Wirtschaftspolitik - Parteiensystem Abi 2000


Referat / Aufsatz (Schule), 2000

17 Seiten


Leseprobe


Marktwirtschaft - Modell und Wirklichkeit

Martin Wicke

1. Historischer Exkurs

a) vor der Marktwirtschaft: Wirtschaftsform des Merkantilismus ("Planwirtschaft des Absolutismus")
b) Erstarken des Bürgertums (Hintergrund: Aufklärung und ökonomische Erfolge des Bürgertums) führen zu der Forderung nach einer Liberalisierung der Wirtschaft (damit verbunden auch die Forderung nach einer polit. Liberalisierung)

2. Modell der Marktwirtschaft (Adam Smith)

- entstanden etwa zu Beginn des 18. Jh.

3. Merkmale der Marktwirtschaft

a) Eigentumsverhältnisse: Privater Besitz an Produktionsmitteln mit breiter Streuung (möglichst viele Besitzer)

b) Merkmale des Marktes:

- atomistischer Markt (große Anzahl von Nachfragern und Anbietern)
- freier Marktzugang
- Markttransparenz (jeder weiß alles)
- keine Präferenzen (keiner wird auf dem Markt bevorzugt)
- homogene Güter (gleichwertige Güter)
- Preisbildung durch den Preisbildungsmechanismus s. cob web, time lag (gilt für alle Faktormärkte: Boden, Kapital, Arbeit; neuerdings auch Know How)
- es gilt das Sanktionsprinzip (Selbstregulierung des Marktes)

4. Der Homoökonomikus

- verhält sich ökonomisch vernünftig, das heißt eigennützig (Mikroziele haben Vorrang und führen zu optimalen Makroergebnissen)

5. Der Staat als Nachtwächter

- Staat setzt nur Rahmenbedingungen

Exkurs: Historische Entwicklung des Wertes von Arbeit

1. Antike: körperl. Arbeit ist neg. besetzt (vgl. lat. laborare = arbeiten, leiden)
2. Jüdisch-christliche Tradition: Arbeit als Bestrafung für den Sündenfall im Paradies
3. Stellenwert von Arbeit im christl. Mittelalter: Mischung aus Antike und Jüdisch-christlicher Tradition
4. Durch den Kalvinismus (christl. Erwerbsethik wird der Weg zum Industriekapitalismus bereitet
5. Durch die Ideen von Karl Marx (vgl. 1. Sem.) bekommt der Faktor Arbeit einen neuen positiven, Stellenwert (Arbeit für Gesellschaft, die Klasse und eine kommunistische Zukunft)
6. Stellenwert der Arbeit heute: Arbeiten um zu leben (materialistischer Ansatz) / leben um zu arbeiten (idealistischer Ansatz)

Anmerkungen:

- Produktionsverhältnisse = Besitzverhältnisse · Diamat - Histomat
- im Dritten Reich Arbeit für die Rasse
- marxistische Ideologie: Arbeit für die Klasse
- Gesellschaftsformen nach Marx: Matriachat, Patriachat (Sklavenhalter), Feudalismus(Feudaladel, Bauern)

Zentralverwaltungswirtschaft: Modell und Wirklichkeit

- kein Privatbesitz, Bodenschätze und ggf. Boden (Lenin hatte in seinen theoretischen Überlegungen das Gruppeneigentum abgelehnt)
- Merkmale des "sozialistischen Marktes"

a) relativ wenig Arbeiter bei administrativen Preisen (analog müsste im Modell eine administrative Nachfrage vorgesehen sein, was aber nur bedingt realistisch ist)
b) kein freier Marktzugang
c) statt marktwirtschaftlicher Zugang sozialistischer Wettbewerb (Konkurrenz der Betriebe um Planerfüllung, unterstützt durch Prämien usw.)
d) Preisfestsetzung auf der Grundlage vorwiegend politischer Entscheidungen (Politbüro, ZK)
e) Makroziele gehen vor Mikroziele

