Digitale Spaltung in der EU. Digitalisierung in Finnland und Bulgarien


Hausarbeit, 2020

22 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Digitalstrategie der EU

3 Digital Economy and Society Index (DESI)

4 Digitale Spaltung in Finnland
4.1 Digitalisierung in Finnland und der EU
4.2 Verringerung des Digital Divide und Digitalisierungsmaßnahmen in Finnland

5 Digitale Spaltung und DESI in Bulgarien
5.1 Digitalisierung in Bulgarien und der EU 2020
5.2 Verringerung des Digital Divide und Digitalisierungsmaßnahmen in Bulgarien

6 Vergleich der Digitalisierung in Bulgarien und Finnland

7 Fazit

Literatur

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) spielen heutzutage eine immer wichtiger werdende Rolle im privaten, öffentlichen und beruflichen Leben. Der Zugang zu IKT sowie die Befähigung zu deren Nutzung werden dabei als wichtige Faktoren in der sozialen Inklusion von Bürgern angesehen. Liegt eine ungleiche Verteilung des Zugangs und der digitalen Fähigkeiten vor, kann dies zu einer digitalen Spaltung führen (vgl. Selhofer/Hüsing 2002: 1273). Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, OECD, definiert digitale Spaltung folgendermaßen:

„[...] the term .digital divide1 refers to the gap between individuals, households, businesses and geographic areas at different socio-economic levels with regard both to their opportunities to access information and communication technologies (ICTs) and to their use of the Internet for a wide variety of activities“ (OECD 2001: 5).

Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Veranschaulichung der digitalen Spaltung innerhalb der EU am Beispiel zweier Länder, die sich bezüglich der Entwicklung der Digitalisierung unterscheiden. Hierbei werden sowohl die Verfügbarkeit des Internetzugangs und die Nutzung des Internets als auch digitale Kompetenzen der Bevölkerung im digitalen Fortschritt der EU-Länder Finnland und Bulgarien berücksichtigt. In den Länder-Kapiteln zum „Digital Economy and Society Index“ (DESI) 2020 werden die beiden EU-Länder Finnland und Bulgarien getrennt voneinander mit dem EU-Durchschnitt in den verschiedenen Kategorien des Index verglichen. Außerdem werden die wichtigsten Initiativen und Strategien zur Unterstützung der Digitalisierung beider Länder beleuchtet. Die Auswahl dieser beiden Länder erfolgte auf Grundlage der Platzierung im DESI 2020: Finnland ist in diesem Jahr auf Platz 1 und Bulgarien auf Platz 28 der 28 EU-Länder (vgl. Europäische Kommission 2020a: 14). In einem anschließenden Vergleich zwischen Finnland und Bulgarien werden die Unterschiede zwischen dem bestplatzierten und letztplatzierten EU-Land in der Digitalisierung analysiert. Ziel der Arbeit ist die Veranschaulichung der digitalen Spaltung innerhalb der EU am Beispiel zweier Länder, die sich hinsichtlich der Entwicklung der Digitalisierung unterscheiden. Die in dieser Arbeit behandelte digitale Spaltung und Digitalisierung bezieht sich auf die Verbreitung und Nutzung von IKT aus einer europäischen Perspektive und fokussiert somit auf eine Operationalisierung der digitalen Spaltung, die auf einem fortschrittlichen Technologie- und Netzwerkniveau beruht.

2 Digitalstrategie der EU

Zu Beginn der 1990er Jahre wurden in den USA Maßnahmen zur Förderung des Ausbaus neuer Technologien durchgesetzt. Die Europäische Union (EU) folgte diesem Beispiel und setzte zahlreiche Förderprogramme um. Diese frühen Maßnahmen und Programme bezogen sich vor allem auf die allgemeine Verbreitung neuer Technologien und setzten dabei auf die Steuerung durch den Markt. Ab Mitte der 1990er Jahre wurden in zahlreichen Industrienationen schließlich staatliche Maßnahmen ergriffen, die den Zugang für alle fördern sollten (vgl. Zillien 2009: 83).

Die „GD CONNECT“, die Generaldirektion für Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologien der Europäischen Kommission, hatte in ihrem strategischen Plan für 2016 bis 2020 ein vielversprechendes „Mission statement“ abgegeben: „We help the digital transformation of European industry and public services through the use of innovative digital technology and support for the development of digital skills“ (Europäische Kommission 2016: 3). Ziel des strategischen Plans ist es, einen vernetzten digitalen EU-Binnenmarkt aufzubauen sowie Jobs, Wachstum und Investitionen zu fördern (vgl. Europäische Kommission 2016: 5). Um die Konkurrenzfähigkeit der europäischen Industrien zu verbessern, muss laut GD CONNECT eine schnelle Digitalisierung dieser Industrien durchgesetzt werden. Im Zuge dessen sollen auch öffentliche Verwaltungen modernisiert werden (vgl. Europäische Kommission 2016: 6). Die digitalen Fertigkeiten in ganz Europa zu fördern bleibt dabei für die EU eine bedeutende langfristige Herausforderung, die es zu bewältigen gilt (vgl. Europäische Kommission 2016: 7).

Im Februar 2020 legte die Europäische Kommission ihre Vision für den digitalen Wandel dar, um eine integrative Nutzung der Technologie zu erreichen, die für die Menschen funktioniert und dabei die Grundwerte der EU respektiert (vgl. Europäische Kommission 2020a: 10). Die Kommission wird sich in den kommenden fünf Jahren auf drei Hauptziele konzentrieren, um den digitalen Wandel Europas voranzutreiben (vgl. Europäische Kommission 2020d: 2). Auf individueller Ebene lautet das Ziel, Technologien im Dienste der Menschen zu entwickeln. Dies soll unter anderem durch Investitionen in die digitalen Kompetenzen aller Europäer1 erfüllt werden. Auf dieser Ebene soll außerdem der Ausbau von ultraschnellem Breitband in Haushalten, Schulen und Krankenhäusern beschleunigt werden. Im Hinblick auf die künstliche Intelligenz (KI) betont die Europäische Kommission die Notwendigkeit einer Entwicklung, die die Rechte der Menschen respektiert und die europäischen Werte gewährleistet (vgl. Europäische Kommission 2020d: 2). Das zweite Hauptziel der EU in der Digitalisierung liegt auf der Wirtschaftsebene: Die Erschaffung einer fairen und wettbewerbsfähigen digitalen Wirtschaft. In Europa soll eine dynamische Community aus schnell wachsenden Start-ups sowie kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) entstehen, in der diese Zugang zu Finanzmitteln erhalten und so besser expandieren können. Dabei sollen alle Unternehmen mit gleichen Bedingungen am Wettbewerb teilnehmen und digitale Technologien nutzen, entwickeln und vermarkten können (vgl. Europäische Kommission 2020d: 2). Der Zugang zu qualitativ hochwertigen Daten soll für die Unternehmen verbessert werden, während gleichzeitig sicherzustellen ist, dass persönliche und sensible Daten geschützt werden. Das dritte Ziel der Kommission ist die Schaffung einer offenen, demokratischen und nachhaltigen Gesellschaft (vgl. Europäische Kommission 2020d: 2). Hierfür muss der Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) im digitalen Sektor gesenkt werden, während Europa mittels innovativer digitaler Technologien bis 2050 klimaneutral gemacht werden soll. Ein weiterer wichtiger Aspekt dieses Ziels ist die Erstellung einer europäischen Gesundheitsdatenbank zur Förderung gezielter Forschung, Diagnose und Behandlungen im Gesundheitswesen (vgl. Europäische Kommission 2020d: 2).

Das White Paper zur künstlichen Intelligenz und die europäische Datenstrategie sind die ersten beiden Säulen der neuen Digitalstrategie der Kommission. Die dritte Säule besteht aus der neuen KMU-Strategie für ein nachhaltiges und digitales Europa. Dabei wird der DESI verwendet, um die Fortschritte der KMU auf jährlicher Basis zu überwachen (vgl. Europäische Kommission 2020a: 10).

