Funktionaler Analphabetismus

Dessen Gründe und die Situation der Betroffenen


Seminararbeit, 2005

18 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung:

2 Funktionaler Analphabetismus:
2.1 Begriffserklärung, Unterscheidung zum reinen Analphabetismus:
2.2 Ausmaß:
2.3 Ursachen:
2.4 Situation der funktionalen AnalphabetInnen im Alltags- und Berufsleben:
2.5 Motivationen zur Re-Alphabetisierung:

3 Schlussbemerkungen:

4 Ein Vergleich - Analphabetismus in der Türkei:

5 Literaturverzeichnis:

6 Links:

1 Einleitung:

8. September ist der Welttag der Alphabetisierung. In der Weltdekade der Alphabetisierung (2003 bis 2012) wollen die Vereinten Nationen das internationale Entwicklungsziel „Bildung für alle“ verwirklichen. Denn weltweit können 785 Millionen Erwachsene nicht lesen und schreiben, zwei drittel davon sind Frauen. Über siebzig Prozent der erwachsenen Analphabeten leben zwar in 9 Ländern der Erde, darunter Indien, China, Bangladesh und Pakistan, aber auch in Industrieländern ist Analphabetismus ein Thema.[1]

Rund vier Millionen Deutsche können nach Schätzung des Bundesverbandes Alphabetisierung nicht ausreichend lesen und schreiben. Die Gesellschaft toleriert keine

Analphabeten.

Was muss jedoch ein Mensch können, damit wir ihn alphabetisiert nennen? Besser, wer ist ein Analphabet?

Im Jahr 1912 galt jeder, der seinen Namen schreiben konnte, als alphabetisiert.[2]

Heute genügt dies jedoch nicht mehr. Durch das Zeitalter der Industrialisierung hat sich die Definition des Analphabetismus gewandelt.

„Bis Mitte der 70er Jahre ging man davon aus, dass das Problem des „Analphabetismus“ in Deutschland fast gar nicht vorhanden wäre. Die Vorstellung, dass die Einführung der allgemeinen Schulpflicht, das Problem des Analphabetismus vollständig ausgerottet hätte, war stark verbreitet. Die Schule würde jeden automatisch alphabetisieren. Jedoch bewies die wachsende Arbeitslosigkeit das Gegenteil. Die Problematik des Analphabetismus wurde wieder präsent. Die Umstrukturierung der Arbeitsplätze, die rasant entwickelnde Technologie und die modernen Kommunikationsformen hatten die Konsequenz, dass die Schriftsprache immer mehr an Bedeutung gewann. All diese Faktoren führten letztendlich dazu, dass das Thema des Analphabetismus als Problem anerkannt wurde.“[3]

2 Funktionaler Analphabetismus:

Um das Problem des Analphabetismus näher bestimmen zu können, ist es jedoch von Bedeutung, Begriffe aufzuzeigen, damit die Unterschiede besser herausgearbeitet werden können.

2.1 Begriffserklärung, Unterscheidung zum reinen Analphabetismus:

Im Laufe der Zeit haben sich die Begrifflichkeiten des Analphabetismus verändert.

Wenn man von Analphabetismus redet, unterscheidet man zwischen zwei Gruppen:

1) Natürlicher Analphabetismus: Davon ist die Rede, wenn eine Person keine Möglichkeit hatte die Schule zu besuchen und dadurch die Schriftsprache nicht erlernen konnte. Das kommt eher in Entwicklungsländern vor. Wenn man z.B. die Kriegsgenerationen beobachtet, kann man natürliche Analphabeten auch in Industrieländern vorfinden.[4]
2) Funktionaler Analphabetismus: Damit sind Personen gemeint, welche die Möglichkeit hatten, die Schule zu besuchen und „über Grundkenntnisse im Lesen und Schreiben verfügen können, deren schriftsprachliche Fähigkeiten jedoch so gering sind, dass sie nicht gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilhaben können.“[5]

Die Definition des funktionalen Analphabetismus laut UNESCO, 1979:

„ Ein funktionaler Analphabet ist jemand, der unfähig ist, alle Aktivitäten auszuüben, bei denen Lesen, Schreiben und Rechnen im Interesse eines guten Funktionierens seiner Gruppe und seiner Gesellschaft notwendig sind, und die ihn auch in die Lage versetzen, weiter diese Kulturtechniken in Hinblick auf seine eigene Entwicklung und die seiner Gemeinschaft zu nutzen.“[6]

Eine weitere Erscheinungsform des funktionalen Analphabetismus wird „sekundärer Analphabetismus“ genannt. Dieser kommt vor, wenn die Kenntnisse nach der Schulzeit nicht genutzt werden bzw. durch die Nichtnutzung verlernt werden.Diese Form von Analphabetismus ist die häufigste Erscheinungsform von funktionalem Analphabetismus in Industrieländern und wird „sekundärer Analphabetismus“ genannt[7].

2.2 Ausmaß:

Eine genau Zahl der in Deutschland lebenden funktionalen AnalphabetInnen zu nennen ist nicht möglich. Die Deutsche UNESCO-Kommission schätzte 1988 die Zahl zwischen 500.000 bis 3 Millionen.[8]

Die Ursachen, die eine genaue Bestimmung der Größenordnung der „Betroffenen“ verhindern, sind:

- die Betroffenen verbergen ihre Lese- und Schreibunfähigkeit, sogar vor dem Partner, weil sie Angst vor den sozialen und gesellschaftlichen Folgen haben,
- außerdem ist der Begriff des Analphabetismus umstritten, und dies erschwert die Untersuchungen.[9]

Zwar sind die aktuellen Zahlen wegen den oben genannten Gründen immer noch ungenau, jedoch schätzt man heute „die Zahl der funktionalen Analphabeten auf mindestens 4 Millionen.“[10]

2.3 Ursachen:

Was sind die Gründe des Versagens beim Schriftspracherwerb? Unter welchen Bedingungen entsteht funktionaler Analphabetismus?

Untersuchungen ergaben, dass mehrere Ursachen für das Entstehen von Analphabetismus bzw. funktionalem Analphabetismus verantwortlich sind. Es wurde diagnostiziert, dass es ein „Zusammenspiel von gesellschaftlichen, familiären, schulischen und individuellen Faktoren“[11] ist.

Auch wenn man sagt, dass funktionaler Analphabetismus aufgrund mehrerer Ursachen entsteht und sich jedes Mal eine andere individuelle Geschichte dahinter versteckt, ist es offensichtlich, dass diese individuellen Geschichten auch Gemeinsamkeiten haben.

[...]


[1] Unesco Aktuell, Pressemitteilung der deutschen UNESCO-Kommission e.V., Nr. 37/2005, S. 1

[2] Kretschmann, Lindner-Achenbach, Puffahrt, Möhlmann, Achenbach; Analphabetismus bei Jugendlichen, S. 12

[3] Börner; Sprachbewusstheit funktionaler AnalphabetInnen am Beispiel ihrer Äußerungen zu Verschriftungen, Kapitel 1, Punkt 1.1., S. 17 ff.

[4] Egloff; Biographische Muster „funktionaler Analphabeten“, S. 114

[5] Namgalies, Heling, Schwänke; Stiefkinder des Bildungssystems, S. 7

[6] Kainz; Funktionaler Analphabetismus im Medienzeitalter, S. 13

[7] Egloff; S. 115.

[8] Börner, Kapitel 1, Punkt 1.1.

[9] Kainz, S. 38

[10] www.alphabetisierung.de/static/cat-infos--cid-35/index.html

[11] Börner, S. 20

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Funktionaler Analphabetismus
Untertitel
Dessen Gründe und die Situation der Betroffenen
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main  (Institut für Deutsche Sprache und Literatur)
Note
1,7
Autor
Jahr
2005
Seiten
18
Katalognummer
V94347
ISBN (eBook)
9783640106042
ISBN (Buch)
9783640117307
Dateigröße
571 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Funktionaler, Analphabetismus
Arbeit zitieren
Aysen Yildirim (Autor:in), 2005, Funktionaler Analphabetismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94347

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