Probleme zentralverwaltungswirtschaftlicher Systeme

1. Inflexibilität wegen langfristiger Pläne verbunden mit Bürokratieaufwand
2. Gefahr einer ,,Tonnenideologie" (mangelnde Qualität zugunsten einer möglichst großen Quantität im Sinne einer ,,optimalen Planerfüllung")
3. Die Grundgedanken einer Zentralwirtschaft entsprechen keinem realistischen Menschenbild, sondern sind Produkt einer Weltanschauung
4. Konfrontation mit anderen Wirtschaftsformen, die effektiver funktionieren

Probleme marktwirtschaftlicher Ordnungen

1. Konjunkturschwankungen

- nach dem Modell von Adam Smith keine Konjunkturschwankungen, sondern stetiges lineares Wachstum (Ausnahme: Naturkatastrophen u.a. Außeneinflüsse)

-> Entwicklung der:

2. Konjunkturtheorie

- in der Gründerzeit im dt. Reich und allg. in Europa extreme Konjunkturschwankungen (werden erklärt mit "Kinderkrankheiten des Kapitalismus", Glaube an ,,Selbstheilungskräfte" des Kapitalismus)

3. Illusion vom problemlos funktionierenden Kapitalismus

- f ü hrte zur Weltwirtschaftskrise (WWK) von 1929
- Ursachen: Aktienspekulation (zum Teil gekauft auf Kreditbasis), Ü berproduktion wegen mangelhafter Nachfrageeinsch ä tzung u.a.
- Folge: Massenarbeitslosigkeit, Firmen- und Bankenpleiten, monet ä re Verluste, deflatorische Spirale ersch ü ttert Staat und Wirtschaft

Weltwirtschaftskrise

- Ursachen in Deutschland: verfehlte Wirtschaftspolitik (Deflation), hohe Reparationsleistungen, Stagnation des Konsums seit 1926
- Auslöser: New Yorker Börsenkrach 19.10.29 -> hohe Wertverluste der Aktien (zuvorige Überspekulation, Glaube an ,,ewige prosperity") -> durch Verluste der Banken, Rückzug der europ. Kredite -> deutsche Bankenkrise, Zusammenbruch des int. Zahlungsverkehr
- in der Folge Spirale nach unten, immer weniger Konsum, Investitionen, Rückgang von Export und Import

4. Staatl. Wirtschaftspolitische Ma ß nahmen gegen die WWK

a) dt. Reich zun ä chst deflationistische Politik (Krisenversch ä rfung!)
b) in der Endphase der Weimarer Republik staatliche Konjunkturbelebungsma ß nahmen, in Dt. Br ü ning/Hitler Autobahnbau, Aufr ü stung Reichsarbeitsdienst; in den USA "New Deal" (Roosevelt = staatliches Arbeitsbeschaffungsprogramm durch Verbesserung der Infrastruktur)
c) Wirtschaftstheoretischer Hintergrund: Sir John Keynes nachfrageorientierte Ma ß nahmen "deficit spending", z.B. Steuersenkungen

Maßnahmen gegen die WWK

- Devisenzwangswirtschaft, Importbeschränkungen (Zölle) -> alles Konsum vernichtende Maßnahmen

5. In der BRD Einführung der "sozialen Marktwirtschaft"

- mit der Folge eines dt. Wirtschaftswunders in den 50er bis Mitte der 60er Jahre
- dann Konjunktureinbruch (Ursachen: Beendigung des Nachholbedarfs nach dem Krieg, Marktsättigung und Folge des allg. bekannten Konjunkturzyklus)

6. 1966 Große Koalition, 1967 Stabilitätsgesetz (Konjunktursteuerung nach Keynes)

7. Ursachen von Konjunkturschwankungen:

- Die Lohn-Preis-Spirale führt in Verbindung mit Überkapazitäten zu einer Gewinnklemme bei den Unternehmern
- hohe Löhne, hohe Preise, hoher Zinssatz für Kredite wirkt investitionshemmend (S. 61)

Ursachen

1. Überproduktionstheorie: zu niedrige Lohnerhöhungen (im Vergleich zur Investitionsrate), nicht genügend Nachfrage
2. Überinvestitionstheorie: zu hohe Investitionen, die aber zu voreilig gemacht wurden und nicht mehr finanziert werden können, Abbruch der Investitionen = Konjunkturumschwung
3. monetäre Konjunkturtheorie: Zinsen werden mit steigendem BIP teurer, es lohnt sich nicht mehr zu investieren
4. psychologische Konjunkturtheorien

