit, daß Nacha, wie ihre Herrin, den Haushalt der Aldamas verläßt, ohne überhaupt noch den Lohn des laufenden Monats verlangt zu haben:

Nacha se aproximó a su patrona para estrechar la intimidad súbita que se había establecido entre ellas. (p.33)

Nacha se fue hasta sin cobrar su sueldo. (p.33)

Elena Garro, selber Trägerin zweier Kulturen bzw. Welten, wirft also wieder einmal die Frage nach der eigenen Zugehörigkeit auf. „Not only does Garro capture the essence of Mexican culture in the imaginative blending of contemporary social reality and ancient Indian folklore, but she also brings to her stories a unique female perspective, which distinguishes her work from that of Rulfo, García Marquez, Cortázar or Carpentier.“25. Sie versucht die Negativität, die La Malinches eigentliche, natürliche Schönheit überschattet, zu durchbrechen, um ein neues Paradigma zu schaffen: durch die Reevaluation der eigenen Vergangenheit kann diese durchbrochen werden, die sonst unweigerlich dazu verdammt wäre, sich immer wieder zirkulär zu wiederholen. Eine Transformation der Wirklichkeit wird möglich, alte Verhaltensmuster (vor allem die Vorurteile gegenüber den Frauen, die immer noch in den Köpfen der Mexikaner herumspuken) können in neue verwandelt werden .26 Obwohl das Ende der Kurzgeschichte offen ist, bedeutet für Laura die (Wieder-)Vereinigung mit ihrem Indio die „liberation for a tormented woman“27. Die Flucht in die mythische Zeit wird also zu einem Symbol für Vereinigung und Liebe, wodurch die weibliche Psyche schlußendlich befreit wird ...

LITERATURVERZEICHNIS:

Hanna FORSTER/ Linda FINNIE (Hg.), Das 20. Jahrhundert. Eine Chronik (CD - Rom - Ausgabe) (München 1997).

Lucia FOX LOCKERT, El discurso femenino en los cuentos de Elena Garro y Rosario Ferre, in: Nora ERRO ORTHMANN/ Juan CRUZ MENDIZABAL (Hg.), La Escritora hispánica (Miami 1990).

Jean FRANCO, Las Conspiradoras. La Representación de la mujer en Mexico (Mexiko 1993).

Elena GARRO, La culpa es de los tlaxcaltecas, in: La semana de colores (Xalapa 1964).

Margo GLANTZ, La Malinche, sus padres y sus hijos (Mexiko 1994).

Claudia LEITNER, Genus und Conquista: Theorien über die Rolle der Malinche in der Eroberung Mexikos (Diplom - Arbeit, Wien 1995).

Sandra MESSINGER CYPESS, The Figure of La Malinche in the Texts of Elena Garro, in: Anita K. STOLL (Hg.), A Different Reality: Studies on the Work of Elena Garro (Bucknell 1990).

Doris MEYER, Alienation and Escape in Elena Garro`s ´La Semana de colores´, in: Rusell P. SEBOLD (Hg.), in: Hispanic Review Vol. 55/ 2 (Philadelphia 1987).

Octavio PAZ, El laberinto de soledad (Mexiko 1990).

Dieter REICHARDT (Hg.), Autorenlexikon Lateinamerika (Frankfurt 1992).

Anita K. STOLL, The Old World vs. the new: Cultural Conflict in four Works of Elena Garro, in: Mary S. VASQUEZ (Hg.), Letras Peninsulares Vol. 5 (Michigan 1992).

in Elena Garros „La culpa es de los tlaxcaltecas“:

Elena Garro:

Geboren am 11. Dezember 1920 in Puebla Stadt, studierte Philologie an der Universidad Nacional Autónoma, machte Choreographie am Universitätstheater und wurde Journalistin. Einige Zeit (bis 1959) mit Octavio Paz verheiratet, lebte danach einige Jahre in Frankreich, den USA und machte eine ausgedehnte Europareise (bis in den Nahen Osten). 1991 Rückkehr nach Mexiko. Einakter:

„Andarse por las ramas“, „Los pilares de doña Blanca“ und „Un hogar solida“ (alle 1957 von der Theatergruppe „Poesía en voz alta“ uraufgeführt).

Romane/ Erzählungen:

„Los recuerdos del porvenir“ (1963), „La semana de colores“ (1964), „Testimonios sobre Mariana“ (1981), „Reencuentro de personajes“ (1982) u.a.

Theaterstü>„El rey mago“ (1960), „El árbol“ (1963), „La dama boba“ (1964) u.a. Filmdrehbücher:

„¿Qué pasa con los tlaxcaltecas?“ u.a.

