Liederarbeitung in einer besonderen Zielgruppe. Die Erarbeitung des "Cup-Song"mit erwachsenen Flüchtlingen


Praktikumsbericht / -arbeit, 2017

18 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitu

2 Bedingungsfeld - Projekt und Zielgru

3 Projekteinheit „Cup-Son
3.1 Sachanalyse (des musikalischen Gegenstandes „Cup-Song")
3.2 Didaktisch-methodische Überlegungen
3.2.1 Auswahl des „Cup-Song"s für die Zielgruppe
3.2.2 Zielsetzungen
3.2.3 Didaktisch-methodische Grundlagen
3.2.3.1 Call & Response-Methode
3.2.3.2 Singen mit Bewegung
3.2.3.3 Begründung der Methodenwahl für die besondere Zielgruppe
3.3 Verlaufsplanung
3.3.1 Anmerkungen zum geplanten Stundenverlauf
3.3.2 Tabellarischer Verlaufsplan
3.4 Reflexion

4 Literaturverzeichn

Einleitung

Im Januar 2016 wurde mit dem Projekt „Musik auf den Schiffen" in Dortmund ein musikalisches Freizeitangebot für Geflüchtete ins Leben gerufen, das sich der „Willkommenskultur" in Deutschland verpflichtet fühlte und dazu beitragen wollte, „attraktivere] Rahmenbedingungen für Zugewanderte"1 zu schaffen. Ausgehend von den Traumatisierungen vieler Geflüchteter war es ein zentrales Anliegen des Projektes, wöchentlich eine Stunde Spaß zu gestalten, in der alle Teilnehmenden zumindest Momente der Freude und Entspannung erleben können. Darüber hinaus ging es darum, Raum für interkulturelle Musikbegegnung und -bildung zu schaffen.

Konkret wurde das Projekt von Mario Dunkel, einem wissenschaftlichen Mitarbeiter des Musikinstitutes der TU Dortmund, initiiert. Ihm war daran gelegen, in Kooperation von Hochschule und einer interessierten Flüchtlingseinrichtung ein soziales Musikprojekt zu gestalten. Mit den Flüchtlingsschiffen im Dortmunder Hafen fand er eine entsprechende Einrichtung, deren Leiter Franz-Josef Chrosnik sofort seine Unterstützung zusagte. Von den Musikstudentinnen Myriam Rosenkränzer und Marion Schulte wurde die Projekt­idee umgesetzt und das Musikprojekt geleitet.

In der vorliegenden Arbeit wird eine einzelne Projekteinheit vorgestellt, in der der populäre „Cup-Song" erarbeitet wurde.

Einleitend wird das Bedingungsfeld „Musik auf den Schiffen" kurz skizziert, d.h. der personale und organisatorische Rahmen sowie die Grundstruktur der wöchentlichen musikalischen Aktionen beschrieben. Es folgen Inhalts- und sachbezogene Hinweise zum musikalischen Gegenstand „Cup-Song". In den methodisch-didaktischen Vorüberlegun­gen wird zunächst erläutert, warum dieser Song für die besondere Zielgruppe ausge­wählt wurde und welche Ziele mit der Erarbeitung erreicht werden sollten. Anschließend werden hier die der Planung zugrundeliegenden Liederarbeitungsmethoden etwas eingehender beschrieben. Es folgen Ausführungen zur konkreten Planung der musikalischen Einheit und ein tabellarischer Planungsentwurf. Die abschließende Reflexion ist als subjektive Nachbetrachtung des tatsächlichen Verlaufs der Einheit zu verstehen.

2 Bedingungsfeld - Projekt und Zielgruppe

Auf den Schiffen lebten stets zwischen 90 und 180 junge Männer, die aus 15 verschiedenen Herkunftsländern nach Deutschland geflohen sind, - die meisten aus Syrien oder Afghanistan.2 Für sie wurde „Musik auf den Schiffen" als regelmäßiges wöchentliches Freizeitangebot von den Musikstudentinnen Myriam Rosenkränzer und Marion Schulte konzipiert und als einstündige musikalische Einheit umgesetzt. Immerhin fünf bis zwanzig Bewohner/innen kamen wöchentlich zusammen, um das musikalische Angebot mitzugestalten und mitzuerleben.

