Von Podcasts bis Weblogs – Das Internet als neues Forum der jungen Rechten


Hausarbeit, 2007

22 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG

2 DAS INTERNET ALS MASSENMEDIUM - RECHTLICHER RAHMEN
2.1 Jugendschutz am Wendepunkt?
2.2 Ist das Internet ein rechtsfreier Raum?
2.3 Medienkompetenz

3 WER HAT DIE MACHT IM CYBER-SPACE?
3.1 Die Entwicklung der Eroberung des Internets der rechten Szene
3.2 Podcasts (American Dissident Voices Internet Radio, Radio Wolfsschanze, Radio für die Freiheit Deutschlands)
3.3 NPD-Nachrichten auf YouTube
3.4 Internetdemonstrationen im Thule-Netz

4 AKTIONEN GEGEN RECHTE GEWALT IM INTERNET

5 ZUSAMMENFASSUNG

6 LITERATURVERZEICHNIS
6.1 Literatur
6.2 Webseiten

1 Einleitung

Bereits Ende der achtziger Jahre entdeckten zahlreiche Bürgerinitiativen, Organisationen verschiedener politischer Gesinnungen und politisch interessierte Einzelpersonen den Computer als Kommunikationsmittel und bauten auf privater Basis elektronische Netzwerke auf. Das Internet bot ihnen die Möglichkeit der globalen Vernetzung. Nicht nur als Informationsquelle, sondern auch als interaktiver Raum mit Chatforen, oder als Ausstatter mit Filmen, Musik etc. hat das Internet sich gerade in den jüngeren Informationsgenerationen weltweit etabliert. Interessant ist hier der Blick auf die junge rechte Szene: Wirkt das Internet als Katalysator einer besseren Vernetzung unter den jungen Rechten?

Die Zielsetzung der Hausarbeit ist die Klärung der Gefahren, aber auch möglicher Vorteile des Internet bei der Repräsentanz und Rezeption des Rechtsextremismus in diesem Medium. Das erste Kapitel beinhaltet eine kleine Einführung in das Medium. Der rechtliche Rahmen soll geklärt werden und neue pädagogische Ansätze zur Vorbereitung der jungen ‚Informationsgenerationen‘ im Umgang mit dem Internet werden analysiert. Das zweite Kapitel ist eine Auseinandersetzung mit dem Gegenstandsbereich ‚Rechtsextremismus‘. Die Frage der Machtverhältnisse im Internet und der Einflussbereich der rechten Szene durch das neue Medium soll beantwortet werden. Neue Befunde des Verfassungsschutzberichtes 2006 werden einbezogen und Nutzungsformen der Kommunikation, bzw. informationellen Vernetzung und Propaganda, im Internet durch die rechtsextreme Szene beschrieben und anhand von einzelnen Webseiten besprochen. Dabei werden auch Webseiten vorgestellt, die auf ausländischen Servern liegen und in Deutschland verbotene Inhalte aufweisen. Die Reaktion der Bündnisse gegen rechts ist der Inhalt des dritten Kapitels. Hier werden verschiedene Bemühungen des Staates, von Parteien und privaten Initiativen, dem Rechtsextremismus (nicht nur) im Internet entgegenzutreten, bewertet. Dafür werden Beispiele von Internet-Angeboten staatlicher und privater Initiativen aller Art und ihre Konzeptionen vorgestellt.

2 Das Internet als Massenmedium - Rechtlicher Rahmen

Da im Folgenden die Kenntnis der Begriffe „Internet“ und „Rechtsradikalismus“ vorausgesetzt wird, sollen diese nun knapp erklärt werden.

Das Internet1 kann definiert werden als elektronische Verbindung von Rechnernetzwerken, welche Verbindungen zwischen einzelnen Computern herstellen und so Daten austauschen. Jeder Rechner weltweit kann mit jedem anderen Rechner verbunden werden. Das Internet ging aus dem 1969 entstandenen Arpanet hervor, das hauptsächlich der Vernetzung von Universitäten und Forschungseinrichtungen diente. Heute (Anfang 2007) haben 16,9% der Weltbevölkerung Zugang zum Internet und 1,13 Milliarden Menschen nutzen das Internet regelmäßig. Das ‚world wide web‘, das die meisten Nutzer kennen, ist jedoch nur ein Teil des Internets (vgl. Webseite 1).

