Allgemeine Volkswirtschaftslehre Teil IV


Skript, 1998

17 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Die Bedeutung von Unsicherheit im Keynesschen System o Der Geldmarkt
- Die Transaktionskasse
- Die Spekulationskasse
- Die Rolle der Finanzmärkte

2. Die Defination von Vermögen (Friedman)
- Die Geldnachfragetheorie
- Der Transmissionsmechanismus

3. Die Bedeutung von Keynesianismus und Monetarismus für die Geld- bzw. Wirtschaftspolitik

Literaturverzeichnis

Einleitung

Die folgende Arbeit beschäftigt sich im wesentlichen mit Keynes und der Neubegründung von Friedman der klassischen Quantitätstheorie und die entsprechenden Auswirkungen für die Geldpolitik. Nun einige Erklärungen zum System der Klassik. Aus Sicht der Klassiker wird Geld lediglich als Transaktionskasse zur Durchführung von Tauschgeschäften verwendet. Die Beziehung zwischen der Geldmenge und dem Transaktionsvolumen wird durch die sog. Quantitätstheorie des Geldes wiedergegeben. Das notwendige Verbindungsglied zwischen den Größen - die Geldmenge ist eine Bestandsgröße, das Transaktionsvolumen eine Strömungsgröße - ist die Umlaufgeschwindigkeit zur Bewältigung des Zahlungskreislaufes umschlägt. So gesehen hat die Quantitätstheorie zum Inhalt, daß bei gegebener Höhe des Geld- und Transaktionsvolumens sowie der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes auch das durchschnittliche Preisniveau bestimmt ist.1 )

Eine Erhöhung oder Verringerung der Geldmenge führt zu einem höheren oder verminderten Preisniveau. Der Kausalzusammenhang zwischen Änderung der Geldmenge und der Preise liegt in der Änderung der individuellen Einnahmen. Eine Erhöhung der Geldmenge bewirkt bei den einzelnen Wirtschaftssubjekten erhöhte Einnahmen. Da das Geld lediglich Tauschmittel ist und keinen ihm eigenen Nutzen stiftet, führen die Mehreinnahmen zu Mehrausgaben. Die Nachfrage nach Waren steigt; da Vollbeschäftigung unterstellt ist, steigen auch die Warenpreise.2 )

Dies folgert aus der Annahme, daß die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes eine fixierte Größe ist, die sich im Zeitablauf nicht oder nur wenig ändert. Denn wenn das Transaktions-Volumen allein von den Preisrelationen der Güter zueinander abhängig ist und in einem festen Verhältnis zur Geldmenge steht, dann muß das absolute Preisniveau in direkter Abhängigkeit zur Geldmenge stehen. Das bewirkt, daß eine Veränderung der Geldmenge als wirtschaftspolitische Maßnahme des Staates zur Sicherung der Vollbeschäftigung als schädlich abgelehnt wird. Zur Erhaltung der Vollbeschäftigung genüge es aus, eine ausreichend große Preisflexibilität sowie wirksame Konkurrenz zu sichern.3 )

1. Die Bedeutung von Unsicherheit im Keynesschen System

Die Unsicherheit geht an zwei Punkten mit Macht in die Bestimmung des Systemverhaltens ein:

1. Bei den Portfolioentscheidungen von Haushalten, Unternehmen und Finanzinstitutionen.
2. Bei den Ansichten, welche die Unternehmer, die Besitzer von Kapitalvermögen und die Bankiers der Unternehmen bzgl. Der voraussichtlichen Erträgnissen von Kapitalvermögen vertreten.4 )

Die beiden Punkte korrelieren stark bei den Investitionsentscheidungen, die eine Alternative darstellt, bei der die Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals mit dem Geldzins als Ertrag auf Geldanlagen verglichen wird. (Pkt. 2)

Der Geldzins wird im wesentlichen durch die Portfolioentscheidungen beeinflußt, wo die Wirtschaftsubjekte abhängig von der zukünftigen Erwartung des Kursniveaus ihr Vermögen entweder in Transaktions- oder Spekulationskasse halten.

In einer Welt der Unsicherheit sind Portfolio notwendigerweise spekulativ. Es gibt eine Nachfrage nach Geld als einem Wertaufbewahrungsmittel, weil in einer Welt, wo Spekulation unumgänglich ist, Geld nicht ertraglos ist und seinem Besitzer als Absicherung dient. So wird Geld gehalten, weil der Besitz an wirklichem Geld unsere Unruhe besänftigt und die Prämie, die wir fordern, damit wir uns von Geld trennen, ist das Maß für das Ausmaß der Unruhe. "Die Menge, die wir horten, kann nur verändert werden, wenn entweder die gesamte Geldmenge oder die Menge des laufenden Geldeinkommens sich ändern; dagegen können Schwankungen im Grad des Vertrauens eine ganz andersartige Wirkung entfachen, indem sie nicht den Betrag ändern, der tatsächlich gehortet wird, sondern die Höhe der Prämie, die angeboten werden muß, damit die Leute veranlaßt werden, nicht zu horten. Und Änderungen der Neigung zu horten bzw. des Zustandes der Liquiditätspräferenz, wie ich es nenne, beeinflußt nicht hauptsächlich die Preise, sondern den Zinssatz; eine jede Wirkung auf die Preise ist so durch Rückwirkung als letztendliche Folge einer Änderung des Zinssatzes erzeugt. 5 )

Die Investitionsentscheidung besteht aus zwei Elementen: dem Geldzins und der GrenzLeistungsfähigkeit des Kapitals. Die Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals ist nun entscheidend von den Ertragserwartungen abhängig, da nur zukünftige und demnach abzuschätzende Einnahmeströme und keinesfalls realisierte Ergebnisse Berücksichtigung finden können. Folglich mißt Keynes den Erwartungen in bezug auf die Investitionstätigkeit besondere Bedeutung bei und betrachtet die Grenzleistungsfähigkeit als zentralen Punkt, an dem die Erwartungen über die Zukunft die Gegenwart bestimmen.

