Ausgewählte Probleme des externen Rechnungswesens


Skript, 1998

39 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

A. Inventur
I. Grundlagen
1. Normen
2. Begriff
3. Aufgaben
4. Formen
II. Inventurvereinfachung
1. Vor- oder nachverlegte Inventur
2. Permanente Inventur
3. Stichprobeninventur

B. (Strenges) Niederstwertprinzip
I. Allgemeines
II. Bestimmung nach Beschaffungs- oder Absatzmarkt
1. Einflüsse des Beschaffungsmarktes
2. Einflüsse des Absatzmarktes
III. Der aus dem Börsen- oder Marktpreis abgeleitete Wert
1. Börsenpreis
2. Marktpreis
3. Ableitung aus dem Börsen- oder Marktpreis
4. Zufallspreise
IV. Der Wert, der den Vermögensgegenständen am Abschlußstichtag beizulegen ist
1. Beschaffungsmarkt: Wiederbeschaffungs- bzw. Reproduktionskostenwert
2. Absatzmarkt: Der um noch anfallende Aufwendungen gemilderte Verkaufswert

C. Verbrauchsfolgebewertung
I. Grundlagen
1. Problem
2. Arten
3. Anwendungsvoraussetzungen
4. Zweck
II. Durchschnittsmethode
III. Beschaffungszeitbestimmte Verbrauchsfolgen
1. FIFO
2. LIFO
IV. Beschaffungspreisbestimmte Verbrauchsfolgen
1. HIFO
2. LOFO

D. Anschaffungskosten
I. Begriff
1. Erwerb
2. Versetzung in den Zustand der Betriebsbereitschaft
3. Einzelzurechenbark eit der Aufwendungen
II. Umfang
1. Anschaffungspreis
2. Anschaffungsnebenkosten
3. Nachträgliche Anschaffungskosten
4. Anschaffungspreisminderung

E. Rentenkauf als Sonderfall der Anschaffungskosten
I. Grundlagen
1. Begriffe
2. Grundsätze der bilanziellen Behandlung
II. Behandlung in der Anschaffungsperiode: AK und Rentenverbindlichkeiten
1. Leibrente
2. Zeitrente
III. Behandlung in der Folgezeit: Rentenzahlungen
1. Buchhalterische Methode
2. Versicherungsmathematische Methode

F. Forderungsbewertung

A. Inventur

I. Grundlagen

1. Normen

- §§ 240, 241 HGB

24.10.1996

- Inventarerstellung
- Inventurvereinfachungen
- §§ 140, 141 AO
- A. 30, 31 EStR
- - konventionelle Inventur
- vor-/nachverlegte Inventur
- permanente Inventur
- Anwendungsvoraussetzung der buchmäßigen Bestandsaufnahme im AV

Das Steuerrecht stimmt hier weitgehend mit dem Handelsrecht überein. (A. 30 EStR wird zur Auslegung des § 240 HGB herangezogen)

- Stellungnahme 1/1981 i.d.F. 1990 des Hauptfachausschusses (HFA) des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IdW)
- Stichprobeninventur
- Stellungnahme 1/1990 des HFA des IdW
- zur körperlichen Bestandsaufnahme bei Inventurverfahren

Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung

GoB

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

GoD

(GoB i.e.S.)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

GoI

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

a. Sämtliche Vermögensgegenstände/Schulden sind im Inventar zu verzeichnen, dabei ist die Inventarisierungspflicht am wirtschaftlichen Eigentum orientiert (nicht am rechtlichen).

b. Keine absolute Richtigkeit, der Aufwand für die Feststellung von Mengen und Preisen muß wirtschaftlich vertretbar sein. Gefordert ist eine sachbezogene Richtigkeit, die sich auf Vorgänge bezieht, die intersubjektiv nachprüfbar sind.

Die personenbezogene Willkürfreiheit bezieht sich auf Vorgänge, die subjektiv geprägt sind (innere Überzeugung).

c. Nachprüfbarkeit bedeutet, daß die Inventur auf eine Art und Weise zu erstellen ist, daß ein sachverständiger Dritter (mit Inventur- und Bilanzfragen vertraut) den Bilanzansatz auf angemessene Weise überprüfen kann.

Dokumentation: Nachprüfbarkeit erfordert klare Aufzeichnung

d. § 252 I 3 HGB: bei der Bilanzerstellung sind Vermögensgegenstände/Schulden einzeln zu bewerten → Erfordernis einer Einzelerfassung bei der Inventur

2. Begriff

Inventur i.w.S. als das gesamte Aufnehmen aller Vermögensgegenstände/Schulden, die zu einem bestimmten Stichtag im Unternehmen vorhanden sind.

I.e.S. → nur körperliche Bestandsaufnahme

- nur Vorräte
- Vorräte sind alle Materialien, die für den Kombinationsprozeß zur Leistungserstellung im Unternehmen bereitgehalten werden, die sich bereits in diesem Prozeß befinden oder die unmittelbar zum Verkauf bestimmt sind (Vorräte gehören zum UV).

§ 266 HGB

- RHB

(Roh-, Hilfs-, Betriebsstoffe)

Vorräte, die unmittelbar/mittelbar bei der Produktion Verwendung finden.

Rohstoffe werden Haupt-, Hilfsstoffe Nebenbestandteile des Produktes, Betriebsstoffe gehen nicht in das Produkt ein, werden aber bei der Produktion verbraucht.

- UE (UL)

(unfertige Erzeugnisse/Leistungen)

Hier sind schon Aufwendungen für die Fertigstellung entstanden, sie sind aber noch nicht verkaufsfähig.

- FE, Waren

(fertige Erzeugnisse)

verkaufsfähig; Fertige Erzeugnisse → Produktionsbetrieb

Waren → Handelsbetrieb

Waren sind von Dritten bezogene Vermögensgegenstände, die ohne oder

allenfalls nach unwesentlicher Verarbeitung unmittelbar zum Verkauf bestimmt sind.

- (geleistete Anzahlungen)

3. Aufgaben

a. Die Inventur ist Grundlage für den Jahresabschluß, d.h. bilanzieller Ausweis der Vorräte setzt die Erfassung der Vorratsbestände zum Bilanzstichtag voraus.

(Gesetzliche Aufgabe, die auch bei Vereinfachungsverfahren berücksichtigt sein muß.)

b. Kontrollfunktion

- Aufzeichnungen der Finanzbuchführung, ggf. Lagerbuchführung können kontrolliert werden

- Kontrolle des Personals bzw. Prävention · Kontrolle der Qualität der Lagerverwaltung

a. [Gläubigerschutzfunktion (indirekt, evtl. im Falle eines Konkurses)]

b. Ermittlung des Verbrauchs, falls die Abgänge nicht fortlaufend ermittelt werden

- Verbrauch = AB + Zugänge ./. EB

4. Formen

a. Einteilung nach Zeitpunkt bzw. -raum der Bestandsaufnahme

Inventursysteme

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

b) Einteilung nach Art und Weise der Bestandsaufnahme

Inventurverfahren

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Inventurform = Inventursystem + Inventurverfahren

(traditionelle Kombination: Stichtagsinventur + körperliche Bestandsaufnahme)

Exkurs: Konventionelle Inventur

System "Stichtagsinventur" und Verfahren "vollständige körperliche Aufnahme"

vollständige körperliche Aufnahme:
- physische Aufnahme der Vermögensgegenstände · nach Art, Menge, Wert
- durch Zählen, Messen, Wiegen, Schätzen
- beschränkt auf physisch erfaßbare Vermögensgegenstände Stichtagsinventur:

Aufnahme am Bilanzstichtag und/oder davor oder danach liegendem arbeitsfreien Tag

- reine Form der Stichtagsinventur

- aus personellen, organisatorischen, produktionstechnischen, klimatischen Gründen oft unmöglich/unwirtschaftlich

- Zusammenballung der Aufnahmearbeiten auf wenige Tage erfordert hohen Personalbedarf, das führt zu geringerer Qualifikation des Personals, woraus Fehler resultieren

zeitnahe Inventur:

