Betriebswirtschaftliche Steuerlehre 4


Skript, 1996

17 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

A. ÜBERBLICK ÜBER DIE RECHTSQUELLEN DES AUßENSTEUERRECHTS UND INTERNATIONALEN STEUERRECHTS
I. UNBESCHRÄNKTE UND BESCHRÄNKTE STEUERPFLICHT
II. NATIONALES AUßENSTEUERRECHT
III. EUROPÄISCHES GEMEINSCHAFTSRECHT
IV. DOPPELBESTEUERUNGSABKOMMEN

B. PRINZIPIEN BEI DER INTERNATIONALEN AUFTEILUNG VON BESTEUERUNGSRECHTEN
I. WELT EINKOMMENSPRINZIP /WELTVERMÖGENSPRINZIP
II. TERRITORIALPRINZIP
III. BETRIEBSSTÄTTENPRINZIP
IV. WOHNSITZ(STAAT )PRINZIP
V. QUELLEN(STAAT )PRINZIP
VI. BELEGENHEITSPRINZIP
VII. FREISTELLUNGS- UND/ODER ANRECHNUNGSPRINZIP

C. EINFLUß DER BESTEUERUNG AUF DIE INTERNATIONALE STANDORTWAHL
I. GRUNDSÄTZLICHE ÜBERLEGUNGEN BEI DER STEUERLICH DETERMINIERTEN STANDORTWAHL
II. STEUERSYSTEMBEDINGTE BELASTUNGSUNTERSCHIEDE
III. ERMITTLUNG EFFEKTIVER (GRENZ-)STEUERSÄTZE

D. EINFLUß DER BESTEUERUNG AUF DIE WAHL DER RECHTSSTRUKTUR DER AUSLÄNDISCHEN UNTERNEHMENSEINHEIT
I. RECHTSSTRUKTUR-ALTERNATIVEN
II. GRÜNDUNGSBESTEUERUNG UND ÜBERFÜHRUNG VON WIRTSCHAFTSGÜTERN ÜBER DIE STEUERHOHEITSGRENZE
1. Bargr ü ndung 12
2. Sachgr ü ndung 12
a) Sachgründung einer ausländischen Betriebsstätte durch Überführung von Wirtschaftsgütern vom Inland ins Ausland
b) Sachgründung einer ausländischen Tochtergesellschaft durch Überführung von Wirtschaftsgütern vom Inland ins Ausland
III. LAUFENDE BESTEUERUNG DER RECHTSSTRUKTUR-ALTERNATIVEN
1. Betriebsst ä ttenbesteuerung einschlie ß lich Fragen der internationalen Gewinnabgrenzung 14
a) Anzeige-, Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten
b) Gewinnermittlung
c) Besteuerungsgrundsätze bei ausländischen Betriebsstätten
2. Besteuerungsgrunds ä tze bei ausl ä ndischen Tochtergesellschaften 16

A. Überblick über die Rechtsquellen des Außensteuerrechts und Internationalen Steuerrechts

I. Unbeschränkte und beschränkte Steuerpflicht

16.04.1997

Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf sämtliche inländischen und ausländischen Einkünfte bzw. Vermögenswerte eines Steuerpflichtigen, soweit nicht durch Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) oder durch andere zwischenstaatliche Vereinbarungen dieser universale Besteuerungsanspruch (sog. Welteinkommensprinzip) eingeschränkt wird. (Ausfluß der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit = fundamentales Besteuerungsprinzip).

Bei der beschränkten Steuerpflicht wird der sachliche Umfang der der deutschen Besteuerung unterliegenden Einkünfte oder Vermögenswerte beschränkt (nur inländische Einkünfte oder Inlandsvermögen). Darüber hinaus werden die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen nur sehr eingeschränkt bei der Steuerbemessung berücksichtigt.

Bei der beschränkten Steuerpflicht wird deshalb von einem objektsteuerähnlichen Charakter gesprochen.

Die unbeschränkte und beschränkte Steuerpflicht ist bei den sog. Personensteuern (ESt, KSt, ErbSt und Schenkungsteuer) geregelt.

II. Nationales Außensteuerrecht

Das nationale Außensteuerrecht (AStR) der Bundesrepublik Deutschland setzt sich aus einem Sammelsurium von einzelnen Vorschriften in den Einzelsteuergesetzen zusammen. Zu den wichtigsten Rechtsquellen des deutschen AStR gehören

- die Vorschriften zur räumlichen Abgrenzung des nationalen Besteuerungsanspruchs, wie die Abgrenzung der beschränkten und unbeschränkten Steuerpflicht in den Einzelsteuergesetzen (EStG, KStG, ErbStG),
- die unilateralen (einseitigen nationalen) Vorschriften zur Vermeidung der (internationalen) Doppelbesteuerung in den Einzelsteuergesetzen (§ 34c EStG, § 26k KStG, § 21 ErbStG),
- die Vorschriften zur Vermeidung der internationalen Steuerverkürzung (Minderbesteuerung, Nichtbesteuerung), die insbes. im Außensteuergesetz (AStG) und im Auslandsinvestmentgesetz (AuslInvestmG) geregelt sind,
- die Vorschriften zur Begrenzung des Steueranspruchs auf Inlandssachverhalte bei den Objekt- und Verkehrsteuern (GewStG, GrStG, UStG, GrEStG).

III. Europäisches Gemeinschaftsrecht

Das Europäische Gemeinschaftsrecht kann in mehrerlei Hinsicht eine steuerrechtliche Quelle des AStR bzw. des Internationalen Steuerrechts sein:

(1) Sog. Grundfreiheiten des EG-Vertrages (DB 1997, S. 8 ff., Herzig, N.)

a) Personenverkehrsfreiheit

- Niederlassungsfreiheit (Art. 52 EGV)
- Freizügigkeit der Arbeitnehmer (Art. 48 EGV)
- privates Aufenthaltsrecht (Art. 8a EGV)

b) Kapitalverkehrsfreiheit

- Art. 73b EGV
- Sonderregelungen in Art. 73d EGV

c) Waren- und Dienstleistungsfreiheit
- Art. 30, 59 EGV

Wesentliche Inhalte dieser EG-vertraglichen Grundfreiheiten:

- Diskriminierungsverbote
- Beschränkungsverbote
- Gleichbehaltungsgebot (bei Niederlassungsfreiheit) s. Grenzgängerurteil (DB 1995, S. 407, Schumacker) ⇒ §§ 1 III und 1a EStG

(2) Verordnungen

Gem. Art. 189 II EGV können Rat und Kommission Verordnungen erlassen, die allgemeine und unmittelbare Rechtsgeltung in jedem Mitgliedsstaat haben.