"The schedule of the marginal efficiency of capital is of fundamental importance because it is mainly through this factor that the expectations of the future influences the present."6 )

In diesem Zusammenhang benutzt Keynes den Ausdruck "animal spirits", um den Optimismus oder Pessimismus von Investoren auszudrücken. "Animals spirits" deutet an, daß eine gute Basis für die Erwartungen, auf Grund derer die Investoren ihre Entscheidungen treffen, nicht existiert. Er argumentiert also, daß die Investitionsentscheidungen sehr stark dadurch beeinflußt werden, ob die Investoren optimistisch oder pessimistisch eingestellt sind.7 )

Um die Wirkung des Zinssatzes als investitionsbestimmenden Faktor zu erfaßen, unterstellt Keynes, daß die Erwartungen langfristig betrachtet, abgesehen von kurzfristigen Störungen, konstant sind.

- Der Geldmarkt

Keynes sieht im Geldzins nicht die Entlohnung für Konsumverzicht und nicht die Funktion des Ausgleichs von Investition und Sparen. Der Zins ist für Keynes ein monetäres Phänomen.

"The rate of interest is not the price which brings into equilibrium the demand for resources to invest with the readiness to abstain from present consumption. It is the price which equilibrates the desire to hold wealth in the form of cash with the available quantity of cash."8 )

- Die Transaktionskasse

In diesem Zusammenhang stellt sich dir Frage, warum halten die Wirtschaftssubjekte Geld, das keinen Zinsertrag bringt, und welche Faktoren bestimmen die gewünschte Höhe der Geldhaltung? Die Klassiker haben zur Beantwortung dieser Frage nur die Zahlungsmittelfunktion des Geldes gesehen. Geld wird gehalten, weil man Güter kaufen will, aus denen Zahlungsverpflichtungen entstehen. Um nicht zahlungsunfähig zu werden, ist es sinnvoll, eine sog. Transaktionskasse zu halten(nachzufragen). Das Volumen dieser Transaktionskasse steht in fester Relation zum Einkommen einer Wirtschaftseinheit. Diesen Bestimmungsgrund der Geldnachfrage hat Keynes übernommen. Formal läßt er sich wie folgt formulieren:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Eine wichtige Besonderheit der Theorie von Keynes gegenüber der Klassischen Theorie liegt darin, daß Keynes Geld nicht nur in seiner Form als Zahlungsmittel, sondern auch in seiner Form als Wertaufbewahrungsmittel, als Form der Vermögenshaltung, sieht. Damit kann die Geldhaltung nicht mehr unabhängig von anderen möglichen Formen der Vermögenshaltung und deren Erträge gesehen werden.9 )

- Die Spekulationskasse

Das zweite Motiv der Geldhaltung ergibt sich aus der Vermögensstruktur der Wirtschaftssubjekte. Neben realen Vermögensformen (z.B. Grundbesitz) pflegen Wirtschaftssubjekte

einen Teil ihres Vermögens in finanziellen Werten zu halten. Keynes unterscheidet hinsichtlich des finanziellen Vermögens zwei Alternativen: es direkt in Geld zu halten oder festverzinsliche Wertpapiere zu erwerben. Welche Faktoren beeinflußen nun die Entscheidung der Wirtschaftssubjekte?

Zum einen spielt das derzeitige Zinsniveau, zum anderen die Erwartung über die Zinsentwicklung die entscheidende Rolle. Es ist immer dann vorteilhaft auf Wertpapiere zu verzichten, wenn ein Absinken von deren Kurswert zu befürchten ist. Keynes nahm an, daß sich die Erwartungen der Wirtschaftssubjekte über die zukünftige Zinsentwicklung an dem orientiert, was ein normales und wiederkehrendes Kursniveau angesehen wird. Demnach wird das Geld als Alternative zu Wertpapieren um so attraktiver und um so stärker nachgefragt, je höher das Niveau der Wertpapierkurse im Vergleich zu diesem "Normalwert" steigt. Denn erstens wird dann das Risiko von Kursverlusten höher eingestuft und zweitens sinkt der Marktzins, der durch Verzicht auf eine zinstragende Sparanlage geopfert werden muß. Also kann man schlußfolgern, daß mit niedrigerem Zinssatz mehr Geld und entsprechend weniger Wertpapiere nachgefragt werden. In diesem Fall halten die Wirtschaftssubjekte ihr Vermögen in Form von Spekulationskasse (Liquiditätspräferenz), die formal ausgedrückt lautet:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten10

Durch dieses Halten von Geld kommt dem Besitzer eine Prämie zu, die dadurch erklärt wird, daß Geld es ermöglicht, Werte in liquider Form aufzubewahren und vermittelt auf diese Weise die Sicherheit gegen Unwägbarkeiten der Zukunft geschützt zu sein.

Die gesamte Geldnachfrage ergibt sich nun aus der Summierung von Transaktionskasse und Spekulationskasse:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Abbildung zeigt, wie Geldnachfrage und starres Geldangebot (von Keynes unterstellt) den Marktzins determinieren. Dieser entspricht r, wo Geldnachfrage und Geldversorgung gerade übereinstimmen. Wäre der Zins höher als r, so sähen sich die Wirtschaftssubjekte mit mehr Geld versorgt als sie zu halten wünschen. Der Versuch, für diese überschüssige Kasse Wertpapiere zu substituieren, müßte deren Marktkurs erhöhen und damit den Zins so weit reduzieren, bis das Gleichgewichtsniveau erreicht ist.(r)

Eine umgekehrte Reaktion wäre bei niedrigerem Zins als r zu erwarten. Mit dem Zins ist aber auch der Umfang der Investitionen bestimmt, die nur durchgeführt werden, wenn die Rendite den Marktzins übersteigt. Wie viele das sind, hängt bei gegebenen Ertragserwartungen der Investoren von der Höhe des Marktzinses ab. Es ist durch nichts sichergestellt, daß es gerade so viele Investitionen sind, wie die Vollbeschäftigung braucht.

