Emotionsverarbeitung bei einer Borderline-Persönlichkeitsstörung


Hausarbeit, 2015

12 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung

2 Die Borderline Persönlichkeitsstörung

3 Neuronale Grundlagen und Hintergründe von BPS

4 Emotionen

5 Neuronale Grundlagen von Emotionen

6 Emotionsverarbeitung bei der Borderline Persönlichkeitsstörung

7 Fazit

8 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

In der vorliegenden Arbeit geht es um die Emotionsverarbeitung von Personen mit einer Borderline Persönlichkeitsstörung (kurz: BPS). Bei rund 1-4% der Allgemeinbevölkerung wird die Borderline Persönlichkeitsstörung diagnostiziert (Beblo & Mensenbach, 2010, S. 384). Es stellt sich die Frage, worin sich die Borderline Persönlichkeitsstörung von anderen psychischen Störungen abgrenzt und worin generelle Unterschiede bestehen. Es liegt noch nicht besonders lange zurück, dass die Borderline Persönlichkeitsstörung nicht von anderen Persönlichkeitsstörungen abgegrenzt war.

In der emotionalen Affektregulation unterscheiden sich Personen mit einer Borderline Persönlichkeitsstörung besonders. Sie nehmen Emotionen anders wahr und reagieren anders auf verschiedene Situationen. Eine zentrale Rolle spielt demnach die Dysfunktion der Emotionsregulation, die im weiteren Verlauf ausführlich beschrieben wird.

Die Betroffenen haben neuropsychologische Beeinträchtigungen, auf die später genauer eingegangen werden soll. Im Folgenden wird ein kurzer Einblick in die Borderline Persönlichkeitsstörung gegeben, daraufhin wird die Beschreibung zur Emotionsverarbeitung bei Borderline Patienten folgen. Im Anschluss wird ein Fazit der zusammengetragenen Ergebnisse folgen.

2 Die Borderline Persönlichkeitsstörung

Die Borderline Persönlichkeitsstörung ist eine besondere Form der Persönlichkeitsstörung und soll im Folgenden erläutert werden. Schon im jungen Alter begeben sich Borderline Patienten aufgrund von Depressionen und maladaptiven Verhaltensweisen in psychiatrische Behandlung. Symptome häufen sich in Form von instabiler Affektregulation, Schwierigkeiten bei der Impulskontrolle, veränderter Selbstwahrnehmung und schlechter Selbstwertregulation (Beblo & Mensenbach, 2010, S.384). Weiterhin zeichnen sich Borderline Patienten durch eine differenzierte Art des emotionalen Erlebens aus, worauf später genauer eingegangen werden soll. Sie weisen eine besondere Spezifität von Emotionen und Stimmung auf und zeichnen sich außerdem durch eine differenzierte Wahrnehmung von Schmerz aus.

Desweiteren leiden die Patienten unter extremer innerlicher Anspannung und Furcht vor dem Alleinsein und versuchen diese gegebenenfalls mit selbstverletzendem Verhalten oder Substanzmittelmissbrauch zu kompensieren, was ein hohes Risiko darstellen kann. Dieses schädigende Verhalten kann außerdem Suizidalität beinhalten.

Laut dem ersten Kriterium des DSM-IV (2000) ist für die Borderline Persönlichkeitsstörung ein vorherrschendes Muster der Instabilität von interpersonellen Beziehungen typisch. Überdies sind Personen mit BPS oft seit ihrer Kindheit durch hohe Impulsivität, Affektiertheit und eine veränderte Selbstwahrnehmung gezeichnet, was sich in ganz verschiedenen Umständen zeigen kann.

Im zweiten Kriterium ist die Dysfunktion der Emotionsregulation zentral. BPS Patienten bemühen sich überheblich, Enttäuschungen, wie z.B. den Verlust einer Person, zu meiden. Für sie ist die Vorstellung verlassen zu werden regelrecht unfassbar. Demnach leiden Sie unter großen Verlustängsten. Für sie ist Zurückweisung oder einen Zusammenbruch der Grundstruktur des Umfeldes eine Katastrophe, die profundierte Veränderungen in Selbstwahrnehmung, Kognition und Verhalten mit sich bringt. Aus diesem Grund versuchen Personen mit einer Borderline Persönlichkeitsstörung solche Situationen mit all ihren Möglichkeiten zu vermeiden.