3 Digital Economy and Society Index (DESI)

Der „Digital Economy and Society Index“ ist ein zusammengesetzter Index, der relevante Indikatoren über die digitale Performance der EU vereint und zugleich den Fortschritt in der digitalen Wettbewerbsfähigkeit der EU-Mitgliedsstaaten abbildet (vgl. Europäische Kommission 2020a: 10). Die Bereitstellung von Daten über den Zustand der Digitalisierung einzelner Mitgliedstaaten hilft diesen bei der Ermittlung von Bereichen, in denen Handlungsbedarf besteht und Investitionen erforderlich sind. Im DESI werden fünf Dimensionen der Digitalisierung vereint: Konnektivität, Humankapital, Nutzung von Internetdiensten, Integration digitaler Technologien und digitale öffentliche Dienstleistungen (vgl. Europäische Kommission 2020a: 11). Die Konnektivität betrachtet die Verbreitung des Breitbands innerhalb eines Landes. In der Kategorie Humankapital werden die Kenntnisse von Internetnutzern und fortgeschrittene Fähigkeiten der Bevölkerung gemessen. Hier spielt auch der Anteil der Erwerbstätigen eines Landes im IKT-Sektor eine Rolle. In der Dimension der Internetnutzung wird gemessen, welche Internetdienste und Online-Transaktionen die Bürger in welchem Maße nutzen. Die Integration der Digitaltechnik bezieht sich im Gegensatz dazu ausschließlich auf die Digitalisierung in Unternehmen. Dabei steht im Fokus, wie fortgeschritten die Digitalisierung der Unternehmen im Bereich E­Commerce ist. In der fünften Dimension der digitalen öffentlichen Dienste steht das Stichwort „E-Government“, elektronische Behördendienste, im Vordergrund (vgl. Europäische Kommission 2020a: 11).

Die DESI 2020-Berichte basieren auf den Daten von 2019 und bewerten den Status der digitalen Wirtschaft und Gesellschaft. In jedem Länderbericht des DESI werden die Maßnahmen der jeweiligen Staaten detailliert ausgeführt (vgl. Europäische Kommission 2020a: 11). Im Folgenden werden die Länderberichte zu Finnland und Bulgarien in den genannten fünf Hauptkategorien näher behandelt.

4 Digitale Spaltung in Finnland

Finnland ist mit einer Punktzahl von 72,3 von 100 im DESI 2020 auf Platz 1 der 28 EU-Mitgliedstaaten2 und somit führend im Digitalbereich (vgl. Europäische Kommission 2020b: 3). Die digitale Leistung des Staats ist auf den Fortschritt bei digitalen öffentlichen Diensten und in der Integration der Digitaltechnik zurückzuführen, die durch eine aktive Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen und privaten Sektor sowie einer aktiven Gründerszene ermöglicht wird. Mit 76 % der finnischen Bevölkerung, die über grundlegende oder überdurchschnittlich gute digitale Kompetenzen verfügen, liegt Finnland deutlich über dem EU-Durchschnitt von 58 % (vgl. Europäische Kommission 2020b: 3). Das menschliche Kapital ist folglich einer der stärksten Wettbewerbsvorteile des Landes. Finnland zeichnet sich außerdem durch innovatives Denken in Verbindung mit sozialer Verantwortung aus. Die staatliche Unterstützung ist weitsichtig, setzt regulative Anreize und finanziert Grundlagenforschung. Bei der Aufrechterhaltung des finnischen Wohlbefindens und der Steigerung der Produktivität spielen die Digitalisierung und Entwicklung der Informationsgesellschaft im Land eine Schlüsselrolle. Diese Informationsgesellschaft ist in Finnland besonders gerecht und integrativ. Die effiziente Nutzung von IKT in verschiedenen Sektoren führt außerdem zu einer erhöhten Produktivität (vgl. Europäische Kommission 2020b: 3).

4.1 Digitalisierung in Finnland und der EU

In der Konnektivität liegt Finnland mit einer Punktzahl von 59,2 von 100 an neunter Stelle unter den Mitgliedsstaaten (vgl. Europäische Kommission 2020b: 5). Die schnelle Breitbandversorgung in Form von „Next Generation Access“ (NGA) steigt zwar kontinuierlich, lag aber 2019 trotzdem unter dem EU-Durchschnitt. Auch die feste Breitbandnutzung liegt mit 57 % deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 78 %. Einer der Gründe für die relativ geringe Verbreitung von festen Breitbandanschlüssen ist die hervorragende Leistung Finnlands im Bereich des mobilen Breitbands: Die 4G-Abdeckung im Land ist mit 99 % 2019 fast ubiquitär. Diese Zahlen sind unter anderem der rechtzeitigen Zuweisung von Frequenzen zu verdanken, die auch für 5G gelten. Dadurch liegt der 5G-Bereitschaftsindikator Finnlands mit 67 % auch weit über dem EU-Durchschnitt von 21 %, womit das Land in diesem Indikator an erster Stelle in der EU steht (vgl. Europäische Kommission 2020b: 5). Während Finnland insgesamt über eine gute Festnetz-Breitband- und 4G-Versorgung verfügt, könnte die Versorgung in ländlichen Gebieten weiterhin verbessert werden. Das Problem war in den vergangenen Jahren vor allem der fehlende Anreiz für die Marktteilnehmer, in spärlich besiedelte Gebiete des Landes zu investieren. Um dieses Problem anzugehen, hat Finnland staatliche Hilfsmaßnahmen ergriffen und bestehende Maßnahmen angepasst (vgl. Europäische Kommission 2020b: 6).

Finnland belegt in der Kategorie Humankapital den ersten Platz im EU-Vergleich (vgl. Europäische Kommission 2020b: 7). Die Fortschritte bei der Erhöhung des Anteils der Menschen, die über fortgeschrittene digitale Kenntnisse verfügen, haben sich ausgezahlt und sind mit 50 % in diesem Jahr erstplatziert. Sowohl die Zahl der IKT- Spezialisten im Allgemeinen als auch der weibliche Anteil in diesem Sektor liegen deutlich über dem EU-Durchschnitt: 3 % der Frauen im Land arbeiten als IKT- Spezialistinnen, womit Finnland in diesem Indikator weiterhin führend bleibt. Die Nachfrage nach Hochschulabsolventen im IKT-Bereich ist hoch, während der Output an Hochschulabsolventen der hohen Nachfrage der Unternehmen nicht gerecht wird und weiterhin geschlechtsspezifische Ungleichgewichte im IKT-Sektor bestehen (vgl. Europäische Kommission 2020b: 7). Um den Bedarf zu decken, reformiert Finnland seine Berufs- und Ausbildungsprogramme mit Schwerpunkt auf digitalen Fertigkeiten. Die Einführung in die Kodierung wird dabei als obligatorischer Bestandteil in den Lehrplan finnischer Schulen eingebettet. Finnische Lehrer berichten jedoch in diesem Zusammenhang, dass sie sich im Hinblick auf die Nutzung von IKT nicht ausreichend vorbereitet fühlen. Der Anteil finnischer Lehrer, die sich gut oder sehr gut auf den Einsatz von IKT im Unterricht vorbereitet fühlen, ist mit 21,5 % der zweitniedrigste in der EU (vgl. Europäische Kommission 2020b: 7). Finnland bemüht sich durch verschiedene Maßnahmen, eine Verbesserung dieses Anteils in den Bereichen Wissenschaft, Technologie, Ingenieurwesen und Mathematik herbeizuführen, um die angehenden Studenten zur Wahl von IKT- Studieneinrichtungen anzuregen (vgl. Europäische Kommission 2020b: 8). Finnlands starker und beständiger Vorsprung im Humankapital spiegelt das hohe Kompetenzniveau seiner Arbeitskräfte wider und macht dies zum stärksten digitalen Wettbewerbsvorteil. Das Land beweist die Fähigkeit seiner Einwohner, Unternehmen, Gemeinden und öffentlichen Verwaltungen, Informationen und Technologie zu produzieren, zu schützen, zu verstehen und zu nutzen. Es steht an der Spitze der Bemühungen, KI näher an die Öffentlichkeit zu bringen, indem es das Verständnis für die Technologie in der Gesellschaft verbessert und den damit einhergehenden Bedarf an Fähigkeiten berücksichtigt (vgl. Europäische Kommission 2020b: 8).

Auch bei der Nutzung von Internetdiensten nimmt das Land den 1. Platz in der EU ein. Die Finnen sind im Einklang mit dem Rest der EU an einer Vielfalt von Online­Aktivitäten interessiert, wobei die beliebteste das Bankwesen ist, gefolgt von Musik, Videos und Spielen sowie Nachrichten. 85 % der finnischen Internetnutzer lesen Nachrichten online, in der gesamten EU als Ganzes sind es 72 %. Die Finnen sind bei allen Internetaktivitäten aktiver als der EU-Durchschnitt, mit bemerkenswerter Führung im Online-Banking. Darüber hinaus ist die Nutzung von Videoanrufen die Aktivität mit dem größten Wachstum, gefolgt von der Durchführung eines Online­Kurses und dem Online-Verkauf. Mit nur 3 % der Finnen, die noch nie das Internet genutzt haben, beträgt die Nichtnutzungsrate lediglich ein Drittel des EU- Durchschnitts (vgl. Europäische Kommission 2020b: 9).