10 Tage vor bis 10 Tage nach Bilanzstichtag (= 21 Tage)

- Veränderung der Bestände zwischen Inventurstichtag und Bilanzstichtag sind zu berücksichtigen
- Veränderung der Bestände zwischen Inventurstichtag und Bilanzstichtag sollen sich in überschaubarem Rahmen halten
- es müssen nicht alle Bestände zu einem Termin aufgenommen werden
- wertvolle Bestände und Bestände mit starken Veränderungen sollen möglichst am Bilanzstichtag aufgenommen werden (und umgekehrt)

Vorteile

- stichtagsbezogene Gesamtkontrolle
- Kontrolle erfolgt nach einheitlichen Grundsätzen
- optimale Form der Kontrolle der Buchführung und der Lagerverwaltung · i.d.R. Betriebsschließung/Produktionsunterbrechung, was die Kontrolle erleichtert
- keine/geringfügige Aufzeichnungen über Bestandsveränderungen nötig

Nachteile

- Betriebsschließung/Produktionsunterbrechung → keine Erträge · hoher Personalbedarf
- Störung bei der üblichen Funktion dieses Personals → Personal unterschiedlichster Qualifikation
- unterqualifiziert → Fehler
- überqualifiziert → unwirtschaftlich (evtl. durch Frustration auch Fehler) · Zeitdruck → geringere Sorgfalt
- Unflexibilität bzgl. der Aufnahmezeit (keine Möglichkeit, die Aufnahme in Zeiten mit niedrigen Beständen oder geringer Beschäftigung zu legen) · führt zu erhöhten Personalkosten

II. Inventurvereinfachung

1. Vor- oder nachverlegte Inventur a.)

Wesen

Zeitraum: 3 Monate vor bis 2 Monate nach dem Bilanzstichtag "Besonderes" Inventar; auf Inventurstichtag erstellt wertmäßige Fortschreibung

b.) Schritte der Durchführung

1. Schritt:

- Ermittlung der Mengen auf den Inventurstichtag

- vor-/nachverlegte Inventur muß nicht für alle Bestände angewandt werden (Mischung der Inventursysteme im Unternehmen möglich)
- es müssen nicht alle Bestände gleichzeitig aufgenommen werden
- diese Inventur läßt sich laut Literatur durch Anwendung der zeitnahen Inventur noch mal um 20 Tage erweitern
- falls Bestände zu unterschiedlichen Zeitpunkten aufgenommen werden, ist räumliche Trennung erforderlich

2. Schritt:

- Bepreisung der Bestände auf den Inventurstichtag
- Einstandspreise
- Verrechnungspreise
- im Handel ggf. auch Verkaufspreise

3. Schritt:

- Abstimmung zwischen Inventurbeständen und Sollbeständen der

Finanzbuchführung am Inventurstichtag (größere Differenzen vor Ausbuchung auf Ursachen hin untersuchen)

4. Schritt:

- Wertfortschreibung/-rückrechnung · Wertfortschreibung

Wert der Bestände am Inventurstichtag

+ Wert der Zugänge zwischen Inventurstichtag und Bilanzstichtag

./. Wert der Abgänge zwischen Inventurstichtag und Bilanzstichtag

Wert der Bestände am Bilanzstichtag · Wertrückrechnung

Wert der Bestände am Inventurstichtag

+ Wert der Abgänge zwischen Inventurstichtag und Bilanzstichtag

./. Wert der Zugänge zwischen Inventurstichtag und Bilanzstichtag

Wert der Bestände am Bilanzstichtag

- ausreichend: wertmäßige Veränderungen zwischen Inventurstichtag und Bilanzstichtag
- keine mengenmäßige Fortschreibung über das ganze Jahr

5. Schritt:

- erneute Abstimmung zwischen fortgeschriebenen Inventurbeständen und Sollbeständen der Finanzbuchführung am Bilanzstichtag

c.) Ausnahmen

- besonders wertvolle Vermögensgegenstände (zu ermitteln bspw. durch ABC- Analyse oder Vermögensgegenstände, die das x-fache des

Durchschnittswertes übersteigen)

- Vermögensgegenstände, die hohem Schwund unterliegen (es sei denn, dieser Schwund kann durch Erfahrungswerte hinreichend genau geschätzt werden: z.B. Verdunstung)
- Vermögensgegenstände, die starken Preisschwankungen unterliegen
- Vermögensgegenstände, für die bestimmte steuerliche Vergünstigungen in Anspruch genommen werden sollen, für die es auf die Zusammensetzung der Bestände am Bilanzstichtag ankommt (z.B. LIFO-Bewertung, denn sie setzt Nachweis der Bestände nach Art und Menge zum Bilanzstichtag voraus) · Vermögensgegenstände, bei denen die räumliche Trennung im Lager nicht möglich ist

d.) Vor- und Nachteile Vorteile

- Bestandsaufnahme kann nach und nach mit sachkundigem Personal durchgeführt werden
- Bestandsaufnahme kann sich betrieblichen Besonderheiten anpassen (niedrige Beschäftigung, niedrige Bestände)
- vermutlich niedrige Personalkosten
- Bestandsaufnahme kann auf 5 Monate verteilt werden → weniger Zeitdruck, mehr Sorgfalt
- mehr Zeit für Analyse von Inventurdifferenzen (Nachteil bei nachverlegter Stichtagsinventur)
- Inventur-/Bilanzerstellung wird beschleunigt (Nachteil bei nachverlegter Stichtagsinventur)
- mehr Sorgfalt bei Bestandsaufnahme, da von übrigen Abschlußarbeiten getrennt
- Bestandsfortschreibung im Vergleich zur permanenten Inventur einfacher (Zeitraum geringer und nur wertmäßig)

Nachteile

- Mehrarbeit
- doppelte Abstimmung zwischen Lager und Buchführung (Inventurstichtag und Bilanzstichtag)
- Wertfortschreibung/-rückrechnung
- Bewertung (etwa Errechnen von Indizes zur Umrechnung auf den Niederstwert)
- erforderliche räumliche Trennung
- Wertfortschreibung/-rückrechnung ist zusätzliche Fehlerquelle

2. Permanente Inventur

a. Wesen

- eine sich über das gesamte Jahr erstreckende laufende Bestandskontrolle · Inventurerstellung zum Bilanzstichtag (aus der Lagerbuchführung), Zeitpunkt der Inventurerstellung und Bestandsaufnahme fallen auseinander · mengenmäßige Bestandsfortschreibung
- Koordination aus buchmäßiger (am Bilanzstichtag) und körperlicher (während des gesamten Geschäftsjahres) Bestandsaufnahme

b. Anwendungsvoraussetzungen

1. Ordnungsmäßige Lagerbuchführung muß gegeben sein

- alle Bestände sowie alle Zu- und Abgänge müssen nach Tag, Art und Menge verbucht werden, d.h. eine wertmäßige Erfassung ist nicht erforderlich
- es reicht mengenmäßige Fortschreibung in dem Zeitraum zwischen Inventurstichtag und Bilanzstichtag
- GoB gelten auch hier; bspw.

"keine Buchung ohne Beleg" "chronologische Reihenfolge" "klar und übersichtlich zu führen"

- Maximale Abweichung vom tatsächlichen Gesamtwert: 2 %

(Gesamtwert ist hier wieder ein wertmäßiger Ausdruck für den gesamten Bestand, da 2 % von hochwertigen Mengen wesentlicher ist als 2 % von geringwertigen Mengen)

1. Mindestens einmal pro Geschäftsjahr ist eine Kontrolle der Buchbestände der Lagerbuchführung durch körperliche Bestandsaufnahme vorzunehmen

- Kontrolltermin beliebig wählbar
- Kontrolltermin unabhängig vom Kontrolltermin des Vorjahres
- es müssen nicht alle Bestände gleichzeitig kontrolliert werden
- mehrmalige Kontrolle
- höherwertige Bestände
- Bestände mit hoher Umschlaghäufigkeit
- Bestände mit häufigen Inventurdifferenzen in der Vergangenheit

1. Kontrolle soll planmäßig erfolgen, um Vollständigkeit zu gewährleisten 2. Inventurdifferenzen (Abweichung zwischen Inventurbestand und Sollbeständen der Lagerbuchführung) sollen vor dem Ausbuchen auf Ursachen analysiert werden

c. Ausnahmen

- Vermögensgegenstände mit hohem Schwund (es sei denn, daß dieser Schwund durch Erfahrungssätze hinreichend genau bestimmt werden kann) · Vermögensgegenstände mit hohem Wert
- Vermögensgegenstände bei denen erfahrungsgemäß hohe Mengendifferenzen auftreten
- UE (unfertige Erzeugnisse)