Garro stellt in ihren Werken immer frustrierte und weitgehend qualvolle Beziehungen von

unterdrückten Frauen dar. Aber auch ihr eigener, innerer Konflikt (Wo gehöre ich hin) zwischen den beiden Kulturen Mexikos und Spanien läßt sich feststellen:

- spanische Eltern, aufgewachsen in Iguala, Mexiko
- Elena Garro (wie La Malinche/ Laura Aldama) Trägerin zweier Kulturen und eines doppelten Erbes (Brückenfunktion)

Historische Malinche:

Hauptarchetyp des weiblichen Bildes der mexikanischen (lateinamerikanischen) Frau

- La Malinche: Gegenstand versch. biograph., fiktionaler, piktorialer und symbolischer Interpretationen (Konflikte untereinander) - nur Berichte anderer über sie erhalten (wie Hernán Cortés, größte Informationsquelle: Bernal Díaz de Castillo)
- Betonung der Präsenz, Aktuation, männlicher Qualitäten und Macht der Malinche in der Conquista
- Fähigkeit der Sprachen der Maya und des Nahuatl
- La Malinche: soziales und politisches Werkzeug Cortés` , um mexikan. Völker besser zu verstehen und gegeneinander auszuspielen.
- Rolle der Malinche als lengua Marina/ Informantin der Spanier/Mätresse und Geliebte Cortés`/Mutter des „ersten Mexikaner“/ Creadora/ madre de nuestra nacionalidad/ mexicanidad/ bloßes Lustobjekt/ Opfer Cortés („chingada“)/ Mittlerin zweier Welten/ Verräterin/ Schuldige am eigenen Indigenen

Malinche - Paradigma:

- Identifizierung Laura Aldamas mit La Malinche = Umweg, um eigenen Verrat und Schuld auszudrücken
- Lauras Verkörperung der Verräterin/ Schuldigen/ Chingada
- Laura als „Vergewaltigte“ in einer trostlosen, unglücklichen Ehe (kein Verständnis von ihrem (zweiten) Ehemann Pablo Präsident Lopéz Mateos als Hauptgesprächsthema
- Thematisierung der Schuldfrage: Laura als (Malinche-)Abbild des stereotypen Glauben der Mexikaner an weibliche Negativität und Verrat der Frauen an Mexiko (cf. biblische Eva) - Vorurteile eines mexikanischen Patriarchats
- Verhinderung eines Paradigma, das sich unweigerlich (zirkulär) wiederholen muß - Laura muß Taten setzen
- Identifizierung als Versuch, aus männerdominierten Welt auszubrechen, eigene (indigene?) Identität wiederzuerlangen
- Titel der Kurzgeschichte = Transformation: nicht nur Malinche ist an Conquista/ Niederlage der Indios schuld; auch andere daran beteiligt!
- keine Erwähnung des Namens „La Malinche“ in Handlung; aber: Schlüsselcharakeristika
- Geständnis der eigenen Schuld an Nacha - Solidarität zwischen den Frauen; Küche als Ort der Intimität - leichteres Eingestehen der Schuld
- Handlung um „confessional conversation dialogue“ zwischen patrona und sirvienta gebaut
- Evaluierung Lauras ihrer zweier Männer = Evaluierung der beiden Welten/ Zeiten, in die sie lebt - Entscheidung zwischen den beiden Welten
- bei Garro: Kindheit = etapa magica/ espacio de escape
- Lauras Erinnern an frühere, richtigere Identität = Umgehen des mexikanischen Patriarchat; nur durch Liebe zu Indio möglich
- Hauptaugenmerk Lauras am Werk Bernal Díaz: größte Informationsquelle über La Malinche; bessere Identifikation Lauras möglich
- Wechsel zwischen beiden Welten/ Kulturen/ Zeiten - Laura als „blonde Malinche“
- Koexistenz der Vergangenheit mit Lauras Gegenwart: „simultaneidad de nuestra historia“ (Carlos Fuentes) versch. Zeitbegriffe und - auffassungen
- Pablo als pars pro toto für Conquistadores - Indio als pars pro toto für Indigenität
- Laura erkennt „Überleben“ der Vergangenheit im heutigen Mexiko (Pablo/ Margarita nicht!) - Weiterbestehen des Malinche - Paradigmas in jeder Mexikanerin von heute - Abschließen mit männerdominierten Vergangenheit möglich? Frauensolidarität und Überdenken der eigenen Vorurteile gegenüber Frauen als Lösung?
- Garro = Trägerin zweier Kulturen: Versuch tradierte Verhaltensmuster zu durchbrechen - neue entstehen - Flucht in andere Welt - Befreiung der weiblichen Psyche
- „innere“ La Malinche kann von Frau endgültig besiegt werden!

