Eine Sache der Politik oder eine Sache jedes Einzelnen? Die Bioethik-Konvention


Referat / Aufsatz (Schule), 2000

12 Seiten, Note: 15 Pkt.


Leseprobe


Eine Sache der Politik oder eine Sache jedes Einzelnen? Die Bioethik-Konvention

Zu meinem Bedauern mußte ich vor ein paar Tagen feststellen, daß viele nicht wissen, daß es eine Bioethik-Konvention gibt. Und wenn es jemand wußte, so konnte er mir nicht sagen um was es dabei geht.

Nun was ist eigentlich Bioethik? Die neuen Entwicklungen im Bereich der medizinisch-biologischen Versorgung machten es fast unumgänglich, daß sich eine Teildisziplin der allgemeinen Ethik etablierte, die Bioethik. Die Bioethik beschäftigt sich mit den sittlichen Fragen von Geburt, Leben und Tod des Menschen. Im Rahmen der Bioethik werden folgende Themen diskutiert:

- Sterben und Sterbehilfe
- Gentechnologie
- Schwangerschaftsabbruch
- Humanexperimente in der Medizin und der Psychiatrie
- Verteilungsgerechtigkeit medizinischer Ressourcen
- Zeugungshilfen(„Reproduktionsmedizin“)

Das Leitprinzip der Bioethik soll sein: Bewahrung, Schutz und Humanisierung des menschlichen Leben mitsamt seiner vielfältigen Umwelt in Gegenwart und Zukunft. Bei der Beurteilung konkreter Situationen können bewährte ethische Prinzipien dienen(Würde des Menschen, „Ehrfurcht vor dem Willen des Lebens“(A. Schweitzer) ...). Ein Teilgebiet der Bioethik ist die medizinische Ethik. In der medizinischen Ethik gelten folgende „Konstanten“:

- Das Wohl des Kranken ist allem anderen voranzustellen.
- Leben ist zu erhalten.
- Dem Kranken darf kein Schaden zugefügt werden.
- Die Würde des Menschen ist zu achten.
- Der Arzt muß vertrauenswürdig sein.

Nun gibt es in der Bioethik verschieden Strömungen, z.B. eine Strömung die zwischen Person und Homo sapiens unterscheidet. Nach P. Singer ist eine Person ein Wesen mit vielen hochwertigen Eigenschaften. Da Wesen mit hochwertigen Eigenschaften zu schützen sind, ist es inkonsequent Tiere zu töten, Menschen aber, die geringere Eigenschaften haben(z.B. Behinderte oder Ungeborene) leben zu lassen. Ich will die Bioethik-Konvention einmal mit diesem Hintergrund durchsprechen und einmal ohne einen Unterschied zwischen Person und Homo sapiens zu machen auf die Probleme der Bioethik-Konvention eingehen. Eine zusammengefaßte Form der Bioethik-Konvention füge ich als Anhang bei.