Anwendung findet die permanente Inventur vor allem für Bestandsaufnahme von RHB, FE in der Industrie. Für den Handel ist sie weniger geeignet, da

- mengenmäßige Lagerbuchführung lohnt sich wegen geringer Anzahl an Artikeln bzw. Sortimentswechsel nicht
- häufig fehlt es an der Möglichkeit der mengenmäßigen Erfassung der Abgänge

d. Vor- und Nachteile

Vorteile

- Aufnahmezeitpunkt frei wählbar
- Aufnahmearbeiten lassen sich auf das gesamte Jahr verteilen · kein Zeitdruck/qualifiziertes Personal möglich
- vermutlich höhere Genauigkeit der Ergebnisse
- Bestandsaufnahme bei niedrigen Beständen möglich
- Bestandsaufnahme bei niedriger Beschäftigung/Auslastung möglich (bspw. Betriebsferien)
- geringfügigere Beeinflussung der betrieblichen Prozesse
- frühere/sorgfältigere Analyse von Inventurdifferenzen möglich
- Erhöhung des dispositiven Nutzens bei Beständen, die mehrfach kontrolliert werden
- frühe und gründlichere Auswertung der Inventur
- Verstärkung der Kontrollfunktion (Kontrolle des Personals)
- Beschleunigung von Inventur- und somit Bilanzerstellung
- Bestandsermittlung (aus der Lagerbuchführung), d.h. ohne die Inventur jederzeit möglich (eher Vorteil der Notwendigkeit der Lagerbuchführung)

Nachteile

- Erfordernis ordnungsgemäßer Lagerbuchführung · wenn Lagerbuchführung nicht vorhanden · organisatorische/personelle Umstellungen
- Kosten für die Einrichtung/Führung/Kontrolle der Lagerbuchführung · keine stichtagsbezogene Gesamtkontrolle
- nicht für alle Bestände anwendbar
- geringe Einheitlichkeit des Vorgehens bei der Bestandsaufnahme

e. Sonderformen

- Einlagerungsinventur (vollautomatische Lagersysteme)
- systemgestützte Werkstattinventur (PPS, Produktions-Planungs-Steuerungs- System)

3. Stichprobeninventur

a. Grundkonzeption (9 Schritte)

1. Formulierung des Untersuchungszieles

2. Definition von Grundgesamtheit, Untersuchungseinheit und Untersuchungsmerkmal

- Grundgesamtheit muß sachlich, zeitlich und räumlich exakt abgegrenzt sein · sachlich: Grenze § 266 HGB (Bilanzstruktur)

- RHB, UE, FE/Waren getrennt ausweisen (somit mindestens 3 GG) Stichprobendegression

- Stichprobeninventur um so wirtschaftlicher, je größer die Grundgesamtheit

[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] um so geringer, je größer die Grundgesamtheit

Grundgesamtheit möglichst groß (bzw. möglichst wenig GG)

- Untersuchungseinheit: nicht der einzelne Vermögensgegenstand, sondern "Vorratsposition"

- Untersuchungsmerkmal: Wert (Schätzverfahren), Fehlerhaftigkeit (Testverfahren)

1. Durchführung und Voruntersuchung

Anwendung eines mathematisch-statistischen Verfahrens bedingt Informationen über die GG

Voruntersuchung zur Ermittlungsdauer dieser Informationen, bspw. die Streuung (Varianz)

Literaturhinweise zu den Sonderformen (A.II.2.e.):

Einlagerungsinventur → IdW: HFA-Stellungnahme 1/1990

Systemgesteuerte Werkstattinventur → AWV: S.W., Eschborn 1989 (Zusammenfassung schreiben)

4. Bestimmung des Stichprobenverfahrens

- Schätzverfahren

Untersuchungsmerkmal: Wert der Position

Zielsetzung: Schätzung des Warenbestandes · einfache Mittelwertschätzung

Formelapparat gering, relativ unwirtschaftlich, da relativ hoher Stichprobenumfang

- gebundene Hochrechnungsverfahren

wirtschaftlicher, komplexer Stichprobenumfang, komplexer Formelapparat

- Testverfahren (wenn, dann Sequentialtest)

Untersuchungsmerkmal: Fehleranteil in %, Höhe des Wertes uninteressant Zielsetzung: Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit der Lagerbuchführung · einfacher Hypothesentest in der Praxis uninteressant

- Sequentialtest

Stichprobenumfang steht nicht von vornherein fest (ist selbst eine Zufallsvariable),

Stichprobenelemente werden einzeln nacheinander entnommen

4. Bestimmung des Stichprobenumfanges n

- n muß groß genug sein, um die Einhaltung einer gewünschten Mindestqualität der Stichprobeninventur zu gewährleisten. Beim Schätzverfahren wird

"Qualität" durch Sicherheitsgrad (95-95,5 %) und Genauigkeitsgrad (1-2 %) bestimmt:

Bsp.: Schätzung Gesamtwert 1 Mio. → tatsächlicher Wert muß mit Wahrscheinlichkeit von 95 % im Intervall 1 Mio. ± 2 % liegen.

- n muß groß genug sein, um Approximation der tatsächlichen Verteilung durch die Normalverteilung zu rechtfertigen. Viele mathematisch-statistische

Verfahren unterstellen die Normalverteilung, typischerweise sind Vorratswerte rechtsschief verteilt (→ ABC-Analyse)

- fi Approximationsfehler, der um so kleiner ist, je höher der Stichprobenumfang n ist. Ab einer bestimmten Höhe von n ist dieser Fehler vernachlässigbar; häufig lt. Literatur n>30.

4. Auswahl der Stichprobenelemente

- Zufallsauswahl: Jedes Element hat die gleiche Wahrscheinlichkeit, in die Stichprobe zu gelangen, die Auswahl ist berechenbar

4. Körperliche Aufnahme

- Körperliche Aufnahme der zuvor zufällig bestimmten Stichprobenelemente (an den Stichprobenelementen sind die Ausprägungen des Untersuchungsmerkmals festzustellen)

4. Auswertung der Stichprobenergebnisse

5. Dokumentation

- Stichprobenplan, Anwendung des Stichprobenverfahrens, Stichprobenergebnisse und Hochrechnung des Gesamtwertes sind zu dokumentieren

b Anwendungsvoraussetzungen

§ 241 I HGB

1. Forderung nach Aussageäquivalenz (Satz 3)

1. Anwendung anerkannter mathematisch-statistischer Verfahren (Satz 1)

- mathematisch-statistische Verfahren müssen "wahrscheinlichkeitstheoretisch abgesichert" sein

- bei Vorgabe einer gewünschten Qualität muß der zur Einhaltung erforderliche Stichprobenumfang n errechenbar sein

- mathematisch-statistische Verfahren müssen auf Zufallsauswahl basieren

- mathematisch-statistische Verfahren dürfen keine Tendenz zur Über- oder

Unterschätzung des Gesamtwertes haben

- siehe Schritt 4

1. Verfahren muß den GoB (i.S.d. GoI) entsprechen (Satz 2)

- Vollständigkeit

- Vollständigkeit der Grundgesamtheit: Alle aufnahmepflichtigen Positionen müssen in der Grundgesamtheit enthalten sein und eine positive

Wahrscheinlichkeit haben, in die Stichprobe zu gelangen.

- Vollständigkeit der Stichprobe: Alle Stichprobenelemente müssen untersucht und ausgewertet werden.

- Richtigkeit und Willkürfreiheit

- gilt als erfüllt, wenn der Genauigkeitsgrad 1 bis max. 2 % beträgt

- Nachprüfbarkeit und Dokumentation

- Stichprobeninventur ermöglicht schnellere, wirtschaftlichere, exaktere

Nachprüfung

- Stichprobeninventur ermöglicht eher die Anwesenheit des Abschlußprüfers

(während der gesamten Inventur)

- Stichprobeninventur ermöglicht größere Vollständigkeit der Nachprüfung

(Nachprüfbarkeit muß sich zusätzlich auf die mathematisch-statistischen Besonderheiten beziehen)

- Stichprobeninventur erleichtert die Dokumentation (mathematisch-statistische

Aspekte müssen zusätzlich dokumentiert werden)

- Einzelbewertung und Einzelerfassung

- Stichprobenelemente sind einzeln zu erfassen und einzeln zu bewerten

- Stichprobeninventur ist gesamtwertorientiert

- keine Information über die Einzelwerte der Nicht-Stichprobenelemente

- Problem: Gilt die Forderung nach Einzelbewertung und Einzelerfassung auch für Nicht-Stichprobenelemente?