Literatur:

Lucia FOX LOCKERT, El discurso femenino en los cuentos de Elena Garro, in: Nora ERRO ORTHMAN/ Juan CRUZ MENDIZABAL (Hg.), La Escritora hispánica (Miami 1990).

Jean FRANCO, Las Conspiradoras. La Representación de la mujer en Mexico (Mexiko 1993). Elena GARRO, La culpa es de los tlaxcaltecas, in: La semana de colores (Xalapa 1964). Margo GLANTZ, La Malinche, sus padres y sus hijos (Mexiko 1994).

Claudia LEITNER, Genus und Conquista: Theorien über die Rolle der Malinche in der Eroberung Mexikos (Diplom - Arbeit, Wien 1995).

Sandra MESSINGER CYPESS, The Figure of La Malinche in the Texts of Elena Garro, in: Anita K. STOLL (Hg.), A Different Reality: Studies on the Work of Elena Garro (Bucknell 1990).

Doris MEYER, Alienation and Escape in Elena Garro`s `La semana de colores`, in: Rusell P. SEBOLD (Hg.), Hispanic Review Vol. 55/ 2 (Philadelphia 1987).

Octavio PAZ, El laberinto de soledad (Mexiko 1990).

Dieter REICHARDT (Hg.), Autorenlexikon Lateinamerika ( Frankfurt 1992).

Anita K. STOLL, The Old World vs. the new: Cultural Conflict in four Works of Elena Garro, in: Mary S. VASQUEZ (Hg.), Letras Peninsulares Vol. 5 (Michigan 1992).

[...]


1 Dieter REICHARDT (Hg.), Autorenlexikon Lateinamerika (Frankfurt 1992) S. 497 - 498.

2 Hanna FORSTER/ Linda FINNIE (Hg.), Das 20. Jahrhundert. Eine Chronik (CD - Rom - Ausgabe) (München 1997).

3 Anita K. STOLL, The Old World vs. the new: Cultural Conflict in four Works of Elena Garro, in: Mary S. VASQUEZ (Hg.), Letras Peninsulares Vol. 5 (Michigan 1992) S. 96.

4 Ebenda S. 95 - 106.

5 Claudia Leitner, Genus und Conquista: Theorien über die Rolle der Malinche in der Eroberung Mexikos (Diplom - Arbeit, Wien 1995) S. 1 - 3.

6 Jean FRANCO, La Malinche y el Primer Mundo, in: Margo GLANTZ (Hg.), La Malinche, sus padres y sus hijos (Mexiko 1994) S. 153 - 167.

7 Jean Franco, Las Conspiradoras. La Representación de la mujer en Mexico (Mexiko 1993) S. 171.

8 FRANCO, La Malinche S. 154.

9 Ebenda S. 159.

10 Ebenda S. 156.

11 LEITNER, Genus S. 10 - 15.

12 Octavio PAZ, El laberinto de soledad (Mexiko 1990) S. 77.

13 Sandra MESSINGER CYPESS, The Figure of La Malinche in the Texts of Elena Garro, in: Anita K. STOLL (Hg.), A Different Reality: Studies on the Work of Elena Garro (Bucknell 1990) S. 118 - 119.

14 MESSINGER CYPESS, Figure S. 128.

15 Lucia FOX LOCKERT, El discurso femenino en los cuentos de Elena Garro y Rosario Ferré, in: Nora ERRO ORTHMAN/ Juan CRUZ MENDIZABAL (Hg.), La escritora hispánica (Miami 1990) S. 86.

16 Margo GLANTZ, Las hijas de la Malinche, in: Margo GLANTZ (Hg.); La Malinche, sus padres y sus hijos (Mexiko 1994) S. 210 - 11.

17 Doris MEYER, Alienation and Escape in Elena Garro`s `La semana de colores`, in: Rusell P. SEBOLD (Hg.), Hispanic Review Vol. 55/ 2 (Philadelphia 1987) S. 154.

18 Ebenda S. 155.

19 FOX LOCKERT, Discurso S. 90.

20 MEYER, Alienation S. 155.

21 FOX LOCKERT, Discurso S. 89.

22 GLANTZ, Las hijas S. 211.

23 MEYER, Alienation S. 156.

24 FOX LOCKERT; Discurso S. 86.

25 MEYER, Alienation S. 153.

26 MESSINGER CYPESS, Figure S. 128 - 134.

27 MEYER, Alienation S. 159.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Das Malinche-Paradigma in Elena Garros
Autor
Jahr
1998
Seiten
21
Katalognummer
V95598
ISBN (eBook)
9783638082761
Dateigröße
383 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Malinche-Paradigma, Elena, Garros
Arbeit zitieren
Andreas Hilzensauer (Autor:in), 1998, Das Malinche-Paradigma in Elena Garros, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95598

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