Didaktische Konsequenzen aus dem Deutungsmusteransatz für die Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflege (GuK)


Hausarbeit, 2008

18 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Einleitung

1. Deutungsmusteransatz
1.1. Definition
1.2. Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung

2. Besonderheiten der Gesundheits- und Krankenpflege und ihr Bezug zu den Deutungsmustern
2.1. Alltagsnähe der pflegerischen Handlungen
2.2. Vorerfahrung mit Gesundheit und Krankheit
2.3. Altersunterschied zwischen den Auszubildenden und den zu pflegenden
Menschen
2.4. Vorerfahrungen in der professionellen Pflege

3. Bedeutung des Deutungsmusteransatzes für die Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflege

4. Didaktische Konsequenzen aus dem Deutungsmusteransatz
4.1. Antizipierte Deutungsmuster in Bezug auf die Körperpflege
4.2. Professionelle Anforderungen an die Körperpflege
4.3. Reflexion der eigenen Deutungsmustern ermöglichen
4.4. Zugang zu fremden Lebenswelten ermöglichen
4.5. Präsentation einer stellvertretenden Deutung

5. Fazit und Ausblick

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Aspekte und Elemente des Deutungsmusteransatzes

Einleitung

Der Deutungsmusteransatz wird in der Erwachsenenbildung schwerpunktmäßig seit den 80er Jahren diskutiert (vgl. Arnold 1999, S. 1). In der Pflegepädagogik, d.h. der Berufspädagogik für die Gesundheits- und Krankenpflege hat er bislang jedoch kaum Einzug gehalten. In dieser Hausarbeit soll deshalb der Frage nachgegangen werden, welche Bedeutung der Deutungsmusteransatzes für die Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflege hat und welche didaktischen Konsequenzen sich daraus ableiten lassen.

Im ersten Kapitel wird zunächst der Deutungsmusteransatz mit seiner theoretischen Einbindung und den Konsequenzen für die Erwachsenenbildung dargestellt. Kapitel 2 veranschaulicht im Anschluss die Besonderheiten der Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflege, die sich sowohl aus den Besonderheiten des Berufes an sich, als auch aus den neuen gesetzlichen Anforderungen ergeben. Hierbei werden bereits erste Bezüge zum Deutungsmusteransatz hergestellt. In der Zusammenführung dieser zwei Kapitel wird nachfolgend der Frage dieser Hausarbeit nachgegangen, welche Bedeutung der Deutungsmusteransatz für die Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflege hat. Im anschließenden Kapitel werden Konsequenzen für die Pflegepädagogik abgeleitet und an einer exemplarischen Unterrichtseinheit zur Körperpflege konkret dargestellt. Abschließend erfolgen eine kurze Zusammenfassung der bisherigen Ausführung, eine kritische Würdigung des Deutungsmusteransatzes für die Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflege und ein Ausblick auf die weitere Entwicklung in der Pflegepädagogik.

1. Deutungsmusteransatz

1.1. Definition

Der Deutungsmusteransatz entwickelte sich in den 80er Jahren im Zuge der reflexiven Wende, d.h. der Hinwendung der Pädagogik zum Teilnehmer und seiner Lebenswelt (vgl. Arnold 1999, S. 1). Die dem Ansatz zugrunde gelegten Erkenntnisse der Kognitionspsychologie, der Systemtheorie und des Konstruktivismus legen nahe, dass es nicht „die objektive Realität“ gibt, sondern „nur“ eine vom Subjekt, d.h. vom Teilnehmer und vom Lehrenden interpretierte Wirklichkeit. Unsere Vorstellungen von der sozialen Welt und unsere Alltagstheorien entstehen somit erst durch unsere individuellen Deutungen und Sinnzuschreibungen (vgl. Siebert 2003a, S. 109).

Arnold (1985, S. 23) griff das Konzept der Deutungsmuster bereits früh auf und definiert Deutungsmuster als „…die mehr oder weniger zeitstabilen und in gewisser Weise stereotypen Sichtweisen und Interpretationen von Mitgliedern einer sozialen Gruppe (…), die diese zu ihren alltäglichen Handlungs- und Interaktionsbereichen lebensgeschichtlich entwickelt haben. Im einzelnen bilden diese Deutungsmuster ein Orientierungs- und Rechtfertigungspotential von Alltagswissensbeständen in der Form grundlegender, eher latenter Situations-, Beziehungs- und Selbstdefinitionen, in denen das Individuum seine Identität präsentiert und seine Handlungsfähigkeit aufrechterhält.“ Er beschreibt mit dieser Definition zehn Elemente des Deutungsmusteransatzes, die er in späteren Publikationen (vgl. Arnold 2003, S. 66 und Arnold 2005, S. 65) zu drei Aspekten zusammenführt (vgl. Abbildung 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Aspekte und Elemente des Deutungsmusteransatzes (Arnold 2003, S. 66)