Rechtsradikalismus nach Minkenberg (vgl. 1998: 33) verbindet die ideengeschichtliche und die strukturanalytische Dimension. Laut Minkenberg ist Rechtsradikalismus eine politische Ideologie, die im Kern aus einem Mythos in Form eines populistischen und romantischen Ultranationalismus besteht und der sich daher gegen die liberale Demokratie und deren zugrunde liegende Werte von Freiheit und Gleichheit sowie die Kategorien von Individualismus und Universalismus richtet.

2.1 Jugendschutz am Wendepunkt?

Laut Verfassungsschutzbericht 2005 (vgl. S. 24) ist der Verfassungsschutz im Grundgesetz verankert. Folgende Freiheitsrechte wie die freie Meinungsäußerung (Art. 5 GG), die Versammlungs- (Art. 8 GG) und Vereinigungsfreiheit (Art. 9 GG) werden allen deutschen Bürgern gewährt. Der Verfassungsschutz zieht eine Grenze bei der Inanspruchnahme dieser Rechte dort, wo deutlich erkennbar wird, dass sie dazu missbraucht werden, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu untergraben und damit das Fundament dieser Freiheitsrechte zu beseitigen. „Die leidvollen Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Ende der Weimarer Republik,

deren Verfassung keine wirksamen Abwehrmechanismen vorsah, haben dazu geführt, dass im Grundgesetz das Prinzip der wehrhaften und abwehrbereiten Demokratie verankert worden ist“ (ibid.).

2.2 Ist das Internet ein rechtsfreier Raum?

Die Strafverfolgung steht vor dem besonderen Problem, dass das Internet ortsunabhängig ist, während sich die meisten Gesetze wie z.B. das deutsche Grundgesetz an nationalen Räumen orientieren. Die NPD hat 14 Tage nach der ersten Verbotsforderung ihre Webseite (Webseite 2) systematisch überarbeitet und gefährliche Stellen aus dem Netz genommen (vgl. Janssen 2002). Da andere Länder wie z.B. die USA die Meinungsfreiheit anders und weiter auslegen als Deutschland, stellen inzwischen viele Rechtsradikale ihre Webseiten über US-amerikanische Anbieter ins Internet und entziehen sich dadurch staatlicher Repression (vgl. Busch u.a. 2004: 131f.). Die meisten rechtsradikalen Anbieter sitzen wegen der bereits genannten Gründe in den USA und bieten ihre Dienstleistung offensiv europäischen Rechtsradikalen an (vgl. Busch 2005: S. 67-78). Ein weiterer Zufluchtsort von Webseiten mit rechtsradikalen Inhalten sind kostenpflichtige Anbieter, die sich nur selten für die Inhalte der Webseite ihrer Kunden interessieren. Außerdem gibt es rechtsradikale Anbieter, die Rechtsradikalen gratis Speicherplatz überlassen. Beispielsweise lautet die erste Bedingung für die kostenlose Unterbringung von Internetauftritten bei Skadi: „Your website must be dedicated to nationalist, revisionist, or racially conscious content in the widest sense of the words. If it is not, it will be deleted and you will be IP-banned from the whole site.“2

2.3 Medienkompetenz

Die Anwendungen des Internets und anderen Medien bestimmt zunehmend die Welt von Kindern und Jugendlichen. Die heute heranwachsenden Generationen erhalten von klein auf über das Fernsehen, am Computer und über das Handy einen Einblick in die spätere informationsgestützte Realität ihres Erwachsenenlebens. Es muss deshalb eine Kernaufgabe sein, den Prozess der Aneignung der neuen Kulturtechnik aktiv zu begleiten, Kinder über den staatlichen Jugendschutz vor nicht jugendfreien Inhalten zu schützen und zu einem souveränen und selbstbestimmten Umgang mit den Medien zu erziehen. Werden diese Kenntnisse nicht erlangt, drohen - unabhängig von der individuellen beruflichen Perspektivlosigkeit der Medieninkompetenten - Gefahren der sozialen Destabilisierung über die Unfähigkeit, Medieninhalte bewerten, verstehen, einordnen und aktiv einsetzen zu können. Sie ist außerdem eine große Hürde für die wirtschaftliche, gesellschaftliche und demokratische Entwicklung eines modernen Landes (Weiler 2004). Da die technische Komponente der Bedienung der neuen Medien von Kindern und Jugendlichen im Selbstlernprozess erworben wird, müssen Eltern und Lehrer im gleichen Maße die Medienkompetenz der Kinder fördern.

