Das Speenhamland-System als frühes Grundeinkommen. Vorgeschichte, Wirkungen und Erkenntnisse


Forschungsarbeit, 2020

95 Seiten


Leseprobe


Inhalt

Abstract

Abbildungen

Tabellen

1. Einleitung

2. Entstehung des Marktes für die Arbeit
2.1 Menschliche Arbeit und modernes Menschenbild
2.2 Arbeit als Quelle des gesellschaftlichen Reichtums
2.3 Die „freie“ Lohnarbeit

3. Das Speenhamland-System der Sprengelhilfe
3.1 Historische Einordnung des Speenhamland-Systems (1795-1834)
3.2 Arbeitsangebot und Erziehung durch Arbeit
3.3 Speenhamland-System - ein frühes Grundeinkommen?

4. Wirkungen und Gegenwirkungen
4.1 Soziale Gegensätze und ökonomische Interessensgegensätze
4.2 Arbeitskosten, Technikwahl und Inflation
4.3 Lohnzuschüsse und Arbeitsproduktivität

5. Transformation und die Rolle des Speenhamland-Systems
5.1 Was an der Kritik des Speenhamland-Systems falsch ist
5.2 Was an der Kritik des Speenhamland-Systems zutrifft
5.3 Schlussbemerkung

6. Literatur

7. Personenverzeichnis

8. Stichwortverzeichnis

Der Autor

Das Speenhamland-System - ein frühes Grundeinkommen Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

1. Auflage

Alle Rechte vorbehalten © 2020

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Abbildungen: Dr. Klaus-Uwe Gerhardt, Obertshausen

Satz: Dr. Klaus-Uwe Gerhardt

Abstract

Résumé

Y avait-il un revenu de base précoce il y a 200 ans et si oui, pourquoi le système Speenhamland a-t-il été introduit, quels effets a-t-il eu et pourquoi a-t-il été de nouveau aboli? Pendant longtemps, les chercheurs ont estimé que cela avait un effet démoralisant sur les pauvres valides, augmentait la pauvreté et ne constituait pas une bonne politique sociale. Mais des re- cherches récentes contredisent cette thèse.

Zusammenfassung

Gab es schon vor 200 Jahren ein frühes Grundeinkommen und wenn ja, wieso wurde das Speenhamland-System eingeführt, welche Wirkungen gin­gen davon aus und warum wurde es wieder abgeschafft? Lange Zeit hindurch teilten Forscher die Ansicht, es habe eine de-moralisierende Wirkung auf die arbeitsfähigen Armen ausgeübt, habe die Armut vergrößert und sei keine gute Sozialpolitik gewesen. Doch neuere Forschung widerspricht dieser These.

Summary

Was there an early basic income 200 years ago and if so, why was the Speenhamland system introduced, what effects did it have and why was it abolished again? For a long time, researchers shared the view that it had a de-moralizing effect on the working poor, increased poverty, and was not good social policy. But recent research contradicts this thesis.

Abbildungen

Abbildung 1: Bevölkerungswachstum in England/Wales und Deutschland (in %)

Abbildung 2: Freiheit der Lohnarbeit

Abbildung 3: Demografie und Finanzkraft 1690-1880

Abbildung 4: Bevölkerungsentwicklung in Irland und in Europa 1740-2000

Abbildung 5: Verhältnis zwischen Kapital und Arbeit 1771-1870 (in %)

Abbildung 6: Inflationsraten zwischen 1790-1834

Abbildung 7: Preisentwicklung für Gold 1780-1840

Abbildung 8: Lebenserwartung im Vereinigten Königreich 1733-1850 (in Jahren)

Abbildung 9: Konjunkturverlauf in den USA

Abbildung 10: Getreidepreise in England und Wales 1771-1850

Abbildung 11: Sozialausgaben mit und ohne Speenhamland-System 1800-1834

Abbildung 12: Sozialausgaben und Weizenpreise 1800-1834

Abbildung 13: Löhne in der Landwirtschaft und Weizenpreise 1790-1834

Tabellen

Tabelle 1: Synopse der Positionen zum Speenhamland-System (SLS)

Tabelle 2: Chronologie der politischen Ereignisse (Auswahl)

Tabelle 3: Charakteristika von Grundsicherungssystemen

Tabelle 4: Chronologie der Erfindungen (Auswahl)

1. Einleitung

Vor über 200 Jahren gab es eine Armenhilfe, die ein Mindesteinkommen garantierte. Die Friedensrichter der englischen Grafschaft Berkshire be­schlossen 1795, dass ein „arbeitsamer Mann“ wöchentlich einen Geldbetrag erhalten solle, der an den Brotpreis gekoppelt war. Wer Frau und Kinder zu versorgen hatte, bekam entsprechend mehr. Auch wenn das Speenhamland- System kein allgemeines Gesetz war, so wurde es in weiten Teilen Großbri­tanniens doch als Gewohnheitsrecht angesehen und stellte einen sozialen Mindeststandard auch in Grafschaften (Counties) ohne diese Form der Ar­menhilfe dar. 1834 wurde das Speenhamland-System auf Empfehlung einer Regierungskommission beendet: Die Mindestsicherung sei eine Katastro­phe, verursache eine Bevölkerungsexplosion, führe zu einen Verfall der Sit­ten und dazu, dass der Landadel die Löhne seiner Arbeiter beliebig festsetzen könne. Ist diese Bewertung gerechtfertigt? Wer prinzipiell gegen ein Grund­einkommen eingestellt ist, provoziert mit der Frage: Warum sollte heute ein Grundeinkommen eingeführt werden, was früher schon nicht funktionierte? Ist diese Schlussfolgerung durch Fakten abgedeckt? Auch hier gibt es Zwei­fel. Das Speenhamland-System war allein wegen seiner Dauer von bald 40 Jahren kein Experiment, sondern ein frühes Grundeinkommen und ein erstes Beispiel für Sozialpolitik.

Welche Vorgeschichte hat das Speenhamland-System der Armenhilfe, wie war es konstruiert, welche Wirkungen gingen davon aus und warum wurde es wieder abgeschafft? Vor allem: Welche Erkenntnisse für eine heu­tige Sozialpolitik lassen sich aus dem historischen Grundeinkommen zie­hen? Meine Untersuchung beginnt mit der Entstehung des existierenden Wirtschaftssystems, die übereinstimmend in Westeuropa verortet wird. Wie es zum Übergang vom Feudalismus zum Kapitalismus kam, wird in der Fachliteratur kontrovers diskutiert. Als Karl Polanyi seine berühmte Studie verfasste, war er nicht allein zu behaupten, dass das Speenhamland-System die Armen demoralisierte und das paternalistische System der Arbeitsorga­nisation stärkte. Folgerichtig betont er, dass die Abschaffung des Speenham- land-Systems letztlich auch den Lohnarbeitern nützte, obwohl sie ihren An­spruch auf Lebensunterhalt verloren (Polanyi 1978 1944: 114f.). Polanyi meinte, die Sprengelhilfe sei ein Negativbeispiel für Sozialpolitik und eine Art Kampfmittel gegen Arme gewesen. Sein Hauptargument war formal. Das alte Speenhamland-System sei nicht in die Gegenwart übertragbar. Den Armen sei es schlecht ergangen, weil es noch keine gewerkschaftliche Inte­ressensvertretung gegeben habe und die Rezipienten ihre Interessen weder erkennen, noch durchsetzen konnten. Sie waren noch im alten Paternalismus verfangen. Polanyi argumentiert, dass das Speenhamland den kapitalisti­schen Arbeitsmarkt schuf, der neben den Märkte für Boden und Kapital für die große Transformation unabdingbar gewesen sei. Es kommt zu einem di­alektischen Prozess. Das Speenhamland-System verlängerte die Gutsherren­herrschaft, aber beseitigte schließlich die letzten paternalistischen Fesseln, die dem kapitalistischen Arbeitsmarkt im Weg standen.

Das vorliegende Buch soll dazu beitragen, die Debatte über die Hauptkri­tikpunkte gegen das Speenhamland-System mit Blick auf das Mindestein­kommen möglichst sachlich und gut informiert führen zu können. Unbestrit­ten war die Zeit zu Anfang des 19. Jahrhunderts nicht für alle Gesellschafts­schichten eine glückliche Zeit. Unbestritten ist auch, dass das Speenham- land-System der Armenhilfe zwischen 1795 und 1834 bei der Umwandlung zur Marktwirtschaft eine Rolle spielte. Wie aber kann ein Fürsorgesystem einerseits das Leben der arbeitsfähigen Armen und ihrer Familien verbessern und ihnen andererseits damit schaden? Nach dem heutigen Wissensstand wa­ren die Auswirkungen der Poor Laws auf die industrielle Revolution nicht annähernd so negativ, wie behauptet wurde.

Meine Hauptthese lautet, dass die behauptete demoralisierende Wirkung des Speenhamland-Systems nicht konsistent nachzuwiesen ist. Speenham- land war kein bedingungsloses Grundeinkommen, sondern eher ein Kombi­lohn bzw. ein garantiertes Mindesteinkommen. Dazu werden eine Reihe von mir sozio-ökonomische Fragestellungen, historische Hintergründe, ökono­mische Wirkungsmechanismen und politische Folgewirkungen analysiert. Zunächst geht es um Menschenbilder, dann um Hintergründe, Aufbau und Funktion des Speenhamland-Systems. Es folgen mögliche Wirkungen und Nebenwirkungen, sozio-ökonomische Fragestellungen und eine abschlie­ßende Bewertung der Kritik an dem historischen Speenhamland-System. Da­bei ist zu berücksichtigen, dass sich Zukunftsfragen nicht ohne historisches Wissen beantworten, aber ebenso wenig alte Problemstellungen eins-zu-eins auf neue Herausforderungen übertragbar lassen.