Keynes geht von einer absoluten Zinsgrenze aus, die nicht unterschritten wird. Als Gründe für dieses Zinsniveau, das die für Vollbeschäftigung nötigen Investitionen verhindert, führt er die Liquiditätsprämie, die Kosten der Vermittlung zwischen Kreditnehmer- und geber sowie einen gewissen Risikofaktor, den der Kreditgeber zusätzlich beansprucht, an. Zudem sieht er den Zins als in hohem Maße von Gewohnheiten geprägt. Solange ein bestimmtes Zinsniveau für die Zukunft als dauerhaft erwartet wird, setzt es sich durch, auch wenn es kein Gleichgewicht für Vollbeschäftigung gewährleistet. 11 )

Mit der Wechselwirkung Spekulationskasse - Zins ist auch ein entscheidender Unterschied vom klassischen Standpunkt zur keynesschen Konzeption beschrieben. Bei den Klassikern war das nicht konsumptiv verwandte Einkommen gleichbedeutend mit dem Angebot von Mitteln auf den Finanzmärkten, was einen abnehmenden Zins, billigere Kredite, zahlreichere Investitionsprojekte, die die Lücke zwischen Konsumnachfrage und gesamtwirtschaftlichem Güterangebot schließen konnten, nach sich zog. Bei Keynes war diese Kettenreaktion nicht der Fall, da die Sparer, anstatt sich auf den Finanzmärkten zu engagieren, ihre Ersparnisse auch in Form von Geld halten.

- Die Rolle der Finanzmärkte

Wie wir feststellen, werden Wirtschaft und Beschäftigung von drei grundlegenden Variablen bestimmt: die Konsumneigung, die Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals und den Zinssatz. Keynes entwirft somit ein System, in dem die Arbeits-, Güter- und Finanzmärkte nach den Gesetzen von Angebot und Nachfrage funktionieren. Keynes hat ein Bild der Wirtschaft vor Augen, in der die Präferenzen und Neigungen der einzelnen Wirtschaftssubjekte auf den Märkten arbeiten und verarbeitet werden.

Das Wohlergehen einer Unternehmung hängt besonders vom Funktionieren der Finanzmärkte ab; von den Bedingungen, zu denen es Kredite aufnehmen, Vermögenswerte verkaufen oder Anteilspapiere in Umlauf bringen kann. Von besonderer Bedeutung ist hierbei der vom Bankensystem festgelegte Preis von Darlehn im Markt, der häufig den tatsächlichen Marktpreis beherrscht. Manchmal ist der Preis mehr in eine Richtung wirksam als in die andere; d.h., der Verkaufspreis liegt aber häufig nicht in der Nähe des Kaufpreises. In diesem Zusammenhang sind auch die geldpolitischen Maßnahmen von Keynes zu sehen, die hauptsächlich zur Beeinflußung der Finanzmärkte dienen, wie z.B. Festlegung oder Beeinflußung des Zinsfußes. Die Steuerung der Finanzmärkte soll nach gesamtwirtschaftlichen Zielen erfolgen, aber innerhalb dieses Rahmens wird eine individuelle Dispositionsfreiheit und Spekulation gewährleistet. Die Lenkung der Finanzmärkte erfolgt über realwirtschaftliche Eingriffe.

2. Die Definition von Vermögen ( Friedman )

Friedman definiert das Vermögen, über dessen Aufteilung Entscheidungen getroffen werden, als die Gesamtheit aller Einkommensquellen. Das Gesamtvermögen unterteilt Friedman in fünf Gruppen: Geld Obligationen Aktien Sachkapital Menschliches Leistungsvermögen Die fünf Bestandteile werden von den Wirtschaftssubjekten so kombiniert, daß der Nutzen aus damit verbundener Sicherheit, Bequemlichkeit und Ansehen und möglicherweise auch pekuniäre Erträge bei Preissenkungen. Wenn man jedoch Geld hält, verzichtet man damit auf Erträge der übrigen Anlageformen, z.B. Obligationen. Der Ertrag von Obligationen besteht im wesentlichen aus ihrer Verzinsung und möglicher Kurssteigerung; der Ertrag der Aktien aus ihrer Dividende und möglicher Kurssteigerungen. Das Sachkapital liefert Faktorleistungen und gibt Nutzungsströme ab. Da die produktiven Fähigkeiten der Menschen Einkommen schaffen, ist das menschliche Leistungsvermögen auch ein Element des wirtschaftlichen Vermögens. 12 ) Vermögen und Einkommen werden dabei durch den Zinssatz miteinander verbunden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Hier taucht das Problem auf, y und r zu definieren. Zur Lösung dieser Schwierigkeit führte Friedman den Begriff des permanenten Einkommens ein. Es wird als die Summe der erwarteten, auf einen Entscheidungspunkt abdiskontierten Erträge aller Vermögensanlagen definiert. Zu jedem Vermögensstock W gehört ein"flow" von permanentem Einkommen ( y = W x r ), so daß Vermögen der gegenwärtige ( abdiskontierte ) p Wert der durchschnittlich erwarteten ( über viele Jahre hinweg ) Einkommensströme ist. Zur Bestimmung des Vermögens auf der Basis des permanenten Einkommens ist eine Schätzung des Diskontsatzes r nötig. Er kann nur als ein Durchschnittswert angesehen werden. Dabei ist einer seiner Komponenten, der Diskontsatz des menschlichen Kapitals, empirisch nicht faßbar. Friedman umgeht diese Schwierigkeit, indem er sich in systematischer Weise mit beobachtbaren Zinssätzen ändert. 13 )

Da das permanente Einkommen nichts anderes ist als das Vermögen, kann man auch sagen, daß der Konsum vom Vermögen abhängt. Abweichungen des tatsächlichen vom permanenten Einkommen stellen eine transistorische Komponente dar, deren zufälliges Auftreten auf zwei Ursachenkomplexe zurückzuführen ist:

- individuelle - den einzelnen Haushalt betreffende - Zufälligkeiten in der Einkommenserzielung ( "windfalls" ), von denen jedoch angenommen wird, daß sie sich im Aggregat aufheben, so daß der Mittelwert der transistorischen Komponente gegen Null strebt.
- generelle - mehrere oder alle Haushalte betreffende- Abweichungen der Einkommensentwicklung von ihrem normalen Trend ( z.B. konjunkturell bedingt ), von deren Mittelwert aber angenommen wird, daß er nicht gegen Null strebt.