Beispiel: EWIV-VO (Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung)

(3) Richtlinien

Richtlinien (Art. 189 III EGV) dienen der Rechtsangleichung in der EU. Sie sind hinsichtlich des zu erreichenden Zieles in den Mitgliedsstaaten verbindlich.

Den innerstaatlichen Rechtsetzungsorganen wird jedoch die Wahl der Form und der Mittel bei ihrer Umsetzung überlassen.

Beispiel:

- EG-Amtshilfe-Richtlinien v. 19.12.1985, § 117 II AO und EG-Amtshilfe-Gesetz
- Mutter-Tochter-Richtlinien v. 23.07.1990, § 44d EStG und § 26a KStG
- Fusions- Richtlinien v. 23.07.1990, §§ 23 und 26 II UmwStG IV. Doppelbesteuerungsabkommen

Bei den Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) handelt es sich um völkerrechtliche Verträge, die i.d.R. zwischen zwei Staaten (bilaterale DBA) geschlossen werden. In ihnen werden die Besteuerungsbefugnisse der Vertragsstaaten beschränkt.

Entweder hat nur der Quellenstaat (bei Einkünften) bzw. nur der Belegenheitsstaat (bei Vermögenswerten) oder nur der sog. einer natürlichen oder juristischen Person das alleinige Besteuerungsrecht.

Haben beide Vertragsstaaten ein Besteuerungsrecht, so hat der Wohnsitzstaat die drohende Doppelbesteuerung durch Anrechnung oder Freistellung zu vermeiden.

Die DBA werden durch Zustimmungsgesetz gem. Art. 59 II S. 1 GG zu innerstaatlich anwendbarem Recht erklärt.

Die DBA gehen gem. § 2 AO den nationalen Steuergesetzen vor. Die höchstrichterliche Rechtsprechung (BFH) geht jedoch von der Gleichrangigkeit der DBA-Normen und der Vorschriften der nationalen Steuergesetze aus, so daß der nationale Steuergesetzgeber die Durchbrechung des innerstaatlich anwendbaren DBA-Rechts jederzeit anordnen kann (sog. „treaty overriding“).

Die Bundesrepublik Deutschland hat z. Zt. vier unterschiedliche Arten von Abkommen (BStBl. 1997 I, S. 92):

- 70 Abkommen auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (ESt, KSt, GewSt; VSt darf ab 01.01.1997 nicht mehr erhoben werden),
- 4 Abkommen auf dem Gebiet der Erbschaftsteuern (z.T. einschließlich Schenkungsteuern),
- 2 Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (sog. „große“ Steuerabkommen; z.Zt. mit Schweden und Dänemark),
- 7 Sonderabkommen betreffend die Einkünfte und Vermögen von Schiffahrt- und Luftfahrtunternehmen

23.04.1997

Die deutschen Doppelbesteuerungsabkommen folgen in ihrer Struktur (im Aufbau) und bei der Zuteilung von Besteuerungsrechten weitgehend einem international allgemein anerkannten Abkommensmuster, und zwar dem OECD-Musterabkommen (OECD-MA), daß insgesamt 30 Artikel enthält.

Auf dieses Abkommensmuster wird im weiteren häufig Bezug genommen, wobei zu beachten ist, daß sich im konkreten Einzelfall (jeweiliges Abkommen mit einem bestimmten Land) hiervon Abweichungen ergeben können.

B. Prinzipien bei der internationalen Aufteilung von Besteuerungsrechten

I. Welteinkommensprinzip/Weltvermögensprinzip

Im Welteinkommensprinzip/Weltvermögensprinzip konkretisiert sich die unbeschränkte Steuerpflicht bei den sog. Personensteuern und dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, da es für die steuerliche Leistungsfähigkeit nicht darauf ankommt, wo die Einkünfte erzielt worden sind bzw. wo das Vermögen belegen ist.

Dieses Besteuerungsprinzip wird jedoch aus unterschiedlichen Gründen sowohl zugunsten als auch zuungunsten der Steuerpflichtigen mannigfaltig durchbrochen. Bestimmte ausländische Einkünfte unterliegen z.B. aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen nicht der deutschen Besteuerung.

Ausländische Einkünfte werden im Inland durch Anrechnung der im Ausland erhobenen Steuer auf die deutsche Steuer nicht oder nur ermäßigt besteuert. Andererseits werden z.B. bestimmte ausländische Verluste bei der inländischen Besteuerung aufgrund von Verlustausgleichsbeschränkungen (z.B. gem. § 2a I u. II EStG) nicht berücksichtigt.

II. Territorialprinzip

Im Territorialprinzip konkretisiert sich die beschränkte Steuerpflicht bei den sog. Personensteuern und die Beschränkung des deutschen Besteuerungsanspruches bei den Objektsteuern auf Inlandssachverhalte (Gewerbesteuer, Grundsteuer).

III. Betriebsstättenprinzip

Das Betriebsstättenprinzip beschreibt die Besteuerungsbefugnisse im Rahmen eines DBA bei (gewerblichen) Unternehmen.

Der Quellenstaat (Belegenheitsstaat der Betriebsstätte) darf die Einkünfte eines ausländischen (gewerblichen) Unternehmens (= Stammhaus) nur dann besteuern, wenn das Stammhaus seine Tätigkeit in diesem Vertragsstaat durch eine hier gelegene Betriebsstätte ausübt (Art. 7 I OECD-MA).

IV. Wohnsitz(staat)prinzip

Dieses Wohnsitz(staat)prinzip ist allgemein Ausfluß der unbeschränkten Steuerpflicht bei den Personensteuern sowie des Welteinkommensprinzips.

Das OECD-MA versucht die Doppelbesteuerung vorrangig dadurch zu vermeiden, daß dem jeweiligen Wohnsitzstaat einer (natürlich oder juristischen) Person das alleinige Besteuerungsrecht zugebilligt wird.

Dieser Grundsatz wird jedoch häufig durchbrochen, z.B. durch das Betriebsstättenprinzip, das Quellenstaatprinzip oder das Belegenheitsprinzip.