Außerdem reagieren sie übertrieben in normalen Situationen, welche aus verschiedenen Umständen nicht vermeidbar sind, wie z.B. das Verreisen einer nahestehenden Person. Sie wissen nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollen und reagieren auf diese mit unangemessenen Reaktionen, wie z.B. unangebrachter, überheblicher Wut. Auch wenn sie wissen, dass die Trennung zu der anderen Person nur eine bestimmte zeitliche Begrenzung hat, so sind sie nicht darauf vorbereitet und glauben, dass sie verlassen werden und reagieren panisch. Diese Verhaltensweisen zeigen, wie sensibel BPS Personen sind und die Folgen, die es für sie hat, wenn beispielsweise ein Zug mit der Person ihres Vertrauens Verspätung hat. Es impliziert für sie immer ein schlechtes Gefühl und sie leben in dem Glauben, dass die andere Person ihnen in einer negativen Art und Weise schaden will. Diese negative Affektiertheit und Anspannung, welches sich in Gefühlen von konstanter Leere äußern kann, ist in Kriterium drei des DSM-IV (2000) beschrieben.

Um auf die menschlichen Beziehungen von Borderline Patienten einzugehen lässt sich feststellen, dass sie über sehr instabile Beziehungsmuster verfügen. Die Bindung zu Personen ist teilweise sehr kurz, aber gleichzeitig auch sehr intensiv. Sie wollen alles mit dieser Person teilen, auch ihre tiefsten Gedanken, Gefühle und Emotionen. Schon beim ersten oder zweiten Treffen stellen sie fest, dass die Beziehung zu der Person gegenüber sehr besonders für sie ist und idealisieren sie (DSM-IV-TR der APA, 2000; S. 651). Erfahren sie negative Gefühle und Abwendung von den Vertrauenspersonen, so kann dies in Selbstverletzendes Verhalten ausarten, bis hin zur Suizidalität (DSM-IV-TR der APA, 2000; S. 651).

3 Neuronale Grundlagen und Hintergründe von BPS

Woraus eine Borderline Persönlichkeitsstörung resultiert soll fortlaufend erklärt werden. Bei einer Borderline Persönlichkeitsstörung liegen zerebrale Schädigungen in verschiedenen Hirnregionen vor. Dies kann das Resultat verschiedener Bindungsstörungen während der Kindheit sein, aber auch von anderen frühkindlichen Erfahrungen stammen oder von frühen Hirnschädigungen. Meist sind Personen mit der Borderline Persönlichkeitsstörung Opfer von Missbrauch und sexueller Gewalt geworden. In Korrelation mit der BPS steht außerdem eine psychische Traumatisierung als Folge von psychischer Vernachlässigung, frühkindlichen negativen Erfahrungen und/oder physischer Misshandlung. Bei den meisten Patienten findet sich außerdem auch die Erfahrung mit sexueller Gewalt oder Missbrauch im Kindes- oder Jugendalter. Aus diesen Gründen liegen häufig verschieden gewichtete Traumata bei den Betroffenen vor. Diese Traumata sind oft verbunden mit Posttraumatischen Belastungsstörungen.

Die neuronalen Veränderungen belaufen sich auf die Hirnregionen, welche ein verringertes Volumen aufweisen. Bei den Borderline Patienten sind hier vor allem die hippocampalen Regionen und auch die Amygdala betroffen. Beide Regionen sind sowohl für Affektregulation als auch für die Emotionsverarbeitung zuständig (Buchheim, Roth, Schiepek, Pogarell & Karch, 2010).

Zudem geht die Borderline Persönlichkeitsstörung meist mit anderen psychischen Erkrankungen einher, weshalb eine sogenannte Komorbidität vorliegt.