In Bezug auf die Integration von Digitaltechnik in Unternehmen liegt Finnland auf Platz 2 der EU-Länder (vgl. Europäische Kommission 2020b: 10). Die Gesamtergebnisse in diesem Bereich verbesserten sich durch den Anstieg an Unternehmen, die elektronischen Informationsaustausch betreiben und soziale Medien nutzen. Auch der Anteil an Unternehmen, der Cloud-Technologien verwendet, ist in Finnland mit 50 % deutlich höher als der EU-Durchschnitt von 18 % (vgl. Europäische Kommission 2020b: 10). Cloud-Dienste werden im Land zur Norm und viele Unternehmen planen, die Vorteile der 5G-Technologie, Automatisierung und KI für die Zukunft zu evaluieren (vgl. Europäische Kommission 2020b: 11). Finnische Unternehmen nutzen weiterhin verstärkt die angebotenen Möglichkeiten des Online-Handels: 22 % der KMU verkaufen online, 9 % aller KMU sogar über nationale Grenzen hinweg. In diesen beiden Indikatoren liegt das Land leicht über dem EU-Durchschnitt (vgl. Europäische Kommission 2020b: 10). Finnland hat einen hochrangigen Ansatz für strategische Belange, einschließlich der Digital- und Plattformökonomien, der KI und Datenwirtschaft, der Nutzung von Cloud-Computing­Diensten in Unternehmen und der Wettbewerbsfähigkeit seiner digitalen Wirtschaft. Diese Themen werden nicht isoliert betrachtet, sondern ganzheitlich und horizontal angegangen, wobei die Chancen der digitalen Wirtschaft und Technologie in Sektoren wie Gesundheit, Bildung und Fertigung betont werden. Dabei werden stets die Bedürfnisse von Unternehmen oder Menschen berücksichtigt. Finnlands florierender digitaler Sektor umfasst unter anderem das verarbeitende Gewerbe, die intensivierte Forschung und Entwicklung und Investitionen in digitale Infrastruktur (vgl. Europäische Kommission 2020b: 11). Trotz der starken Unterstützung der Digitalisierung bestehen nach wie vor Ungleichheiten zwischen den Sektoren und Hindernisse in Bezug auf digitale Fähigkeiten und das Bewusstsein für die Vorteile der Digitalisierung, die es zu überwinden gilt (vgl. Europäische Kommission 2020b: 11).

Bei den digitalen öffentlichen Diensten, der fünften Kategorie des DESI, liegt Finnland auf Platz 4 unter den EU-Ländern und damit wieder weit über dem EU- Durchschnitt (vgl. Europäische Kommission 2020b: 12). Dies ist in erster Linie der hohen Zahl von E-Government-Nutzern zu verdanken. Die Online-Interaktion zwischen Behörden und der Bevölkerung ist hoch: 94 % der finnischen Internetnutzer verwenden E-Government-Dienste. Das Land schneidet auch in Bezug auf die Verfügbarkeit von vorausgefüllten Formularen sowie im Bereich offene Daten gut ab (vgl. Europäische Kommission 2020b: 12).

Trotz der führenden Position im DESI 2020 hat Finnland in den vergangenen Jahren in Bezug auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit und Innovationstätigkeit abgebaut. Grund für die Abnahme sind die Kürzungen von Technologie- und Innovationsgeldern sowie eine Abnahme der Kooperation zwischen individuellen Akteuren (vgl. Ormala 2019: 11).

4.2 Verringerung des Digital Divide und Digitalisierungsmaßnahmen in Finnland

Der „Digital Finland Framework“ wurde 2018 vorgestellt und koordiniert die nachhaltige digitale Transformation in Finnland (vgl. Europäische Kommission 2020b: 10). Der Rahmen kombiniert Schlüsselperspektiven wie zum Beispiel digitale Innovationen, die die Vorteile von Plattformökonomien nutzen und die Transformation der stärksten Industriesektoren voranbringt. Auch die Unterstützung für Nachhaltigkeit in der digitalen Transformation sowie die Reaktion auf globale Megatrends gehören zu diesen Perspektiven (vgl. Ministry of Economic Affairs and Employment of Finland 2018: 2). Mit dem „Digital Finland Framework“ unterstützt die finnische Regierung verschiedene digitale Projekte von Kommunalbehörden im Zeitraum von 2018 bis 2022 mit direkter Kapitalfinanzierung und regionalen Zuschüssen in Höhe von 400 Millionen Euro. Somit wird die digitale Transformation auch auf kommunaler Ebene vorangebracht (vgl. Europäische Kommission 2020b: 10).

Mit der 2018 ausgearbeiteten „digital infrastructure strategy 2025“ verfolgt das finnische Ministerium für Verkehr und Kommunikation das Ziel, dass führende Land im Bereich Kommunikationsnetzwerke zu sein. Der Strategie zufolge fördert die digitale Infrastruktur die Wettbewerbsfähigkeit und das Wohlergehen der Gesellschaft, indem sie beispielsweise die Nutzung von Datenwirtschaft und künstlicher Intelligenz sowohl für private als auch öffentliche Dienstleistungen ermöglicht. Die Strategie legt Ziele für die Entwicklung der digitalen Infrastruktur in Finnland bis 2025 sowie die Methoden zur Erreichung dieser fest. Sie umfasst sowohl die Förderung von drahtlosen Verbindungen als auch den Bau von Festverbindungen. Auch andere Technologien, die die Infrastruktur der Datenkommunikation ergänzen, spielen eine essenzielle Rolle: Hochgeschwindigkeits-Kommunikationsnetze bilden laut dem Ministerium die Grundlage der modernen Gesellschaft und sind eine Voraussetzung für eine fortschrittliche Digitalisierung (vgl. Ministry of Transport and Communications of Finland 2018). Die Strategie reagiert auf globale Trends wie die wachsende Rolle von KI, Datenökonomie, Automatisierung, Robotisierung, Internet of Things (IoT) und virtueller Realität in zukünftigen Anwendungen und Diensten. Auch die Entwicklung des autonomen Verkehrs auf dem Land, im Wasser und in der Luft stellt hohe Anforderungen an digitale Daten- und Kommunikationsverbindungen (vgl. Ministry of Transport and Communications of Finland 2018). Bis 2025 sollen alle finnischen Haushalte Zugang zu Internetverbindungen mit Übertragungsgeschwindigkeiten von mindestens 100 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) haben. Zusätzlich soll ermöglicht werden, die Geschwindigkeit des Anschlusses auf 1 Gbit/s zu erhöhen. Ein wichtiges Element zur Förderung der Verbreitung von Hochgeschwindigkeits-Breitband ist die angemessene Nutzung des Funkfrequenz-spektrums. In Europa wurden die sogenannten 3,5-GHz- und 26-GHz-Frequenzen als wesentliche Frequenzen für den Aufbau von 5G-Netzen anerkannt. In Finnland wurde das gesamte 3,5-GHz- Spektrum ab Anfang 2019 in die nationale Nutzung für drahtloses Breitband aufgenommen. Das Spektrum von 26 GHz wird ebenfalls für drahtloses Breitband genutzt und die Nutzungsrechte für das gesamte Spektrum wurde schließlich im Frühjahr 2020 erteilt (vgl. Ministry of Transport and Communications of Finland 2018).