1. Meinung: Stichprobeninventur ist nur zulässig, wenn die Voraussetzungen der

Gruppenbewertung gegeben sind

- Einzelmeinung

1. Meinung: Mit Zulassung der Stichprobeninventur hat der Gesetzgeber auf

vollständiges Inventar nach Art, Menge und Wert verzichtet, d.h.

- Einzelbewertung und Einzelerfassung gelten nur für die Stichprobenelemente.

1. Meinung: Stichprobeninventur darf nicht zu Informationsverlusten führen, muß

zu vollständigem Inventar nach Art, Menge und Wert führen, d.h.

- Einzelbewertung und Einzelerfassung gelten auch für die Nicht- Stichprobenelemente

Die Informationen sind der Lagerbuchführung zu entnehmen, d.h. eine

-rdnungsgemäße Lagerbuchführung ist Anwendungsvoraussetzung für die Stichprobeninventur.

Die 3. Meinung (der sich auch das IdW angeschlossen hat) hat sich als herrschende Meinung herausgebildet.

21.11.1996

Aussageäquivalenz:

im Hinblick auf den Gesamtwert

- Betrachtung ist auf einen Vergleich der Gesamtfehler bei der Stichprobeninventur bzw. bei Vollaufnahme gerichtet

- auch bei Vollaufnahme entstehen Fehler → Nicht Stichprobenfehler · dieser Nicht Stichprobenfehler ist bei der Stichprobeninventur vernachlässigbar

- der Nicht Stichprobenfehler bei der Vollaufnahme ist eine Maßgröße für den maximal zulässigen Stichprobenfehler bei der Stichprobeninventur · Forderung nach Aussageäquivalenz bzgl. des Gesamtwertes gilt als erfüllt, wenn der Stichprobenfehler bei der Stichprobeninventur mit vorgegebener Wahrscheinlichkeit (Sicherheitsgrad 95 - 95,5 %) den Nicht Stichprobenfehler bei der Vollaufnahme nicht übersteigt

- Nicht Stichprobenfehler bei Vollaufnahme: 1 - 2 %

Aussageäquivalenz:

im Hinblick auf den Endwert

h.M.: Die Stichprobeninventur muß zum vollständigen, nach Art, Menge und Wert gegliederten Inventar führen

- Forderung nach Aussageäquivalenz ist auch auf den Einzelwert zu beziehen · Stichprobeninventur setzt ordnungsgemäße Lagerbuchführung voraus

c. Ausnahmen

- Vorräte mit hohem Wert

- ABC-Analyse → 20 % der Vorräte machen ca. 80 % des Wertes aus (und umgekehrt)

- durch Vollaufnahme eines geringen Anteils der Vorräte kann ein großer Anteil am Wert abgedeckt werden

- Eliminierung von Extremwerten → Reduzierung der Varianz im

Stichprobenbereich → Verringerung des Stichprobenumfanges n · Vorräte mit hohem Kontrollbedarf, z.B.

- Vorräte mit unkontrollierbaren Abgängen · Negativpositionen

- Ausreißer

d. Vor- und Nachteile

- Vorteile:

- geringer Erhebungsaufwand (10 %)

- geringer Personalbedarf

- geringer Zeitbedarf

- geringer Nicht Stichprobenfehler

(bedingt durch geringen Personalbedarf → höher qualifiziertes Personal und bedingt durch geringeren Zeitbedarf → sorgfältiger arbeiten)

- geringer störender Einfluß der Inventur auf die Produktion, auf Arbeitsabläufe im Lager

- Zeitersparnis ist z.T. für sorgfältigere Vorbereitung und Durchführung der Inventur/für verbesserte Kontrolle der Inventurergebnisse einsetzbar

- erleichterte Dokumentation

- nur bei korrekter Anwendung der Stichprobeninventur lassen sich diese

Vorteile nutzen

- Vorteile um so größer, je geeigneter das mathematisch-statistische Verfahren

- Nachteile:

- Stichprobeninventur ist bei kleinen Vorratskollektiven unwirtschaftlich, es sind mindestens 2.000 - 3.000 Positionen erforderlich

- Gesamtwertorientierung (liefert eine Information über Werte der Nicht- Stichprobenelemente)

- Kontrollfunktion wird schlechter erfüllt

- ordnungsgemäße Lagerbuchführung erforderlich

e. Mathematisch-statistische Verfahren · Besonderheiten:

1. Testverfahren überprüft Ordnungsmäßigkeit der Lagerbuchführung

2. Fehleranteil wird gemessen (wieviel richtig/falsch; Höhe der Abweichung irrelevant)

- Parameter:

- Nullhypothese

die Lagerbuchführung ist ordnungsgemäß, d.h. der Fehleranteil ist akzeptabel

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

- Gegenhypothese

die Lagerbuchführung ist nicht ordnungsgemäß, d.h. der Fehleranteil ist zu hoch

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

- a -Risiko

Wahrscheinlichkeit, eine ordnungsgemäße Lagerbuchführung zu verwerfen, z.B. 5 %

- b -Risiko

Wahrscheinlichkeit, eine nicht ordnungsgemäße Lagerbuchführung anzunehmen, z.B. 2 %

- Sequentialtest

- Stichprobenumfang n steht nicht im Voraus fest, n hängt vielmehr davon ab, wie die einzelnen Ziehungen der Stichproben ausfallen

- Stichprobenelemente werden einzeln nacheinander entnommen. Nach jedem entnommenen Stichprobenelement ist eine von drei Entscheidungen zu treffen

1. Annahme der Lagerbuchführung

2. Verwerfen der Lagerbuchführung

3. Stichprobenumfang n reicht für hinreichend sicheres Urteil nicht aus → weiterprüfen

- Grund für Sequentialtest: Wirtschaftlichkeitsgedanke, i.d.R. 50 % weniger als andere Verfahren

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

der beiden Grenzen fließen die Parameter [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] -Risiko, [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] -Risiko, P[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] (Nullhypothese) und P[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] (Gegenhypothese) ein.

Zettel: Sequentialtest (21.11.1996)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Probleme des Sequentialtests:

- Stichprobenumfang n ist a priori nicht bekannt → Planungsprobleme
- SQT arbeitet mit approximativer Verteilung, Approximation ist zulässig, wenn n/N £ 10 %, Problem: n/N vor dem Test unbekannt → Zulässigkeit erst nach dem Test überprüfbar
- es besteht die Möglichkeit, daß trotz steigendem n der Indifferenzbereich nicht verlassen wird
- Höhe des Fehlers bleibt unberücksichtigt (SQT wurde bis jetzt noch nie auf Werte angewandt)

B. (Strenges) Niederstwertprinzip

I. Allgemeines

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

- (strenges) Niederstwertprinzip ist die konkrete Ausprägung des Imparitätsprinzips

- bis zum Abschlußstichtag drohende oder entstandene Verluste sind zu berücksichtigen; nicht realisierte Gewinne dürfen nicht berücksichtigt werden

(folgt aus Imparitäts- und Realisationsprinzip)

- der aus dem Vergleich zwischen Anschaffungs-/Herstellungskosten und dem Zeitwert resultierende niedrigere Wert ist der Bewertung zugrunde zu legen (Wertmaßstäbe des § 253 III HGB für den Zeitwert).

- der aus dem Börsenpreis am Abschlußstichtag abgeleitete Wert

- der aus dem Marktpreis am Abschlußstichtag abgeleitete Wert

- der den Vermögensgegenständen am Abschlußstichtag abgeleitete Wert

(der beizulegende Wert kommt nur zustande,

wenn Börsen- oder Marktpreis nicht feststellbar ist)

- Wertaufhellungsgebot: Alle vorhersehbaren Risiken/Verluste, die bis zum Abschlußstichtag entstanden sind, müssen berücksichtigt werden, selbst wenn sie erst zwischen dem Abschlußstichtag und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses bekannt geworden sind.