4 Emotionen

Es soll eine möglichst allgemeine Information zu Emotionen gegeben werden. Emotionen sind grundsätzlich auf Objekte gerichtete psychische Zustände und werden in Veränderungen des Erlebens, Gestik, Mimik und anderen körperlichen Veränderungen deutlich. Zudem wird der Auslöser für Emotionen nicht unbedingt bewusst deutlich. Dass Emotionen immer objektgerichtet sind bedeutet in diesem Zusammenhang immer den Bezug zu etwas (Horstmann & Dreisbach, 2012). Mit unseren Emotionen beziehen wir uns auf Personen, Zustände oder Dinge. Zu Emotionen zählen unter anderem Trauer, Freude, Scham, Ekel, Ärger, Überraschung, Hoffnung, Anspannung oder Stolz, um nur einige zu nennen. Wählen wir als Beispiel Ärger, so ist hiermit gemeint, dass wir uns über etwas oder jemanden ärgern, zum Beispiel eine Situation oder Person.

Dennoch lässt sich keine einheitliche Definition von Emotionen finden. Laut der James-Lange-Theorie können Emotionen als ein Erlebenszustand bezeichnet werden, welcher als körperliche Reaktion nach stimulierenden Reizen auftritt. Sie sind unterscheidbar von Stimmungen, da sie lediglich von begrenzter Dauer sind und nur nach bestimmten Ereignissen auftreten (Bellebaum, Thoma & Daum, 2010). Desweiteren lassen sich Emotionen untergliedern in Basisemotionen und komplexe Emotionen, sowie soziale Emotionen. Die vier Basisemotionen sind Freude, Angst, Wut und Trauer (Neubarth, 2011). Laut Neubarth (2011) sind sie der Lieferant für die Antriebsenergie zum weiteren nachdenken und agieren.

Eine komplexe, soziale Emotion ist z.B. Scham. Scham ist immer von einer jeweiligen Kultur und Gesellschaft abhängig. In manchen Kulturen muss man sich somit für gewisse ausgeübte Handlungen schämen, in anderen Kulturen können diese Handlungen als Gegenstand des Alltags betrachtet werden.

Betrachten wir die physiologische Komponente näher, so lässt sich feststellen, dass bei Ärger oder auch Furcht und weiteren Emotionen Veränderungen des Herzschlags feststellbar sind. Wenn wir um den Verlust einer Person oder aus anderen Gründen trauern, so weinen wir wahrscheinlich aus diesem Grund. Körperliche Veränderungen können je nach Emotion und Intensität dieser, stärker oder schwächer ausgeprägt sein.

Weiterhin können Emotionen auch eine Veränderung des Verhaltens mit sich bringen. So ist feststellbar, dass mit zunehmender Furcht vor dem dunklen Weg nach Hause Vermeidungsstrategien eingesetzt werden, um diese Situation zu umgehen und die Emotion nicht erfahren zu müssen.

5 Neuronale Grundlagen von Emotionen

Emotionsregulationsprozesse werden im Gehirn vor allem durch bildgebende Verfahren wie dem fMRT nachgewiesen. Zudem gibt es aber noch andere Verfahren, zum Beispiel BOLD (blood oxygen level dependent), welche den Sauerstoffgehalt im Blut misst. Außerdem wird der Glukosestoffwechsel im Gehirn gemessen. Durch diese Verfahren kann die Emotionsverarbeitung im Gehirn nachgewiesen werden. Dementsprechend ist in heutiger Zeit nachweisbar, dass Emotionen viel mehr zugrunde liegt, als die Bewertung einer Situation oder eines Ereignisses.

Für die menschliche Emotionsverarbeitung und Regulation sind vor allem die Amygdala, der orbifrontale-ventromediale frontale Kortex und der Hippocampus verantwortlich. Zu den Aufgaben dieser Gebiete gehört vor allem die Kontrolle, der Ausdruck und die Modulation von Emotionen (Buchheim et al., 2012).

Der Präfrontale Kortex ist sowohl an der Entstehung, als auch als auch an Prozessen der Regulation von Emotionen beteiligt. Die Amygdala, auch als Mandelkern bekannt, welche zum limbischen System gehört, spielt eine wichtige Rolle bei der Wahrnehmung und Bewertung von Gefühlen. Sie ist paarig angelegt und befindet sich im anterioren medialen Temporallappen. Besonders Angst und Furcht werden in diesem Teil des Gehirns verarbeitet. Weiterhin lässt sich ihr, in Verbindung mit dem Hippocampus, die Speicherung des emotionalen Wertes von Erinnerungen zuschreiben. Tritt eine Schädigung der Amygdala auf, so lassen sich Auffälligkeiten in Form der Abnahme der Furcht feststellen. Außerdem zeigen Menschen mit einer Schädigung eine revidierte Bewertung von Furcht bei Gesichtsausdrücken.

