Die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion


Referat (Ausarbeitung), 1998

28 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1. Die heutige Europäische Union (EU) und ihre Mitgliedstaaten

2. Von der Notwendigkeit und den Vorteilen einer gemeinsamen Währung für Europa

3. Vom Römischen bis zum Maastricher Vertrag - Der Lange Weg zur Wirtschafts- und Währungsunion

4. Wer darf rein in den EURO-Club?

5. Die einzelnen Phasen des Übergangs

6. Auswirkung des EURO auf die Unternehmen

Bezugsquellen für dieses Referat

- Eine Währung für Europa; Grünbuch über die praktischen Verfahren zur Einführung der Einheitswährung; EU-Amt für amtliche Veröffentlichungen der EU - ISBN 92- 827-4255-5
- Wirtschaft und Währungsunion; Der Weg zur Wirtschafts und Währungsunion - Szenario für den Übergang der einheitlichen Währung; EU-Amt für amtliche Veröffentlichungen der EU - ISBN 92-827-7293-4
- Wirtschafts und Währungsunion; Vertretung der Europäischen Kommission, Bonn - September 1996
- Der EURO Stark wie die Mark?
- Bundesministerium der Finanzen, April 1996
- Ratgeber EURO, Die 20 wichtigsten Fragen zum neuen Geld; Europäisches Parlament, Informationsbüro für Deutschland, Bonn, Juni 1996
- Europa in zehn Lektionen von Pascal Fontaine, Amt für Veröffentlichungen der EU, Luxemburg, 1995
- Verschiedene Zeitungsartikel der Tagespresse

Vorwort

Die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion ist das Kernstück des Vertrages über die Europäische Union, der am 07. Februar 1992 in Maastricht unterzeichnet wurde. Die geplante Einführung einer gemeinsamen Währung in Europa hat eine andere Dimension als alles was in den letzten vierzig Jahren im Prozeß der Einigung Europas entschieden wurde. Dementsprechend ist die öffentliche Diskussion sehr kontrovers geführt worden bzw. wird noch geführt, da dieser Prozeß bzw. Entscheidung jeden einzelnen Bürger in den teilnehmenden Mitgliedstaaten betrifft.

Vor allem entstand bei den Bürgern durch die Diskussion in Medien und Zeitungen bezüglich der Kriterien eine sehr große Unsicherheit und Mißtrauen gegenüber dem EURO. Aus diesem Grund bemühte bzw. bemüht sich die EU-Kommission und Bundesregierung durch zahlreiche Informationskampagnen und Broschüren die Öffentlichkeit zu beruhigen und durch entsprechende Informationen die Angst vor dem EURO zu nehmen.

Was uns sehr zum Staunen brachte, war der Punkt, daß in keiner Broschüre irgend etwas in Punkto "mögliche Risiken" der Währungsunion nachzulesen war ! Zu unserem Leidwesen mußten wir uns durch diese Informationsflut durchkämpfen, um das wichtigste -aus unserer Sicht- zu diesem Thema auf Papier zu bringen. Leider sagten die zahlreich gesammelten Materialien sehr viel über die Auswirkungen für Verbraucher aus, nicht für Unternehmen.

Versuche, Materialien über dieses Thema "Auswirkungen bei Unternehmen" bei verschiedenen Organisationen zur Erhalten, scheiterten kläglich. Zum Beispiel sagte uns die IHK-Bonn, sie hätte Informationen darüber, würde diese aber nicht herausgeben. Lediglich in Kapitel 6 "Auswirkung des EURO auf die Unternehmen" konnten wir noch etwas zu diesem Thema sagen.

In den nachfolgenden Kapiteln wird weniger auf die Auswirkungen der Währungsunion auf den einzelnen Verbraucher, als auf den Gesamtzusammenhang im Europäischen Wirtschaftsraum und in der aktuellen Politik eingegangen, was insofern ja auch die Unternehmen betrifft, da diese die Rahmenbedingungen für Unternehmen darstellen. Des weiteren mußten wir in einigen Kapiteln des Referates auch etwas in der Geschichte ausholen, da wir sonst nicht direkt in das Thema einsteigen konnten !

Natürlich kann dieses Referat nicht erschöpfend sein und alle Fragen über den EURO beantworten, darüber hinaus behalten wir uns eine Schlußfolgerung oder eine Prognose bei der Komplexität des Themas vor, wir hoffen aber wenigstens einen kleinen Einblick in das Thema mit diesem Referat geben zu können und wünschen viel Spaß beim Lesen !

1. Die heutige Europäische Union (EU) und ihre Mitgliedstaaten

Die heutige Europäische Union ist das Ergebnis der unermüdlichen Arbeit, die die Förderer des europäischen Gedankens seit 1950 geleistet haben. Aus den Erfahrungen der tragischen Konflikte, die Europa in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erschüttert hatten und den Widerstand gegen den Totalitarismus im Zweiten Weltkrieg, enstand ein Konzept für das Zusammenleben der Völker in Europa, das die Möglichkeit eröffnete, die nationalen Gegensätze zu überwinden.

Den Grundstein dafür legten der italienische Föderalist Altiero Spinelli und Jean Monnet, der Vater des 1950 vorgelegten Schuman-Plans, aus dem die erste Europäische Gemeinschaft, die zunächst auf einen gemeinsamen Markt für Kohle und Stahl (EGKS) der sechs Gründerstaaten Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxenburg und Niederlande beschränkt war, entstand.

Die einzelnen seit 1950 geschloßenen Verträge zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, schaffen eine rechtliche Bande zwischen den Mitgliedstaaten die weit über vertragliche Beziehungen zwischen souveränen Staaten hinausgehen.

Angesichts der Erfolge der sechs Mitgliedstaaten der EGKS, beschloßen das Vereinigte Königreich, Dänemark und Irland der Gemeinschaft beizutreten. Nach schwierigen Verhandlungen fand 1973 die erste Erweiterung auf neun Mitgliedstaaten statt, gleichzeitig erweiterten sich auch die neuen Politiken der Gemeinschaft auf Sozial-, Regional- und Umweltpolitik.

Der europäische Gedanke findet sich heute in der Überzeugung wieder, daß neben den nationalen und regionalen Hoheitsträgern eine europäische Gewalt bestehen muß, die sich auf demokratische und unabhängige Organe stützt und in der Lage ist, diejenigen Bereiche, in denen sich ein gemeinsames Vorgehen als wirksamer erweist,als Einzelaktionen zu regeln:

- Binnenmarkt
- Währung
- wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt
- Außen- und Sicherheitspolitik

Nach der Erweiterung wurde Mitte der 70er Jahre die Notwendigkeit einer Konvergenz

(Annäherung) der Wirtschafts- und Währungspolitik der Gemeinschaft immer deutlicher. Die Aufhebung der Golddeckung des Dollars führte weltweit zu einer großen Instabilität im Währungsbereich, die durch die Auswirkungen der Ölkrisen von 1973 und 1979 noch verstärkt wurde. Die entsprechenden Maßnahmen die dagegen Steuern sollten, werden im 2. Kapitel näher beschrieben.

Durch den Beitritt Griechenlands, Spaniens und Portugals 1981 und 1986 wurde die Südflanke der Gemeinschaft verstärkt. Dadurch wurden auch die Durchführung von Strukturprogrammen notwendig, um das wirtschaftliche Nord-Süd/Gefälle innerhalb der Gemeinschaft zu verringern. Am 01. Januar 1995 traten drei neue Länder der Europäischen Union bei und zwar Finnland, Österreich und Schweden.

Anfang der 80er Jahre machte sich ein "Europessimismus" breit, der durch die weltweiten Wirtschaftskrise und die Unstimmigkeiten bei der Verteilung der Finanzlasten gestärkt wurde. Um dieser Haltung entgegenzutreten, legte die Kommission der EU 1985 ein Weißbuch vor, das die Errichtung eines gemeinsamen Binnenmarktes zum 01. Januar 1993 vorsah.