Die Bioethik-Konvention auf dem Hintergrund P. Singer's Ansichten zur Bioethik

Nach Peter Singer muß zwischen der Rasse Homo sapiens und einer Person unterschieden werden. Personen sind seiner Meinung nach Mitglieder der Rasse Homo sapiens mit hochwertigen Eigenschaften. Da Personen wertvoller seien als Nicht-Personen, hätten Nicht-Personen weniger Rechte als Personen. Daraus folgt, daß es inkonsequent sei Nicht-Personen(z.B. Behinderte, Ungeborene...) leben zu lassen, aber z.B. Tiere, die höhere Qualitäten haben zu töten. Es muß dazu gesagt werden, daß Singer's „Praktische Ethik“ aus dem Tierschutz entstanden ist. In der Bioethik-Konvention gibt es nun den Artikel 6 „Schutz einwilligungsunfähiger Personen“. Jetzt stellt sich die Frage, ob einen Person, die nicht einwilligungsfähig ist überhaupt noch eine Person nach Singer ist. Eine Person die einwilligungsunfähig ist, ist nach Singer wohl keine Person mehr. Folglich wären die ganzen Artikel zum Schutz einwilligungsunfähiger Personen nur dann anwendbar, wenn eine Person aufgrund eines Unfalles, einer Krankheit usw. nur zeitweilig ihre Einwilligungsfähigkeit verliert, z.B. durch Bewußtlosigkeit. In der Bioethik-Konvention steht in den meisten Fällen Person und nicht Mensch, in seltenen Fällen steht Patient oder gar „Jeder“. Wird die Bioethik-Konvention nun mit dem Hintergrund der „Praktischen Ethik“ von P. Singer gesehen, diskriminiert sie behinderte Menschen und wohl auch Minderjährige. Die Bioethik- Konvention würde somit zu einem höchst zweifelhaften Papier, das sich teilweise sogar selbst widerspricht, so heißt es in der Präambel „Bearing in mind the Universal Declaration of Human Rights proclaimed by the General Assembly of the United Nations on 10 December 1948;...“1.1 ,also „eingedenk der von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 10. Dezember 1948 verkündeten Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte;“1.2 Würde die Bioethik-Konvention bei dieser Auslegung nicht dem Artikel 1 dieser Allgemeinen Erklärung, in der es heißt „All human beings are born free and equal in dignity and rights. They are endowed with reason and conscience and should act towards one another in a spirit of brotherhood.“1.3 übersetzt „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Brüderlichkeit begegnen.“1.4. Wenn nun ein Unterschied zwischen Person und Homo sapiens gemacht wird, so werden die Rechte des Homo sapiens eingeschränkt. Da in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte aber eindeutig von Menschen und nicht von Personen gesprochen wird, widerspräche die Bioethik-Konvention diesem ersten Artikel der Menschenrechte.

Die Bioethik-Konvention hat aber auch ohne diese recht eigenwillige Auslegung nach Singer noch ihre wunden Stellen, doch dazu will ich gleich kommen.

Probleme der Bioethik-Konvention

Ein großes Problem der Bioethik-Konvention ist, daß sie vor ca. 10 Jahren angefangen wurde zu entwickeln. Damals ging es darum den Ärzten eine rechtliche Entscheidungshilfe zu geben, auf die sie sich in Grenzsituationen beziehen konnten. Den Ärzten sollte erleichtert werden, in Grenzsituationen zwischen Leben und Tod zu entscheiden. Weiter sollte es möglich gemacht werden, daß notwendige medizinische Eingriffe auch ohne Einwilligung möglich sind. Nun, nachdem die Bioethik-Konvention vom Europaparlament und Europarat verabschiedet wurde, hat sich im Bereich der Biologie und Medizin einiges getan. Ich will hier nicht auf die einzelnen Entwicklungen verweisen, da diese bekannt sein dürfen, so will ich hier nur die Gentechnik nennen.

Doch nun zu den einzelnen Kapiteln der Konvention, die eigentlich nicht Bioethik-Konevntion heißt, sondern „Übereinkommen zum Schutz der Menschenrechte und der Menschenwürde im Hinblick auf die Anwendung von Biologie und Medizin: Übereinkommen über Menschenrechte und Biomedizin“, und mir in ihrer Fassung vom 4. April 1997 vorliegt.

Die ersten ernsthaften Probleme treten im zweiten Kapitel auf. In diesem Kapitel geht es um die Einwilligung. Die allgemeine Regel besagt, daß eine Intervention im Gesundheitsbereich erst dann erfolgen darf, wenn die betroffene Person einwilligt. Die betroffene Person muß zuvor angemessen über den Zweck und Art des Eingriffes informiert werden. Nun stellt sich die Frage, was ist eine angemessene Aufklärung. Etwa eine Bombardement aus Fachausdrücken, die ein Mediziner auf seinen Patienten losläßt oder eine oberflächliche Aufklärung, bei der vor allem beschönigt und beruhigt wird. Was eine angemessene Aufklärung ist entscheidet wohl der behandelnde Mediziner. Will dieser nun einen Eingriff unbedingt ausführen, versucht er, den Patienten logischerweise dazu zu bringen, einzuwilligen, er wird die Sache also beschönigen.