Finnland hat sich auch um eine Reformierung der Digitalisierung in öffentlichen Verwaltungen bemüht: Im Dezember 2017 wurde das Programm über die nationale Architektur für digitale Dienste abgeschlossen (vgl. Europäische Kommission 2019a: 11). Das Programm resultierte im neuen großen eService „Suomi.fi“, der Dienstleistungen für Bürger, Unternehmen und Regierungsorganisationen anbietet. Die Plattform bietet unter anderem einen Nachrichtendienst zwischen Verwaltungen und Bürgern, einen elektronischen ID-Dienst und einen e-Autorisierungsdienst (vgl. Europäische Kommission 2019a: 11). Dank dem E-Autorisierungssystem können Menschen ohne leichten Zugang zu einem Computer oder die nötigen digitalen Fähigkeiten über eine andere Person Zugang zu elektronischen Dienstleistungen erhalten. Damit ist Finnland das erste Land weltweit, das Menschen ermöglicht, eine andere Person elektronisch zu autorisieren und wichtige Entscheidungen online für sie zu treffen (vgl. Europäische Kommission 2020b: 12). In einem Gesetz über gemeinsam genutzte Unterstützungsdienste für E-Government wurden 2016 die Zuständigkeiten für die Bereitstellung von Unterstützungsdiensten für E-Government festgelegt, sodass sie mit der nationalen Architektur für digitale Dienste in Einklang stehen. Das Gesetz soll die Verfügbarkeit, Qualität, Datensicherheit, Interoperabilität und Steuerung der öffentlichen Dienste verbessern und somit die Effektivität der öffentlichen Verwaltung fördern (vgl. Europäische Kommission 2019a: 11). Das Informationsverwaltungsgesetz sorgt außerdem dafür, dass Daten von Bürgern nur einmal erhoben werden und für einen anderen Nutzungszweck nicht erneut abgefragt werden müssen, wodurch die Effizienz in der öffentlichen Verwaltung Finnlands erheblich gesteigert wird (vgl. Lehnfeld 2019).

Auch das finnische E-Health-System ist umfangreich: Standards für den Inhalt elektronischer Patientenakten wurden seit den 1990er Jahren entwickelt und jene für den technischen Datentransfer seit den 2000er Jahren (vgl. Ministry of Social Affairs and Health of Finland 2015: 8). Seit 2010 ist die digitale Patientenakte verfügbar und wurde 2019 von etwa der Hälfte der finnischen Bevölkerung genutzt (vgl. Lehnfeld 2019). Die Informationen müssen für die Patienten als auch für die Fachkräfte auf nationaler und EU-weiter Ebene zugänglich sein (vgl. Ministry of Social Affairs and Health of Finland 2015: 8). Über die „National Kanta Services“ können die Finnen Gesundheitsdienstleistungen online in Anspruch nehmen. Zu den Dienstleistungen gehören Online-Rezepte („ePrescription“), der Online-Gesundheitsservice „My Kanta Pages“ und die Patientendatenablage. Die von den Gesundheitsdienstleistern erstellten Patienten-informationen werden in das nationale Patientendatenablage übertragen. Die Informationen können schließlich von den Bürgern über den „My Kanta Pages“-Dienst abgerufen werden. Sie sind durch Zustimmung des Patienten auch privaten und öffentlichen Anbietern von Gesundheitsdiensten zugänglich, die den Patienten behandeln. Mit dieser Strategie verlagert sich der Schwerpunkt der Entwicklungsarbeit von der Sammlung und Übertragung von Daten auf die Möglichkeiten ihrer Nutzung zur Förderung des persönlichen Wohlbefindens und zur Forschung im Sozial- und Gesundheitssektor. Charakteristisch für das finnische Online-Gesundheitswesen ist, dass Informationen transparent, kompatibel, vergleichbar sowie aktuell und leicht verfügbar sind (vgl. Ministry of Social Affairs and Health of Finland 2015: 8).

Finnland ist ein Vorreiter bei der für die KI erforderlichen Kompetenzentwicklung (vgl. Europäische Kommission 2020b: 8). Mithilfe des kostenlosen Online-KI-Kurses wird versucht, die Technologie für Bürger zu entmystifizieren, indem sie leichter zugänglich gemacht wird. Der Kurs richtet sich an alle, die daran interessiert sind, etwas über KI zu lernen - unabhängig von Vorkenntnissen. Diese Initiative der finnischen Regierung zielt darauf ab, mindestens 1 % der Bevölkerung dazu zu animieren, mehr über die Grundlagen von KI zu erfahren (vgl. Europäische Kommission 2020b: 8). Auch bei der Anwendung und Implementierung von KI möchte Finnland zum führenden Land werden. Dies soll mithilfe des 2019 veröffentlichten „Artificial Intelligence Programme“ ermöglicht werden. Das Programm formuliert Schlüsselhandlungen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen durch den Einsatz von KI. In allen Branchen sollen zudem Daten effektiv genutzt werden. Zur effektiven Nutzung von KI will das Programm sicherstellen, dass KI schnell und einfach angenommen werden kann und dass entsprechendes Know-how vorhanden ist, wozu Top-Experten gewonnen werden müssen. Eine weitere wichtige Schlüsselhandlung besteht darin, anhand von KI die besten öffentlichen Dienstleistungen der Welt zu schaffen. Das Programm legt den Schwerpunkt auf eine vertrauensbasierte und menschenzentrierte KI-Entwicklung (vgl. Ministry of Economic Affairs and Employment of Finland 2019: 43-46).

Trotz der starken Unterstützung für die Digitalisierung bestehen nach wie vor Ungleichheiten zwischen den einzelnen Sektoren und es gibt Hindernisse im Zusammenhang mit den Fähigkeiten und dem Bewusstsein für die Vorteile der Digitalisierung: Laut der finnischen Innovationserhebung wird die Bedeutung der Digitalisierung für die Geschäftstätigkeit im Dienstleistungssektor stärker anerkannt als in Unternehmen der verarbeitenden Industrie. Eine 2019 bei 382 Unternehmen durchgeführte Umfrage zeigt zusätzlich, dass viele finnische KMUs mit digitalen Fertigkeiten vor Herausforderungen stehen: Während jeder zweite Manager und Unternehmer seine digitalen Fertigkeiten als gut bewerte, stufte sich nur etwas mehr als ein Drittel als hoch qualifiziert im Umgang mit digitalen Ressourcen ein. Zeitmangel und das Finden geeigneter Wege zur Entwicklung digitaler Fertigkeiten sind hierbei die größten Herausforderungen. Um diese zu bewältigen, kooperiert beispielsweise die Non-Profit-Organisation „Entrepreneurs of Finland“ mit Google und bietet im Rahmen des Programms „New Growth with Digital Skills“ kostenlose Schulungsveranstaltungen für KMUs in Form einer Tour durch Finnland an (vgl. Europäische Kommission 2020b: 11).

5 Digitale Spaltung und DESI in Bulgarien

Bulgarien nimmt im DESI 2020 der Europäischen Kommission den 28. und somit letzten Platz unter den EU-Ländern ein. Dies liegt daran, dass das Land in einigen DESI-Indikatoren nicht besonders gut abschneidet, während andere EU-Länder ihre Leistungen in diversen Indikatoren verbessert haben. Bulgarien schneidet bei der Konnektivität relativ gut ab, insbesondere im Hinblick auf die weitreichende Verfügbarkeit von ultraschnellen und mobilen Breitbandnetzen. Das Land hat bedeutende Verbesserungen im Bereich E-Government erzielt, mit steigenden Nutzerzahlen und einer hohen Punktzahl bei der Bereitstellung digitaler öffentlicher Dienste für Unternehmen. Auch in der Kategorie Humankapital ist Bulgarien seit dem letzten Jahr um zwei Stufen in der Rangliste nach oben gerückt. Allerdings gehört das Niveau an digitaler Kompetenz im Land noch immer zu den niedrigsten in der EU. Bulgariens Leistung ist auch in der Integration digitaler Technologien in Unternehmen weit unter dem EU-Durchschnitt: Bulgarische Firmen nutzen noch nicht alle Vorteile und Möglichkeiten, die der Online-Handel ihnen bietet (vgl. Europäische Kommission 2020c: 3).

5.1 Digitalisierung in Bulgarien und der EU 2020

Mit einer Punktzahl von 38,5 von 100 liegt Bulgarien in der Kategorie Konnektivität auf Platz 26 unter den EU-Ländern. Die schnelle Breitbandversorgung via NGA liegt bei 77 % und die Verfügbarkeit des „Very High Capacity Network“ wurde erhöht. Bulgarien muss den Ausbau der Breitbandnetzbereitstellung jedoch noch deutlich vorantreiben, um den EU-Durchschnitt in diesem Indikator zu erreichen. In Bulgarien lag die Verbreitung von festen Breitbandanschlüssen 2019 bei 58 % und somit 20 Prozentpunkte unter dem EU-Durchschnitt. Auch in der Einführung von festen Hochgeschwindigkeits-Breitbanddiensten mit mindestens 100 Mbit/s hinkt das Land hinterher. Die Indikatoren für mobiles Breitband hingegen sind relativ gut, mit einer durchschnittlichen 4G-Abdeckung von 81 % und gestiegener Inanspruchnahme mobiler Breitbandnutzung in Form von Abonnements. Damit liegt Bulgarien im Indikator Abonnements von mobiler Breitbandnutzung leicht über dem EU- Durchschnitt (vgl. Europäische Kommission 2020c: 6). Im 5G-Bereitschaftsindikator erzielt Bulgarien 0 Punkte: Insgesamt hat das Land nur 14 % des Frequenzspektrums für drahtloses Breitband zugewiesen. Eine unzureichende Frequenzzuweisung könnte sich negativ auf die Abdeckung und den rechtzeitigen 5G-Einsatz auswirken (vgl. Europäische Kommission 2020c: 7).