V. Quellen(staat)prinzip

Das Quellen(staat)prinzip ist allgemein Ausfluß der beschränkten Steuerpflicht bei den Personensteuern. Der jeweilige Quellenstaat soll für die in seinem Territorium (Staatshoheitsgrenzen) erzielten Einkünfte ein Besteuerungsrecht haben, das im DBA ggf. der Höhe nach beschränkt werden kann (Begrenzung der Höhe von Abzugsteuern = Quellensteuern = Kapitalertragsteuern).

VI. Belegenheitsprinzip

Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen (bei den Ertragsteuern) und das unbewegliche Vermögen selbst (bei den Substanzsteuern) können bei einem DBA in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem das Vermögen gelegen ist (Art. 6 I + Art. 22 I OECD-MA).

VII. Freistellungs- und/oder Anrechnungsprinzip

Das Freistellungs- bzw. Anrechnungsprinzip ist Ausfluß des Wohnsitzstaatprinzips.

Wenn nach dem OECD-MA sowohl der Quellen- bzw. Belegenheitsstaat als auch der Wohnsitzstaat einer Person ein Besteuerungsrecht für Einkünfte oder Vermögenswerte hat, soll in diesem Fall der Wohnsitzstaat die drohende Doppelbesteuerung durch Freistellung oder Anrechnung vermeiden (Art. 23A/23B OECD-MA).

C. Einfluß der Besteuerung auf die internationale Standortwahl

I. Grundsätzliche Überlegungen bei der steuerlich determinierten Standortwahl

1. Der Grad der Standortabhängigkeit von steuerlichen Einflußgrößen ist stark von der jeweiligen Branche abhängig.

Beispiel:

- Rohstoffgewinnung: Entscheiden ist das Rohstoffvorkommen

- Produktionstätigkeit: Bei einer Produktionstätigkeit sind diverse Faktoren für die Standortwahl entscheidend, z.B.

(1) Infrastruktur
(2) Lage des Absatz- und Beschaffungsmarktes
(3)Gesamtwirtschaftliche und politische Stabilität
(4)Besteuerung (nachrangig)

- Dienstleistungsgesellschaften: Wenige Standortfaktoren sind entscheidend (Personalkosten, Beschaffenheit des Absatzmarktes)

- Finanzierungsgesellschaften: Die Besteuerung wird zum entscheidenden Standortfaktor (Kurzfristige und kostengünstige Verlagerung einer Finanzierungsgesellschaft ist möglich)

2. Die Branchen reagieren unterschiedlich bei der internationalen Standortwahl auf unterschiedliche Steuereinflußgrößen (z.B. steuerliche Investitionsförderungsmaßnahmen im Rahmen der Ermittlung der Bemessungsgrundlage; allgemein Begünstigung des jeweiligen Wirtschaftsstandortes durch niedrige Ertragsteuersätze).

- Kapitalintensive Produktionsunternehmen werden vor allem durch steuerliche Investitionsförderungsmaßnahmen im Rahmen der Ermittlung der Bemessungsgrundlage (z.B. Sonderabschreibungen, Sofortabschreibungen, steuerfreie Investitionszulagen, Bewertungsfreiheiten beim Vorratsvermögen) bei der internationalen Standortwahl beeinflußt.
- Lohnintensive Dienstleistungsunternehmen (z.B. Softwareentwicklung) werden eher durch niedrige Ertragsteuersätze bei der internationalen Standortwahl beeinflußt.

3. Die internationalen Standortwahl wird nicht nur durch die steuerlichen Rahmenbedingungen im jeweiligen Aktivitätsstaat, sondern auch entscheidend vom deutschen Außensteuerrecht (AStR) sowie von den bestehenden DBA beeinflußt.

4. An sich ungünstige steuerliche Rahmenbedingungen im Aktivitätsstaat (z.B. bei der Tochtergesellschaft) können ggf. durch steuerliche Gestaltungsmaßnahmen (z.B. Gesellschafterfremdfinanzierung der ausländischen TG) ausgehebelt werden, so daß die steuerlich determinierte Standortwahl weitgehend bedeutungslos werden kann.

5. Die internationale Standortwahl kann sich beziehen auf die

a) Wahl zwischen einem inländischen oder ausländischen Standort

Einflußgrößen des deutschen AStR z.B.

(1) Verlustverrechnungsbeschränkungen des § 2a I + II EStG bei bestimmten ausländischen Verlusten (keine grenzüberschreitende Verlustverrechnung bei bestimmten „passiven“ Tätigkeiten)
(2) Körperschaftsteuerliche Organschaft gem. §§ 14 ff. KStG auf Inlandssachverhalte beschränkt (Verluste ausländischer Tochtergesellschaften können nicht grenzüberschreitend verrechnet werden)
(3) Bestimmte Aktivitätserfordernisse gem. § 8 AStG zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur bei Wirtschaftsaktivitäten im Ausland.
(4) Hinzurechnungsbesteuerung gem. §§ 7 ff. AStG nur bei bestimmten passiven Tätigkeiten im Ausland (= Diskriminierung von ausländischen Wirtschaftsstandorten)

b) Wahl zwischen mehreren alternativen ausländischen Standorten Unterscheidungsmöglichkeiten z.B.

(1) EU-Staaten vs. Drittstaaten (Begünstigung von EU-Staaten durch sog. Mutter-Tochter- Richtlinien = Reduzierung des Kapitalertragsteuerabzuges bei Gewinnausschüttungen zwischen verbundenen Unternehmen; durch sog. Fusionsrichtlinien bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen)
(2) DBA- vs. Nicht-DBA-Staaten (insbes. Vermeidung der Doppelbesteuerung in Deutschland durch Steuerfreistellung; damit bleiben die im Ausland erhaltenen Steuervergünstigungen bei DBA-Staaten erhalten)
(3) Entwicklungsländer vs. Nicht- Entwicklungsländer (hat Bedeutung für die fiktive Steueranrechnung = „Quasi-Freistellung“ gem. § 26 III KStG i.V.m. der Anlage zu § 5 KStDV)
(4) Diskriminierung von Wirtschaftsstandorten in sog. Niedrigsteuerländern (Ertragsteuersatz unter 30 %, § 8 III AStG) durch die Hinzurechnungsbesteuerung gem. §§ 7 ff. AStG.