Die Trennung in permanente und transistorische Komponenten reicht für eine empirische Überprüfung nicht aus, so daß Friedman folgende zusätzliche Annahmen trifft:

- transistorische und permanente Einkommen sind nicht miteinander korreliert. Der Erwartungswert der durchschnittlichen transistorischen Komponente ist gleich Null für die den Durchschnitt repräsentierenden Einkommensklasse, positiv für die über dem Durchschnitt liegenden Klassen und negativ für die darunter liegenden Klassen.
- transistorischer und permanenter Konsum sind ebenfalls unkorreliert. oder Korrelationskoeffizient von transistorischem Konsum und transistorischem Einkommen ist wiederum Null, so daß sich zeitweilige Einkommensänderungen nur in Ersparnisänderungen niederschlagen. Ausgaben für dauerhafte Konsumgüter aus dieser zeitweiligen Einkommenskomponente verletzen diese Annahme nicht, da Konsum hier lediglich den Verbrauch nicht dauerhafter Güter und Dienstleistungen sowie die Nutzung dauerhafter Konsumgüter in der betreffenden Periode umfaßt.

Das permanente Einkommen ist auch ein fundamentaler Unterschied zwischen der neuformulierten Quantitätstheorie und den Klassikern, bei denen das Einkommen als Indikator für die von der Geldmenge umzuschlagende Transaktionskasse diente und für die folglich das laufende Einkommen die relevante Größe war. Mit seiner Erklärung des permanenten Einkommens gibt Friedman auch einen ersten Fingerzweig für die Stabilität des privaten Sektors.

Ein weiterer Grund für die Stabilität ist das nutzenmaximierende Verhalten, daß ihren Interessen entspricht und dazu führt, daß Preise im Fall eines Ungleichgewichts relativ schnell geändert werden. Dabei wird unterstellt, daß sich Preise schneller ändern als Mengen. Es wird davon ausgegangen, daß die Änderung relativer Preise sehr schnell zum Gleichgewicht führt.

Weiter wird die Dominanz monetärer Impulse angeführt. Änderungen der Geldmenge Sind der wichtigste Bestimmungsgrund für Änderungen der wirtschaftlichen Aktivität, verstanden als nominelles Volkseinkommen. Diese Aussage wird durch eine enge Parallelentwicklung zwischen Geldmenge und dem nominellen Volkseinkommen untermauert. Die neuformulierte Quantitätstheorie gibt eine erweiterte Begründung, indem die Geldnachfrage im wesentlichen als vom Einkommen abhängig gesehen wird und so erklärt, daß Änderungen der Geldmenge über einen Übertragungsmechanismus letztlich das nominelle Volkseinkommen verändern müssen.

- Die Geldnachfragetheorie

Die Präferenzstruktur der privaten Haushalte hinsichtlich der Leistungsströme der verschiedenen Vermögensanlagearten ist nach Friedman als gegeben anzusehen und bestimmt die Form der Geldnachfragefunktion. Für Präferenzänderungen führt Friedman in seiner Geldnachfragehypothese eine Variable ein, die für alle Faktoren steht, die die Präferenzstruktur der Haushalte beeinflußen. 14 )

Aufgrund der dargestellten Vermögensanalyse stellt Friedman die Hypothese auf, daß für jeden Haushalt und durch geeignete Aggregation für die Gesamtheit der Haushalte die nachgefragte Geldmenge abhängt:

1) von den erwarteten Ertragsraten des Geldes ( r ), der Obligationen ( r ) und der
2) von der erwartenden Änderungsrate des Preisniveaus
3) vom Verhältnis des Einkommens aus nichtmenschlichem zum Einkommen aus menschlichem Vermögen ( W )
4) vom vorhandenen Gesamtvermögen der Haushalte, das durch das permanente Einkommen approximiert wird
5) von den Präferenzen der Vermögen besitzenden Wirtschaftssubjekte ( u )

Formal ergibt sich folgende Funktion:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Mit einigen Einschränkungen sei dieser Ansatz auch für Unternehmen gültig, so Y Friedman, bei entsprechender Uminterpretation der Variablen M, ¾ und w. Durch p Umformung kommt man zur quantitätstheoretischen Grundgleichung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bei dieser Gleichung ist die Umlaufgeschwindigkeit V hinzugezogen worden, die im Gegensatz zu den Klassikern nicht mehr konstant, sondern von einer Vielzahl von Variablen abhängig ist.15 )