Der Schulbuchverlag Cornelsen hat eine Studie zum Medieneinsatz im Unterricht zum Thema Rechtsextremismus durchgeführt. Wer beispielsweise im Internet nach den Stichworten ‚Holocaust‘ oder ‚Auschwitz‘ recherchiert, findet neben wissenschaftlichen auch rechtsextremistische Quellen, die auf den ersten Blick durchaus seriös erschienen. Das Institute for Historical Review (IHR), welches zu den wichtigen Schaltstellen der Holocaust-Leugner im Internet gehört, wirkt auf den ersten Blick für den unkritischen Besucher der Webseite wie ein seriöser Anbieter und registriert täglich bis zu 2.000 Besucher. Auch David Irving, dem gerichtlich bestätigt wurde, ein Geschichtsfälscher zu sein, bietet auf seiner Webseite seine Bücher zum kostenlosen Herunterladen an. Er registriert jeden Tag etwa 1.000 Besucher auf seiner Webseite (vgl. Janssen 2002).

3 Wer hat die Macht im Cyber-Space?

3.1 Die Entwicklung der Eroberung des Internets der rechten Szene

Laut Verfassungsschutzbericht 2005 (vgl. S. 131ff.) finden sich im Gegensatz zu anderen Extremismusbereichen neben organisationszugehörigen Internetpräsenzen im deutschen Rechtsextremismus auch zahlreiche Seiten, die unabhängig betrieben werden. Die Gesamtzahl der Webseiten stieg 2005 auf etwa 1.000 Seiten (2004: 950, 2003: 950) und blieb auch 2006 auf diesem Niveau (vgl. Verfassungsschutzbericht 2006 S.56ff.). Rechtsextremistische Internetseiten haben jedoch eine hohe Fluktuation. Neben der Verunsicherung der Betreiber durch Exekutivmaßnahmen ist dies vor allem auf die Sperrung rechtsextremistischer Seiten durch kommerzielle Anbieter zurückzuführen. Darüber hinaus erzielen die oft eher unprofessionell gestalteten Webseiten innerhalb der Szene zumeist nicht die vom Betreiber erwartete Resonanz, so dass die Verantwortlichen ihre Webseiten selbst nach kurzer Zeit wieder aus dem Netz entfernen. Rechtsextremisten erstellen zunehmend anlassbezogene und zeitlich begrenzte Kampagnen- und Mobilisierungsseiten. Diese Veranstaltungswebseiten enthalten etwa Kontakt-Telefonnummern, über die Einzelheiten zu geplanten Aktionen zu erfahren sind, übermitteln diesbezügliche Anfahrtsskizzen oder weisen auf Mitfahrgelegenheiten hin. Meist sind die Informationen mit dem Appell verbunden, die gleichfalls angebotenen Flugblätter herunterzuladen, zu vervielfältigen und zu verteilen. Auch die Partei DVU bietet beispielsweise nationalistische Lieder und ihre Wahlplakate zum Download auf ihrer Webseite (Webseite 4) an.

Internet-Diskussionsforen sind laut Verfassungsschutzbericht 2005 (vgl. ibid.) innerhalb der rechtsextremistischen Szene - oftmals mit mehreren hundert Teilnehmern - weiterhin beliebt. Sowohl die steigende Anzahl der registrierten Mitglieder als auch das Volumen der Diskussionsbeiträge belegen, dass sich dieser Internet-Bereich für Rechtsextremisten zu einem wichtigen Kommunikationsmedium entwickelt hat. Zum Schutz vor unerwünschter Einsichtnahme zeichnet sich dabei der Trend ab, den Zugang zu diesen Foren mit einem Passwort zu schützen. Abseits öffentlicher Einsichtnahme kann sich hier eine virtuelle Gemeinschaft bilden, die über das Mittel des Meinungsaustausches Identität stiftet und rechtsradikales Insiderwissen vermittelt. Darüber hinaus sind auch konkrete Verabredungen zu Aktionen möglich (vgl. Brophy u.a. 1999: 32). Der Verfassungsschutz befürchtet dass realen Gemeinschaften durch virtuelle substituiert werden mit der Folge, dass staatliche Repressionsmaßnahmen ins Leere laufen. „Diese Internet-Kommunikation hat der rechtsextremistischen Szene ein neues ,Wir-Gefühl‘ eröffnet, virtuelle Beziehungen sind entstanden, die geeignet sind, (...) die durch Organisationsverbote verlorengegangenen Strukturen der rechtsextremistischen Szene zu ersetzen.“