Dieses Datum, von dem eine mobilisierende Wirkung ausgehen sollte, und die Rechtsvorschriften, die die Verwiklichung eines so ehrgeizigen Zieles ermöglichten, wurden in der "Einheitlichen Europäischen Akte" verankert, die im Februar 1986 unterzeichnet wurde und am 01. Juli 1987 in Kraft trat.

Durch die Einführung des europäischen Binnenmarktes konnten die Mitgliedstaaten ihre Volkswirtschaften weiter verschmelzen. Es erforderte umfangreiche gesetzliche Einzelregelungen in vielen Gebieten um technische und steuerliche Handelshemmnisse zu beseitigen. Im einzelnen sind durch den gemeinsamen europäischen Binnenmarkt dem Verbraucher und den Unternehmen folgende vier Grundfreiheiten entstanden:

A. Freier Personenverkehr

Für den Reisenden sind die Grenz- und Zollkontrollen erheblich abgebaut worden. So ist die Beschränkung des Wareneinkaufes für den privaten Verbrauch in anderen EU-Ländern beseitigt worden. Inzwischen kann jeder EU-Bürger Waren z.B. Elektrogeräte, Lebensmittel etc. ohne Beschränkung bzw. für seinen privaten Gebrauch aus einem anderen EU-Staat in seinem Heimatstaat mitbringen. Die Steuern für diese Waren werden in dem Land gezahlt, wo er sie eingekauft hat.

B. Freie Wahl des Wohnortes und des Arbeitsplatzes

Arbeitnehmer, Selbstständige und Auszubildende dürfen in einem anderen Mitgliedstaat leben und arbeiten. So können z.B. deutsche Rentner ihren Lebensabend in Griechenland verbringen soweit sie dem Aufnahmestaat nicht zur Last fallen bzw. ihren Lebensunterhalt selbst aufbringen in Form von z.B. Einkünften aus dem Heimatland oder sonstigen Mitteln. Genauere Informationen müssen je nach Mitgliedstaat und persönliche Voraussetzungen noch erfragt werden.

C. Freier Waren- und Dienstleistungsverkehr

Der größte Erfolg des Binnenmarktes war der freie Waren- und Dienstleistungsverkehr innerhalb der Union. Die Unternehmen gaben zwar zu, durch die Abschaffung der Grenzkontrollen profitiert zu haben, gaben jedoch an, daß dieser Erfolg durch einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand in Punkto Mehrwertsteuer wieder zunichte gemacht worden ist. Durch den Beschluß an den Grenzen keine Mehrwertsteuerkontrollen mehr durchzuführen, war der freie Warenverkehr beschleunigt und vereinfacht worden. Jedoch mußten bzw. müssen die Unternehmen jetzt die angefertigten Handelsstatistiken selber erstellen und vorlegen, was wiederum für sie einen erhöhten Verwaltungsaufwand und Kosten bedeutet. Die Regelungen bezüglich der Mehrwertsteuer ist jedoch nicht in allen Mitgliedstaaten gleich. So zahlt z.B. der deutsche Importeur die Mehrwertsteuer an sein Finanzamt und nicht wie in einem Binnenmarkt üblich an den Exporteur. Das derzeitige System ist noch als eine Zwischenlösung anzusehen und wird in kommender Zeit noch überarbeitet und vereinfacht.

D. Freier Kapitalverkehr

Der Freie Kapitalverkehr war die erste der vier Grundfreiheiten die umgesetzt worden ist. So kann jeder Bürger sich frei entscheiden wo er ein Konto eröffnet z.B. in einem anderen Mitgliedstaat, um sein Erspartes anzulegen. Die vollständige Freiheit des Kapitalverkehrs konnte jedoch noch nicht erreicht werden, da sich die Mitgliedstaaten nicht auf eine einheitliche Richtlinie der Besteuerung von Kapitalerträgen (Zinsen) einigen konnten.

Die Vollendung des Binnenmarktes ist noch nicht abgeschloßen. So ist u.a. das weitere Bestehen von Personenkontrollen an den Grenzen eine Zeichen dafür, daß noch weite Teile des ursprünglichen Vorhabens noch nicht verwirklicht sind. Unvollständige Vorschriften im Gesellschaftsrecht behindern immer noch die Mobilität der Unternehmen im Binnenmarkt. Es sind noch einige Anstrengungen erforderlich, um die Vorteile eines gemeinsamen Marktes voll ausschöpfen zu können.

Der Fall der Berliner Mauer, die Deutsche Einigung am 03. Oktober 1990 und die Demokratisierung der Länder Mittel- und Osteuropas, die nunmehr von der Bevormundung durch die Sowjetunion befreit waren, bewirkte eine grundlegende Veränderung der politischen Struktur des europäischen Kontinents. Die Mitgliedstaaten leiteten einen Prozeß der Vertiefung ihrer Union ein, indem sie einen neuen Vertrag aushandelten, dessen Leitlinien vom Europäischen Rat in Maastricht am 09. und 10. Dezember 1991 festgeschrieben wurden.

Der am 01. November 1993 in Kraft getretene Vertrag über die Europäische Union setzt den Mitgliedstaaten ehrgeizige Ziele:

- Währungsunion bis 1999
- gemeinsame Politiken
- Unionsbürgerschaft
- gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik.

Damit Europa in der Welt wettbewerbsfähig bleibt und zur Eindämmung der Arbeitslosigkeit beschloß der Europäische Rat, im Juni 1994 außerdem umfangreiche Projekte zur Verbesserung der Infrastruktur in Angriff zu nehmen. Grundlage hierfür ist das von der Kommission vorgelegte Weißbuch "Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung".

In Zukunft bleibt der Union keine andere Wahl, als noch stärker auf dem Weg einer gleichermaßen wirkungsvollen wie demokratischen Organisation fortzuschreiten, die in der Lage ist, zu entscheiden und zu handeln, und dennoch die Identität ihrer Staaten wahrt. Ohne Verstärkung ihrer Strukturen und die Rationalisierung ihrer Entscheidungsmechanismen läuft die Union Gefahr auseinanderzubrechen oder in ihrer Handlungsfähigkeit gelähmt zu werden. Das "große Europa" vom Atlantik bis zum Ural, das gegenwärtig entsteht, kann nur eine organisierte Macht werden, wenn es sich auf einen stabilen Kern stützen kann, der in der Lage ist, in der Weltpolitik geschlossen aufzutreten.

Die in 1996 durchgeführte Reform des Maastricher Vertrages ist eine kapitale Herausforderung: Die Strukturen einer Union von 15 Mitgliedern anpassen, damit sie ihre neuen Aufgaben in Angriff nehmen kann; die Union auf eine nochmalige Erweiterung zur Stabilisierung des gesamten Kontinents vorbereiten, ohne die Tragweite und die Mittel des großen politischen Ziels der Gründerväter zu schwächen.

2. Von der Notwendigkeit und den Vorteilen einer gemeinsamen Währung für Europa

Durch die Einführung des EURO werden die Länder, die an der Europäischen Währungsunion teilnehmen zu einer Stabilitätsgemeinschaft zusammengeschloßen. Die zunehmende Integration der europäischen Wirtschaften erfordert eine stärkere monetäre Koordination, insbesondere vor dem Hintergrund weltweit entstehender großer dynamischer Wachstumszentren. So haben sich z.B. in der NAFTA die USA, Kanada und Mexico zu einer Freihandelszone zusammengeschloßen. Im asiatisch-pazifischen Raum unterstützen regionale Wirtschaftsorganisationen wie die APEC oder die ASEAN die Entstehung starker Wachstumsmärkte. Wenn Europa den Anschluß daran nicht verpassen will, muß es sich weiterentwickeln.

Der Europäische Binnenmarkt ist seit dem 01. Januar 1993 teilweise vollendet. Die Grenzschranken zwischen den Mitgliedstaaten sind gefallen. Dies bedeutet, daß wir heute in einem Wirtschaftsraum leben ohne bzw. noch geringen Beschränkungen und Hindernissen (siehe Kapitel 1 - Binnenmarkt) für den freien Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr innerhalb der Europäischen Union. Damit ist einheitlicher Wirtschaftsraum für mehr als 370 Millionen Menschen entstanden - das sind mehr Menschen als in Japan, Nordamerika oder in der früheren Sowjetunion. Gemessen an der Wirtschaftskraft von ca. 12 Billionen DM in 1995 liegt er sogar vor den USA.