Noch wesentlich ernsthafter werden die Probleme, wenn eine Person nicht einwilligungsfähig ist. Dann dürfen nach Artikel 6 nur Eingriffe vorgenommen werden, die der Person unmittelbar helfen. Das Problem ist, daß in Absatz 1, Artikel 6 die Artikel 17 und 20 vorbehalten werden. Auf jeden Fall entscheidet ein Vormund für die einwilligungsunfähigen Personen. Bleibt noch festzustellen, wer nicht einwilligungsfähig ist. Die „Zentrale Ethikkommision“ bei der Bundesärztekammer hat in einer Stellungnahme „Zum Schutz nicht-einwilligungsfähiger Personen in der medizinischen Forschung“(Deutsches Ärzteblatt 94, Heft 15(11.4.1997), Seite A-1011) festgestellt:

„Die Nichteinwilligungsfähigkeit ist weder eine allgemeine noch eine dauerhafte persönliche Eigenschaft. Sie kann vielmehr nur in bezug auf einen konkreten Sachverhalt festgestellt werden. Nicht- einwilligungsfähig ist, wer etwa infolge von Minderjährigkeit oder Krankheit jeweils im konkreten Einzelfall außerstande ist, alle für die Einwilligung maßgeblichen Umstände zu erfassen, diese sodann zu verarbeiten und zu bewerten und darauf aufbauend eine Entscheidung zu treffen (Anmerkung 2). Hierbei müssen verschiedene Gruppen von nichteinwilligungsfähigen Personen unterschieden werden:

- Erwachsene, die zeitweilig nicht-einwilligungsfähig sind (z. B. Patienten nach Polytrauma, Schädel-HirnTrauma, Schlaganfall, in traumatischem oder septischem Schock, mit Delir),
- Erwachsene, die dauerhaft nicht-einwilligungsfähig sind (z. B. Patienten mit progredienter Demenz, apallischem Syndrom),
- Kinder entsprechend dem Stand ihrer Einsichtsfähigkeit.“2.1

In Anmerkung 2 heißt es:

„Zur Feststellung der Einwilligungsfähigkeit hat der Arzt jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob die Person fähig ist, - einen bestimmten Sachverhalt zu verstehen: dies gilt insbesondere im Hinblick auf das Ziel des Vorhabens, Verfahren, Beeinträchtigungen, Risiken und Alternativen,

- diese Information in angemessener Weise zu verarbeiten,
- sie nachvollziehbar und nicht durch Krankheit oder geistige Unreife verzerrt zu bewerten,
- auf dieser Grundlage von Verständnis, Verarbeitung und Bewertung den eigenen Willen zu bilden und zu äußern.

Sind diese Fähigkeiten bei der Person nicht festzustellen, muß von fehlender Einwilligungsfähigkeit ausgegangen werden“2.2

Also wären einwilligungsunfähige Personen Behinderte, Minderjährige, Bewußtlose Nun gibt es noch zwei Artikel, bei denen auch ohne Einwilligung eine Intervention durchgeführt werden darf. Zum einen Artikel 7, nach diesem Artikel dürfen Eingriffe bei psychisch gestörten Personen auch ohne Einwilligung vorgenommen werden, wenn der Person ohne diese Behandlung ernster gesundheitlicher Schaden droht. In diesem Fall muß die Rechtsordnung Schutz gewährleisten, „der auch Aufsichts-, Kontroll- und Rechtsmittelverfahren umfasst.“2.3 Zum anderen Artikel 8 bei dem es um Notfallsituationen geht. In diesem Fall dürfen medizinisch unerläßliche Eingriffe ohne vorherige Einwilligung erfolgen. Die Frage bei diesen zwei Artikeln ist, wer stellt fest, ob die Eingriffe wirklich unerläßlich sind? Eine einzelne Person, eine Gruppe? Lauter solche kleinen Einzelheiten sind in der Konvention nicht geregelt und lassen teilweise ziemlichen Spielraum. Weitere Probleme warten in Kapitel IV - Menschliches Genom, so wird in Artikel 13 eine Intervention in das menschliche Genom nur dann gestattet, wenn sie zu präventiven, diagnostischen oder therapeutischen Zwecken dient und nicht darauf abzielt das Erbgut der Nachkommen zu ändern. Nun, das Erbgut der Nachkommen kann ja auch ganz zufällig verändert werden, oder? Schließlich ist die Gentechnik ja noch nicht so weit fortgeschritten, daß es nicht zu „unerwünschten Nebeneffekten“ kommen kann.