Die Themen Verarmung und Krise am Arbeitsmarkt sind aktuell, die Kri­tik an den deutschen Arbeitsmarktreformen nach der Jahrtausendwende ist seit der Einführung der Hartz-Gesetze nicht abgeebbt und viele Probleme im Zusammenhang eines gesellschaftlichen Strukturwandels muten aktuell an. Ein Ausblick auf das Grundeinkommen braucht den Rückblick auf seine Wurzeln.

Danke an Malte Gerhardt, Sascha Liebermann und Arnd Weber für hilfrei­che Kommentare. KUG, Herbst 2020

2. Entstehung des Marktes für die Arbeit

Damit menschliche Arbeit zur Ware wird, sind drei Konditionierungen nö­tig: Arbeit und Mühsal müssen zum Lebenszweck werden. Arbeit muss als Quelle des gesellschaftlichen Reichtums erkennbar sein. Arbeit muss frei verfügbar, mobil und frei handelbar sein. Das löst weitere Fragen aus: Ein­mal, was Lohnarbeit mit der Zerrüttung der feudalen Produktionsweise bei gleichzeitigem Wirtschaftswachstum zu tun hat, zweitens, warum sich der Kapitalismus in Westeuropa und speziell im feuchten Lancashire Englands entwickeln konnte und drittens, warum im letzten Drittel des 18. Jahrhun­derts? Dafür gibt es exogene Erklärungen und politische Faktoren.

2.1 Menschliche Arbeit und modernes Menschenbild

Im Mittelalter und spätestens in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zeich­nete sich ab, dass der Kapitalismus in England entstand, obgleich andere Re­gionen wirtschaftlich, kulturell und vom Stand der Wissenschaft her besser entwickelt waren (Hobsbawm 1977). Auch hatte Westeuropa lange mit den Folgen des 30-jährigen Krieges zu kämpfen. Schuldknechtschaft, Leibeigen­schaft sowie Sklaverei gab es seit der Frühzeit weltweit und noch bis weit bis in das 19. Jahrhundert herrschten miserable Lebensumstände. Neben Westeuropas neuen Menschenbild herrschten gute Wachstumsbedingungen. Das mittelalterliche Verständnis, wonach körperliche Arbeit ausschließlich Schmach und Mühsal sei, veränderte sich in der Renaissance zugunsten eines neuen Arbeitsbegriffs. Die christlichen Eliten des Westens orientierten sich zunehmend nach dem Motto ora et labora, um auf dem Weg systematischer Demut Gott nahe zu kommen und Christus nachzufolgen. Mit dem formu­lierten Grundsatz, er wird Benedikt von Nursia (6. Jahrhundert) zugeschrie­ben, begann der Umbruch bei den Mönchsorden schon früh. Der Mensch habe seinen Beitrag zu leisten habe, das Schöpfungswerk zu verbessern. Es sind die Zisterzienser, denen es gelang, die landwirtschaftliche Produktivität zu steigern, indem sie systematisch die Technik des Wasser- und Mühlen­baus vorantrieben und den Bergbau intensivierten. Ihr Wirken beschleunigte und intensivierte die gesamte Wirtschaftstätigkeit, indem sie seit dem Hoch­mittelalter propagierten, der Sinn des Lebens bestünde neben dem Dienst am Herrn in der Verausgabung der menschlichen Arbeit.

Dem Genfer Stadtbürger Johannes Calvin (1509-1564) wird zugeschrie­ben, Arbeit als Wohlstandsmotor gedanklich vom Dasein in den Mönchszel­len auf das Berufsleben übertragen zu haben (Weber 2000). Nicht das Hor­ten, Handeln oder das Raubrittertum allein erschufen den Wohlstand. Arbeit wurde mit der Schaffung der protestantischen Ethik zum alleinigen Lebens­sinn und ist zentral für das Verständnis der Wirtschaftsgesellschaft. Die Kulturbewegung der Renaissance und der sie treibenden kleinen, sehr gebil­deten Elite aus einem Kreis bedeutender Fürsten, Wissenschaftlern, Künst­lern und Handwerkern, schaffte es, ein neues arbeitszentriertes Menschen zu etablieren. Verlierer waren selbst schuld für das eigene Versagen und so mussten die Privilegierten nicht barmherzig sein.

John Locke (1632-1704), englischer Philosoph des Liberalismus, ver­fasste seine Werke vor dem Hintergrund der Konflikte zwischen Parlament und Krone und stellt den Erwerb und die Vermehrung von Eigentum als neue Bestimmung aller Menschen, nicht nur des Adels, dar (Locke 19771690). Seine neue Sicht auf das Privateigentum brachte eine geistige Neuorientie­rung, was zahlreiche Innovationen vorantrieb. Besonders in Nordwest-Eu­ropa (v. a. England, Holland) schälte sich dieser Gesinnungswandel als neue anthropologische Konstante heraus. Niedergelegt wurde das neue Men­schenbild auch in der Bill of Rights - die ersten zehn Verfassungszusätze (Amendments) der USA von 1789 beziehen sich darauf. Seelig konnten all jene werden, die fleißig an der Vermehrung ihres Eigentums wirkten - jeder ist seines Glückes Schmid, auch auf Kosten anderer.

Der Wandel im Menschenbild zeigt sich im Unterschied der Begriffe Ar­beit im Sinn von tätig sein und abhängiger Lohnarbeit. Im Englischen wird zwischen work and labour differenziert. Aber menschliche Arbeit als abhän­gige Lohnarbeit zu internalisieren, musste erst eingeübt werden, was ein ge­waltvoller und schmerzlicher Prozess war. Als die Erziehung zur Lohnarbeit schon weit vorangeschritten war, konnte sich schließlich ein neues Wirt­schaftssystem etablieren. Der Kapitalismus ist charakterisiert durch die Fak­tormärkte Arbeit, Boden und Kapital. Er setzt sich im 18. und 19. Jahrhun­dert durch, nachdem die ursprüngliche Akkumulation des Kapitals abge­schlossen ist. Dieser Prozess lässt sich anhand des gewandelten Arbeitsbe­griffs skizzieren und mit dem Hinweis auf die breite Literatur abzukürzen, die sich im Anschluss an Max Weber und die protestantische Arbeitsethik entfaltet (Gneuss / Kocka 1988).

2.2 Arbeit als Quelle des gesellschaftlichen Reichtums

Nach Adam Smith, schottischer Ökonom und Moralphilosoph, mussten Ar­beiter den Ertrag ihrer Arbeit vor der Landnahme (Appropriation of Land) mit niemandem zu teilen. Mit der Einhegung des Gemeindelandes, welches jedermann frei nutzen durfte, änderte sich dies und damit gerieten Kleinbau­ern in materielle Not. Damit änderte sich deren ökonomische Basis, die mit drei bis vier Acres eine Familie ernähren konnten.1 Auch im während des Merkantilismus waren die Menschen aufgrund der niedrigen und unregelmä­ßig gezahlten Löhne auf einen Nebenerwerb angewiesen oder hielten aus an­deren Gründen an der Tradition des Fischens, Jagens oder der Kleinlandwirtschaft fest. Später wurde dies untersagt. Karl Marx war über­zeugt, dass Dekrete zur Einverleibung von Gemeindeland (Einhegungen) in England und Schottland vordergründig den alten Grundherren nutzten, aber letztendlich den neuen Fabrikherren mehr brachten und den Übergang zum Kapitalismus beschleunigten (MEW 23: 753). Marx beschreibt die Herr­schaftsumkehr über den Arbeitsprozess und unterscheidet dabei zwischen formeller und reeller Subsumtion (=Unterordnung) der Arbeit unter das Ka­pital. Bei der formellen Subsumtion bleibt der Arbeitsprozess noch Manu­fakturarbeit. Das Kapital ordnet sich die Arbeit zwar unter, der Arbeitspro­zess ist aber unverändert und kann handwerklich oder bäuerlich bleiben. Ar­beiter bedienen die Maschine. Bei der reellen Subsumtion ändert sich das. Die Maschinen geben nun den Arbeitstakt vor und der Mensch wird zum Anhängsel eines toten Mechanismus.2

Abbildung 1: Bevölkerungswachstum in England/Wales und Deutschland (in %)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung nach Bundeszentrale für politische Bildung: 1848 - 1949, ein Jahr­hundert der deutschen Geschichte.

Nach Karl Marx setzt die aufkommende Bourgeoisie die Staatsgewalt bei der Plusmacherei ein, um den Arbeitslohn zu „regulieren" (MEW 23: 766). Für den Kapitalismus sei charakteristisch, dass sich die menschliche Arbeit dem Kapital unterordnet, denn Beschäftigte müssen sich dem Rhythmus der Maschinerie beugen (Marx). Spätere Marxisten wollten es genauer wissen und fassten nach. In der Dobb-Sweezy-Kontroverse geht es um Ursachen der Transformation vom Feudalismus zum Kapitalismus: Abschöpfung neuer Geldquellen aus Handelsgewinnen, Erhebung neuer Steuern, Innovation durch neue Inventionen, produktive Nutzung geraubter Güter etwa aus den Kreuzzügen.

Info-Box: Warum entstand der Kapitalismus zuerst in Westeuropa?