In der Kategorie Humankapital befindet sich Bulgarien im DESI 2020 auf Platz 26 von 28, nachdem es seit dem DESI 2019 zwei Stufen aufgestiegen ist. Dennoch bleibt der Wert in dieser Kategorie mit 33,9 % deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 49 %. Das Gesamtniveau der digitalen Grundkenntnisse in Bulgarien gehört zu den niedrigsten in der EU: Menschen mit mindestens grundlegenden digitalen Kenntnissen machen lediglich 29 % der gesamten Bevölkerung zwischen 16 und 74 Jahren aus und nur 11 % der Menschen verfügen über überdurchschnittliche digitale Grundfertigkeiten, was einem Drittel des EU-Durchschnitts entspricht. IKT- Spezialisten machen im Jahr 2019 3 % der Gesamt-beschäftigung aus. Der Anteil weiblicher IKT-Spezialisten an der Gesamtbeschäftigung aller bulgarischen Frauen liegt hingegen mit 1,8 % leicht über dem EU-Durchschnitt (vgl. Europäische Kommission 2020c: 8).

Bulgarien liegt bei der Nutzung von Internetdiensten weiterhin auf Platz 27: 67 % der Bulgaren nutzen das Internet gegenüber 85 % im EU-Durchschnitt (vgl. Europäische Kommission 2020c: 10). 24 % der bulgarischen Bevölkerung haben das Internet noch nie genutzt - die höchste Nichtnutzungsrate in der gesamten EU. Überraschenderweise nutzen bulgarische User Videoanrufe häufiger als in anderen EU-Ländern. Auch in Bezug auf die Nutzung sozialer Netzwerke liegen sie weit über dem EU-Durchschnitt. Mit einem Wert von 66 % der Internetnutzer, die Nachrichten online lesen, liegen sie jedoch wieder unter dem Durchschnitt. Mit 13 % sind bulgarische User weniger daran interessiert, andere Online-Dienste, insbesondere Online-Banking, zu nutzen. Zum Vergleich: Der EU-Durchschnitt liegt bei 66 %. Auch die Nutzung von Online Shopping liegt in Bulgarien weit unter dem Durchschnitt (vgl. Europäische Kommission 2020c: 10).

Bei der Integration digitaler Technologien liegt das Land auf dem letzten Platz in der EU. Wenige bulgarische Unternehmen nutzen die Möglichkeiten, die das Internet zu bieten hat: Nur 7 % der KMU verkaufen online gegenüber 18 % im EU-Durchschnitt. 3 % der gesamten KMU verkaufen ihre Produkte grenzüberschreitend im Netz und lediglich 2 % des Gesamtumsatzes bulgarischer KMUs kommen aus dem Online­Segment (vgl. Europäische Kommission 2020c: 11). Obwohl Soziale Medien im Land privat viel genutzt werden, nutzen nur 10 % der Unternehmen sie, um ihre Geschäftstätigkeit zu fördern, während dies in der gesamten EU 25 % tun (vgl. Europäische Kommission 2020c: 11).

Trotz einiger Fortschritte in den digitalen öffentlichen Diensten bleibt das Land auf Platz 23. Das Land schneidet bei der Bereitstellung digitaler öffentlicher Dienste für Unternehmen mit 96 % gut ab und liegt damit sogar deutlich über dem EU- Durchschnitt von 89 %. Allerdings bleibt die Zahl der E-Government-Nutzer, die zu 61 % Formulare online einreichten, unter dem EU-Durchschnitt (vgl. Europäische Kommission 2020c: 13).

Gezielte, sektorspezifische Konzepte auf allen Ebenen und in allen Gebieten sollten laut dem DESI-Bericht 2020 für Bulgarien umgehend erfolgen, um sicherzustellen, dass diese Strategien in allen Bereichen der Wirtschaft umgesetzt werden. Bulgarien müsse die Vorteile der digitalen Transformation wirksamer vermitteln und somit die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft, Industrie und Wissenschaft erleichtern. Bei der umfassenden Nutzung digitaler Technologie bleibt weiterhin das Qualifikationsniveau der Arbeitskräfte ein Haupthindernis, das überwunden werden müsse (vgl. Europäische Kommission 2020c: 12).

5.2 Verringerung des Digital Divide und Digitalisierungsmaßnahmen in Bulgarien

Mit dem nationalen Programm „Digital Bulgaria 2025“ will das Land die Digitalisierung in der Industrie unterstützen (vgl. Europäische Kommission 2019b: 3). Das Programm berücksichtigt die neuen europäischen Strategierichtlinien zur Erreichung eines intelligenten, nachhaltigen und integrativen digitalen Wachstums für den Zeitraum bis 2025. Es zielt auf die Modernisierung und verbreitete Einführung intelligenter Informationstechnik-Lösungen in allen Bereichen der Wirtschaft und des gesellschaftlichen Lebens ab. Dies soll erreicht werden, indem ein Umfeld für die weit verbreitete Nutzung von IKT erschaffen wird, neue Technologien für Unternehmen und Bürger bereitgestellt und einheitliche Standards sowie ein hohes Maß an Netz- und Informationssicherheit durchgesetzt werden (vgl. Ministry of Transport, Information Technology and Communications of Bulgaria 2019). Zu den Prioritäten der Strategie zur angestrebten Industrie 4.0 gehört der Aufbau personeller, wissenschaftlicher, organisatorischer und institutioneller Kapazitäten. Außerdem soll die Förderung technologischer Innovationen in der bulgarischen Wirtschaft vorangetrieben werden. Dritte Priorität sind die Stärkung der Verbindung zwischen Wissenschaft und Industrie sowie die Beschleunigung der Integration in europäische und internationale Programme. Dies soll im Einklang mit der Entwicklung und Umsetzung der Industrie 4.0 erfolgen (vgl. Europäische Kommission 2020c: 11). Die Leitlinien zur Unterstützung der Industrie sind in der Branche allgemein bekannt, doch die Informationen werden nicht als ausreichend angesehen und ein großes Problem sei hier das Fehlen von Anreizen zur Unterstützung von Unternehmen im Digitalisierungsprozess (vgl. Europäische Kommission 2019b: 9). Der gegenwärtige Rechtsrahmen der bulgarischen Regierung wird in diesem Zusammenhang für das digitale Zeitalter nicht als geeignet angesehen. Das Fehlen von Steuererleichterungen, wie beispielsweise die Möglichkeit, digitale Investitionen als solche zu verbuchen, ist dabei eines der wichtigsten regulatorischen Hindernisse, das die Fähigkeit der Industrie zur Innovation und Nutzung digitaler Technologien behindert (vgl. Europäische Kommission 2019b: 3). Die meisten bulgarischen Unternehmen haben außerdem laut einer Umfrage von 2018 keine hohen Erwartungen an eine Gewinnerhöhung und an eine Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks als Folge der Digitalisierung. Mangelnde digitale Fertigkeiten der Mitarbeiter und der unzureichende Umfang der Investitionen werden als Haupthindernisse für die Förderung des Digitalisierungsprozesses der Industrie identifiziert. Darüber hinaus betonen die Unternehmen die Notwendigkeit der Transparenz der Prozesse und Auswirkungen der Digitalisierung (vgl. Europäische Kommission 2019b: 9).

