Die faschistische Herausforderung


Ausarbeitung, 1999

26 Seiten

Anonym


Leseprobe


Inhalt

Rom, 28. Oktober 1922

Das Modell: Italien 1919-1929 Ein zerrissenes Land in der Krise Überforderte Parteien Gründung und Aufstieg der „fasci di combattimento“ Mussolinis Doppelstrategie Mussolini, die alten Eliten und der revolutionäre Faschismus Totalitäre Wende Die Konsolidierung des Regimes

„Italia Docet“: Faschistische Bewegungen vor 1933 Bescheidene Anfänge... ... in Westeuropa und in Skandinavien ... in Ost- und Südosteuropa ... in Südeuropa ... in Mitteleuropa Aufschwung nach der Weltwirtschaftkrise Rom - das Gravitationszentrum der faschistischen Bewegung

Der deutsche Sonderfall: Der Nationalsozialismus vor 1933 Historische Vorbelastung Die NSDAP und Hitler ... vor dem Putsch Der Aufstieg nach dem Putsch Der Durchbruch Die Machtergreifung Hitler und Mussolini

Zwischen Rom und Berlin: Konkurrenz und Kooperation im faschistischen Lager 1933 - Der Faschismus als weltpolitischer Trend? Aufschwung und Isolierung: Faschistische Bewegung in Norwegen, Belgien und Frankreich Im Vorhof der Macht: Das Scheitern der faschistischen Parteien in Rumänien, Ungarn und Spanien Hitlers Vorbild und die Deutschen in der CSR Zwietracht im faschistischen Lager Annäherung der „Achsen“

Auf dem Weg zur Kriegsallianz 1936 - 1939 Annäherung und Radikalisierung Gemeinsamkeit und Differenzen

Der Faschismus im Krieg 1939 - 1945 Unwillig und zurückgewiesen: Hitlers Partner 1939/40 Parallele Kriege 1940/41 Militärische Macht und ideologische Besessenheit Zerfall und Untergang

Rom, 28. Oktober 1922

Die faschistische Herausforderung

20 Tage im 20. Jahrhundert erschienen im dtv 1999[1]

Die faschistische Herausforderung

Rom, 28. Oktober 1922

Der Begriff „Marsch auf Rom“ geisterte schon seit 1919 in zahllosen Gruppierungen der nationalen Rechten durch die Gegend. Von Bedeutung wurde er aber erst drei Jahre später, als die faschistische Partei zu einer mitreißenden Kraft geworden war, die die totale Macht beanspruchte. Im Sommer 1922 beherrschte sie schon weite Teile Mittel- und vor allem Norditaliens. Die wichtigste Charakteristika war die militärische Struktur und die enorme Gewaltbereitschaft. Der programmatische Kitt bestand aus extremen Nationalismus, radikalem Antis ozialismus und einer starken Affinität zu hierarchischem Denken, die sich in blinder Führergläubigkeit und dem Wunsch nach der Herstellung alter Autoritäten äußerte.

Die Hauptleidtragenden waren die Sozialisten, die ihre Stellung 1920/21 für uneinnehmbar hielten. Die Sozialisten wurden entmachtet oder sogar verfolgt und ermordet.

Diese Aktionen fand vor allem bei der mit der linken verfeindete Polizei Beifall. Sie waren theoretisch abwar- tend neutral, in der Praxis aber nicht weit von Komplizenschaft entfernt. Nicht das es der bürgerlichen Kraft bei diesen Aktionen wohl gewesen wäre, aber sie hielten sich gegenüber den Schwarzhemden zurück, da sie mein- ten, dass in den Köpfen der Sozialisten, Marxisten und Anarchisten sowieso nur die Revolution stecke, aber nichts von der nationalen Idee.

Der „ Duce “ , wie Mussolini schon bald genannt wurde, ist in einem kleinen Dorf in der Region Emilia- Romangna geboren. Er war ausgebildeter Lehrer, ging diesem Beruf aber nur sporadisch nach. Er versuchte sein Glück im Ausland, wo er bei der Politik und dem Journalismus hängen blieb. Er schrieb sozialistische Flugblät- ter, die ihm bald zu einem Namen unter der sozialistischen Parteiführung verhalfen. Er wurde Chefredakteur der Zeitschrift >L‘ Avanti <. Mussolinis Agitationen galten ausschließlich dem Umsturz und der Errichtung der Diktatur des Proletariats.

Mit Ausbruch des 1. Weltkrieges geriet er in Widerspruch mit den Sozialisten, da diese an ihrer pazifistischen Einstellung festhielten. Er trennte sich von den Sozialisten, aber musste nicht auf seine Tätigkeit als Journalist verzichten, da er von Großindustriellen, die an einem baldigen Eintritt Italiens in den Krieg interessiert waren. Sie statteten ihm mit Geld aus für seine eigene Zeitung > Popolo d’Italia <, mit der die Erwartung seiner Geld- geber voll und ganz erfüllte.

Mussolini besaß das Potential eines Revolutionäres, dass aus koalitionspolitischer Rücksicht nicht ausnutzen konnte. Er war ein Verächter der rechtsstaatlichen und demokratischen Regeln. Desweitern war er ein hervorragender Populist, der wohl erkannte, dass sich die Menschen nicht nach Partizipation, sondern nach Führung sehnten. Nationalist war Mussolini anfangs nicht, aber mit dem Kampf für den Kriegseintritt 1914 geriet er in den Kreis der völkischen Ideologen und Propagandisten aus dem er schließlich sogar als Imperialist hervorging. Die Faschisten waren kaum noch auf zuhalten; sie hatten unglaubliche Erfolge in der Provinz, aber waren damit ihrem eigentlichen Ziel nicht sehr viel näher gekommen. Es gab in Rom Anzeichen dafür, dass sich eine handlungsfähige Regierung bilden würde, die dem Aufstieg der Faschisten nicht weiter zusehen wollte, wie es die jetzige Regierung tat. Es gab Pläne für eine große Koalition gegen die Faschisten, aber auch welche für ein linksmitte-rechts-Bündnis, welches die Faschisten in sich aufsaugen wollte.

Jede diese Lösungen wäre für den Faschismus Gift gewesen, das wußte Mussolini, aber er wußte auch, dass sie zu schwach für eine Revolution waren. Im Ernstfall hätten die Schwarzhemden der Polizei und dem Militär gegenüber den kürzeren gezogen. Er entschloss sich deshalb für die „psychologische Kriegsführung“, die darauf abzielte mit illegalen Mitteln eine legale Machtergreifung der Faschisten zu erzwingen. Das faschistische Gene- ralkomitee einigte sich am13./14. August 1922 darauf eine faschistische Generalmobilmachung zu starten, die einerseits den Zweck hatte die Parteispitze zu ermutigen und andererseits die Liberalen zu schwächen.

Parallel dazu verhandelte Mussolini mit allen führenden Leuten in der Politik. Keiner war sich dazu zu schade. Alle dachten man könne den Faschismus domestizieren und für die eigenen Zwecke einspannen. Am 16. Oktober war es fast soweit, man darf sich in Mailand und plante das Wann und Wie des Marsches auf Rom; ein Datum wurde nicht festgelegt. In Neapel setzte man den 28. Oktober als Termin fest. In der Nacht davor sollten von den Milizen Präfekturen, Bahnhöfe, Telegraphenstationen und ähnliches besetzt werden. Mussolini ließ die Vorbereitungen dem Quadriumvirat und ging nach Mailand um Handllungsspielraum zu be- kommen. Er verhandelte weiter mit den Politikern Giolitti, Salandra und Orlando. Er stellte ihnen sogar ein Re- gierungsbündnis in Aussicht, gleichzeitig ließ er den Monarchen wissen, dass er nichts von Faschisten zu be- fürchten habe, wenn der König die schützende Hand über der Regierung Facta wegziehe. Damit wollte er die Regierung entmachten und sich selbst als der einzige präsentieren, der in der Lage war die Schwarzhemden zu- rückzupfeifen. Die meisten durchschauten den „Duce“ nicht, entsprechend groß war deshalb auch der Ernst, als er am 27. Oktober den Befehl zum Losschlagen gab. An diesem einen Tag eroberten die Schwarzhemden mehre- re Dörfer. Erstaunlicherweise verhielt sich das Militär und die Polizei recht passiv, so dass es zu keinen nennenswerten Zusammenstößen kam.

Die Regierung Facta reagierte beinahe panisch, als sie von dem beginnendem Aufmarsch hörte. Der Liberalis- mus der Italien seit Mitte des 19. Jahrhunderts geprägt hatte fing an zu schwanken. Luigi Facta war sich nicht sicher, wie er reagieren sollte. Man entschloss sich dazu, dass die Minister ihre Ämter zur Verfügung stellten, dafür aber auch der Belagerungszustand über die Stadt verhängt wurde, um den Schwarzhemden die Stirn bieten zu können.

Damit kam der König ins Spiel, der den Gesetzesentwurf bestätigen musste, was er auch tat. Die Regierung war nun in dem Glauben den König als Stütze zu haben. Man entschloss sich für Gegenmaßnahmen, es wurde ein Manifest aufgestellt, welches zum Widerstand gegen die Faschisten aufrief und den Präfekten Anweisung gab faschistische Rädelsführer zu verhaften. Emanuel III. weigerte sich aber auf einmal doch den Dekret über den Belagerungszustand abzuschließen. Was diesen Sinneswandel des Königs bewirkt hatte ist bis heute noch nicht geklärt. Vielleicht hatte er Angst vor dem Verlust seines Postens, vielleicht dachte er die Faschisten würden eine besseren Schutz gegen die rote Gefahr bieten, als die Regierung der Liberalen. Man weiß es nicht.

Tatsache ist allerdings, dass die Regierung ihr Dekret zurückziehen musste und so auch das letzte bißchen Auto- rität verspielt hatte. Am 29. Oktober wurde der „Duce“ zum Ministerpräsidenten ernannt. Der Marsch auf Rom fand also gar nicht statt, er blieb im Schlamm stecken. Die Truppenstärke war inzwischen auf 40 000 Mann angestiegen, die aber nur mit dem Regen kämpften. Am 31. Oktober inszeniert er dann doch noch den Einmarsch, der deutlich machte, dass der Regierungswechsel kein normaler war, sondern revolutionä- res Ausmaß hatte.

Der Marsch auf Rom machte dennoch Geschichte, denn hier deutete sich eine Alternative zur ausgelaugten libe- ral-demokratischen Demokratie, zur Königs- und Militärdiktatur und zum Bolschewismus an, die nicht auf der Machtgrundlage legitimiert wurde, sondern auf der Unterstützung breiter Bevölkerungsschichten beruhte. Es entwickelte sich die große faschistische Herausforderung, die sich gegen alles richtete, was sich Demokratie, Liberalismus und Menschenrechte nannte und nur in einer Kraftanstrengung der demokratischen und kommunis- tischen Welt zu bestehen war.

Das Modell: Italien 1919-1929

Ein zerrissenes Land in der Krise

Nur wenige Staaten in Europa litten 1914 unter ähnlich großen Spannungen wie Italien. Es war eine „verspätete“ Nation, die ihre Position im europäischen Mächte Konzert noch nicht gefunden hatte. Die Außenpolitik war wegen der Ressourcenabhägigkeit vom Ausland immer ein Problem für die Nationalisten. Auch der Staat als solches war noch nicht gefestigt, da die Staatsgründung von oben herab statt gefunden hat. Die Leute waren von einem starken Bewahrungsdenken geprägt, außerdem machte die große wirtschaftliche Kluft zwischen Norden und Süden zusätzliche Spannungen. Die schmale politische Klasse flüchtete sich in eine militant- antidemokratischen Politik gegen die linke Opposition, was wiederum den Radikalismus und des Revolutionseu- phorie beflügelte. Der erste Weltkrieg, der eigentlich die Feuertaufe für den jungen Staat werden sollte, endete schon mit der Debatte über den Kriegseintritt in einer Zerreißprobe. Die Interventionisten und die Kriegsgegner bekämpften sich mit einer Vehemenz die oft an Bürgerkrieg erinnerte. Der Konflikt wurde durch die „imbosca- ti“(Drückeberger) verstärkt. Die Bauern und die Industriearbeiter gerieten dadurch in einen Konflikt, dass die Bauern glaubten sie würden den Kopf an der Front hinhalten, während sich die Arbeiter und vor allem die Bour- geoisie ein schönes Leben mache. Dies erschwerte eine Konsenzbildung nach dem Krieg.

Fatal war besonders, dass es die Regierung nicht richtig verstand den militärischen Sieg in einen politischen umzusetzen. Man sprach bald von einem „verstümmelten Sieg“. Die Aggression richtete sich gegen die politisch Linke, die ja sowieso gegen den Krieg gewesen war, und gegen die Alliierten. Der Dichter D`Annunzio, der im Krieg sein militärisches Talent entdeckt hatte, ging sogar soweit, dass er die Stadt Fiume besetzte und von dort aus ganz Italien einhämmerte, dass es ihnen zustünde, mehrere Städte an der dalmatischen Küste zu besetzen, was dazu führte, dass der Nationalismus einen neuen Aufschwung erfuhr.

Italien hatte es mit dem „Verlierersyndrom“ zu tun, die Schützgrabengeneration stand sozial und national vor dem Nichts.

Keine Gesellschaft hätte sich damit leicht getan, diese entwurzelte Schichten zu resozialisieren und die anderen großen Hypotheken abzutragen, die aus der Vorkriegszeit stammte. Italien aber hatte eigentlich keine Chance dazu, denn das Land stürzte in einen desaströsen Frieden, der vor allem durch eine große Wirtschaftskrise ge- prägt war, und die alte Fragmentierung der Gesellschaft hatte im Krieg derart zu genommen, dass das politische System gänzlich aus den Fugen geriet und nicht einmal mehr zum Krisenmanagement fähig war. Die Wirtschaft hatte mit einer schwerfälligen Industrie zu tun, die man nur schwerlich auf Friedensproduktion umstellen konnte. Auch kam es durch Staatsverschuldung und leere Staatskassen zu einer Entwertung der Lira. Es kam zur Massenarbeitslosigkeit.

Die Arbeiter entgegneten der Situation mit Streiks, es kam auch zur illegalen Landnahme. Aber nicht nur die kleinen hatten zu leiden, sondern auch die großen, die viel Geld in den Krieg investiert hatten und nun mit leeren Händen dastanden. Der Staat sah nur tatenlos zu, er unternahm nichts gegen die Gewalt der Masse.

Überforderte Parteien

Die wirtschaftliche und soziale Krise mündete bald in eine politische, da die Parteien den zentrifugalen Kräften nicht gewachsen waren. Die liberale Führungsschicht konnte sich zwar trotz des Interventionismusstreits behaupten, aber sie wußten auf die Nachkriegskrise keine Antwort. Den meisten Liberalen wäre es am liebsten gewesen, wenn man ohne Rücksicht auf das Parlament regieren könnte und den Reformstau mit einem autoritärem Federstrich beseitigen könnte.

Die neue Volkspartei der Katholiken, die nach der Einführung des Verhältniswahlrechts erstaunliche Gewinne erzielen konnte, war innerlich ebenso wenig konsenzfähig, wie die Liberalen, da sich der eine Teil dem Papst Benedikt dem XV. loyal gegenüberstand, die andere Hälfte aber sich den Liberalen anverwandt fühlte. Nach desolater war die Lage der Sozialisten, die nur noch die Gegnerschaft gegen das Bürgertum zusammenhielt, vom ihrem Kurs her konnten sie keinen gemeinsamen Nenner finden.

Daraus resultierte natürlich ein ständig handlungsunfähiges Parlament. Es wurde sowohl die SchützengrabenGeneration, die Bauern als auch die Arbeiter enttäuscht. Die Sozialisten gewannen vor allem im Jahre 1919/20 an Stimmen, besonders in Nord- und Mittelitalien. Paradoxerweise erhielten die Sozialisten auch großen Zulauf von den Kriegsheimkehrern, obwohl sich deren Ziele von denen der Sozialisten unterschieden. Die Sozialisten versprachen aber eine Linderung der sozialen Not und dies war für sie vorrangig.

Die Sozialisten verstanden es aber nicht ihre Vormachtstellung auszubauen, stattdessen versuchten sich mit Sturheit ihre Ziele durchzusetzen, wobei sie aber die Bauern, Halbpächter und Pächter vergessen hatten. Die Inkompetenz der Sozialisten läßt sich gut mit dem Streik von 500 000 Arbeitern im Sommer 1920 veran- schaulichen: Die Arbeiter streikten, die Regierung weigerte sich das Heer marschieren zu lassen und die bürger- lich und großbürgerlichen Schichten erkannten, dass der Staat nicht dazu in der Lage war die Bolschewisten auf zu halten.

Leider wußten die Besatzer schon bald nichts mehr mit den Fabriken anzufangen. Das Land stand am Abgrund und war somit eine leichte Beute für die Faschisten. Freilich war es bis zum Sieg des Faschismus noch ein langer und steiniger Weg. Mussolini war stand nach dem Krieg mit leeren Händen da und wußte nicht, wie der Faschismus später aussehen sollte, geschweige dem mit wem er ihn durch setzen könne.

GrÜndung und Aufstieg der „ fasci di combattimento “

Mit bescheidenem Kapital gründet Mussolini 1919 die Partei „fasci di combattimento“, die ihre Wurzeln schon 1915 ihre Anfänge hatte, als sich einige der Sozialisten für den Kriegseintritt einsetzten und sich somit der sozialistischen Partei überwarfen. Es schlossen sich Menschen aus den verschiedensten Bevölkerungsgruppen Mussolinis Partei an. Das Parteiprogramm war eher linksgerichtet. Die Partei forderte: Acht-Stunden-Woche, Mindestlöhne, Versicherungen ... und die Einführung der Republik.

Aber die Partei erzielte nirgends denn erhofften Sieg, nein im Gegenteil sie schafften es bei der Parlamentswahl 1919 nicht einmal einen einzigen Abgeordneten ins Parlament zubringen. Mussolini zog die Konsequenzen. Er merkte, dass mit dem linken Parteiprogramm nichts zu holen war, da hier sowieso die Sozialisten dominierten, stattdessen folgte er nun der politisch Rechten, die führerlos durch die Gegend irrte. Hier konnte er wieder eine politische Basis finden.