Der Kapitalismus entwickelte sich zuerst in Westeuropa mit der Industrialisierung in Eng­land etwa in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Für den Übergang von der agrari­schen zur industriellen Produktionsweise gibt es verschiedene Erklärungen: Fernhandel, Bevölkerungswachstum, der Raub von Gold und Silber aus Südamerika, die exorbitanten Gewinne aus dem Kolonial- und Sklavenhandel, die steigende ökonomische Nachfrage und geänderte Verbrauchsgewohnheiten nach fremdartigen Kolonialwaren und modi­scher Baumwollkleidung statt nach Textilien aus Schafswolle, Leinen und Hanf. Das ex­pandierende Handelskapital oder die Kolonialgewinne waren wichtige Faktoren für den Übergang zur Marktwirtschaft. England war seit dem 17. Jahrhundert größte Handels­macht Europas und auch die Population wuchs. Die Einwohnerzahl verdoppelte sich al­lein in England und Wales von 8 auf 18 Mio. zwischen 1780 und 1850. Doch Bevölke­rungswachstum beschränkte sich nicht auf Westeuropa. Neue Erfindungen und Produkti­onsmethoden in der Eisenverhüttung oder im Bergbau waren kostspielig und wurden aus den Überschüssen des Kaufmannskapitals finanziert. Durch Werkstoffe wie das Gussei­sen entstanden neue Industriezweige und andere veränderten sich durch die Anwendung grundlegend. Militärische Technologien wurden weltweit entwickelt und Kriege um Macht und Einfluss ständig geführt. Warum schafften aber weder die oberitalienischen Compagnien des 14. noch die süddeutschen Kapitalgesellschaften des 16. Jahrhunderts den Übergang zur kapitalistischen Produktionsweise? Gleiches trifft für das Verlagswe­sen zu, wo ein selbstständiger (verlegter) Handwerker mit eigenen Produktionsmitteln die vom Kaufmann gelieferten Rohstoffe zu Fertigprodukten verarbeitete und ihm gegen Ent­gelt auslieferte. Diese Faktoren begünstigten die Herausbildung des Kapitalismus, aber erklären den Strukturwandel nicht allein.

Dem Wirtschaftshistoriker Maurice Dobb (1900-1976) zufolge lässt sich die Transfor­mation eher mit dem gewandelten gesellschaftlichen Kräfteverhältnis zwischen Adel und Bürgertum, also politisch, begründen (Dobb 1970). Die aristokratischen Grundeigentü­mer wurden durch die Bourgeoisie entmachtet und die Kleinbauern mit körperlicher und struktureller Gewalt zu Proletariern gemacht (Dobb 1970: 223ff.). Maurice Dobb, der 1953 zusammen mit Piero Sraffa die Werke und Briefwechsel von David Ricardo heraus­gab, hebt in Die Entwicklung des Kapitalismus auf die agrarischen Wurzeln der Ware Arbeitskraft ab, welche es z.B. im Kleinhandwerk schon in der Landwirtschaft des Spren- gels gab, also in vorkapitalistischen Produktionsweisen (Zanden 1997).

Mehrwerts geht. Hier geht es um Produktivitätszuwächse durch neue Ma­schinen und ausgefeilter Arbeitsorganisation. Was aber meint Marx konkret damit? Zunächst beschreibt er damit den technologischen Wandel der indust­riellen Revolution in England zwischen 1760 und 1830. Der Technikeinsatz erreicht seinen Höhepunkt in der Maschinerie - in einem modernisierten, automatisierten Produktionsprozess. Damit ist die Intensifikation der Arbeit verbunden: die Anzahl der vom einzelnen Arbeiter zu überwachenden Ma­schinen erhöht sich. Arbeitstempo, Arbeitsdruck, Arbeitsintensität wachsen, setzen Arbeiter unter höchste nervliche Anspannung und geistige Konzent­ration (MEW 23: 434 und 445f.). Nichts ist mehr so wie früher in der Manu­faktur.

Während die Physiokraten dachten, der fruchtbare Boden sei Ursprung der Wertschöpfung, stellte Adam Smith in seinem Bestsellers The Wealth of Na­tions auf die menschliche Arbeit als Wohlstandsquelle ab (Smith 1990 1776: 56ff.). Arbeit habe wie jede andere Ware einen Preis, der sich auf dem Arbeitsmarkt durch Zufuhr der Arbeitnehmer (=Arbeitsangebot) und Arbeitsnachfrage der Arbeitgeber bildete. Für Smith sind faire Löhne hilf­reich, erhöhen die Arbeitsmotivation, damit den Arbeitsertrag und steigern die Prosperität. Auch Kinderreichtum sei keine Last. Im ersten Kapitel be­schreibt er die Arbeitsteilung (The division of labour) als Grundlage der Ar­beitsproduktivität (Smith 1990 1776) und als Chance, die Gier nach Profit zu stillen und steigende Löhne auszugleichen. Der Begriff Arbeitsteilung umfasst Kooperation (Zusammenwirkung), Arbeitsorganisation und erklärt die wachsende Kapitalakkumulation. Die Produktionsfaktoren Arbeit, Bo­den und Kapital sind im Produktionsprozess kostenminimal zu kombinieren, um Kapital in einem nahezu alchimistischen Prozess zu akkumulieren.3 Die Produktionstheorie ist zugleich Verteilungstheorie - der Reichtum ist nach Adam Smith und David Ricardo auf die Produktionsfaktoren als Bodenrente, Profit und Lohn zu verteilen.

Anders argumentiert der ungarisch-österreichische Wirtschaftshistoriker Karl Polanyi (1886-1964) in seinem Hauptwerk The Great Transformation. Polanyi zufolge braucht es die Märkte für Boden, Geld und Arbeit, damit die gesellschaftlichen Interessen bedient und der Kapitalismus entstehen konn­ten (Polanyi 1978 1944). Erst dann hörte die Industrie auf, Anhängsel des Handels zu sein (Polanyi 1978: 110). Immanuel Wallerstein ergänzt, dass zwar alle vorherigen Weltsysteme Kapital akkumulierten, eine Institutiona­lisierung der kapitalistischen Produktionsweise jedoch scheiterte, solange der Wille zur Kapitalanhäufung noch nicht stark genug ausgebildet war (Wallerstein 1986). Neue Geldquellen erschlossen sich durch Produktivitäts­fortschritte im Handwerk, durch neue Anbaumethoden in der Landwirt­schaft. Der Surplus reichte wohl nicht mehr aus, um die hedonistischen Be­dürfnisse der Adligen zu befriedigen oder um die kreditfinanzierten Kriegs­züge abzulösen. Auch die Ausweitung der geografischen Grenzlinien folgte eher dem Druck italienischer Kaufleute als dem Entdeckergeist spanischer Herrscher. Der neue Wohlstand wurde aber nicht gerecht verteilt. Die schon seit dem 13. Jahrhundert praktizierten Enteignungsstrategien machten aus selbstbewussten Kleinbauern eine „Bettlerplage“. Das neue Menschenbild war Entmenschlichung der Entrechteten. Sie wurden als heimatlose Vaga­bunden, Müßiggänger und Bettler verhöhnt. Die Diskriminierung der Für­sorgeempfänger schreckte die Reichen nicht vom Müßiggang ab (Piven/Clo- ward 1977: 75). In der Tudorzeit, insbesondere am Ende des 18. Jahrhun­derts, kam es zu einer wahren „Orgie von Einhegungsgesetzen“ (Dobb 1970: 228ff.). Es gibt einer lange Geschichte, wie Geld- und Zinsschulden Men­schen in die Schuldfalle, in die Schuldknechtschaft und ins Unglück trieben, um sie für die Profiteure gefügig machen, wie David Graeber beschreibt (Graeber 2011). Die Menschen wurden zur Arbeit gezwungen, zur Gratisar­beit für Andere, um Kapital zu akkumulieren (Marx nach Kuczynski 2017: 584). Die westliche Kulturgeschichte ist die Geschichte der Lohnarbeit. Seit der Renaissance wuchsen die komparative Vorteile Westeuropas gegenüber anderen Weltregionen, obwohl diese wissenschaftlich und technologisch weiterentwickelt waren.

2.3 Die „freie“ Lohnarbeit

Erwerbsarbeit ist keine anthropologische Konstante, sondern Ergebnis der soziokulturellen und ökonomischen Tradition und Wertepräferenz. Spätes­tens seit der Renaissance wurde Nächstenliebe durch staatliche Armenfür­sorge durch protestantischen Arbeitsmoral abgelöst. Der spanische Huma­nist und Pädagoge Juan Luis Vives (1492-1540) meinte, Armenunterstüt­zung sei die Aufgabe des Staates. Nach Domenico de Soto (1494-1560) sind freier Verkehr von Waren und Menschen und Nährpflicht untrennbar ver­bunden. Auf die utopischen sozialpolitischen Forderungen der aristotelisch- thomistischen Denker der Schule von Salamanca des sechzehnten Jahrhun­derts beziehen sich die Österreichische Schule der Nationalökonomie, Jo­seph Schumpeter und heutige neoliberale Politikberater wie Hernando de Soto (*1941). Nach Charles de Montesquieu (1689-1755), französischer Phi­losoph der Aufklärung, hat der Staat für einen existenzsichernden Lebens­unterhalt, geeignete Kleidung seiner Einwohnern zu sorgen (de Montesquieu 1750). Der Demokrat Thomas Paine (1737-1809) baute die erste Eisenbrü­cke in Yorkshire, gehörte zu den Gründungsvater der Vereinigten Staaten und trat für das menschliche Existenzrecht ein. Der englische Sozialroman­tiker Thomas Spence (1750-1814) wollte sogar ein Grundeinkommen ein­führen, das aus den Erträgen der Bodenpachten finanziert sein sollte. Der französische Gesellschaftstheoretiker Charles Fourier (1772-1837) forderte das Recht auf das Lebensnotwendige für jeden Einzelnen in der Gesellschaft. Der belgische Jurist Joseph Charlier (1816-1896), Schriftsteller und Kauf­mann, hatte die Idee, mit einer Staatsdividende das Sozialproblem zu lösen. Arbeit und Einkommen waren freilich stets aneinandergekoppelt. Seit dem Mittelalter reiften so die Vorstellungen, dass freier Warenverkehr und freie Lohnarbeit Handel und Wandel beschleunigen könnten. Lohnarbeit wurde durch das Lehrlingsgesetz von 1563 Teil der Lehr- und Wanderjahre (Law of Apprenticeship) und wurde sukzessive Ausdruck der modernen Lebensart. Der Humanist Thomas Morus (1478-1535) stellte sich den Arbeitsstaat in Utopia (Morus 1960) als 6-Stunden-Tag vor. In den neuen Fabriken gab es allerdings den 16-Stunden-Arbeitstag. Weitere Bedingungen treten hinzu (Abbildung 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Freiheit der Lohnarbeit