Der Abbau von Grenzkontrollen und anderen Handelshemmnissen hat sich positiv auf das Wirtschaftswachstum und die Beschäftigung ausgewirkt. Nach Expertenschätzungen hat die Vollendung des Binnenmarktes allein zwischen 1986 und 1990 ca. 9 Millionen zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen und die Wachstumsrate der Gemeinschaft jährlich um gut 0,5 Prozent angehoben.

Die vollen Vorteile des Binnenmarktes erschließen sich aber erst, wenn der Europäische Binnenmarkt auch über eine einheitliche Währung verfügt. Das Festhalten an verschiedenen Währungen stellt - besonders bei stark schwankenden Wechselkursen - ein gravierendes Handels- und Investitionshemmnis dar. Der Binnenmarkt bliebe ohne eine gemeinsame Währung letztlich nur ein unvollendetes Werk.

Die Währungsunion mit endgültig fixierten Wechselkursen und einer gemeinsamen Währung ist somit der letzte logische Schritt beim Aufbau einer Wirtschaftsgemeinschaft.

Wenn der Binnenmarkt einwandfrei funktionieren soll, muß vermieden werden, daß Wechselkursschwankungen den Handelsverkehr oder die Investitionen dadurch beeinträchtigen, daß sich ihre Rentabilität in unvorhersehbarer Weise ändert. Selbst geringe Wechselkursveränderungen können das vertragliche Gleichgewicht zwischen zwei europäischen Unternehmen ganz empfindlich stören und die Planungssicherheit eines Unternehmens für eine langfristige Investition oder einer Transaktion auf ein Minimum schrumpfen lassen. Gerade für die deutsche Wirtschaft ist das sehr relevant, da allein 30% des deutschen Bruttosozialproduktes an Waren und Dienstleistungen ins Ausland gehen und davon fast zwei Drittel in europäische Länder.

Alleine die Transaktionskosten (Kosten für Devisengeschäfte oder für die Absicherung des Wechselkursrisikos) belaufen sich auf auf ca. 0,3 bis 0,4% des Bruttoinlandproduktes der Europäischen Union, d.h. 20 bis 25 Mrd. ECU, umgerechnet also ca. 40 bis 50 Mrd. Deutsche Mark. Diese Kosten entstehen jedem einzelnen. Wenn z.B. eine Privatperson mit 1.000 DM oder dem Gegenwert in einer anderen europäischen Währung von zu Hause aus nacheinander durch die einzelnen Staaten der Union reist und an jeder Grenze ihr Geld in die jeweilige Landeswährung umtauscht, bleiben ihr bei der Rückkehr nach Hause nur noch 500 DM oder der entsprechende Gegenwert in der anderen Währung, ohne daß sie unterwegs irgend etwas gekauft hätte. Der Automobilkonzern FORD-Europa z.B. hat im letzten Jahr fast 400 Mio. Dollar für Transaktionskosten aufwenden müssen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Vergleichbarkeit von Angeboten in Bezug auf Güter- und Dienstleistungspreise im europäischen Raum. Unterschiedliche, täglich schwankende Währungen, Kosten der Transaktion und etwaige anfallende Sicherungen, lassen den objektiven Vergleich einer Ware und Dienstleistung fast unmöglich erscheinen.

Die Vorteile einer einheitlichen Währung, die sich aus dem o.g. ergeben sind zahlreich. Zum einen wird die einheitliche Währung dazu führen, daß man bei Reisen in der Gemeinschaft nicht mehr länger Geld umtauschen muß, wie dies bisher der Fall ist, und wobei man - wie oben beschrieben - bei jeder Umtauschaktion Geld verliert.

Die von den Banken erhobenen Wechselkursmargen und Gebühren fallen weg. Kleine Unternehmen werden davon besonders profitieren, denn Zahlungen und Überweisungen zwischen den Mitgliedstaaten werden dadurch rascher, zuverlässiger und kostensparender abgewickelt.

Durch die einheitliche Währung verschwindet auch die Unsicherheit von Unternehmen und Verbrauchern hinsichtlich des letztendlichen Verkaufspreises. Heute können unerwartete Wechselkursschwankungen innerhalb von Stunden ganze Gewinnspannen zunichte machen.

Wenn Waren und Dienstleistungen in ein und derselben Währung angeboten werden, wird dies denn Wettbewerb im Binnenmarkt erheblich steigern, was der Gemeinschaft insgesamt nur zugute kommen kann. Auf diese Weise leistet die einheitliche Währung auch einen Beitrag zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung.

Der Schritt zur gemeinsamen Währung hat überdies zur Folge, daß die nationalen Regierungen gegenseitig mehr wirtschaftspolitischen Einfluß haben und damit auch auf Veränderungen ihrer Zinssätze. Eine einheitliche Währung wird daher wesentlich besser dem Druck standhalten können, der durch Spekulationen auf bestimmte einzelne Währungen eindeutig ausgeübt worden ist. Dadurch werden Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Zinssatzentwicklung bei langfristigen Investitionen ebenfalls aus dem Weg geräumt.

Zusammengefaßt soll die einheitliche Währung, den Bürgern und Unternehmen in Europa folgende konkrete Vorteile verschaffen:

- Einen effizienteren Binnenmarkt
- Wegfall des Wechselkursrisikos für Unternehmen
- Anregung von Wirtschaftswachstum und Beschäftigung (Arbeitsplätze)
- Wegfall, der mit der Existenz mehrerer europäischer Währungen verbundenen Mehrkosten
- Besserer Vergleich der Waren und Dienstleistungen im europäischen Raum
- Größere internationale Stabilität
- Vermehrte gemeinsame monetäre Souveränität der Mitgliedstaaten.

"Ohne gemeinsame Währung droht ein Rückfall in die drei ß iger Jahre" sagte Bundespräsident Prof. Dr. Roman Herzog am 10. Oktober 1995 vor dem Europäischen Parlament in Straßburg. Er brachte in seiner Rede einige sehr wichtige Aspekte prägnant und deutlich auf den Punkt. Dabei argumentierte er folgendermaßen:

"Verbraucher, die ihr Einkommen aus festverzinslichen Ersparnissen beziehen, sind an einer festen oder gar überbewerteten Währung interessiert, weil sie sich für eine solche Währung mehr kaufen können. Produzenten und Arbeitnehmer, die ihr Einkommen aus Unternehmen oder Arbeitsverträgen in der Exportindustrie beziehen, neigen dagegen eher zur Präferenz für eine weiche oder gar unterbewertete Währung, weil sie ihre Produkte im Ausland billiger macht und deswegen Absatz und Arbeitsplätze sichert.

Wir haben bei unendlich vielen Regierungsgesprächen in den letzten Monaten erlebt, wie nach innen anders argumentiert werden mußte als nach außen. Das Problem, an dem wir nicht vorbeikommen, ist jedoch, daß in der Brust der meisten Menschen eben die berühmten zwei Seelen nebeneinander wohnen, eine Verbraucherseele und eine Produzentenseele.

Ein zweites Problem ist, daß sich in der Wirtschafts- und Währungspolitik mancher Länder die Produzentenseele stärker niederschlägt - so offenbar zeitweilig in den USA und in den sogenannten Weichwährungsländern - in anderen Ländern dagegen, so insbesondere Deutschland, die Verbraucherseele. An der Vereinigung der beiden Seelen geht kein wirtschaftspolitisch vernünftiger Weg vorbei. Jeder Mensch hat nur eine Seele, wenn überhaupt.

