Der diplomatische Weg zur deutschen NATO-Integration


Hausarbeit (Hauptseminar), 2001

21 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Position der UdSSR
2.1 Die sowjetischen Sicherheitsinteressen
2.2 Die Neutralitätsforderungen Moskaus
2.3 Der Vorschlag zur Doppelmitgliedschaft
2.4 Die Politik des „Neuen Denkens“

3. Die Positionen der West-Alliierten
3.1 Vorbemerkung
3.2 Die amerikanische Position
3.3 Die britische Position
3.4 Die französische Position

4. Der diplomatische Weg zur deutschen Mitgliedschaft
4.1 Der Respekt vor den sowjetischen Sicherheitsinteressen
4.2 Die Festlegung des deutschen Standpunktes
4.3 Auf der Suche nach einer Formel für die sicherheitspolitische Integration
4.4 Die „Entdämonisierung“ der NATO
4.5 Zustimmung zur deutschen NATO-Mitgliedschaft

5. Schlussbetrachtung

6. Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Ende Mai 1989 tagte in Brüssel die NATO. Auf westdeutsches Drängen hin wurde eine Entscheidung über die Modernisierung der amerikanischen nuklearen Mittelstreckensysteme verschoben. In scheinbar weiser Voraussicht und unter Berücksichtigung der sicherheitspolitischen Entwicklungen vertagte sich die Konferenz in das Jahr 1992. Gerade dieser Umstand sollte ein günstiges Umfeld für die weitere Gestaltung des Ost-West-Verhältnisses schaffen, denn mit der Aufhebung der Teilung Europas stellten sich schnell zahlreiche Fragen nach dem zukünftigen Charakter der beiden Bündnissysteme NATO und Warschauer Pakt. Insbesondere jene „sicherheitspolitische Zwickmühle“[1] gilt es in der folgenden Arbeit zu erörtern. Von zentralem Interesse sind dabei die diplomatischen Leistungen der deutschen und amerikanischen Regierungen, die letztlich zu deren Ziel, der NATO-Integration des wiedervereinigten Deutschlands, führten. Dazu sollen zunächst die unterschiedlichen Ausgangspositionen der UdSSR und USA sowie kurz die Frankreichs und Großbritanniens betrachtet werden.

Im Verhandlungsprozess sprachen die daran beteiligten Nationen anfangs von differenten sicherheitspolitischen Lösungen für ein geeintes Deutschland. So fand sich der einheitliche Standpunkt, dass es den Zeitraum für die Problembewältigung als nicht zu kurz anzusetzen galt. Dennoch fanden in atemberaubender Zeitabfolge zahlreiche bi- und multilaterale Treffen zwischen den involvierten Nationen statt, wobei vor allem die sicherheitspolitischen Bedenken der Sowjetunion stets zu vorsichtigem Agieren zwangen. Die Arbeit wird einen Einblick in den diplomatischen Werdegang der Verhandlungspartner geben, wobei aufgrund der immensen Anzahl an politischen Zusammentreffen und Diskussionsrunden der Schwerpunkt auf die entscheidenden Schritte zur Lösung der deutschen Frage gelegt wird. Beispielsweise entstanden mehrere deutschlandpolitische Modelle sowohl auf westlicher als auch auf östlicher Verhandlungsseite, die es genauer zu untersuchen gilt. Den sicherheitspolitischen Status eines wiedervereinigten Deutschlands betreffend war von Anfang an lediglich auszuschließen, dass ein vereintes Deutschland dem Warschauer Pakt beitreten könnte.[2]

2. Die Position der UdSSR

2.1 Die sowjetischen Sicherheitsinteressen

Die Erkenntnis, dass der Vereinigungsprozess nicht mehr aufzuhalten war, setzte sich in Moskau erst nach dem friedlichen Umbruch in der DDR durch. Die Angst der sowjetischen Regierung war groß, dass der politischen Integration Gesamtdeutschlands mit der Zeit die militärische folgen könnte und dazu der Status einer privilegierten Siegermacht verloren ginge. Deshalb versuchte Moskau den Status quo möglichst lange aufrecht zu halten.[3] Die NATO auf der anderen Seite gab sich selbst vorsichtig genug, nicht die Ausdehnung auf das Gebiet der DDR zu fordern. Stattdessen äußerte sie wiederholt den Standpunkt, die Sicherheitsinteressen der Sowjetunion berücksichtigen zu wollen. Deren Bedenken spiegelten sich unter anderem in der Furcht vor einem einfachen Beitritt der DDR zur NATO und einer daraus resultierenden einseitigen Austrittswelle weiterer Mitgliedsstaaten aus dem Warschauer Pakt wider. Ein neues sicherheitspolitisches Bündnissystem, dass ganz Europa umfasst und an die Position der alten Machtstrukturen treten könnte, fehlte zudem.[4] Im Ergebnis dieser Gedanken sprach die sowjetische Regierung auch einige Wochen nach dem Fall der Mauer von dem Fortbestand der DDR als selbständigen Staat im Machtbereich des Warschauer Paktes. Die DDR war immer noch wichtigstes Mitglied, dessen Zugehörigkeit zum östlichen Militärbündnis am Anfang des Jahres 1990 nicht zur Frage stand.[5]

2.2 Die Neutralitätsforderungen Moskaus

Um die Jahreswende 1989/ 90 bot Moskau den westlichen Regierungen einige Modelle zur sicherheitspolitischen Integration Gesamtdeutschlands an. Deren gemeinsames Ziel bestand darin, die Einbindung Deutschlands in die NATO zu verhindern.