Die „doppelte Freiheit“ (Marx) der Lohnarbeit versprach, die Arbeitsnach­frage befriedigen. Dazu waren die paternalistischen Fesseln und Niederlas­sungsfreiheit zu sprengen. Für Karl Marx ist die doppelt freie Lohnarbeit nötig, um die Arbeitsnachfrage zu befriedigen. Doppelt frei sind die Lohn­arbeiter insofern, dass sie sich im Unterschied zum Sklaven oder Leibeige­nen frei für einen Arbeitgeberentscheiden können (MEW 23: 181 ff.). Wer die Ware Arbeitskraft kauft und besitzt, d.h. über ihre Verwendung entschei­det, kann sie produktiv anwenden, als Einkommensquelle nutzen und sein eingesetztes Kapital durch angeeignete Gratisarbeit vervielfachen. Die Kennzahl kommandierte Arbeit bezeichnet nach Adam Smith die Verfü­gungsmacht des Besitzers über die Ware Arbeit und ist der Kehrwert der Lohnstückkosten, welche anzeigt, wie oft der Lohnsatz im Stundenertrag enthalten ist. Smith führt den Ertrag auf die Arbeit zurück und meint in seiner Werttheorie, auf diese Weise die Verteilungsrelation zwischen Lohneinkom­men, Gewinneinkommen und die Grundrente für den Grundherrn bestimmen zu können. Mit der Privatisierung und Vertreibung der sich selbstversorgen­den Kleinbauern, wurde diese „Freiheit“ geschaffen und zur Bedingung der alleinigen Verwertung durch Fabrikanten.

Lohnarbeit und Sklavenarbeit haben Vieles gemeinsam. Arbeitsschutz und faire Löhne mussten erkämpft werden. Der US-amerikanische Schrift­steller John Steinbeck beschreibt im Roman Of Mice and Men, dass Löhne selten pünktlich oder oft nur als Sachgüter gezahlt wurden. Auf den briti­schen Inseln wurden die Fabrikarbeiter oft über das Trucksystem entlohnt oder hatten Bezugs- oder Gutscheine zu überhöhten Preisen in lokalen Läden einzulösen, welche den Fabrikanten gehörten oder deren Inhaber informelle Beziehungen zu den Bossen pflegten.4 In anderen Fällen durften die Arbeiter Produktionsabfälle Cabbage (Schnipsel), Chips (Späne) oder Thrums (Saumabfälle aus der Textilproduktion) mitnehmen. Das Tauschsystem wurde mit den Truck Acts der Jahre 1831, 1887 und 1896 verboten und Dreingaben wurden dann als „Stibitzen am Arbeitsplatz“ hart bestraft. Ar­beitsschutz, soziale und gesundheitliche Mindeststandards für Kinder- oder Frauenarbeit fehlten im 19. Jahrhundert völlig. 1788 waren zwei Drittel der Arbeiter in den neuen wasserbetriebenen Textilfabriken in England und Schottland Kinder. Normalbeschäftigung blieb die Ausnahme (Graeber 2012: 369ff.). Wenn Adam Smith über Arbeitskraftzufuhr spricht, dann stets mit Blick auf die hohen Kinderarbeit und deren Fluktuation und Mortalität der Kinder, die selten das 10. Lebensjahr erreichten. Großbritannien be­schränkte 1833 als Vorreiter in Europa die Kinderarbeit.

Zusammenfassend: Erziehung zur Lohnarbeit setzte Enteignung und Ent­zug gewohnter Subsistenzmittel voraus (Anderson 1981: 219-253). Über­lange Arbeitstage und das Arbeiten nach der Uhrzeit statt nach dem Sonnen­stand internalisierte die puritanische Ethik der neuen Arbeitsprozesse (Thompson 1980: 35-55). Soziale Mindestsicherung wurde erst nach großem Leid und sozialen Revolten implementiert. Dazu in Kürze mehr.

3. Das Speenhamland-System der Sprengelhilfe

3.1 Historische Einordnung des Speenhamland-Systems (1795-1834)

Das Speenhamland-System geriet durch Karl Polanyi in den Fokus des wis­senschaftlichen Interesses. Er untersuchte die gesellschaftlichen Umbrüche im 18. und 19. Jahrhundert und sah einen Zusammenhang zwischen der In­dustrialisierung und der Sprengelhilfe. In Großbritannien waren die Bedin­gungen für die Transformation vom Feudalismus zu Kapitalismus günstig, die Fesseln des Feudalismus abzustreifen. Die Einfriedungspolitik war nach mehreren Jahrhunderte und viel Gewalt abgeschlossen, das Ende der Skla­verei war absehbar, die Weltwirtschaft veränderte sich, riesige Kapitalien häuften sich an. Die Die industrielle Revolution untergrub die ökonomische Basis des Landadels. Außerdem übten die Französische Revolution und die sozialen Widerstände in England erheblichen Druck auf die Aristokratie aus. Polanyi lieferte eine alternative Erklärung, wie sich die drei Märkte für Bo­den, Kapital und Arbeit und das neue Fabriksystem etablieren konnten und stellte die These auf, dass das Speenhamland-System den letzten Anschub dazu gab. Ökonomen hatten erklärt, dass die menschliche Arbeit konstituti­oneller Bestandteil des neuen Wirtschaftssystems und als alleinige Quelle von Reichtum und Wohlstand unter zunächst alter Herrschaftsform anzuer­kennen sei. Bekannt wurde das Speenhamland-System durch das Buch von Frederick Eden The State of the Poor (1797: 576ff.) - ein „storehouse of in­formation “, so der schottische Ökonom John McCulloch (McCulloch 1845). Der „ social investigator “ Eden war kein Humanist. Er schlug den Vorstehern der w orkhouses vor, die Landarbeiter mit einer „schleimigen Bettelsuppe“ abzuspeisen. Schottische Tagelöhner kämen mit noch weniger aus.

Das Speenhamland-System hatte eine Vorgeschichte und ist nur im Kon­text der Entstehung des paternalistischen Armenrechts zu verstehen. Die Le­bensmittelpreise stiegen in den 1780er Jahren stark an, aber den verarmten Menschen ging es vorher auch nicht besser. Neu war das Ausmaß der sozia­len Unruhen, welche für die Obrigkeit langsam bedrohliche Formen annah­men. So ging es um soziale Reformen, wobei sowohl Mindesteinkommen als auch Mindestlöhne erwogen wurden. Es gibt nach 1765 mehrere erfolg­lose Gesetzesinitiativen, die auf Thomas Gilbert (1720-98) zurückgehen und seinen Namen tragen. Gilbert versuchte 17 Jahre lang, das alte Poor Law zu reformieren, um den Adel stärker in die Finanzierung der Armenhilfe einzu­binden und Armenhäuser (Poor-Houses) für nicht arbeitsfähige Arme einzu­richten. Eine für die jeweiligen Grafschaften geltende Armenfürsorge wurde letztlich 1782 als Gilberts's Act im Parlament beschlossen. Doch dies brachte kein landesweit einheitliches Gesetz für arbeitsfähige bzw. nicht ar­beitsfähige Arme, was den Raum für regionale Regelungen öffnete. Die Brotpreise stiegen weiter und die Löhne konnten mit der Preisentwicklung nicht Schritt halten, bemerkte Premierminister William Pitt in seiner Armuts­studie. Aber sein Vorschlag Mindestlöhne festzulegen, wurden von Vertre­tern des englischen Liberalismus abgeschmettert und fielen mehrfach im Parlament durch. Samuel Whitbread (1764-1815), Brauereiunternehmer und führender Vertreter der Whigs aus Bedfordshire, scheitere gleichermaßen im House of Commons.5 Auf Freiwilligkeit zu setzen, war erfolglos. So kam es, dass regionale Maßnahmen gegen Armut ergriffen wurden und das Speen- hamland-System war eine davon. Das elisabethanische Armenrecht von 1601 wurde an die neue Lage angepasst.

