Schulsozialarbeit im Falle des Schulabsentismus. Aufgaben, Konzepte und Programme der öffentlichen Jugendhilfe


Hausarbeit, 2020

25 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung / Ausgangssituation

2 Gesetzliche und strukturelle Rahmung

3 Konzeptionelle und programmatische Ausrichtung der Schulso- zialarbeit im Falle des Schulabsentismus
Formen und Bedingungen des Schulabsentismus
Schulschwänzen
Angstbedingte Schulvermeidung/Schulverweigerung
Bewusstes Zurückhalten durch die Eltern
Gelegentlicher Schulabsentismus
Massive Schulschwänzer

4 (Keine) Handlungskonzepte der Schulsozialarbeit bei Schulabsentismus
Projektbeschreibung
Zielgruppe des Projekts
Ziele des Projekts
Fachliche Einschätzung und kritische Würdigung

5 Schlussfolgerung / Handlungsansätze

6 Resümee / Fazit

7 Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

BMAS Bundesministerium für Arbeit und Soziales bzgl. bezüglich

d.h. das heißt

engl. Englisch

e.V. eingetragener Verein

ggfs. gegebenenfalls

LT-Drs. Landtagdrucksache

NRW Nordrhein-Westfalen

OWiG Gesetz über Ordnungswidrigkeiten SGB VIII Achtes Buch Sozialgesetzbuch

SchulG NRW Schulgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen

u.a. unter anderem

z.B. zum Beispiel

1 Einleitung / Ausgangssituation

Die Schulsozialarbeit entwickelte sich maßgeblich erst nach den 1970er Jahren und erfuhr nicht erst auf Grund der Befunde der PISA Studien einen erneuten Auf- schwung Mitte der 1990er Jahre.1

Neben mehreren gängigen Definitionen der Schulsozialarbeit definiert Drilling die Schulsozialarbeit als „ein eigenständiges Handlungsfeld der Jugendhilfe, das mit der Schule in formalisierter und institutionalisierter Form kooperiert.“2 Hierbei wer- den Methoden der Sozialen Arbeit auf das Schulsystem übertragen. Ziel der Schulsozialarbeit ist die Begleitung des Kindes bzw. Jugendlichen im Prozess des Erwachsenwerdens. Sie soll Kindern und Jugendlichen Möglichkeiten aufzeigen, persönliche und soziale Probleme zu lösen3 und dazu beitragen, Bildungsbenach- teiligungen zu vermeiden oder abzubauen.4

Zielgruppe der Schulsozialarbeit sind jedoch nicht nur Kinder und Jugendliche, son- dern auch Lehrkräfte und Eltern, die in pädagogischen Fragen unterstützt werden sollen.5

Neben der Beratung in erzieherischen Fragen, der Vermittlung zwischen Lehrkräf- ten, Eltern und Schülern, der Beratung rund um die Fragen des Kinder - und Ju- gendschutzes sind Schulsozialarbeiter auch damit beauftragt, dem wachsenden Schulabsentismus entgegenzuwirken.6

Die unten aufgeführte Statistik aus dem Jahre 2009, die 44.610 Befragte im Alter von 15 Jahren ausweist, zeigt, wie viele Schüler der jeweils neunten Klassen min- destens fünf unentschuldigte Fehltage innerhalb eines Schuljahres aufweisen. Sie macht deutlich, dass Schüler und Schülerinnen eines Gymnasiums seltener der Schule fernbleiben als Schüler und Schülerinnen einer Haupt- oder Förderschule, deren signifikanter Anteil deutlich höher ist. An der Gesamtschule beispielsweise blieben insgesamt 14,4% der Schülerinnen und Schüler mehr als fünfmal im Schul- jahr unerlaubt der Schule fern.7

Es ist u.a. Aufgabe der Schulsozialarbeiter/innen diesem wachsenden Schulabsen- tismus entgegenzuwirken.