(Cremer 2002). Rechtsextremisten beteiligen sich darüber hinaus zunehmend an nichtextremistischen Diskussionsplattformen und versuchen, diese mit provozierenden Texten zu stören und letztendlich zu dominieren. Vor allem in Gästebüchern finden sich häufig strafbare Grußformeln und volksverhetzende Aussagen, oft werden auch unzulässige neonazistische Webseiten verlinkt (vgl. Anon.).

Das Internet ist zum wichtigsten Medium für die Verbreitung revisionistischer Thesen geworden. Es eröffnet die Möglichkeit, sie mit geringem Kostenaufwand einer großen Nutzergruppe weltweit zugänglich zu machen. Verfälschende oder relativierende Thesen zur Geschichte nationalsozialistischer Gewaltherrschaft und den Verbrechen des Nazi-Regimes finden sich inzwischen auf sehr vielen Webseiten aus dem rechtsextremen Spektrum. Beispielsweise wurde auf der bei Jugendlichen sehr beliebten Kommunikationsplattform uboot (Webseite 5) oder in der Politiksimulation dol2day (Webseite 6) darüber diskutiert, „wie viele Auschwitz- Opfer ‚wirklich‘ starben“. Die meisten revisionistischen Webseiten sind für jugendliche Nutzer nicht ansprechend, da sie keine multimedialen oder interaktiven Elemente enthalten. Viel eher scheinen diese Sites vornehmlich für Personen aus der rechtsextremen Szene reizvoll. Allerdings besteht die Möglichkeit, dass auch Szene fremde Nutzer unbeabsichtigt mit revisionistischen Internet-Angeboten konfrontiert werden, wenn sie beispielsweise für Hausaufgaben und Referate recherchieren. Suchanfragen mit Begriffen, die einen Bezug zum Nationalsozialismus haben, führen häufig zu revisionistischen Webseiten, insbesondere bei der Suchmaschine Google.

Seit geraumer Zeit versenden Rechtsextremisten E-Mail-Spam3 mit rechtsextremistischen Inhalten an unterschiedliche Empfängerkreise (vgl. ibid.). So lösten Unbekannte 2004 und 2005 unter gezieltem Einsatz eines Computerschädlings ein Massenmailing mit rechtsextremistischen Inhalten aus: Sie versandten die deutsch- und englischsprachige Spam-E-Mails mit ausländerfeindlichen Texten. Daneben enthielten die E-Mails Verlinkungen zu Online-Auftritten rechtsextremistischer Betreiber.

[...]


1 Das Wort „Internet“ ist ein sprachwissenschaftliches blending (Vermischung zweier Wörter) der englischen Wörter „interconnected“ (miteinander verbunden) und „network“ (Netzwerk).

2 Übersetzung:„Ihre Website muss sich dem nationalistischen, revisionistischen oder rassenbewusstem Inhalt im weitesten Sinne der Worte widmen. Sollte dies nicht der Fall sein, so wird die Website gelöscht und von dieser Seite verbannt“ (Webseite 3)

3 Emails, die unverlangt an den Adressaten versandt werden und massenhaft versandt wurden oder werbenden Inhalt haben.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Von Podcasts bis Weblogs – Das Internet als neues Forum der jungen Rechten
Hochschule
Universität Münster
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
22
Katalognummer
V93972
ISBN (eBook)
9783638072229
ISBN (Buch)
9783638956772
Dateigröße
643 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Podcasts, Weblogs, Internet, Forum, Rechtsextrem
Arbeit zitieren
Katrin Schmidt (Autor:in), 2007, Von Podcasts bis Weblogs – Das Internet als neues Forum der jungen Rechten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/93972

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