Die beste Währungspolitik ist also eine solche, die Unter- und Überbewertungen gleichermaßen vermeidet, so daß die Interessen der Verbraucher und die Interessen der Produzenten zum Segen der Gesamtwirtschaft einigermaßen ausgeglichen sind. Der beste weltwirtschaftliche mögliche Weg dazu ist die internationale Koordination der Wirtschaftspolitik, der noch bessere europäische Weg aber ist die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion.

Ich will auch sagen, was uns droht, wenn wir diesen Weg nicht gemeinsam finden. Es drohen Abwertungswettläufe, Handelskriege, Protektionismus, Rationalisierung der Wirtschaftspolitik, Deflation, vielleicht sogar Depression. Wie real die Gefahr sein kann, wenn wir nicht acht geben, zeigen der Handelskrieg zwischen den USA und Japan, die gefährliche Deflation in Japan und die daraus resultierenden Währungsturbulenzen. Wir können die Augen nicht davor verschließen, daß die Währungsturbulenzen auch in Europa Arbeitsplätze und Ersparnisse bedrohen können. Das wäre, um es kurz und bündig zu sagen, ein Rückfall in die dreißiger Jahre, also um sechs Jahrzente zurück".

3. Vom Römischen bis zum Maastricher Vertrag - Der lange Weg zur Wirtschafts- und Währungsunion

Die Geschichte ist bereits seit 25 Jahren gekennzeichnet vom Streben der Mitgliedstaaten der EU nach einer gemeinsamen Währung. Im heutigen Maastricher Vertrag spiegeln sich viele Erkenntnisse wider die man in dieser Zeit gewonnen hat.

Die vielen Versuche seit Ende der 60er Jahre eine gemeinsame Wirtschafts- und Währungsunion zu errichten, wurden durch Meinungsverschiedenheiten über die wirtschaftlichen Prioritäten, unzureichendes politisches Engagement, die mangelnde wirtschaftliche Konvergenz und Entwicklung auf den internationalen Devisenmärkten u.a. Faktoren aufgehalten. Hier eine kurze chronologische Übersicht der einzelnen Verträge: Römische Verträge Zur Zeit der Unterzeichnung der Römischen Verträge stützte man sich auf das Bretton- Woods-System, das den internationalen Rahmen für stabile Währungen in der Nachkriegsordnung in Europa, Nordamerika und Japan bot. Der US-Dollar diente dabei als Leitwährung in diesem System. Darauf aufbauend gingen die Verfasser der Römischen Verträge davon aus, daß es nicht notwendig ist, ein gewisses Maß an währungspolitischer Koordinierung innerhalb der damaligen Mitgliedstaaten zu initiieren.

Werner Bericht

Aufgrund einer neuen Ära der Währungsinstabilität und Devisenmarktturbulenzen Ende der siebziger Jahre beauftragte die Haager Gipfelkonferenz der Staats- bzw. Regierungschefs eine hochrangige Gruppe, unter der Leitung des luxenburgischen Premierministers Pierre Werner, einen Bericht zu erstellen, wie eine gemeinsame Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) bis 1980 errichtet werden könnte.

Dieser Bericht sah innerhalb von 10 Jahren einen dreistufigen Prozeß zur Errichtung der WWU vor. Das Ziel war der freie Kapitalverkehr und eine endgültige Festlegung der Wechselkurse oder das Ersetzen der Mitgliedswährungen durch eine gemeinsame Währung.

Obwohl die damaligen Mitgliedstaaten geteilter Meinung über die wichtigsten Empfehlungen des Werner Berichtes waren, einigte man sich im März 1971 grundsätzlich auf das Drei- Stufen-Konzept zur Errichtung der WWU. Der Werner Bericht setzte feste Wechselkurse gegenüber dem USD voraus. Da aber der Dollar ein Jahr später, im März 1972 frei schwankte, löste dies eine neue Welle der Instabilität auf den Devisenmärkten aus und machte die Hoffnungen einer gemeinsamen WWU wieder zunichte.

Europäische Wirtschaftssystem (EWS)

Aufgrundlage der gemachten Erfahrungen legte 1977 der damalige Präsident der Europäischen Kommission, Roy Jenkins, einen neuen Vorschlag für die WWU, das Europäische Wirtschaftssystem (EWS), vor. Der Hauptzweck des EWS bestand darin, die in zunehmenden Maße als schädlich für Handel, Investitionen und Wirtschaftswachstum angesehene Instabilität der Währungen zu verringern.

Die Einführung des Europäischen Währungssystems im Jahre 1979 hat zur Stabilisierung der Wechselkurse beigetragen und die Mitgliedstaaten zu einer Sparpolitik gezwungen, die es ihnen ermöglicht, untereinander die Bande der Solidarität und die Disziplin eines offenen Wirtschaftsraum aufrechtzuerhalten.

Hauptbestandteil des EWS war bzw. ist der Wechselkursmechanismus der den ECU als Leitkurs definiert. Das bedeutete einen radikalen Neuanfang, da eine Änderung der Leitkurse durch Auf- und Abwertung einzelner Währungen nur im Einvernehmen mit den übrigen Mitgliedstaaten und der EU-Kommission erfolgen durfte bzw. darf.

Die Festlegung der Europäischen Währungseinheit - ECU (European Currency Unit) erfolgt bei diesem System durch die Bildung eines Währungskorbes aus den Währungen der EU- Länder. In diesem Korb sind die EWS-Währungen zusammengefaßt, wobei das Gewicht jeder einzelnen Währung nach dem Anteil des betreffenden Landes am Bruttosozialprodukt, am Handel in der Gemeinschaft und an den Kreditzusagen für den gegenseitigen Beistand bestimmt wird.

Die einzelnen Währungen der teilnehmenden Mitgliedstaaten werden an ein Gitter fester Relationen zum ECU festgelegt und dürfen die festgelegte Bandbreite von 2,25% nach oben oder nach unten nicht überschreiten. Bewegt sich eine der Währungen auf die Bandgrenzen zu, werden automatisch zweiseitige Interventionsverpflichtungen wirksam.

Vermindert sich z.B. der Wert des französischen Francs gegenüber der DM um 2,25% sind sowohl die französische Notenbank als auch die Deutsche Bundesbank verpflichtet, französische Währung gegen DM aus dem Markt zu nehmen. Verfügt das Schwachwährungsland über keine entsprechenden Devisenreserven, kann dessen Notenbank Beistandskredite in der gewünschten Währung aufnehmen.

Obwohl die Wechselkursschwankungen mit diesem System deutlich verringert werden konnte, hat dieses System auch Schwächen, da es eine gleichgerichtete Wirtschaftspolitik der Mitgliederländer voraussetzt. Solange dies nicht der Fall ist, müssen die Leitkurse aufgrund der großen Unterschiede bezüglich der Inflationsraten und anderer wichtiger ökonomischen Daten geändert werden. Dies wiederum führt zu Inflation und instabilen Wechselkursen. Das zeigten auch die Turbulenzen, die den Wechselkursmechanismus des EWS in den Jahren 1992/93 erschütterten und zum Ausscheiden der Lira und des Pfund Sterling sowie zur Erweiterung der Bandbreiten auf 15% führten.

Die Zusammensetzung des Währungskorbes wurde am 01. November 1993 eingefroren, als der Vertrag (Maastricht) über die Europäische Union in Kraft trat.

Delors Bericht

Im April 1988 legte der "Ausschuß zur Prüfung der Wirtschafts- und Währungsunion" unter Leitung des damaligen Präsidenten der Kommission Jacques Delors im Auftrag des Europäischen Rates einen Bericht vor, der einen erneuten Versuch zu einer gemeinsamen Wirtschafts- und Währungsunion in drei Phasen darstellte.

Folgende Ziele beinhaltete der Bericht:

- Vollständige Liberalisierung des Kapitalverkehrs
- Volle Integration der Finanzmärkte
- Uneingeschränkte, irreversible Konvertibilität der Währungen
- Fixierung der Wechselkurse in Verbindung der Beseitigung der Bandbreiten
- Ersetzung der nationalen Währungen durch eine einheitliche Währung
- Errichtung einer europäischen Zentralbank

In dem Bericht wurden auch Regeln für Umfang und Finanzierung der Haushaltsdefizite der einzelnen Staaten gefordert und die Festlegung des allgemeinen finanzpolitischen Kurses auf Gemeinschaftsebene. Darüber hinaus soll eine unabhängige Institution mit der Währungspolitik der Union betraut werden.