Die Umlaufgeschwindigkeit steht in einer stabilen funktionalen Beziehung zwischen V und den sie bestimmenden Faktoren. Friedman fand heraus, daß die Umlaufgeschwindigkeit im langfristigen Trend stetig gefallen ist, während sie in kurzfristiger Sicht (3 - 7 Jahre) prozyklisch schwankt, d.h. im Aufschwung zunimmt, im Abschwung abnimmt. Diese kurzfristigen Schwankungen sind mit der Annahme einer stabilen funktionalen Beziehung vereinbar. Als entscheidenden Bestimmungsfaktor für die Umlaufgeschwindigkeit führt Friedman das reale permanente Einkommen an. Das erwartete langfristige permanente Einkommen schwankt weniger als das gemessene tatsächliche jeweilige Einkommen. Mißt man die Umlaufgeschwindigkeit V als Quotient aus laufendem tatsächlichem Einkommen und jeweiliger Geldmenge, so ist der Wert der Umlaufgeschwindigkeit im Boom größer ( weil das laufende nominelle Einkommen größer ist als das nominell permanente Einkommen ) und in der Rezession geringer, als es dem langjährigen Trend entspricht. Die schwankende kurzfristige Umlaufgeschwindigkeit ist damit gerade ein Reflex der stabilen funktionalen Beziehung. Die Umlaufgeschwindigkeit als stabile Funktion ist für die von Monetaristen beabsichtigte Wirkung der Geldmenge auf das nominelle Einkommen wichtig. Friedman meint dazu: "Es gibt eine feste, wenn auch nicht präzise Beziehung zwischen der Wachstumsrate des nominellen Einkommens Sofern die Geldmenge wächst, wird das auch das nominelle Einkommen tun und umgekehrt Das heutige Wachstum des Einkommens hängt davon ab, wie sich die Geldmenge in der Vergangenheit entwickelte. Die heutige Geldmengenentwicklung beeinflußt die zukünftige Einkommensentwicklung. Eine Änderung der monetären Wachstumsrate führt im Durchschnitt etwa 2 - 3 Quartale später zu einer Änderung der Wachstumsrate des nominellen Einkommens." Das nominelle Einkommen setzt sich aus zwei Faktorn zusammen: dem realen Output und dem Preisniveau. Laut Friedman hat eine Geldmengenausweitung aber erst in langfristiger Sicht Auswirkungen auf die Preise. Zuerst ist mit einer Erhöhung des realen Outputs zu rechnen. Der Weg wie sich monetäre Impulse nun auf Output und / oder Preisniveau niederschlagen, wird versucht mit dem Transmissionsmechanismus zu erklären.16 )

- Der Transmissionsmechanismus

Mit dem Transmissionsmechanismus beschreibt Friedman die Wirkung monetärer Impulse. Wird in einer Situation allgemeinen Gleichgewichts, in der die tatsächliche Verteilung des Vermögens mit der von den Wirtschaftssubjekten gewünschten übereinstimmt, die Geldmenge erhöht, so werden Haushalte und Unternehmen veranlaßt, ihre Portfolios umzustrukturieren. Friedman versucht zu zeigen, daß diese Suche nach einer neuen optimalen

Vermögensaufteilung zu Veränderungen der Ertrags- und Preisrelation führt. Dieses Spiel der relativen Preise bewirkt auch Veränderungen des Umfangs wirtschaftlicher Aktivität. 17 ) Wie funktioniert nun der Portfolioeffekt im einzelnen ?

Ausgangspunkt sei ein monetäres Gleichgewicht, d.h. Geldangebot und gewünschte ( reale ) Geldnachfrage stimmen überein. Das Gleichgewicht wird nun durch Offenmarktoperationen der Zentralbank gestört, die angebotene Geldmenge wird erhöht. Geschäftsbanken und / oder private Wirtschaftssubjekte treten als Wertpapierkäufer auf. Sie entschließen sich zu Transaktionen, da ihnen höhere Preise ( niedrigere Zinsen) angeboten wurden. Die Liquiditätsverschiebung beider Marktteilnehmerklassen ist allerdings nur vorübergehender Natur. Die Wirtschaftssubjekte werden versuchen, die Diskrepanz zwischen der gewünschten und tatsächlichen Vermögensstruktur zu beseitigen, indem sie das überschüssige Geld in andere Formen der Vermögenshaltung umwandeln.

Die Geschäftsbanken versuchen, die freigewordenen Mittel zur Kreditvergabe zu nutzen. Die Nichtbanken können einen Teil der Erlöse aus dem Verkauf ihrer Wertpapiere zur Tilgung von Bankkrediten nutzen. Die sinkende Nachfrage der Nichtbanken sowie das erhöhte Kreditangebot führt zu einem Sinken auch des Zinses für Kredite. Durch die übrigen Erlöse aus den Wertpapierverkäufen ist bei den Nichtbanken der Bestand an Bargeld im Vergleich zu den übrigen Vermögensformen gestiegen. Dieser Aspekt und die sinkenden Zinsen haben zu einer Störung des bisherigen gleichgewichtigen Vermögensaufbaus geführt. Mir einer gewissen Wahrscheinlichkeit werden sie sich zunächst festverzinslichen Industrieobligationen - also Vermögenstiteln, die den verkauften ähnlich sind - zuwenden. Durch die erhöhte Nachfrage steigt der Kurs.

Die Wirtschaftssubjekte werden veranlaßt, andere Vermögensobjekte nachzufragen, deren Preise noch nicht gestiegen sind, z.B. Sachkapital. Durch die steigenden Kurse des finanziellen Vermögens ist das Realkapital ( Bauten, Ausrüstungen, dauerhafte Konsumgüter, Kleidung, Nahrungsmittelvorräte, menschliches Vermögen ) relativ billiger geworden. Es kommt zu einer Substitution monetärer Aktiva durch reale Aktiva und damit zu steigenden Realkapitalpreisen. Es ist zu sehen, daß sich im Laufe des Prozesses die Wirkungen des anfänglichen monetären Impulses auf eine immer größere Zahl von Vermögensanlagen und Wirtschaftssubjekten fortpflanzen. Wenn nun die Preise der realen Aktiva relativ zu Preisen Für neuproduziertes Realkapital steigen, wird die Produktion von neuen Vermögenswerten angeregt; die Finanzierung wird erleichtert durch die gesunkenen Zinssätze. Die Investitionsausgaben nehmen zu. Zwischen der Nachfrage nach Realkapital und der Nachfrage nach Diensten und Produkten der realen Aktiva besteht eine Substitutionsbeziehung. Man kann entweder die Vermögensobjekte kaufen oder nur den Nutzen, den sie abgeben. Die Kaufentscheidung hängt von der Höhe des Preises der Nutzungen des Aktivums im Verhältnis zum Preis des Aktivums ab. Friedman bezeichnet dieses Verhältnis als Zins. Steigt der Preis des Realkapitals, sinkt seine Verzinsung bei unverändertem Preis der Produkte und Dienste des Realkapitals. Die Nachfrage nach diesen Nutzungen nimmt zu, denn sie sind relativ billiger geworden. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die Wirtschaftssubjekte in der angesprochenen Weise handeln und ob sie es überhaupt können. Gibt es Märkte für Nutzungen, deren verstärkte Nachfrage den Kauf des Aktivums selbst ersetzt ?