Man warf das linke Programm über Bord und fing an die Sozialisten anzugreifen, anfangs mit Worten, später auch mit Gewalt, was der Partei Sympathisanten im Großbürgertum verschaffte, da sie es gerne sahen, wie die Sozialisten einen Dämpfer bekamen. Bald fraß sich die Partei immer tiefer in die bürgerlichen Schichten. Es bildeten sich die sogenannten „Squadren“, deren Überfälle bald Schule machen sollten. Die Faschisten fanden vor allem im Nord- und Mittelitalien Zustimmung, und das wiederum von der ländlichen Bevölkerung, die noch unter den Folgen des Krieges zu leiden hatten. Die Landbesitzer waren die Gönner der Faschisten, die sie mit Geld unterstützten. Bald gingen die Faschisten zum Angriff über und erkämpften für die Großgrundbesitzer wieder die alten Rechte. Die Faschisten waren abhängig von der Unterstützung der Großagie- rer. Auch ihr äußerst militantes Auftreten war ein Grund für ihren Erfolg. Die fasci wurden zum Teil eher als militärischer Stoßtrupp gesehen, statt als Partei. Dabei verloren fast 2 000 Menschen ihr Leben. Erfolg bringt weiteren Erfolg und so war es klar, dass die Faschisten zu einer politischen Macht aufstiegen und bald die Sozialisten zurückdrängten und Hochburgen aufbauten. Dort wurde die totalitäre Ordnung erprobt. Das Klientel der Partei wandelte sich in dieser Zeit, es verlor seinen linken Anstrich und wurde zu einer Partei des Bürgertums. 1921/22 gab es drei Faschismen: Den Industriefaschismus, den Agrarfaschismus und den stän- dische Faschismus. Die Klammer für diese gegensätzlichen Ziele war Mussolini, der ein hervorragender Redner und Politiker war, seine Auftritte glichen Volksfesten. Er nahm sich ein Beispiel an D’Annunzio. Mussolini bremste den Agrarfaschismus, da er im gewalttätigen Vorgehen dieser Gruppierung eine Gefahr für die Zukunft sah. Er kam Giolitti politisch ziemlich weit entgegen, um die Sozialisten zu schwächen und die Faschisten als politische Macht zu etablieren.1921 kam es nach langem Hin- und Her zu einer Art Burgfrieden zwischen Sozialisten und Faschisten.

Mussolinis Doppelstrategie

Das Jahr 1922 war von der Doppelstrategie gekennzeichnet. Mussolini unterhielt Kontakte zur Regierung und tat auch sonst sein Bestes, um sich von den immer radikaleren Agrarfaschisten zu distanzieren. Mussolini hatte mit den extremen Gegensätzen in seiner Partei zu kämpfen, da sich die unterschiedlichen Vorstellungen der Einzel- nen nicht auf einen Nenner bringen ließen. 1921 wurden die Stimmen lauter, dass man faschistische Gewerk- schaftsorganisationen gründen sollte, um ein Gegengewicht zu den Großindustriellen zu schaffen. Mussolini stand solchen Vorschlägen recht aufgeschlossen gegenüber, aber nur so lange das Establishment nicht bedroht wurde.

Mussolini dreht immer alles zu seinem Vorteil. Er war beispielsweise ein Gegner der Kirche, aber auf einmal entdeckte er katholische Seiten an sich. Er stellte dem Papst eine Lösung der römischen Frage in Aussicht. Die Kirche machte folgende Gegenleistungen: Distanzierung von der katholischen Partei und von Don Sturzo den Führer der Partei „popolari“, die als antifaschistisch galt. Der räumte das Problem des Republik damit aus dem Weg, dass er sagte, dass der Zusammenarbeit mit der Krone nichts im Wege stehe, solange sich die Krone nicht gegen den Faschismus stelle.

Mussolinis Politik der Frontbegradigung und die Verhandlungen mit anderen Politikern führten dazu, dass bald keiner mehr die Zusammenarbeit mit den Faschisten ausschloss, aber leider gab es noch das Problem des Squa- drismus, welches sich aber im Sommer 1922 deutlich verminderte, als die Sozialisten zum Generalstreik gegen die Faschisten aufriefen.

Die Sozialisten war in einer Krise: 1921 hatten sich die Kommunisten abgespalten, die sie nun leidenschaftlich bekämpften. Außerdem waren sie den militanten Faschisten heillos unterlegen. Der Generalstreik war ein letztes Aufbäumen, und es wurde schnell deutlich, dass die Bevölkerung gewaltige Angst vor einer bolschewistischen Revolution hatte und somit auf den Faschismus setzte, als Bollwerk gegen die „rote Gefahr“. Mussolini nutzte diese Chance und stellte der Regierung ein Ultimatum von 48 Stunden. Doch schon am 2. Au- gust schlugen die Faschisten los und Italien erlebte fünf schreckliche Tage, an den viele Sozialisten starben. Die Regierung sah nur untätig zu. Der Generalstreik hatte alle Gerüchte einer antifaschistischen Koalition zu nicht gemacht. Mussolini wurde zum Führer der Großindustriellen, der bäuerlichen Landbesitzer, des Besitzbürger- tums und der kleinen Handwerker.

Mussolini, die alten Eliten und der revolution ä re Faschismus

Der Marsch der Schwarzhemden auf Rom war keine Revolution, zu vieles blieb nach der Machtergreifung beim alten. Der König, die Kirche, die Wirtschaftskapitäne und die alten Militäreliten behielten ihre Macht, da sie den Faschisten überhaupt erst an die Macht verholfen hatten. Die Regierung, die Mussolini stellte, war recht ausge- wogen, was die alten Machthaber glauben ließ, dass sie die Krise nicht nur eingedämmt hätten, sondern auch aus der Welt geschafft hätten. Es war aber genauso klar, dass sich die Faschisten nie als Gefangene der Koalitions- parteien sahen. Sie setzte von Anfang an alles daran ihre Machtposition auszubauen, was ihr auch bald gelang. Das Erstaunliche ist, dass die Koalitionspartner die Zeichen der Zeit nicht erkannten. Sie halfen dabei das politi- sche System zu unterhöhlen. Auch die Aktivität gegen die Linke unterstütze die gesamte Regierung, obwohl die Squadren in den Provinzen immer noch ihr Unwesen trieben. Diese Maßnahmen gaben der italienischen Innen- politik eine starke polizeistaatlichen Note. Mussolini erfüllte die Erwartungen im Bereich der Wirtschaft. Der Arbeiterschaft wurde aber nach und nach die Luft abgeschnürt, was sich ganz deutlich in der „Streikbilanz“ widerspiegelt. Die alten Eliten reichten Mussolini aufgrund seines Erfolges die Hand, was Mussolini dazu nützte die Vormachtstellung der Faschisten auszubauen. Die entscheidende Schritte waren die Schaffung des faschisti- sche Großrates, die Reform des Wahlrechts und die Neuwahlen im Jahre 1924.

Der Großrat war kein faschistisches Organ, es war viel mehr eine Konkurrenz zum Kabinett und dem Parlament, da die Richtlinien der Politik festlegte. Das bis dato herrschende Verhältniswahlrecht sollte durch eine spezielle Form des Mehrheitswahlrechts ersetzt werden, aber die katholische Volkspartei ließ sich nur langsam von den Vorteilen überzeugen.

Im Mai 1924 wurde die Kammer neu gewählt. Mussolini überließ nichts dem Zufall, seine Squadristen sorgten in ihrer wohl bekannten Art durch Terror dafür, dass die Opposition und die Dissidenten aus dem Regierungslager kein Gehör mehr fanden. Mussolini hielt die hohen Posten geschickter Weise nicht nur für eigene Leute offen, sondern besetzte sie auch mit populären Leuten, die dem Volk nahe standen. So konnten sich die Faschisten einen phantastischen Wahlsieg einholen, bei dem sie 66 % der Stimmen erhielten.

Der Wahlerfolg hatte viele Väter: Betrug, Opportunismus, das Gespenst des Bolschewismus. Entscheidend aber waren die Squadristen, die zu einer Privatarmee Mussolinis wurden. Die Faschisten bekamen aus allen Ecken Zulauf. Sie wurden dadurch immer mehr zur Volkspartei, die den Faschismus salonfähig machte. Durch die Nationalisten erhielt sie einen neuen Anstrich, der den meisten „Altfaschisten“ nicht gefallen konnte.

Es kam durch die verschiedenen ideologischen Impulse zu einem Machtkampf in der Partei, den keiner der beiden beteiligten gewinnen konnte, stattdessen gewann Mussolini durch geschicktes Ausspielen der beiden gegeneinander und gegen die Liberalen immer mehr an Macht und Einfluß.

Totalit ä re Wende

Die Richtungswende wurde Mussolini von Parteimitgliedern abgenommen, da sie den Oppositionsführer, der ein paar Tage zuvor eine flammende Rede gegen Mussolini gehalten hatte, entführt wurde. Schnell war klar, dass Mussolini etwas damit zu tun hatte, und man fing an sich von ihm zu distanzieren. Die Opposition trat zurück und wartete darauf, dass der König die Initiative ergriff, was aber ausblieb, da man immer noch Angst vor den „Roten“ hatte.

Es wurde unruhig in der Partei, die Squadristen wollten mit der immer frecher werdende Opposition aufräumen. Da die Unruhen so stark wurden, entschloss er sich auf die Seite der Intransigenten zu stellen. Er war davon überzeugt, dass sie, wenn er nicht so gehandelt hätte, die Sache selbst in die Hand genommen hätten. Sein Bekenntnis zum Faschismus war unumgänglich, desweiteren versprach er mit den Oppositionellen aufzuräumen. In seiner Rede macht Mussolini darauf aufmerksam, dass die vergangenen 2 Jahre nur eine Schonzeit gewesen ist, dass nun eine neue Etappe beginnen werde, die Italien in eine Diktatur mit totalitären Zügen verwandeln sollte. Das Grobe erledigten mal wieder die Squadristen, die sich mit der Erlaubnis des „Duce“ so richtig ausleben konnten. Schnell wurde die Opposition geschwächt.

Die Gleichschaltung war vor allem dem Attentat auf Mussolini zu verdanken, da es den Anlaß gab jegliche Pri- vatsphäre aufzuheben und bis in den letzten Winkel des Privatlebens zu leuchten. Nach dem Mordversuch am 31. Oktober 1926 erreichte das ganze seinen traurigen Höhepunkt. Unmittelbar nach einem mißglückten Attentat auf Mussolini wurde ein wahrscheinlich völlig unschuldiger Junge gelyncht. Die Regierung nützte diesen erneuten Anschlag auf den „Duce“ zur Zerschlagung der Opposition. Es wurden Sondergesetze erlassen, die es Straftribunalen ermöglichte, dass sie über Regimegegner sogar wieder die Todesstrafe verhängen konnten. Damit waren auch die letzten Reste der Demokratie außer Kraft gesetzt. Natürlich ragten alte Institutionen in die neue Ordnung hinein, aber sie waren ganz ohne belang.

Mussolini gelang es die Gleichschaltung in einer Gründlichkeit durchzuführen, die seines gleichen sucht. Die Repressionspolitik richtete sich nicht nur gegen die Opposition, sondern auch zunehmend gegen die intransigenten Faschisten, die Mussolini zu bedrohen anfingen.

Konkret heißt das: Säuberung der Kader, Auflösung der Squadren und vor allem die totale Ausrichtung des Faschismus auf Mussolini. Die Partei erlangte im Freizeitwesen eine immer höhere Bedeutung, auch für die Kreation des „Duce“-Mythos war sie verantwortlich. Die Partei wurde das Zentrum des gesellschaftlichen Lebens, des Lebens das sie vorher so stark kritisiert hatte. Der Faschismus in Italien war mehr durch die Person Mussolinis statt durch die Partei bestimmt. Mussolinis Macht darf aber nicht falsch eingeschätzt werde, da er zwar die Fänden in der Hand hielt, aber dennoch auf die Kirche und Krone angewiesen war.

Auch die Wirtschaft erlangte durch den Zusammenschluß von Arbeitnehmern und Arbeitgebern eine entscheidende Verbesserung, da durch die Klassengegensätze deutlich verkleinert wurden. Aber der große Erfolg blieb aus, da das neue Ministerium mit sehr viel Bürokratie verbunden war.

Die Konsolidierung des Regimes

Mussolini wurde durch die Kontrolle der Massenmedien bald zu einer schillernden Persönlichkeit. Es entwickel- te sich ein „Duce-Mythos“. Zu den Parolen gehörten Sprüche wie „der neue Cäsar“ und „Meister des Glaubens“; nichts war heilig alles wurde verwendet, um den Mythos um seine Person zu erzeugen. Auch wenn diese Sprü- che an der Wirklichkeit vorbeischrammten, so muss doch gesagt werden, dass die Regierung im wirtschaftlichen Bereich großartiges vollbrachte. Sie stopften die Löcher im Staatshaushalt, senkten die Arbeitslosigkeit, kurbel- ten die Wirtschaft an und stabilisierten die Währung. Die Jahre 1922 bis 1929 waren die Phase des Wachstums, was auch zu erhöhten internationalen Aufmerksamkeit führte. Die Lage der Arbeiter verbesserte sich ebenfalls. So wurden die Löhne angehoben und eine Reihe sozialpolitischer Reformen eingeführt, was für das Gewerk- schaftsverbot aber nur gering entschädigte.

Den größten Erfolg hatte Mussolini 1929 mit den Lateranverträgen. Sie klärten das zwielichtige Verhältnis zwischen Staat und Kirche. Der Jubel über die Verträge waren groß und der Papst Pius XI. nannte Mussolini sogar einen Mann, den die Vorhersehung geschickt habe. Kritik war an der Person Mussolinis nicht mehr üblich spätestens seit der Gleichschaltung der Medien. Der Überwachungs- und Unterdrückungsapparat war ähnlich stark wie die Gestapo, je doch er sich besonders nach der Zeit der Regimestabilisierung auf subtilere Methoden verlassen und mußte nicht mit der Gewalt des deutschen Pendants vorgehen.

Mussolinis Regime war aber nicht so perfekt wie es zu sein schien. So hatte der „Duce“ eine äußerst unglückli- ches Händchen bei der Auswahl seiner Mitarbeite, auch systematisches Arbeiten war für ihn ein Fremdwort, er verließ sich lieber auf seine Improvisationsgabe. Die Kritik an Mussolinis Regime war aber trotzdem da, und man mußte immer neue Kampagnen starten, damit die ganze Täuschung nicht auffliegt. Der Faschismus hatte nämlich kein eigentliches Ziel. Die auf plebiszitärer Unterstützung basierende Diktatur erkannte schnell, dass sie sich am besten auf dem Feld der Außenpolitik erreichen konnte.

Mussolini erkannte das schon äußerst früh und sagte schon 1921, dass die italienische Außenpolitik mit einem Wort zufassen sei., nämlich der Expansionismus. Italien war außenpolitisch eines der aktivsten Länder in den zwanziger Jahren. Es arbeitete nicht nur auf eine Revision der Friedensverträge hin, sondern beteiligte sich auch aktiv an der Umgestaltung Europas und Afrikas. Mussolini wollte eine Reihe von Kolonien einrichten, um einen Zugang zu den Weltmeeren zu bekommen, leider stand ihm bei der Verwirklichung dieses Zieles Frankreich im Wege, dass überall seine Kolonien hatte. Mussolini setzte alle Hebel in Bewegung, um Paris zu destabilisieren, und schon zehn Monate nach seinem Macht Antritt besetzte er die griechische Insel Korfu, da ein italienischer General in Griechenland umgebracht wurde. Mussolini versuchte sich weder mit den Griechen zu einigen, noch schaltete er den Völkerbund ein; er sagte es sei keine Besetzung, sondern ein Sache der nationalen Ehre. Musso- linis Außenpolitik war überaus aggressiv. Überall wo es in Europa brannte goß er Öl ins Feuer. Mussolini konnte seine Rassenhybris besonders in den Bereichen ausleben, wo der Einfluß der europäischen Garantiemächte Frankreich und Großbritannien gering war, wie zum Beispiel in Libyen. Dort gingen die italienischen Streitkräf- te mit einer Brutalität vor, die das Maß bei weitem überschritt. Es wurde Giftgas eingesetzte, Volksstämme de- portiert und Menschen auf die grausamste Weise gefoltert. Der Faschismus zeigt in Afrika sein wahres Gesicht; zu ihm gehören ein penetrantes Sendungsbewußtsein, ein maßloses Überlegenheitsgefühl und eine beträchtliche Portion Rassismus, die sich später auch in der Apartheid- und Vernichtungspolitik wieder äußerte.

„Italia Docet“: Faschistische Bewegungen vor 1933

Nirgends in Europa gab es in den zwanziger Jahren etwas ähnliches wie Mussolinis polizeistaatliche organisierte Regierung, die wage totalitäre Rezepte in die Tat so umsetzten konnte, dass sie sich eine Position im Konzert der europäischen Mächte sichern konnten. Es bildeten sich aber nach dem ersten Weltkrieg in ganz Europa Zirkel und Vereinigungen, die sich weder links noch rechts einordnen ließen, aber mit Mussolinis Faschismus sympa- thisierten. Obwohl die Faschisten sich von Land zu Land verschieden, so hatten sie doch eine Gemeinsamkeit: Sie waren alle ausgeprägte Nationalisten, die alle Bestrebung seit der französischen Revolution rückgängig ma- chen wollten. Demokratie, Parlamentarismus und Liberalismus waren für sie nichtige Ziele. Auch die Partizipa- tion der Arbeiterschaft waren ihrer Meinung nach Hindernisse bei der Expansion des Staates. Ihre Methoden waren, wie bei den Faschisten üblich, grausam; allein von ihrer Rassenhaß angetrieben, kämpften sie für ihre Ziele, was in erster Linie imperialistische Expansion war, aber auch die Ausrottung ethnischer Minderheiten.

Das eigentliche überraschende an der faschistischen Bewegung ist, dass sie sich nicht so einfach charakterisieren läßt. Es gab einige bedeutende Historiker, die versuchten den Faschismus zu definieren, aber keine dieser Definitionen setzte sich durch. Leider ist die Frage nach dem Zusammenspiel der politisch Rechten und dem Faschismus noch nicht ausreichend geklärt, aber ist mit Sicherheit zu sagen, dass der Faschismus erst durch die Rechte seine endgültige Schlagkraft erhielt.

1918 war davon noch nichts zu bemerken, nein im Gegenteil, es gab nach dem ersten Weltkrieg eine Demokratisierungswelle in Europa. In ganz Europa gab es demokratisch gewählte Regierungen, mit Ausnahme Russlands. Leider blieb es so nicht. Die Demokratie befand sich schon nach wenigen Jahren, wegen der rückläufigen Entwicklung, im Rückzug. Der Nationalismus konnte kaum gebändigt werden, da die Menschen mit den Friedensverträgen nicht einverstanden waren. Eigentümlicher Weise kam die größte Gefahr nicht von Links, wie es anfänglich den Anschein machte, sondern von Rechts, die den politischen Umschwung nur widerwillig mit gemacht hatten und nun auf die Verwirklichung ihrer Ziele drängten.