Der Maastricher Vertrag

Auf Grundlage des Delors Berichtes beschloß der Europäische Rat auf seiner Tagung in Madrid im Juni 1989 die erste Phase der Wirtschafts- und Währungsunion im Juli 1990 einzuleiten (die verschiedenen Phasen werden in Kapitel 5 näher beschrieben). Dieser Termin fiel mit der vollständigen Liberalisierung des Kapitalverkehrs in acht Mitgliedstaaten zusammen. Im Dezember des gleichen Jahres beschloß der Europäische Rat eine Regierungskonferenz zur Vorbereitung, der für eine vollständige WWU erforderlichen Vertragsänderungen einzuberufen. Als die Regierungskonferenz offiziell ihre Arbeit aufnahm, war ein großer Teil der Vorarbeiten schon vom Ausschuß der Zentralbankpräsidenten und vom Währungsausschuß geleistet worden. Auch eine Satzung lag bereits im Entwurf vor. Dies erleichterte die Revision (Nachprüfung) des Vertrages erheblich und trug dazu bei, daß die Staats- bzw. Regierungschefs auf der Tagung des Europäischen Rates in Maastrich im Dezember 1991 und im Februar 1992 ihre endgültige Zustimmung gaben. Dort wurde beschloßen, daß Europa bis zum Ende dieses Jahrhunderts eine einheitliche Währung haben soll.

Zwei Staaten dem Vereinigten Königreich und Dänemark ist in einem Protokoll gestattet worden, auf die Einführung der Einheitswährung zu verzichten, wenn sie dies wünschen. Auf der Tagung des Europäischen Rates von Madrid am 15. und 16. Dezember 1995 beschlossen die Staats- bzw. Regierungschefs der fünfzehn Mitgliedstaaten, die Einheitswährung "EURO" zu nennen. Außerdem legten sie ein endgültiges Szenario für die Einführung fest. Starttermin für die Einheitswährung ist der 01. Januar 1999 für diejenigen Länder, die die Kriterien (siehe nachfolgendes Kapitel) erfüllen.

4. Wer darf rein in den EURO-Club?

Für die Teilnahme an der europäischen Währungsunion müssen die jeweiligen Staaten Konvergenzkriterien erfüllen, die die fünfzehn Staats- und Regierungschefs auf der Tagung des Europäischen Rates in Madrid festgelegt haben.

Anfang 1998 werden die Staats- und Regierungschefs anhand dieser Konvergenzkriterien entscheiden, welche Mitgliedstaaten die Einheitswährung zuerst einführen werden.

Der Beschluß wird sich auf die Wirtschaftsdaten der Jahre 1996 und 1997 der einzelnen Länder nach Prüfung der Europäischen Kommission und des Europäischen Währungsinstituts (EWI) stützen. Die einzelnen Kriterien sind:

I. Preisstabilität

Die Inflation (Anstieg der Verbraucherpreise) darf im letzten Jahr der Prüfung (1997) nicht mehr als 1,5% über der Inflationsrate der drei preisstabilsten Länder liegen. Wichtig ist also, nicht den Anschluß an diese Spitzengruppe der preisstabilen Länder zu verlieren (siehe Grafik A in der Anlage nach diesem Kapitel).

II. Haushaltsdefizit

Die jährliche Neuverschuldung der öffentlichen Hand darf nicht 3% des Bruttoinlandproduktes (BIP) überschreiten. So wird gewährleistet, daß eine gemeinsame europäische Geldpolitik nicht durch eine lasch gehandhabte nationale Haushaltspolitik aufgeweicht wird. Länder, die diese Drei-Prozent-Hürde nur knapp verfehlt haben, können eventuell doch noch mit aufgenommen werden, wenn sie nachweisen können, daß ihr Defizit (Schuldenstand) "erheblich und laufend zurückgegangen" ist.

Wie bereits in der Presse in den letzten Monaten zu vernehmen war, entfachte ein Streit bezüglich des Haushaltsdefizites welche Zahl eventuell nach dem Komma stehen könnte, was wiederum zu einer sehr großen Unsicherheit in der Bevölkerung beigetragen hat ! In diesem Zusammenhang wurden bzw. werden umfangreiche Einsparungen und Reformen in fast allen öffentlichen Haushalten der EU-Staaten durchgeführt, um dieses Kriterium zu erfüllen. Für viele dieser Staaten führte das zu einem enormen Sanierungsdruck ihrer Finanzlage, damit sie den Anschluß nicht verpassen. So heilsam wie dieser Sanierungsdruck immer wieder von öffentlichen Stellen verkündet wird, desto härter trifft er leider die sozial schwachen Menschen -nicht nur in Deutschland- sondern auch Europaweit !

Zum Beispiel wurden diese Einsparungen im letzten Jahr in Deutschland hauptsächlich in den Leistungen des sozialen Bereiches duchgeführt wie: Kürzung des Arbeitslosengeldes bzw. Umschulungen und AFG sowie ABM-Stellen und der Sozialhilfe. Es bleibt offen inwieweit ein Sozialstaat wie es die Bundesrepublik Deutschland war bzw. noch ist, diesen Kahlschlag an sozialen Leistungen fortführen kann, ohne dabei seine Glaubwürdigkeit in Punkto "Sozialstaat" zu verlieren ! Letztendlich bleibt festzuhalten, daß dieses Kriterium über die Teilnahme an der Währungsunion entscheiden wird ! Beim Haushaltsdefizit haben einige Mitgliedstaaten noch Probleme diesen zu erfüllen (siehe Grafiken B und Prognose für 1997 B

1 in der Anlage nach diesem Kapitel).

III. Staatsschulden

Der gesamte Schuldenstand der öffentlichen Hand darf nicht mehr als 60% des

Bruttoinlandproduktes übersteigen. Dies ist neben dem o.g. Haushaltsdefizit das zweite fiskalische (staatliche) Kriterium, um eine tragbare Finanzlage zu schaffen. Hinter diesen zwei Kriterien steckt der Gedanke, daß die Staatsverschuldung nicht zu einem treibenden Motor werden darf, der die Inflationsrate noch weiter in die Höhe schnellen läßt. Wiederum wird hier, wie beim Haushaltsdefizit, die Hintertür öffen gelassen. Wenn der Schuldenstand eines Bewerbers "hinreichend rückläufig" ist und sich rasch genug dem grünen Bereich nähert, könnte noch mit aufgenommen werden (siehe Grafik C in der Anlage nach diesem Kapitel).

IV. Zinsniveau

Die Zinsen für langfristige Kredite müssen auf einem ausreichend niedrigen Niveau sein. Das bedeutet, daß sie höchstens zwei Prozent höher als in den drei stabilsten EU-Länder liegen dürfen. Insofern spiegeln niedrige langfristige Zinsen eine anhaltende konsequente Sparpolitik eines Staates wider und schaffen Anreize für Unternehmer Investitionen zu tätigen. Die Zinskriterien stellen zur Zeit keine schwierige Hürde für die Kandidaten (siehe Grafik D in der Anlage nach diesem Kapitel).