2 Gesetzliche und strukturelle Rahmung

Wie bereits dargelegt gliedert sich die Schulsozialarbeit in die zahlreichen Ange- bote der Jugendhilfen ein. § 13 SGB VIII regelt die Jugendsozialarbeit. In Absatz 1 wird dargelegt, dass jungen Menschen, die zum Ausgleich sozialer Benachteiligun- gen oder zur Überwindung individueller Beeinträchtigungen in erhöhtem Maße auf Unterstützung angewiesen sind, im Rahmen der Jugendhilfe sozialpädagogische Hilfen angeboten werden sollen, die ihre schulische und berufliche Ausbildung und soziale Integration fördert.

Die nähere Ausgestaltung der Jugendhilfeangebote in den Schulen regeln die Ge- setze der einzelnen Bundesländer. In § 5 Absatz 2 SchulG NRW ist die Zusammen- arbeit zwischen Schulen und den Trägern der öffentlichen und freien Jugendhilfe verankert. § 9 Absatz 3 SchulG NRW konkretisiert die Möglichkeit der Zusammen- arbeit der öffentlichen Träger und Schulen für den Bereich der Ganztagsschulen. Es wird deutlich, dass den Schülern im Bereich der Ganztagsschulen neben dem regulären Unterricht auch außerunterrichtliche Angebote unterbreitet werden sol- len.8

In den Verwaltungsvorschriften der einzelnen Länder wird die nähere Ausgestal- tung des Einsatzes der Fachkräfte der Schulsozialarbeiter an den Schulen festge- legt. So werden in NRW im Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbil- dung vom 23.01.2008 die Bedingungen für die „Beschäftigung von Fachkräften für Schulsozialarbeit an Gesamtschulen, Gymnasien und Berufskollegs“ festgelegt.

Die zehn Schuljahre andauernde Schulpflicht ist in NRW in § 37 SchulG NRW ge- regelt. Verstöße gegen die Schulpflicht stellen gemäß § 126 SchulG NRW eine Ordnungswidrigkeit dar und können mit Geldbußen geahndet werden.

3 Konzeptionelle und programmatische Ausrichtung der Schulso- zialarbeit im Falle des Schulabsentismus

Um Schulabsentismus im Rahmen der Schulsozialarbeit mittels präventiver oder repressiver Maßnahmen begegnen zu können, müssen zunächst die unterschiedli- chen Formen des Schulabsentismus betrachtet werden.

Formen und Bedingungen des Schulabsentismus

„Schulabsentismus wurde als Gegenstand wissenschaftlicher Forschung zunächst im anglo-amerikanischen Sprachraum untersucht. Dieses frühe Interesse hängt da- mit zusammen, dass beispielsweise in den USA das unerlaubte Fernbleiben vom Unterricht als Straftatbestand nach dem Jugendstrafrecht gilt oder etwa die Anwe- senheit im Unterricht in Großbritannien als Qualitätsmerkmal einer guten Schule angesehen wird.“9

„Schulabsentismus umfasst diverse Verhaltensmuster illegitimer Schulversäum- nisse multikausaler und langfristiger Genese mit Einflussfaktoren der Familie, der Schule, der Peers, des Milieus und des Individuums, die einhergehen mit weiteren emotionalen und sozialen Entwicklungsrisiken, geringer Bildungspartizipation so- wie einer erschwerten beruflichen und gesellschaftlichen Integration und die einer interdisziplinären Prävention und Intervention bedürfen.“10

Die Verhaltensmuster des Schulabsentismus sind dadurch gekennzeichnet, dass der betroffene Schüler die Unterrichtszeit fern der eigenen Schule, d.h. also weder im Klassenraum noch auf dem Schulgelände verbringt.11

Schulvermeidende Verhaltensmuster, lassen sich in drei Formgruppen unterteilen:

- Schulschwänzen,
- Angstbedingte Schulverweigerung,
- Zurückhalten (Eltern verhindern den Schulbesuch oder billigen Schulver- säumnisse)12

Die dargestellte Dreiteilung ist nicht absolut zu betrachten. Der Schulabsentismus kann daher auch aus mehreren Komponenten und Formen bestehen, so dass die Motivation, die Schule nicht zu besuchen nicht stets einer Form der benannten Komponenten zuzuordnen ist. Es ist ebenfalls möglich, dass die Motivationen, die Schule nicht zu besuchen wechseln können.13