Konjunkturzyklus

- Aufschwung
- Boom
- Abschwung
- Rezession

Arten von Konjunkturschwankungen

· strukturelle (tiefgreifender Wechsel in Wirtschaft, 50 - 60 Jahre)
· konjunkturelle (mittelfristige, 5 - 8 J.)
· Saisonschwankungen (bedingt durch Jahreszeiten)
· wegen Einbrüche im Wirtschaftswachstum und Rückgang der Beschäftigungszahlen, griff Regierung mit dem Stabilitätsgesetz 1967 erstmals aktiv in Wirtschaftsgeschehnisse ein ->

8. Magisches Viereck : Problematik

- nicht alle vier Ecken erreichbar
- Magisches Sechseck: marktwirtschaftliche Gegensätze vorhanden, ggf. wünschenswert

Ausgleich von

- Vollbeschäftigung
- außenwirtschaftliches Gleichgewicht
- Stabilität des Preisniveaus
- angemessenes Wirtschaftswachstum

Probleme des magischen Vierecks

1. keine Priorität gegeben, Frage der Auslegung der jeweiligen Regierung
2. Hauptprobleme: in der Hochkonjunktur Inflation (Philips Kurve: je mehr Beschäftigung, desto höher die Inflation; also Wirtschaftswachstum und Preisstabilität gleichzeitig schwer erreichbar:), Flaute: Erwerbslosigkeit
3. neu: Stagflation (Inflation bei Wachstumsschwäche), Jobless Growth (wenig Beschäftigung bei wachsender Wirtschaft)

Sechseck

- zusätzlich Schonung der Umwelt und ausgeglichene Einkommens- und Vermögensverteilung
- Wirtschaftswachstum kann zum Abbau der Erwerbslosen führen, wenn die Produktion sich rascher ausdehnt, als die Arbeitsproduktivität je Erwerbstätigen steigt

9. Prozyklische Finanzpolitik (vgl. Br ü ning)

Prozyklische Finanzpolitik

- basiert auf liberalen Ideen, ,,Nachtwächterstaat" und Selbstheilungskräfte des Marktes, Überschuss ist nicht möglich (also nach dem Angebot- und Nachfrageprinzip)
- so wenig Staat, wie möglich (vielleicht Infrastrukturmaßnahmen)
- möglichst ausgeglichenes Staatsbudget (,,Hausvaterpolitik")
- sog. Parallelpolitik Staatseinnahmen und -ausgaben passen sich dem Konjunkturverlauf an (Konjunkturzyklen verstärken sich)

10. Bsp. f ü r antizyklische Ma ß nahmen (S. 81)

Antizyklische Wirtschaftspolitik nach Keynes (nachfrageorientiert)

- Keynes sah in Rückgang der Wirtschaftstätigkeit einen Rückgang der Nachfrage, verursacht durch niedrigere Löhne, woraus sich eine Endlosspirale ergibt
- Staatsausgaben und -einnahmen entwickeln sich gegensätzlich zum Konjunkturverlauf (Haushaltsrücklagen, und Haushaltsdefizite werden in Kauf genommen)
- praktische Anwendungsmöglichkeiten in der ,,Flaute": zusätzliche Ausgaben (,,deficit spending"), Investitionsprogramme (ggf. durch ABM), Herabsetzung der Steuern, Subventionen

11. Staatliche Maßnahmen, Auswirkungen auf die Konjunktur und ihre Problematik (S. 83):

- time lag
- Staatsverschuldung
- Globalsteuerung (Gießkanne), oder gezielte Gießkannenprinzip
- hohe Staatsquote (Anteile des Staates am Bruttosozialprodukt) eventuell nachfragehemmend
- Stagflation

Keynes in der Kritik

1. unkalkulierbare Wirkungsverzögerungen (,,time-lag")
2. wachsende Staatsverschuldung (Ausweitung des staatlichen Sektors), ansteigende Staatsquote (weil: Ausgabenkürzungen in Zeiten des Booms polit. schwer durchsetzbar)
3. strukturverzerrende Wirkungen: Globalsteuerung berücksichtigt nicht die Struktur, es gibt Branchen, die sich entgegen der allg. Konjunktur entwickeln, ,,Gießkannenpolitik", dagegen sind selektive Maßnahmen Feind struktureller Gesundung der Wirtschaft
4. keine Antwort auf stagflationäre Entwicklungen