Das Ende der Subsistenzwirtschaft - Paternalismus, Landnahme und Sklaverei Das Speenhamland-System löste die Tradition der private Almosen und der kirchliche Nächstenliebe ab. Der erste Vorschlag zur Einführung einer öf­fentlichen statt einer caritativen Armenhilfe ist bei Thomas Morus zu fin- den.6 Überliefert sind zentrale Verwaltungsstellen für Bedürftige in Lyon als Antwort auf immer wieder ausbrechenden Massenunruhen (Piven/Cloward 1977: 81f.). Europas erstes Armengesetz wurde in der Tudorzeit unter Elisa­beth I im Jahr 1601 eingeführt (OldPoor Laws). Anspruchsberechtigte Arme wurde von der Heimatgemeinde aus Steuermitteln, also nicht mehr als kirch­liche oder private Almosen, unterstützt. Adam Smith berichtet von Unregel­mäßigkeiten durch korrupte Armenhausmanager (Smith 1990 1776: 119f.). Höhe und Empfängerkreis wurde Armenhilfe (poor relief) wurde nach dem Old Poor Law meist willkürlich festgelegt. Menge, Art und Beschaffenheit der Naturalien oder der Kleidung variierten. In seltenen Fällen gab es Geld­leistungen. Doch mit der Kommunalisierung ist ein spürbarer kultureller Wandel verbunden.

Welche Dimension hatte die Einhegung? Die Großgrundbesitzer nutzen die Änderungen der Nachfrage nach Landwirtschaftsprodukten, um bessere Margen realisieren zu können. Bis 1850 waren über 6 Mio. Acres (=2,43 Mio. ha) Gemeindeland - oder ein Viertel des gesamten anbaufähigen Bo­dens - von Großgrundbesitzern privatisiert worden. Die Hälfte davon in der Zeit von 1760 bis 1800. Den Kleinpächtern wurde unter Federführung der Lords gesetzlich mehrfach, insbesondere 1773 und 1801, die Nutzung des Gemeindelandes verboten. Sie wurden gewaltsam vertrieben und ihre Cotta­ges zerstört, um so eine Rückkehr auf die Scholle zu verhindern. Ergänzt wurde die Enteignung durch das „Black Act“ von 1723, wonach Holzdieben und Wilderern die Todesstrafe drohte. Auch in anderen Teilen Europas kam es zur Vertreibung der Landbevölkerung vom bewirtschafteten Land und ih­ren Hütten - so mit der „Verkopplung“ im deutschen Königreich Hannover. Noch treffender sind die Begriffe Lowland Clearances und Highland Clearance in Schottland ab dem 18. Jahrhundert. Das hatte für die enteigne­ten Menschen fatale Folgen - sie verarmten, weil ihnen der Ackerbau, tradi­tionell durch erbrechtliches Pachtsystem garantiert, zunehmend verwehrt und ihnen damit die ökonomische Basis geraubt wurde.

Die Subsistenzwirtschaft überstand die erste Welle der ersten Einhegun­gen noch, weil sie nur sporadisch wirkte, zeitweise ausgesetzt wurde und jedermann das Gemeindeland weiter frei nutzen konnte, was den Kleinhäus­lern das Überleben sicherte. Die Gesellschaftsstruktur und das Machtgefüge veränderten zwischen 1690 und 1880 grundlegend. Adel und Klerus verloren an politischer Bedeutung, während ihre Finanzkraft stieg (Abb. 3).

Abbildung 3: Demografie und Finanzkraft 1690-1880

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung nach Piketty (2020a)

Info-Box: Sklaverei und Sklavenhandel Sklaverei begleitet die Menschheitsgeschichte. Doch der Umgang mit geraubten, anders­artigen und verarmten Menschen veränderte seinen Charakter durch Marktmechanismen, die sich aus der protestantischen Arbeitsmoral ergeben.

Erst beschränkte sich die Sklaverei auf die Karibik, dehnte sich dann immer weiter aus und verlagerte sich dann, bis sie schließlich sukzessive beschränkt und dann abgeschafft wurde. Der Handel mit Sklaven wurde auf Druck der Abolitionisten-Bewegung 1807 in Großbritannien zwar verboten und die Sklaverei dann 1833 per Gesetz abgeschafft (Sla­very Abolition Act). Doch der Sklavenhandel blühte danach bis 1850 erst richtig auf und die Routen des Sklavenschiffe passten sich der neuen Lage an. Statt Zucker aus der Ka­ribik wurde nun Baumwolle aus Nordamerika als Rückfracht verschifft. Das kam durch die 1793 erfundene Egreniermaschine (Cotton Gin). Vor dieser Innovation war das Säu­bern der Ernte so aufwändig, dass die Baumwollernte selbst unter Sklaveneinsatz unren­tabel war. Nun mussten die Baumwollfasern nicht mehr händisch von den Samenkapseln getrennt werden, sondern dies konnte maschinell erfolgen. Die nordamerikanische Baum­wolle wurde billiger. Die Nachfrage nach Arbeitssklaven blieb, denn sie konnten nun anderweitig in der Landwirtschaft eingesetzt werden. Warum sollten die Südstaaten der USA auf diesen Wirtschaftsmotor verzichten? Weitere Mechanisierungsschritte des Web- und Spinnvorgangs verdrängten Leinen, Hanf und Wolle vom Markt. Die britischen Tex­tilfabriken verdrängten sowohl die Konkurrenz auf dem Kontinent als auch die Hand­werksproduktion in Indien (Pierenkemper 1996). So kehrten sich die Handelsbeziehun­gen um, so dass Indien fortan Baumwollfertigtextilien importieren musste und dort für Massenarbeitslosigkeit sorgte. Oft wird das Verbot der Sklavenarbeit als Sieg des Huma­nismus interpretiert. Im Fall von Haiti kam es nach mehreren Sklavenaufständen 1804 zur Unabhängigkeit von Frankreich und das Ende der Sklaverei schien besiegelt. Die Ko­lonialherren wurden großzügig entschädigt, Strafzahlungen wurden von 1825 bis 1883 komplett vom haitianischen Volk entrichtet und erholte sich wirtschaftlich bis heute nicht von dem „Loskauf“.7 Dass die Sklavenhalter im britischen Kolonialreich sich den Aboli­tionisten beugten, hatte primär ökonomische Gründe. Zum einen war Lohnarbeit produk­tiver als Sklavenarbeit und Leibeigenschaft. Die Sklavenhalter wurden andererseits v.a. im Gesamtvolumen von fünf Prozent des britischen Nationaleinkommens vollständig ent­schädigt. Bei einer Entschädigungssumme von durchschnittlich 30 Mio. Euro für jeden der 4.000 Sklavenhalter (in heutigen Preisen) dürften pekuniäre Gründe ausschlaggebend gewesen sein. Mit dem Entgegenkommen wurden die gewaltigen Staatsschulden Eng­lands verstärkt und kleine und mittlere Haushalten durch indirekte Steuern zur Kasse ge­beten. Eine finanzielle Entschädigung der Sklaven für erlittenes Unrecht war hingegen nicht vorgesehen, was allein moralisch verwerflich ist. Wie eng Sklavenarbeit und Leib­eigenschaft verwandt sind, zeigt sich an den Interessen des landbesitzenden Adels. Das Niederlassungs- und Ausweisungsgesetz des Old Poor Laws (1662) schuf eine regel­rechte Gemeindeleibeigenschaft. Nachdem die Sklaverei auch in den USA gegen Ende des 19. Jahrhunderts abgeschafft worden war, verbesserten sich die Arbeits- und Lebens­bedingungen der Freigelassenen dort nicht wesentlich. Oft bestellten sie weiterhin das Land ihrer ehemaligen Herren. Auch Thomas Jefferson verstand es, bei der Abschaffung der Sklaverei einen guten finanziellen Schnitt zu machen und entließ nur eine Handvoll seiner 600 Sklaven in die Freiheit.

Je profitabler die Schafzucht wurde, desto mehr Acker- wurde in Weideland umgewandelt. Es wurden weniger Ackerfrüchte angebaut, Missernten und Politikversagen verschärften die Ernährungslage drastisch. Armut, Hunger und Obdachlosigkeit verschärften sich durch das Bauernlegen. Festzuhalten ist, dass Freigelassene unter menschenunwürdigen Umständen und miesen Arbeitsverträgen oft bei ihren alten Herren weiterarbeiteten (Piketty 2020a: 269ff.). Ausbeutung blieb nicht auf Sklaverei begrenzt, sondern entsprach gemäß dem herrschaftlichen Verhaltenskodex gegenüber den Enteigneten. Nachdem sie ihr Land verloren, blieb den Kleinstbauern und landlosen Ta­gelöhnern letztlich nur noch der Verkauf ihrer Arbeitskraft, um das Überle­ben zu sichern. Da die menschliche Arbeit zur Ware wird, muss sie nach Adam Smith einen Wert haben, wie jede andere beliebige Ware. Im christli­chen Mittelalter, das stark vom Gedanken der Barmherzigkeit geprägt war, mussten die Verarmten für ihr Schicksal verantwortlich gemacht werden. Dies war nur mit einem neuen Menschenbild vorstellbar, welches die Rei­chen gegenüber den Armen kultivierten und Sklaverei, Schuldknechtschaft und Verelendung rechtfertigte. Adam Smith wie David Ricardo stellten her­aus, dass internationale Arbeitsteilung Vorteile für alle bringt. Die einen soll­ten sich auf Agrarwirtschaft konzentrieren und die anderen auf das Gewerbe, um komparative Kostenvorteile zu erzielen. Dies veränderte auch die Bevöl- kerungs- und Einkommensstruktur. Marx nennt diese Form der Privatisie­rung „Usurpation des Gemeindelands“ (MEW 23: 755).