Schulschwänzen

„Beim Schulschwänzen (engl.: trumancy) handelt es sich um ein Verhaltensmuster, bei dem Schüler im Rahmen einer ablehnenden Einstellung Schule, Unterricht oder Lehrer missbilligen und dieses durch Fernbleiben vom Unterricht oder Zuspätkom- men deutlich machen.“14

Das Schulschwänzen resultiert in diesem Fall nicht aus schulbezogenen Ängsten, sondern häufig auf einer, den schulischen Erwartungen und Anforderungen gegen- über gleichgültigen Einstellung des Schülers. Begünstigt wird diese Einstellung durch problematische Lebensverhältnisse in der Herkunftsfamilie. Diese können so- wohl auf einen niedrigen sozioökonomischen Status, niedrige familiäre Bildungs- ambitionen, unzureichende Kontrollen der Erziehungsberechtigten oder auch auf plötzlich auftauchende familiäre Risikofaktoren, wie beispielsweise der Trennung der Eltern zurückzuführen sein.15

Schulabsentismus in der Form des Schulschwänzens ist daher oft „ein Marker für soziale Problemlagen […], die in den Familien vielfach nur wenig Raum für ange- messene Aufsicht und Unterstützung des Kindes in schulischen Belangen lassen.“ 16

Angstbedingte Schulvermeidung/Schulverweigerung

„Angst kann als ein negativ empfundener emotionaler Zustand beschrieben werden, der auf eine als bedrohlich erlebte Situation zurückzuführen ist.“17

Schulbezogene Ängste sind nicht auf bloße Aversionen gegen die Schule oder feh- lende Motivation zurückzuführen. Schulbezogene Angst „ist eine durch konkrete Erlebnisse hervorgerufene Reaktion, die einen geregelten Schulbesuch häufig un- möglich macht.“18

Schulbezogene Ängste werden entweder auf Grund sozialer oder leistungsbezoge- ner Probleme entwickelt.19

Das bestehende Schulsystem stellt eine leistungsorientierte Institution dar. Auf Grundlage dieses leistungsorientierten Charakters produziert die Schule selbst be- reits grundlegende Strukturen, die eine Schulangst begünstigen können. Versa- gens- und Prüfungsängste basieren auf einem Anforderungsniveau, welchem sich Kinder und Jugendliche nicht gewachsen fühlen. Leistungsdruck und Konkurrenz- situationen mit Mitschülern leisten einen weiteren Beitrag, der angstbedingte Ge- fühle fördert.“20

Es gibt jedoch auch schulbezogene Ängste, die durch Mobbing hervorgerufen wer- den. Ein Schüler gilt dann als Mobbingopfer, wenn er „wiederholt und über einen längeren Zeitraum den negativen Handlungen eines oder mehrerer Schüler ausge- setzt ist.“21 Die negativen Handlungen können aus Beleidigungen, Beschimpfun- gen, Auslachen, Verbreiten von Unwahrheiten, Verstecken von Sachen, Zerstörung persönlichen Eigentums, Anrempeln, Herumstoßen, Erniedrigen, Ausschließen, und (schwerer) körperlicher Gewalt bestehen.22 Da Mobbingopfer häufig an man- gelndem Selbstwertgefühl leiden und ihre Sorgen verschweigen, sehen sie eine Lösung ihres Problems in einem Meidungsverhalten, dem Vermeiden des ursächli- chen Schulbesuchs.23

Zusätzlich gibt es schulbezogene Ängste, deren Ursprung weder im sozialen noch im leistungsbezogenen Umfeld der Schule zu finden sind. Es handelt sich hierbei um Trennungsängste. Schüler meiden die Schule, weil sie sich nicht von ihrer Hauptbezugsperson trennen können.24

Bewusstes Zurückhalten durch die Eltern

Ursprünglich für eine weitere Form des Schulabsentismus ist nicht das Verhalten der Schüler, sondern das der Eltern. Die Verantwortung für den nicht stattfindenden Schulbesuch liegt ausschließlich ihnen.25 Die Gründe, weshalb Eltern ihre Kinder vom regelmäßigen Schulbesuch fernhalten sind vielfältig. Sowohl die Krankheit und die daraus resultierende Hilfsbedürftigkeit eines Elternteils, Trennungsängste oder generelle Angststörungen bei einem Elternteil können Eltern veranlassen, ihre Kin- der nicht in die Schule zu schicken. Aber auch wirtschaftliche oder religiöse Gründe oder die Angst vor dem Entdecken von Misshandlungen an den Schülern kann El- tern motivieren, Kinder und Jugendliche den Schulbesuch zu verbie ten. 26