6 Emotionsverarbeitung bei der Borderline Persönlichkeitsstörung

Wie vorhergehend bereits erwähnt ist die Emotionsverarbeitung bei Borderline Patienten differenzierbar von dem Rest der Allgemeinbevölkerung. Generell lässt sich sagen, dass Personen mit einer Borderline Persönlichkeitsstörung bei insgesamt negativer Affektivität eine gestörte Emotionsregulation aufweisen.

In einer herangezogenen Studie betrachtete man die neuronale Verarbeitung verschiedener Stimuli bei Borderline Patienten. Besonders auffällig war, dass diese auf negative Stimuli deutlich intensiver reagieren als auf neutrale oder positive Stimuli. Generell lässt sich eine gesteigerte Responsivität auf Stimuli feststellen, welche mit Emotionen gekoppelt sind. Dies konnte durch bildgebende Verfahren belegt werden (Buchheim et al., 2012).

Weiterhin ließ sich feststellen, dass besonders auf negative Stimuli in besonders hohem Maße reagiert wurde. Dies ließ sich durch eine veränderte Aktivität der Amygdala bei negativen Stimuli auswerten. Dabei wurde ersichtlich, dass die Aktivität der Amygdala bei Darbietung negativer Stimuli besonders hoch war (Buchheim et al., 2012). Ebenso auffällig war die Responsivität auf neutrale Stimuli. Sie wurden generell als negativ wahrgenommen. Die Probanden bewerteten die neutralen Stimuli als bedrohend oder nicht vertrauensvoll (Buchheim et al., 2012).

Weitere Untersuchungen zu gezeigten Stimuli impliziert mit Angst ergaben, dass eine signifikante Deaktivierung im bilateralen anterioren cingulären Kortex im Vergleich zur Kontrollgruppe vorlag. Die Borderline Patienten zeigten dabei Veränderungen der Aktivität im frontal-limbischen Bereich bei der Verarbeitung der Angst-Stimuli. Es ist auch zu erwähnen, dass eine deutlich hohe Aktivität der Amygdala vorlag, sowie eine geminderte Emotionsregulation im anterioren cingulären Kortex. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, warum es gerade Personen mit einer Borderline Persönlichkeitsstörung schwer fällt, ihr Verhalten in sozial unerwünschten Situationen zu kontrollieren. Dieses emotional unkontrollierbare Verhalten kann Einfluss auf gestörte zwischenmenschliche Beziehungen haben (Buchheim et al., 2012).

In einer weiteren Studie wurde eine gesteigerte Sensitivität hauptsächlich bei angsterfüllten Gesichtsausdrücken gefunden. Weiterhin konnte festgestellt werden, dass Borderline Patienten dazu neigen, glückliche und böse Gesichtsausdrücke auf einem höheren Intensitätsniveau bewerten (Fenske, Lis, Liebke, Niedtfeld, Kirsch & Mier, 2015, S.3). Bei männlichen Gesichtern mit einem wütenden Gesichtsausdruck konnten die Selben Ergebnisse gezeigt werden. Wenn die Borderline Patienten mit einem neutralen oder negativen mehrdeutigen Gesichtsausdruck konfrontiert wurden, konnte zusätzlich festgestellt werden, dass sie die negativen über die glücklichen oder angeekelten Gesichtsausdrücke favorisierten (Fenske et al., 2015).

Weiterhin ließ sich eine erhöhte Sensitivität auf männliche Gesichter, welche wütend aussahen, eruieren und es ließ sich eine gesteigerte responsive Vorurteilshaltung auf neutrale Gesichtsausdrücke und umgewandelte Gesichtsausdrücke, welche keine Anzeichen von Wut zeigten (glückliche oder ängstliche Gesichter), feststellen. Sie wurden generell als negativer wahrgenommen (Fenske et al., 2015). Daraus wurde geschlossen, dass die negative Bewertung von emotionalen Lagen einer falschen Interpretation zuzuordnen ist. So fand sich auch eine generelle Tendenz der Bewertung von Emotionen auf neutrale Gesichtsausdrücke – sie wurden negative Gesichtsausdrücke bewertet.