30.04.1997

II. Steuersystembedingte Belastungsunterschiede

Steuersystembedingte Belastungsunterschiede zwischen alternativen Aktivitätsstaaten, die die internationale Standortwahl beeinflussen, können sich z.B. ergeben aus:

1. Verhältnis der direkten zu den indirekten Steuern bei der Erzielung des Steueraufkommens
- Bei der internationalen Standortwahl sind die direkten Steuern regelmäßig von größerer Bedeutung

2. Anzahl der staatlichen Ebenen bei der Steuererhebung

- Steuererhebung nur auf staatlicher Ebene
- Steuererhebung auch auf Ebene der Bundesstaaten, Provinzen usw. (z.B. in USA, Kanada, Japan)
- Steuererhebung auch auf Gemeindeebene (z.B. in USA, Japan)

3. Beachtung des Nettoprinzips bei der Steuererhebung (Berücksichtigung von Betriebsausgaben, von Verlusten aus anderen Aktivitäten im jeweiligen Staat oder aus anderen Perioden)

4. Schärfe der Steuerkontrolle (Intensität der steuerlichen Betriebsprüfung)

5. Verhältnis der nicht überwälzbaren Ertrag-, Substanz- und Verkehrsteuern zueinander

6. Körperschaftsteuersystem bei der Wahl einer TG (Kapitalgesellschaft) als Rechtsstruktur (Rechtsform) für die wirtschaftliche Aktivität (Klassisches System, Teilanrechnungssystem, Vollanrechnungssystem; Behandlung von Steuerausländern)

7. Steuerliches Gefüge aus der Höhe des Ertragsteuersatzes und Vorschriften für die Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage (z.B. steuerliche Investitionsfördermaßnahmen in der Form von Sonderabschreibungen, Steuergutschriften1, Investitionszulagen)

8. Steuerliche Besonderheiten, die nicht für den gesamten Aktivitätsstaat charakteristisch sind (z.B. Sonderwirtschaftszonen mit besonders günstigen steuerlichen Rahmenbedingungen, z.B. neue Bundesländer, Dublin Docks Companies in Irland, Sonderwirtschaftszonen in der VR China usw.)

9. Steuerliche Sonderförderprogramme zur Begünstigung von Direktinvestitionen aus dem Ausland (u.a. Steuerfreiheit von Gewinnen in der Anlaufphase, z.B. innerhalb der ersten fünf oder zehn Jahre, Bsp.: Ägypten)

III. Ermittlung effektiver (Grenz-)Steuersätze

Um die Steuerbelastung für Investitionen bei alternativen ausländischen Wirtschaftsstandorten aus dem Zusammenwirken von Steuersätzen, Steuerbemessungsgrundlagen und sog. „Subventionstatbeständen“ (steuerliche Investitionsförderungsmaßnahmen, z.B. in Form von Investitionszulagen) zu messen, bietet sich die Ermittlung effektiver Grenzsteuerbelastungen an.

Effektive Grenzsteuerbelastungen setzten Änderungen von Steuerzahlungen zu Änderungen einer wirtschaftlichen Zielgröße für Investitionen (z.B. die Rendite) bei der Messung von Entscheidungswirkungen durch die Besteuerung ins Verhältnis.

Einfaches Beispiel zum Verständnis der effektiven Grenzsteuerbelastung (D. Schneider):

Ein Sparer unterliegt einem Grenzsteuersatz bei der Einkommensteuer von 40 %. Die Hälfte seiner Anleiherendite erzielt er aus steuerpflichtigen Zinsen, die andere Hälfte aus steuerfreien Kursgewinnen. Die effektive Grenzsteuerbelastung dieser Finanzanlage beträgt nur 20 %, obwohl sich der Grenzsteuersatz des Sparers auf 40 % beläuft.

Internationale Steuerbelastungsvergleiche auf der Grundlage effektiver Grenzsteuerbelastungen für Investitionen können (nur bedingt, vor allem wegen der nicht abschließend berücksichtigten Gestaltungsabhängigkeit der Steuerbelastung) bei der steuerlich determinierten Standortwahl von Nutzen sein.

Die effektive Grenzsteuerbelastung wird u.a. durch folgende Einflußgrößen bestimmt:

- Art der Investition (z.B. Gebäude, Maschinen, Vorräte)
- Branche (z.B. verarbeitendes Gewerbe, Handel, Dienstleistungen)
- Art der Finanzierungsquelle für die Investition (z.B. Beteiligungsfinanzierung, Gesellschafterfremdfinanzierung, Fremdfinanzierung über den freien Kapitalmarkt, Selbstfinanzierung durch Gewinneinbehaltungen)
- Arten von Geldgebern bei Finanzierung über den freien Kapitalmarkt (z.B. private Haushalte, steuerbefreite Institutionen, Versicherungsgesellschaften)

Die sich daraus ergebende Spannweite der effektiven Grenzsteuerbelastung für Investitionen reicht vom negativen Bereich (z.B. fremdfinanzierte Investitionen durch steuerbefreite Institutionen) bis über 100 %.

Lit.: Schneider, D., WPg 1988, S. 281-291 und S. 328-338

D. Einfluß der Besteuerung auf die Wahl der Rechtsstruktur der ausländischen Unternehmenseinheit

I. Rechtsstruktur-Alternativen

Bei der Bezeichnung der rechtlichen Organisationsform, in der eine grenzüberschreitende Geschäftsaktivität ausgeübt werden kann, wird im allgemeinen der Begriff der „Rechtsstruktur“ (statt Rechtsform) verwendet, da auch rechtlich unselbständige Unternehmensteile begrifflich mit erfaßt werden sollen.

Grundformen für die Ausübung einer grenzüberschreitenden Geschäftsaktivität:

(1) Direktgeschäft

Ausfuhr von Waren (Außenhandel) oder Einbringung von gewerblichen Dienstleistungen ohne festen Stützpunkt im Ausland (keine Zweigniederlassung/Filiale/Betriebsstätte oder Bestellung eines ständigen Vertreters/Handelsvertreters/Kommissionärs).

Gewinne aus einem Direktgeschäft (z.B. aus einzelnen Warenlieferungen ins Ausland) werden regelmäßig nicht im Ausland (im Rahmen der dortigen beschränkten Steuerpflicht) besteuert, sondern nur im Inland (im Rahmen der deutschen Unternehmensbesteuerung).

Deutschland setzt umgekehrt für das Vorliegen von inländischen Einkünften aus Gewerbebetrieb im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht das Vorliegen einer inländischen Betriebsstätte (§ 12 AO) oder die Bestellung eines ständigen Vertreters (§ 13 AO) voraus (§ 49 I Nr. 2 Buchst. a EStG).