Mit dem ersten Aspekt „Prozesscharakter individuellen Bewusstsein“ verdeutlicht Arnold (2003, S. 63), dass die Ausbildung von Deutungsmustern prozesshaft verläuft. Deutungsmuster werden „lebensgeschichtlich“ im Prozess der Sozialisation, d.h. im Verlauf der Integration des Individuums in eine Gesellschaft und in seiner Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Anforderungen, erworben (Element der gesellschaftlichen Vermitteltheit). Vor allem im Lebenslauf früh erworbene Deutungsmuster, die die so genannte Basispersönlichkeit ausmachen, wirken im weiteren Lebenslauf besonders nachhaltig (Element der Nachhaltigkeit früherer Erfahrungen). Zwei weitere wichtige Elemente in der Entwicklung des individuellen Bewusstseins sind die Kontinuität und die relative Flexibilität von Deutungsmustern. Deutungsmuster sind „zeitstabil“, da sie lebensgeschichtlich entstanden sind und somit die Identität des Individuums in erheblichem Maße bestimmen. Arnold (1985, S. 50) geht davon aus, dass „…in der Regel Situationen so gedeutet werden, daß keine allzu große Diskontinuität und Inkompatibilität gegenüber bisherigen Selbstverständlichkeiten im Weltbild aufbricht.“ Auf der anderen Seite ist die Stabilität nur „mehr oder weniger“ gegeben, da Individuen mit ihren Deutungsmustern nicht starr sind, sondern durchaus verändert werden können. Wie bereits beschrieben, sind früh erworbene Deutungsmuster jedoch nachhaltiger als später erworbene. Auch sind graduelle Veränderungen leichter möglich als grundlegende „Umdefinitionen“ (vgl. Arnold 2003, S. 64).

Der zweite Aspekt bezieht sich auf die „besondere Pragmatik des Alltagswissens“. Aufbauend auf den eingangs dargestellten Grundlagen des Deutungsmusteransatzes entsteht handlungsleitendes Alltagswissen erst durch individuelle Deutungen und Sinnzuschreibungen. Diese „Sichtweisen“ werden aus der Perspektivität, d.h. aus der spezifischen Sicht des Einzelnen heraus entwickelt, so ein weiteres Element des Deutungsmusteransatzes. Ob die jeweilige Sicht des Einzelnen überzeugend ist (Element der Plausibilität) und somit routiniertes Handeln ermöglicht, hängt dabei weniger von der „Wahrheit“ als vielmehr von der „Passung“ dieser Deutung zu den übrigen „Weltsichten und Weltinterpretation“ des Individuums ab (vgl. Arnold 2003, S. 64). Deutungsmuster sind häufig „stereotype Sichtweisen“ und weisen die Struktur von Sprichwörtern oder Lebensregeln auf (Element der Komplexitätsreduktion). Die Unübersichtlichkeit und Kompliziertheit der Wirklichkeit wird somit reduziert und Handlungen im Alltag ermöglicht (vgl. Arnold 2003, S. 65).

Der dritte Aspekt des Deutungsmusteransatzes bezieht sich auf die „Strukturiertheit individuellen Bewusstseins“. Arnold (2003, S. 65) geht davon aus, dass die „Wirklichkeitssichten der Menschen“ musterhaft strukturiert sind. Die einzelnen Deutungsmuster stehen also nicht isoliert und ohne gegenseitigen Bezug zueinander, sondern „…lassen sich nach ihrer tiefenpsychologischen Verankerung hierarchisieren“ (Siebert 2003a, S. 110). So gibt es beispielsweise Basis-Deutungen und Deutungen, die eher einen Oberflächencharakter haben (Element der systematisch-hierarchischen Ordnung). Der gegenseitige Bezug der Deutungsmuster verweist auch auf das Element der Konsistenz. Der Mensch ist demnach bemüht, dass seine verschiedenen Deutungsmuster in einer relativen Widerspruchslosigkeit zueinander stehen, d.h. kompatibel sind. Das letzte Element des Deutungsmusteransatzes, die Latenz, verdeutlicht, dass Erwachsene in der Regel nicht in der Lage sind ihre Deutungsmuster zu benennen, da sie ihnen häufig nicht bewusst sind. Siebert (2003a, S. 110) verweist an dieser Stelle wieder auf die „Tiefenstruktur der Bewusstseins“.