Um die Existenz von Märkten für den Übergang vom Erwerb des Aktivums zum Erwerb der Nutzung zu zeigen, werden häufig zwei Beispiele angeführt: Wohnungsmiete anstelle von Wohnungsraumerwerb / Mietwagen anstelle von Autoerwerb.

Beide Beispiele zeigen wenigstens die Existenz von Märkten, was bei den meisten Gütern nicht der Fall ist, aber sie sind wenig überzeugend. Bei der Alternative Wohnungsbau - Wohnungsmiete handelt es sich um eine Substitution von Investitionsausgaben und nicht um eine Substitution des Erwerbs dauerhafter Konsumgüter durch deren Nutzung. Wenig schlüssig ist ebenfalls das zweite Beispiel. Das Auto als Statussymbol, welches bei Preissteigerung zu vermehrter Nutzungsnachfrage führt. Die Kleinwagenbenutzer sind größtenteils selbst Besitzer von Kraftfahrzeugen; die Nutzung ist Situationsbedingt ( z.B. Reparatur des eigenen KFZ ) und nicht die Substitution des Erwerbs. Neben der Frage, ob Nutzung den Erwerb ersetzen kann, die häufig bei fehlenden Märkten für die Nutzung verneint werden kann, ist nach dem zuletzt Gesagten also durchaus zweifelhaft, ob selbst bei Vorhandensein solcher Märkte ein derartiges Verhalten realistisch ist. 18 ) Preissteigerungen des Realkapitals bewirken also eine Zunahme der Investitions- und Konsumausgaben. Eine Erhöhung der Geldmenge führt demnach über die Auswirkungen auf die Nachfrage nach den verschiedenen Vermögensobjekten zu einer Erhöhung aller Ausgabenkategorien. Der geschilderte Prozeß führt zu einer Angleichung von nachgefragter und vorhandener Geldmenge. Ein neues Gleichgewicht ist erreicht, wenn die nachgefragte gleich der angebotenen Geldmenge ist und die tatsächliche Vermögensstruktur der gewünschten entspricht. 19 )

Wenn die Wirtschaftssubjekte ihre neue optimale Vermögensaufteilung gefunden haben, kehrt die wirtschaftliche Aktivität aus ihr Gleichgewichtsniveau zurück. Das Streben nach einem Ertrags- bzw. Nutzenmaximum verleiht dem privaten Sektor seine Stabilität. Die Geldmengenänderungseffekte sind so vielfältig und kompliziert, daß der Friedmansche Transmissionsprozeß nicht auch annähernd so aussieht, wie der typische einfache Keynessche Übertragungsmechanismus. Zur genauen Bestimmung zwischen Keynes und Friedman noch einmal eine kurze Erklärung der Wirkung monetärer Impulse bei Keynes: Eine erhöhte Geldmenge erhöht die Reserven der Mitgliedsbanken, welche sich durch das zusätzliche Geld angeregt in der Lage sehen, günstigere Bedingungen für die Kreditnehmer zu schaffen ( niedriger Zins ). Der niedrige Zinssatz wird die Kapitalgüterproduktion durch Erhöhung ihrer Preise beleben.

Demnach beeinflußt eine Erhöhung der Geldmenge die Investitionen nur indirekt über eine Senkung des Zinssatzes. Erst nachdem Investition und Einkommen gestiegen sind, erfaßt der Impuls auch die Nachfrage nach Konsumgütern. Deswegen bestimmen die Zinselastizitäten der Kassenhaltung und Investitionsgüternachfrage inwieweit monetäre Impulse wirken. Die monetären Impulse bei Friedman lösen direkte Anpassungsmaßnahmen aus, die alle Vermögensbestandteile, finanzieller und physischer Art, erfassen. Insbesondere umfaßt das physische Vermögen auch solche Bestandteile, für die keine Marktzinssätze existieren ( dauerhafte Konsumgüter ). Die Ansichten Friedmans bezüglich des Zusammenwirkens von Geldangebot - nachfrage sowie der Übertragung monetärer Impulse auf die Volkswirtschaft sind häufig kritisiert worden.

Zum Beispiel wird bezweifelt, ob die Zentralbank tatsächlich die Geldmenge in gewünschtem Maße steuert. So würde der von Friedman häufig unterstellte Kauf von Offenmarktpapieren zwar das verfügbare Zentralbankgeld beim Publikum erhöhen, aber nicht unbedingt eine Ausweitung der gesamten Geldmenge. Es wäre durchaus denkbar, daß das zusätzliche Zentralbankgeld durch eine Ausweitung der Reservehaltung bei Banken und eine gesteigerte Bargeldhaltung bei Nichtbanken kompensiert wird. Dies wäre deswegen durchaus plausibel, da durch den Kauf von Offenmarktpapieren zumindest kurzfristig eine Zinssenkung bewirkt wird, die die Kosten der Überschußreserve und Bargeldhaltung sinken lassen. Jedenfalls kann die nominelle Geldmenge nicht alleine bestimmen und ist darauf angewiesen, daß die zusätzliche Geldmenge auch von den Wirtschaftssubjekten nachgefragt wird. Zudem wird kritisiert, daß Friedman von einer Situation des allgemeinen Gleichgewichts ausgeht, um mögliche Auswirkungen der Geldmenge nachzuweisen. Geht man jedoch von einer Periode nachlassender Wirtschaftsaktivität aus, so kann die Schlußfolgerung über die Wirksamkeit der Geldpolitik ganz anders ausfallen. In einem solchen Zeitraum sinken üblicherweise die Preise für vorhandenes im Verhältnis zu den Preise für neu zu produzierendes Realkapital ( wegen sinkender Ertragserwartungen bei gleichzeitig nur zögernd nachgebenden Produktionskosten). Es ist zweifelhaft, ob Geldmengenschöpfung hier ausreicht, um den Verfall der Realkapitalpreise zu kompensieren und eine Nachfragebelebung herbeizuführen. 20 )