Die Kleinbauern wurden schon früh von der bäuerlichen Scholle vertrie­ben, ihrer Produktionsmittel und ihrer Subsistenz beraubt. Für Millionen von Menschen war die „Bauernbefreiung“ erst der Beginn des Wegs in die Lohn­abhängigkeit (Senf 2002: 59-66). Die eigentumslose Klasse durfte keine ei­genen Reproduktionsmittel besitzen: keine eigene Landwirtschaft, Vieh, Weideland, Fischgewässer, Forstgrundstücke, Jagdrechte oder häusliche Kleinproduktion.

Ursachen der schlechte Ernährungslage und Reaktionen darauf

Für den schlechten Nährstand sind mehrere Faktoren verantwortlich. Die Na­poleonischen Kriege 1792-1815 endeten zwar mit dem britischen Sieg bei Waterloo, doch das Land war wirtschaftlich ausgeblutet und die britische Landwirtschaft außerstande, die Bevölkerung ausreichend zu ernähren. Während Kleinhäusler früher Schinken, Käse, Gemüse und Fleisch aßen, er­nährten sie sich jetzt von Kartoffeln und v.a. von Mehlspeise (Corbett 1912). Der Süden und die Midlands ernährten sich von Weizen und der Norden von Hafermehl. In Lancashire und Yorkshire gab es Haferbrot. Die Zinnberg­leute Cornwalls ernährten sich von Gerstenbrot oder einer Mischung aus Gerste und Gray Pease. Die Brotpreise explodierten und die Wohlsituierten hatten keine Vorstellung, wie die Armen überhaupt überleben konnten. In Mangeljahren benötigten die Produzenten ihre ganze Ernte zum Eigenverbrauch und für das Saatgut. Teile Großbritanniens versanken in bit­terer Armut und Arbeitslosigkeit. Die Ernährungslage auf den britischen In­seln war am Ende des 18. und in den ersten Dekaden des 19. Jahrhunderts sehr schlecht und dafür gibt es Gründe:

- Verknappung der Ackerflächen durch Einhegungen zugunsten der Schafzucht,
- Horten von Brotgetreide in Erwartung steigender Preise,
- Ernteausfälle durch Missernten beim Brotgetreide und der Kartoffel­fäule,
- Anstieg des Kornpreises durch die Umstellung der Maßeinheit vom 9- Gallonen-Scheffel auf den Winchester-Scheffel,8
- Rückzug der Kornhändler aus dem Geschäft wegen Angst vor öffent­licher Regulierungen und sozialer Schmähungen,
- Verteuerung des Brotgetreides durch veränderte Lieferketten und neue Zwischenhändler,
- Wandel der Ernährungsgewohnheiten und der Konsummuster,
- Einfuhr von Handelszöllen und Einschränkung von Agrarimporten so­wie Autarkiestreben einer verfehlten Agrarpolitik.

Aufgrund veränderter Konsumgewohnheiten sank der Anteil der Misch-, Roggen-, Gerste- und Haferbrote. Selbst im Weizengürtel von Süd- und Ostengland ging dessen Anbau aber zurück, was die Versorgungskrise wei­ter anspannte und die Brotpreise explodieren ließ. Um 1790 hatten zwei Drit­tel der englischen Bevölkerung auf Weißbrot umgestellt, weil sie fürchteten, dunklere Brotmischungen enthalten krankmachende Beimischungen. Zudem wollte man der Oberschicht europaweit nacheifern und nur noch feingemah­lenes Weizenmehl verzehren. Nach dem paternalistischen Modell wurde ei­niges unternommen, um die Brotpreise zu stabilisieren. Durch amtlich fest­gelegte Höchstpreise (Assize of Bread), strenge Regulierung der Wochen­märkte und Auflagen für Zwischenhändler sollte Preistreiberei verhindert werden. Gesetzliche Maßnahmen gegen den Zwischenhandel wurden ergrif­fen, um die Ruhe wiederherzustellen (im Volksmund: Brown Bread Act). Bis weit in das 18. Jahrhundert hinein kauften die Frauen das Korn auf dem Wo­chenmarkt, brachten es zum Müller und buken es dann in Gemeinschaftsöfen des Dorfes. Später kauften sie das ausgemahlene Mehl oder das fertige Brot, aber kannten dessen Bestandteile nicht, was das Misstrauen und den Unmut weckte. Findige Müller, Bäcker und Mehlhändler mischten andere Bestand­teile in das Mischbrot - fermentierte Kleie, Erbsen- und Bohnenmehl, ge­trockneten Pferdemist, den man mit Alaun weiß färbte. Folglich wurde „Hausbrot“(Maslin) verweigert. So wurde das paternalistische Modell der Preisregulation, welches die Armen schützen sollte, phantasiereich ausgehöhlt. In der Info-Box sind einige Fakten zur britischen Agrarpolitik zusammengestellt.

Info-Box: Zur Geschichte der Corn Laws (1815-1846)

Die Corn Laws protegierten die einheimische Landwirtschaft durch hohe Einfuhrzölle und Einfuhrverbote auf Getreide. Die Gesetze wurden eingeführt, nachdem durch das Ende der Napoleonischen Kriege 1815 die Getreidepreise auf dem Weltmarkt sanken.

Es sollte einerseits verhindert werden, dass der einheimische Getreideanbau zurückging, was bei gleichzeitig steigender Bevölkerungszahl zu immer stärkerer Importabhängigkeit geführt hätte, andererseits waren die Gesetze Ausdruck der Patronage der Tory-Partei gegenüber ihrer Stammwählerschaft, dem landbesitzenden Adel.

- Das Getreidegesetz wurde unter Robert Jenkinson, 2. Earl of Liverpool, (Tory-Regie- rung) 1815 verabschiedet. Die Getreideeinfuhr wurde bei britischen Getreidepreisen un­ter 80 Shilling pro Quarter (12,7 kg Weizen) verboten. Bei höheren Preisen war die Ge­treideeinfuhr zollfrei.
- Das Getreidegesetz von 1822 verbot die Einfuhr von Getreide bei einem Absinken des einheimischen Getreidepreises unter 70 Shilling und erlaubte sie erst wieder bei ei­nem Anstieg über 80 Shilling.
- Das Getreidegesetz von 1828, verabschiedete unter der Regierung des Herzogs von Wellington, führte einen Zoll ein, der bei Preisen unter 73 Shilling einsetzte und bei nied­rigeren Preisen progressiv anstieg.

Bei einer Demonstration gegen die Getreidegesetze in Manchester 1819 kam es zum Pe- terloo-Massaker (siehe unten). 1831 gründeten Gegner der Korngesetze die Anti-Corn Law League. Durch den Reform Act 1832 wurde das Wahlrecht zugunsten der bürgerli­chen Mittelschicht in den Städte abgeändert, die tendenziell anti-protektionistisch einge­stellt war und den Freihandel unterstützte. Es brauchte mehrere Anläufe bis die Getreide­gesetze 1846 unter der Regierung von Sir Robert Peel, 2. Baronet (1788-1850) mit einer dreijährigen Auslaufphase abgeschafft wurden. Peel musste im selben Jahr als Resultat einer Niederlage betreffs seiner Irlandpolitik zurücktreten. Als Ergebnis spalteten sich die Peeliten von der Konservativen Partei ab und schlossen sich später den Liberalen an. Die geänderten Zollbestimmungen verhinderten nicht, dass zwischen 1845 und 1849 alleine in Irland mehr als 1 Mio. Menschen verhungerten (Große Hungersnot in Irland).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Marjie Bloy: The Corn Laws. In: victorianweb.org; abgerufen: 19.10.2020.

League von den Fabrikanten gegründet.9 Dieser Verbund trat für Freihandel, gegen die Corn Laws und gegen den Land bewirtschaftenden Adel ein mit dem Ziel, die Löhne der Arbeiter senken zu können. Die Lebensmittelpreise blieben hoch und das Volk murrte weiter.10 Nach Thompson beruhen beide ökonomischen Modelle auf Aberglauben und lassen sich empirisch nicht be­legen (Thompson 1980: 80f.).

Die Initiative zu Krawallen ging oft von Frauen aus. Sie rotteten sich ge­gen die Machenschaften zusammen und waren dabei recht erfolgreich (Thompson 1980: 106f.). Sie forderten reines Weizen- statt gepanschtes Mischbrot, damit ihre Männer ausreichend ernährt arbeiten konnten und ihre Kinder nicht geschwächt und krank wurden (ebenda). Der Hinweis auf die Nützlichkeit ausreichender Ernährung für bessere Arbeitsleistung war nicht notwendig, sollte aber überzeugen.

Konstruktion des Speenhamland-Systems

1795 war ein Hungerjahr und das Speenhamland-System war eine Antwort darauf. Edmund Burke (1729-1797), Freibeuter und geistiger Vater des Kon­servatismus, vertrat das Motto: Geduld, Arbeit, Nüchternheit, Genügsamkeit und Religion (Burke 1796). Die Armutsbevölkerung ließ sich indes mit die­ser Botschaft immer weniger abspeisen. So beschlossen die Friedensrichter (Magistrates) von Berkshire County am 6. Mai 1795 das Speenhamland- System im Gasthof Pelican Inn im Berkshire-Dorf Speen nördlich von Newbury.11 Es breitete sich rasch auf andere Grafschaften aus. Die öffentli­che Sprengelhilfe an Agrartagelöhner und deren Familien orientierte sich an einem gestaffelten, am Brotpreis gebundenen Tarif. Das Zuschusssystem sollte die Differenz zwischen den geringen Armutslöhnen und dem Existenz­minimum ausgleichen. So wurde unabhängig von anderen Einkünften ein Minimaleinkommen aus der Armenkasse garantiert. Der Grund, warum das Speenhamland-System ausgerechnet im Pelican Inn in Berkshire County und nicht andernorts beschlossen wurde, lässt sich nach der Quellenlage nicht eindeutig festmachen. Möglicherweise ist es die besondere gesell­schaftliche und geografische Lage. Zum einen liegt Newbury auf halber Stre­cke zwischen London und den bei wohlhabenden beliebten Thermen in Bath. Es gab ein Theater und andere Lustbarkeiten. Heute führt die Autobahn M4 entlang der 200 km langen Strecke. In der früher beliebten Rastanlage für durchreisende Beamte, Politiker und Militärs ließen sich bis zu 300 Pferde unterbringen. Neben diesen Annehmlichkeiten spielt die Gegend um Newbury als Schauplatz des englischen Bürgerkrieges (1642-1651) eine his­torische Rolle. Die Gegend war seit den Bürgerkriegen verarmt, denn der lokale Tuchhandel kollabierte im späten 16. Jahrhundert.