Bulgarien hat mit der Aktualisierung des nationalen Funkfrequenzzuweisungsplans vorbereitende Schritte für die Bereitstellung von Frequenzen für 5G-Netze unternommen. Darüber hinaus war die bulgarische Kommission für Kommunikationsregelung erfolgreich in ihren Bemühungen, eine Senkung der bisher hohen jährlichen Frequenz-nutzungsgebühren von 2G, 3G und 4G herbeizuführen (vgl. Europäische Kommission 2020c: 7). Die erste Versteigerung des verfügbaren Frequenzspektrums in den Bändern 2,6 GHz und 3,4-3,8 GHz waren für das zweite Quartal 2020 geplant, während die Versteigerung des 26-GHz-Bandes für 2021 geplant ist. Trotz der Unsicherheiten bezüglich der 5G-Einführung führen drei Betreiber erfolgreiche 5G-Versuche in zwei Hauptrichtungen durch: Verbindung der wichtigsten Verkehrsadern und voll funktionsfähige 5G-Gemeinschaften. Eine Unterstützung durch das nächste operationelle Programm könnte nach Bedarf zu weiteren Fortschritten in diesen Bereichen führen. Im September 2019 hatte jedoch der für 2014 bis 2020 angesetzte nationale Breitbandinfrastruktur-Plan eine Umsetzungsrate von lediglich 60 %. Bulgarien scheint die Ziele für 2020 somit laut der Europäischen Kommission nicht zu erreichen, da die Versorgung mit Hochgeschwindigkeitsnetzen in ländlichen Gebieten noch immer unzureichend ist (vgl. Europäische Kommission 2020c: 6). 5G-Tests demonstrieren das kommerzielle Interesse an Investitionen in diesem Sektor, der Mangel an ausreichenden Frequenzen bleibt jedoch ein Hindernis für eine rechtzeitige 5G-Einführung. Bulgarien strebt an, die geringe Netzgeschwindigkeit im Land bis 2023 mit 30 Millionen Euro aus dem Europäischen Landwirtschaftsfond für die Entwicklung des ländlichen Raums zu verbessern. In diesem Zusammenhang erwägt Bulgarien eine staatliche Beihilfemaßnahme, deren Konzeption bis Mitte 2020 abgeschlossen sein soll. Die Verabschiedung des neuen Breitbandplans wurde verzögert. Dennoch ist die Entwicklung und Einführung von Hochgeschwindigkeitsnetzen im „National Development Programme“ (NDP) 2030 als Priorität festgelegt (vgl. Europäische Kommission 2020c: 6-7). Im Einklang mit den im NDP festgelegten nationalen Prioritäten wird sich der neue Plan auf folgende Schwerpunkte konzentrieren: Aufbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen, insbesondere von Breitbandnetzen in ländlichen Gebieten; effektive Zuweisung der Frequenzen für drahtlose Breitbandnetze und 5G; beschleunigte Entwicklung und Einführung von breitbandabhängigen Diensten wie Cloud und IoT sowie die Entwicklung digitaler Fähigkeiten und Dienste. Die WiFi4EU-Initiative der EU, die die Möglichkeit des Aufbaus einer kostenlosen, drahtlosen Hochgeschwindigkeits- und Qualitäts-Internetverbindung im öffentlichen Raum bietet, ist in Bulgarien erfolgreich: Bislang erhielten 86 % der bulgarischen Gemeinden einen Zuschuss für die Digitalisierung (vgl. Europäische Kommission 2020c: 7).

Das Bildungssystem Bulgariens wird derzeit modernisiert: Obwohl die Reformen das Ausmaß der digitalen Transformation nicht vollständig erfassen, liegt der Schwerpunkt nun stärker auf der Verbesserung der digitalen Fähigkeiten. Die staatliche Unterstützung der Ausbildung in IKT-Fakultäten und solchen, die die sogenannten MINT-Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik anbieten, resultierte in einer Überarbeitung des Lehrplans ab dem Schuljahr 2018/2019: Die Computermodellierung wurde im dritten Schuljahr eingeführt und die Zahl der Klassen mit IT-Profilen in der Sekundarstufe II erhöht (vgl. Europäische Kommission 2020c: 8). Die Informatik-ausbildung soll hierbei planmäßig in der fünften bis siebten Klasse fortgesetzt werden. Ein längerfristiges Ziel ist, dass bereits Erstklässler grundlegende Computerkenntnisse erwerben (vgl. Europäische Kommission 2019b: 23). Auf Ebene der Hochschulen werden im Zusammenhang mit einer Hochschulreform Maßnahmen zur verstärkten Zusammenarbeit zwischen Bildungseinrichtungen und Unternehmen umgesetzt. Der Europäische Sozialfonds unterstützt dabei spezifische Maßnahmen zur Aktualisierung der Universitätspläne entsprechend der Bedürfnisse des Arbeitsmarktes (vgl. Europäische Kommission 2020c: 8). Vor dem Hintergrund des Missverhältnisses zwischen der steigenden Nachfrage nach hoch qualifizierten Fachkräften in aufstrebenden Sektoren und einem Rückgang geeigneter Absolventen initiierte die IT-Industrie 2016 eine Vereinbarung zur Zusammenarbeit mit dem bulgarischen Bildungsministerium bei der Software-Ausbildung von Studierenden (vgl. Europäische Kommission 2019b: 23). Diese Vereinbarung hat einen leichten Anstieg der Studentenzahlen in den (Natur-) Wissenschaften, Mathematik und Physik bewirkt (vgl. Europäische Kommission 2020c: 8).

Das nationale Programm „Information and communication technologies (ICT) in pre­school and school education“ stellt rund 5,6 Millionen Euro zur Verfügung, um die Qualität des E-Learning, den Zugang zu IKT, innovative Lehrmethoden und die Ausbildung von Lehrern zu verbessern. Im Rahmen des Projekts „Education for Tommorow“ (2019-2022) wurden für den Ausbau eines modernen, geschützten Bildungsumfelds in Schulen und Kindergärten, einschließlich Bildschirmgeräte und IKT-Lehrmaterialien, insgesamt rund 11,6 Millionen Euro bereitgestellt. Es gibt zahlreiche Aktivitäten und Projekte zur Entwicklung digitaler Fähigkeiten, an denen eine Vielzahl von Akteuren beteiligt ist. Beispiele hierfür sind Privatunternehmen, die kostenlose Schulungen zur Kodierung anbieten und ein Online-Kurs zur Cyberhygiene für Schulkinder, der in Zusammenarbeit mit der staatlichen E- Government-Agentur „State eGovernment Agency“ entwickelt wurde. Auch organisiert die „Bulgarian Digital National alliance“ Aktivitäten zur Förderung digitaler Fertigkeiten in der breiten Öffentlichkeit. Negative demografische Trends und zunehmender Fachkräftemangel lassen vermuten, dass Bulgarien zusätzlich mehr in die Qualifizierung, Höherqualifizierung und Umschulung seiner derzeitigen und künftigen Arbeitskräfte investieren muss. Der Bedarf an Höherqualifizierung und Umschulung der erwachsenen Bevölkerung ist hoch, während die Teilnahme an der Erwachsenenbildung eher gering ausfällt. Die Verbesserung der digitalen Fertigkeiten in der breiten Öffentlichkeit ist eine Priorität der bulgarischen Politik zur digitalen Umgestaltung. Kurzfristig sollten gezielte, spezifische Strategien folgen, um diese Qualifikationsdefizite abzumildern (vgl. Europäische Kommission 2020c: 9).

Der Technologiepark Sofia wurde 2015 in Betrieb genommen und ist Bulgariens erster Wissenschafts- und Technologiepark, der nationale, regionale und globale Forscher sowie Unternehmen beherbergt und damit die wissensbasierte Wirtschaft Bulgariens stärken soll (vgl. Europäische Kommission 2020c: 12). Das Ministerium für Bildung und Wissenschaft hat bis 2020 eine Summe von 485.000 Euro für die Hightech-Labors zur Verfügung gestellt, die unter anderem in den Bereichen KI, High-Performance Computing beziehungsweise Supercomputing und Biotechnologie arbeiten. In diesem Technologiepark setzt Bulgarien mit einem gemeinsamen EU- Unternehmen ein spezielles Supercomputing-System ein, dessen Ziel die Steigerung der Rechenleistung Europas ist. Nach seiner Lancierung wird Sofia zu einem regionalen Digital Hub (vgl. Europäische Kommission 2020c: 12). Dabei bestehen Herausforderungen hinsichtlich der wissenschaftlichen Infrastruktur und der langfristigen finanziellen Nachhaltigkeit (vgl. Europäische Kommission 2019b: 19).