Die Bewertung verschiedener Stimuli als negativ ist jedoch nur ein Aspekt der Emotionsverarbeitung bei Borderline Patienten. Ein weiterer Aspekt ist in Studien häufig gefundene, besonders ausgeprägte Empathie von Personen mit der Borderline Persönlichkeitsstörung. Dieses Paradoxon wird als „Borderline Empathie“ bezeichnet (Dinsdale & Crespi, 2013, S. 172). Von einigen Psychologen wurde bereits die Theorie aufgestellt, dass dieses empathische Verhalten das Resultat einer schlechten Bindung während der Kindheit sei. Als Resonanz auf verwirrende Erziehung oder nachlässiges Elternverhalten, würde die ausgeprägte Empathie schon in früher Kindheit entstehen (Dinsdale & Crespi, 2013). In der herangezogenen Studie von Dinsdale und Crespi galt es, anhand von ausgiebiger Literaturrecherche herauszufinden, ob Personen mit Borderline wirklich ein gesteigertes empathisches Empfinden aufweisen. Der zu untersuchende Aspekt der „Empathie“ enthielt emotionale, sowie kognitive Komponenten. Außerdem wird ausdrücklich auf die Unterscheidung der zu untersuchenden Kriterien hingewiesen. Empathie und empathische Fähigkeiten wurden nicht gleichgesetzt mit einer positiven sozial-emotionalen mentalen Verbindung.

Die Leiter der Studie entschieden sich zur Feststellung von Empathie bzw. empathischen Fähigkeiten bei Borderline Patienten für sechs ausgewählte Kategorien. Diese beinhalteten nonverbale Sensitivität, Erkennung von Emotionen, Selbsteinschätzung von empathischen Fähigkeiten, emotionale Intelligenz, die Bewertung von passiven Stimuli, wie zum Beispiel von Bildern oder Geschichten und Interaktionen mit aktiven Stimuli (Dinsdale & Crespi, 2013).

Bei Borderline Patienten ließ sich eine gesteigerte Sensitivität auf nonverbale Reize nachweisen. Die Erkennung von Emotionen wurde von allen Kategorien empirisch am häufigsten überprüft. Nachweisbar ist, dass Personen mit der Borderline Persönlichkeitsstörung über sehr feine Einschränkungen bei der Erkennung von Basisemotionen verfügen, allerdings sind sie, wie vorher bereits erwähnt, sehr sensibel gegenüber negativen Emotionen und neigen dazu, mehrdeutige Stimuli als negativ zu bewerten.

Die Selbsteinschätzung der eigenen Empathie wurde mit dem zwischenmenschlichen Reaktivitätsindex (IRI) durchgeführt. Das Ergebnis besagt, dass sich reduzierte kognitive Empathie und gesteigerte affektive Empathie im Vergleich mit der Kontrollgruppe zeigte.

Zur emotionalen Intelligenz lässt sich sagen, dass Personen mit der BPS eine erhöhte soziale Intelligenz aufweisen. Die Ergebnisse wurden aus vier Studien gezogen, welche emotionale, sowie persönliche Intelligenz untersuchten. Die Definition von persönlicher Intelligenz beinhaltet die Fähigkeit, Zugang zu den eigenen Emotionen zu haben, als auch die Fähigkeit, Motivationen und Intentionen anderer zu erkennen und zu differenzieren. Emotionale Intelligenz hat eine ähnliche Definition: sie bedeutet die Wahrnehmung und das Verständnis von Emotionen, sowie die Emotionsregulation zusätzlich zur Nutzung von Emotionen als Unterstützung mentaler Prozesse. Die Hypothese, dass emotionale Intelligenz bei Personen mit Borderline durch ihre Kindheitserfahrungen mit Missbrauch kausal ist, wird aufgegriffen und spielt dabei eine zentrale Rolle in der Entwicklung von Borderline. Nach Testung dieser Hypothese stellte sich heraus, dass 74 Prozent der Betroffenen eine bessere emotionale Intelligenz aufweisen, als die Kontrollgruppe (Dinsdale & Crespi, 2013).