Ausnahme von obigem Grundsatz: Sog. Liefergewinnbesteuerung in einigen wenigen Entwicklungsländern (Nicht-DBA-Staaten), z.B. bei Bau- und Montagetätigkeiten. Pauschaler Bruttogewinn/-wert (ohne Abzug von Aufwendungen) wird einer dortigen Besteuerung zugrundegelegt (Steuersatz z.B. 5 % oder 10 % der Auftragssumme)

(2) Betriebsstätte

Ein rechtlich unselbständiger Unternehmensteil (Zweigniederlassung/Filiale) eines grenzüberschreitend tätigen, rechtlich einheitlichen Unternehmens (Einheitsunternehmen).

Das inländische Trägerunternehmen wird unabhängig von der Rechtsform (Einzelunternehmen, Personengesellschaft, Kapitalgesellschaft) als „Stammhaus“ bezeichnet.

Der Begriff der Betriebsstätte wird für Zwecke der inländischen Besteuerung in § 12 AO definiert („Betriebsstätte ist jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient“).

Die Steuerrechte ausländischer Staaten enthalten im allgemeinen vergleichbare Begriffsdefinitionen.

Darüber hinaus enthalten die DBA regelmäßig eine eigenständige Betriebsstättendefinition für die Zuordnung von Besteuerungsrechten.

Der Betriebsstättenbegriff dient vor allem als Steueranknüpfungsmerkmal für die Besteuerung der Gewinne eines ausländischen Unternehmens im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht des jeweiligen Belegenheitsstaates (Frage: Dürfen die Gewinne des ausländischen Unternehmens im Aktivitätsstaat besteuert werden oder nicht?).

(3) Tochtergesellschaft (Tochter-Kapital-Gesellschaft)

Eine rechtlich selbständige Kapitalgesellschaft nach ausländischem Recht (Sitz und Geschäftsleitung im Ausland).

Beim Begriff der Tochtergesellschaft (TG) wird eine gewisse Einflußmöglichkeit vorausgesetzt, die regelmäßig durch eine gewisse Mindestbeteiligung zum Ausdruck kommt (im allgemeinen wird nur bei einer Beteiligung von mindestens 10 % von einer TG gesprochen).

Das inländische Trägerunternehmen wird unabhängig von der Rechtsform (Einzelunternehmen, Personengesellschaft, Kapitalgesellschaft) als „Mutterunternehmen“ oder häufiger als „Muttergesellschaft“ bezeichnet.

Die TG unterliegt der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht im jeweiligen Ansässigkeitsstaat.2

Der Gesellschafter einer TG (= MG) unterliegt i.d.R. keiner Steuerpflicht im Ausland (Trennungsprinzip aufgrund der rechtlichen Selbständigkeit der TG).

Bei einbehaltenen Gewinnen der TG (= Gewinnthesaurierung) unterliegt der (inländische) Gesellschafter mit diesen Gewinnen nicht der deutschen Besteuerung (sog. Abschrimwirkung einer ausländischen TG).

Ausnahme: Hinzurechnungsbesteuerung gem. §§ 7-14 AStG.

Bei Gewinnausschüttungen der TG unterliegt der inländische Gesellschafter der beschränkten Steuerpflicht im Ansässigkeitsstaat der TG. I.d.R. werden die Gewinnausschüttungen mit einer Kapitalertragsteuer (Quellensteuer, Abzugsteuer) belastet.

Typische Beispiele:

- 25 % bei Nicht-DBA-Staaten (auch in Deutschland),

- 5 % oder 15 % bei DBA-Staaten,

- 0 % bei EU-Staat und einem Mutter-Tochter-Verhältnis, d.h. bei mindestens 25 %-iger Beteiligung. Gewinnausschüttungen der ausländischen TG unterliegen im Inland der unbeschränkten Steuerpflicht. Entweder erfolgt die Vermeidung der Doppelbesteuerung durch Anwendung der

- Freistellungsmethode (Steuerfreistellung der Dividenden im Inland, wenn

1. DBA-Fall und
2. mindestens 10 % Beteiligung = sog. internationales Schachtelprivileg und
3. inländischer Gesellschafter muß Körperschaftsteuersubjekt sein (nicht bei natürlichen Personen))

07.05.1997

- Die Anrechnungsmethode kommt i.d.R. in Nicht-DBA-Fällen oder in DBA-Fällen bei Streubesitzdividenden (Beteiligungen unter 10 %) bzw. bei einer nicht „aktiven“ Tätigkeit der Tochtergesellschaft (sofern Aktivitätskatalog im DBA) zur Anwendung.

(4) Beteiligung an ausländischer Personengesellschaft

Ein inländisches Unternehmen kann sich auch als Gesellschafter (Mitunternehmer) an einer ausländischen Personengesellschaft beteiligen.

Dieser Fall wird im allgemeinen nicht gesondert behandelt, da weitgehend die gleichen Besteuerungsgrundsätze zum Tragen kommen wie bei einer Betriebsstätte im Ausland.

Besondere Besteuerungsprobleme ergeben sich international bei Personengesellschaften, wenn der ausländische Staat sie für Zwecke der Besteuerung wie eine juristische Person behandelt, Deutschland bei einem sog. „Rechtstypenvergleich“ (grundlegend sog. „Venezuela-Entscheidung“ des RFH v. 12.2.1930, RStBl. 1930, S. 444) jedoch von einer Personengesellschaft ausgeht („Qualifikationskonflikt“).

Begriff der Direktinvestition

Die Begriffe Betriebsstätte, Tochtergesellschaft und Beteiligung an ausländischer Personengesellschaft werden regelmäßig unter dem Begriff Direktinvestition zusammengefaßt.

Charakteristisch ist hierbei, daß eine gewisse Einflußmöglichkeit des inländischen Trägerunternehmens auf die ausländische Untereinheit besteht.

Bei einer sog. „Portfolioinvestition“ (z.B. 5 % Anteile an einer ausländische Kapitalgesellschaft) besteht diese Einflußmöglichkeit nicht.

Begriff „Rechtsstruktur-Alternativen“

Wenn dieser Begriff verwendet wird, geht es regelmäßig um die Frage, ob bei der Durchführung einer Direktinvestition im Ausland aus steuerlichen Gründen die (rechtlich unselbständige) Betriebsstätte oder die (rechtlich selbständige) Tochtergesellschaft (ausländische Kapitalgesellschaft) vorteilhafter ist.