- Niederstwertprinzip entspricht dem Grundsatz der Vorsicht

- bezweckt die Vermeidung der Ausschüttung von Gewinn

- im Interesse des Gläubigerschutzes

II. Bestimmung nach Beschaffungs- oder Absatzmarkt

Bewertung nach den Verhältnissen des Beschaffungsmarktes kommt in Betracht für

- RHB
- UE, FE (unfertige/fertige Erzeugnisse), falls Fremdbezug möglich

Grds. nach den Verhältnissen des Absatzmarktes zu bewerten sind
- UE, FE, UL (unfertige Leistungen)
- Überbestände an RHB
- Wertpapiere des UV

Doppelte Maßgeblichkeit (Berücksichtigung des niedrigeren Wertes auf Beschaffungs- und Absatzmarkt)
- Handelswaren
- Überbestände an UE/FE

1. Einflüsse des Beschaffungsmarktes

- gesunkene Wiederbeschaffungskosten
- RHB, Handelswaren

Niedrigere Bewertung nach den Verhältnissen des Beschaffungsmarktes kommt grds. für alle Vermögensgegenstände in Betracht, die als solche hätten wiedererworben werden können. Bei RHB bzw. Handelswaren sind vergleichbare Wiederbeschaffungskosten i.d.R. problemlos zu ermitteln

- Zwischenprodukte, zum Teil selbst erstellt, zum Teil fremdbezogen

Falls Herstellungskosten für die selbst erstellten Produkte größer sind als die Anschaffungskosten für die fremdbezogenen Produkte, sind die selbst erstellten Produkte mit den niedrigeren Anschaffungskosten zu bewerten

- UE, FE, UL

Vergleichsrechnung nach den Verhältnissen des Beschaffungsmarktes zulässig, aber nicht erforderlich. Es ist ausreichend, die Angemessenheit der tatsächlichen Herstellungskosten vom Absatzmarkt her zu beurteilen. Unzulässig ist es, nur vom Beschaffungsmarkt auszugehen.

- Überbestände an UE/FE

Absatz nur bei Einschränkung der künftigen Produktion

- gesunkene Reproduktionskosten sind zu berücksichtigen fi Doppelte Maßgeblichkeit

2. Einflüsse des Absatzmarktes

- unzureichende Verkaufspreise
- UE/FE, UL, Handelswaren
- grds. ist nur der Absatzmarkt von Bedeutung
- Ausnahmen: Handelswaren und Überbestände, für die die doppelte Maßgeblichkeit gilt
- Ziel: verlustfreie Bewertung bei einer späteren Veräußerung zu ermöglichen · Veräußerungsverlust ist dem Geschäftsjahr der Herstellung (nicht der Veräußerung) zuzuordnen
- RHB
- ausnahmsweise ist der Absatzmarkt relevant, z.B. bei Überbeständen oder bei Beständen, die nicht mehr für die Produktion verwendbar sind.
- Eine verlustfreie Bewertung ist auch bei den RHB erforderlich, d.h.:
- Sind Verluste, die bei einer späteren Veräußerung der mit den RHB hergestellten Erzeugnisse bei der Bewertung der RHB zu berücksichtigen?
- lt. Literatur ist das Heranziehen des Absatzmarktes zulässig, aber nicht erforderlich, dementsprechend entfällt dies in der Praxis
-Wertpapiere des Umlaufvermögens

III. Der aus dem Börsen- oder Marktpreis abgeleitete Wert

1. Börsenpreis

Der Börsenpreis ist der an einer amtlich anerkannten Börse festgestellte Preis, für die an der betreffenden Börse zum Handel zugelassenen (Wertpapiere und) Waren.

Es kommt primär darauf an, an welcher Börse die zu bewertenden Waren
mutmaßlich gekauft bzw. verkauft werden sollen (bspw. Börse, an der das
Unternehmen im allgemeinen kauft oder frachtgünstigste Börse). I.d.R. ist der
Hauptplatz und nicht ein Nebenplatz maßgeblich, u.U. müssen auch ausländische Börsen herangezogen werden.

2. Marktpreis

Ein Markt liegt vor, wenn die Ware in einem bestimmten räumlich abgegrenzten Gebiet regelmäßig umgesetzt wird. (→ Handelsplatz)

Der Marktpreis ist derjenige Preis, der an einem Handelsplatz für Waren einer bestimmten Gattung von durchschnittlicher Art und Güte zu einem bestimmten Zeitpunkt/-raum im Durchschnitt gewählt wird. (Für bspw. Spezialanfertigungen kann es keinen Marktpreis geben.)

Umstritten: Die "untechnische" Ermittlung des

Marktpreises als Durchschnittspreis, zu dem das

Unternehmen bei einer Mehrzahl von Lieferanten

beziehen bzw. bei einer Mehrzahl von Kunden absetzen kann.

Aber: Lehnt man diesen Durchschnittspreis als Marktpreis ab, so handelt es sich zumindest um einen beizulegenden Wert.

Der Börsenpreis/Marktpreis setzt voraus, daß tatsächlich Umsätze stattfanden.

3. Ableitung aus dem Börsen- oder Marktpreis

- Zeitnahe Ermittlung des Börsenpreises/Marktpreises
- Börsenpreis/Marktpreis = Stichtagspreis
- bei Relevanz des Absatzmarktes → Verkaufskosten sind abzurechnen
- bei Relevanz des Beschaffungsmarktes → Anschaffungskosten sind hinzuzurechnen

4. Zufallspreise

Liegt der Marktpreis/Börsenpreis am Abschlußstichtag zufällig über/unter dem üblichen Marktniveau:

- Stichtagswert > allgemeines Preis-/Kursniveau
- Pflicht zur Abwertung auf allgemeines Preis-/Kursniveau · diese Pflicht hängt ab
- vom Grad der Abweichung
- von der Bedeutung der Bewertung zum Stichtagswert für das bilanzierende Unternehmen
- Würden durch Bewertungen zum Stichtagswert wesentliche Abschreibungen unterbleiben,
- Ansatz des allgemeinen Preis-/Kursniveaus
- Stichtagswert < allgemeines Preis-/Kursniveau
- aufgrund Vorsichtsprinzip/Imparitätsprinzip Berücksichtigung des Zufallswertes

IV. Der Wert, der den Vermögensgegenständen am Abschlußstichtag beizulegen ist

1. Beschaffungsmarkt: Wiederbeschaffungs- bzw. Reproduktionskostenwert

Bei den Wiederbeschaffungskosten (WBK) sind angemessene Nebenkosten zu berücksichtigen.

UE/FE: grds. Absatzmarkt relevant

- Berücksichtigung gesunkener Reproduktionskosten ist jedoch zulässig, falls diese kleiner als der voraussichtliche Verkaufserlös sind.

2. Absatzmarkt: Der um noch anfallende Aufwendungen gemilderte Verkaufswert

- FE, Handelswaren:

zum Schema zur Ermittlung des beizulegenden Wertes (s. Kopie) ad a)

Verkaufserlös = Bruttoerlös ./. Umsatzsteuer

Grds. kann von einer Veräußerung im normalen Geschäftsgang ausgegangen werden (Ausnahme: Notverkauf kommt in Betracht). Der Verkaufserlös ist stets vorsichtig (d.h. eher niedrig) zu schätzen.

ad b)

Erlösschmälerungen

Bspw. Skonti, Mengenrabatte, Sondernachlässe, Stundung des späteren

Verkaufspreises/-erlöses ohne Zinsen bzw. mit niedrigeren Zinsen als der Markt üblicherweise bietet → Abzinsung

ad c)

Verpackungskosten und Ausgangsfrachten

auch hier ist vorsichtige Schätzung geboten (eher zu hoch) ad d)

Sonstige Vertriebskosten

- Provisionen und ähnliche Vergütungen, die an Dritte aus Anlaß des Verkaufs zu leisten sind
- Kosten des eigenen Vertriebsapparates, sofern diese in unmittelbarem Zusammenhang mit späterer Veräußerung stehen
- Kosten für später zu erbringende Leistungen des Unternehmens (Montage, Garantieleistung)

ad e)

noch anfallende Verwaltungskosten

- Lagerkosten zwischen Bilanzstichtag und Verkaufstag
- Abrechnungskosten (Rechnungserstellung)

ad f)

Kapitaldienstkosten

Kapitalkosten während der Produktion, es sei denn, daß die Veräußerung kurze Zeit nach dem Abschlußstichtag erfolgt (Problem: was ist "kurze Zeit"?)

