Arbeiten in Teams im Unternehmen. Die Theorie der Gruppendynamik nach Kurt Lewin


Seminararbeit, 2020

19 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitende Betrachtung

2. Kurt Lewin
2.1 Biografie
2.2 Die Feldtheorie

3. Begriffsdefinition und Anwendungsgebiet der Gruppendynamik

4. Das T-Gruppen-Experiment
4.1 Forschungsfrage
4.2 Durchführung
4.3 Erkenntnisse und weiterführende Studien

5. Reflektion

6. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitende Betrachtung

„Manager müssen weg von der Chef-Haltung „Alles hört auf mein Kommando“ hin zur Trainer-Mentalität agiler Führungskräfte: „Ich diene dem Team, bin Coach, Problemlöser und Unterstützer der einzelnen Mitglieder.“ Sie müssen ihren Mitarbeitern zutrauen, sich selbst zu organisieren und eigenverantwortlich Entscheidungen zu treffen. Nadine Zasadzin hatte genau davor großen Respekt – und war überrascht, wie ihr Team über sich hinausgewachsen ist. „Ich dachte erst, flache Hierarchien wären die größte Herausforderung beim agilen Arbeiten, aber das Gegenteil ist der Fall: Mitarbeiter schätzen Autonomie“, sagt die Verantwortliche für agile Transformation bei der ING-DiBa“ (Hamacher, 2019, Absatz 12).

Doch wie werden Mitarbeitende eines Unternehmens zu autonomen Teams? Welche Phasen durchläuft ein Team hierbei und welche Maßnahmen müssen ergriffen werden? Welche Rolle spielen dabei die Führungskräfte? Benötigt ein Team, vor allem wenn es reif ist, im agilen Umfeld überhaupt eine Führungskraft? Diese Fragen, mit denen sich auch Führungskräfte und Unternehmen strategisch beschäftigen, werden beleuchtet und mit Hilfe der Gruppendynamik nach Lewin soll evaluiert werden, in wie weit die Ansätze von Kurt Lewin Antworten geben können.

Die Arbeit ist demnach wie folgt aufgebaut: Zu Beginn wird die Biografie von Kurt Lewin sowie seine bekannteste Theorie, die Feldtheorie, beleuchtet. Anschließend wird die von Kurt Lewin geprägte Thematik der Gruppendynamik näher definiert sowie deren Anwendungsgebiete beschrieben. Darauf folgend wird im Hinblick auf die Auseinandersetzung mit gruppendynamischen Prozessen – wie die Entwicklung von Teams im Zusammenspiel mit der Rolle einer Führungskraft – das T-Gruppen-Experiment von dem Psychologen Kurt Lewin vorgestellt, welches als Wegweiser der Gruppendynamik gilt und dessen Ergebnisse aufgeführt. In diesem Zusammenhang soll auch die Forschungsfrage „Welche Phasen durchlaufen Mitarbeitende und Führungskräfte und welche Entwicklungsstufen machen sie durch, bis das Team autonom im Sinne der Agilität arbeiten kann?“ beantwortet werden. Das nächste Kapitel beschäftigt sich mit der Reflektion auf eine aktuelle Problemstellung. Die Arbeit schließt mit einem Fazit ab.

2. Kurt Lewin

2.1 Biografie

Kurt Tsadek Lewin war ein deutsch-US-amerikanischer Psychologe und wurde am 09. September 1890 in Mogilno, einer Stadt in Polen (ehemals Ostpreußen) geboren. Verstorben ist er am 12. Februar 1947 an den Folgen eines Herzschlags in Newtonville (USA). Seine Eltern waren jüdischer Abstammung. Sie hatten außer ihm noch drei Kinder und lebten in einfachen Verhältnissen. Lewin besuchte eine Religionsschule, wo er neben Lateinisch, Griechisch und Französisch auch Hebräisch lernte. Es wird angenommen, dass in seiner Familie Deutsch gesprochen wurde. Im Jahre 1908 absolvierte er das Abitur am Kaiserin-Augusta-Gymnasium in Mogilno und ein Jahr später begann er in Freiburg ein Medizinstudium mit dem ursprünglichen Ziel Landarzt zu werden, wobei er auch in Berlin und München studierte. Während des Ersten Weltkriegs leistete er als Kriegsfreiwilliger Wehrdienst, bis er im August 1918 verwundet wurde. Während dieser Zeit promovierte er und veröffentlichte im Jahr 1916 seine Dissertation. Im Erwachsenenalter gründete er eine eigene Familie und hatte dabei vier Kinder von zwei Ehefrauen (Lück, 2001).