Ein neutraler Status des wiedervereinigten Deutschlands sah die sowjetische Seite zunächst als sicherste Lösung an. Eine zu schnelle Einbindung in das westliche Bündnis verbunden mit einer großen Verlagerung des Kräftegleichgewichts in Europa wollte Gorbatschow vermeiden. Neben einer militärisch-politischen Neutralität kam zeitweise sogar die Forderung nach einer Entmilitarisierung Deutschlands auf; die Entmilitarisierung nicht im Sinne der völligen Abrüstung, sondern unter Errichtung neuer deutscher Streitkräfte mit der Möglichkeit lediglich defensive Mittel zu nutzen.[6]

Eine derartige Vorgehensweise stieß sowohl in West als auch Ost auf Ablehnung. Zum einen ließe sich die Neutralisierung einschließlich des Abzugs ausländischer Streitkräfte ebenso von Polen, der Tschechoslowakei oder anderen osteuropäischen Staaten fordern.[7] Zum anderen verursachte „die Vorstellung eines aufgrund innerer Spannungen politisch vagabundierenden Deutschlands ohne dann gefestigte Einbindung in ein mäßigendes Bündnis [...] zu Recht Alpträume hier wie jenseits der Grenzen.“[8]

Auch der amerikanische Außenminister Baker sah ein neutrales, ungebundenes Deutschland als gefährlich an. Die Auffassung, dass ein in der NATO integriertes Deutschland die europäische Sicherheit stabilisiere, versuchte Baker dem sowjetischen Außenminister Schewardnadse dazulegen. Integriert in die NATO und unter Aufsicht der USA dürfe sich ein vereinigtes Deutschland keine politischen Fehltritte erlauben, was als ungebundener Staat anders aussehen könnte. Von dieser Argumentationsstruktur zeigte sich die Sowjetunion zunächst nur wenig beeindruckt.[9]

2.3 Der Vorschlag zur Doppelmitgliedschaft

Ein weiteres Modell der deutschen sicherheitspolitischen Integration diskutierten die USA und die Sowjetunion vom 30. Mai bis zum 3. Juni 1990 in Washington. Bush stellte wiederholt klar, dass eine deutsche NATO-Integration die europäische Sicherheit stabilisiere.[10] Im Gegenzug schlug Gorbatschow vor, den Warschauer Pakte und die NATO dahingehend zu erweitern, dass Deutschland Mitglied in beiden Bündnissen werden könne. Der so geprägte Vorschlag der Doppelmitgliedschaft hieße, den westlichen deutschen Teil in der NATO und den Ostteil im Warschauer Pakt eingebunden zu lassen, bis nach einem noch ungewissen Zeitraum beide Blöcke in einem gesamteuropäischen Sicherheitssystem vereinigt würden. Allerdings liefe eine derartige Regelung ebenfalls auf Neutralität hinaus, so die Kritik an dem sowjetischen Vorschlag. Die Gefahr einer Verlängerung der Übergangszeit, und die damit fehlende deutsche Souveränität auch nach der politischen Wiedervereinigung, wäre in der Folge zu groß.[11]

[...]


[1] Grözinger, Gerd: Halbe Neutralität und doppelte Sicherheit, in: Blätter für deutsche und internationale

Politik, Jg. 35 (1990), Nr. 4, S. 402.

[2] Vgl. Grözinger: Halbe Neutralität und doppelte Sicherheit, S. 402.

[3] Vgl. Fröhlich, Stefan: Umbruch in Europa: Die deutsche Frage und ihre sicherheitspolitischen

Herausforderungen für die Siegermächte, in: Aus Politik und Zeitgeschichte.

Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, o. Jg. (1990), Nr. B 29, S. 43.

[4] Vgl. Grözinger: Halbe Neutralität und doppelte Sicherheit, S. 402.

[5] Vgl. Staack, Michael: Die Außenpolitik der Bundesrepublik auf dem Weg in ein neues Europa:

Westintegration und Ostpolitik unter veränderten Bedingungen, in: Aus Politik und Zeitgeschichte.

Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, o. Jg. (1990), Nr. B 4-5, S. 24.

[6] Vgl. Fröhlich: Umbruch in Europa, S. 43-44.

[7] Vgl. Grözinger: Halbe Neutralität und doppelte Sicherheit, S. 403.

8 Grözinger: Halbe Neutralität und doppelte Sicherheit, S. 403.

9 Vgl. Hacke, Christian: Zur Weltmacht verdammt: Die amerikanische Außenpolitik von Kennedy bis

Clinton, Berlin 1997, S. 445.

10 Vgl. Ha>

[11] Vgl. Fröhlich: Umbruch in Europa, S. 44.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Der diplomatische Weg zur deutschen NATO-Integration
Hochschule
Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg  (Institut für Internationale Politik)
Veranstaltung
Deutsch-amerikanische Beziehungen seit 1917
Note
2,0
Autor
Jahr
2001
Seiten
21
Katalognummer
V9517
ISBN (eBook)
9783638162012
ISBN (Buch)
9783638787246
Dateigröße
671 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sicherheitspolitik, NATO, Diplomatie
Arbeit zitieren
Stefan Wiedmer (Autor:in), 2001, Der diplomatische Weg zur deutschen NATO-Integration, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9517

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