- UE:

zusätzlich sind die noch anfallenden Produktionskosten abzuziehen Grundsätze:

1. Grds. Abzug aller Kosten, die zur Fertigstellung aufgewendet werden müssen

2. Einzelkosten im vollen Umfang absetzen

3. Gemeinkosten sind, soweit bei normaler Beschäftigungslage und bei Verwendung sachgemäßer Verteilungsschlüssel, den Erzeugnissen zurechenbar.

Bei günstiger Beschäftigungslage dürfen nur die dann entsprechend geringeren Gemeinkosten berücksichtigt werden.

Es ist nur die Berücksichtigung der variablen Gemeinkosten zulässig (es sei denn, die Fertigstellung blockiert günstigere Aufträge)

4. Kalkulatorische Kosten dürfen nicht abgesetzt werden.

Bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens, die zum Verkauf bestimmt sind, ist auch das strenge Niederstwertprinzip anzuwenden!

Das strenge Niederstwertprinzip ist im Umlaufvermögen nicht anwendbar, wenn eine Verlustentstehung aufgrund rechtlicher/vertraglicher Gegebenheiten ausgeschlossen ist, bspw. schon ein Vertrag mit fester Abnahmeverpflichtung des Kunden zu einem Preis besteht, der zumindest den Wertansatz deckt!

C. Verbrauchsfolgebewertung

I. Grundlagen

1. Problem

Auch für Vorräte gilt nach § 252 I Nr. 3 HGB grds. das Prinzip der Einzelbewertung. → Lager nicht als Ganzes, sondern einzelne Mengen getrennt bewerten.

Voraussetzung: Einzelne Mengen werden nach verschiedenen AHK getrennt bewertet.

I.d.R. werden Vorräte bei der Lagerhaltung vermischt, d.h. sie verlieren ihre Identität.

- Bewertung am Bilanzstichtag zu tatsächlichen AHK ist unmöglich
- Schätzung der Zusammensetzung des Endbestandes bzw. des Verbrauchs nach den verschiedenen AHK

2. Arten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3. Anwendungsvoraussetzungen

gem. § 256 HGB

- gleiche oder gleichartige Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens Gleichartigkeit:
- gleiche Warengattung und annähernde Preisgleichheit oder
- Funktionsgleichheit und annähernde Preisgleichheit
- Übereinstimmung mit den GoB

d.h. nicht, daß die fiktive der tatsächlichen Verbrauchsfolge entspricht

("... kann unterstellt werden ...")

Ein Verstoß gegen die GoB liegt nur vor, wenn es absolut undenkbar ist, daß die fiktive gleich der tatsächlichen Verbrauchsfolge ist.

- Wahlrecht

Der mit einem Verbrauchsfolgeverfahren ermittelte Wert darf nur als Bilanzansatz verwendet werden, wenn er unter dem Börsen-/Marktpreis bzw. dem beizulegenden Wert liegt, da das NWP gilt.

4. Zweck

Hauptzweck: vereinfachte Ermittlung der AHK von Vorräten

Nebenzweck: bilanzpolitisches Instrument zur Beeinflussung des Periodenerfolges insbesondere in Zeiten steigender Preise. Ziel ist es, Ausweis, Besteuerung und Ausschüttung von

Preissteigerungsgewinnen (Scheingewinnen) zu vermeiden/einzuschränken. Preissteigerungsgewinne können die Substanzerhaltung in Frage stellen!

(Natürlich lassen sich die Verbrauchsfolgeverfahren auch als Ausnahme vom Grundsatz der Einzelbewertung sehen.)

II. Durchschnittsmethode

Errechnen eines gewogenen arithmetischen Mittels aus dem Wert des Anfangsbestandes und aus den AHK der Zugänge.

Mit diesem Durchschnittspreis wird sowohl der Endbestand als auch der Verbrauch bewertet.

siehe Kopie

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

- Sinkende Preise: Durchschnittspreis > Tageswert am Bilanzstichtag · NWP verbietet Ansatz des Endbestandes zum Durchschnittspreis · Steigende Preise: Durchschnittspreis < Wiederbeschaffungskosten · Verbrauch wird unter Wiederbeschaffungskosten angesetzt · Problem der Scheingewinne

- Problem bzgl. der Substanzerhaltung möglich,

Es fließen Beträge ab (Besteuerung/Ausschüttung), die eigentlich zur Wiederbeschaffung der Vorräte benötigt würden.

Verfeinerung: gleitende Durchschnittsmethode

- Durchschnittspreis wird nach jedem Zugang neu ermittelt
- Abgänge werden mit dem zuletzt ermittelten Durchschnittspreis bewertet
- Endbestand wird mit dem zuletzt ermittelten Durchschnittspreis bewertet

Beispiel:

III. Beschaffungszeitbestimmte Verbrauchsfolgen

1. FIFO

- die zuerst angeschafften/hergestellten Bestände werden zuerst verbraucht/verkauft
- der Endbestand wird mit den AHK der zuletzt beschafften/hergestellten Bestände bewertet

Beispiel:

Bewertung des Endbestandes:

Bewertung des Verbrauchs: 380.000 - 135.000 = 245.000 DM

- bei steigenden Preisen: Endbestand wird relativ hoch, Verbrauch relativ niedrig (unter WBK) bewertet
- Scheingewinnproblematik
- sinkende Preise: Endbestand wird relativ niedrig, Verbrauch relativ hoch bewertet
- Aber: auch ohne FIFO gelangt man aufgrund des NWP zu niedrigerer Bewertung des Endbestandes
- geringer bilanzpolitischer Nutzen fi relativ geringe praktische Bedeutung
- Einblick in die Vermögenslage: Å , da der Endbestand gegenwartsnah bewertet wird
- Einblick in die Ertragslage: (-), da der Verbrauch mit alten Preisen bewertet wird

2. LIFO

Die zuletzt beschafften/hergestellten Vorräte gelten als zuerst verbraucht/verkauft.

Die Bewertung des Endbestandes erfolgt mit den AHK der ersten Zugänge bzw. des Anfangsbestandes.

a. permanentes LIFO-Verfahren: Warenverbrauch wird während des gesamten Geschäftsjahres fortlaufend erfaßt und nach der LIFO-Fiktion bewertet.

b. Perioden-LIFO: Nur am Ende des Geschäftsjahres erfolgt die Bewertung nach LIFO.

Falls der Endbestand größer als der Anfangsbestand ist, ist der Mehrbestand zu bewerten.

1. Der Teil des Endbestandes, der dem Anfangsbestand entspricht, ist wie der Anfangsbestand anzusetzen.

2. Mehrbestand (Vorschläge):

a. ANK der ersten Zugänge (LIFO-Fiktion) (A/D/Schmalz)
b. ANK der letzten Zugänge (FIFO-Fiktion)
c. durchschnittliche ANK

Küting/Weber lehnen b) und c) ab, da sie systemwidrig sind.

Beispiel:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Verbrauch: 380.000 ./. 138.000 = 242.000 (Summe der beiden Abgänge)

Bei steigenden Preisen

- niedrige Bewertung des Endbestandes
- hohe Bewertung des Verbrauchs (relativ nah an den WBK bewertet)
- keine Scheingewinne bzw. Minderung des Problems der Scheingewinne

Bei sinkenden Preisen

- hohe Bewertung des Endbestandes
- niedrige Bewertung des Verbrauchs
- Niederstwertprinzip erfordert Abwertung des Endbestandes auf niedrigeren Tageswert

Einblick in

- Vermögenslage: eher schlecht, da der Endbestand mit alten Preisen bewertet wird
- Ertragslage: eher gut, da der Verbrauch mit aktuellen Preisen bewertet wird

IV. Beschaffungspreisbestimmte Verbrauchsfolgen

1. HIFO

Die Bestände mit den höchsten AHK gelten als zuerst verbraucht/verkauft.

Die Bewertung des Endbestandes erfolgt mit dem niedrigstmöglichen Wertansatz.

Beispiel:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

= Perioden-

HIFO

→ permanentes HIFO ist auch möglich monoton steigende Preise

HIFO entspricht bzw. führt zu gleichen Preisen wie LIFO

monoton sinkende Preise

HIFO entspricht bzw. führt zu gleichen Preisen wie FIFO

⇒ HIFO hat nur bei schwankenden Preisen eine eigenständige Bedeutung Zulässigkeit:

- § 256 HGB: "... sonstige bestimmte Folge ..."