Jane Austen (1775-1817) schildert in ihrem Gesellschaftsroman „Emma“ den Reifungsprozess einer privilegierten und intelligenten Frau aus der Regency -Ära.12 Austen lebte zeitweise in der Kurstadt Bath und beschreibt das intrigenreiche Leben der Schönen und Reichen sowie das distanzierte Verhältnis zu den Armen im historischen Kontext. Der geografische Ort, an dem die Sprengelhilfe beschlossen wurde, war kulturell bedeutsam. Unter­wegs zum Badeort musste es für wohlhabende Sommerfrischler unange­nehm gewesen sein, dem Elend der Landbevölkerung persönlich zu begeg­nen. Vielleicht plagte die Armut auch das schlechte Gewissen, zumal das Subsistenzrecht dem alten feudalen Konsens entsprach. Wie funktionierte das in der Raststätte beschlossene Speenhamland-System (auch als Ber­kshire Bread Act bekannt)? Polanyi beschreibt den Beschluss der Friedens­richter wie folgt:

„Die berühmte Empfehlung der Friedensrichter lautet folgendermaßen: Wenn ein Vierkilolaib Brot von bestimmter Qualität,1 Shilling kostet, dann soll jeder arme und arbeitsame Mann zu seiner Unterstützung 3 Shilling wöchentlich bekommen, die er sich entweder durch eigene Arbeit oder die seiner Familie erwirbt, oder einen Zuschuss aus dem Armenfonds, und für den Unterhalt seines Weibes und jedes weiteren Fami­lienmitglieds 1 Shilling und 6 Pence; wenn der Brotlaib 1 Shilling und 6 Pence kostet, dann 4 Shilling wöchentlich, plus 1 Shilling und 10 Pence; für jeden Pence, den der Brotpreis über 1 Shilling steigt, soll er drei Pence für sich und 1 Pence für die anderen erhalten.“ (Polanyi 1990: 114)

Das Speenhamland-System wurde nach einer Bread Scale abhängig von der Familiengröße an den Ackertagebauern gewährt. Wurde der Hauptverdiener anfangs mit dem Gegenwert von drei Vierpfundbroten pro Woche unterstützt, so sank der Zuschuss später in mehreren Grafschaften sukzessive auf zwei und zuletzt auf eineinhalb Vierpfundbrote. Die Arbeitslöhne wur­den wie ein Kombilohn aufgestockt. Wenn der Mann arbeitete, bekamen er und seine Familie mehr Unterstützung (Hampson 1934: 195). Im Kontext der Korngesetze von 1815 gab es einen Bericht der Royal Commission. Darin berichtet G. L. Newnham (Barrister at Law) weitere Details, wonach die Squires bei der Pfarreiunterstützung mehrfach ergebnislos über eine Art Mindestlohn verhandelten, den die Grundherren zahlen sollten, damit der Aufstockungsbetrag entsprechend niedriger ausfallen konnte. Danach sollte der Wochenlohn 3 sh. pro Mann betragen, wenn der Laib Brot von 8 Pfund 11 Unzen auf 1 sh. stünde, und er sollte regelmäßig wachsen, bis der Laib 1 Shilling (sh.) und 5 Pence (d.) koste, wie es bei Newnham heißt. Sobald er über diesen Preis stiege, sollte der Lohn proportionell abnehmen, bis der Preis des Laibes 2 sh. erreicht hätte; und dann sollte die Nahrung des Mannes 1/5 weniger als vorher sein (Newnham 1815). Karl Marx stellt über dieses Mindestsalär fest, dass die englischen Pächter und Landlords am Ende des 18. und während der ersten Dezennien des 19. Jahrhunderts den Ackerbau­taglöhnern weniger als das Minimum in der Form des Arbeitslohns auszahl­ten, der Rest wurde als Pfarreiunterstützung aufgestockt (MEW 23: 628f.). Marx brandmarkt dies süffisant:

„Als die Squires die Arbeitslöhne für Speenhamland 1795 festsetzten, hatten sie zu Mittag gespeist, dachten aber offenbar, daß die Arbeiter nicht desgleichen nötig hät­ten...“ (ebenda).

Info-Box: Leistung und Gegenleistung

Wie bei der frühen Einkommensgarantie beruht die Leistungsbewilligung des Staates prinzipiell auf einer Gegenleistung. Wer unterstützt werden wollte, sollte

a) arbeitsfähig sein. Der Lohnzuschuss war nicht von der Lohnhöhe abhängig, sondern von der Anzahl der Familienmitglieder. Wer über eigenes Land verfügte, oder zusätz­lich Selbstversorgung betrieb, bekam nichts.
b) ortsansässig sein, d.h. Wanderarbeiter (als Beispiel) bekamen keine Unterstützung.

Die Richter der Grafschaft Berkshire hatten auch eine andere Option erwogen, wonach Landwirte und andere Arbeitgeber Mindestlöhne zahlen und die Löhne ihrer Arbeiter freiwillig anheben sollten. Dieser Vorschlag bekam keine Mehrheit und das Verursacher­prinzip stieß auf wenig Resonanz.

Was bedeutet die Lohnergänzung umgerechnet auf heutige Preise? Nach heutigem Brotpreis von fünf Euro per Kilogramm Brot, entspräche dies ei­nem aktuellen monatlichen Lohnzuschuss von 516 Euro.13 Die erforderli­chen Beiträge zur Armenkasse wurden zunächst als lokale Einkommensteuer erhoben, später als Abgabe auf Grundbesitz, die jedoch nicht nur von Guts­besitzern, sondern z. B. auch von Pächtern zu zahlen war.

Das Speenhamland-System wurde nicht an Arbeitgeber, sondern direkt an Arbeiter ausgezahlt und die Lohnsubvention war an zwei Bedingungen ge­bunden. Die Methoden der Subventionsvergabe waren von Gemeinde zu Ge­meinde verschieden. Der Speenhamland-Plan hatte erstmals eine Hilfestaf­felung (bread scale) und war gestaffelt nach der Familiengröße, d.h. an die Kinderzahl, was an Regularien moderner Sozialpolitik erinnert (Sokoll 1988).

Info-Box: Formen der Armenhilfe in der Industriellen Revolution

- Die bedingungslose Auszahlung an Arbeitsfähige (Ausnahme);
- das roundsman-System, eine Art subventionierter Leiharbeit, wo arbeitsfähige Arme on the round unter örtlichen Privatarbeitgebern herumgereicht wurden;
- die poor rate oder labour rate, d.h. die Verpflichtung von Steuerpflichtigen, ar­beitsfähige Arme nach Höhe ihrer Steuer zu beschäftigen, wobei die labour rate als eine Art Steuerrückzahlung für ortansässige Landbesitzer definiert war;
- der Highway rate Fund im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im Stra­ßenbau.
- Nach 1760 und in den Krisenjahren 1795/96, 1800/01 und 1809-12 entwickelten sich regionalspezifische Formen der Armenhilfe (bread money).

Die aufstockende Hilfe wurde auch gewährt, wenn der Hauptverdiener Ar­beit hatte (Polanyi 1978 1944: 115). Die „Brotskala“(gallon loaf of bread) des Speenhamland-System brachte eine Standardisierung des damaligen Mindesteinkommens und wurde in vielen Grafschaften als Muster genom­men. Die bread scale war eine historisch neue Form des heutigen Means Test (Bedürftigkeitsprüfung).

Überblick über Positionen zum Speenhamland-System

Die Berichte über die miserablen Arbeitsbedingungen auf dem Land zu Ende des 18. und frühen 19. Jahrhunderts sind eindeutig. Doch die Meinungen über das Speenhamland-System gehen auseinander. Die feine Oberschicht hatte von den Armen eine schlechte Meinung und jegliche Form der Armen­hilfe stieß auf Skepsis. Die Armen würden noch mehr Kinder bekommen und die Kriminalität würde zunehmen. Die Wirtschaft würde leiden, weil Löhne ansteigen, Produktivität und Arbeitsmoral aber abnehmen würden. Kurz: Es entstünde eine „Kultur der Indolenz“.

Eine Literaturübersicht ist bei Milton D. Speizman, Mitglied der Social Academy der Universität von Chicago, zu finden (Speizman 1966). Beraubte das Speenhamland-System den Armen den letzten Rest an Selbstachtung und verstärkte den Pauperismus? Gleichgültig waren hingegen viele Privilegierte gegenüber der Armut. So wird über Arbeiterfamilien berichtet, die in er­bärmlichen Behausungen dahinvegetierten. Der weit gereiste William Cob- bett traf in Sussex Arbeiterfamilien an, die in Schweineställen hausten und mit einem Drittel davon auskommen mussten, was Sträflinge bekamen. Fred

[...]