12. mögliche Wirtschaftspolitik:

- Monetarismus = Geldmengenpolikitik der jeweiligen Zentralbank (S. 85)
- Fiskalismus = Steuer- und Subventionspolitik des Staates
- M. + F. = angebotsorientierte Wirtschaftspolitik, allg. möglichst wenig Staat, allg. Annahmen Konjunkturschwankungen haben ihre Ursachen in Störungen auf der Angebotsseite (S. 86), -> Überproduktionskrise 1929

Drei Funktionen des Staatshaushaltes:

- Umverteilung
- Bedarfsdeckung (Schulen, Infrastruktur etc.)
- Konjunktursteuerung
- Finanzpolitik: dienen den o.g. Zielen und können im Konflikt mit der Fiskalpolitik stehen
- Fiskalpolitik: alle staatl. Maßnahmen Ein- und Ausgaben im Gleichgewicht zu halten

Monetarismus und Angebotsorientierung (Neoklassizismus)

- grundsätzliche Ansatzweise:

- Wachstumsschwäche hat Ursachen in Störungen auf der Angebotsseite
- Arbeitslosigkeit gründet auf unzureichende Investitionen
- Nachfrageentwicklung hängt von der Veränderung der Geldmenge ab, Geldmengenpolitik orientiert sich am Wachstumspotential der Wirtschaft
- Instabilität aufgrund von staatlichen Eingriffen
- Produktion schafft Einkommen, Einkommen schafft Nachfrage

- Forderungen

- allg. möglichst viel Markt und wenig Staat
- Steuerung des Marktes durch Beeinflussung der Geldmenge über Zentralbank (Monetarismus)
- Beseitigung von Investitionshemmnissen: niedrige Löhne und billige Kredite, möglichst viele Leistungsanreize (-> Abbau von Sozialleistungen), Förderung privater Investitionstätigkeit
- Abbau von Subventionen, Steuern (bes. direkter), und Interventionen
- mehr investive als konsumtive Ausgaben, konsolidierter Haushalt

13. Kritik an der Angebotspolitik (S. 88 M 25)

- vernachlässigt den Faktor der notwendigen Nachfrage

Angebotsorientierung in der Kritik

- mehr Gewinne für Unternehmen bedeutet nicht zwangsläufig Investitionsbereitschaft

- niedrigere Löhne verursachen weniger Nachfrage -> ohne Nachfrage keine Anreize zu investieren
- weniger Staatsausgaben führen wie bei der Weltwirtschaftkrise 1929 zur Verminderung der Erwerbstätigkeit
- gefährdet die sozial- und wohlfahrtsstaatlichen Strukturen, Schwelle zwischen Arm und Reich vergrößert sich
- umweltverträgliche Produkte und Produktionsverfahren werden weniger unterstützt

14. Staatsverschuldung - Notwendigkeit und Gefahren (S. 94) Staatsverschuldung

- im Rahmen des deficit spending durchaus sinnvoll
- problematischer ist ein strukturelle Defizit (längerfristig nicht gedeckte Ausgaben) -> ständige Neuverschuldung
- deutsche Neuverschuldung: seit dem Stabilitätsgesetz steigende Verschuldung, seit 1982 angebotsorientierte Politik und Verringerung der Staatsquote, also auch des Schuldenstandes, 1990 abrupter Anstieg durch Wiedervereinigung

15. Problematik des Wohlfahrts- und Wohltätigkeitsstaates (Verschuldung)

- Anspruchsdenken des Individuums statt Eigeninitiative des Einzelnen und z. B. der Familie (S. 95 - 96)
- wachsende Staatsverschuldung liegt begründet in steigenden Anforderungen an den Staat und in Forderungen an Politik, die kurzfristige Ausgaben tätigt um wiedergewählt zu werden
- Zahlungsbereitschaft und Nachfrage deckt sich nicht, weil keine unmittelbarer Nutzen dem Bürger entsteht
- Forderungen an den Staat ersetzen eine mit persönlichen Opfern verbundene Solidarität