Im Zentrum jeder Projekteinheit stand das gemeinsame „Musikmachen". Jede Sitzung begann im Normalfall mit kurzen Body-Percussion-Songs, rhythmischen Sprechspielen oder bewegungsintensiven Aufwärmübungen, also in einer für alle zugängliche Art des gemeinsamen Musizierens. Im Anschluss konnte sich gemeinsame musikalische Praxis zum Beispiel im Mitsingen vorgespielter Lieder, im rhythmischen Begleiten mit Perkus­sionsinstrumenten oderauch in Form von solistischem Improvisieren auf sich wiederho­lenden Harmonien entfalten. Manchmal begann auch jemand aus der Gruppe spontan lebhafte Rhythmen auf den Perkussionsinstrumenten zu spielen und kultureigene Songs zu singen. Einige Projekteinheiten, wie die in dieser Arbeit vorgestellte Sitzung, wurden intensiver geplant und hatten als Ziel, ein einzelnes Lied gemeinsam zu erarbeiten.

Als musikalisches Inventar war auf den Schiffen nur ein Piano vorhanden. Weitere Instrumente, wie Geige und Gitarre, wurden regelmäßig von den Projektleiterinnen mitgebracht. Perkussionsinstrumente wurden gelegentlich aus dem Bestand der Musik­fakultät der TU Dortmund geliehen.

Seit Februar 2017 bleiben die Flüchtlingsschiffe in Dortmund nun jedoch geschlossen. Das Musikprojekt für bzw. mit Flüchtlingen soll ab Mitte April 2017 unter der Leitung von Gregor Schindler und Debora Landreh in den Räumlichkeiten der TU Dortmund fortgesetzt werden.

3. Projekteinheit „Cup-Song"

3.1 Sachanalyse (des musikalischen Gegenstandes „Cup-Song")

Der „Cup-Song" „When I'm gone" wurde als Internetphänomen des 21. Jahrhunderts bekannt. Die außergewöhnliche Kombination von Lied und Becherrhythmus ist mit Unmengen an Tutorials im Internet vertreten und geht in zahlreichen Cover-Versionen um die Welt.

Ursprünglich kommen Text und Melodie des Songs von Alvin Pleasant Carter aus Virginia, der den Song schon 1931 mit seiner Gruppe, der Carter Family, einspielte. Auch der Becherrhythmus ist keine Neuheit. Er stammt von Richard Mullins, einem christlichen Liedermacher, der den Rhythmus 1987 als Begleitung eines anderen Songs entwarf.3

Die zwei Musikerinnen der Folkindie-Band Lulu and the Lampshades fügten 2009 Text und Melodie mit dem Becherrhythmus zusammen und machten das Lied so zum „Cup­Song". 2011 coverte die damals 17-jährige Anna Burden diese Fassung von „When I'm gone". Ihre Version postete sie auf YouTube und machte den Song so populär. Auch Schauspielerin Anna Kendrick entdeckte die Fassung von Anna Burden, griff sie im Kino­film „Pitch Perfect" (2012) auf und trug damit wesentlich zur rasanten Verbreitung des „Cup-Song"s bei.

Die hier verwendete, an Lulu and the Lampshades angelehnte, berühmte Cover-Version von Anna Burden besteht aus zwei Strophen und einem Refrain, der in der Wieder­holung minimal variiert wird. Der englischsprachige Song hat eine fließende, einpräg­same Melodie mit geringem Tonumfang. Im Refrain wird derTitel des Textes „When I'm gone" mehrmals wiederholt.

Das Lied steht im 4/4-Takt. Allgemein wird es in einem moderaten Tempo wiedergegeben.

Der Becherrhythmus besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil verbindet einfachere Klatschbewegungen mit Klopfgeräuschen des Bechers, während der zweite Teil kompliziertere Bewegungen, wie zum Beispiel den schnellen Wechsel des Bechers in die andere Hand, beinhaltet.

3.2 Didaktisch-methodische Überlegungen

3.2.1 Auswahl des „Cup-Song"s für die Zielgruppe

Den Bewohner/innen der Flüchtlingsschiffe stand es jede Woche frei zu entscheiden, ob sie das Musikangebot wahrnehmen möchten oder nicht, das heißt es gab zu keiner Zeit eine feste Teilnehmergruppe. Damit waren den Projektleiterinnen im Vorfeld einer Ver­anstaltung weder Größe noch strukturelle Zusammensetzung der Gruppe bekannt. Alter, Herkunftsländer und sprachliche Kompetenzen der Teilnehmenden waren vor dem Treffen ungewiss. Ebenso wenig war vorhersehbar, welche musikalischen Vorlie­ben in der Gruppe vorherrschen, wie groß die Motivation zum eigenen Musizieren und wie entwickelt das musikalische Können und Wissen sein würden.