Nachdem er 1933 in die USA emigrierte, gründete er 1944 in Boston das erste Forschungsinstitut namens „Research Institute for Group Dynamics“, das speziell auf das Gebiet der Gruppendynamik ausgerichtet war. Dort haben die T-Gruppen ihren Ursprung. Lewin gilt als Gründer der Gruppendynamik, wobei das Gebiet auch nach seinem Tod unter dem Einfluss der empirischen Gruppenpsychologie, der Gruppenpädagogik sowie der Gruppenpsychotherapie weiterentwickelt wurde (Back & Neary, 1992).

Lewins folgende Tätigkeiten fanden am Berliner Psychologischen Institut statt, bei welchem er in Zusammenarbeit mit Studenten Serien von Experimenten und theoretischen Ansätzen durchführte (Lück, 2001). Dabei wurde er durch die Gestalttheorie beeinflusst, wobei er sich mit seiner in den dreißiger Jahren eigens aufgestellten Feldtheorie, die thematisch in die wissenschaftliche Disziplin der Gruppendynamik einzuordnen ist, wieder davon entfernte. Die Feldtheorie ist die von Lewin bekannteste aufgestellte Theorie (Rosenkranz, 1974), zu dessen Berühmtheit u.a. sein Schüler Dorwin Cartwright beigetragen hat und seine Arbeiten unter dem Titel „Field Theory in Social Science“ publizierte (Lück, 2001). Gleichzeitig bestätigte die Feldtheorie den empirischen Wert anhand von eigenen durchgeführten Theorien (Rosenkranz, 1974).

2.2 Die Feldtheorie

Aus physikalischer Sicht bezeichnet ein Feld meistens eine Energieverteilung, das für seine Wirksamkeit jedoch zunächst aktiviert werden muss. Beispielsweise muss zuerst ein Körper in das Gravitationsfeld eintreten oder eine Kompassnadel in ein Magnetfeld eingebracht werden, damit Charakter und Wirkung dieses Feldes spürbar werden (Lück, 2001).

Nach dieser Theorie lässt ein Bedürfnis Energie frei, verleiht Wert (Valenz) und steuert das Verhalten in eine bestimmte Richtung (Vektor). Lewin betrachtete mit seiner eigens aufgestellten Gleichung das gesamte Lebensumfeld mathematisch. Nach seiner Gleichung V = f (P,U) gibt es die drei Variablen: Verhalten (V), eine Funktion der Person (P) und die Umwelt (U). P und U sind in seiner Formel letztendlich Größen (Lück, 2001), die eine wechselseitige Abhängigkeit aufzeigen, sich gegenseitig beeinflussen und dabei den Lebensraum darstellen (Soff & Stützle-Hebel, 2015). Mathematisch versteht er den Lebensraum als topologischen Raum und stellt ihn vorzugsweise als Jordankurve dar, einer ovalen und begrenzten Fläche, aus dessen Veränderung Feldkräfte resultieren (Lück, 2001). Die Feldkräfte beschreiben im übertragenen Sinne das Verhalten, das Erleben und die Entwicklungen von Menschen in ihrer jeweils existierenden psychologischen Gesamtsituation. Unter dieser dynamischen und sich ständig ändernden Gesamtsituation versteht Lewin den Lebensraum, welcher das zentrale Konzept der Feldtheorie darstellt (Soff & Stützle-Hebel, 2015). Mit der von Lewin durchgeführten experimentellen Feldforschung und seiner daraus resultierenden Feldtheorie als sozialpsychologischen Ansatz, entstand die Gruppendynamik, die heutzutage auch als Action Research und Action Learning bezeichnet wird. Trainiert werden konnte die Gruppendynamik damals sowie heute im Setting von gruppendynamischen Trainingsgruppen, auch T-Gruppen genannt (Spindler, 2013), welche in dieser Arbeit noch genauer erläutert werden.

Der Grundstein der Feldtheorie wurde allerdings schon während des ersten Weltkrieges gelegt (Lück, 2001), wo Lewins erste Arbeit namens „Kriegslandschaft“ in der Zeitschrift für angewandte Psychologie veröffentlicht wurde. Mit dem Begriff „Feld“ meint Lewin tatsächlich das im klassischen Sinne gemeinte Feld bzw. das Feld und der Wald, wobei er in seinem Artikel im Folgenden vorwiegend das Naming „Landschaft“ verwendet, um seine Gedanken zu beschreiben (Antons, 2015).