V. Wechselkurs

Das letzte Kriterium ist die Stabilität des Wechselkurses. Wie bereits im Kapitel 2 erläutert, kann ein Binnenmarkt nur einwandfrei funktionieren, wenn Wechselkursschwankungen den Handelsverkehr oder die Investitionen nicht beeinträchtigen. Selbst geringe Wechselkursveränderungen können das vertragliche Gleichgewicht zwischen zwei europäischen Unternehmen ganz empfindlich stören und die Planungssicherheit eines Unternehmens für eine langfristige Investition oder eine Transaktion auf ein Minimum schrumpfen lassen. Das bedeutet, daß ein EURO-Kandidat bzw. die Nationale Währung sich mindestens zwei Jahre lang 1996 und 1997 ohne Abwertung innerhalb der normalen Bandbreiten des Europäischen Währungssystems (EWS) -siehe hierzu Kapitel 3, wo das EWS erklärt wird- bewegt hat. Damit wird die Fähigkeit eines Landes unter Beweis gestellt, bei der Teilnahme an der Währungsunion auf Abwertungen als Instrument der außenwirtschaftlichen Anpassung verzichten zu können. Abwertung bedeutet Verminderung des Außenwertes der eigenen Währung. Durch eine Politische Entscheidung wird der Preis bzw. Kurs der eigenen Währung gegenüber allen anderen Währungen gesenkt. Die Wechselkurse für ausländische Währungen steigen, so erhält man für z.B. eine DM weniger ausländisches Geld. Umgekehrt müssen für eine bestimmte Summe Auslandsgeld z.B. Dollar mehr DM bezahlt werden als vor der Abwertung. Dadurch kann das jeweils abwertende Land durch den Mehrerlös beim Devisenumtausch seine Preise für Waren (Exporte) senken und mehr Nachfrage auf sich ziehen.

In einem Artikel der Zeitschrift Der Spiegel (43/97) "Es bricht eine neue Zeit an" sagte der Ministerpräsident von Luxenburg Jean-Claude Juncker: "au ß er Griechenland schaffen alle EU-Staaten die für den pünktlichen EURO-Start am 01. Januar 1999 entscheidende Hürde der Neuverschuldung. Zwar liegen noch 11 Länder teilweise hochüber dem Referenzwert von 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes - aber alle bewegen sich auf diese Marke zu, und mehr verlangt der Vertragstext nicht".

Den der Vertragstext lautet wie oben beschrieben für das Haushaltsdefizit: "erheblich und laufend zurückgegangen" und für die Staatsschulen: "hinreichend rückläufig" ! Kritiker der WWU befürchten aber, daß damit eine Hintertür für die Aufweichung der Kriterien aufgelassen wird. So ist es ja nicht verwunderlich, daß fast alle Staaten außer Griechenland alle Kriterien wie in den Grafiken in der Anlage zu sehen ist, zur Zeit erfüllen bzw. sich diesen annähern ! Die Prüfung der Kriterien werden 1998 die europäsichen Staats- und Regierungschefs vornehmen. Danach wird entschieden, welche Länder von Anfang an dabei sein werden.

Diese Länder sind dann vertraglich verpflichtet (außer Großbritanien, die eine Sonderoption für ihre Teilnahme erwirkt haben) den EURO einzuführen. Nach dieser Phase gibt es kein zurück mehr für diese Länder ! Wie die Phasen des Übergangs im einzelnen aussehen, wird im nächsten Kapitel erläutert.

5. Die einzelnen Phasen des Übergangs

Der Übergang zur einheitlichen Währung wird sich in drei Phasen vollziehen, die jeweils zu einem bestimmten Zeitpunkt beginnen sollen:

Anfang 1998

Der Europäische Rat bestimmt auf der Ebene der Staats- bzw. Regierungschefs die Länder, die in die Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) eintreten werden, d.h. diejenigen Mitgliedstaaten, die einen hohen Grad an Konvergenz erreicht haben. Der Beschluß wird sich auf die Wirtschaftsdaten der Jahre 1996 und 1997 der einzelnen Länder nach Prüfung der Europäischen Kommission und Europäischen Währungsinstituts (EWI) stützen.

01. Januar 1999

Tatsächlicher Beginn der WWU zwischen den betreffenden Ländern; die Umrechnungskurse der teilnehmenden Währungen und des EURO werden unwiderruflich festgelegt.

Spätestens am 1. Januar 2002

Allgemeiner Übergang zum EURO als Einheitswährung der WWU-Teilnehmerstaaten durch Einführung der neuen Banknoten und Münzen.

In der Praxis werden die drei Phasen, in denen die einheitliche Währung eingeführt wird, in geordneter Weise ablaufen, wobei die Anpassungsfähigkeit der Euro-Verwender entsprechend dem in Madrid beschlossenen Szenario zu berücksichtigen ist.

Phase A

Ingangsetzen der WWU

Sobald Anfang 1998 feststeht, welche Länder an der WWU teilnehmen, wird die Europäische Zentralbank eingerichtet. Die Bedingungen für die Durchführung der einheitlichen Geld- und Wechselkurspolitik werden beschlossen, die Herstellung von Euro-Banknoten und -Münzen kann beginnen. Die Stückelung der Münzen reicht von 1/100 bis 2 EURO, die der Banknoten von 5 bis 500.

Die teilnehmenden Mitgliedstaaten werden in dieser Phase ihre Vorbereitungsarbeiten verstärken, insbesondere in den öffentlichen Verwaltungen, den Banken und Finanzinstitutionen. Das gesamte Wirtschaftssystem wird aber wie zuvor funktionieren, d. h. auf der Grundlage der nationalen Währungen.

Schätzungen zufolge dürften diese Vorbereitungen innerhalb eines Jahres abgeschlossen sein und auf diese Weise die maximale Zeitdauer der Phase A bestimmen.

Phase B

Tatsächlicher Beginn der Wirtschafts- und Währungsunion

Zu Beginn dieser Phase, die höchstens drei Jahre dauern soll, werden die Umrechnungskurse zwischen dem EURO und den teilnehmenden nationalen Währungen unwiderruflich festgelegt. Der EURO wird zu einer eigenständigen Währung. Das Europäische System der Zentralbanken (ESZB), das sich aus der Europäischen Zentralbank und den Zentralbanken der Mitgliedstaaten zusammensetzt, nimmt seine Arbeit auf. Es formuliert und führt die einheitliche Geld- und Wechselkurspolitik (Festlegung der kurzfristigen Zinssätze, Interventionen gegenüber US-Dollar, Yen usw.) in EURO. Die Wechselkursnotierungen der Teilnehmerwährungen verschwinden. Auch die Bruttozahlungssysteme arbeiten in EURO, insbesondere das vom ESZB eingeführte Target-System (Trans European automated real time gross settlement) . Neuemissionen öffentlicher Anleihen werden nach und nach in EURO aufgelegt.

Für die Banken und Großunternehmen beginnt der Übergang zur einheitlichen Währung vor allem über die einheitliche Geld- und Wechselkurspolitik, die Kapitalmärkte mit den dazugehörigen Abrechnungssystemen. Die Banken können auf den Kontoauszügen ihrer Kunden die in Geldeinheiten auszudrückenden Werte sowohl in der Landeswährung als auch in EURO angeben. Ganz allgemein können die Banken während dieser Phase ihre Kunden darüber informieren, wie sich die Umstellung auf die einheitliche Währung auf ihre Finanzgeschäfte auswirkt. Sie werden ihr Personal verstärkt schulen, um es auf diese Umstellung vorzubereiten. Sie können ihrer Kundschaft je nach den bestehenden rechtlichen und technischen Möglichkeiten auch bestimmte Produkte in EURO anbieten.

Die Unternehmen können in EURO arbeiten. Stark außenhandelsorientierte Firmen werden ihre Tätigkeit vermutlich rasch ganz oder teilweise auf EURO umstellen.

Die öffentlichen Verwaltungen müssen die Umstellung aktiv vorbereiten. Sie werden den Unternehmen und Verbrauchern die für die Einführung der einheitlichen Währung erforderlichenInformationen liefern. Im wesentlichen werden sie ihre Transaktionenmit der Öffentlichkeit aber weiterhin in nationaler Währung abwickeln.

Da es noch keine materiellen Zahlungsmittel in EURO gibt, werden die Verbraucher im wesentlichen weiterhin die jeweilige nationale Währung verwenden. Allerdings könnte die öffentliche Nachfrage Banken und Unternehmen rasch dazu veranlassen, Dienstleistungen in EURO anzubieten.