16. Gefahren der Staatsverschuldung

- Schuldendienst (Zinsen wachsen stetig)

- Beanspruchung des Kapitalmarktes (z. B. weniger Kredite für Private, Zinssteigerungen, Inflation)

- Belastung der nächsten Generation

- Schuldendienst, aus dem Endlos-Schraube erwächst

- Beanspruchung des heimischen Kreditmarktes, daraus folgt:

- kreditinduzierte Inflation
- Zinssteigerungen -> ,,crowding-out"-Effekt bewirkt Verdrängung von privater Kreditnachfrage, was zu Wachstumsverlusten führen kann

- Belastung der nächsten Generation

Grundgesetz und Regierungssystem der BRD

- teilw. übernommen aus Aufklärung, frz. Rev. (Brüderlichkeit: Art. 14, 15, 20; Gleichheit; Freiheit: Volkssouveränität; England und USA, Rousseau)

1. Grundprinzipien einer parl. Demokratie

- Volkssouveränität
- Gewaltenteilung (inkl. sog. vierten Gewalt, den Medien)
- Vorhandensein wesentlicher Grundrechte
- Staatsziele: Demokratie (alle Macht dem Volke), soz. Ausgewogenheit, Gleichberechtigung
- Sozialstaat: Art. 1, 14, 15, 20
- Staatsoberhaupt: Bundespräsident

2. Regierungssystem baut auf Gewaltenteilung auf

- Problematik der Gewaltenteilung

- Problem der tatsächlichen Unabhängigkeit der Richter, andererseits bessere Regelung schwer denkbar
- Problem plebiszitärer Elemente (Volkssouveränität), Kompetenzfrage und Häufigkeit von Volksentscheiden (Organisationsaufwand)
- 1990 Frage, ob plebiszitäre Elemente übernommen werden sollten (auch Recht auf Arbeit)

3. Bezug zur Weimarer Republik

- angeblich zu viele plebiszitäre Elemente (z. B. Volkswahl des Reichspräsidenten), Reichspräsident kann Volksentscheid einberufen
- im Übrigen nur zwei Volksabstimmungen in der Weimarer Rep. (z.B. über den YoungPlan), die im Sinne der Republik ausfielen
- Ermächtigungsgesetz: Reichsregierung kann Gesetze beschließen (Parteiverbot, etc.)

4. "Volksentscheide" im dritten Reich

- ,,Führerorientiertheit" des Volkes

5. Parlamentarischer Rat beschließt 1949 mit Mehrheit ein Grundgesetz, das als plebiszitäres Element nur den Artikel 29 erhält (Gebietsveränderungen zwischen Bundesländern), Hintergrund: Misstrauen der alliierten Siegermächte dem dt. Volk gegenüber wegen seines Veraltens im dritten Reich, Mitglieder des parlament. Rats gehörten tendenziell eher zur Opposition

6. plebiszitäre Elemente ansonsten nur auf Länderebene

- vgl. Berlin Art. 61-63 Volksinitiative, -begehren, -entscheid mit Einschränkungen

Parteiensystem in der BRD

1. Historischer Exkurs 1848 - 1948

a) 1848 noch keine Parteien, aber Bildung in formeller Fraktionen nach dem Links - Mitte - Rechts - Schema
b) vor und während der Gründerjahre des zweiten Kaiserreichs Herausbildung von Parteien (aber nicht in der Verfassung verankert, sondern Vereinsstatus; Herausbildung der ersten Parteien: (von rechts nach links) konservative Partei, nationalliberale Partei, Freisinnigen Partei, Zentrum, SPD
c) in der Weimarer Verfassung werden Parteien nicht erwähnt

Parteiengeschichte

Deutsche Nationalversammlung

- alle großen Parteirichtungen der späteren deutschen Innenpolitik lassen sich in ihren Anfängen auf die Frankfurter Paulskirche zurückführen
- Parteien bestanden noch nicht, vorwiegend ,,Professoren-Parlament", keine Wiederspiegelung der sozialen Struktur der Bevölkerung
- Fraktionsbildung, nach Lokalen benannt