1 Ein Acre entspricht 0,4 ha.

2 Diesen Kontext beleuchtet Marx in Resultate des unmittelbaren Produktionsprozesses. Dieser Text war als Kapitel 6 für den ersten Band des Kapital vorgesehen. Dieser Plan wurde jedoch nicht umgesetzt. Erst die italienische Linke setzten sich eingehend mit dem Text auseinander. Laut Paul Sweezy, dem US-amerikanischen Nationalökonom und Marxis­ten, sind der Fernhandel und das Handelskapital die Haupttriebkraft für den Übergang zum Kapitalismus ursächlich (Sweezy 1978). Die industrielle Re­volution hat ihren Ursprung in der Profitgier und dem technischen Fortschritt (Hobsbawm 1977: 39). Daher wandelte sich auch die Form der Mehrwert­produktion. Bei der formellen Subsumtion geht es um die Schaffung des ab­soluten Mehrwerts, der etwa durch die Verlängerung des Arbeitstages ge­steigert werden kann. Anders bei der formellen Subsumtion der Arbeit unter das Kommando des Kapitals, wo es um die Produktion des relativen

3 Als Produktionsfaktoren werden jene in der Produktion eingesetzten materiellen und immateriellen Güter bezeichnet, deren Einsatz (englisch Input) zur Herstellung anderer Güter oder Dienstleistungen erforderlich ist. Die Produktionsfaktoren werden durch Arbeitslohn, Kapitalzins und Bodenpacht vergütet. (Zur Kritik des Produktionsfaktoren-Konzepts: Conrad, Otto: Die Todsünde der Nationalökonomie, Leipzig/Wien 1934, S. III sowie 4 - 12.)

4 Im Frühkapitalismus Zeit war das Trucksystem (von englisch to truck,eintauschen‘) weit verbreitet. Der Lohn wurde in Form von minderwertigen und zu überhöhten Preisen bewerteten Waren ausgezahlt. Die Veilsdorfer Kupfermarken wurden 1822 vom Porzellanwerk Kloster Veilsdorf in Sachsen-Hildburghausen als Fabrikgeld herausgegeben. In Preußen wurde das Trucksystem 1849 verboten. In der Österreichisch­Ungarischen Monarchie wurde es erst 1885 abgeschafft. Sachbezug statt Geld ist mit dem Deputatlohn oder als Rabatt auf Firmenprodukte heute noch anzutreffen.

5 Die Whigs waren zwischen den 1680er und 1850er Jahren eine der beiden Parteien des britischen Parla­mentarismus. Ihre Gegner waren die konservativen Torys. 1859 schlossen sich die Whigs mit gemäßigten Tories zur Liberal Party zusammen.

6 Der Humanist und Staatsmann Thomas Morus entwarf das Bild einer Arbeitsgesellschaft. Statt Diebe zu bestrafen, sollten die Menschen eine Art Lebensunterhalt erhalten, um Diebstahl vorzubeugen. Im Alter von 57 Jahren wurde jedoch aus anderen Gründen 1535 auf dem Schafott vor dem Tower hingerichtet. Erst die zweite Welle der Einzäunungen (Enclosure Movements) durch mei­lenweit aufgeschichtete Steinwälle beendete die Selbstversorgung und löste damit einen epochalen gesellschaftlichen Umbruch aus. Schafzucht wurde zunehmend des Fleisches und weniger der Wolle wegen betrieben, was für die Gutsherren Schafzucht profitabler als die Bodenbestellung machte (Gras 1940).

7 Es geht um eine Rückforderung in Höhe von 21 Milliarden US-Dollar, also den kapitalisierten Wert der 90 Millionen Gold-Franc, die seinerzeit gezahlt wurden. Frankreich weigert sich weiterhin, seine histori­schen Schulden an Haiti zurückzuerstatten.

8 Der Unterschied zwischen den Scheffeln konnte groß sein. Der Winchester-Scheffel hatte acht, der Stam­ford-Scheffel 16, der Carlisle-Scheffel 24 und der Chester-Scheffel 32 Gallonen. Die Corn Laws in Großbritannien verschärften die Not. Die Ernährungskrise war teils von den Regierenden durch die Folgen der Corn Laws selbstver­schuldet durch Einfuhrzölle auf Lebensmitteln vom europäischen Kontinent, der Beschränkung des Freihandels, um die Kornpreise und damit die Ge­winne des landbesitzenden Adel zu stabilisieren. Das Gegenmodell zum Pa­ternalismus war der freie, sich selbst regulierende Markt. Adam Smith reha­bilitierte die bürgerlichen Müller, Bäcker, Getreidehändler, Hökerer und Spekulanten moralfrei (Smith 1990 1776: 435-554). Seine Argumente soll­ten gegen die Getreidelobby obsiegen und 1831 wurde die Anti-Corn Law

9 John Bright und Richard Cobden , zwei wichtige Vertreter des Manchesterliberalismus, gründeten die Liga und verfolgten mit ihr eine Doppelstrategie. Gegenüber den Arbeitern erklärten sie, dass die Abschaf­fung der Kornzölle den Brotpreis verbilligen werde. Gegenüber den Industriellen erklärten sie, dass dies die Gelegenheit eröffne, die Löhne zu senken und dass der steigende Außenhandel die Gelegenheit böte, mehr Fertigwaren in das Ausland zu verkaufen. Die Erwartung sinkender Löhne beruhte auf dem damals aktuellen, von David Ricardo formulierten eisernen Gesetz, dass die Löhne stets zu einem den Lebensun­terhalt gerade noch sichernden Niveau tendieren. Von 1815-1846 galten die Corn Laws - abgeschafft im Mai 1846 vom Parlament auf Drängen der Manchesterliberalen und mit Unterstützung der Bevölkerung. Das war der erste große Erfolg der Manchesterliberalen (aus: Wikipedia.de).

10 Die Korngesetze wurden nach dem Ende der Napoleonischen Kriege 1815 beschlossen als die Getreide­preise auf dem Weltmarkt sanken und die Erntemenge des einheimischen Getreideanbaus stagnierte. Ein­fuhrzölle wurden erhoben, um den Getreidepreis und die Margen des landbesitzenden Adels zu stabilisie­ren. Zwischen 1845 und 1849 verhungerten allein in Irland mehr eine Million Menschen, etwa zwölf Pro­zent der irischen Bevölkerung. Wegen der Kartoffelfäule stand kein anderes Grundnahrungsmittel zur Ver­fügung, weil selbst in der größten Hungersnot Getreide nach England geschafft wurde. Zwei Millionen Iren wanderten aus und viele überlebten auch den Exodus nicht.

11 Die Verwendung des Begriffs „Land“ ist leicht irreführend, da es sich nur um ein sehr kleines Gebiet (Gewann) nördlich von Newbury handelt. Allerdings wurde das Speenhamland-System auf weite Landstri­che Englands und Wales übertragen und wurde als Standard auch dort angewendet, wo es diese Armenhilfe nicht explizit gab.

12 Die Zeit zwischen 1811 bis 1820 im Vereinigten Königreich Großbritannien und Irland wird als Regency bezeichnet. Die Epoche beginnt mit der Übernahme der Regierungsgeschäfte durch den Prince of Wales, Georg August Friedrich von Hannover, den späteren George IV., und umfasst den Zeitraum seiner Regent­schaft. Durch die Stoffwechselkrankheit Porphyrie war sein Vater George III. nicht mehr in der Lage, die Regierung auszuüben. Politisch endete das Regency mit dem Tod Georges III. und der Inthronisierung des Prince Regent als George IV (aus: Wikipedia).

13 Umrechnung: 6 Brote a 4 kg Brote x 20 €= 120 Euro pro Woche = 120*4,3=516 € /Monat für 4 Personen.

Ende der Leseprobe aus 95 Seiten

Details

Titel
Das Speenhamland-System als frühes Grundeinkommen. Vorgeschichte, Wirkungen und Erkenntnisse
Autor
Jahr
2020
Seiten
95
Katalognummer
V950034
ISBN (eBook)
9783346290090
ISBN (Buch)
9783346290106
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Klaus-Uwe Gerhardt legt eine verdienstvolle Studie zum Speenhamland vor. Es gilt für manche als Inbegriff unerwünschenter Auswirkungen eines Mindesteinkommens. Selbst K. Polanyi attestierte ihm demoralisierende Effekte. Gerhardt hingegen zeigt, dass für eine Bewertung das komplexe Zusammenwirkungen verschiedener Umbrüche politischer, soziokultureller und wirtschaftlicher Art berücksichtigt werden muss. Entsprechend fällt sein Fazit differenziert aus. Die Studie bietet für historisch und sozialpolitisch interessierte Leser tiefe Einsichten.
Schlagworte
Speenhamland-System, Armenhilfe, Polanyi, Grundeinkommen, Mindesteinkommen, Kombilohn, Lohnsubvention, Lohnergänzung, England, Manchester, Gentry, Bread Scale, Bread Money, Poor Law, Sozialtransfer, Unterstützungsleistung, Einhegung, Lohnarbeit, Unruhen, Krawalle, soziale Revolten, Massenunruhen, Gewerkschaft, Großbritannien, Transformation
Arbeit zitieren
Dr. Klaus-Uwe Gerhardt (Autor:in), 2020, Das Speenhamland-System als frühes Grundeinkommen. Vorgeschichte, Wirkungen und Erkenntnisse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/950034

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