Lewin war der Annahme, dass jeder Mensch von der Welt eine eigene Sicht hat (Antons & Stützle-Hebel, 2017). Lewin ging weiterhin davon aus, dass das Verhalten des Menschen nicht aus dem typischen Reiz-Reaktions-Schema aus dem Behavorismus (Lück, 2001), sondern aus einem komplexen innerpsychischen Steuerungsprozess resultiert (Antons & Stützle-Hebel, 2017). In diesem Prozess nimmt der Mensch seine Umwelt eigenständig wahr und bewertet sie. Darüber hinaus kritisierte er am Behavorismus die Tendenz zu Durchschnittsberechnungen bezogen auf die Suche nach Regelmäßigkeiten, was nach Lewins Sprachgebrauch nicht zufriedenstellende, „halbe Gesetzmäßigkeiten“ gemäß der aristotelischen Denkweise waren. Der Behavorismus begeht laut Lewin den Irrtum, „den Charakter einer Tätigkeit nur durch ihre physikalischen Aspekte zu beschreiben und die bedeutende Wirkung der psychologischen Gesamtsituation zu vernachlässigen“ (Lück, 2001, S. 63).

Lewins Verständnis zur Feldtheorie hat sich im Laufe seines Lebens dahingehend gewandelt, dass er anfangs vorwiegend an detaillierten Ableitungen und experimentellen Überprüfungen interessiert war und später die Feldtheorie als eine allgemeine Methode bezeichnete, weshalb in der Literatur auch von „Feldtheorie 1“ und „Feldtheorie 2“ gesprochen wird (Lück, 2001). Sein Ziel bestand in der Charakterisierung der Kräfte und Prozesse, die sich bei der Entwicklung einer Gruppe sowie bei Änderungen von Gruppenstrukturen auftaten (Rosenkranz, 1974).

Aus heutiger Sicht gibt die Feldtheorie den theoretischen Rahmen für Gruppenprozesse, Konfliktbearbeitung und psychische Regression (Lück, 2001).

Allgemein betrachtet lagen die Schwerpunkte von Lewins beruflicher Laufbahn in der Entwicklungs- und Erziehungspsychologie sowie in der Sozialpsychologie, bei welcher er den Begriff der Gruppendynamik prägte (Schönpflug, 1992).

3. Begriffsdefinition und Anwendungsgebiet der Gruppendynamik

Der Begriff der Gruppendynamik hat mehrere Bedeutungen: Zunächst lässt sich das Wort Gruppendynamik in zwei Teile untergliedern. Dabei verweist das griechische Wort „Dynamis“ in diesem Kontext auf die unabdingbar in Gruppen wirksamen Kräfte. Zu diesen Kräften gehört wie Lewin es gleichwohl beschreibt das Aufeinanderprallen, Sich-Ausgleichen und das Neue Kombinieren. Sprich, den Prozess bzw. die Dynamik innerhalb von Gruppen, jedoch auch zwischen diesen im Rahmen größerer Systemzusammenhänge (Sbandi, 1973).

Für das Wort „Gruppe“ gibt es in der Literatur keine einheitliche Definition. Es kann allerdings von einer Gruppe gesprochen werden, sobald sich zwei oder mehr Einzelpersonen als Mitglieder einer Gruppe bezeichnen (Van Knippenberg & Nijstad, 2007) und dabei miteinander interagieren, gemeinsame Ziele haben, ein Gefühl von Zusammenhalt besteht sowie eine zeitliche Stabilität absehbar ist (Mayer & Werth, 2008).

Die Gruppendynamik beschreibt, „dass eine Gruppe kein statisches Gebilde ist, sondern entsteht, sich verändert, ergänzt wird, zerfällt“ (Nuissl & Siebert, 2013. S. 124). Weiterhin soll sie in sozialen Systemen die Planungs-, Steuerungs- und damit Selbstveränderungskompetenzen entwickeln (Krainz, 1990).

Die Gruppendynamik fokussiert sich auf Beziehungen und deren Vernetzung und demnach weniger auf die lebensgeschichtlichen Punkte von Individualität, sondern vielmehr auf deren aktuelle soziale Bedingtheit und Eingebundenheit (Krejci, 2019). Aus diesem Grund sind in der Gruppendynamik die verschiedenen eingesetzten Methoden nicht als therapeutisch anzusehen, wenn sie zugleich in therapeutischen Zusammenhängen, wie beispielsweise in der Organisationsberatung und -entwicklung und in Bereichen der Aus- und Weiterbildung, angewandt werden (Rauscher, 2003).