1.2. Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung

Aus den bisherigen Ausführungen kann geschlussfolgert werden, dass Deutungsmuster auf der einen Seite zwar routiniertes Handeln im Alltag ermöglichen, d.h. Orientierung und Sicherheit bieten, auf der anderen Seite aber auch einen großen Einfluss auf unsere Wahrnehmung und unser Handlungsrepertoire haben. Sie beeinflussen sowohl den Wissenserwerb als auch die Wissensvermittlung (vgl. Arnold 2004, S. 19). Professionelle Erwachsenenbildung zeigt sich somit darin, dass der Erwachsenenbildner vorhandenen Deutungen der Teilnehmer „erspürt“ bzw. im Vorfeld antizipiert und im Lehr-Lern-Prozess so aufgreift und alternative Sichtweisen so zugänglich macht, dass der Teilnehmer in der Selbstevaluation seiner bisherigen Muster unterstützt und gefördert wird (vgl. Arnold 2003, S. 30). Dies ist allerdings nur dann gegeben, wenn der Erwachsenenpädagoge sich seiner eigenen, in der speziellen Situation relevanten, Deutungsmuster bewusst ist und diese nicht dem Teilnehmer überstülpt. Ebenso sollte er dessen Deutungsmuster nicht als defizitär betrachten und mit Hilfe wissenschaftlichen Wissens transformieren möchten (vgl. Schüßler 2000,
S. 100).

Davon abgesehen, dass die Erwachsenenbildung nicht berechtigt ist „vermeintlich falsche“ durch „objektiv richtige“ Deutungen zu ersetzen, ist sie nach Siebert (2003a, S. 112) dazu auch gar nicht in der Lage: „Erwachsene ändern ihre Deutungsmuster nur dann, wenn sie es wollen, nicht, wenn sie es sollen“ (Siebert 2003a, S. 113). D.h. sie ändern ihre Deutungsmuster nur dann, wenn diese trotz ihrer Ungewohntheit an bisherige Deutungsmuster anschlussfähig bleiben, d.h. biographische Kontinuität ermöglichen.

2. Besonderheiten der Gesundheits- und Kranken­pflege und ihr Bezug zu den Deutungsmustern

Bevor der Deutungsmusteransatz auf die Pflegepädagogik bezogen werden kann, sollen zuvor, zum besseren Verständnis, die Besonderheiten der Ausbildung bzw. des Berufes der Gesundheits- und Krankenpflegerin erläutert werden.

2.1. Alltagsnähe der pflegerischen Handlungen

Die Gesundheits- und Krankenpflege ist insbesondere durch eine Alltagsnähe ihrer Handlungen gekennzeichnet. Neben ihrer Aufgaben im Rahmen der Mitwirkung bei ärztlich veranlassten Maßnahmen, unterstützen professionell Pflegende vor allem Menschen bei der Durchführung ihrer Lebensaktivitäten[1]. Hierbei handelt es sich um Aktivitäten wie „Essen und Trinken“, „Ausscheiden“, „sich sauber halten und kleiden“ „sich bewegen“ um nur Einige zu nennen (vgl. Roper, Logan, Tierney 2002, S. 29ff). All dies sind Handlungen, die jeder Mensch (fast) täglich durchführt und die er bereits früh in seinem Leben erlernt hat. D.h. die Auszubildenden haben zu diesen Aktivitäten im Laufe ihrer Sozialisation Deutungsmuster entwickelt, die ihnen „helfen“ sich in der Welt zu orientieren und ihr persönliches Handeln zu rechtfertigen. Viele dieser Deutungen können als Basisdeutungen angesehen werden, da sie sehr früh erworben wurden und damit heute entsprechend nachhaltig wirken. Häufig werden diese Muster den Auszubildenden auch nicht bewusst sein, d.h. latent wirken bzw. als Stereotype geäußert werden (z.B. „vor dem Essen wäscht man sich die Hände“, „nach dem Toilettengang wäscht man sich die Hände“, „wenn man mit nassen Haaren aus dem Haus geht, wird man krank“).

[...]


[1] Je nach Pflegetheorie spricht man von Lebensaktivitäten (Roper, Logan, Thierney), Aktivitäten des täglichen Lebens (L. Juchli), allgemeine Selbstpflegeerfordernisse (D. Orem) etc. (vgl. Kellnhauser et al. 2004, S. 50 ff)

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Didaktische Konsequenzen aus dem Deutungsmusteransatz für die Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflege (GuK)
Hochschule
Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
18
Katalognummer
V94067
ISBN (eBook)
9783638072915
Dateigröße
478 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Didaktische, Konsequenzen, Deutungsmusteransatz, Ausbildung, Gesundheits-, Krankenpflege
Arbeit zitieren
Daniela Döring (Autor:in), 2008, Didaktische Konsequenzen aus dem Deutungsmusteransatz für die Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflege (GuK), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94067

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