Der Historiker Eric Hobsbawn hat überzeugend ausgearbeitet, dass die politisch Rechte ihre Ziele durchzusetzen versuchte und so Diktatoren an die Macht brachten, die das Rad der Zeit zurückzudrehen versuchten. In Ungarn kam Horthy, in Spanien Primo de Rivera, in Finnland Mannerheim , in Polen Pilsudski an die Macht. Von Italien abgesehen, muss man sagen, dass die Faschisten lange Zeit die schwächste der politischen Gruppie- rungen war, sich aber in den 30er Jahren als der eigentlich Todfeind der Demokratie herausstellte. Die Faschis- ten wurden oft als die Söhne der Reaktionären belächelt, aber das waren sie nicht. Sie wollten die Zeit nicht blind zurückdrehen, sondern etwas Neues schaffen, dass die gesamte Gesellschaft umkrempeln sollte.

Bescheidene Anf ä nge...

Bis zur Weltwirtschaftskrise fanden die Faschisten nur wenig Gehör. Natürlich blickte man auf Italien und besonders auf Mussolini, der es vermochte, das Land aus seiner Rückständigkeit heraus zu reißen. Im eigenen Land hatte man aber zuviel Angst vor den Methoden der Faschisten.

... in Westeuropa und in Skandinavien

Am geringsten waren die Chancen des Faschismus in Westeuropa und Skandinavien, da sich dort die wirtschaft- liche Krise nicht zu einer politischen ausdehnte. Großbritannien, Frankreich, Holland und Schweden schauten auf eine lange parlamentarische Tradition zurück. Das Bürgertum hatte sich schon lange aus dem Schatten der feudalen Führungsschicht gelöst. Hinzukam auch noch, dass keines dieser Länder mit ethnischen Minderheiten zu kämpfen hatte.

Die Faschisten waren in diesen Ländern Randerscheinungen, die Ausnahme bildeten hier die französischen „Faisceau“ und die englischen „British Fascisti“. Sie stellte die Tauglichkeit des parlamentarischen Systems in Frage, besonders im Bezug auf die immer größer zu werden scheinende „rote Gefahr“. Auch schürte sie den Fremdenhaß und den Antisemitismus. Die Faschisten verpassten aber ihre Chance sich zu etablieren, da alle die konservative Regierung jedes Angebot der Faschisten ausschlug.

Das Schicksal der „Faisceau“ verlief ähnlich. Sie orientierten sich an dem italienischen Faschismus. Der Gründer Valois zielte nicht auf eine Reformierung des politischen Systems ab, nein er wollte es überwinden und eine Diktatur einrichten. Das autoritäre Konzept des militanten Antikommunismus fand vor allem in der aufstiegsori- entierten Mittelschicht anklang. Die Faschisten waren aber mit der Wahl Poincaré zum Scheitern verurteilt.

... in Ost- und S Üdeuropa

In Ost- und Südeuropa hatte der Faschismus aus umgekehrten Gründen vor der Weltwirtschaftskrise keine Chancen. Die Industrialisierung war nicht weit genug fortgeschritten, die Herrschaft noch zu archaisch; hier konnte der Faschismus nur äußerst schwer Fuß fassen.

Man muss natürlich auch die Umstände sehen, in den sich diese Länder befanden. Sie waren alle mehr oder weniger erst nach dem Weltkrieg entstanden und hatten deshalb auch mit dem Problem der Staatsgründung, der Etablierung der Demokratie und des Rechtswesens zu kämpfen. Außerdem waren sie wegen ihrer feudalen und landwirtschaftlichen Strukturen weitest gehend vom Weltmarkt ausgeschlossen. In Jugoslawien hatte man dar- über hinaus noch mit ethnischen Minderheiten zu kämpfen, Ungarn hatte 70 % seines Staatsgebietes verloren. Angesichts dieser Probleme hielten die demokratischen Experimente nicht langen durch. Mitte der zwanziger Jahre wurden die ersten Militär- und Königsdiktaturen eingerichtet. Die Faschisten hatten gegen diese wenig Chancen, da ihre Ziele bei den Diktatoren gut aufgehoben waren. Eine wirkliche bolschewistische Gefahr gab es in diesen rückständigen Ländern nicht. Außenpolitisch begegnete man den Bolschewismus Russlands mit einem starken Heer. Die faschistischen Parteien hatten also weder Klientel noch Nutzen. Aber es gab auch schon da- mals Gruppen, vor allem in den Hauptstädten, die durch ihre Radikalität bestachen, wie zum Beispiel die „Ras- senschutzpartei“ in Ungarn.

Ungarn hätte der ideale Nährboden für den Faschismus sein können, wenn es etwas moderne gewesen wäre. Es stand unter dem Schock der gerade niedergeschlagenen Räterepublik, im Friedensvertrag von Trianon war man gedemütigt worden, was zu einem Haß führte, der sich gegen alles richtete, dass aus dem Westen kam, also auch gegen Demokratie und Liberalismus.

Horthy war der Nutznießer dieser Situation, er führte das Militär gegen die Räterepublik an, und dann ließ er sich zum Reichverweser mit außerordentlichen Vollmachten wählen. Diese Stellung baute er im Laufe der zwanziger Jahre weiter aus. Horthy war aber kein Faschist, er setzte die Mittel des Polizeistaates nur mit äußerster Vorsicht ein, auch zeigte er sich immun gegenüber den revolutionären Ideen eines Mussolinis oder Hitlers. In einem Land, dessen Gegenwart so düster war und dessen Zukunft so ungewiß, konnte eine Politik, die sich an der Vergangenheit orientierte nicht fehl am Platze sein.

So blieb Horthy bis zur Absetzung durch die Waffen-SS an der Macht. Schwierigkeiten hatte er vorher nur mit dem rechten Rand, an dem sich eine Reihe von faschistischen und militanten Gruppen bildeten. Als Zentrum galt die Stadt Szegedin, ihr Führer war Gyula Gömbös. Er war der Prototyp eines Nationalsozialisten, als solcher bezeichnete er sich auch schon 1919. Er sympathisierte mit Mussolinis Faschisten, mit Hitler und seinen Anhängern, arbeitete mit der „Organisation Consul“ zusammen und beherbergte die Mörder von Matthias Erzberger. Das hinderte ihn aber nicht im Parlament mit zuarbeiten, dessen Schwerfälligkeit er bald überdrüssig wurde. Er war der Begründer der „Rassenschutzpartei“. Sie proklamierten eine strenge rassisch organisierte und deshalb auch wehrhafte Volksgemeinschaft, in der für die jüdische Minderheit kein Platz war.

Gömbös musste einsehen, dass die Zeit noch nicht reif war. Er löst seine Partei wieder auf und beteiligte sich wieder an der Regierung. 1932 wurde er von Horthy mit den Amt des Ministerpräsidenten betraut, welches er nutzte, um die Faschisierung von Staat und Gesellschaft durch zusetzten.

Die Selbstauflösung blieb der „Legion Erzengel Michael“ erspart. Auch sie waren in den zwanziger Jahren nur eine Randerscheinung. Rumänien war als einer der großen Sieger aus dem ersten Weltkrieg hervorgegangen, was aber dazu führte, dass beinahe alle Nachbarstaaten einen Haß auf sie hatten und durch die neuen Gebietserwerbungen hatten sie mit dem Problem der ethnischen Minderheiten zu kämpfen. Rumäniens Regierung erwies sich als überraschend stabil und bald schlugen die politischen Parteien ihre Wurzeln. Die Rate der Analphabeten ging zurück, die Industrialisierung schritt voran. Man kann sagen, das Rumänien eine erste Modernisierungswelle erlebte, die natürlich auch negative Wirkung hatte. So erlebte der christliche Fundamentalismus und der Aberglaube wegen des raschen Tempos der Modernisierung ein „Come-back“ .

Die Folge war ein leidenschaftlicher Antisemitismus, viel wirtschaftlicher Verdruß und ein düsterer Kulturpessimismus. Unter der Oberfläche fing es an zu brodeln. Es bildeten sich faschistisch und nationalistische Gruppen, die Judenhaß, Antikommunismus, Antiliberalismus und Nationalismus schürten. Die Legion Erzengel Michael bildete den Kopf. Diese Gruppierung war radikal antisemitisch und war aus einem Studentenbund entstanden. Er wagte es sogar den Menschen zu sagen, dass er von Gott geschickt worden sei, um Rumänien wieder auf den rechten Weg zubringen. Sein Ziel war die Schaffung eines neuen Menschen, der nur der Nation diente. Der Erzfeind waren die alten Eliten und vor allem die Juden. Auch in Kroatin gab es nationalistische Bestrebungen. Die ultranationalistisch Partei träumte von einem großkroatischen Reich. 1929 richtet der König Alexander eine Königsdiktatur ein, die der nationalen Befriedung dienen sollte.

... in SÜdeuropa

Auch in Südeuropa - Portugal, Spanien und Griechenland - war die Ausgangslage für den Faschismus denkbar schlecht. Zwar gab es auch hier faschistische Bewegungen, aber sie standen ganz im Schatten des alten Estab- lishments.

Besonders deutlich war die Situation in Spanien. Der älteste Nationalstaat Europas war innerlich zerrissen. Das Land hatte unter seinem frühen Verlust der Kolonien gelitten, auch mussten sie die eine oder andere schmerzli- che Niederlage in Afrika und Mittelamerika einstecken. Die Zerrissenheit beruhte hauptsächlich auf der unver- söhnlichen Konfrontation zwischen Liberalen und Traditionalisten. Hinzu kam der Separatismus der Basken und Katalanen, die sich von Madrid benachteiligt fühlten. Es wurden von allen Seiten eine Wende gefordert, aber keiner hatte dazu die Kraft. Weder die Traditionalisten, noch die Liberalen, geschweige dem die Sozialisten hatte eine Chance auf einen Umbruch. Auch in Spanien hätte der Faschismus eine reale Chance gehabt, wenn das Land stärker industrialisiert gewesen wäre. So verlief das ganze aber ähnlich wie in Ungarn und Jugoslawien. General Miguel Primo de Rivera putschte 1923 unblutig. Primo der Rivera war ein großer Bewunderer Mussoli- nis, der sich aber nur seiner polizeistaatlichen Seite bediente. Der löste das Parlament auf und setzte den Separa- tisten wie auch den Linken mächtig zu, so stoppte er den inneren Zerfall des Landes und stabilisierte es kurzfris- tig - allerdings nur bis zu seinem Sturz im Jahre 1930.

Gomes da Costa putschte 1926 in Portugal. Portugal hatte mit ähnlichen Probleme wie Spanien zu kämpfen; Portugal war extrem rückständig, die Analphabetenrate war hoch und es wurden immer noch Glaubenskriege gekämpft. Die einzige Partei, die man mit Recht faschistisch nennen könnte, war die „Nacionalismo Lusitano“ ; sie war aber so gut wie gar nicht an dem Machtumsturz da Gomes beteiligt. Wie in Spanien wurde der Faschismus durch die polizeistaatlichen Mittel des Faschismus unterbunden.

... in Mitteleuropa

In Deutschland und Österreich bestanden beste Voraussetzungen für den Faschismus, da beide Länder den Krieg verloren hatten und so eine nationale Demütigung erfahren hatten, die durch die Gebietsverluste nur noch verschlimmert wurde. Die ganze Politik beruhte auf der Revision des Friedensvertrages und der Vergeltung gegenüber den Siegermächten, die den Frieden diktiert hatten. Auch war die Industrialisierung und Modernisierung im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts so rasch vorangeschritten, dass sowohl auf dem Land als auch in der Stadt die umwälzenden Veränderungen zu Unruhen führten. Man musste den Forderungen der Linken nachgeben, was sehr zum Leidwesen der Konservativen geschah. Der Parlamentarismus war in diesen Ländern auch längst nicht so tief verwurzelt wie in Frankreich oder England. Beträchtliche Teile der Gesellschaft lehnten sich gegen alles neues auf. Rassistische und nationalistische Ideen hatten Hochkonjunktur, der Antisemitismus blühte, und die Prediger von Irrationalismus und Gewalt fanden ein Massenpublikum.

In Österreich war die Situation wie folgt (Deutschland wird im nächsten Kapitel ausführlicher behandelt wer- den): Österreich befand sich in einer großen wirtschaftlichen Misere, außerdem wollte die Mehrheit der Österrei- cher zu Deutschland gehören, was aber von den Alliierten vereitelt wurde. Keine der sich nach 1918 rasch ab- wechselnde Regierungen schaffte es die Kluft zwischen Linken, Großdeutschen und Christlich-sozialen zu über- brücken.

So bot sich viel Spielraum für die Rechte, besonders außerhalb des Parlaments. Die stärkste Partei war in dieser Hinsicht die „Heimwehr“, die aber wie alle anderen ihr Potential nicht voll ausspielen konnte, da sie sich zwi- schen den großen Blöcken verfing, oder an der „Deutschen Frage“ scheiterte. Besonders die Angst vor der „roten Gefahr“ führte zu einer Faschisierung der Heimwehr. Es folgte eine Mobilisierung der Mittelschichten und der Bauern. Die Heimwehr wurde zu einer eigenständigen und schlagkräftigen Organisation, die sich von ihren an- fänglichen Ziel dem Antimarxismus wegentwickelte und sich nun auch anfing sich von Demokratie und Parla- mentarismus zu entfernen. Die Stimmung in der Partei war aber nicht klar. Dafür war das Klientel zu unter- schiedlich.

Dagegen hatten die Nationalsozialisten eine klare Stellung in der „Deutschen Frage“ und 1926 konstituierten sie sich als Teil der NSDAP. Sie geriet bald in einen Gegensatz zur „Heimwehr“. So behinderten sich die beiden Parteien gegenseitig.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die faschistischen Bewegungen mit Ausnahmen Italiens keine Gefahr bedeutenden, auch wenn sie störend waren. Europa bewegte sich aber insgesamt nach Rechts. Die faschistische Herausforderung war vor der Weltwirtschaftskrise äußerst gering, es handelte sich in erster Linie um einen radikalen Gegenentwurf zum Bolschewismus.

Aufschwung nach der Weltwirtschaftskrise

Die faschistische Bewegung wäre damit aller Wahrscheinlichkeit nach am Ende gewesen, aber es kam zur Weltwirtschaftskrise, die eine ungeheure Arbeitslosigkeit bewirkte. Die Weltwirtschaftskrise musste nicht zwangsläufig zum Faschismus führen wie am Beispiel der USA zu sehen ist. Aber die Menschen hatten Angst vor der Arbeitslosigkeit, die der Kapitalismus nun zu erzeugen schien. Sie wußten nicht woran sie glaubten soll- ten, da es zu einem Werteverfall kam. Das parlamentarische System war hoffnungslos, es fand keinen Ausweg aus dem Unheil.

Der Faschismus gewann fast automatisch an Attraktivität. Man schaute auf Italien, dem es doch jetzt verhältnismäßig gut ging. Sogar nicht faschistische Regierungsmitglieder schauten begeistert zu Mussolini auf. Italien erschien als die Lösung. Es grenzte sich scharf gegen den Bolschewismus ab. Der Korporativismus wurde als Allheilmittel gegen den Kapitalismus und den Sozialismus angesehen, was aber gar nicht stimmte, da er nichts weiter als eine nutzlose Bürokratie war.

Es kam zu einer Radikalisierung der Parteien und Organisationen. Es entstanden neue faschistische Parteien, auch in Ländern, die lange glaubten immun gegen faschistisch Bestrebungen zu sein. In den Niederlande wurde die „Nationaal-Socialistischen Bewegung“ (NSB) von Mussert ins Leben gerufen. Sie hatte eine lange und steinigen Weg vor sich, da die Niederlande ein gefestigtes politisches System hatte. Das sich der Faschismus trotzdem verfestigen konnte, lag daran, dass viele der Kleinbürger und Bauern in der Krise um ihre Existenz fürchteten. Die Partei erinnert stark an die SA. Der Führer Mussert trug das klassisch faschisti- sche Vademekum an sich. Die NSB war anfangs nur von wenig Zulauf gekennzeichnet, aber als die Weltwirt- schaftskrise anhielt, erlangte sie einen immer stärkeren Zustrom. Die NSB war aber wegen ihrer Methoden äu- ßerst unbeliebt. So riskierte man seinen Job, wenn man ihr beitrat und auch die Kirche konnte einem das Heil absprechen. Bereits 1935 hatte die NSB ihren Höhepunkt überschritten und stand nun allein da. Auch in England gab es eine neue faschistische Bewegung, die von Mosley ausging, der bei der Labour Party zweimal gescheitert war, und schließlich eine eigene Partei gründete, die aber wiederum keinen Erfolg hatte. Er war der Ansicht, dass das System auf Grund einer Wirtschaftskrise bald zusammen brechen würde und es würde die Einrichtung einer kommunistischen Regierung folgen. Diesem Problem konnte man seiner Mei-nung nach nur durch die Errichtung eines starken hierarchischen Systems begegnen. 1932 machten die Union of Fascists das erste Mal von sich reden. Schwarze Hemden, faschistischer Gruß und Rutenbündel, all dies erinner-te an Mussolinis Schwarzhemden. Auch die paramilitärischen Stoßtrupps, die den Roten Angst einjagen sollten waren ein Abbild dessen, was es Italien schon gab. Mosley konnte sich nicht über mangelnde Unterstützung beklagen. Er hielt Zulauf aus allen Ecken, von heimatlosen Faschisten, von Intellektuellen und von der Adels-schicht. Als jedoch klar wurde, dass die Union nicht vor grober und brachialer Gewalt zurückschreckte wandten sich bald die meisten gemäßigten Mitglieder ab und die Partei verschwand in der Bedeutungslosigkeit. Auch die Faschisten auf der Iberischen Halbinsel mussten diese Erfahrung machen, zwar hatte die Weltwirtschaftskrise den Boden gelockert, aber sie schafften es dennoch nicht sich zu etablieren.

Eine Ausnahme bildete Finnland, dass nach dem ersten Weltkrieg nur schwer zur Ruhe kam, da sich die Rechten im Befreiungsbürgerkrieg gegen die Sowjetunion besonders hervorgetan hatten. Sie setzte viel daran dem Kommunis mus der noch im Untergrund existierte keine Chance zu lassen.