II. Gründungsbesteuerung und Überführung von Wirtschaftsgütern über die Steuerhoheitsgrenze

1. Bargründung

Da die Bargründung einer ausländischen Unternehmenseinheit (Betriebsstätte, Tochtergesellschaft) regelmäßig ohne größere steuerliche Probleme ist (ggf. fällt eine Gesellschaftsteuer = „Stempelsteuer“ für die Ausgabe von Gesellschaftsrechten durch eine ausländische Kapitalgesellschaft an; regelmäßig nicht höher als 1 %), beschränken sich die weiteren Ausführungen im wesentlichen auf die Sachgründung.

2. Sachgründung

a) Sachgründung einer ausländischen Betriebsstätte durch Überführung von Wirtschaftsgütern vom Inland ins Ausland

Bei der Sachgründung einer Betriebsstätte wird regelmäßig inländisches Betriebsvermögen in die ausländische Betriebsstätte überführt. In diesem Fall ist die Frage von Bedeutung, ob die in den überführten Wirtschaftsgütern enthaltenen stillen Reserven mit gewinnrealisierender Wirkung aufgelöst werden.

Bei der Errichtung einer ausländischen Betriebsstätte sind die durch die Betriebsstätte genutzten Wirtschaftsgüter aus der Bilanz des inländischen Stammhauses auszubuchen und in die Betriebsstättenbilanz einzubuchen (= Prinzip der wirtschaftlichen Zugehörigkeit als Zurechnungsregel für die Wirtschaftsgüter).

Die gewinnrealisierende Auflösung von stillen Reserven bei der Überführung von Wirtschaftsgütern vom inländischen Stammhaus in die ausländische Betriebsstätte ist davon abhängig, ob es sich beim Belegenheitsstaat der Betriebsstätte um einen DBA-Staat handelt, mit dem für Betriebsstätteneinkünfte (ggf. unter Beachtung eines Aktivitätsvorbehalts) die Freistellungsmethode vereinbart wurde.

Nicht-DBA-Fall oder DBA-Fall mit Anrechnungsmethode

Liegt kein DBA-Staat mit Vereinbarung der Freistellungsmethode vor, kann (Wahlrecht des Steuerpflichtigen) die Überführung der Wirtschaftsgüter in die ausländische Betriebsstätte erfolgsneutral (zu Buchwerten) erfolgen. Nach Verwaltungsauffassung ist es jedoch nicht zu beanstanden, wenn der Steuerpflichtige die Überführung des Wirtschaftsgutes wie eine Entnahme behandelt (Teilwertansatz, vgl. R 14 II S. 3 EStR).

DBA-Fall mit Freistellungsmethode

Liegt DBA-Fall mit Vereinbarung der Freistellungsmethode vor, müssen die in den überführten Wirtschaftsgütern enthaltenen stillen Reserven nach höchstrichterlicher Rechtsprechung aufgedeckt werden (sog. finale Entnahmetheorie).

Bewertungsmaßstab ist dabei der Fremdvergleichspreis (dealing at arm’s length - Preis), d.h. der Preis, den unabhängige Dritte unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen vereinbart hätten.

Die sofortige Versteuerung der aufgedeckten Reserven kann jedoch (Wahlrecht des Steuerpflichtigen) nach Auffassung der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben v. 12.2.1990, BStBl. I 1990, S. 72) bis zur tatsächlichen Realisierung in der ausländischen Betriebsstätte durch Anwendung der Ausgleichspostenmethode vermieden werden (Methode der aufgeschobenen Gewinnverwirklichung).

Die erfolgt durch Bildung eines (passiven) Ausgleichspostens in der Stammhausbilanz und eines (aktiven) Ausgleichspostens in der Betriebsstättenbilanz.

Bei nicht abnutzbaren Anlagegütern und bei Umlaufvermögen erfolgt die Gewinnrealisierung im Inland durch Auflösung des Ausgleichspostens erst im Zeitpunkt des Ausscheidens (regelmäßig durch Veräußerung) aus der ausländischen Betriebsstätte.

Bei abnutzbaren Anlagegütern erfolgt die gewinnrealisierende Auflösung der stillen Reserven (Auflösung des Ausgleichspostens) nach Verwaltungsauffassung zeitanteilig über die restliche Abschreibungsdauer (dies würde eine gleichmäßige Auflösung der stillen Reserven zur Folge haben; vertretbar erscheint jedoch eine Auflösung der stillen Reserven entsprechend der angewandten Abschreibungsmethode).

Der Steuerpflichtige darf nach Verwaltungsauffassung das Wahlrecht

- für Anlagevermögen oder Umlaufvermögen
- für jedes Wirtschaftsjahr (kann jedes WJ neu entschieden werden)
- nur jeweils einheitlich
- für alle in ausländische Betriebsstätten

überführten Wirtschaftsgüter ausüben (d.h. für alle Betriebsstätten muß das gleiche Wahlrecht ausgeübt werden).

Die für ein Wirtschaftsgut gewählte steuerliche Behandlung bleibt auch für die folgenden Wirtschaftsjahre maßgeblich.

b) Sachgründung einer ausländischen Tochtergesellschaft durch Überführung von Wirtschaftsgütern vom Inland ins Ausland

Sacheinlagen in eine ausländische Tochtergesellschaft (TG) gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten führen wegen des Trennungsprinzips grds. zur Gewinnrealisierung beim einbringenden Mutterunternehmen (sofortige Versteuerung).

Die Bewertung der Sacheinlage hat mit dem Fremdvergleichspreis zu erfolgen. Steuererleichterungen können ggf.

- durch Anwendung des § 6 b EStG
- durch Anwendung des Tauschgutachtens des BFH v. 16.12.1958 (BStBl. III 1959, S. 30) bei eingebrachten Beteiligungen oder
- durch § 8 b II KStG bei Veräußerung von ausländischen Schachtelbeteiligungen an die ausländische TG

erzielt werden.

In den Fällen, in denen die Voraussetzungen des § 23 UmwStG (Einbringung in der EU) erfüllt sind, kann auf eine Gewinnrealisierung durch eine Buchwertfortführung beim Einbringenden und Buchwertverknüpfung bei der übernehmenden EU-Kapitalgesellschaft verzichtet werden. Voraussetzung dafür ist, daß eine

- unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige Kapitalgesellschaft
- einen Betrieb oder Teilbetrieb
- in eine inländische Betriebsstätte (d.h. körperlich verlassen Gegenstände Deutschland nicht)
- einer EU-Kapitalgesellschaft einbringt und
- für die Einbringung neue Anteile der übernehmenden EU-Kapitalgesellschaft erhält.