Das wohl mit Abstand problematischste Kapitel ist Kapitel V, indem es um wissenschaftliche Forschung geht. Um die ganze Problematik zu erfassen müßte ich an dieser Stelle die Artikel 16 und 17 einbringen, ich verweise deshalb auf den Anhang. Es sind Forschungsvorhaben an einwilligungsunfähigen Personen dann zulässig, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, dies ist noch nicht der Problempunkt von Artikel 17. Das Problem mit Artikel 17 ist, daß er auch fremdnützige Forschung erlaubt, wenn „außer den Voraussetzungen nach Absatz 1 Ziffern i, iii, iv und v zusätzlich die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

„i) Die Forschung hat zum Ziel, durch eine wesentliche Erweiterung des wissenschaftlichen Verständnisses des Zustands, der Krankheit oder der Störung der Person letztlich zu Ergebnissen beizutragen, die der betroffenen Person selbst oder anderen Personen nützen können, welche derselben Altersgruppe angehören oder an derselben Krankheit oder Störung leiden oder sich in demselben Zustand befinden, und
ii) die Forschung bringt für die betroffene Person nur ein minimales Risiko und eine minimale Belastung mit sich.“2.4

Nun muß noch das minimale Risiko definiert werden, hierzu dient wieder die Stellungnahme der Zentralen Ethikkommision bei der Bundesärztekammer. So heißt es dort in Anmerkung 1:

„Der Begriff des "minimalen Risikos" ist nur schwierig zu bestimmen, kann aber durch die Unterscheidung von Risikostufen und durch eine Liste von Beispielen konkretisiert werden. Dazu können auch die medizinischen Fachverbände und die Ethikkommissionen beitragen. In jedem Fall ist zwischen objektivierbarem Risiko und subjektiver Belastung bzw. Beschwerden zu unterscheiden (z. B. birgt eine Magnetresonanztomographie keine objektivierbaren Risiken, kann aber sehr wohl zu einer subjektiven Belastung werden, die zum Abbruch der Untersuchung führt). Insbesondere hinsichtlich subjektiver Beschwerden gibt es eine große individuelle Variation und große Unterschiede zwischen den Gruppen. Von einem "minimalen" Risiko kann nach Auffassung der Kommission gesprochen werden, wenn z. B. Körperflüssigkeit oder Gewebe in geringen Mengen im Rahmen von ohnehin notwendigen diagnostischen Maßnahmen oder Operationen gewonnen wird und deshalb kein zusätzliches Risiko für den Patienten beinhaltet. Auch bestimmte körperliche Untersuchungen (z. B. Sonographie, transkutane Gewebemessungen etc.) sowie bestimmte psychologische Untersuchungen (z. B. Fragebogen-Interviews, Tests, Verhaltensbeobachtungen) fallen in diese Gruppe.“2.5 Soweit so gut, es entscheiden wieder Gremien für den einwilligungunfähigen Menschen. Wie setzen sich die Gremien zusammen? Etwa aus Medizinern? Oder aus Philosophen? Eigentlich ist es egal, denn wer kann schon für einen anderen Menschen solche Entscheidungen treffen und mit welchem Recht kann er das? Mit dem Recht, daß er klüger, intelligenter ist? Wenn die betroffene Person nicht zustimmt, darf die Forschung auch nicht ausgeführt werden. Nur ist diese Absicherung der einwilligungsunfähigen Person nicht mehr als eine Floskel. Eine Person die nichteinwilligungsfähig ist, wird kaum erfassen um was es überhaupt geht. Mit ein bißchen Geschick kann diese Person doch so gelenkt werden, daß sie zustimmt.