Mit dem „Cup-Song" wurde ein Lied ausgewählt, das mit einer beliebigen Anzahl an Personen, ob mehr oder weniger musikalisch begabt, innerhalb einer Stunde mit Spaß zu erarbeiten sein sollte und darüber hinaus mit hoher Wahrscheinlichkeit ein schönes, bereicherndes Klangerlebnis liefern würde.

Es steht weder stereotypisch für eine vertretende Kultur, noch stammt es aus einem ungewöhnlichen Musikgenre. Als populärer Folk-Pop-Song dürfte der „Cup-Song" klang­lich bei vielen Projektteilnehmer/innen Gefallen finden.

Für den „Cup-Song" als Projektgegenstand spricht auch, dass mit der Kombination von rhythmischem Tun und Singen zwei verschiedene musikalische Handlungsbereiche gegeben sind. Teilnehmende, die nur über einen dieser Bereiche Zugang zum Lied finden, können daher auf jeden Fall in zumindest einer Erarbeitungsphase aktiv mit­wirken. Spricht sie „Rhythmik" oder „Gesang" nicht an bzw. fühlen sie sich für die Bearbeitung eines Bereiches nicht kompetent genug, können sie sich aktiv zuhörend zurückziehen und trotzdem beeinflussend am Gesamtergebnis teilhaben.

Die Wiederholungen im Text und die klare Melodielinie erleichtern das Erlernen der Singstimme soweit, dass es auch Teilnehmer/innen ohne englische Sprachkenntnisse gelingen sollte, das Lied mitzusingen.

Da für den „Cup-Song" ausschließlich ein Becher und die eigene Stimme benötigt werden, ist es den Teilnehmer/innen auch außerhalb des wöchentlichen Musikange­botes weiterhin möglich, das Lied eigenständig zu musizieren. Darüber hinaus bieten zahlreiche YouTube-Videos beim Auffrischen, Vertiefen oder weiteren Erlernen des Songs Hilfe.

3.2.2 Zielsetzungen

„Musik auf den Schiffen" will prinzipiell interkulturellen Austausch anregen, sodass neue Kenntnisse über Musik und Musikkulturen erworben werden können und allen Beteiligten - auch den Projektleiterinnen - der Zugang zu fremden Musikwerken und das Verstehen fremder Musikkulturen erleichtert wird. Auf übergeordneter Ebene will das Projekt damit Raum geben, die individuelle musikalische Orientierung zu reflektieren und den eigenen musikästhetischen Standpunkt auszuweiten.

Mit der konkreten Einheit verbinden sich auf der Ebene musikalischer Aktion und musikalischen Erlebens enger gefasstere Kompetenzziele. Die Teilnehmer/innen sollen ihre Fähigkeit, gemeinsam zu musizieren erproben, und erweitern können. Dabei sollen besonders das individuelle Rhythmusgefühl und die rhythmische Bewegungsfähigkeit angesprochen und gefördert, sowie Klangerfahrungen zur eigenen Stimme ermöglicht werden. Den elementaren Bedürfnissen nach Bewegung und Erprobung von Stimme und Gesang wird damit entsprochen.

Die besondere Zusammensetzung der Teilnehmergruppe begründet darüber hinaus Zielsetzungen, die über die beabsichtigten Kompetenzerweiterungen hinausgehen und hier als vorrangig angesehen werden. Zuallererst soll die Projekteinheit die Langeweile in dem nicht geregelten Alltag der Flüchtlinge vertreiben und eine Ablenkung von Sorgen und Nöten bieten. Das aktive Musizieren kann Glückshormone freisetzen und emotional stabilisierend wirken. Ausgehend von den Traumatisierungen vieler Geflüchteter stehen daher der Spaß beim und die Freude am gemeinsamen Musizieren im Vordergrund. Selbst Musik machen zu können bietet dabei auch die Chance, in der Musik eine (neue) Ausdrucksmöglichkeit für Gefühle, Gedanken und Erfahrungen zu finden.

[...]


1 Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) 2013.

2 vgl. Schulz.

3 vgl. Schäffler 2013, S. 10.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Liederarbeitung in einer besonderen Zielgruppe. Die Erarbeitung des "Cup-Song"mit erwachsenen Flüchtlingen
Hochschule
Technische Universität Dortmund
Autor
Jahr
2017
Seiten
18
Katalognummer
V940733
ISBN (eBook)
9783346271396
ISBN (Buch)
9783346271402
Sprache
Deutsch
Schlagworte
liederarbeitung, zielgruppe, erarbeitung, cup-song, flüchtlingen
Arbeit zitieren
Marion Schulte (Autor:in), 2017, Liederarbeitung in einer besonderen Zielgruppe. Die Erarbeitung des "Cup-Song"mit erwachsenen Flüchtlingen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/940733

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