Betrachtet man die Entstehungsgeschichte der Gruppendynamik, basiert die Gruppendynamik aus der wissensgeschichtlichen Sichtweise heraus betrachtet auf der Gestaltpsychologie, die sich als eine Gegenbewegung zum (sozial-) psychologischen Elementarius in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelte (Back & Neary, 1992).

Diese Gegenbewegung hat Kurt Lewin maßgeblich vorangetrieben und sich dabei nicht nur gegen den Assoziationismus in Deutschland, sondern ebenso gegen den Behaviorismus in den USA gewandt (Antons & Stützle-Hebel, 2017).

Um Gruppendynamik bzw. gruppendynamische Prozesse zu verstehen und darzustellen werden gruppendynamische Trainings in Form von Trainingsgruppen, welche im englischen auch „sensitivity training group“ genannt werden, angeboten. Diese werden „als Lernform eingesetzt, die geeignet erscheint, in einem experimentellen Setting, aber in nichtexperimenteller Selbsterfahrung ausreichend Kenntnis zu vermitteln über die Entwicklung von selbst organisierten Gruppen, über die eigene Rolle in Gruppen und die Möglichkeit, sie zu verändern, über die Bedeutung von Emotionen in der Zusammenarbeit, über die Besonderheit der Steuerung von Teams usw.. All das unter dem Lernziel, die eigene Fähigkeit zur Teamarbeit in der Organisation zu erhöhen“ (Buchinger, 2006, S. 94).

Das Lernsetting der Trainingsgruppe hat ihren Ursprung bei dem bereits vorgestellten Gestaltpsychologen Kurt Lewin. Im Rahmen seiner Feldtheorie beschäftigte er sich in den vierziger Jahren mit der Frage, welche Rolle die Selbststeuerung der Gruppe einnimmt um autoritären Führungsstrukturen etwas entgegenzuhalten (Lewin, 1947).

4. Das T-Gruppen-Experiment

4.1 Forschungsfrage

Kurt Lewin hat sich in dem Gebiet der Gruppendynamik schwerpunktmäßig mit den gruppendynamischen Prozessen und den T-Gruppen beschäftigt.

Daher wird folgende Forschungsfrage gestellt, die im Rahmen des Experiments und im Hinblick auf die aktuelle Problemstellung beantwortet werden soll: Welche Phasen durchlaufen Mitarbeitende und Führungskräfte und welche Entwicklungsstufen machen sie durch, bis das Team autonom im Sinne der Agilität arbeiten kann?

4.2 Durchführung

Das Experiment basiert auf gruppendynamischen Trainingsgruppen, welche in der Praxis zumeist T-Gruppen genannt werden. Damit das Experiment gelingt, sollten bestimmte Voraussetzungen gegeben sein: In der Zusammensetzung der T-Gruppe sollten sich die Mitglieder einander nicht kennen und optimalerweise nicht aus demselben Unternehmen stammen, um ein unverfälschtes Bild zur Entwicklung der gruppendynamischen Prozesse erlangen zu können. Ein Gruppendynamik-Seminar findet in der Regel an einem neutralen Ort statt, wo die Teilnehmenden durchgängig anwesend sind. Das Seminar besteht neben den Gruppenmitgliedern gewöhnlich aus ein bis zwei Trainern. Je nach Organisation ist ein Zeitraum von circa fünf Tagen vorgesehen. Das Seminar soll Teilnehmenden die Möglichkeit bieten, sich Wissen über Gruppen anzueignen, wenn im Arbeitsalltag die personenbezogene die rollenbezogene Kommunikation übersteigt (Kühl, 2019). Weiterhin sollen die Teilnehmenden das eigene Geschehen beobachten und sich selbst reflektieren, wodurch eine Art institutionale Metakommunikation entsteht (Halder-Schüssel, 2016).

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Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Arbeiten in Teams im Unternehmen. Die Theorie der Gruppendynamik nach Kurt Lewin
Hochschule
FOM Essen, Hochschule für Oekonomie & Management gemeinnützige GmbH, Hochschulleitung Essen früher Fachhochschule
Note
1,7
Autor
Jahr
2020
Seiten
19
Katalognummer
V955907
ISBN (eBook)
9783346297013
ISBN (Buch)
9783346297020
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kurt Lewin, Gruppendynamik, Sozialpsychologie, T-Gruppen-Experiment, Teambildung, Gruppenbildung, Feldtheorie, Agilität, Forming, Storming, Norming, Performing, Adjourning, Tuckman, Experiment, Gruppe
Arbeit zitieren
Nadine Reimer (Autor:in), 2020, Arbeiten in Teams im Unternehmen. Die Theorie der Gruppendynamik nach Kurt Lewin, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/955907

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