Ein weiteres Problem tritt bei der Gewebe- und Organtransplantation auf. In Artikel 20 zum Schutz einwilligungsunfähiger Menschen steht, daß einer einwilligungsunfähigen Person kein Gewebe oder Organ entnommen werden darf. „In Ausnahmefällen und nach Maßgabe der durch die Rechtsordnung vorgesehenen Schutzbestimmungen darf die Entnahme regenerierbaren Gewebes bei einer einwilligungsunfähigen Person zugelassen werden, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

„i) Ein geeigneter einwilligungsfähiger Spender steht nicht zur Verfügung;
ii) der Empfänger ist ein Bruder oder eine Schwester des Spenders;
iii) die Spende muß geeignet sein, das Leben des Empfängers zu retten;
iv) die Einwilligung nach Artikel 6 Absätze 2 und 3 ist eigens für diesen Fall und schriftlich in Übereinstimmung mit der Rechtsordnung und mit Billigung der zuständigen Stelle erteilt worden, und
v) der in Frage kommende Spender lehnt nicht ab“2.6 In Ziffer v steht wieder diese Floskel, daß der in Frage kommende Spender nicht ablehnen darf. Es treten weitgehend die gleichen Probleme auf wie bei Artikel 17. Wer entscheidet? Und mit welchem Recht entscheidet er?

Alles in allem hat die Bioethik-Konvention noch ihre Probleme. Fremdnützige Versuche an nicht- einwilligungsfähigen Personen? Wer bestimmt für diese Personen? Mit welchem Recht bestimmt er? Dies sind Fragen auf die noch Antworten gefunden werden müssen. Einerseits müssen neue Methoden der Therapie und Diagnostik in der letzten Phase ihrer Entwicklung in der Klinik mit Patienten erprobt werden. Andererseits, wer läßt sich schon gerne als Versuchskaninchen verwenden? Also, ich wäre nicht begeistert, wenn ein anderer bestimmen würde, daß ich an einem medizinischen Forschungs- vorhaben teilhaben muß. Ich kann mir Vorstellen, daß ein Behinderter, Minderjähriger oder sonst aus irgendeinem Grund nicht einwilligungsfähiger Mensch auch nicht begeistert wäre. Desgleichen ist es meiner Meinung nach ethisch nicht zu rechtfertigen an einer einwilligungsunfähigen Person fremdnützige Forschung durchzuführen. Es ist etwas anderes, wenn mich jemand fragt und ich aus freiem Willen zustimme.

Die Bioethik-Konvention ist eine Sache, die jeden angeht und nicht nur die Mediziner, Biologen und Politiker. Sie fordert jeden als Menschen. Es kann sein, daß jeder von uns einmal in die unangenehme Lage kommt für einen anderen Menschen in solchen Dingen zu entscheiden. Wir würden Sie sich entscheiden? Nach bestem Wissen und Gewissen? Nach Wünschen, die die Person früher äußerte? Sie würden wahrscheinlich nie erfahren, wie sich der Kranke entschieden hätte. Jeder von uns kann auch durch eine Krankheit oder durch einen Unfall zu einer einwilligungsunfähigen Person werden. Was würden Sie sagen, wenn irgend jemand Fremdes dann über ihr Geschick entscheiden würde? Vielleicht würden Sie es hinnehmen, weil Sie sowieso nicht mehr mitbekommen, was mit Ihnen geschieht. Vielleicht würden Sie diese Fremden aber auch zum Teufel wünschen, weil sie gegen Ihren Willen und gegen Ihre Überzeugung entscheiden. Wer weiß das schon? Und wer macht sich jetzt schon Gedanken darüber? Wenn Sie anfangen, darüber nachzudenken, kann es schon zu spät sein. Deshalb sollte die Gesellschaft bereit sein, die Verantwortung schon aus moralischen und ethischen Grundsätzen heraus wahrzunehmen. Die Gesellschaft sollte ihre Verantwortung nicht auf ein, teilweise sogar zweifelhaftes, Gesetzt abschieben.

Anhang: Zusammenfassung der Bioethik-Konvention (4. April 1997)

1. Präambel

In der Präambel wird darauf hingewiesen für wen diese Konvention gilt, welche anderen Konventionen und Gesetze sie berücksichtigt und mit welchen Hintergedanken sie verabschiedet wurde. In diesem Fall gilt die Konvention für alle die dieses Übereinkommen unterzeichnen sowie für die EG und die Mitgliedstaaten des Europarates.

Ich will hier nicht alle Konventionen und Gesetze aufzählen die berücksichtigt wurden, so wurden unter anderem die „Universal Declaration of the Human Rights“ (Allgemeine Erklärung der Menschenrechte), „Convention for the Protecion of the Human Rights and Fundamental Freedoms“ (Konvention zum Schutz der Menschenrechte und der Grundfreiheiten) und die „Convention on the Rights of the Child“ (Übereinkommen über die Rechte des Kindes).

Weiter wurde diese Konvention aus der Notwendigkeit heraus geschrieben Menschen vor den Möglichkeiten der Biologie und der Medizin zu schützen.

2. Kapitel I - Allgemeine Bestimmungen (Artikel 1 bis 4)

In diesem Kapitel werden Gegenstand und Ziel der Konvention festgehalten (Artikel 1) Hier wird garantiert, daß alle Menschen auch im Hinblick auf Medizin und Biologie alle Grundrechte und Grundfreiheiten haben. Weiter wird der Vorrang des menschlichen Lebewesens (Artikel 2) gefordert sowie gleichen Zugang zur Gesundheitsversorgung (Artikel 3) und das jeder Eingriff im Gesundheitsbereich, auch die Forschung, nach den Berufspflichten und Verhaltensregeln für diesen Beruf erfolgt (Artikel 4),

3. Kapitel II - Einwilligung (Artikel 5 bis 9)

In der Regel müssen die Personen an denen ein Eingriff vorgenommen wird über den Eingriff aufgeklärt werden. Willigt die Person ein darf der Eingriff ausgeführt werden, die Person darf ihre Einwilligung jedoch jederzeit zurückziehen. (Artikel 5)

Komplizierter wird es, wenn die betroffene Person nicht einwilligen kann. In diesem Fall darf die Intervention nur dann erfolgen, wenn sie der Person unmittelbar hilft, es sind jedoch Ausnahmen möglich. Ist die Person minderjährig, tritt ein gesetzlicher Vertreter an ihre Stelle. Je älter die minderjährige Person ist, desto mehr muß ihre Meinung berücksichtigt werden. Ist jemand aufgrund geistiger Behinderung nicht fähig eine eigene Entscheidung zu treffen entscheidet wieder ein Vormund, wobei die betroffene Person soweit möglich in das Verfahren einzubeziehen ist. Die

Einwilligungen können im Interesse der betroffenen Person jederzeit widerrufen werden. (Artikel 6) Ist jemand psychisch Gestört darf ein Eingriff ohne Einwilligung nur dann erfolgen, wenn der Person ohne Behandlung ernsthafte gesundheitliche Schäden drohen und wenn die Rechtsordnung Schutz gewährleistet. (Artikel 7)

In einer Notfallsituation darf jeder lebensretende, -verlängernde Eingriff ohne Einwilligung erfolgen. (Artikel 8) Zu einem früheren Zeitpunkt geäußerte Wünsche sind zu berücksichtigen. (Artikel 9)

4. Kapitel III - Privatsphäre und Recht auf Auskunft (Artikel 10)

Jeder hat das Recht auf Wahrung der Privatsphäre in bezug auf gesundheitliche Angaben. Weiter hat jeder das Recht über seinen Gesundheitszustand informiert, oder bei entsprechendem Wunsch auch nicht informiert werden. In besonderen Fällen kann es auch sein, daß im Interesse des Patienten keine Informationen gegeben werden.

5. Kapitel IV - Das menschliche Genom (Artikel 11 bis 14)

Jede Diskriminierung einer Person wegen ihres genetischen Erbes ist verboten. (Artikel 11) Genetische Tests die es ermöglichen genetisch bedingte Krankheiten vorherzusagen, das verantwortliche Gen zu lokalisieren oder eine genetische Anfälligkeit für eine Krankheit zu bestimmen, dürfen nur nach einer angemessenen genetischen Beratung vorgenommen werden. Diese Tests dürfen nur für Gesundheitszwecke und Forschungen im Gesundheitsbereich vorgenommen werden. (Artikel 12)

Ein genetischer Eingriff darf nur zu vorbeugenden, diagnostischen oder therapeutischen Zwecken vorgenommen werden. Und auch nur dann wenn das Erbgut der Nachkommen nicht verändert wird. (Artikel 13) Auch ist es verboten das Geschlecht eines künftigen Kindes zu wählen, es sei denn um schwere erbliche geschlechtsgebunde Krankheiten zu vermeiden. (Artikel 14)

6. Kapitel V - Wissenschaftliche Forschung (Artikel 15 bis 18)

Die wissenschaftliche Forschung im Bereich von Biologie und Medizin ist frei, sofern sie nicht gegen Gesetze verstößt. (Artikel 15)

Um Personen vor Forschungsvorhaben zu schützen, muß für eine Forschung an einer Person folgende Voraussetzungen erfüllt sein

- Es gibt keine Alternative zur Forschung am Menschen.
- Das Verhältnis Risiko-Nutzen muß stimmen.
- Die zuständige Stelle hat das Vorhaben gebilligt und unabhängig prüfen lassen, ob es ethisch vertretbar ist.
- Die betroffene Person ist über das Vorhaben aufgeklärt worden.
- Die nach Artikel 5 notwendige Einwilligung ist erteilt und urkundlich festgehalten worden. Auch diese Einwilligung kann jederzeit frei widerrufen werden. (Artikel 16)

Bei nicht einwilligungsfähigen Personen, müssen die Voraussetzungen nach Artikel 16 erfüllt sein und zusätzlich noch folgende:

- Die Forschungsergebnisse sind für die betroffene Person von Nutzen.
- Eine vergleichbare Forschung ist an einer einwilligungsfähigen Person nicht möglich.
- Die nach Artikel 6 erteilte Einwilligung ist schriftlich erteilt worden.
- Die betroffene Person lehnt nicht ab.

In Ausnahmefällen und nach der durch die Rechtsordnung vorgesehen Schutzbestimmungen darf Forschung, die nicht von unmittelbarem gesundheitlichen nutzen der betroffenen Person ist durchgeführt werden. Dazu müssen die Voraussetzungen 1,3,4 (s.o.) und folgende Punkte erfüllt sein:

- Die Forschung hat eine wesentliche Erweiterung der wissenschaftlichen Erkenntnisse des Zustands, der Krankheit oder der Störung der Betroffenen Person zum Ziel. Diese Erkenntnisse sollen der betroffenen Person, oder Personen derselben Altersgruppe, Personen mit der gleichen Krankheit, gleichen Störung oder des gleichen Zusands nützen.
- Die Forschung bringt ein minimales Risiko und minimale Belastung der betroffenen Person mit sich. (Artikel 17)

Sofern die Rechtsordnung Forschung an Embryonen im Reagenzglas zuläßt, muß sie einen angemessenen Schutz des Embryos gewährleisten. Weiter ist die Erzeugung menschlicher Embryonen zu Forschungszwecken verboten. (Artikel 18)

7. Kapitel VI - Entnahme von Organen und Gewebe von lebenden Spendern zu Transplantationszwecken (Artikel 19 und 20)

Für eine Entnahme muß wieder eine Einwilligung nach Artikel 5 vorliegen. Weiter darf einer lebenden Person nur dann Organe oder Gewebe zu Transplantationszwecken entnommen werden, wenn sie zum therapeutischen Nutzen des Empfängers dienen. Weiter darf kein geeignetes Organ oder Gewebe einer verstorbenen Person vorhanden sein und es darf keine alternative therapeutische Methode geben. (Artikel 19)

Einer einwilligungsunfähigen Person darf generell kein Organ oder Gewebe entnommen werden. Es sei denn es steht kein anderer Spender zur Verfügung, der Empfänger ist Bruder oder Schwester des Empfängers, die Spende muß geeignet sein das Leben des Empfängers zu retten, die Einwilligung nach Artikel 6 muß vorhanden sein und der Spender lehnt nicht ab. (Artikel 20)

8. Kapitel VII - Verbot finanziellen Gewinns; Verwendung eines Teils des menschlichen Körpers (Artikel 20 und 21)

Der menschliche Körper und Teile davon dürfen nicht zur Erzielung finanziellen Gewinns verwendet werden. (Artikel 20)