Die nationale KI-Strategie bis 2030 identifiziert die Gesundheitsversorgung, öffentliche Dienstleistungen, intelligente Landwirtschaft sowie Tierhaltung und Umweltschutz als Bereiche, in denen KI eingesetzt werden kann. Bulgarien ist außerdem Unterzeichner der „Declaration of Cooperation on Artificial Intelligence“ (vgl. Europäische Kommission 2020c: 12). Dieser europäische KI-Ansatz wurde von 25 EU-Mitgliedsstaaten, auch von Finnland, unterzeichnet. Durch die Zusammenarbeit kann der europäische Fortschritt in KI durch Kooperation und gemeinsame Bewältigung von Herausforderungen gewährleistet werden (Europäische Kommission 2018). 2019 verabschiedete Bulgarien außerdem eine Strategie für die Digitalisierung der Landwirtschaft und ländliche Gebiete, einschließlich Maßnahmen auf Grundlage von KI. Die Strategie sieht den Einsatz von KI zur Verfolgung der Produktion, zum Schutz gegen Schädlinge und zur Erschaffung einer durchgehenden Kette vom Bauernhof bis zum Endverbraucher vor. Außerdem soll der Verwaltungsaufwand der Landwirte mithilfe von KI minimiert werden (vgl. Europäische Kommission 2020c: 12).

Bulgarien hat bei der Umsetzung seiner Strategie zur Entwicklung von E­Government erhebliche Fortschritte erzielt. Die staatliche E-Government-Behörde bietet finanzielle Unterstützung für die Einführung der 2019 bis 2023 aktualisierten Strategie für elektronische Regierungsführung in Bulgarien. Dabei werden drei Arten von Infrastrukturdiensten für zentrale und lokale Verwaltungsorgane bereitgestellt: Die erste ist der Einsatz von Kommunikationskonnektivität mit einem einheitlichen elektronischen Kommunikationsnetz. Außerdem werden die Kommunikation und Information der Verwaltungen als Cloud-Service in der hybriden privaten Cloud des Staates implementiert. Darüber hinaus ist ein gemeinsames Leasing von Kommunikations- und Informationsgeräten in staatlichen E-Government-Behörden möglich (vgl. Europäische Kommission 2020c: 13). Das Registerinformationsaustauschsystem Bulgariens (RegiX) ermöglicht Verwaltungsstellen den Zugang zu Daten in Registern und Datenbanken anderer Dienste des öffentlichen Sektors. Allerdings ist der veraltete Rechtsrahmen eine große Hürde für seine landesweite Anwendung. Auch bei der Einführung der neuen Ausweisdokumente mit elektronischer Identifikation und Signatur kam es zu Verzögerungen und im vergangenen Jahr wurden hier kaum Fortschritte erzielt. Die Überwindung der Verzögerungen bei der Umsetzung der Strategie im Reformprozess könnte helfen, signifikante Verbesserungen in der digitalen öffentlichen Verwaltung zu erreichen (vgl. Europäische Kommission 2020c: 13).

6 Vergleich der Digitalisierung in Bulgarien und Finnland

Finnland ist Bulgarien in der Frequenzzuteilung jener GHz-Frequenzen, die für den Aufbau von 5G-Netzen wesentlich sind, weit voraus: Während in Finnland das gesamte 3,5-GHz-Spektrum seit 2019 national für drahtloses Breitband genutzt wird, wird dies in Bulgarien erst seit dem zweiten Quartal 2020 umgesetzt. Auch die Nutzungsrechte für das gesamte 26-GHz-Spektrum wurden in Finnland bereits im Frühjahr 2020 erteilt (vgl. Ministry of Transport and Communications of Finland 2018). Hingegen ist die Versteigerung dieser Rechte in Bulgarien erst für 2021 geplant (vgl. Europäische Kommission 2020c: 6). Das Fehlen ausreichender Frequenzen bleibt aktuell ein Hindernis für eine baldige 5G-Einführung (vgl. Europäische Kommission 2020c: 7). Die Umsetzungsrate von nur 60 % des bis 2020 angesetzten nationalen Breitbandplans lässt darauf schließen, dass Bulgarien seine Ziele hinsichtlich der Konnektivität des Landes nicht erreicht. Dies wird unter anderem an der mangelnden Versorgung ländlicher Gebiete mit Hochgeschwindigkeitsnetzen deutlich (vgl. Europäische Kommission 2020c: 6).

In puncto Humankapital können sich die Fortschritte Finnlands bei der Erhöhung des Anteils der Menschen mit fortgeschrittenen digitalen Kenntnissen sehen lassen: Mit 50 % ist Finnland unter den EU-Ländern in diesem Indikator erstplatziert (vgl. Europäische Kommission 2020b: 7). In Bulgarien ist der Anteil der Einwohner mit fortgeschrittenen digitalen Fähigkeiten 2019 nur ein Drittel des EU-Durchschnitts und stagniert zudem seit 3 Jahren (vgl. Europäische Kommission 2020c: 8). Der Fachkräftemangel an IKT-Spezialisten ist dabei ein Problem, das in beiden EU- Ländern behoben werden muss: Sowohl in Bulgarien als auch in Finnland ist in den letzten Jahren durch verschiedene Maßnahmen zwar der Anteil an IKT-Spezialisten gestiegen, die Nachfrage an IKT-Absolventen in diesen Ländern bleibt jedoch hoch und wird derzeit nicht gedeckt (vgl. Europäische Kommission 2020b: 7). Im Vergleich liegt Finnland mit IKT-Spezialisten und -Absolventen jedoch deutlich über dem EU- Durchschnitt (vgl. Europäische Kommission 2020b: 7), während Bulgarien bis auf den Anteil weiblicher IKT-Spezialistinnen insgesamt unter dem EU-Durchschnitt liegt (vgl. Europäische Kommission 2020c: 8).

Bei der Nutzung von Internetdiensten nimmt Finnland den 1. Platz ein und liegt bei sämtlichen im DESI berücksichtigten Internetaktivitäten über dem EU-Durchschnitt, vor allem bei der Nutzung von Online-Banking. Die Nutzung von Videoanrufen verzeichnet dabei in Finnland das größte Wachstum, ebenso die Durchführung von Online-Kursen. In Bezug auf die Nutzung von Videoanrufen liegen bulgarische User überraschend auf dem ersten Platz in der EU. Weit über dem EU-Durchschnitt liegt Bulgarien auch in der privaten Nutzung sozialer Netzwerke (vgl. Europäische Kommission 2020c: 10). Anders sieht es hinsichtlich der Nichtnutzungsrate aus: 24 % der Bulgaren haben noch nie das Internet genutzt, was Bulgarien bei diesem Indikator auf Platz 27 befördert. In Finnland hingegen liegt dieser Anteil nur bei 3 % (vgl. Europäische Kommission 2020c: 9-10).

Die Gesamtergebnisse Finnlands bei der Integration digitaler Technologien haben sich in den letzten Jahren verbessert. Dies ist vor allem auf den Anstieg jener Unternehmen zurückzuführen, die mit elektronischem Informationsaustausch und Social Media arbeiteten (vgl. Europäische Kommission 2020b: 10). Die Zahlen in Bulgarien im Bereich Social Media zeigen, dass deren Verwendung in der Bevölkerung zwar weit verbreitet ist, Unternehmen jedoch diese Chance zur Erreichung der Zielgruppen bis heute nicht umfassend für sich nutzen. Als letztplatziertes Land bei der Integration digitaler Technologien muss Bulgarien in dieser Hinsicht einiges verändern, um die unternehmerischen Möglichkeiten des Internets effektiver zu nutzen (vgl. Europäische Kommission 2020c: 11). Der Anteil an Unternehmen in Finnland, die Cloud-Technologie verwenden, liegt wesentlich über dem EU-Durchschnitt (vgl. Europäische Kommission 2020b: 10). Die Verwendung von Cloud-Diensten ist in Finnland mittlerweile weit verbreitet und viele Unternehmen fokussieren heute auf den künftigen Einsatz von 5G-Technologie, KI und Automatisierung (vgl. Europäische Kommission 2020b: 11). In der Digitalisierung der Industrie zeigt Finnland hochrangige Ansätze zur Verbesserung. Diese Themen werden als Ganzes angegangen, während stets die Bedürfnisse von Mensch und Unternehmen berücksichtigt werden (vgl. Europäische Kommission 2020b: 11). Diese Herangehensweise würde auch von Unternehmen in Bulgarien begrüßt werden, denn die Realität sieht in Bulgarien noch anders aus: Die Programme der bulgarischen Regierung zur Unterstützung der Industrie werden nicht als ausreichend angesehen. Vor allem das Fehlen von Anreizen zur Unterstützung von Unternehmen im Prozess der Digitalisierung ist ein Kritikpunkt. Auch die mangelnden digitalen Fertigkeiten von Mitarbeitern in Unternehmen sowie die geringe Investitionstätigkeit bleiben im Digitalisierungsprozess Bulgariens ein großes Problem (vgl. Europäische Kommission 2019b: 9). Doch auch in Finnland gibt es Kritik aus unternehmerischer Richtung: Die Bedeutung der Digitalisierung erfahre im Dienstleistungssektor deutlich mehr Anerkennung als in der verarbeitenden Industrie (vgl. Europäische Kommission 2020b: 11) Außerdem stehen viele Unternehmen und Mitarbeiter vor der Herausforderung, die Zeit und die richtigen Maßnahmen für die Verbesserung der digitalen Fertigkeiten zu finden. Die kostenlosen Schulungs­veranstaltungen für KMU von Google und „Entrepreneurs of Finland“ sind dabei ein Schritt in die richtige Richtung (vgl. Europäische Kommission 2020b: 11).