Erste Gründungen

- trotz Einschränkungen durch Monarchie
- 1861: liberale Deutsche Fortschrittspartei
- 1863: Gründung des ,,Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein" (ADAV, gemäßigt und reformerisch), 1869: Sozialdemokratische Arbeiterpartei Deutschlands (SDAP) -> 1875: Vereinigung beider zur Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands, bevor sie 1891 zur SPD wurde
- 1866: eher rechts orientierte Nationalliberale Partei
- 1867: Adelsgruppierung: die Freikonservative Partei
- 1870: Zentrumspartei (katholisch)
- 1876: Deutsch-Konservativen

Kaiserreich (1871)

- Parteien kaum Einfluss, absolutes Mehrheitswahlsystem, Parteien galten als lästige Störenfriede, eingeschworen auf Sonderinteressen, die nicht dem ,,Staatsganzen" dienten

- Trotz des Mehrheitswahlsystems kristallisierten sich (abgesehen von nationalen Minderheiten und einigen Splitterparteien) fünf große Richtungen heraus:

- Die konservativen Parteien für Monarchie "von Gottes Gnaden". Vertreter großagrarische Interessen und sozial-reaktionäre Maßnahmen
- Die Nationalliberalen, repräsentierten Bürgertum, betrieben eine Konstitutionalisierung des Reiches, nationalistische Neigungen
- Linksliberale, Wählerreservoir vorwiegend in den freien Berufen, befürworteten in der Regel eine parlamentarische Monarchie britischen Musters, teilw. mit SPD
- katholischen Konfession, Zentrum, fester Wählerstamm von etwa 20 Prozent. Es versuchte, Unternehmer-, Bauern- und Arbeiterinteressen zu integrieren, Wähler aus allen Schichten
- Die Sozialdemokraten, als sozialistische Opposition eine Sonderstellung ein. Sie wurden als "vaterlandslose Gesellen" verleumdet. Das Gesetz "wider die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie" ("Sozialistengesetz") von 1878 hatte die Zerschlagung der Sozialdemokratischen Partei und der sozialistischen Gewerkschaften zum Ziel, reformorientierte Politik

Weimarer Republik

- Krise des Parteienstaates, Konservative gaben den Parteien Schuld am verlorenen Krieg und gewannen an Zustimmung
- Wissenschaftler waren konservativ und hatten kein Verständnis für Parteien (,,extrakonstitutionell")
- wegen schlechten Zeiten mussten Parteien unpopuläre Entscheidungen treffen
- kaum Zusammenarbeit der Parteien, Koalitionsunwilligkeit beeinträchtigte die Funktionsfähigkeit des Parteiensystems
- Sehnen der Bürger nach der ,,Überparteilichkeit" des Obrigkeitsstaates
- durch Verhältniswahlrecht Parteienzersplitterung
- NSDAP trat als mehr als ,,Bewegung" auf nicht so sehr als Partei, bezeichnete die anderen Parteien als ,,Systemparteien"

2. Wichtige Artikel im Grundgesetz, die sich auf Parteien beziehen

a) Art. 21, 38: Mitwirkung der Parteien an der politischen Willensbildung und Mitwirkung
b) Abgeordnete sind nur ihrem Gewissen gegenüber verantwortlich

Parteiendemokratie

Die Abgeordneten

- Art. 38: Der Abgeordnete ist nur seinem Gewissen unterworfen, allerdings oftmals Fraktionszwang

- Das Wissen des Politikers

- theoretisch keine Vorqualifikation nötig, spezifisches Wissen wird von Kollegen vermittelt -> große Abhängigkeit vom Wissen anderer, Kontrolle durch angeeignetes Wissen von den zu kontrollierenden Organen

- als ,,einfacher" Abgeordneter ist es schwierig an Informationen zu kommen

- allg. auch Fraktionsparlament, Fraktion (Berechtigung auf Entsendung von Mitgliedern in den Vermittlungsausschuss) ab 5 % der Mitglieder

- Durchfraktionierung des Bundestages

- Die Macht der Fraktionen wird durch folgendes unterstützt:

- Entscheidungssuche in den Fraktionssälen, im Plenum nur noch ,,zur Schau stellen"
- Plenum zumeist leer: durch schon getroffene Entscheidungen, Beschlussfähigkeit kann angezweifelt werden, wenn nicht 50 % anwesend sind
- jede Fraktion bekommt bestimmte Redezeit zugewiesen
- Fraktionen ernennen Ausschussmitglieder

Parteien

- Artikel 21 (Parteien)

- Parteien wirken bei der politischen Willensbildung mit
- innere Ordnung muss demokratischen Grundsätzen entsprechen (regelmäßige Wahlen, Gliederung in Gebietsverbände)
- über Herkunft und Verwendung ihrer Mittel muss öffentlich Rechenschaft abgelegt werden
- ihre Gründung ist frei
- BVG entscheidet über Verfassungsfeindlichkeit (z.B.: ,,Diktatur des Proletariats")

- Parteienverbot:

- Bei Mitgliedern verfassungsfeindlicher Parteien besteht die Möglichkeit, dass sie nicht verbeamtet werden
- verfassungsfeindliche Parteien werden verboten auf Antrag beim BVG, wie z.B. die SRP 1952 (programmatische Konzeptionen nach nationalistischen Forderungen, Aufbau nach ,,Führerprinzip"), und die KPD 1956 (,,Diktatur des Proletariat" im Programm)

- Artikel 38 (Grundsätze der Wahl)

- allgemeine, unmittelbare, freie, geheimer und gleiche Wahl für Abgeordnete

- Parteiengesetz vom 24. Juli 1967

- sieben Abschnitte

- erster Abschnitt: allgemeine Bestimmungen, beispielsweise über die verfassungsrechtliche Stellung und die Aufgaben der Partei, den Parteibegriff oder den Grundsatz der Gleichbehandlung
- zweiter Abschnitt: von zentraler Bedeutung, regelt die innere Ordnung der Parteien.
- Der dritte Abschnitt verweist auf die Aufstellung von Wahlbewerbern zu Volksvertretungen, die in geheimer Abstimmung zu erfolgen hat
- vierten Abschnitt wird der Komplex der staatlichen Parteienfinanzierung und im fünften die Rechenschaftslegung erörtert
- Der sechste Abschnitt behandelt den Vollzug des Verbotes verfassungswidriger Parteien
- Änderung zu 1994: 1 DM pro Stimme (ab 0.5 % Stimmenanteil); die Hälfte des Geldes aller Spenden (bis zu 6000 DM pro Person)

- Mitwirkung an politischer Willensbildung, indem sie:

- ,,auf die Gestaltung der öffentlichen Meinung Einfluss nehmen"
- ,,die politische Bildung anregen"
- ,,die aktive Teilnahme der Bürger am politischen Leben fördern"
- ,,durch Aufstellung von Bewerbern an den Wahlen"
- ,,auf die politische Entwicklung im Parlament und Regierung Einfluss nehmen"
- ,,für eine lebendige Verbindung zwischen dem Volk und den Staatsorganen sorgen"

- Weitere Funktionen

- Parteiprogramme einerseits als ,,Sprachrohr" des Volkes, andererseits Beeinflussung der Willensbildung der Staatsbürger
- politische Führungsauslese
- Parteien sollten im Wettbewerb untereinander die bestmögliche Lösung finden
- Regierungsparteien leiten den Staat politisch, Oppositionsparteien kontrollieren

- Problematik, Gründe für Parteienverdrossenheit

- historisch gewachsen: in der Weimarer Republik wurden Parteien für schlechte wirt. Lage und für Kriegsverlust verantwortlich gemacht, für den Aufstieg der NSDAP ebenfalls
- Grundgesetz bestimmt nicht Ausmaß und Kontrolle der Parteien
- in der Politik ein Antagonismus von Legitimität und Effizienz
- Parteien besitzen faktisch ein Monopol, was die Kandidatenaufstellung betrifft, praktisch ,,Vorwahl" in den Parteien
- Partei horcht Gesellschaft nach Wünschen ab, macht Problem daraus und will damit Wahlen gewinnen -> Probleme werden oft instrumentalisiert, um Ziele zu erreichen, (,,Demoskopiedemokratie", von Weizsäcker)
- behördenähnliches Verhalten (Parteien gelten als starr und verkrustet), Ämterpatronage, mit Parteibuch schneller in gute Stellung -> Einfluss auch in öffentlichen Institutionen
- Mitgliederschaft repräsentiert selten den Bevölkerungsquerschnitt
- oligarchische Tendenzen: Ämterhäufungen und Machtballung in Parteien