„Durch Unterstützung im Haushalt, krankenpflegerische Aufgaben oder emotionale Unterstützung entstehen oft im Kontext überfordernder Beanspruchung belastende Folgen für die Kinder und Jugendlichen, die sich u.a. auf die Schule beziehen und in einer hohen Versäumnisquote münden können. Sie befinden sich oft in einer ambivalenten Position, helfen gerne und zeigen prosoziales Verhalten ihrer nächs- ten gegenüber, sind jedoch auch den psychischen Gefahren (alters-) unangemes- sener Inanspruchnahme ausgesetzt.“27

Gelegentlicher Schulabsentismus

Der Schulabsentismus an sich muss nicht nur in seinen Ursprüngen differenziert betrachtet werden, sondern auch in seiner Quantität. Es werden hierbei gelegentli- che Schulschwänzer und massive Schulschwänzer voneinander unterschieden.

[...]


1 Speck, K. (2009), S. 9 ff.

2 Drilling, M. (2009), S. 95.

3 Drilling, M. (2009), S. 95.

4 Alber, N. (2016), S. 6.

5 Alber, N. (2016), S. 6.

6 Alber, N. (2016), S. 7.

7 statista.de, Aufruf: 13.08.2020.

8 statista.de, Aufruf: 13.08.2020.

9 Stamm, M.; Ruckdäschel, C.; Templer, F.; Niederhauser, M. (2009), S. 35.

10 Ricking H.; Hagen, T. (2016), S. 18.

11 Ricking H.; Hagen, T. (2016), S. 18.

12 Ricking H.; Hagen, T. (2016), S. 18.

13 Ricking H.; Hagen, T. (2016), S. 19.

14 Ricking H.; Hagen, T. (2016), S. 24.

15 Ricking H.; Hagen, T. (2016), S. 24 f.

16 Ricking H.; Hagen, T. (2016), S. 25.

17 Ricking H.; Hagen, T. (2016), S. 30.

18 Claßen A.;Nießen, K. (2015), S. 18.

19 Ricking H.; Hagen, T. (2016), S. 33.

20 Ricking H.; Hagen, T. (2016), S. 33.

21 Schubarth, W. (2010), S. 17.

22 Jannan, M. (2008), S. 21.

23 Ricking H.; Hagen, T. (2016), S. 37.

24 Ricking H.; Hagen, T. (2016), S. 37; Claßen A.;Nießen, K. (2015), S. 18.

25 Ricking H.; Hagen, T. (2016), S. 41; Claßen A.;Nießen, K. (2015), S. 30.

26 Claßen A.;Nießen, K. (2015), S. 30 f.

27 Kaiser, S.; Schulze, G. (2014) S. 332 ff.

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Schulsozialarbeit im Falle des Schulabsentismus. Aufgaben, Konzepte und Programme der öffentlichen Jugendhilfe
Hochschule
Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach
Veranstaltung
Aufgaben, Konzepte und Programme der öffentlichen Jugendhilfe
Note
1,3
Autor
Jahr
2020
Seiten
25
Katalognummer
V940581
ISBN (eBook)
9783346272669
ISBN (Buch)
9783346272676
Sprache
Deutsch
Schlagworte
öffentliche Jugendhilfe, Schulabsentismus, Aufgaben, Konzepte, Programme, Jugendhilfe, Schulvermeidung, Schulverweigerung, Schulsozialarbeit, Sozial Arbeit, Soziale Arbeit, Schulschwänzen, Schule, Vermeidung, Verweigerung
Arbeit zitieren
Norbert Merbecks (Autor:in), 2020, Schulsozialarbeit im Falle des Schulabsentismus. Aufgaben, Konzepte und Programme der öffentlichen Jugendhilfe, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/940581

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