Sonstige bestimmte Folge ist keine beschaffungszeitbestimmte Folge, da diese explizit im Gesetz genannt sind

⇨ Sonstige bestimmte Folge kann beschaffungspreisbestimmte Folge sein

Verbrauchsfolge durch Preis eindeutig bestimmt → willkürliche Bewertung ist ausgeschlossen

- HIFO entspricht dem Prinzip der vorsichtigen Bewertung Exkurs:

Prinzip der vorsichtigen Bewertung · traditionelle Auffassung:

Kaufmann soll sich im Zweifel eher ärmer rechnen, d.h. Aktiva eher zu niedrig, Passiva eher zu hoch ansetzen

- moderne Auffassung:

Bestimmung eines Wertansatzes bei Vorliegen mehrwertiger Erwartungen mittels der Wahrscheinlichkeitsrechnung (Bsp.: 1 Mio. Forderungen, mit 10 % WSK gehen 1 Mio. ein, mit 40 % WSK 900.000, mit 30 % 800.000, mit 20 % 700.000. Soll man nun 900.000 ansetzen, da höchste Wahrscheinlichkeit, oder soll man gewichteten Mittelwert bilden?)

2. LOFO

Die Bestände mit den niedrigsten AHK gelten als zuerst verbraucht/verkauft. Bewertung des Endbestandes mit dem höchstmöglichen Wertansatz. Beispiel:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

= Perioden-

LOFO

- permanentes LOFO ist auch möglich monoton steigende Preise

LOFO entspricht bzw. führt zu gleichen Preisen wie FIFO

monoton sinkende Preise

LOFO entspricht bzw. führt zu gleichen Preisen wie LIFO

⇒ LOFO hat nur bei schwankenden Preisen eine eigenständige Bedeutung Zulässigkeit:

1. Meinung: LOFO ist abzulehnen, da Verstoß gegen Prinzip zur vorsichtigen Bewertung

2. Meinung: LOFO ist zulässig, denn das Prinzip zur vorsichtigen Bewertung betrifft das Problem mehrwertiger Erwartungen (siehe Exkurs), dieses Problem ist hier nicht gegeben → kein Verstoß

Steuerrecht: LIFO ist zulässig (grds. anerkannt), FIFO

wird anerkannt, wenn es den tatsächlichen Verhältnissen entspricht. HIFO und LOFO sind steuerlich nicht akzeptiert.

KIFO-Verfahren: Konzerninterne Lieferungen gelten als zuerst verbraucht/verkauft.

KILO-Verfahren: Konzerninterne Lieferungen gelten als zuletzt verbraucht/verkauft.

D. Anschaffungskosten

I. Begriff

§ 255 I Satz 1 HGB

- Erwerb
- Versetzen in den Zustand der Betriebsbereitschaft
- Einzelzurechenbarkeit der Aufwendungen

Zweck der Bewertung mit AK ist die erfolgsneutrale Erfassung von Vermögenszugängen.

AK stellen die Wertobergrenze für den Wertansatz der Wirtschaftsgüter in der Bilanz dar.

AK sind eine pagatorische Größe (¹ kalkulatorische Größe), d.h. nur Kosten, die auch Aufwendungen sind.

1. Erwerb

- AK sind nur Aufwendungen, die unmittelbar dem Zweck der Anschaffung dienen

- ein nur mittelbarer Zusammenhang reicht nicht aus

- Anschaffung beginnt, sobald Aufwendungen anfallen, die dazu dienen, daß wirtschaftliche Eigentum am Vermögensgegenstand zu erlangen. (Gefahrenübergang, wer hat Nutzen, wer trägt Lasten)

- Anschaffungszeitpunkt: Erwerber erlangt die wirtschaftliche Verfügungsgewalt über den Gegenstand

- ab diesem Zeitpunkt ist der Vermögensgegenstand beim Erwerber zu bilanzieren

- AK können vor dem Anschaffungszeitpunkt anfallen, sind aber zum Zeitpunkt ihrer Entstehung zu bilanzieren; es ist unzulässig, sie als Aufwand zu verrechnen (bspw. Notarkosten beim Grundstückskauf).

- AK können nach dem Anschaffungszeitpunkt anfallen (nachträgliche ANK, siehe II. 3.)

2. Versetzung in den Zustand der Betriebsbereitschaft

Zweck: Möglichst erfolgsneutrale Behandlung des Anschaffungsvorganges

Versetzung in den Zustand der Betriebsbereitschaft muß sich nicht unbedingt unmittelbar an den Anschaffungsvorgang anschließen. (Unternehmen hält Maschinen auf Reserve, montiert sie aber viel später, Montagekosten zählen trotzdem zu den AK.)

- nur bei erstmaliger Inbetriebnahme
- typischerweise bei Vermögensgegenständen des Sachanlagevermögens
- Vermögensgegenstände des Umsatzvermögens werden i.d.R. nicht in einen betriebsbereiten Zustand versetzt (Aufwendungen für die Aufnahme in ein Materiallager dürfen bspw. nicht zu den AK gerechnet werden)
- Beispiele: - Transportkosten, innerbetriebliche
- Anschlußkosten, Montagekosten
- Kosten für Probeläufe

Betriebsbereitschaft liegt vor, wenn der Gegenstand entsprechend seiner Bestimmung genutzt werden kann. (Fähigkeit zur Leistungsabgabe)

3. Einzelzurechenbarkeit der Aufwendungen

Gemeinkosten, die dem Vermögensgegenstand nur pauschal mittels eines sog. Verteilungsschlüssels zugeordnet werden können, stellen keine AK dar.

II. Umfang

Nach § 255 HGB sind AK:

- Anschaffungspreis
- Anschaffungsnebenkosten (ANK)
- nachträgliche AK
- abzüglich Anschaffungspreisminderungen
- (Aufwendungen für Versetzung in den Zustand der Betriebsbereitschaft)

1. Anschaffungspreis

Mehrwertsteuer gehört grds. zum Anschaffungspreis (Brutto), falls der Erwerber zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, handelt es sich wirtschaftlich gesehen um einen durchlaufenden Posten, d.h. eine Anschaffungspreisminderung.

2. Anschaffungsnebenkosten

- Falls die ANK im Verhältnis zu Anschaffungspreis unbedeutend sind oder
- falls der Aufwand zur Ermittlung der ANK in keinem angemessenen Verhältnis zur Höhe der AK steht fi Grundsatz der Wirtschaftlichkeit: Verzicht auf Ansatz der ANK zulässig

- Klassifikation
- unternehmensextern anfallende ANK
- Nebenkosten des Erwerbs (Vermittlungs- und Maklergebühren, Provisionen)

Nicht: dem Anschaffungsvorgang vorgelagerte Aufwendungen der

Entscheidungsfindung. Abbruch-, Reparaturkosten nur, falls im voraus damit gerechnet wurde und falls diese bei der Bemessung des Kaufpreises berücksichtigt wurden.

- Nebenkosten der Anlieferung und Inbetriebnahme (Transport, Transportversicherung, Sicherheitsüberprüfung und -abnahme von Behörden)
- unternehmensintern anfallende ANK
- aber nur Einzelkosten (bspw. Fundamentierungs-/Montagekosten durch eigenes Personal)

Nicht: Gemeinkosten

- Pauschalierung
- ANK werden mittels Zuschlagssätzen dem Einstandswert zugerechnet, um unangemessen hohen Arbeitsaufwand zu vermeiden
- Voraussetzung:
- ANK müssen üblicherweise und bei vielen Warenbezügen anfallen
- ANK müssen im Verhältnis zum Wert der Ware gleichbleibend oder geringfügig sein
- Pauschalierung darf nicht zu wesentlich anderen Kosten führen als tatsächlich anfallen
- i. d. Praxis typischerweise: Eingangsfrachten (Transportkosten) und Transportversicherung

3. Nachträgliche Anschaffungskosten

- Nachträgliche Aufwendungen für bereits beschaffte Vermögensgegenstände, bspw.
- anschaffungsnahe Aufwendungen (Erweiterung/wesentliche Verbesserung des Vermögensgegenstandes)
- später zu zahlende Erschließungs- bzw. Anliegerbeiträge, Kanalanschlußgebühren (bei Erwerb von Grundstücken) · nachträgliche Anschaffungspreiserhöhungen · rückwirkende Erhöhungen des Anschaffungspreises
- nachträgliche Erhöhungen des Anschaffungspreises (bspw. wenn Kaufpreis vom Eintritt bestimmter Ereignisse abhängig gemacht, Grundstück zu Bauland wurde.)