- Gegenvorschläge zur Parteiverdrossenheit:

- Kandidatenaufstellung: mögliche halboffene Listen (panaschieren), Direktwahl durch alle Parteimitglieder (amerik. ,,closed primary") oder alle Bürger (,,open primary"), sinnvoll nur bei einem Mehrheitswahlrecht, allerdings keine Persönlichkeitswahlen auf der Liste
- freie Mitarbeiter (-> GRÜNE)
- Urwahl
- müssen Minister Parteien angehören?

Antagonisten der Parteien

- Akteure des politischen Prozesses (Medien, Bürgerinitiativen, Interessensverbände)
- institutionelle Bereiche (öffentliche Verwaltung, Gerichte)

Trends

- Parteienkonzentration, Symptom für das Verschwinden ideologischer Verhärtungen kein Freund-Feind-Verhältnis zwischen den Parteien

3. Probleme des Repräsentativen Systems im Zusammenhang mit der Rolle der Parteien

a) Vgl. Teileinheit Problematik des repräsentativen Systems der BRD, unter Bezugnahme auf die Idee der plebiszitären Demokratie, z.B. Rätedemokratie
b) Fazit: die Parteien haben de facto ein Monopol bei der Willensbildung
c) Rätegedanke: jeder kann alles

Rätesystem

- polit. Herrschaftsform, die auf Verwirklichung der direkten Demokratie (Herrschaftsausübung ,,von unten nach oben") mithilfe von gewählten Räten zielt
- Räte sind durch Urwahl gewählte Delegierte, die über Bezirks- und Regionalräte einen Zentralrat auf staatl. Ebene wählen
- Räte haben auf der jeweiligen Ebene uneingeschränkte richterliche, gesetzgebende und ausführende Gewalt
- sie haben ein imperatives Mandat, d.h. sie sind an die Aufträge ihrer Wähler gebunden
- sie können jederzeit durch seinen entsendenden Wahlkörper ihr Amt verlieren und ersetzt werden
- -> keine Gewaltenteilung, keine Parteien, keine Verselbständigung staatl. Bürokratien

Sonstiges:

- Bei Mitgliedern verfassungsfeindlicher Parteien besteht die Möglichkeit, dass sie nicht verbeamtet werden

Ein Haufen Anmerkungen:

- PW-Leistungskurs 1998 - 2000
- Die mit Schriftgröße 11 geschriebenen Dinge sind von mir, alles andere haben wir so im Unterricht notiert, was aber nicht bedeutet, dass diese von höherer Qualität sind, sie sollten letztendlich den Rahmen für unser Lernen bieten.
- Das Abitur-Thema war: Die aktuelle Diskussion über Konjunktursteurungen mit einem Auszug von ,,Das Herz schlägt links" von Lafontaine, S. 111
- Die Verweise auf diesem Papier beziehen sich auf unser empfehlenswertes Buch ,,Wirtschaft und Politik", Manfred Handwerger, Buchners Kolleg Politik Band 5,, 1. Auflage 1999
- Lily-Braun-Gymnasium in Berlin Spandau

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Details

Titel
Wirtschaftspolitik - Parteiensystem Abi 2000
Autor
Jahr
2000
Seiten
17
Katalognummer
V95078
ISBN (eBook)
9783638077576
Dateigröße
449 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Themen: Marktwirtschaft, Zentralverwaltungswirtschaft, Wirtschaftspolitik, Parteiendemokratie, Probleme marktwirtschaftlicher Systeme
Schlagworte
Wirtschaftspolitik, Parteiensystem
Arbeit zitieren
Martin Wicke (Autor:in), 2000, Wirtschaftspolitik - Parteiensystem Abi 2000, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95078

Kommentare

  • Gast am 16.5.2001

    Wirtschaftspolitik.

    Gute Zusammenfassung. Hat mir echt geholfen! DANKE!

Blick ins Buch
Titel: Wirtschaftspolitik - Parteiensystem Abi 2000



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