3. Die Bedeutung von Keynesianismus und Monetarismus für die Geld- bzw. Wirtschaftspolitik

Keynes Einflußnahme auf die Wirtschaftspolitik begann ab 1940 in Großbritanien, wo er selbst im britischen Schatzamt tätig war. Gemäß der "General Theory", die er schon zu Depressionszeiten ( 1933 ) aufgestellt hatte, forderte man in GB fiskalpolitisches Eingreifen in die Marktwirtschaft, sowie die Vollbeschäftigung, die als Voraussetzung jeglicher Sozialpolitik bezeichnet wurde. Demnach sollte es dem Staat möglich sein, durch antizyklische Steuerpolitik die Konjunktur zu beleben oder zu hemmen um Nachfragelücken zu schließen, zu Investitionen anzuregen oder überschüssiges Geld abzuschöpfen. Obwohl man sich in GB schon nach dem Kriege währen der Amtszeit der Labour - Party für die Keynesianische Politik entschieden hatte, wirkten sich bis 1965 die Budgeteffekte zumeist destabilisierend aus durch permanente Zahlungsbilanzdefizite. Da man eine geplante Wirtschaft und Vollbeschäftigung haben wollte, wurden die Schlüsselindustrien verstaatlicht. Daher scheiterte der Versuch, die Investitionen dieser Industrien antizyklisch einzusetzen. In Deutschland standen der Verwirklichung der Fiskalpolitik anfänglich ideologische, politische und rechtlich institutionelle Hindernisse im Weg. Die Hemmschwelle eines erneuten Diktats war sehr hoch. Zudem fürchtete man durch zuviel staatliche Planung dem Kommunismus Recht zu geben. Da man sich aber im klaren darüber war, daß die Massenarbeitslosigkeit gebannt werden mußte, wurde bis Ende der 60er Jahre die Fiskalpolitik ein wichtiger Bestandteil der Wirtschaftspolitik. Die Umbrüche kamen meist durch Regierungswechsel zustande. In Deutschland waren es die SPD und die Gewerkschaften, die sich für eine auf Produktionssteigerung und Vollbeschäftigung gerichtete Wirtschaftspolitik sowie die Verbindung von volkswirtschaftlicher Planung und einzelwirtschaftlichem Wettbewerb einsetzten. Zusammen mit der Geldpolitik der Zentralbank kam es zur Formulierung des Stabilitätsgesetzes, das das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht gewährleisten sollte. Somit kam es in Deutschland zum Aufschwung aus einer schweren Wirtschaftskrise, wie die Lehren von Keynes praktiziert wurden.

In den USA bewirkte der Regierungswechsel Eisenhower - Kennedy 1961 die Aufnahme einer aktiven Fiskal- und Stabilisierungspolitik: Wirtschaftswachstum, Preisstabilität, Vollbeschäftigung, Zahlungsbilanzausgleich. Da aber in den USA nie eine vollständige Einigung erzielt wurde, ist die Fiskalpolitik nie konsequent durchgeführt worden.

In den USA können sowohl Fiskalisten als auch Monetaristen auf Perioden größten Erfolgs hinweisen. Im Rahmen der fiskalpolitischen Maßnahme einer umfangreichen Steuersenkung in den USA 1964 stieg das BSP nach 1964 stetig an und die Arbeitslosenquote begann deutlich zu sinken. Die Fiskalpolitik wurde in dieser Zeit von Veränderungen monetärer Größen begleitet, die aber nicht stark genug waren, als daß die Monetaristen die nach der Steuersenkung beginnende wirtschaftliche Expansion für sich in Anspruch nehmen könnten.

Zu dieser Zeit stiegen die Zinssätze allerdings stark an mit dem Höhepunkt 1966, zudem sorgte das langsame Wachstum der Geldmenge ( Stagnation 1966 ) sowie die Einführung neuer kreditpolitischer Instrumente für ein Verlangsamung der Wirtschaftstätigkeit. 21 ) Die Monetaristen prophezeiten nun wegen der Entwicklung des Geldmarktes eine leichte Rezession. Da auch die Militärausgaben rasch anstiegen, wurde 1967 von geldpolitischen Instrumenten nachdrücklich Gebrauch gemacht, um das wirtschaftliche Wachstum wieder in Gang zu bringen. Das Wachstum des Geldangebots setzte ein und beschleunigte sich. Während dieser Zeit erwarteten die Fiskalisten im Gegensatz zu 1964 eine Abschwächung der Wirtschaftstätigkeit. Die tatsächliche, umgekehrte Entwicklung wurde als Begründung für einen Fehlschlag der von den Fiskalisten vertretenen Methode gewertet. Nach dem beschriebenen Sieg der Geldpolitik ein weiteres Beispiel aus den USA aus dem Jahre 1968. Um die sich beschleunigte Inflation zu bekämpfen, erließ Präsident Johnson 1968 eine 10- prozentige Zusatzsteuer auf das Einkommen. Die Fiskalisten waren von ihrer Maßnahme so überzeugt, daß sie sogar Angst vor dem sog. "overkill" hatten. Sie glaubten, die Steuer- erhöhung könnte zu stark sein und die Wirtschaft zum Stillstand bringen. Deshalb wurde der Beschluß gefaßt, die Stagnationskräfte der Fiskalpolitik durch eine Erhöhung der Geld- menge auszugleichen. Es gab wieder verschiedene Meinungen über die größere Wirksamkeit der jeweiligen Aktionen. Die Fiskalisten waren von einem starken Rückgang 1969 durch die Zusatzsteuer überzeugt, während die Monetaristen behaupteten, daß das rasche Wachstum der Geldmenge die fiskalpolitischen Effekte mehr als kompensieren würde, so daß es 1969 zu einer Fortsetzung des inflationären Booms käme. Die Monetaristen behielten Recht. 22 )