14.05.1997

III. Laufende Besteuerung der Rechtsstruktur-Alternativen

1. Betriebsstättenbesteuerung einschließlich Fragen der internationalen Gewinnabgrenzung

a) Anzeige-, Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten

Unbeschränkt steuerpflichtige haben dem zuständigen inländischen Finanzamt die Errichtung einer Betriebsstätte im Ausland sowie den Erwerb einer Beteiligung an einer ausländischen Personengesellschaft gem. § 138 AO mitzuteilen.

Die handelsrechtliche Buchführungspflicht gem. § 238 HGB umfaßt das gesamte Unternehmen einschließlich der ausländischen Betriebsstätte. Dies gilt auch für steuerliche Zwecke (§ 140 AO). Im Rahmen der Gesamtbuchführung muß eine gesonderte Betriebsstättenbuchführung erkennbar sein (gesonderte Konten).

Besteht nach dem Recht des Betriebsstättenstaates die Verpflichtung, für diese Bücher und Aufzeichnungen zu führen, so können die Ergebnisse der ausländischen Betriebsstättenbuchführung in die inländische Gesamtbuchführung übernommen werden (§ 146 II S. 2 u. 3 AO).

Dabei sind die erforderlichen Anpassungen an die deutschen steuerrechtlichen Vorschriften vorzunehmen und kenntlich zu machen (§ 146 II S. 4 AO). Darüber hinaus hat eine sachgerechte Währungsumrechnung zu erfolgen, d.h. es ist kein bestimmtes Währungsumrechnungsverfahren vorgeschrieben (z.B. nach dem Stichtagskursverfahren oder nach dem Zeitbezugsverfahren, vgl. BFHUrteil v. 13.9.1989, BStBl. II 1990, S. 57).

Beim Zeitbezugsverfahren - gilt als das genaueste Verfahren - werden unter Beachtung des Niederstwertprinzips und des Imparitätsprinzips die AK/HK sowie die Abschreibungen zu historischen Kursen, Nominalgüter dagegen zum Stichtagskurs umgerechnet.

Ausländische Buchführungsunterlagen müssen, soweit es zum Verständnis und zur Prüfung der gesonderten Betriebsstättenbuchführung erforderlich ist, ggf. den deutschen Finanzbehörden im Original vorgelegt werden.

Bei fremdsprachigen Belegen kann die Finanzverwaltung eine Übersetzung in deutscher Sprache verlangen (§ 146 III AO).

b) Gewinnermittlung

Die Höhe der Betriebsstätteneinkünfte ist für deutsche steuerliche Zwecke (Welteinkommensprinzip bei unbeschränkter Steuerpflicht, Anrechnung der ausländischen Steuern, Progressionsvorbehalt, grenzüberschreitende Verlustberücksichtigung) nach den Vorschriften des deutschen Steuerrechts zu ermitteln, für ausländische steuerliche Zwecke nach den Steuervorschriften des jeweiligen Belegenheitsstaates.

Der Gewinn einer ausländischen Betriebsstätte ist - international allgemein anerkannt - so zu ermitteln, als wäre sie vom Stammhaus völlig unabhängig gewesen (sog. Unabhängigkeitsfiktion, Selbständigkeitsfiktion, vgl. Art. 7 II OECD-MA).

Die Abrechnung der innerbetrieblichen Lieferungs- und Leistungsbeziehungen zwischen Betriebsstätte und Stammhaus muß für Zwecke der steuerrechtlichen Anerkennung dem Fremdvergleichsgrundsatz standhalten.

Schuldrechtliche Vertragsbeziehungen zwischen Betriebsstätte und Stammhaus können nicht mit steuerrechtlicher Anerkennung begründet werden.

Die Zuordnung von Einkünften und Vermögenswerten, von Aufwendungen und Erträgen, von Forderungen und Schulden usw. erfolgt nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Zugehörigkeit.

Der Betriebsstättengewinn ist (nach Tz. 11 und 25 des Kommentars zum OECD-MA sowie nach der deutschen höchstrichterlichen Rechtsprechung und Auffassung der Finanzverwaltung) vorrangig nach der direkten oder (nachrangig) nach der indirekten Gewinnermittlungsmethode zu ermitteln.

Bei der direkten Gewinnermittlungsmethode bemißt sich der Betriebsstättengewinn nach dem von der Betriebsstätte erbrachten Einzelleistungen. Grundlage ist die eigenständige Betriebsstättenbuchführung und die exakte Gewinnabgrenzung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte nach Fremdvergleichsgrundsätzen.

Bei der indirekten Gewinnermittlungsmethode wird der Gesamtgewinn des Einheitsunternehmens nach bestimmten Schlüsseln (Umsatz, Arbeitslöhne, Betriebsvermögen usw.) ermittelt.

Das EK (Dotationskapital) einer Betriebsstätte kann bei Funktionsgleichheit und gleichem Wirtschaftszweig von Betriebsstätte und Stammhaus aus der Eigenfinanzierungsquote des Einheitsunternehmens nach der sog. Kapitalspiegeltheorie bestimmt werden. Dies ermöglicht z.B. die Zuordnung von Fremdfinanzierungszinsen für finanzielle Mittel, die der Betriebsstätte vom Stammhaus zur Verfügung gestellt worden sind.

c) Besteuerungsgrundsätze bei ausländischen Betriebsstätten

Beschränkte Steuerpflicht des inländischen Stammhauses mit den Betriebsstätteneinkünften nach Maßgabe des ausländischen Steuerrechts des Belegenheitsstaates der Betriebsstätte.

Unbeschränkte Steuerpflicht für die Betriebsstätteneinkünfte im Inland (Welteinkommensprinzip).

Die ausländische Personensteuer darf für Zwecke der deutschen Besteuerung die Höhe der ausländischen Betriebsstätteneinkünfte nicht mindern (§ 12 Nr. 3 EStG, § 10 Nr. 2 KStG).

Vermeidung der Doppelbesteuerung bei der Gewerbesteuer durch Kürzungsvorschriften (§ 9 Nr. 3 und § 12 IV Nr. 1 GewStG), nur insoweit Verwirklichung des Territorialitätsprinzips bei der Gewerbesteuer.