Ein entnommener Teil des Menschlichen Körpers darf nur zu seinem ursprünglichen Zweck aufbewahrt und verwendet werden. (Artikel 21)

9. Kapitel VIII - Verletzung von Bestimmungen des Übereinkommens (Artikel 23 bis 25)

In diesem Kapitel steht, daß die Vertragsparteien einen geeigneten Rechtsschutz gewährleisten, der darauf abzielt dieses Übereinkommen einzuhalten. (Artikel 23)

Weiter heißt es, wenn eine Person durch eine Intervention in ungerechtfertigter Weise Schaden erlitten hat, so hat sie Anspruch auf Schadensersatz. (Artikel 24)

Wird das Abkommen verletzt so werden angemessene Sanktionen vorgesehen. (Artikel 25)

10. Kapitel IX- Verhältnis dieses Übereinkommens zu anderen Bestimmungen (Artikel 26 und 27)

Die Ausübung der Rechte und Schutzbestimmungen darf nur eingeschränkt werden, wenn diese Einschränkung durch die Rechtsordnung vorgesehen ist und zum Schutze der demokratischen Gesellschaft und der öffentlichen Sicherheit. Dies gilt nicht für die Artikel 11, 13, 14, 16, 17, 19, 20 und 21. (Artikel 26)

Dieses Abkommen darf nicht so ausgelegt werden, daß es einen weitreichenderen Schutz verbietet. (Artikel 27)

11. Kapitel X - Öffentliche Diskussionen (Artikel 28)

Es wird dafür gesorgt, daß die durch die Entwicklung der Biologie und Medizin aufgeworfenen Grundsatzfragen öffentlich diskutiert werden.

12. Kapitel XI - Auslegung des Übereinkommens und Folgemaßnahmen (Artikel 29 und 30)

Der Europäische Gerichtshof darf auf Antrag einer Vertragspartei Gutachten über Rechtsfragen betreffend der Auslegung dieses Abkommens ausstellen. (Artikel 29)

Auf Aufforderung des Generalsekretärs des Europarates muß jeder Vertragspartner darstellen in welcher Weise er dieses Abkommen umgesetzt hat. (Artikel 30)

13. Kapitel XII - Protokolle (Artikel 31); Kapitel XIII Änderung des Übereinkommens (Artikel 32)

In diesen beiden Kapiteln wird dargestellt wie das Übereinkommen weiterentwickelt werden kann. Weiter wird festgelegt, wer die Aufgaben übernimmt die dieses Übereinkommen mit sich bringt. Es steht dort weiter, daß der zuständige Ausschuß dieses Übereinkommen spätestens nach 5 Jahren überprüft, um der wissenschaftlichen Entwicklung Rechnung zu tragen.

14. Kapitel XIV - Schlußbestimmungen (Artikel 33 bis 38)

In diesem Kapitel wird festgelegt, wer dem Übereinkommen beitreten darf. Wie es in Kraft gesetzt und gekündigt wird.

Quellenangabe

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Eine Sache der Politik oder eine Sache jedes Einzelnen? Die Bioethik-Konvention
Veranstaltung
Technisches Gymnasium, Klasse 12
Note
15 Pkt.
Autor
Jahr
2000
Seiten
12
Katalognummer
V94956
ISBN (eBook)
9783638076364
Dateigröße
355 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Wurde für Deutsch geschrieben. Man koennte sie allerdings auch zum Bereich Ethik zählen. In dem Aufsatz wird die Bioethik-Konvention besprochen. Die Bioethik-Konvention auf dem Hintergrund P. Singer`s Ansichten zur Bioethik. Probleme der Bioethik-Konvention(Welche Artikel sind nicht eindeutig...)
Schlagworte
Eine, Sache, Politik, Sache, Einzelnen, Bioethik-Konvention, Technisches, Gymnasium, Klasse
Arbeit zitieren
Martin Schmidt (Autor:in), 2000, Eine Sache der Politik oder eine Sache jedes Einzelnen? Die Bioethik-Konvention, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94956

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