Ende 1970/Anfang 1971 wurde die Wirtschaft durch Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt erschüttert. Der Anfang war der Streik bei "General Motors", der den wirtschaftlichen Aufschwung zum Stillstand kommen ließ. Eine Wiederbelebung des Aufschwungs fand erst nach Beendigung des Streiks 1971 statt. Die kurzfristige Entwicklung der Wirtschaft wurde also vom Arbeitsmarkt geprägt und weniger von den monetären Impulsen.

Mit dem Ausbruch der Ölkrise 1973/74 erreichte die "trabende Inflation" in den wichtigen Industrieländern ihren Höhepunkt. Vorausgegangen war eine Übersteuerung der Konjunktur mit geld- und fiskalpolitischen Maßnahmen und die Defizitfinanzierung ( z.B. USA - Vietnamkrieg ).

Die Bundesbank in Deutschland entschied sich daraufhin als erste Notenbank für eine an einem öffentlich bekanntgegebenen Ziel ausgerichtete Geldpolitik. Nach dem offenkundigen Erfolg folgten fast alle Notenbanken dem deutschen Beispiel. Durch die Geldpolitik konnte z.B. in der Bundesrepublik von 1975 - Anfang der achtziger Jahre die Zahl der Beschäftigung um ca. 1 Million steigen.

Die dann eintretende zweite Ölkrise führte weltweit wieder zu einem Anstieg der Arbeitslosenzahlen. Das mit der Ölkrise verbundene Inflationsrisiko versuchte die Bundesbank mit scharfen monetären Restriktionen zu bekämpfen, was auch gelang, aber mit der Folge des Beschäftigungsproblems.

Die aufgezeigten gegenseitigen Positionen von Monetaristen und Fiskalisten geben keine Erklärung für eine der beiden Richtungen. Sowohl Geld- als auch Fiskalpolitik liefern nur eine Teillösung zur Erklärung der wirtschaftlichen Realität.

Literaturverzeichnis

Baßeler U.

Heinrich J. : Grundlagen und Probleme der Volkswirtschaft; Köln 1991

Bombach G

Koch W. : Der Keynesianismus I; Heidelberg 1976

Classen E. u. M. : Probleme der Geldtheorie; München 1989

Förterer J. : Die stabilitätspolitischen Vorschläge Milton Friedmans; Berlin 1979

Gemtos P. A. : Die Neubegründung der Quantitätstheorie durch Milton Friedman; Tübingen 1975

Goetzke H. J. : Das Stabilitätsproblem bei Keynes; Frankfurt 1985 Kalmbach

P. : Der neue Monetarismus; München 1973 Keynes

J. M. : General Theory; London 1936

Minsky H. P. : Finanzierungsprozesse, Investition und Instabilität des Kapitalismus; Marburg 1990

Rittenbruch K. : Makroökonomie; München 1988

Woll A.

Vogl G. : Geldpolitik; Stuttgart 1976

[...]


1 ) vgl. G. Bombach Der Keynesianismus I S. 47

2 ) vgl. E. u. M. Classen Probleme der Geldtheorie S. 227

3 ) vgl. G. Bombach Der Keynesianismus I S. 47

4 ) vgl. H.P. Minsky J.M. Keynes Finanzierungsprozesse, Investition und Instabilität des Kapitalismus S. 106

5 ) vgl. H.P. Minsky J.M. Keynes Finanzierungsprozesse, Investition und Instabilität des Kapitalismus S. 93

6 ) vgl. J.M. Keynes General Theory S. 145

7 ) vgl. Dornbusch, Fischer Makroökonomie S. 313

8 ) vgl. J.M. Keynes General Theory S. 167

9 ) vgl. U. Baßeler Grundlagen und Probleme der Volkswirtschaft S. 309

10 ) vgl. G. Bombach Der Keynesianismus I S. 146 - 147

11 ) vgl. H. J. Goetzke Das Stabilitätsproblem bei J. M. Keynes S. 166

12 ) vgl. U. Baßeler Grundlagen und Probleme der Volkswirtschaft S. 352

13 ) vgl. P.A. Gemtos Die Neubegründung der Quantitätstheorie durch M. Friedman S. 112

14 )vgl. P.A. Gemton Die Neubegründung der Quantitätstheorie durch M. Friedman S. 118 - 120

15 ) vgl. J. Förterer Die stabilitätspolitischen Vorschläge M. Friedmans S. 189 - 190

16 ) vgl. K. Rittenbruch Makroökonomie S. 245 - 246

17 ) vgl. P.A. Gemtos Die Neubegründung der Quantitätstheorie durch M. Friedman S. 136

18 ) vgl. P. Kalmbach Der neue Monetarismus S. 93 - 94

19 ) vgl. J. Förterer Die stabilitätspolitischen Vorschläge M. Friedmans S. 191 - 192

20 ) vgl. J. Förterer Die stabilitätspolitischen Vorschläge M. Friedmans S. 194 - 196

21 ) vgl. G. Bombach Der Keynesianismus I S. 219 - 228

22 ) vgl. P. Kalmbach Der neue Monetarismus S. 257 - 259

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Allgemeine Volkswirtschaftslehre Teil IV
Autor
Jahr
1998
Seiten
17
Katalognummer
V95324
ISBN (eBook)
9783638080026
Dateigröße
381 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Allgemeine, Volkswirtschaftslehre, Teil
Arbeit zitieren
Hans-Joachim Henze (Autor:in), 1998, Allgemeine Volkswirtschaftslehre Teil IV, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95324

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