Als die Wirtschaft zu straucheln anfing wurde das Parlament nicht mehr Herr der Lage. Die Rechte bekam das Heft in die Hand. Laupa, ein kleiner Ort in Finnland, in dem es zu einer Auseinandersetzung zwischen Linken und Rechten kam, machte bald Geschichte. Es bildeten sich in ganz Finnland, die bald als Lapua-Bewegung bekannt gewordenen, Gruppen, die bald als Antikommunisten ihren Ruf hatten. Sie gaben sich aber schon nach kurzer Zeit nicht mehr mit der Verfolgung der Linken zufrieden. Sie wollten die gesamte Arbeiterschaft unter- drücken und zielten auf die Schaffung eines Großreiches ab. 1932 wagten sie den Staatsstreich, der aber wegen der Loyalität des Militärs keine Chance hatte. Die Regierung aber ging gestärkt aus dem Konflikt hervor, ähnlich wie allen anderen europäischen Ländern, in denen der Faschismus erfolgreich abgeschlagen wurde.

Die Faschisten profitierten ungemein von der Weltwirtschaftskrise, die den meisten Menschen unheimlich Angst eingeflößt haben muss. Die Partei, die sich diesen Umstand am besten zum Nutzen machen konnte, war die NSDAP, die 1933 die Macht ergriff und bald ganz Europa in Angst und Schrecken versetzte.

Besonders in Österreich war die Situation kritisch. Die Heimwehr war die stärkste politische Kraft, aber sie war sich nicht im klaren darüber, was sie mit ihre Macht anfangen sollte. Diese Ambivalenz verkörperte besonders Ernst Rüdiger Fürst von Starhemberg, der sich immer wieder zu revolutionären Aussagen hinreißen ließ, diese aber bald wieder dementierte. Diese Janusköpfigkeit war der Grund für die fehlende Festigung der Partei in der Gesellschaft.

Von der Krise und dem Niedergang der Heimwehr profitierten vor allem NSDAP, die bei den Kommunalwahlen sehr gute Ergebnisse erzielen konnte.

Auch die Legion Erzengel Michael schaffte 1933 den Durchbruch zu einer Massenpartei. Die Gründe dafür waren klar. Die Bauern standen vor dem Nichts, die Arbeiter rebellierten, was zu einer „Kommunismusangst“ führte, der Antisemitismus nahm überhand. Diese Bedeutungszunahme ging mit einer zunehmenden Radikalisie- rung einher. Die Regierung war sich der Gefahr bewußt und Verbot die Legion. Damit konnte sie zwar die Wahlergebnisse zu ihren Gunsten beeinflussen, aber der Gewalt standen sie machtlos gegenüber. Die Ustascha hätte ebenso die Chance gehabt zu einer Massenpartei aufzusteigen, aber König Alexander richtet eine auf sich zugeschnittene Diktatur ein. Die Partei wurde in den Untergrund gedrängt, so wie alle anderen Parteien. Die Ustascha rekrutierte nun, um sich auf das Abenteuer Aufstand zu wagen, was aber wegen der Überlegenheit der Armee völlig hoffnungslos war. Mehr Erfolg hatten sie mit den Sabotageakten, die 1934 in der Ermordung des Königs gipfelten. Diese Attentat zeigt ganz deutlich, dass die Organisation über genug Schlagkraft verfügt, um das Regime in Atem zu halten.

Rom - das Gravitionszentrum der faschistischen Bewegungen

Alle faschistischen Bewegungen vor 1929 auf der politischen Bühne Europas orientierten sich am italienischen Vorbild. Es war die Zertrümmerung des Marxismus, die Aufhebung der Demokratie und die Einrichtung einer völlig neuen Etablierung der Diktatur.

Um Italien entstand ein enges Netz von faschistischen Bewegungen, die alle den Kontakt zum „Duce“ suchten, der ein begehrter Gesprächspartner wurde. Alle faschistischen Führer versuchten bei ihm eine Audienz zu bekommen, die als Akkreditierung bei anderen Faschisten galt, auch Hitler bemühte sich seit 1927 um eine Unterredung mit Mussolini, aber diese blieb ihm bis 1934 verwahrt. Auch innerhalb der Partei gab es eine starke Orientierung an den Italienern. So wurden das Auftreten, die Kleidung, der Gruß und vieles mehr von den italienischen Faschisten übernommen. Das Netzwerk enthielt auch die Berichterstattung über Auslandsaktivitäten anderer faschistischer Parteien, die ebenso über das italienische Pendant berichteten.

Eins stand fest, Europa sprach über den Faschismus. Besonders die wirtschaftlich bedrohten Bürger und die Landbevölkerung stand den faschistischen Ideen sehr offen gegenüber. Der Faschismus erzeugte aber nicht nur innerhalb der Bewegung ein großes Echo, er hatte auch Breitenwirkung. Er begeisterte auch konservative und andere Diktatoren, die sich am Faschismus Italiens orientierten. Aber dennoch war Rom nicht das Zentrum, denn im Gegensatz zum Kommunismus war der Faschismus auf jeden Fall eins, nämlich nationalistisch. Rom diente zur Orientierung, aber das war auch schon alles.

Mussolini war dennoch der Anlaufspunkt in Europa. Er spielte diese Rolle gerne und gab den Fragenden bereitwillig Auskunft; insbesondere wenn es um die Interessen Italiens ging wurde er aktiv. Er unterstützte die Ustascha, da das heterogen Königreich ein Störfaktor war, den es zu beseitigen galt. Mosley hielt ebenso finanzielle Unterstützung wie die makkedonische Untergrundbewegung IMRO.

Das meiste Geld erhielt wohl die Heimwehr, da Mussolini eine Anschluß Österreichs an Deutschland auf jeden Fall verhindern wollte. Schließlich lieferte man auch Waffen an Österreich, die gegen den Sozialismus, aber auch gegen die Nazis eingesetzt werden sollten. Nach der Machtergreifung Hitlers versuchte Mussolini das Netz des Faschismus enger zu spannen, da sich mit dem Wahlsieg der NSDAP eine neue Möglichkeit eröffnet hatte Frankreich unter Druck zu setzen.

Der deutsche Sonderfall: Der Nationalsozialismus vor 1933

Der Nationalsozialismus ist natürlich kein Produkt des ersten Weltkrieges, auch er ist wie alle geschichtlichen Bewegungen tief verwurzelt. Deutschland erlebte nach dem deutsch-französischem Krieg eine wirtschaftlichen Aufschwung, der rascher verlief, als in einem anderen europäischen Land.

Historische Vorbelastung

Die Macht lag im Kaiserreich in den Händen einiger weniger, die versuchten die Weichen auf Stillstand zu stellen. Das Programm der Führungsschicht war nicht Erneuerung und Ausgleich, sondern die Bewahrung des längst nicht mehr zeitgemäßen Zustandes, der momentan bestand.

Aus dieser Gleichzeitigkeit von wirtschaftlichem Fortschritt und politischer Rückständigkeit ergab sich eine Hilflosigkeit der Bevölkerung. Die einen orientierten sich in die Zukunft, die anderen, die mit der Gegenwart nicht klar kamen in die Vergangenheit. Den einen war es zu modern, den anderen zu rückständig. Der Ausweg, den man aus dieser Krise nahm, war der Weg des Nationalismus, der sich in einer aggressiven außenpolitischen Haltung zeigte und in einem schon vor 1914 deutlich werdenden Antisemitismus mündete. Dies wäre aber nicht der Grund für den Aufbruch und dem Umbruch durch den Nationalsozialismus gewesen. Der erste Weltkrieg spielte eine entscheidende Rolle und die Tatsache, dass es zum Nationalsozialismus keine gefestigte Alternative gab.

Die erste Katastrophe war der Krieg, der zwar 1914 begrüßt wurde, aber bald folgte der Euphorie die Panik. Unzählige Menschen verloren ihr Leben in sinnlosen Materialschlachten.

Solche Wunden verheilen schwer, noch schwerer, wenn der Krieg mit einer Niederlage endet. Die ganzen Men- schen hatten für nichts und wieder nichts ihr Leben gelassen. Dies kränkte die nationale Ehre der Deutschen, die sich jahrelang überlegen und übermächtig gefühlt hatten. Man fand schnell eine Ausrede für die Niederlage des Heeres, die sagte, dass man Vaterlandsverrätern und den jüdischen Revolutionären zum Opfer gefallen sei. Ihr Werk war der Sturz der Monarchen, die schon seit Jahrhunderten herrschten. Zwar hatten die alten Herrscher viel ihrer alten Prestige eingebüßt, dennoch war ein solcher Umsturz, der als jüdisch und ehrlos diffamierten Linken nicht gerechtfertigt. Die Linken, die kurzfristig die Strassen beherrschten wurden zum Schrecken der Nation. Man sah sie als skrupellose Revolutionäre, denen nichts heilig war. Die Sozialdemokraten wurden mit ihnen in einen Topf geschmissen, da sie nach Ansicht des Volkes alle mehr oder weniger Bolschewisten waren, die den kompletten Umsturz planten.

Noch schmerzlicher war der Friedensvertrag von Versailles, in dem die Deutschen große Teile ihres Staatsgebietes abgesprochen bekamen, mit enorm hohen Reparationen belegt wurden und die alleinige Kriegsschuld auf sich nehmen mussten.

Das war einer der großen Fehler in der Geschichte, da die Deutschen nun keine Kritik am alten, sondern an den Siegermächten übten. Sie sahen sich der Willkür der Sieger ausgesetzt, die leider Wilsons hohen Erwartungen nicht gerecht werden konnten.

Die Väter der Weimarer Verfassung waren die alten Gruppierungen des Kaiserreichs, die unter der Monarchie gelitten hatten und nun die alten Kluften schließen wollten. Das System war vorbildlich für andere Verfassun- gen, das Sozialsystem besser als in allen anderen Ländern. Dadurch ließ sich die Bevölkerung aber nicht beein- drucken, sie stand der Republik skeptisch gegenüber, da sie ein Produkt der Revolution war. Die Novemberver- brecher hatten sie geschaffen, die dem deutschen Herr in den Rücken gefallen waren und somit die Nation um den Sieg brachten. Demokratie war für sie ein Abweg der Moderne, die sich mit dem Deutschsein nicht verein- baren ließ.

Deutschland wagte sein demokratisches Experiment zu einem denkbar ungünstigem Zeitpunkt. Die Weimarer Republik wäre aber dennoch nicht ohne Chancen gewesen, wenn dem Staat eine längere Atempause vergönnt gewesen wäre, aber dies war nicht der Fall, es trat bald darauf die zweite Serie von Katastrophen herein, durch welche die Befürworter der Demokratie immer weiter in die Defensive gedrängt wurden. Der Staat hatte den Krieg durch die Notenpresse finanziert, was zu einer enormen Inflation führte. Das Geld verlor durch die Fort- setzung der Inflationspolitik rapide an Wert. Auch die Arbeiterschaft kam nicht zur Ruhe, sie wurden von der russischen Revolution angesteckt; sie fanden die Idee des Rätesystems absolut faszinierend und somit wurde die USPD und die KPD zu ernst zunehmenden Gruppen. Die Konsequenz waren Strassenkämpfe beiden viele ihr Leben verloren. Die Regierung schafft es zwar immer wieder die alten Zustände herzustellen, aber das brachte ihr keinerlei Pluspunkte, da man vom harten Vorgehen der Reichswehr und der Freikorps erschreckt war. Solche Prüfungen hatte man vom alten System nicht auferlegt bekommen. Dies bildete den Nährboden für die gegenre- volutionäre Bewegung, die vor allem bei den Konservativen und bei Teil der Reichswehr Rückhalt fand, beson- ders deutlich ist dies beim Kapp-Lüttwitz-Putsch zu sehen, bei dem die Armee den Mut besaß sich für neutral zu erklären, obwohl sie die Pflicht gehabt hätte die Verfassung zu schützen.

Die NSDAP und Hitler

In diesem Reizklima entstand die Deutsche Arbeiterpartei, die später als NSDAP Karriere machte. Ihr Gründer Anton Drexler hat, wie so viele, versucht den Nationalismus mit dem Sozialismus zu vereine. Der Einflußbereich dieser Partei beschränkte sich anfangs nur auf München, aber im September übernahm der frisch eingetreten Adolf Hitler den Posten des Werbeobmanns.

Hitler paßt zu dieser Partei, da sie seine Ziele verkörperte, die Ängste der Partei auch die seinen waren. 1889 in Braunau geboren deutete nichts darauf hin, dass Hitler mal eine Rolle spielen werde; er verließ ohne Schu- labschluß die mütterlichen Gefilde. Er hat ein Art Frührentner dasein geführt, bis er 1904 nach Wien kam um Künstler zu werden, aber er wurde von der Akademie abgelehnt. Bald war er bankrott und musste mit anderen Heimatlosen, oder Einzelgängern zusammenwohnen. Um der Wehrpflicht bei der k. und k. Monarchie zu entge- hen zog er nach München. Aber auch dort gelang im beruflich nichts und so meldete er sich freiwillig zur bayri- schen Armee. Er wurde an die Westfront versetzt und erwies sich dort als tapferer Soldat. Oktober 1918 geriet er in eine Gasangriff und erblindete vorübergehend. Nach dem Krieg musste er wieder von vorne beginnen, aber womit? Er blieb bei der Armee, wo der Auftrag bekam Vaterlandsverräter zu entlarven und wieder auf den rechten Weg zu bringen, außerdem sollte er Gruppen wie die DAP beobachten.

Hitler war ein begnadeter Redner, der es verstand sich die Ängste des Volkes zu Nutze zu machen. Vor allem gegen die Juden, die überall saßen und das deutsche Volk unterdrückten, war sein Hauptangriffspunkt. Außerdem trauerte er nicht dem alten System nach, da er dessen Hohlheit erkannt hatte; anstelle des Alten sollte etwas Neues treten, etwas das die Ziele der Volksgemeinschaft verkörperte.

Hitler sammelte verschiedene Weltanschauungen und schuf sich daraus sein Weltbild. Das allem zugrundelie- gende war der Nationalsozialismus, der schon in seiner Kindheit eine bedeutende Rolle spielte. Desweitern wur- de er durch den Sozialdarwinismus beeinflußt, der um die Jahrhundertwende eine ernst zunehmende weltan- schauliche Richtung war. Er lebte in einer Traumwelt, in der kein Platz für Demokratie und Liberalismus waren, da sie - seiner Meinung nach - ein Produkt der Schwäche waren. Er fühlte sich einer besseren Klasse angehörig und verabscheute deswegen den Marxismus. Auch der Antisemitismus war in Hitlers Weltanschauung enthalten, sie war sozusagen die Klammer die alles zusammen hielt. 1918 wurde auch der Begriff des jüdischen Bolsche- wismus geprägt, der sich zu einem essentielle Bestandteil Hitlers Lehre entwickelte; für ihn war eine jüdische Weltverschwörung offensichtlich. Das Ziel der Juden bestand nach Hitler darin, dass sie die Herrnrasse durch Bastardisierung vernichten wollten. Die Juden waren seiner Meinung nach am Weltkrieg und der Niederlage und an allem anderen schlechten schuld. Man musste etwas gegen die Juden machen, damit man zu alter Größe zu- rück gelangen konnte.

Mit der Aufnahme der These Rosenbergs - der These des jüdischen Bolschewismus - hatte Hitler die optimale Synthese von Antisemitismus und Antibolschewismus gefunden. Das Gedankengut Hitlers war nichts neues, es war viel mehr der Gedankenschutt der Epoche.

... vor dem Putsch

Hitler war sich anfangs nicht ganz sicher, ob er sich vollkommen der Politik widmen sollte, da er ja eigentlich Architekt werden wollte. Aber desto mehr Erfolg er als Redner hatte, um so mehr wurde er in den Bann des Redens und des öffentlich Auftretens gezogen. Die NSDAP gewann schnell an Mitgliedern, und sie entwickelte sich zu einem nicht mehr zu übersehenden politischen Faktor in Bayern. Es waren alle Schichten in der Partei vertreten, aber das Rückgrat bildeten die jungen Soldaten und Freikorpsler, die dem bürgerlichen Leben den Rücken zu kehrten. Die frühen NSDAP Mitglieder waren Aussteiger, die nicht nur eintraten weil sie sich ver- standen fühlten, sondern auch weil sie in der Partei Kameradschaft, Kumpanei und die Möglichkeit fanden sich durch Aktion und Agitation abzureagieren.

Vieles der NSDAP erinnert an die PNF. Innerparteiliche Demokratie wurde klein geschrieben, der Führer war das wichtigste und er stellte auch das Grundsatzprogramm in den Schatten. Aber vor allem waren beide Parteien mehr als nur politische Organisationen, sie waren der Halt der paramilitärischen Truppen, in Italien der Squadren und in Deutschland der SA, die anfangs nur zum Schutz der Partei gedacht war sich aber bald zu einem Macht- faktor entwickelte. Die NSDAP war eine bayrische Partei, sie war nördlich des Mains meist wegen des Repu- blikschutzgesetzes verboten und in den Ländern, in denen sie erlaubt war, konnte sich nur kleine Ortsverbände bilden. Hitler stand wegen seiner österreichischen Staatsbürgerschaft einige Male kurz vor der Ausweisung, aber die NSDAP erlebte dennoch einen grandiosen Aufstieg, da sich viele der Sympathisanten in der einflußreichen Oberschicht befanden.

Noch wichtiger war aber die Rückendeckung durch einige hochrangige Militärs. Eine besondere Rolle spielte hier Ernst Röhm, der später SA Chef wurde. Er hielte seine schützende Hand über Hitler und die Partei, bei der er selbst Mitglied war und er versorgte die SA mit Waffen. 1922/23 war das Maß voll, die Wirtschaft steuerte auf einen totalen Kollaps zu. Die Kommunisten rüsteten sich für den heißen Herbst. Die maßgebliche politische Kraft in Bayern wollte mit dem Marsch auf Berlin ein Zeichen setzen. Hitler schaffte es die rechtsradikalen Kampfverbände zusammen zuschließen und sich an deren Spitze zusetzen. Er drängte auf einen Umsturz, aber die bayrische Reichswehr schreckte zurück. Am 8. November 1923 überredete er Kahr und Lossow zu einem Putsch. Aber schon im Morgengrauen war klar, das der Putsch zum Scheitern verurteilt war, da sich die Polizei und das Militär doch als loyal erwiesen.

Deshalb marschierte Hitler mit seinen bewaffneten Kampfverbänden durch die Stadt, die dann aber vor der Feldherrenhalle zusammen geschossen wurden. Hitler wurde verhaftet und vor Gericht gestellt.