Bei den aktiven Interaktionen fungierten Borderline Patienten mit den Personen aus der Kontrollgruppe. Dabei mussten sie über die Qualitäten und Gefühle von sich und den anderen Personen der Gruppe berichten. Es zeigte sich, dass Personen mit BPS im Vergleich zur Kontrollgruppe empathischere Genauigkeit aufwiesen (Dinsdale & Crespi., 2013, S. 184).

In den hinzugezogenen Studien lässt sich eine Einheitlichkeit erkennen, welche beschreibt, dass Borderline Patienten generell dazu neigen, neutrale Stimuli als negativ zu bewerten. Es lässt sich jedoch nicht einheitlich erschließen, woraus dieses Phänomen resultiert. Wird nach den Basisemotionen gefragt, so zeigt sich eine innewohnende Einseitigkeit der Tendenz zu negativen Emotionen. Borderline steht in engem Zusammenhang mit ständiger Anspannung. Diese innerliche Unruhe könnte auch eine Erklärung für die durchweg negative Bewertung verschiedener Stimuli sein.

7 Fazit

Die grundlegende innere Unruhe und Anspannung können Gründe für eine ständige negative Bewertung von neutralen Stimuli sein. Befindet man sich in einer negativen Stimmung oder wird unter Anspannung oder Druck zu einer Entscheidung gebracht, so kann diese durchaus weit negativer sein, als wenn man die Selbe Situation in einer neutralen oder gar positiven Stimmung bewerten würde. Die allgemeine Grundstimmung darf in einer Entscheidungssituation demnach nicht unterschätzt werden. Da Borderline Patienten außerdem unter ständiger Verlustangst leiden, ist es maßgeblich, ihren Bewertungen immer einen negativen Beigeschmack anzuhaften.

Die ausgeprägte Empathie von Borderline Patienten ist ein sehr interessantes Phänomen, dessen Ursprung noch nicht geklärt werden konnte. Bisher konnten nur Hypothesen aufgestellt werden, welche noch nicht empirisch fundiert überprüft werden konnten. Es bedarf also weiterer Forschung auf diesem Gebiet.

Die Abgrenzung der Borderline Persönlichkeitsstörung zu anderen Persönlichkeitsstörungen liegt noch nicht besonders lange zurück. Demnach wird wohl in Folgejahren noch weitere Forschung getätigt werden müssen, um ein einheitliches Bild über die Besonderheiten in Emotionsverarbeitung und den besonderen empathischen Fähigkeiten bilden zu können.

Die Borderline Persönlichkeitsstörung ist eine besondere Persönlichkeitsstörung, welche oft mit der Posttraumatischen Belastungsstörung einhergeht und aus Kindheitserfahrungen, wie z.B. Missbrauch resultiert. Im DSM-IV sind viele Kriterien zur Diagnostik dieser Persönlichkeitsstörung aufgelistet, was zeigt, wie Komplex diese ist. BPS Patienten sind deutlich intensiver fühlende Menschen, welche schnelllebige Beziehungen eingehen und dabei sehr emotional sind. Die Verlustangst ihrer häufig wechselnden Vertrauenspersonen ist während der Beziehung zu diesen enorm groß. Bei kleinsten Anzeichen von drohendem Verlust reagieren sie sehr aufgebracht. Sie bewerten Situationen zudem deutlich schneller als negativ und sehen in vielen Stimuli durchweg etwas negatives.

Die aufgeführten Eigenschaften sind nur einige Eigenschaften, die Personen mit Borderline haben. Hinzukommend sind zum Beispiel eine veränderte Schmerzwahrnehmung und Beeinträchtigungen der Affektregulation und des Gedächtnisses. All dies wurde in dieser Arbeit nicht besprochen und bedarf bei Interesse zusätzlicher Recherche.

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Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Emotionsverarbeitung bei einer Borderline-Persönlichkeitsstörung
Hochschule
Private Fachhochschule Döpfer
Note
1,7
Autor
Jahr
2015
Seiten
12
Katalognummer
V945072
ISBN (eBook)
9783346279859
Sprache
Deutsch
Schlagworte
emotionsverarbeitung, borderline-persönlichkeitsstörung
Arbeit zitieren
Mirja Harlos (Autor:in), 2015, Emotionsverarbeitung bei einer Borderline-Persönlichkeitsstörung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/945072

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