Finnland hat in den vergangenen Jahren einen wichtigen Schritt in der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung erfolgreich abgeschlossen: Durch den eService „Suomi.fi“ ist die digitale Verbindung von Bürgern, Unternehmen und Regierungsorganisationen intensiviert worden. Finnische Bürger können sich somit seit 2017 elektronisch identifizieren (vgl. Europäische Kommission 2019a: 11). Die eingeführte E-Autorisierung für Zweitpersonen war ebenfalls ein weiterer bedeutender Meilenstein im E-Government-System Finnlands und ist ein wichtiger Schritt, um der digitalen Exklusion jener Personen entgegenzuwirken, die keinen Zugang zu einem Computer oder zum Internet haben (vgl. Europäische Kommission 2020b: 12). Das Informationsverwaltungsgesetz ermöglichte diese Effizienzsteigerung in der öffentlichen finnischen Verwaltung (vgl. Lehnfeld 2019). Auch Bulgarien hat im Bereich E-Government Fortschritte erzielt: Die Einführung der neuen Strategie für elektronische Regierungsführung wird von der Regierung finanziell unterstützt (vgl. Europäische Kommission 2020c: 13). Jedoch kann das neue Register-informationsaustauschsystem Bulgariens aufgrund des veralteten Rechtsrahmens noch nicht flächendeckend genutzt werden. Auch bei der Einführung der elektronischen Identifikation und Signatur ist es zu Verzögerungen gekommen und 2019 wurden hier keine nennenswerten Fortschritte erzielt (vgl. Europäische Kommission 2020c: 13). Während in Finnland seit drei Jahren die elektronische Autorisierung über eine andere Person möglich ist, hadert Bulgarien aktuell mit der allgemeinen elektronischen Identifikation von Personen.

7 Fazit

Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die digitale Spaltung innerhalb der EU anhand zwei unterschiedlicher Länder im Hinblick auf den Digitalisierungsfortschritt zu veranschaulichen. Dabei wurden die Kontraste der gewählten Länder Bulgarien und Finnland in den Kategorien des DESI 2020 sowie in der unterschiedlichen Herangehensweise und Umsetzung digitaler Maßnahmen deutlich, während sich zugleich einige wenige Gemeinsamkeiten digitaler Herausforderungen herauskristallisierten. Trotz einer Erhöhung der Gesamtpunktzahl in den vergangenen Jahren bleibt Bulgarien auf dem letzten Platz im EU-weiten DESI- Vergleich, da die digitalen Fortschritte in den anderen Ländern umfangreicher ausfielen als im eigenen Land. Während das Land in den Kategorien Konnektivität und E-Government verglichen mit den anderen Kategorien relativ gut abschneidet beziehungsweise Fortschritte erzielt hat, bleibt das Niveau an digitaler Kompetenz in Bulgarien eines der niedrigsten in der EU. Auch in der Integration digitaler Technologien in Unternehmen muss noch viel getan werden, um sich dem EU- Durchschnitt zu nähern. Finnland bleibt mit seinen digitalen Leistungen hingegen weiterhin an der Spitze innerhalb der EU. Das hohe Niveau Finnlands ist vor allem auf die Exzellenz bei der Integration digitaler Technologien und der Digitalisierung im öffentlichen Dienst zurückzuführen. Dabei ist das menschliche Kapital einer der stärksten Wettbewerbsvorteile in der Digitalisierung Finnlands. Das Land schafft es, innovatives Denken mit sozialer Verantwortung zu verbinden und entwickelt eine digitale Informationsgesellschaft, die sowohl das finnische Wohlbefinden gewährleisten als auch die Produktivität des Landes steigern soll.

Durch fehlende Unterstützung seitens der bulgarischen Regierung bleibt die Investitionstätigkeit von Unternehmen im Bereich Digitalisierung gering. Zusammen mit dem unzureichenden Anteil an Mitarbeitern mit guten digitalen Fertigkeiten hindert dies das Land an einer effizienten Entwicklung der Digitalisierung in der Wirtschaft. Obwohl Finnland bei der Digitalisierung an der europäischen Spitze steht und auch exzellente Werte in der Integration digitaler Technologien in Unternehmen aufweist, darf sich das Land nicht auf seinem Erfolg ausruhen und muss sich ebenfalls einigen Herausforderungen stellen, wie der abnehmenden Wettbewerbsfähigkeit und Innovationstätigkeit des Landes. Um dem Rückgang entgegenzuwirken, muss Finnland Technologie- und Innovationsgelder wieder erhöhen und zusätzlich die Kooperation zwischen dem öffentlichen Forschungssektor und dem privaten Sektor verstärken. Nur so kann langfristig verhindert werden, dass finnische Unternehmen ins Ausland abwandern. Außerdem muss auch Finnland die digitalen Fertigkeiten in Unternehmen weiter verbessern, was durch gezielte Maßnahmen wie die kostenlosen Schulungsveranstaltungen für KMU erzielt werden könnte. Im IKT-Sektor weisen beide Länder einen Fachkräftemangel auf. Der Anteil an IKT-Spezialisten ist durch verschiedene Maßnahmen sowohl in Bulgarien als auch in Finnland gestiegen, dennoch ist die Nachfrage an Spezialisten noch immer höher als der Output an IKT-Absolventen. Der Anteil an IKT-Spezialisten und -Absolventen ist jedoch im Vergleich in Finnland deutlich höher als in Bulgarien und auch weit über dem EU-Durchschnitt.

Der veraltete Rechtsrahmen Bulgariens wird für die Digitalisierung des Landes als eines der Hauptprobleme angesehen. Dies macht sich unter anderem in der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung bemerkbar, wodurch Prozesse wie die elektronische Identifikation oder das Registerinformationsaustauschsystem nur schleppend vorankommen. In Finnland vereinfachen hingegen Gesetze wie das Informationsverwaltungsgesetz die Entwicklung und Effizienz in der öffentlichen Verwaltung und tragen so zu einer fortschrittlichen Digitalisierung Finnlands bei. Im Vergleich zwischen Finnland und Bulgarien wird deutlich, dass sowohl Investitionen des Landes als auch die jeweilige Rechtslage hemmend oder unterstützend für die Digitalisierung eines Landes sein können. Künftige Arbeiten zum Thema „Digitalisierung“ können diese Problematik aufgreifen.

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[...]


1 Im Interesse einer besseren Lesbarkeit wird nicht ausdrücklich in geschlechtsspezifischen Personen­bezeichnungen differenziert. Die gewählte männliche Form schließt eine adäquate weibliche Form gleichberechtigt ein.

2 DESI 2020 umfasst die 27 EU-Mitgliedsstaaten sowie Großbritannien, da die verwendeten Daten hauptsächlich von 2019 stammen, als Großbritannien noch EU-Mitglied war. Auch im EU-Durchschnitt fließt Großbritannien mit ein (vgl. Europäische Kommission 2020a: 13).

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Digitale Spaltung in der EU. Digitalisierung in Finnland und Bulgarien
Hochschule
Technische Hochschule Köln, ehem. Fachhochschule Köln  (Institut für Informationswissenschaft)
Note
1,0
Autor
Jahr
2020
Seiten
22
Katalognummer
V950878
ISBN (eBook)
9783346292810
ISBN (Buch)
9783346292827
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Digitalisierung, EU, Finnland, Bulgarien, Digitale Spaltung, Digital Divide, IKT
Arbeit zitieren
Annika Lobergh (Autor:in), 2020, Digitale Spaltung in der EU. Digitalisierung in Finnland und Bulgarien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/950878

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