Durch die doppelte Preisauszeichnung von Waren und Dienstleistungen in Landeswährung und in EURO können sich die Verbraucher während dieser Zeit allmählich mit der einheitlichen Währung vertraut machen. Sie können sich so einen neuen Preismaßstab bilden, die nationale Währung zu einem festen Verhältnis in EURO umrechnen (und umgekehrt) und sich davon überzeugen, daß die Einführung der einheitlichen Währung für sie keine Nachteile bringt.

Banken, Unternehmen und Einzelhandel werden darüber hinaus eigene

Informationskampagnen duchführen, um ihrer Kundschaft vor allem zu erläutern, wie sich die Umstellung auf den EURO für die von ihnen angebotenen Dienstleistungen auswirkt (Transparenz).

Während dieser Phase werden die wichtigsten Massenzahlungssysteme (Überweisungen, Zahlungskarten, Schecks usw.) auf EURO umgestellt. Gleich nach der Umstellung, d. h. spätestens am Ende dieder Phase, können auch die Löhne und Gehälter in EURO gezahlt werden.

Phase C

Endgültige Umstellung auf EURO

Spätestens am 1. Januar 2002 und während einer kurzen Zeitspanne (höchstens 6 Monate) werden die neuen EURO-Banknoten und -Münzen in Umlauf gebracht und die alten nationalen Währungen eingezogen. Diese Phase muß so kurz wie unbedingt nötig sein, um die Komplikationen, die sich für die Verwender aus einem längeren Parallelumlauf mehrerer Währungen ergeben, möglichst gering zu halten. Diese Umtauschaktion wird sorgfältig vorbereitet werden. In einigen Fällen (Umstellung von Kassen, Geldautomaten und sonstigen Automaten) beginnt die Umstellung schon lange im voraus mit der Bekanntgabe der technischen Spezifikationen der Münzen und Banknoten, um Software und Geräte anpassen zu können. Diese Phase dauert bis zum 1. Juli 2002; von da an sind die EURO-Banknoten und -Münzen alleiniges gesetzliches Zahlungsmittel.

Mit Beginn dieser Phase ist es den Einzelhändlern freigestellt, nationale Währung anzunehmen. Sie sind allerdings verpflichtet, EURO entgegenzunehmen, die fortan gesetzliches Zahlungsmittel sind. Sämtliche Finanzvorgänge (Gehälter, Renten, Bankkonten usw.) werden auf EURO lauten. In nationaler Währung angegebene Beträge in Verträgen werden zu dem unwiderruflich festgelegten Umrechnungskurs in EURO umgerechnet, ohne daß sich die vertraglich festgelegten Regelungen und Konditionen ändern. Mit anderen Worten, das Prinzip der Fortdauer bestehender Verträge ist vollauf anwendbar.

Der Übergang zur einheitlichen Währung kann nur dann gelingen, wenn er von den Bürgern voll akzeptiert wird. Diese Entwicklung wird aber zwangsläufig eine Umstellung der alltäglichen Gewohnheiten wie auch der Organisation von Banken und Unternehmen erfordern. Daher muß unbedingt immer wieder auf die zahlreichen Vorteile der einheitlichen Währung hingewiesen werden (Förderung der Beschäftigung, Wegfall der mit dem Nebeneinander mehrerer nationaler Währungen verbundenen Mehrkosten, größeres Gewicht Europas in der Welt, Preisstabilität und -transparenz, Erleichterungen bei Reisen durch Europa, preisgünstigere Überweisungen von einem Land ins andere usw.). Dann wird die einheitliche Währung Europa den Bürgern näherbringen, die Einheit Europas stärken und zu Stabilität, Frieden und Wohlstand beitragen.

Das harmonische Funktionieren des Binnenmarktes zwischen den an der WWU teilnehmenden Ländern und den übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union wird durch eine Intensivierung der globalen Konvergenz und die Stabilisierung der Wechselkursbeziehungen gewährleistet. Letzten Endes sollten alle Mitgliedstaaten, die dies wünschen, unter Beachtung ihrer Fähigkeit zur Erfüllung der Vertragskriterien der WWU angehören, und zwar in einem Klima einer verstärkten europäischen Solidariät.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

6. Auswirkung des EURO auf die Unternehmen

Es liegt kein genauer Zeitplan und auch keine Strategie vor, wann und wie sich die einzelnen Unternehmen auf den EURO umstellen sollen (Rahmenvereinbarung!).

Jedes Unternehmen muß für sich allein entscheiden, wann es damit beginnen will, seine Geschäfte in EURO abzuwickeln. Darüber hinaus steht es den Unternehmen frei, den EURO ab dem 01. Januar 1999 nach dem Prinzip "Kein Verbot und kein Zwang" zu verwenden.

Im wesentlichen muß sich aber jedes Unternehmen zwischen zwei fundamentalen Ansätzen entscheiden:

- einer vollständigen Umstellung in einem Zug am 1. Januar 2002
- oder aber einer Verwendung des EURO für bestimmte Geschäfte schon während der Übergangszeit.

Wenn sich ein Unternehmen für die zweite Möglichkeit entscheidet, muß es allerdings in der Lage sein, bei Geschäften und Transaktionen parallel in der nationalen Währung zu arbeiten. Idealerweise müßten die Unternehmen für diesen Fall Systeme haben, die auf mehrere Währungen ausgelegt sind.

Die Unternehmensleitung muß sorgfältig alle Vor- und Nachteile einer Verwendung des EURO schon während der Übergangszeit abwägen. Ob die Vorteile letztendlich die Nachteile überwiegen, wird von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich sein und z.B. vom betreffenden Wirtschaftszweig und den internationalen Aktivitäten abhängen.

ProUmstellung während der Übergangszeit:

- Zugang zu Finanzdienstleistungen in EURO
- Vereinfachung von Handel und Investitionen innerhalb der gesamten WU - Vereinfachtes betriebliches Rechnungs- und Berichtswesen - Wettbewerb und Vorteile einer frühzeitigen Umstellung - Vermeidung logistischer und personeller Engpässe
- Projekte mit einem Zeithorizont, der über das Jahr 2002 hinausreicht (!)

KontraUmstellung während der Übergangszeit:

- Vorteile von Standardpaketen für die Umstellung
- Kosten der Entwicklung von Systemen, die auf beide Währungen ausgelegt sind
- Einzelhandelskäufe werden bis zum Jahr 2002 in nationaler Währung getätigt

Die Auswirkungen der Einführung des EURO auf die einzelnen Abteilungen der Unternehmen, unter Berücksichtigung der im Kapitel 5 beschriebenen einzelnen Phasen.

Es handelt sich hierbei lediglich um einen Ablaufplan unter Berücksichtigung der Phasen der nicht erschöpfend alle Modalitäten berücksichtigen kann.

Der Bargeldbereich

Alle Registriergeräte (Kassen, Zapfsäulen, Abrechnungsmaschinen), Münzautomaten (Verkaufsautomaten, Fahrscheinautomaten) und Banknotengeräte (Zählmaschinen, Bankautomaten) müssen von der Landeswährung auf den EURO umgestellt werden.

Angesichts der vielen hunderttausenden solcher Geräte, die derzeit in Gebrauch sind, dürfte die Entwicklung und Herstellung neuer, EURO-tauglicher Maschinen und Geräte beträchtliche Investitionen und eine erhebliche Vorbereitungszeit erfordern. Es ist deswegen wichtig, daß die Hersteller solcher Anlagen und Automaten so früh wie möglich verbindliche technische Spezifikation erhalten (bspw. Dimensionen und Beschaffenheit der Noten und Münzen, Bezeichnung und Abkürzung der Währung und ihrer Einheiten etc.). Dies sollte sogar schon vor Eintritt in Phase A, der Entscheidung zur Währungsunion, geschehen.