Der Aufstieg nach dem Putsch

Das war aber nicht das Ende, wie man damals glaubte, es war erst der Anfang. Alle Indikatoren waren zu diesem Zeitpunkt negativ. Alles sprach gegen die NSDAP: Sie wurde verboten, ebenso ihr Presseorgan der völkische Beobachter und die SA. Auch außenpolitisch schien sich die Lage zu entspannen. Der Vertrag von Locarno schien eine Schlußstrich unter die Nachkriegszeit zu ziehen. Mit der Einführung der Rentmark war auch das Problem der Inflation passé.

Die Jahre nach dem Hitlerputsch waren die Zeit der Krise für die Bevölkerung und die Partei. Hitler wurde im Gefängnis endgültig zum Führer. Bis dato glaubte er der Wegbereiter für einen größeren wie Ludendorff zu sein, aber nun fühlte er sich selbst berufen.

In der Niederschrift „Mein Kampf“ wurde Hitlers Ideologie in eine Form gebracht. Hitler kam hier auch ein wenig zu Besinnung und merkte, dass man nicht alles mit Gewalt erreichen konnte.

Trotz seiner neu erlangten Sicherheit fiel es Hitler nicht leicht seine alte Stellung wieder zu gewinnen. Nach seiner Haftentlassung 1924 wurde das Parteiverbot aufgehoben und da Hitler bei seiner Rede zur Neugründung allzu radikale Töne anschlug, wurde er sofort mit einem Redeverbot belegt. Hitler war somit seiner wirksamsten Waffe beraubt - bis 1927 in Bayern, in Preußen sogar ein Jahr länger. Die Schwierigkeiten, die Hitler hatte beruhten vor allem darauf, dass sich in West- und Norddeutschland zahlreiche NSDAP Gruppen gebildet hatten, die den im Namen anklingenden Sozialismus ernst nahmen und somit eher linke Ansicht von der politischen Linie der Partei hatten. Die Querelen behinderten die Partei aber nicht in ihrer Entwicklung, da es Hitler immer wieder geschickt verstand seine Widersacher aus der Partei zu drängen, oder zu überreden. Sein Fanatismus war ansteckend, ebenso sein Haß auf die Juden und die Novemberverbrecher.

Hitlers Anziehungskraft beruhte wohl auf seinem Redetalent, aber auch wenn der Hilter-Mythos sicherlich ein Produkt Goebbels war, so muss man doch gestehen, dass das Bild des großartigen Führers schon lange vorher existiert hatte. Dieser Mythos war das größte propagandische Mittel der NSDAP, aber dies hätte wenig Einfluß gehabt, wenn sich alles so weiter entwickelt hätte, wie es 1923/24 den Anschein machte. Die Weimarer Republik kam nie richtig aus der Krise, da sich die Wirtschaft nach 1923 nur langsam erholte und die Landwirtschaft mit einem enormen Preisverfall zu kämpfen hatte. Industrie und Landwirtschaft setzen des- wegen auf ein Großangriff gegen die Republik. Die Deutsche Volkspartei rückte nach rechts, bei den Deutschna- tionalen wurde der Kurs eindeutig als republikfeindlich und national festgelegt. Die NSDAP schafft es schnell ganz Deutschland mit einem Netz von Ortstruppen zu überziehen. Sie legte langsam bei den Wahlen zu. Insbe- sondere an den Bildungseinrichtungen konnte sich Stärke zeigen. 1929/30 triumphierte der Nationalsozialisti- sche Deutsche Studentenbund an fast allen Universitäten.

Der Durchbruch

Den eigentlichen Durchbruch schaffte die NSDAP erst 1930, also etwa zur gleichen Zeit, in der andere faschisti- sche Bewegungen an Bedeutung gewannen. Die Ursache dafür ist, wie überall in Europa, die Weltwirtschaftskri- se. Mussolinis System gewann an Attraktivität, der Unterschied zu anderen Staaten in Europa bestand aber darin, dass sich der Faschismus durchsetzte und nicht die Demokratie oder die Diktatur, die faschistische Bewegungen auffing. Im Deutschen Reich gab es während der Weltwirtschaftskrise 1929 über 6 Mio. Arbeitslose. Das soziale Netz stand vor dem Zusammenbruch, Hunger und Elend waren an der Tagesordnung. Aber die Weltwirtschafts- krise erklärt nicht alles, auch die Tatsache das es nicht die erste Krise war, sondern eine von vielen mag den Durchbruch der NSDAP nicht erklären, denn auch andere Länder hatten wirtschaftliche Probleme.

Man muss mindestens noch zwei weiter Gründe in Betracht ziehen:

Der erste war der Wunsch nach imperialer Größe, der durch den harten Friedensvertrag eher noch geschürt wurde, als eingedämmt. Man wollte wieder zu einer Großmacht werden.

Der zweite Grund war die Legitimationskrise, in der sich die Weimarer Republik von Anfang an befand. Die Republik wurde wenig gemocht, nach der Weltwirtschaftkrise sogar gehaßt.

Dies war freilich die Zeit der Konservativen, aber auch der Revolutionäre in den Reihen der NSDAP und der KPD. Die Kommunisten erhielten einen enormen Stimmenzuwachs, was die alte Bolschewismusfurcht wieder erweckte. Die NSDAP nutzte auch dies für ihre Werbung. 1932 erzielte die NSDAP ihr bestes Ergebnis und erhielt 36,9 % aller gültigen Stimmen.

Die NSDAP war eine Massenpartei, die anders alles bisherige die Interessen von ganz verschiedenen Bevölke- rungsschichten widerspiegelte. Ihre Hochburgen lagen in den protestantischen, bürgerlichen Wohnvierteln. Diese Erfolge der NSDAP beruhen auf der Tatsache, dass viele von den Parteien enttäuscht waren und deshalb nach einer starken Führung verlangten. Der Aufruf zu einer gesäuberten Volksgemeinschaft überzeugte vor allen die Frauen, die darin einen Aufbruch zur Vergangenheit sahen, die ihnen jetzt so milde erschien, da die Gegenwart so finster war.

Die NSDAP zog aber nicht nur konservative Wähler an, sondern auch Fortschrittsgläubige, die sich von den alten konservativen nicht richtig repräsentiert fanden. Dazu gehörten vor allen junge Menschen, die an der Front standen und somit den Anschluß ans Leben verpaßt hatten. Die NSDAP war sowieso besonders auf die jungen Wähler bedacht und stellte viele von ihnen auch an die Spitze.

Durch ihren Stimmenzuwachs verlor die Partei ihren kleinbürgerlichen und ideologischen Charakter, sie hatte für alle etwas zu bitten, die mit dem System unzufrieden waren.

Neben der Partei als Machtfaktor entwickelte sich auch die SA zu einem nicht mehr zu unterschätzenden Macht- faktor; sie bestand schon vor der Machtergreifung Hitlers aus etwa 450 000 Mann, die gut ausgerüstet und orga- nisiert waren. Hinzu kam noch eine absolute Gewaltbereitschaft, auch die militäris che Professionalität war unheimlich hoch.

Die Machtergreifung

Spätestens 1932 wurde Hitler klar, dass er auf Bundesgenossen angewiesen war, und auch andere Parteien, etwa die DNVP oder der Reichskanzler dachten an ein Arrangement mit Hitler. Diese Konstellation bestand in abge- wandelter Form schon seit dem Anfang der Weimarer Republik. Das Zusammenspiel zwischen den radikalen Rechten und der konservativen Establishment zog sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der Weimarer Republik.

Dieses Zusammenspiel war nie ganz einfach, da sie zwar das gemeinsame Ziel hatten die Demokratie zu beseiti- gen und die Linke zu bekämpfen, aber die Frage nach dem Anführer blieb offen. Dies änderte sich aber im Jahre 1929/30 mit der Weltwirtschaftskrise und dem Young-Plan, der den konservativen einen größeren Spielraum gab. Mit diesem Plan war zwar noch nicht das Ende der Reparationen erreicht, jedoch eine spürbare Erleichte- rung. Die leidtragenden waren die Sozialdemokraten, die von den konservativen 1930 gestürzt wurden. Der Nachfolger war Brüning, der ohne die Sozialdemokraten regieren sollte und die Nationalsozialisten in die Regie- rung führen sollte, ohne ihnen allzu viele Befugnissen zu geben. Es gab für dieses Projekt keine Mehrheit, aber Brüning hatte als Reichspräsident die Vollmacht das Parlament und die Parteien zu übergehen.

Hindenburg verteidigte die Pläne Brünings und griff diesem auch helfend unter die Arme, wenn dieser einen Fehler zu machen drohte. Die Weltwirtschaftskrise war für die beiden aber nicht unbedingt ein Fluch, da die Deutschen wegen ihrer schlechten finanziellen Lage auf die Reparationszahlungen weitgehend einschränken konnten.

Brüning konnte aber die Erwartungen seiner Hintermänner nicht erfühlen, da er immer wieder das Einvernehmen mit der SPD suchte. Im Mai 1932 musste er seinen Hut nehmen.

Mit der von Papen provozierten Auflösung des Reichstages verfügte die NSDAP über eine „negative Mehrheit“, was eine Regierung ohne die radikalen Flügel ausschloss. Die Pläne für eine Militärdiktatur scheiterten, auch Papen musste wegen seines mangelnden Rückhaltes den Hut ziehen und nun durfte sich Kurt von Schleicher probieren, der bis dato die Fäden aus dem Reichswehrministerium gezogen hatte. Schleicher entwickelte ein Konzept, welches auf sozialpolitischen Verbesserungen und der Ankurbelung der Wirtschaft beruhte. Damit wollte er eine breite Mehrheit finden auch bei der NSDAP, in der er vor allem auf Georg Straßer hoffte, der schon einige Male gesagt hatte, dass er einer Regierungsbeteiligung auch ohne Kanzlerschaft nicht abgeneigt gegenüber stehe.

Eine kurze Zeit lang sah es so aus, als ob Schleicher ein Chance haben würde, aber dann wandten sich auf einmal doch alle gegen ihn. Er hatte am Ende den gleichen Standpunkt wie Papen, nämlich den Reichstag aufzulösen und die Neuwahlen auf unbestimmte Zeit zu verschieben, aber diesmal spielte Hindenburg nicht mit. Es blieb nur noch Hitler. Es gab tatsächlich einen starken Trend zu ihm, aber Hindenburg mißtraute dem Fanatiker Hitler. Hitler wollte als Kanzler sowieso nicht teilen. Vielmehr wollte er sich vom Reichstag unabhängig machen und alleine per Erlass regieren.

1932/33 verstärkte sich der Trend zu Hitler noch einmal, aber die NSDAP hatte auch ihre Probleme mit internen Richtungskämpfen. Hindenburg und seine Berater glaubten wohl mit der geschwächten NSDAP könnte man besser um gehen. Aber durch die Stimmenzuwächse bei der KPD wurde die NSDAP wieder gestärkt. Der letzte Akt der Weimarer Republik war die Vereidigung Hitlers am 30. Januar 1933. Die wichtigen Leute im Staat hatten sich gegenseitig ausgespielt. Aber Hitler war anders als die anderen faschistischen Führer, er war absolut fanatisch und hielt bis zum bitteren Ende an seinen Idealen fest. Hitler war maßlos, er ließ bei seinen weltpolitischen Unternehmungen keine Grenzen gelten. Die Juden waren auszurotten und die Welt zu erobern.

Hitler und Mussolini

Einen Tag nach dem Amtsantritt sagte Hitler, dass er eine freundschaftliche Beziehung zu Italien haben wolle. Dies hätte sicherlich großen Zuspruch ausgelöst, wenn es veröffentlicht worden wäre. In Deutschland wurde das System Mussolinis bewundert, da es für viele eine Alternative zum Parteiensystem darstellte. Das System Mussolinis wurde bewundert, aber ohne dabei gleich an eine deutsche Variante zu denken. Manch einer glaubte zwar, dass der Marsch auf Rom eine ähnlich entscheidende Rolle in der Geschichte spiele wie der Sturm auf die Bastille.

Hitlers Zuneigung zu Italien war aber auch rein praktischer Natur, da Italien - ähnlich wie Deutschland - früher oder später am Friedensvertrag wackeln musste. Er dachte schon 1920 an eine Partnerschaft mit Rom, da er dort einen Verbündeten sah, der ähnlich Ziele wie man selbst hatte. Hitler merkte, dass es mit dem Einzug des Fa- schismus in Italien ein Wendepunkt in der Geschichte eingetreten war, so dass er nun anfing sich mit dem Duce- Mythos auseinander zusetzen. In faszinierte die Inszenierungen des Systems, die Parteiuniformen, der römische Gruß, die Verehrung der alten Kämpfer, was später ja auch alles von der NSDAP übernommen wurde. Mussolini sympathisierte mit Deutschland aus den gleichen Gründen. Deutschland war ebenso ein Gegner Frankreichs wie es Italien war. Mussolini unterhielt Kontakte zu allen möglichen rechten Gruppen in Deutschland, um immer über die Entwicklung im Deutschen Reich informiert zu seien. Hitler und die Nationalsozialisten spielten für

Mussolini nur eine untergeordnete Rolle; Mussolini hielt Hitlers Antisemitismus für einen Anachronismus, wes- wegen er immer auf Distanz bleiben wollte. Nach dem Wahlerfolg der NSDAP am 14. September 1930 wurden die Beziehungen zwischen Italien und Deutschland immer enger. Dieser Annährungsprozeß fand im Mai 1931 einen ersten Höhepunkt, als Göring nach Rom fuhr und als Geschenk für Hitler eine Fotografie des Duce mit brachte, mit einer Widmung.

Eine besondere Rolle kam dabei Renzetti zu, der von Mussolini eingesetzt wurde, um die Rechten aneinander anzunähern. Auch er war - genauso wie Mussolini - anfangs von den Stahlhelmen überzeugt erlag dann aber Hitlers Charisma und setzte alles daran ihn an die Macht zu bringen. Er wurde zeitweise zu einem der engsten Berater Hitlers und suggerierte ihm, dass man gegen alle Kritiker, Ehrgeizige und Ängstlichen vor gehen müßte. Nach und nach wurde Renzetti aber ungeduldig und fing an zu glauben, dass es Hitler nicht gelingen würde auf legalem Wege die Macht zu erlangen.

Mussolini drängte auf die Machtergreifung Hitlers, da er nur dann seine imperialistischen Abenteuer im Mittelmeerraum und in Afrika ausleben konnte.

Hitler profitierte enorm vom Ruhm Italiens, da er so sein eigenes Regime leichter etablieren konnte. Vielen Menschen wurde durch den Erfolg Mussolinis die Angst vor dem Faschismus genommen, da er doch so große Erfolge erzielen konnte.

Zwischen Rom und Berlin: Konkurrenz und Kooperation im faschistischen Lager 1933 - 1936

Der Faschismus als weltpolitischer Trend?

Die Machtübernahme Hitlers war ähnlich wie die Weltwirtschaftskrise ein Ereignis, welches den faschistischen Systemen Aufwind verschaffte. Viele Menschen sahen den Faschismus als die Staatsform der Zukunft, da nicht einmal mehr die Hälfte aller Menschen in freier Demokratie lebten. Der Faschismus gewann nicht zuletzt deswegen an Attraktivität, da er die faschistischen Staaten die Weltwirtschaftskrise besser bewältigten als die meisten demokratisch regierten Staaten.

Die Demokratie in den Staaten litt an einer Entscheidungsschwäche, die gerade zu eklatant war. Die Herausfor- derung des Faschismus gegenüber den anderen Staaten wandelte sich nach und nach, es vollzog sich eine Ver- schiebung weg von der ideologischen Weltanschauung hin zur wirtschaftlichen. Die Ursache der wirtschaftli- chen Verbesserung wurde verschiedenes zu Grunde gelegt: Das häufigste war der Korporativismus oder Hitlers antizyklis che Investionspolitik.

Es bildete sich aber auch eine Gegenbewegung, die das Gefühl hatte, dass sich das Gleichgewicht nach Hitlers Machtergreifung verschieben könnte. Sie hatten Angst vor einer Konsolidierung der faschistischen Regime, die so skrupellos ihre Ziele durchsetzten. Überlegungen dieser Art hatten vor allen in Nord- und Westeuropa eine abschreckende Wirkung, wie im folgenden gezeigt werden wird.

Aufschwung und Isolierung: Faschistische Bewegungen in Nordwegen, Bel gien und Finnland

Norwegen hatte eine rasche Industrialisierung hinter sich ehe die Abkühlung der Kriegskonjunktur dem ein Ende setzte. Diese Krise drohte das politische System zu untergraben, da sich an beiden Seiten des Parteienspektrums radikale Flügel bildeten. Die Weltwirtschaftskrise verstärkte das ganze noch und ins besondere Hitlers Machtergreifung führte zu einem Aufschwung der faschistischen Partei „Nasjonal Samling“, die eine Sammelbewegung der rechten Gruppen war. Wesentlich Anteil an ihrem Erfolg hatte ihr Gründer Vidkum Quisling, ein vielversprechender Generalstabsoffizier, der sich unter anderem im Auswärtigen Amt verdient machte. Er fühlte sich berufen zur „Errichtung des Gottesreiches hier auf Erden“ - so seine Worte. Ihm schwebte die Vernichtung des Marxismus, die Errichtung einer Diktatur und die rassischen Zusammenarbeit mit den skandinavischen Staaten, sowie England und Deutschland vor, da diese Rassen den anderen überlegen seien.

Die Nasjonal Samling hatte aber keine nennenswerten Wahlerfolge und wurde durch die neue Regierung, die aus der Bauernpartei und der Arbeiterpartei bestand überflüssig.

In Belgien war der Faschismus nicht so leicht zu besiegen, da er dort entlang der ethnischen Reibungsfläche zwischen Wallonen und Flamen entstand, die immer wieder Streit hatten. Auf flämischer Seite war es vor allen der „Vlaamsch Nationaal Verband (VNV), der von sich reden machte. Auf der Gegenseite war es die Rexisten, die anfänglich militant-katholisch dachten, sich dann aber zu Rassisten und gewalttätigen Faschisten wandelten. Ihr Anführer war Léon Degrelle, der anfangs die katholische Partei sanieren wollte, in dem der die wallonische Identität stärker betonte.

Seine Kritik wurde zu laut und so wurde er rausgeschmissen und gründete seine eigene Partei. Diese entfernte sich rasch von ihren katholischen Wurzeln und wurde zunehmend radikal. Sie kämpften gegen die Korruption und da sie immer wieder neu Fälle fanden mussten sie nie ihr Parteiprogramm verdeutlichen.

Degrelle schnappte nach diesem Erfolg über und wollte das gesamte politische System stürzen, was zur Bildung einer breiten Abwehrfront führte. Man verdächtigten nach seinen Besuchen bei Mussolini und Hitler im Dienst der ausländischen Mächte zu stehen - vor allem der Nationalsozialismus wurde von vielen Belgiern als eine tödliche Gefahr betrachtet.

Er lernt aber aus dem ganzen nichts und führte seine Partei immer weiter nach rechts, wo sie langsam in der Bedeutungslosigkeit versank.

Es läßt sich allerdings nicht befriedigend klären, ob diese beiden Parteien wirklich faschistisch waren oder nicht, da es wie bereits erwähnt keinen klare Definition von Faschismus gibt. So ist es auch in Frankreich, ein Teil sagte, dass es sich dort bei den faschistischen Bestrebungen eher um eine marginale Erscheinung handle, andere sagten es sei eine tendenzielle Massenbewegung.

Die Weltwirtschaftskrise stürzte Frankreich genauso in die Krise wie alle anderen europäischen Länder auch. Dies wußte vor allem die politische Linke zu nutzen, aber ebenso die Rechten, die mit viel Geschick eine kommunistisch-sozialistische Diktatur beschwor. Das ständige Mobilisieren und Gegenmobilisieren gewann nach dem erneuten Wahlsieg der Linken eine neue Qualität, in der das faschistische Potential bestens gedieh, sich aber nicht unter einen Hut bringen ließ. Die rechten Parteien waren aber nicht echte Faschisten, sondern gehörten nur zum „Vorfeld“ des faschistischen Lagers.

Die Partei Jacques Doriots „Parti Populaire Francais“ (PPF) war dagegen leicht dem faschistischen Lager zu zuordnen. Sie unterhielt Beziehungen mit Mussolini und auch seine anfangs nicht klar zu erkennende Vorhaben zeichneten sich später als stark nationalsozialistische ab.

Der Faschismus hatte in Frankreich aber dennoch keine Chance, da die Regierung unter Blum bald zusammen- brach und somit der Hauptfeind nicht länger als Ziel dienen konnte. Auch die Tatsache, dass Frankreich nach dem Zusammenbruch der Regierung nach rechts rückte, machte es für die PPF schwieriger, da sie wieder einmal Munition weggenommen bekommen hatte. Die PPF überlebte sich schnell. Bereits 1938 war sie soweit, dass sie sich immer weiter nach rechts orientierte und schließlich mit den Nationalsozialisten sympathisierte.

Im Vorhof der Macht: Das Scheitern der faschistischen Parteien in Rum ä nien, Ungarn und Spanien

Im Osten Europas waren die Bedienungen für den Faschismus ähnlich wie im Rest. Auch hier hatte die Welt- wirtschaftskrise tiefe Spuren hinterlassen. Aber im Gegensatz zu Frankreich bestand im Osten nicht die Angst, dass es zu einem Angriff Hitlers kommen könnte. Im Gegenteil man dachte, dass eine gewisse Anlehnung an Hitler nicht schaden könnte, vor allem dann nicht, wenn die Dinge in Europa wieder in Bewegung kommen. An die Macht kamen die faschistischen Parteien aber auch hier nicht; dazu fehlte ihnen die gesellschaftliche Sub- stanz, und außerdem waren die alten Führungsschichten zu mächtig, die sich vehement gegen die rechte Bedro- hung zur Wehr setzten. Die politische Linke spielte im Osten eine eher unbedeutende Rolle, da die Strukturen noch überwiegend agrarisch geprägt waren.

In Rumänien hatte die Partei Erzengel Michael einen großen Aufstieg hinter sich, aber nach dem sie zu einer politischen Großmacht avancierte griff die Regierung ein und ließ Tausende der Legionäre verhaften, nach einem erfolgreichen Attentat auf den Ministerpräsidenten wurde Partei verboten.

Dem Aufstieg der Partei tat dies freilich keinen Abbruch, insbesondere wegen der im ganzen Land herrschenden Korruption nicht. König Carlos II. hat nur ein Ziel nämlich die Wiedereinrichtung einer autokratischen Herrschaftsstruktur. Dies begünstigt normalerweise die radikalen Parteien beider Flügel, aber da der linke nicht existierte blieb der Protest auf die politisch rechte beschränkt. In puncto Radikalität stand die Partei Codreanus an vorderste Stelle. Die Legion kämpfte gegen Kapitalismus, Liberalismus, Kommunismus und gegen die bürgerliche Gesellschaft, aber besonders die Juden waren die Feinde des Staates.

Das Programm der Partei war immer noch leer von Inhalten und die Partei flüchtete sich in allgemeine Aussa- gen, wie zum Beispiel eine generelle Erneuerung Rumäniens im Namen Jesu. Die angestrebte Partnerschaft mit Hitler und Mussolini ließ das schlimmste befürchten. Auch die unglaubliche Härte mit der er gegen Dissidenten und Juden vorging war ein böses Vorzeichen für das was kommen würde, falls die Legion an die Macht gelan- gen sollte.

Dies schien tatsächlich nicht ausgeschlossen. Sie agierte nach ihrem Verbot fleißig weiter und hatte und ihrem neuen Namen „Alles für das Land“ erstaunliche Erfolge. Vor allem die Intellektuellen fühlten sich von Codrea- nus Charisma angezogen. Die Regierung war sich lange Zeit uneinig über die Einschätzung der Partei. Die einen sahen in ihr eine Bande von Terroristen, die anderen eine doch beinahe positive Erscheinung, die viel positives hatte, wie den Antisemitismus, die Vaterlandsliebe und die Religiosität. Der König war selber nur auf eine per- sönliche Machtanreicherung aus.

Wirklich ernst wurde die Lage aber erst, als die Legion nach den Wahlen ein Patt mit König Carlos II. erreichte. Der König verhängte nun den Ausnahmezustand und löste die Partei auf. Codreanu wurde verhaftet und zu 10 Jahren Haft verurteilt, die aber nicht absitzen durfte, da er vorher ermordet wurde. Die Partei hatte ihre Chance verspielt und erlebte ihren Niedergang. Zwar hat Rumänien die faschistische Herausforderung bestanden, aber es musste doch ziemlich viel Lehrgeld zahlen.

So oder ähnlich lief es auch in den anderen Ländern in Süd- und Südosteuropa ab. Auch dort erlebte der Fa- schismus nach 1930 eine Aufschwung, der sie in die Nähe der Macht kommen ließ. Die alten Führungsschichten, die ihnen anfangs wohlwollend gegenüberstanden fühlten sich dann doch herausgefordert und so legten sie ihnen das Handwerk.

Ungarn gab es schon lange vor Hitlers Machtergreifung faschistische Bestrebungen, die sich an Deutschland und Italien orientierten. Das die faschistischen Gruppen auch dort nicht aus der Bedeutungslosigkeit herauskamen lag vor allem an den regierenden Ministerpräsidenten Gyula Gömbös, der seine Vorbilder ebenfalls bei Hitler und Mussolini gefunden hatte. Ihm schwebte viel faschistisches vor: Die Einrichtung einer Diktatur, die Liquidierung der Arbeiterschaft, die Schaffung einer harmonischen Volksgemeinschaft. Die Faschisierung vollzog sich aber nur langsam, da er auf die Mithilfe von Bürokratie, Militär und der alten Parteien angewiesen war, die natürlich nur wenig Interesse an diesem Vorhaben hatten, da sie ihm selbst zum Opfer fallen würden. Die Ziel konnten nicht in die Tat umgesetzt werden.

Das war die Chance für die Pfeilkreuzler, oder besser gesagt die „Partei des Willen der Nation“, die 1935 hervortrat. Ihr Gründer und unumstrittener Führer Ference Szálasi war im Gegensatz zu den Faschisten in der Regierung äußerst risikofreudig. Selbst als ihm Gömbös eine Zusammenarbeit anbot lehnte er es ab. Szálasi setzte seine Ziel mit Radikalität durch. Er träumte von einem ungarischen Reich, dass sich in den Grenzen des alten Ungarns erstrecken sollte. Er suggerierte dem Volk, das die Juden, der Liberalismus und der Atheismus an allem Schuld seien und wenn man die Juden beseitigen würde, dann werde sich der Rest von selbst geben, so seine Versprechungen. Dann konnte er seine geplante Bodenreform durchführen, die Ausbeutung der Arbeiter beseitigen und eine klassenlose auf dem Christentum basierende Gesellschaft aufbauen.

So utopisch diese Ziele auch waren, so fand Szálasi doch Gehör bei weiten Teilen der Bevölkerung. Vor allem die nie endend wollenden Krisen in den 30er Jahren verhalfen ihm zu Anhängern.

Bis zu Gömbös Tod 1936 konnte die Partei nur wenig Stimmen auf sich vereinigen. 1939 errang sie dann aber mit anderen nationalsozialistischen Parteien 25% aller Stimmen und das obwohl sie nur in der Hälfte aller Wahlkreise angetreten und selbst dort noch massiv behindert worden war.

Die ungarische Regierung griff zu den gleichen Waffen wie die rumänische. Anfangs versuchte man sie mit Geld und Posten zufrieden zu stellen, als man aber merkte, dass dies alles nichts brachte setzte man ebenfalls auf die Doppelstrategie der ideologischen Entwaffnung und gleichzeitiger Repression. Erstaunlich ist die Tatsache, dass vor allem der Antisemitismus immer anklang bei den Übernahmen von Parteiprogrammpunkten fand. Die Ge- schichte der Partei ist auch mit einer Reihe von Verboten und Wiedergründungen belastet. Zwischen 1935 und 1939 gab es kein Jahr in dem die Partei nicht verboten und dann wieder unter anderem Namen ins Leben gerufen worden wäre.

Die staatlichen Gegenmaßnahmen blieben nicht ohne Erfolg, aber der Niedergang der Pfeilkreuzler hatte auch noch andere Gründe. So zerfiel die Partei nach der Festnahme ihres Führers in zwei Flügel, die nur noch schwer- lich konsenzfähig waren. Auch bekam die Wirtschaft 1938 wieder Aufwind, was das Reservoir der Unzufrie- denheit - aus dem die faschistischen Parteien ihre Stärke beziehen - immer mehr schrumpfen ließ. Auch die NS-Führung war nicht ganz unschuldig am Niedergang der Pfeilkreuzler. Sie arbeitete mit Horthy zusammen, aber unterstützte gleichzeitig verschiedene rechte Gruppierungen, die nachrücken sollten, falls Hor- thy einen Rückzieher machen sollte. Das Problem war nur, dass Szálasi ein zu großer Patriot war, um sich zu einem Werkzeug der Deutschen machen zu lassen. Er war der Meinung, dass alle Völker eine nationalsozialisti- sche Ordnung aufbauen und dann freundschaftlicher Beziehung zu einander stehen sollten. Spanien fand auch nach dem Sturz von General Primo de Rivera keine Ruhe. Die Linken nutzten nämlich das Ende der Diktatur, um eine Republik zu etablieren und um ein Reformprogramm zu verabschieden, was ihnen sinnvoll schien, um Spanien in die neue Zeit zu heben. Eine kühne Bodenreform, eine Reduzierung des Offi- zierskorps und vor allem die Beschneidung der Vorrechte der Kirche, die als Bollwerk des ancien régime ange- sehen wurde. Es setzte ein Ringen um die innere Gestaltung des Landes ein, welches mit dem Wahlsieg der Rechten im Jahre 1933 ein jähes Ende nahm. Die neue Regierung ließ nichts unversucht, um die Reformen der Vorgänger rückgängig zu machen. Es kam zu erbitternden Gegenwehr der Linken, die nur durch äußerste Gewalt unter Kontrolle zu bringen war. Das Land stand kurz vor einem Bürgerkrieg.

Bei diesem Chaos suchte man schnell nach alternativen Machtstrukturen, die dieses antagonistische Kräftespiel umgehen sollten. Man orientierte sich anfangs an Mussolini später an Hitler.

Wie groß dieses Potential läßt sich nur schwer einschätzen. Klar ist allerdings, dass viele Gruppen entstanden, die mit den Italienern und den Deutschen sympathisierten. Die wichtigste dieser Organisationen war die „falange espanol“, die von José Antonio Primo de Rivera gegründet wurde.

Antonio Primo de Rivera hatte allerdings vom Faschismus keine genaue Vorstellung und wollte Spanien vor allem wieder zu seiner alten Größe zurückführen. Dafür musste aber die Kräfte des Landes mobilisieren und die alten verkrustenden Strukturen zersprengen. Eine Bodenreform, die Verstaatlichung von Betrieben das waren die Eingriffe, die hätten vorgenommen werden müssen. Antonio war klar, dass sich dies alles nur in einem totalitä- ren Staat durchsetzen lassen würde. Das Blutvergießen war bei diesen Zielen so gut wie unumgänglich. Es ist nicht verwunderlich, dass eine Partei, die in diesem Klima aufwächst es schwer hat sich zu etablieren. Ihr Part war eigentlich schon durch die „Confederación Espanol de Derechas Autónomas“ (CEDA) besetzt, die sich stark an Italien orientierte und es als Vorbild für Spanien darstellte. Die Falange hat keine Chance so lange die Rechten an der Macht waren. Erst als die Volksunion wieder an die Macht kam und Italien seinen dritten politischen Wettersturz binnen weniger Jahre erlebte, gelangte die Falange zu Bedeutung. Sie setzte sich der Linken entgegen, die wieder einmal alles Beschlossen rückgängig machte und neue Reformen brachten. Alles sah so aus als ob die Falange den kürzeren gezogen hätte, wenn das Militär nicht eingegriffen hätte. Die Falange war nicht aktiv an der Vorbereitung des Putsches unter Franco beteiligt.

Antonio warnte vor den Generälen, aber seine Warnungen wurden mißachtet und so arbeitete die Falange mit den Putschisten zusammen. Sie dachten sie könnten ihre Ziele nach der erfolgreichen Beseitigung der Linken in die Tat umsetzen. So etwas wurde aber bald als illusionär erkannt. Die Partei verlor ihre Bedeutung. Die Parteiführung saß im Gefängnis, oder war zum Tode verurteilt worden.

Franco hatte alles fest in der Hand, schnell hatte er das Gespenst des Faschismus aus seinem Land vertrieben. Er war aber mit der Hilfe Hitlers und Mussolinis zum Diktator geworden. Er hatte aber nicht die gleichen Zielen wie diese. Hitler und Mussolini waren gar nicht daran interessiert einen faschistischen Diktator zu haben, die Hauptsache war, dass in Spanien wieder die geordneten Verhältnisse herrschten, was so viel heißen mag, wie das die Sozialisten nicht mehr an der Macht seine durften.

Hitlers Vorbild und die Deutschen in der CSR

Die Machtergreifung Hitlers fand in den faschistischen Lagern fast überall eine positive Resonanz. Besonders bei den deutschsprachigen, die außerhalb der Grenzen wohnten, wie etwa die Sudetendeutschen. Es gab dort zwei Arten von Deutschen: solche, die mit dem Staat zusammenarbeiteten und solche, die das als Verrat brand- markten. 1935 wurde die „Sudetendeutsche Partei“ (SdP) gegründet. Sie hat nie ein so ein Schattendasein wie ähnlich Vorgängerorganisationen zuführen. Sie konnte bereits 1935 zwei Drittel aller Deutschen Stimmen auf sich vereinigen.

Den Erfolg der SdP kann aber nicht nur auf den Einflußgewinn Hitlers zurückführen. Ihr Aufstieg wurde durch die katastrophale wirtschaftliche Lage in den sudetendeutschen Gebieten unterstützt. Auch war der Aufstieg durch eine praktische Selbstnazifizierung im Sudetenland gefördert. Die SdP profitierte sogar davon. So stellte sich die Partei immer mehr in den Dienst Hitlers. Im Dezember 1938, nach der Annexion des Sudetenlandes, wurde sie SdP auf offiziell ein Bestandteil der NSDAP.

Zwietracht im faschistischen Lager

1936 zogen Hitler und Mussolini an einem Strang, um Franco an die Macht zu bringen. So etwas wäre ein paar Jahre zuvor noch undenkbar gewesen. Die Faschisten waren alle - mehr oder weniger - Nationalisten. So konnten sie ihre territorialen Bestrebungen nur auf Kosten ihrer Nachbarn ausleben; es standen also nationale Anliegen der internationalen faschistischen Solidarität im Wege.

Am größten war die Rivalität zwischen Hitler und Mussolini. Zwar hatte Mussolini die Machtergreifung Hitlers begrüßt und es sogar als „Triumph der faschistischen Idee in der Welt“ bezeichnet. Die europäische Nachkriegsordnung war nun kurz vor dem Kippen. Mussolini hatte aber Hitler unterschätzt. Er hatte geglaubt, dass Deutschland Jahre brauchen würde, um sich von der Weltwirtschaftskrise zu erholen, auch hatte er geglaubt, dass sich Hitler ähnlich vorsichtig auf dem Parkett der internationalen Politik bewegen würde, wie er selbst.

Doch weit gefehlt: Es dauerte kein Jahr, da war das Deutsche Reich aus dem Völkerbund ausgetreten und die Abrüstungskonferenz verlassen. Die Aufrüstung gedieh kräftig und die Deutschen avancierten wieder zu einer militärischen Großmacht. Es wurde klar, dass Hitler mehr wollte als die Revision des Versailler Vertrags. Man erkannte schnell das sich über Berlin ein Unwetterfront aufbaute, die mit ihren Ausläufern auch Gebiete erreichte, die in Mussolinis Interessengebiet lagen, so etwa der Balkan oder Österreich. Die Rivalität zwischen Rom und Berlin wurde immer deutlicher. Besonders bei der Frage zur Gründung einer faschistischen Internatio- nalen waren die beiden Diktatoren wegen ihrer unterschiedlichen Einstellung gegenüber Österreich große Wi- dersacher. Mussolini lehnte die Gründung einer faschistischen Internationalen ab, da er dadurch seine Ziele ge- fährdet, die er erst offen legen wollte, wenn er sicher sein konnte, das sein Regime richtig konsolidiert sei.

1930 trat diese taktischen Gründe in den Hintergrund und Mussolini ließ sich als Papst des Weltfaschismus feiern. Somit waren auch die Pläne zu Gründung einer faschistischen Internationalen nicht mehr tabu. Der entscheidende Anstoß kam von Asvero Gravelli, einem Faschist der ersten Stunde.

Was weiter daraus wurde ist nicht genau zu sagen. In Italien wurde intensiv über die Schaffung einer faschisti- schen Internationalen nachgedacht. Mussolini schaltete sich aber erst recht spät, erst als er die Nationalsozialis- ten als Feind wahrzunehmen begann, der im seine Vormachtstellung unter den Rechten in Europa hätte strittig machen können. Es begann eine Schaffung eines Auslandkulturapparates, der in Konkurrenz zur NS-Kultur stand. 1933/34 war die Kraftprobe noch nicht entschieden, aber es wurde deutlich, dass sich in der Welt des Faschismus zwei Pole gebildet hatte, deren Anziehung so stark war, dass sich dem keine faschistische Bewegung entziehen konnte.

Integraler Bestandteil der italienischen Offensive war die Gründung der „Comitati d´azione per l´universalitá di Roma“, die im Dezember 1934 ein Zusammentreffen zwischen den faschistischen Parteien organisierte, aber nur die einladen wollte, die auch mit Rom auf ein und derselben Linie lagen. Die NSDAP war erst gar nicht eingela- den worden.

Der Kongreß stand von Anfang an unter einem schlechten Licht. Die Italiener versuchten ihre Hegemonialansprüche zu verschleiern. Zündstoff brachte die Frage nach Deutschland, die eigentlich hätten auch Bestandteil der Internationalen hätten sein müssen. Auch das Thema Antisemitismus war äußerst kontrovers, da die Italiener vor der Versammlung in Montreux ohne viel Erfolg gegen den deutschen Antisemitismus polemisiert hatten. Die Versammlung war damit gescheitert. Man gestand sich das aber nicht ein, sondern brachte jetzt inhaltslose Kompromisse auf den Tisch, wie etwa bei der Rassenfrage.

1935/36 legte sich auch der Konflikt um Österreich, der die beiden Regime auseinander gebracht hatte. Mit dem enormen Zuwachs der österreichischen Nationalsozialisten war die Frage des Anschlusses an Deutschland nur noch eine Frage der Zeit. Hitler wollte Anschluss anfangs verdeckt halten, da seine Widersacher zu mächtig waren.

Dieses Kalkül Hitlers stellte sich aber als gänzlich naiv heraus, da sich die Rechnung ohne die Regierung Dollfuß gemacht hatten, der die österreichische NSDAP verbot, auch hatte sie Frankreich nicht berücksichtigt, dass an der Erhaltung des Status quo interessiert war. Auch Mussolini hat Grund sich in Österreich zu engagieren. Diese Land hatte vor allem Pufferfunktion gegenüber dem nationalsozialistischen Deutschland, dass immer mehr in die Interessensphäre Mussolinis vorzudringen begann.

Hitler zuckte auf Grund der hohen internationalen Solidarität zurück. Aber nicht der Ableger seiner Partei. Sie probten im Juli 1934 den Aufstand, der wegen ihrer schlechten Vorbereitung rasch niedergeschlagen werden konnte.

Das schlimme an dem ganzen war nicht das es zum Aufstand an sich gekommen war, sondern viel mehr die Tatsache, dass Mussolini Hitler als Drahtzieher des ganzen sah, obwohl er ihm vor wenigen Wochen noch zu gesichert hatte, dass er der Österreichfrage keine große Bedeutung zu messe.

Und nun das! Mussolini traf sofort Vorkehrungen: Er schickte Truppen an die österreichische Grenze und sicher- te Schuschnigg jede Unterstützung zu, um die Selbständigkeit des Landes zu wahren. Die italienische Presse griff Hitler in einem Ton an, bei dem man meinen konnte, dass sich Deutschland und Italien im Krieg befunden hätten. Für Hitler war aber die Annäherung Italiens an Frankreich wesentlich erschreckender als das ganze Getö- se von jenseits der Alpen.

1934/35 konnte man leicht den Eindruck gewinnen, dass Deutschland eingekreist war - Großbritannien, Frankreich und Italien rückten immer näher zusammen, um der deutschen Gefahr Einhalt zu gebieten. Man wollte die Souveränität Österreichs wahren und das um fast jeden Preis. Man drohte Hitler sogar mit Krieg, wenn er Österreich eingliedern würde, oder das Rheinland remilitarisieren würde. Den Abschluß fand die Einengungspolitik mit der französisch-sowjetischen Allianz, die Hitler deutlich machen sollte, dass er mit einem Zweifrontenkrieg zu rechnen hatte, sollte er die unvorsichtig handeln.

Die beiden Führungsmächte hatten sich nun völlig entzweit. Aber beide fanden am momentanen Zustand keinen Gefallen. Hitler wegen seiner außenpolitischen Isolierung nicht, Mussolini nicht, weil er nun - in der AntiHitler-Koalition eingebunden - auf London und Paris Rücksicht nehmen musste, die zu allem Überfluß auch noch dort eigenen Interessen hatten, wo er hin wollte.

Mussolini entschied sich letztendlich für Berlin und gegen Paris und öffnete Hitler somit eine Gasse, welche die ganze Welt in den grausamsten Krieg aller Zeiten führte.

Ann ä herung und „ Achse “

Mussolini hatte seine Expansionspläne nie ganz aufgeben wollen und so ist es nicht weiter verwunderlich, dass er sich nun doch für die Achse Berlin-Rom entschied. Hinzukam auch, dass der Duce ein Krieger war, der von einem Reich träumte, dass den Vergleich mit Frankreich und England nicht zu scheuen brauchte. Gerade die Jungen fühlten sich zu großem berufen und wollte ihre nationalistische Bestrebung ausleben. Mussolini kam diesen Wünschen immer wenn er konnte entgegen. Er wollte auch einen neuen Menschen schaf- fen, welcher der gesamten Welt die Stirn bieten konnte und sich in harten Kämpfen auf dem Schlachtfeld be- währt hatte. Mussolini brauchte diese Expansionspolitik aber auch, um dem Mythos auf dem seine Herrschaft basierte neue Nahrung zu geben. Mussolini war von Hitlers Entschlossenheit beeindruckt, die er in seiner ra- schen militärischen Wiederaufrüstung und beim Austritt aus dem Völkerbund an den Tag gelegt hatte, zu gleiche wurde er damit aber auch unter Zeitdruck gesetzt, da er ja mit Hitler mithalten wollte. Mussolini wollte sich die Chance nicht entgehen lassen an der Seite Hitlers zustehen, wenn dieser anfangen würde die Landkarte um zu gestalten. Er bereitete alles für seinen imperialistischen Kreuzzug in Afrika vor, aber war anfangs zurückhaltend, wurde dann aber zu nehmend fordert gegenüber England und Frankreich. Frankreich segnete seine Pläne sogar ab. Frankreich war nach der Machtergreifung so verunsichert, dass es alles daran setzte eine Anti-Hitler- Koalition aufzubauen. Als der Außenminister Laval Mussolinis Forderung nach freier Hand in Afrika zustimmte riß er eine Säule der internationalen Sicherheit ein, die Frankreich selber nach dem ersten Weltkrieg auf gebaut hatte. Großbritannien war nicht so ohne weiters bereit den Völkerbund aufs Spiel zu setzen so wie es Laval getan hatte. Aber man konzentrierte sich auch in London auf Hitler von dem die eigentlich Gefahr ausging. Man musste also vor allem aufpassen, dass man Mussolini nicht in die Arme Hitlers trieb.

Das internationale Sicherheitssystem brach nun zusammen. Man verhängte über Italien vage Wirtschaftssanktionen, die Italien nicht aufhalten konnten, da Italien am 3. Oktober 1935 in Abessinien eingefallen war. Hitler wurde dadurch klar, dass der Völkerbund seine Funktion selbst aufgegeben hatte.

Trotz der milden Behandlung durch den Völkerbund fühlte sich Mussolini hintergangen, da Frankreich und England das gleiche Verbrechen in letzten hundert Jahren tausendmal begangen hatten. Italien nährte sich nun immer mehr den Deutschen und ihrem Führer Hitler. Anfangs glaubte Hitler aber, dass es nun, da Italien in Afri- ka Krieg führte endgültig mit dem erträumten Bündnis vorbei sei, aber als er merkte, dass der Völkerbund die Aktion verurteilte, erkannte er, dass sich das Blatt zu seinen Gunsten gewendet hatte. Ideologisch Fragen spielten bei der folgenden Annäherung keine Rolle. Beide handelten in erster Linie als Machtpolitiker, die alles daran setzten ihre Ziel zu verwirklichen. Hitler wollte den Ring der Bündnisse gegen ihn zerschlagen und Mussolini stützen, um ihn ganz und gar von London und Paris zu entfernen. Hitlers Politik beruhte jetzt auf einer abwartenden Haltung, die Mussolini zwang ein klares Angebot vor zulegen. Dies geschah tatsächlich. Mussolinis Feldzug verschlang Unsummen von Geld und war zum Scheitern verurteilt, sollten die Sanktionen verschärft werden. Auch Frankreich und England wollten ihm Hilfe an die Hand geben, aber sie zogen dann auf einmal doch wieder zurück.

Mussolinis Zusammenarbeit mit dem Deutschen Reich wurde immer enger. Hitler besetzte das Rheinland, aber es kam keine ernst zunehmende Reaktion des Völkerbundes. Das Gleichgewicht in Europa geriet aus den Fugen. Der Abessinienkonflikt führte die beiden Regime zueinander. Das Bündnis ergab sich aber nicht zu letzt aus der Tatsache, dass Hitler und Mussolini gegen den Status quo waren, während England und Frankreich ihn erhalten wollten.

Die Achse wurde durch den Bürgerkrieg in Spanien gefestigt, in dem Franco die tatkräftige Unterstützung der beiden Diktatoren erhielt. Mussolini hatte sein Land nach und nach in die völlige Isolation gesteuert und musste nun auf jeden Fall mit den Deutschen zusammenarbeiten. Am 1. November 1936 wurde zum erstem Mal der Ausdruck „Achse“ gebraucht, damit stand das Bündnis.

Auf dem Weg zur Kriegsallianz 1936-1939

Ann ä herung und Radikalisierung

Nun da die Achse Berlin Rom bestand verwandelte sich die faschistischen Herausforderung von einer ideologischen und wirtschaftlichen in einem militärische, die so groß war, dass sich die ganze Welt zusammenschließen musste, um sie zu bestehen.

Die wichtigste Voraussetzung für dieses neue Bündnis war die Beilegung des Konflikts zwischen den beiden Regimen. Sie waren durch die Waffenbrüderschaft in Italien miteinander verbunden worden. Die neue Achse verschaffte der gesamten faschistischen Bewegung Aufwind, da es nun einen gemeinsamen Nenner gab. Über diesen Prozeß ist nicht allzu viel bekannt, aber es ist nicht zu übersehen, dass die Nationalsozialisten anfingen die anderen faschistischen Bewegungen in Europa zu unterstützen.

Auch die Beziehung zwischen den beiden führenden faschistischen Staaten wurden revitalisiert. Dies läßt sich eindrucksvoll an Goebbels Tagebüchern zeigen, die eine enorm hohe Zahl an italienischen Besuchern verzeichnen und ebenso viele Besuche von hochrangigen Deutschen in Italien.

Die faschistischen Systeme nährten sich aber nicht nur einander an, es kam auch zu nehmend zu einer Radikali- sierung. Die Ursache für diesen Prozeß nicht eindeutig zu bestimmen. Es war aller Wahrscheinlichkeit nach der bevorstehende Krieg, der zu diesem Wandel innerhalb der Gesellschaft führte. Aber es besteht in den faschisti- schen Systemen auch eine Notwendigkeit der Radikalisierung. Jede Mäßigung bedeutete Bedrohung, jeder Still- stand bedeutete den Verlust des plebiszitären Rückhalts. Diesem Gesetz waren alle faschistischen Systeme aus- gesetzt.

Besonders wichtig war dieser Prozeß bei den Nationalsozialisten, die nach der Überwindung der Wirtschaftskrise in eine neue Phase eintreten mussten. Diese kennzeichnete sich vor allem durch eine aggressive Außenpolitik und eine grausamen Antisemitismus.

Hitler war nur auf eins aus, nämlich auf die Erweiterung des Lebensraumes nach Osten; er träumte von einem Reich das keine Grenzen mehr kennen sollte. Sein außenpolitischer Aktivismus kannte keine Grenzen, so nahm er nach dem Einmarsch ins Rheinland und dem Agreement mit Italien sofort Österreich und die Tschechoslo- wakei ins Visier.

In beiden Fällen hatte Hitler leichtes Spiel, dass lag zum einen daran, dass die europäischen Garantiemächte ganz mit sich selbst beschäftigt waren, zum anderen aber auch daran, dass die faschistischen Bestrebungen in den beiden Ländern mit Hitler kooperierten und somit das sowieso schon marode System zu Sturz bringen woll- ten.

Das zermürbte Österreich verleibte sich Deutschland im Mai 1938 ein. Ein Jahr später kam die Tschechoslowa- kei an die Reihe, wobei Hitler dabei dem Umweg über die Annexion der Sudetengebiete gehen musste. Er war gewis sermaßen dazu gezwungen, da sich sowohl die großen europäischen Mächte einschalteten, als auch Mussolini der ein friedliche Lösung bevorzugte.

Mit dem Münchener Abkommen hatte Deutschland auf dem europäischen Festland seine Vormachtstellung wieder gewonnen. Aber nun war Hitler auch an seine Expansionsgrenzen gestoßen. Bisher hatte er seine Annexionen immer über das Selbstbestimmungsrecht der Deutschen begründen können und das verstanden die Westmächte auch bis zu einem gewissen Grade, aber nun war Schluß. Hitler wollte aber mehr und setzte der französischen und englischen Appeasmentpolitik den Todesstoß, als er die Resttschechei zerschlug. Hitler führte das deutsche Reich vorsichtig an die Grenze zum Krieg. Jetzt da Deutschland außenpolitisch nicht mehr so leicht zu verwunden war konnte er auch innenpolitisch härte Saiten aufziehen, insbesondere gegen die Juden die seit Mitte der 30er Jahre unter enormen Repressalien zu leiden hatten. Ihren vorläufigen Höhepunkt erreichte die Verfolgung der Juden in der Reichskristallnacht am 9./10. November 1938, wo über 100 Juden ums Leben kamen. Von dort an wurde die Juden zu Fremden im eigenen Land.

Die forcierte Auswanderungspolitik wurde unter Heydrich und Eichmann schnell zu systematischen Vertreibungspolitk, aber Hitler musste bald feststellen, dass die Vertreibung der Juden zwar die Gefahr für Deutschland bannte, aber nicht für Europa und die ganze Welt, zu deren Rettung Hitler sich berufen fühlte. Es gab verschieden Pläne gegen die Juden, wie mit ihnen zu verfahren sei. Die einen wollte sie in riesigen Reservaten zusammen drängen, andere wollte sie in ein fernes Land abschieben und dort sich selbst überlassen. Da die Deutschen Mitte der 30er Jahre die stärkste faschistische Macht waren blieb es nicht aus, dass von ihr ein großer Einfluss auf die anderen Staaten ausging, die Radikalisierung setzte auch in den anderen Staaten ein. Sein totalitäres Gesicht zeigte der Faschismus erstmals bei der Frage um den Abessinien. Dort wurde auch der Grundstein für eine neue Rassenpolitik gelegt. Ohne das sich Mussolini irgendwie dabei an dem nationalsozialistischen Regime orientiert hätte. Seine Politik in Afrika ist durch systematischen Terror und die Vernichtung gekennzeichnet. Es handelte sich hierbei um den ersten faschistischen Krieg. Es wurde 1936 ein grausames A- partheidregime eingerichtet, dem Tausende von Menschen zum Opfer fielen.

Mussolini war aber dennoch nicht zufrieden: Er hielt seine Offizier für zimperlich und außerdem störte es ihn unheimlich, dass es immer wieder zum sexuellen Verkehr zwischen den Einheimischen und den Besatzern kam. Er war fest der Überzeugung, dass ein klares Rassenbewußtsein von Nöten war, um die Herrschaft in seiner Kolonie zu wahren. Der Faschismus musste verlieren, wenn er diese Einstellung der Italiener geblieben wäre. Mussolini verordnete seinen Bürgern eine neue Kur, die sie auf das Rassenbewußtsein einschwören Er ließ ge- gen Regimegegner noch härter vorgehen und stürzte sich mit der Eroberung Albaniens innerhalb weniger Jahre in sein drittes militärisches Abenteuer1.

Nach dieser totalitären Wende kam es nun auch in Italien zur einer antisemitischen Politik, die aber längst nicht die Härte besaß, wie sie gegen die Juden in Deutschland angewandt wurde. Diese neue Rassenpolitik fand durchaus Resonanz in der Bevölkerung. Vor allem bei den jüngeren Menschen, die glaubten, dass man mit einer kräftigen Portion Judenhaß und Rassismus jene Dynamik erzeugen könne, die man beim Faschismus so vermisste und beim Nationalsozialismus so bewunderte.

Die parallele Radikalisierung war nicht nur eine Bekräftigung der Achse, es machte dieses Bündnis sogar irre- versibel, da sich beide Regime zu nehmend von der westlichen und demokratischen Welt entfernten. Bei den kleineren Parteien in den Nachbarstaaten war die Radikalisierung der Untergang, da es dafür keinen gesellschaft- lichen Rückhalt gab.

Anders lag die Sache bei den rumänischen Legionären und bei den ungarischen Pfeilkreuzlern, den nach der NSDAP und der PNF stärksten faschistischen Bewegungen. Sie machten den gleichen Prozeß der Radikalisierung wie alle faschistischen Parteien mit, jedoch bedeutete es für sie nicht den Untergang. Sie bildeten eine Extremismus aus der sogar mit Hitlers Antisemitismus mithalten konnte.

Der Griff nach der Macht blieb beide Male erfolglos. Die Regierung konnte die Angriff der Faschisten abweh- ren, jedoch nur in dem sie sich noch weiter von der Demokratie entfernte und weiter nach rechts rückten. Die eigentlichen Opfer dieser Radikalisierung waren die Minderheiten, insbesondere die Juden, die in diesen Län- dern noch nie unbehelligt leben konnten, da sie immer den Sündenbock für politische und soziale Mißstände spielen mussten. Es folgten judenfeindliche Gesetze und kleinere Progrome, die meist von den Pfeilkreuzlern angeführt wurden. Die meisten Staaten Osteuropas waren dem unglaublichen Druck der Nationalsozialisten ausgesetzt, was zur Folge hatte, dass es dort zu einem immer ausgeprägteren Antisemitismus kam. Die Staaten orientierten sich aus Angst an den Deutschen und ihren Judengesetzen. Die Regierungen konnten dem Druck des Nationalsozialismus nicht länger Stand halten.2

Gemeinsamkeiten und Differenzen

Aus der Annäherung und der Radikalisierung entstand in eine Art faschistische Allianz, deren Kern Italien und Deutschland bildete, die nach der totalitären Wende des Faschismus viel gemeinsam hatten und auch noch zusätzlich durch die Rassenpolitik verbunden wurden. Auch das Bündnis zwischen Deutschland und Japan, das 1936 geschlossen wurde, und dem Italien bald beitrat ließ das Bündnis enger werden.

Die Initiative zum dritten und entscheidenden Schritt kam aber von Hitler, der im Mai 1939 den Stahlpakt mit Mussolini schloss, in dem sie sich gegenseitig verpflichtenden zu helfen, wenn einer der beiden irgendeine Art von Krieg führen sollte. Italien war aber noch nicht soweit, um einen Krieg zu führen. Hitler verschwieg die Absichten und Pläne, die er über die Zukunft Polens getroffen hatte. Das zeigt wie „eng“ die beiden Staaten zusammenarbeitenden. Sie plante ihre Zukunft für sich und nicht gemeinsam, da ihnen der Nationalismus im Weg stand. Das war aber auch nicht notwendig, da es in erster Linie um parallele Expansion ging und nicht um die Schaffung einer echten Partnerschaft.

Das deutsch-italienische Bündnis war eine Zwecksgemeinschaft, die aus zwei konkurrierenden Imperien be- stand. Viele Staaten entwickelten ein Bild von Europa, welches sich an den italienischen und deutschen orientierte. Sie träumten von einem Großeuropa, welches ethnisch gesäubert war und in dem es weder Sozialismus noch Liberalismus gab, welche nämlich für die meisten nur Elend und Stagnation bedeuteten. Solche blinden Fanatiker gab es fast überall und sie wurden zu den Kollaborateuren der faschistischen Regierun- E s gab auch noch andere Arten von Bündnispartnern, die so dachten wie die Italiener und die Deutschen, aber dennoch extreme Nationalisten waren, denen nichts über ihre eigenen Interessen ging. Die dritte Gruppe von Partner waren die Diktaturen wie in Jugoslawien oder in Ungarn. Wie so oft in der Geschichte zeigt sich hier der Opportunismus, da die meisten der genannten Partner vor allem auf Beute aus waren, aber nicht sehr viel mit der Ideologie der beiden faschistischen Regime zu tun hatten. Der Faschismus fand auf der ganzen Welt Resonanz. Die Basis für das Bündnissystem bildete die Angst vor dem Kommunismus und auf der anderen Seite die Able h- nung dem Liberalismus gegenüber. Aber Hitler war stärkste in der Allianz auch wenn er nicht der Schöpfer des Faschismus war.

Der Faschismus im Krieg 1939-1945

Unwillig und zur Ückgewiesen: Hitlers Partner 1939/40

Am 1.September 1939 hat Hitler Polen angegriffen und seiner Herrschaft einverleibt, kaum ein Jahr später hatte er auch Dänemark, Norwegen, Belgien, die Niederlande, Luxemburg und Frankreich unterworfen und in das Deutsche Reich eingegliedert. Als nächstes hatte er England im Auge und danach wartende der Osten. Diese anfänglichen Erfolge basierten allein auf der deutschen Kriegsmaschinerie, da sich die anderen Bündnisstaaten weitestgehend zurückhielten. Sogar Mussolini, der auf Grund des Stahlpaktes dazu verpflichtet gewesen wäre, blieb neutral; ebenso die Diktatoren aus den übrigen europäischen Staaten.

Hitler unter nahm auch keine Bemühungen, um mit den Bündnispartnern eine gemeinsame Linie zu entwickeln, da er so auf keinen Rücksicht zu nehmen brauchte. Hitler schaffte die militärischen Herausforderungen ohne Probleme, da er ja schon geraume Zeit auf den Krieg hinarbeitete. Wie wenig Hitler in den faschistischen Bündniskategorien dachte zeigte sich besonders deutlich an der Behandlung der Regime, die 1939/40 in deutschen Herrschaftsbereich fielen - er behandelte sie alle äußerst distanziert.

Als erster musste Vidkum Quisling diese Erfahrung machen. Als im April 1940 deutsche Schiffe vor der Küste kreuzten und Wehrmachtsoldaten das Land besetzen, glaubte er fest an einen Posten als Regierungschef, den er auch anfänglich von Hitler zu gesichert bekam. Aber der besann sich doch recht schnell eines besseren, da er bemerken musste, dass Quisling nicht nur den König, sondern auch den Großteil der Bevölkerung gegen sich hatte.

Der neue Administrativrat setzte sich aus dem alten norwegischen Establishment zusammen, was in erster Linie die Aufgabe hatte für Recht und Ordnung zu sorgen. Quisling besaß aber trotz seiner Absetzung ein hohes Anse- hen in den Reihen der Nationalsozialisten. Seine Partei war auch die einzige, welche die Lizenz zur Betätigung bekam, aber ohne dass diese jemals an Einfluss gewonnen hätte. Quisling erhielt 1942 dann doch noch seine Chance als Regierungschef, die im aber nur wenig Einfluß auf das politische Gesehen gaben, da die Zügel immer noch der Reichskommissar Josef Terboven in der Hand hielt. Auch kam Quisling seinem Wunsch einer Allianz der nordischen Völker keinen Schritt näher, da sich Hitler nicht festlegen wollte, und wenn doch so erst nach dem Krieg. Das Fiasko Quisling war für die deutschen Führung ein Schlüsselerlebnis, welches sie dazu veran- lasste nie wieder Experiment mit sogenannten Kollaborateuren zu machen. Alle anderen faschistischen Führer in den besetzten Ländern wurden darauf hin für führende Posten gar nicht mehr in Betracht gezogen.

Dasselbe wiederholte sich mit den anderen Staaten, die nicht direkt im deutschen Herrschaftsgebiet lagen, aber in denen die Nationalsozialisten die faschistischen Parteien hätte an die Macht heben können. Die Legionäre glaubten, dass sie in Rumänien durch eine Putsch an die Macht gelangen können, aber dem war nicht so. Antonescu, der in der Notsituation zum Diktator ernannt wurde, setzte den König ab. Aber durchsetzten konnten sich die Legionäre nicht, sie waren zwar an der Regierung beteiligt, aber ihre eigentlichen Ziele konnten sie nicht durchsetzen. Nachdem die Legionäre nun aber an der Regierung beteiligt waren konnten sie anfangen ihre offenen Rechnungen mit den Gruppen in Rumänien zu begleichen. Auch hier waren vor allen die Juden die Zielscheibe der Attentate, welche die Legionäre verübten. Antonescu war klar, dass die Legionäre nicht durch die normalen Mittel der Politik zu Ruhe zu bringen waren, sondern nur durch grobe Gewalt. Bevor er diese jedoch sich anzuwenden getraute hielt er Rücksprache mit Hitler, der ihm für sein Vorhaben grünes Licht gab, aber nicht aus eigenem, sondern aus politischem Interesse. Für Hitler war Rumänien ein Land, welches sowohl über Rohstoffe verfügte, als auch ein geeignetes Aufmarschgebiet war. Antonescu fackelte nicht lange. Er griff hart und unbarmherzig durch. Seiner Kampagne fielen viele Menschen zum Opfer.

Parallele Kriege 1940/41

Die Zurückhaltung hielt nicht lange an, die faschistischen System erkannten bald, dass sie im Windschatten der deutschen Wehrmacht reiche Beute machen konnten und eventuell ihren eigenen Expansionsbestrebungen auf die Sprünge helfen können. Am stärkstem wurde Mussolini vom Beutedrang getrieben, dem er bald nicht mehr widerstehen konnte. Alle logischen Gründe, die gegen den Kriegseintritt sprachen wurden verworfen, da der Duce Angst hatte Boden gegenüber dem deutschen Reich zu verlieren und endgültig in die zweite Reihe zu rutschen. Mussolini fast seine gesamten Ängste in einem geheimen Memorandum zusammen, in denen er aber gestehen musste, dass Italien keine andere Wahl hatte als zu kämpfen.

Er hatte aber nicht vor sich vor Hitlers Karren spannen zu lassen, nein er plante einen parallel Krieg. Die er unter dem Motto Freiheit auf den Meeren, Zugang zum Ozean zusammenfasste. Der Krieg begann deswegen für Italien auch nicht mit dem Einmarsch nach Frankreich im Sommer 1949, sondern erst einige Wochen danach, als die italienische Flotte britische Stützpunkte im Mittelmeer anzugreifen begann. Im Oktober 1940 wagte Mussolini sogar von Albanien aus einen Feldzug gegen Griechenland, von dem Hitler nicht informiert war. Die anderen faschistischen System reagierten weitaus vorsichtiger. Aber sie sandten dennoch klare Signale aus, dass sie sich der Achse, bzw. dem Dreimächteabkommen3 verbunden fühlten.

Auch Franco bekannte sich zur Achse, wobei die Dankbarkeit zu Hitler und Mussolini keine Rolle spielte. Er hatte es nämlich auf die französischen Kolonien in Afrika abgesehen und wäre auch bereit gewesen deswegen in einen Krieg einzutreten. Deutschland lehnte aber ab, da Hitler befürchtete, dass Pétain somit sein Gesicht verlieren würde und die Ordnung in Frankreich gefährdet wäre.

Mit dem Angriff auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 veränderte sich aber alles. Der Kreuzzug gegen den Bol- schewismus hatte begonnen. Alleine diese Tatsache löste wahre Begeisterungsstürme in den faschistischen Sys- temen aus.

Ganz so einfach war die Sache aber nicht. Natürlich hatte es in den faschistischen und autoritären Staaten anti- bolschewistische Bestrebungen gegeben, die besonders bei der bürgerlichen Mitte und beim alten Establishment Widerhall gefunden hatte. Andererseits sah man die Sowjetunion in den 30er Jahren als viel zu schwach, um die Weltrevolution auslösen zu können. Antibolschewismus war vielmehr ein Propagandamittel, um seine eigene politische Position festzulegen.

Der Kampf gegen die Russen hatte einen Zustrom an Freiwilligen zur Folge, der die deutsche Führung in Verlegenheit bracht. Man entschloss sich schließlich die Freiwilligen nach „Germanen“ und „nicht Germanen“ zu unterscheiden. Die Germanen kamen zur Waffen-SS, die nicht Germanen zur Wehrmacht. Die Zahl der Freiwilligen blieb anfänglich weit hinter den Erwartungen zurück, nahm dann aber bis zum Kriegsende noch beträchtlich zu, wobei das Kriterium der Freiwilligkeit nach und nach auf der Strecke blieb. Die deutsche Führung schloss Verträge mit den Regierungen im Osten, die es den Nationalsozialisten ermöglichte frei über die dort ansässigen Volksdeutschen zu entscheiden.

Die Triebkraft dieser Bewegung war aber nicht der Antibolschewismus, der zwar beiden Fanatikern und Idealis- ten zog, aber nicht bei der breiten Masse. Vielmehr war es die Lust auf Abenteuer, die Angst vor Strafen in der Heimat, oder die bloße Langweile, die sie trieb. Auch die Solidarität der faschistischen und philofaschistischen Regime beruhte nicht auf ideologischen Gesichtspunkten, sondern viel mehr auf der Beutegier. Antonescu brannte auf einen Krieg gegen die Sowjetunion, da Rumänien seine verlorenen Gebiete Nordbukowina und Bes- sarabien zurückerobern wollte. So proklamierte Antonescu am 22. Juni 1941 den „heiligen Krieg der rumäni- schen Nation“.

Ungarn griff ebenfalls schon im Juni 1941 in den Krieg gegen die Sowjetunion ein, da sie von der Gier nach Land getrieben wurden und hofften, dass sie somit gegenüber Rumänien nicht ins Hintertreffen geraten würden. Auch die anderen Staaten traten aus ähnlichen Gründen in den Krieg ein. Selbst Mussolini hatte Hintergedanken als er in den Krieg gegen die Sowjetunion eintrat. Er wollte damit seine Position als zweite faschistische Macht in Europa festigen.

Milit ä rische Macht und ideologische Besessenheit

Im Herbst 1941 war die faschistische Kriegsmaschinerie zum ersten Mal voll im Gange und dass mit einem Erfolg, der so groß war, dass keiner Angst haben musste bei den Gebietsaufteilungen zu kurz zu kommen. Um die Jahreswende 1941/42 standen die Faschisten in ganz Europa, ihr Reich erstreckte sich vom Atlantik bis hin zum Schwarzen Meer. Seit dem Imperium Romanum hatte es in Europa kein Reich mehr von einer solchen Aus- dehnung gegeben.

Für die unterjochten Völker war es grausam, die Deutschen kannten keine Gnade und führten sich letzt endlich wie Sklavenhalter auf und nicht wie Besatzer. Insbesondere die Juden und Zigeuner wurde zu Tausenden und abertausenden kaltblütig ermordet.

Man wollte ein Ghetto für die Juden einrichten. Es war Polen im Gespräch, aber am liebsten hätte man sie nach Madagaskar verfrachtet, wo man ein Großghetto einrichten wollte für 4 Mio. Juden. Dieser Plan scheiterte aber, da England immer noch die Seewege kontrollierte. Stattdessen steckte man die Juden in Großstadtghettos, wo bald Seuchen und Krankheiten grassierten.

Die Deutschen mussten sich etwas überlegen, was sie mit den Juden machen konnten, und so beauftragte Hitler Heydrich ein Deportationsprogramm aus zuarbeiten, das zu Vernichtung von 11 Millionen Juden bestimmt sein sollte. Das Programm sah anfangs nicht die Vernichtung in Gaskammern vor, wie sie später praktiziert wurde, sondern eine biologische Ausrottung durch Hunger, Kälte und Arbeit. Man wollte die kräftigen Juden noch eine Weile für den Nationalsozialismus einspannen, während man die alten und kränklich in Sterbereservaten stecken wollte. Zum Wandel dieser Methode kam es erst, als man bemerkte, dass der Feldzug gegen Russland doch et- was länger dauern könne. Man entschloss sich zu einer totalen Vernichtungspolitik, die nicht schriftlich fixiert wurde, sondern Himmler und Heydrich eine Generalbevollmächtigung zur Ausrottung der Juden gab. Letztlich fielen den deutschen Rassenwahn über 6 Millionen Juden zum Opfer. Es handelt sich dabei um eine beispiellose Tötungsaktion. Die Deutschen haben hierbei die Hauptverantwortlichkeit zu tragen, auch wenn dies oft geleug- net wird. Die anderen Staaten errichten aber auch Vernichtungsmaschinerien. So etwa in Rumänien, wo der Antisemit Antonescu an der Macht war. Auch hier wurde zum Teil mit äußerster Brutalität gegen die Juden vorgegangen. Die Zahl der ermordeten Juden beläuft sich in Rumänien auf etwa 350000.

Alle Regime hatten sich dem Druck des Deutschen Reiches gebeugt und antisemitische Programme installiert, aber niemand ging mit einer solchen Brutalität vor wie Hitler, selbst Antonescu, der Hitler nicht viel nachstand im Judenhaß besann sich schließlich.

Zerfall und Untergang

Antonescus Kurswechsel macht deutlich, dass die faschistische Allianz an Zusammenhalt verlor. Es war nicht mehr zu übersehen, dass Hitler und seine Verbündeten den Bogen überspannt hatten. Die angloamerikanischen Truppen landeten in Afrika und Stalingrad wurde zum Symbol der Kriegswende. Die Regime begannen sich den deutschen Ansprüchen zu widersetzen. Sogar Italien, der engste verbündete Italiens viel von Deutschland ab, nachdem der Duce gestürzt worden war. In Italien wurde der Faschismus auf einmal verhöhnt. Am 8. September 1943 kam es zum Waffenstillstand zwischen Italien und den Alliierten, was die Kriegserklärung Deutschlands zur Folge hatte. Nach und nach fielen alle Verbündeten von Deutschland ab. Alle konservative Regime, die sich den Faschisten angeschlossen hatten, zog nun zurück, da sie das Ende nahen sahen.

In den letzten Monaten des Hitlerregimes machte noch so mancher Führer einer radikalen faschistischen Partei Karriere. Zum Beispiel Doriot in Frankreich, der nicht im geringsten daran dachte mit den Alliierten zu kollaborieren, so wurde er von Hitler als letzte Reserve zum Regierungschef ernannt.

Das letzte Aufgebot des Faschismus konnte nichts mehr aus richten, selbst als die Niederlage schon unausweichlich war, schicke Hitler immer noch Tausende von Menschen in den sichern Tot.

Szálasi, der neuer Regierungschef in Ungarn war, stellte seinen Vorgänger Horthy bei weiten in den Schatten, insbesondere war Grausamkeit und Brutalität anbelangt. Es war ein apokalyptisches Ende des Faschismus, er hinterließ nichts als Verwüstung und Elend, Leid und Tod. Der Faschismus hatte sich mit dem Krieg selbst vernichtet. Alle bedeutenden Führer kam ums Leben, oder mussten sich im Exil verkriechen. Die Renaissance des Faschismus war aber auch deswegen nicht zu befürchten, da sich die Ziele der Regime verbraucht hatten. Wer diese Lektion dann immer noch nicht begriffen hatte, der wurde durch Gerichtsprozeße und Säuberungskommissionen aufgeweckt. Eine Neuauflage des Faschismus wäre auch deshalb unwahrscheinlich gewesen, da Europa nun unter der Aufsicht der Weltmächte stand.

[...]


1 Zuvor hatte er Abessinien angegriffen und dann Franco mit Waffen und Soldaten im Bürgerkrieg gegen die politisch Linke unterstützt.

2 Schon nach dem Anschluss Österreichs an Deutschland 1938 wurde der deutsche Einfluss in Südosteuropa unübersehbar. Die Einstellung zu den Regierungen und deren Verhalten ist eindrucksvoll in Goebbels Tagebüchern nach zu lesen.

3 Im November 1940 geschlossenes Abkommen zwischen Italien, Deutschland und Japan, dem sich in den fol- genden Monaten noch weitere faschistische, oder diktatorisch regierte Staaten anschlossen.

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Die faschistische Herausforderung
Jahr
1999
Seiten
26
Katalognummer
V95126
ISBN (eBook)
9783638078054
Dateigröße
898 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rom, 28. Oktober 1922, Mussolinis Doppelstrategie, Faschistische Bewegungen vor 1933, Rom - das Grav
Arbeit zitieren
Anonym, 1999, Die faschistische Herausforderung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95126

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