4. Anschaffungspreisminderung

- Boni (bspw. umsatzabhängige Rückvergütungen) nur anteilig anrechenbar ª Treuerabatt am Jahresende

- Rabatte (bei nachträglich gewährten Rabatten ggf. nur anteilig) · Skonti

- zurückgewährte Entgelte

- bei Boni/ nachträglichen Rabatten/ Skonti ist Einzelerfassung aufwendig, z.T. sogar unmöglich fi Pauschalierung ist zulässig

Nach h.M.:

Zulagen/Zuschüsse/Subventionen sind auch als Anschaffungspreisminderungen zu behandeln (Spezialproblem).

E. Rentenkauf als Sonderfall der Anschaffungskosten

I. Grundlagen

Sonderfall des Anschaffungswertes → AK in Rentenform

1. Begriffe

Rente = aus einem einheitlichen Stammrecht fließende, periodisch wiederkehrende Leistung in Geld oder Geldeswert

- Zeitrente: wird über eine vertraglich vereinbarte Laufzeit in festgelegter Höhe periodisch wiederkehrend geleistet

- Leibrente: ist hinsichtlich der Zahlungsdauer an das Leben einer oder mehrerer Bezugspersonen geknüpft

⇨ Gesamtbetrag der zu leistenden Rente wird von der

Überlebenswahrscheinlichkeit der Bezugspersonen bestimmt

- häufigste Anwendungsfälle:

Erwerb eines ganzen Betriebes/Teilbetriebes/Grundstückes

- Motivation des Käufers: Liquidationsvorteil; spekulatives Moment (bei Leibrente)

- Motivation des Verkäufers: Versorgung; evtl. auch spekulatives Moment (bei Leibrente)

2. Grundsätze der bilanziellen Behandlung

1. Die AK des erworbenen Vermögensgegenstandes entsprechen dem Barwert der Rente

2. Rentenverpflichtungen, für die eine Gegenleistung nicht mehr zu erwarten ist (Vermögensgegenstand bereits übergegangen), sind im Jahresabschluß mit ihrem Barwert anzusetzen (§ 253 I 2 HGB)

3. Rentenverpflichtungen, für die eine Gegenleistung noch aussteht

(Vermögensgegenstand noch nicht wirtschaftliches Eigentum des Erwerbers), sind nach den Grundsätzen eines schwebenden Geschäfts zu behandeln

- entsprechen sich Anspruch und Verpflichtung, muß keine Passivierung der Rentenschuld erfolgen

- ein Verpflichtungsüberschuß des Bilanzierenden ist zu erfassen

II. Behandlung in der Anschaffungsperiode: AK und Rentenverbindlichkeiten

1. Leibrente

Der Barwert ergibt sich durch Kapitalisierung der zukünftig zu leistenden Zahlungen.

Bei Leibrente: Ermittlung eines versicherungsmathematischen Barwertes. Dieser wird bestimmt durch

- die Höhe der zu leistenden Rente

- den Zins (Lit.: Untergrenze 3 %, Obergrenze Marktzins für langfristiges Fremdkapital, mittlerer Zins 5,5 %)

- die Lebenserwartung → ausgedrückt durch sog.

Überlebenswahrscheinlichkeiten (allgemeine Sterbetafel)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

mit

Rz: Rentenzahlung

Wk: Überlebenswahrscheinlichkeit (bspw. 0,95 für einen 35jährigen Mann)

Für den erworbenen Vermögensgegenstand ist nur das zu aktivieren, was der Erwerber im Zeitpunkt des Kaufs bewußt an Verpflichtung übernimmt.

- übersteigen die (tatsächlichen) Rentenzahlungen die Höhe des Barwertes
- keine nachträglichen AK
- erreichen die (tatsächlichen) Rentenzahlungen die Höhe des Barwertes nicht
- AK durch Barwert determiniert

Rentenverpflichtungen in Form einer Leibrente ist - wegen der Unsicherheit über die Lebenserwartung des Empfängers - in ihrer Höhe ungewiß

⇨ Ausweis als Rückstellungen i.S.d. § 249 I HGB

2. Zeitrente

Problem ist die Abgrenzung zwischen Kaufpreisrente (Rentenkauf) und -rate (Ratenkauf)

Kriterium: In wessen Interesse liegt die Verteilung des Kaufpreises?

- Dient die Kaufpreisstundung der Versorgung des Veräußerers → Rente · Soll dem Käufer die Zahlung erleichtert werden → Rate

Kaufpreisrente nur unter einschränkenden Anwendungsvoraussetzungen:

- längerfristige Zahlungen und
- Absicht der Versorgung des Veräußerers muß in der Vertragsgestaltung zum Ausdruck kommen (Ausweis unter den Verbindlichkeiten, nicht unter den Rückstellungen).

Ratenkauf

- Ratenzahlungen enthalten Zinsen; Zinsen gehören nicht zu den AK; AK = Barpreis, falls Barpreis unbekannt: Barwert der Ratenzahlung (Zinsen müssen nicht offen ausgewiesen werden)
- Kaufpreisverbindlichkeit ist mit ihrem Rückzahlungsbetrag zu passivieren, d.h. die Summe der Ratenzahlungen (§ 253 I 2 HGB)
- Differenzbetrag (zwischen der höheren Kaufpreisverbindlichkeit und den niedrigeren AK) entspricht einem Disagio! (§ 250 III HGB)
- wahlweise als Aufwand verrechnen oder Rechnungsabgrenzungsposten aktivieren (und über die Laufzeit abschreiben)

Rentenkauf
- AK = Barwert der Rentenzahlungen, determiniert durch Höhe der Rente, Laufzeit und Zins
- Rentenverpflichtung ist nach § 253 I 2 HGB mit dem Barwert zu passivieren
- kein Differenzbetrag → kein Wahlrecht bzgl. der Behandlung der einbezogenen Zinsen

Ratenkauf und Rentenkauf werden bilanziell unterschiedlich behandelt!

(Dies wird in der Literatur kritisiert, Rate und Rente seien nicht abgrenzbar, somit eine unterschiedliche bilanzielle Behandlung nicht gerechtfertigt. Die Rate sollte auch mit der Summe der Barwerte angesetzt werden)

III. Behandlung in der Folgezeit: Rentenzahlungen

1. Buchhalterische Methode

Laufende Rentenzahlungen sind zunächst in voller Höhe mit der

Rückstellung/Verbindlichkeit zu verrechnen, bis der Barwert aufgebraucht ist → erfolgsneutrale Behandlung.

Ist der Barwert aufgebraucht → in voller Höhe Aufwand (erfolgswirksam)

(+) Rentenbarwert wird nur einmalig berechnet

(+) einfach zu handhaben

(- ) Verstoß gegen § 253 I 2 HGB (da BW nur im Jahr des Zugangs angesetzt wird)

(- ) Ungenauigkeit → Verzerrung des Erfolgs (zuerst zu hoch, später zu niedrig)

2. Versicherungsmathematische Methode

- Rente wird in voller Höhe als Aufwand verbucht

- Rentenbarwert wird jährlich neu errechnet

- Differenz zu höherem, alten und niedrigerem, neuen wird als sonstiger betrieblicher Ertrag behandelt fi Rente wird nur zum Teil erfolgswirksam

(+) genaue Ermittlung des Periodenerfolgs

(+) kein Verstoß gegen § 253 I 2 HGB

(- ) Rentenbarwert jährlich neu berechnet

(- ) aufwendig

F. Forderungsbewertung

Ende der Leseprobe aus 39 Seiten

Details

Titel
Ausgewählte Probleme des externen Rechnungswesens
Autor
Jahr
1998
Seiten
39
Katalognummer
V95417
ISBN (eBook)
9783638080958
Dateigröße
540 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ausgewählte, Probleme, Rechnungswesens
Arbeit zitieren
Lars Michel (Autor:in), 1998, Ausgewählte Probleme des externen Rechnungswesens, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95417

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