Die mechanische Umstellung aller dieser Bargeldgeräte und insbesondere der Verkaufs-, Geld- und Fahrscheinautomaten dürfte einige Zeit (u.U. mehrere Monate) in Anspruch nehmen. Die Unternehmen müssen daher gut durchdachte Umstellungspläne erarbeiten, damit mit dem Start der Phase C in ausreichender Zahl EURO-taugliche Geräte einsatzbereit sind. Der mechanische Umstellungsprozeß könnte z.B. schon einige Wochen vor Beginn der Phase C beginnen. Technische Schwierigkeiten und Umstellungsengpässe ließen sich durch eine frühe Festlegung der technischen Spezifikationen der neuen Noten und Münzen vermindern, die den Unternehmen im Rahmen ihrer normalen Investitionsplanung eine allmähliche Anschaffung EURO-tauglicher Geräte ermöglichen würde, z.B. von Automaten, die sowohl EURO-Münzen und Noten als auch solche in der Landeswährung (wenn auch getrennt) annehmen.

Wie oben erwähnt, würden Unternehmen, die während der Phase C Banknoten und Münzen in Landeswährung akzeptieren wollen, mit zweierlei Noten und Münzen wirtschaften müssen und dafür entweder getrennte Geräte für die jeweilige Währung oder für beide Währungen taugliche Geräte benötigen.

Diese Wahl bleibt den Unternehmen überlassen. Einige der mit der gleichzeitigen Verwendung von zwei Währungen verbundenen Schwierigkeiten können durch neue Technologien (Strichcodierung, für mehrere Währungen taugliche Kassen, elektronische Zahlungssysteme) verringert werden, die eine automatische Umrechnung zwischen dem EURO und der Landeswährung gestatten. Auch hier liegt der Schlüssel für einen reibungslosen und kostengünstigen Übergang in einer frühzeitigen Vorbereitung.

Absatz, Marketing, Verwaltung und Informationssysteme

Spätestens mit Phase C würden Angaben in Landeswährung durch solche in EURO ersetzt. Unter den zahlreichen dafür erforderlichen Verwaltungsmaßnahmen stünden folgende an erster Stelle:

Verträge, Fakturierungen und Informationssysteme müßten auf den EURO umgestellt werden, ebenso alle Zahlungen an Lieferanten und Auftragnehmer. Dabei sind u.a. auch alle Angaben in Landeswährung in offiziellen Dokumenten (Rechnungen, Quittungen), Werbematerialien und Computerprogrammen zu ersetzen. Wenn Unternehmen sich für eine Verwendung des EURO in Phase B und/oder die Beibehaltung der Landeswährung in Phase C entscheiden, müssen sie sich bis zu einem gewissen Umfang auf eine doppelte Preisauszeichnung einstellen, mit entsprechender Erhöhung des Verwaltungsaufwands.

Preispolitik

Die Preisbeschlüsse der Unternehmen werden sich als schwieriges Unterfangen erweisen, da die Verwendung von Umrechnungskursen die Gefahr umständlicher EURO-Werte enthält. Der Einzelhandel würde sich für praktikable Preise entscheiden müssen um nicht ablehnende Reaktionen auszulösen. Bei Waren von geringem Wert kann eine grobe Rundung zu beträchtlichen Preisunterschieden führen. Schließlich dürfte der Wettbewerb die Preiserhöhungen in Grenzen halten, und manche Unternehmen können gar gezielte "Abrundungs"-Werbekampagnen betreiben.

Werbematerialien

Ein besonderes Problem mag sich bei Preisangaben in Werbematerialien ergeben. Auf

Werbebroschüren angewiesene Branchen (z.B. Reisebüros) und Versandunternehmen werden sich mit Schwierigkeiten konfrontiert sehen (die Broschüren werden manchmal bis zu 18 Monaten im voraus erstellt). Ein Problem könnte sich daraus ergeben, daß die Umrechnungskurse erst zu Beginn der Phase B bekannt sein würden.

Die Information der Kunden über die Auswirkungen der Umstellung wird von entscheidender Bedeutung sein. Während in einigen Fällen die Anwendung der Umrechnungskurse einschließlich schwieriger Rundungsentscheidungen zu unmittelbarem Erläuterungsbedarf führen wird, sind in anderen Fällen umfangreiche Informationskampagnen erforderlich, z.B. bei langfristigen Verträgen wie Hypothekengeschäften, Anlagen in Pensionsfonds oder Miet- und Ratenkaufverträgen.

Rechnungs- und Steuerwesen

Spätestens mit Beginn der Phase C sind alle Abrechnungen und Bilanzen in EURO vorzulegen. Die Steuerbehörden müssen für den Umstellungsprozeß präzise Vorschriften erlassen. Personalwesen und Aus- und Fortbildung Die Unternehmen werden dafür Sorge tragen müssen, daß ihre Mitarbeiter über die Auswirkung der EURO-Einführung auf ihre beruflichen Aufgaben, ihre Löhne und andere finanzielle Vereinbarungen (unternehmenseigene Altersversorgung, Spesen etc.) informiert sind. Eine angemessene Ausbildung im Zusammenhang mit dem Umstellungsprozeß ist von wesentlicher Bedeutung, um Störungen der Geschäftstätigkeit zu vermeiden und die Verwendung des EURO im Umgang mit dem Kunden zu erleichtern.

Art und Zeitplan der Information hängen von den Aufgaben der Beteiligten und der Unternehmensstrategie zur Einführung des EURO ab. Unternehmen, die schon in Phase B EURO-Geschäfte tätigen wollen, müßten die Ausbildung ihres Personals noch vor Beginn der Währungsunion sicherstellen. Für mit finanziellen Angelegenheiten befaßtes Personal könnte eine Sonderausbildung vorgesehen werden. Besonderes Augenmerk sollte auch auf die Mitarbeiter gerichtet werden, die direkten Kontakt zum Kunden haben. Sie sollten in der Lage sein, einschlägige Fragen und Hilfegesuche der Kunden kompetent zu beantworten.

Unternehmens- und Berufsverbänden (Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern, Notaren) und Gewerkschaften kommt im Ausbildungsprozeß eine eminet wichtige Rolle zu. Sie könnten z.B. Informationspakete und Videos für die hausinterne Ausbildung zusammenstellen und an ihre Mitglieder senden. Darüber hinaus könnten sie Konferenzen und Seminare zur Diskussion unternehmensübergreifender Probleme veranstalten und Plattformen anbieten, um sich über Lösungen für weitverbreitete technische Probleme auszutauschen. Die öffentlichen Verwaltungen sollten hierfür Hintergrund- und Informationsmaterial, Konferenzredner usw. zur Verfügung stellen.

Daher fordert die Kommission die Unternehmer, die Unternehmens- und Berufsverbände einschließlich der Mittelstandsvereinigungen sowie die Gewerkschaften dazu auf, die Auswirkungen der Einführung des EURO für ihren jeweiligen Sektor/Berufszweig zu analysieren. Es könnte nützlich sein, in jedem Verband auch einen "EURO-Beauftragten" zu benennen.

Außerdem legt die Komission den Mitgliedstaaten nahe, einen institutionellen Rahmen zur Koordinierung der Aktivitäten der privaten Unternehmen und Verbände zu schaffen. Dadurch könnte Doppelarbeit vermieden und der Erfahrungs- und Gedankenaustausch gefördert werden.

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion
Autoren
Jahr
1998
Seiten
28
Katalognummer
V94954
ISBN (eBook)
9783638076340
Dateigröße
508 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die heutige Europäische Union (EU) und ihre Mitgliedstaaten, Von der Notwendigkeit und den Vorteilen einer gemeinsamen Währung für Europa,Vom Römischen bis zum Maastricher Vertrag - Der Lange Weg zur Wirtschafts- und Währungsunion, Wer darf rein in den EURO-Club?, Die einzelnen Phasen des Übergangs, Auswirkung des EURO auf die Unternehmen
Schlagworte
Europäische, Wirtschafts-, Währungsunion
Arbeit zitieren
Thomas Panathiokas (Autor:in)Marc Weinreis (Autor:in), 1998, Die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94954

Kommentare

  • Gast am 18.12.2004

    Alle Achtung!.

    Tolle Leistung! Liest sich sogar jetzt noch sehr gut.

  • Gast am 1.4.2002

    mein kommentar.

    ohne worte, schreib ich euch persönlich

Blick ins Buch
Titel: Die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden