Amerika-Konstruktion in ''Mundus Novus'' und ''Quattuor Navigationis'' von Amerigo Vespucci


Hausarbeit, 2015

14 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Orientalismus

3. Konstruktion in den Werken Amerigo Vespuccis
3.1 Amerigo Vespucci
3.2 Mundus Novus
3.3 Quattuor Navigationis

4. Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Aunque Said ve el orientalismo en la relacion entre Europa y lo que se conoce como el Oriente, sus ideas son esenciales para estudiar la situación indígena en Latinoamérica.1

Der Begriff Orientalismus, welcher von Edward Said formuliert wurde, bezeichnet das Bild, welches der Westen über den Orient hat. Dieser Begriff, auf den im Laufe der Arbeit näher eingegangen wird, lässt sich allerdings nicht nur auf die Probleme zwischen Orient und Okzident reduzieren, sondern auch gut auf die ''Eroberung'' Amerikas anwenden.

Die Eroberung wurde sehr oft verschriftlicht und unterschiedlich dargestellt, vor allem Schriften von wichtigen Persönlichkeiten wie Christoph Kolumbus oder Amerigo Vespucci fanden eine hohe Bedeutung und prägten in der damaligen Zeit das Bild über Lateinamerika und vor allem auch über die Bewohner des Kontinents.

Besonders Amerigo Vespucci hat sehr dazu beigetragen, ein gewisses Bild über die Indigenen zu verbreiten, welches als überaus negativ zu betrachten ist. Dies ist auch das Thema der Hausarbeit. Was Vespucci über die Indigenen denkt und wie er es verschriftlicht, wird systematisch anhand seiner Aussagen festgehalten und analysiert.

Welche Bedeutung der Orientalismus-Gedanke besonders für die Werke Vespuccis hat, wird diese Arbeit anhand der Analyse des Orientalismus-Begriffs zu klären versuchen und anhand der Äußerungen Vespuccis anwenden. Diese Arbeit hat es sich zur Aufgabe gemacht, Vespuccis Werke von einer anderen Seite und unter einem besonderen Schwerpunkt zu betrachten. Zunächst soll eine Biografie Vespuccis den Leser in das Thema einführen.

Im Anschluss daran werden zwei bekannte Werke Vespuccis vorgestellt und einer genauen Betrachtung unterzogen. Zum einen werden gewisse Stellen aus dem berühmten Werk ''Mundus Novus'' vorgestellt, zum anderen aus dem Werk ''Quattuor Navigationes''. Eine Schlussfolgerung beschließt die Ausarbeitung.

2. Orientalismus

Der Begriff Orientalismus beschreibt das Bild, welches der Westen vom Orient hat. Doch dieses Bild ist nicht real, es beruht auf Vorurteilen des Westens. Es ist ein vom Westen geschaffenes Bild über den Orient und über die Menschen. Dieses Bild ist als überaus negativ zu betrachten.2 Indem der Orient schlecht gemacht wird, wird der Westen positiv dargestellt.

Es wird ein gewisses Bild erstellt, welches den Orient beispielsweise mit einer ''[…] Disposition zur Sensualität, Irrationalität, Dekadenz, Feminität, Korruption und Brutalität […]'' beschreibt.3 Interessant ist hierbei der Aspekt, dass all die hier genutzten negativen Begriffe gegenteilig für den Westen angewandt werden. ''Der Orientalismus konstruiert die Menschen im Orient als das Gegenbild der Europäer/-innen, als ihre Anderen.''4 Dieses einseitige Bild beschäftigt sich einschließlich mit den Interessen des Westens, es handelt sich um exotische und erotische Themengebiete und stellt den Orient schlecht und einseitig dar.

Der Okzident stellt sich, so Said, besser und vor allem überlegener als der Orient dar.5 Das hier geschaffene Bild des Orients ist völlig verzerrt und entspricht nicht der Wahrheit. Aus dem überaus interessantem Orient mit seinen vielen Eigenschaften und Vielfalten wird etwas völlig monotones und durchaus negatives, wovon man sich nur zurückhalten solle. Somit wird der Westen im selben Moment gut dargestellt, während der Orient als negativ beschrieben wird.

Diese Botschaft wird so übermittelt und findet sich auch noch teilweise bis heute in den Köpfen einiger Menschen wieder.6 Man kann es als eine Art Rechtfertigung betrachten, wobei der Westen nach Gründen sucht, sich von dem Orient zu distanzieren.

Und diese Rechtfertigung findet sich in der Geschichte der Eroberung Lateinamerikas wieder. Auch wenn es sich hier um einen völlig anderen Kontinent handelt, lässt es sich gut anwenden, natürlich ist hierbei nicht die Rede von ''Orientalismus''. Es wird ebenfalls ein Bild der Indigenen erstellt, welches nicht der Wahrheit entspricht und es werden lediglich die eigenen Interessen berücksichtigt.

Ähnlich wie der Orient und die Menschen aus dem Orient werden die Lateinamerikaner als dreckig, verwirrt, völlig ohne Staatsordnung oder Religion, zurückgeblieben, und mysteriös dargestellt. Hinzu kommen Vorwürfe, die sehr unmenschlich scheinen. Die Indigenen essen angeblich Menschenfleisch, treiben Inzest, schaden sich und ihrem Körper selbst, treiben Hexerei, etc.

''Kaum ein Individuum in Nordamerika, Afrika, Europa, Lateinamerika […], das heute lebt, ist von den Imperien der Vergangenheit unberührt geblieben.''7 Bis heute finden sich ebenfalls gewisse Vorurteile wieder, die vor hunderten von Jahren aufgestellt wurden, aber immer noch als wahr betrachtet werden.

Im laufe der Arbeit wird sich auch genau auf die Worte Vespuccis bezogen, welche weitere Eigenschaften der Indigenen aus einer immer konstanten eurozentrischen Sicht verdeutlichen. Es wird schnell deutlich dass sich die Thesen Saids ebenfalls gut auf diese Problematik anwenden lässt, besser gesagt erleichtert es das Verständnis.

''Bei der Expansion der großen westlichen Imperien waren Profit und die Hoffnung auf weiteren Profit offenkundig hoch bedeutsam, […]''8 Es ging dem Königshaus darum, Gold und Schätze zu erhalten.

Beim Entdecken einer neuen Kultur trifft man auf viel unbekanntes und unübliches. Dieses unübliche wird im selben Moment zu etwas nahezu schlechtem. Denn nur das bekannte ist gut, alles was unbekannt ist muss daher schlecht sein. Die so fortgeschrittenen Spanier treffen bei der ''Eroberung'' Amerikas auf ein Volk, welches ihrer Meinung nach sehr zurückgeblieben ist.

Die Menschen sind nackt, haben keinerlei Religion, Kultur, sonstiges. Sie haben in ihren Lebensweisen keine Ordnung. Hinzu kommt von Zeit zu Zeit dass sie andere Sitten haben. Man darf jedoch nicht allem glauben und muss alles kritisch hinterfragen.

Nun zu Amerigo Vespucci und seinen Werken.

3. Konstruktion in den Werken Amerigo Vespuccis

3.1 Amerigo Vespucci

Um den Ausführungen der vorliegenden Arbeit folgen zu können, ist es unerlässlich, an dieser Stelle einen kurz gefassten inhaltlichen Überblick über das Leben und die Person Amerigo Vespuccis zu geben. Vespucci erhält 1492 als wohlhabender florentinischer Kaufmann den Auftrag des portugiesischen Königshauses, mit dem Schiff aufzubrechen und Asien zu erobern.

Während seiner Reisen verschriftlicht er auch besonders seine Begegnungen mit den Indigenen und erschafft ein fürchterliches Bild. Dieses Bild enthält viele Gemeinsamkeiten mit dem Orientalismus-Gedanken Saids. Vespucci behält dabei einen stark eurozentrischen Blickwinkel bei und schildert ausführlich, wie die Indigenen wirken und was geschieht.

Das, was mit den Indigenen angestellt wird, ist sehr unmenschlich. Dabei wird dies lediglich als gute Tat dargestellt. Angeblich haben die Indigenen keinerlei Glauben und sind Gottlos. Auch werden sie so dargestellt, als hätten sie keine Kultur.

''Das Argument der Rechtfertigung der Konquista (sic) aus Gründen der Verbreitung des Glaubens […]''9 ist eine Lüge, viel mehr ist es die ausbeuterische Absicht, besonders die Gier nach Gold des Königshauses, die die Reise antreibt. Die Religion wird hierbei nur als Rechtfertigung genutzt. Sie lehren den Indigenen den christlichen Glauben und werden als Beauftragte Gottes dargestellt, die nur gutes tun.

Es findet eine systematische Auslöschung des Indigenen statt. ''Versklavung und Sklaverei waren emanzipatorische Taten […]''.10 Ihre Kultur wird vernichtet und sie werden gezwungen, einen anderen Glauben anzunehmen und sich an sich anzupassen.

Es wird ebenfalls deutlich, wie überlegen man sich gegenüber den Indigenen fühlt und Vespuccis Schriften sind alles andere als neutral, Amerika wird als primitiv gegenüber dem entwickelten Spanien gesehen. Und durch Vespucci findet das Bild der Indigenen eine klare Wertung.11 Er war es, der erkannte, dass es sich nicht um Asien, sondern um einen komplett neuen Kontinent, einer neuen Welt handeln muss. Eine neue feminine Welt.

'' Mit dieser Kennzeichnung legte Vespucci die Grundlage für ein Oppositionspaar von brasilianischen Naturmenschen und europäischen Zivilisationsmenschen, […]''.12 Ähnlich wie beim Orientalismus-Gedanken stellt Vespucci Vorurteile auf und macht die Indigenen schlecht. Im selben Moment stellt er sich selbst und seine Kultur als viel zivilisierter und besser dar.

So ist ''[…] jede Entdeckungsreise zu Land und auch zur See ein eminent politischer Akt […]''13, und es wird zu etwas völlig natürlichem deklariert. Nur wenige Missionare sehen in den indigenen auch Menschen, die wenigsten schätzen sie und sehen in ihnen vor allem kultivierte Menschen mit einer eigenen Religion, mit ganz eigenen Sitten und Bräuchen.

Das, was mit den Indigenen angestellt wird, ist überaus barbarisch und unmenschlich. Sie werden aus ihrer natürlichen Genese gerissen. Es wird sich von Anfang an nicht um ein friedliches Zusammenleben bemüht, sondern lediglich um die Zerstörung. Auch wird vieles weggelassen und in vielen Werken finden sich zahlreiche Leerstellen.Man muss jedoch alles kritisch betrachten und darf nicht allem glauben, man muss zu dem geschriebenen Distanz einnehmen. Es wurde schon oftmals bewiesen, dass viele der Aussagen von Amerigo Vespucci nicht der Wahrheit entsprechen.14

Im folgenden werden zunächst relevante Szenen aus seinem Werk ''Mundus Novus'' vorgestellt und analysiert. Anschließend wird auf relevante Stellen aus dem Werk ''Quattuor Navigationis'' eingegangen, in welchen sich ebenfalls Beschreibungen der Ureinwohner finden lassen.

3.2 Mundus Novus

In seinem berühmten Werk ''Mundus Novus'' beschreibt Amerigo Vespucci die Reise nach Amerika, aber er beschreibt auch ausführlich die Indigenen, ihr Aussehen, ihre Verhaltensweisen etc. Zum ersten Mal erwähnt er die Indigenen indem er sie als friedliche Personen beschreibt , mit denen sie auch viel Zeit verbringen. Sie sind zunächst irritiert, da sie anderes erwarteten, jeodch verläuft es zunächst ohne jegliche Gewalt.

[…] y muchas veces descendimos a tierra y hablábamos y nos comunicabámos con los del país, y éramos recibidos por aquéllos fraternamente y alguna vez estuvimos con ellos 15 y 20 días continuos amigablemente y hospitalariamente, […]15

Dies zeigt, dass die Indigenen zunächst als Freunde gesehen wurden und es zu beginn keinerlei Probleme gegeben hat, sie sogar friedlich miteinander zurecht kamen. Y todos de uno y otro sexo van desnudos, no se cubren ninguna parte del cuerpo, […]. Tienen cuerpos grandes, bien plantados, bien dispuestos y proporcionados [...]'16

Er erwähnt, dass sie keine Kleidung tragen. Durch diese Äußerung stellt er sich und seine Männer als etwas besseres dar. Jedoch werden die Indigenen als Menschen beschrieben, die ''cuerpos grandes'' haben und optisch gut aussehen. Diese Aussage wird in seinem anderen Werk jedoch widerlegt.

Son ágiles en el andar y en los juegos y de una franca y hermosa cara, que ellos mismos destruyen. Pues se perforan las mejollas y los labios y las narices y las orejas; […]'17

Laut Vespucci zerstören sie ihre wunderschönen Körper jedoch, indem sie merkwürdige Bräuche haben und sich selbst schaden, indem sie sich selbst mit Schmuck durchlöchern. Ein weiteres Anzeichen darauf, dass sie im Vergleich zu seiner Kultur niedriger gestellt sind, da sie sich selbst schaden indem sie andere Bräuche haben.

Viven juntos sin rey, sin autoridad y cada uno es se ñ or de sí mismo. Toman tantas mujeres cuantas quieren, y el hijo se mezcla con la madre […] 18

Er wirft ihnen auch vor, dass sie keinerlei Ordnung in ihrem Leben haben, dass sie wie Tiere leben, ohne einen König oder einer höher stehenden Figur, jeder sorgt sich um sich selbst und es herrscht ein Chaos. Auch sagt Vespucci, dass die Indigenen mehrere Frauen haben und schließlich behauptet er auch, dass sie Inzest betreiben.

Jedoch muss man sich ernsthaft fragen, wie er auf diese Aussage kommt. Weder er spricht die Sprache der Eingeborenen, noch sie beherrschen seine Sprache. Wie kann man so etwas komplexes erfahren, ohne die Sprache des anderen zu beherrschen ?

Es wird indirekt wiedergegeben, dass er selbst und seine Leute viel Fortgeschrittener als die Indigenen sind. Die Frauen, welche er ähnlich wie Magierinnen oder sogar Hexen beschreibt, kastrieren angeblich die Männer. Auch hier wieder die selbe Frage, woher erfährt Vespucci dies ?

Auch bei Äüßerungen wie ''[…] no tienen ninguna iglesia, [...]''19 zeigt Vespucci, dass man ihnen überlegen ist. Die Indigenen sind so ohne Ordnung und ohne Glauben, sie besitzen keine anständigen Häuser, nicht einmal Kirchen, geschweige denn einen Glauben.

[...]


1 Silvia Nagy-Zekmi, Moros en la costa. Orientalismo en Latinoamerica (Iberoamericana), Madrid 2008, S. 42.

2 Vgl. Ansgar Nünning, Metzler-Lexikon. Literatur- und Kulturtheorie (Metzler), Stuttgart, S. *.

3 Ebd. (*E-campus)

4 Castro Varela, Postkoloniale Theorie. Eine kritische Einführung, 2005, S. *.

5 Vgl. Edward W. Said, Orientalismus, (Fischer Verlag) Frankfurt am Main 2010, S. 13.

6 Edward W. Said, Kultur und Imperialismus. Einbildungskraft und Politik im Zeitalter der Macht. (Fischer Verlag), Frankfurt am Main 1994, S. 37 .

7 Edward W. Said, Kultur und Imperialismus. Einbildungskraft und Politik im Zeitalter der Macht. (Fischer Verlag), Frankfurt am Main, S. 39.

8 Ebd., S. 45.

9 Karl Kohut, Der eroberte Kontinent. Historische Realität, Rechtfertigung und literarische Darstellung der Kolonisation Amerikas. (Vervuert Verlag) Frankfurt am Main, 1991, S. 58.

10 Walter L. Bernecker/ Gertrut Krömer, Die Wiederentdeckung Lateinamerikas. (Vervuert Verlag) Frankfurt am Main 1997, S. 300.

11 Vgl. http://www.segeln-wissen.de/geschichten/personen/amerigo-vespucci.html.

12 André Stoll, Sepharden, Morisken, Indianerinnen und ihresgleichen. Die andere Seite der hispanischen Kulturen. (Aisthesis Verlag) Bielefeld, 1995, S. 66.

13 Ebd., S. 168.

14 Vgl. Paul Lehmann, Amerigo Vespucci als Kosmograph und Nautiker (Franz Steiner Verlag) Stuttgart, 1921S. 147.

15 Amerigo Vespucci, El nuevo mundo. Cartas relativas a sus viajes y descubrimientos, (Editorial Nova), Buenos Aires, 1951, S. 179.

16 Ebd.

17 Ebd., S. 181.

18 Ebd.

19 Ebd., 183.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Amerika-Konstruktion in ''Mundus Novus'' und ''Quattuor Navigationis'' von Amerigo Vespucci
Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn  (Romanistik)
Veranstaltung
Chroniken zur Eroberung Amerikas
Note
2,0
Autor
Jahr
2015
Seiten
14
Katalognummer
V942121
ISBN (eBook)
9783346279323
ISBN (Buch)
9783346279330
Sprache
Deutsch
Schlagworte
amerika-konstruktion, mundus, novus, quattuor, navigationis, amerigo, vespucci
Arbeit zitieren
Jasmin Sarlak (Autor:in), 2015, Amerika-Konstruktion in ''Mundus Novus'' und ''Quattuor Navigationis'' von Amerigo Vespucci, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/942121

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