Vermeidung der Doppelbesteuerung im Nicht-DBA-Fall bei der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch

- Anrechnungsmethode (§ 34c I EStR, § 26 I KStG, ausländische Steuer wird bis zur Höhe der deutschen Steuer angerechnet), oder auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die
- Abzugsmethode (§ 34c II EStR, § 26 IV S. 1 KStG, ausländische Steuer wird bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen), oder auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die
- Pauschalierungsmethode3 (§ 34c V EStG i.V.m. dem sog. Pauschalierungserlaß v. 10.4.1984, BStBl. I 1984, S. 252, BeckR 100/26.1), ausländische Betriebsstätteneinkünfte werden pauschal mit 25 % besteuert ohne Anrechnung oder Abzug der ausländischen Steuer.

Ausländische Betriebsstättenverluste können im Nicht-DBA-Fall unter Beachtung der Verlustausgleichsbeschränkung des § 2a I, II EStG grenzüberschreitend verrechnet werden.

Soweit im DBA-Fall die Freistellungsmethode für Betriebsstätteneinkünfte (ggf. unter Beachtung eines Aktivitätsvorbehalts) vereinbart worden ist, erfolgt die Vermeidung der Doppelbesteuerung der Betriebsstätteneinkünfte im Inland durch Steuerfreistellung.

Aktivitätsvorbehalt bedeutet, daß die Betriebsstätteneinkünfte nur dann in Deutschland steuerfrei gestellt werden, wenn die Einkünfte der Betriebsstätte ausschließlich oder fast ausschließlich (d.h. mindestens zu 90 %, vgl. Abschnitt 76 IX S. 1 KStR) aus bestimmten im DBA (ggf. Protokoll oder Notenwechsel) bezeichneten Tätigkeiten stammen.

Die steuerfrei gestellten Einkünfte unterliegen jedoch bei inländischen Einkommensteuersubjekten (Einzelunternehmen, Gesellschafter inländischer Personengesellschaften) einem Progressionsvorbehalt (§ 32b I Nr. 3, II Nr. 2 EStG).

Im DBA-Fall können ausländische Betriebsstättenverluste nur auf Antrag mit der Möglichkeit der späteren Wiederhinzurechnung bei Gewinnen der Betriebsstätte berücksichtigt werden (§ 2a III, IV EStG).

Ansonsten wirken sich ausländische Betriebsstättenverluste im DBA-Fall nur über den „negativen“ Progressionsvorbehalt aus.

2. Besteuerungsgrundsätze bei ausländischen Tochtergesellschaften

Eine rechtlich selbständige Kapitalgesellschaft nach ausländischem Recht (Sitz und Geschäftsleitung im Ausland).

Beim Begriff der Tochtergesellschaft (TG) wird eine gewisse Einflußmöglichkeit vorausgesetzt, die regelmäßig durch eine gewisse Mindestbeteiligung zum Ausdruck kommt (im allgemeinen wird nur bei einer Beteiligung von mindestens 10 % von einer TG gesprochen).

Das inländische Trägerunternehmen wird unabhängig von der Rechtsform (Einzelunternehmen, Personengesellschaft, Kapitalgesellschaft) als „Mutterunternehmen“ oder häufiger als „Muttergesellschaft“ bezeichnet.

Die TG unterliegt der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht im jeweiligen Ansässigkeitsstaat.4

Der Gesellschafter einer TG (= MG) unterliegt i.d.R. keiner Steuerpflicht im Ausland (Trennungsprinzip aufgrund der rechtlichen Selbständigkeit der TG).

Bei einbehaltenen Gewinnen der TG (= Gewinnthesaurierung) unterliegt der (inländische) Gesellschafter mit diesen Gewinnen nicht der deutschen Besteuerung (sog. Abschrimwirkung einer ausländischen TG).

Ausnahme: Hinzurechnungsbesteuerung gem. §§ 7-14 AStG.

Bei Gewinnausschüttungen der TG unterliegt der inländische Gesellschafter der beschränkten Steuerpflicht im Ansässigkeitsstaat der TG. I.d.R. werden die Gewinnausschüttungen mit einer Kapitalertragsteuer (Quellensteuer, Abzugsteuer) belastet.

Typische Beispiele:

- 25 % bei Nicht-DBA-Staaten (auch in Deutschland),
- 5 % oder 15 % bei DBA-Staaten,
- 0 % bei EU-Staat und einem Mutter-Tochter-Verhältnis, d.h. bei mindestens 25 %-iger Beteiligung.

Gewinnausschüttungen der ausländischen TG unterliegen im Inland der unbeschränkten Steuerpflicht. Entweder erfolgt die Vermeidung der Doppelbesteuerung durch Anwendung der

- Freistellungsmethode (Steuerfreistellung der Dividenden im Inland, wenn

1. DBA-Fall und
2. mindestens 10 % Beteiligung = sog. internationales Schachtelprivileg und
3. inländischer Gesellschafter muß Körperschaftsteuersubjekt sein (nicht bei natürlichen Personen))

- Die Anrechnungsmethode kommt i.d.R. in Nicht-DBA-Fällen oder in DBA-Fällen bei Streubesitzdividenden (Beteiligungen unter 10 %) bzw. bei einer nicht „aktiven“ Tätigkeit der Tochtergesellschaft (sofern Aktivitätskatalog im DBA) zur Anwendung.

21.05.1997

[...]


1 Nicht in Deutschland; ähnlich der Investitionszulage, setzen aber Gewinne/Steuerzahlungen voraus

2 „Belegenheitsstaat“ bezieht sich immer auf Betriebsstätte/Stammhaus, Ansässigkeitsstaat auf TG/MG

3 Niemals im DBA-Fall, sowohl Einkommensteuer als auch Körperschaftsteuer

4 „Belegenheitsstaat“ bezieht sich immer auf Betriebsstätte/Stammhaus, Ansässigkeitsstaat auf TG/MG

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Betriebswirtschaftliche Steuerlehre 4
Autor
Jahr
1996
Seiten
17
Katalognummer
V95328
ISBN (eBook)
9783638080064
Dateigröße
372 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Besteuerung der grenzüberschreitenden Unternehmenstätigkeit, Überblick über die Rechtsquellen des Au
Arbeit zitieren
Lars Michel (Autor:in), 1996, Betriebswirtschaftliche Steuerlehre 4, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95328

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Betriebswirtschaftliche Steuerlehre 4



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden