Verpackungsdesign im Vergleich - Japan und Europa


Hausarbeit (Hauptseminar), 1998

14 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

Geschichten und Gedanken zum Thema Design

Geschichte der japanischen Designer

Die westlichen Designer zur selben Zeit

Japan Design – Europäisches Design

Das G-Siegel von MITI – unser iF Design Hannover

Form und Funktion von Verpackungen

Farbe

Die Bedeutung des Papiers

„Furoshibikibility“

Design als sozialer Faktor

Design als ökonomischer Faktor

Design und Ökologie

Verpackungen heute

Fazit

Quellennachweis

Einleitung

Man kann Design als identitätsfördernden Kulturfaktor und auch als wirtschaftliche Produktionskraft sehen. In unserem High-Tech-Zeitalter wird das Design mit vielen Herausforderungen einer ganz neuen Art konfrontiert. Eine zunehmende Vereinigung von Ökonomie und Ökologie ist gefordert. Ziel ist die Reduktion von material- und zeitintensiven Produktionen. Die Verbreitung der Mikroelektronik in allen Lebensbereichen, sowie die globale Vernetzung sind Anzeichen eines tiefgreifenden Strukturwandels, der sich gegenwärtig in allen Gesellschaftsbereichen vollzieht.

In keinem Bereich der Alltagskultur ist industrieller Erfindungsgeist und wirtschaftliche Dynamik deutlicher ablesbar als im gestalteten Produkt oder einer entsprechend gestalteten Verpackung. Denn meist wird erst die verpackte Ware zum eigentlichen Medium zwischen Produzent und Konsument. Verpackungen sind deshalb so etwas wie ein Spiegel der Konsumgesellschaft. Nur ständige Innovation sichert den Firmen ihre Marktposition.

Bei den Japanern kommt noch ein weiterer Faktor hinzu: Nicht zuletzt durch ihren Glauben bedingt, sehen sie das „Leben“ in jedem materiellen Gegenstand und somit ist eine Verpackung seine Behausung. Diese Art der Einfühlsamkeit läßt den Japaner alle Gegenstände anthropomorph begreifen. Doch auch hier ist die Verpackung als Mittel zu Kommunikation mit dem Verbraucher zu betrachten.

"Ein Ding ist bestimmt durch sein Wesen. Um es so zu gestalten, dass es richtig funktioniert muss sein Wesen zunächst erforscht werden; denn es soll seinem Zweck vollendet dienen, das heißt, seine Funktionen praktisch erfüllen, haltbar, billig und schön sein."

WALTER GROPIUS

Geschichte und Gedanken zum Thema Design.

Gerade japanisches Verpackungsdesign ist einzigartig. Auffällig ist das Zusammenwirken von traditionellen und modernen Designelementen. Auch wenn dieses Phänomen in anderen Ländern ebenfalls zu beobachten ist, so gibt es kaum ein Land, wo diese zwei Richtungen sich so konsequent behaupten können. Die Japaner leben mit der ihnen eigenen Selbstverständlichkeit diese beiden Strömungen aus, ohne einen inneren Konflikt zu verspüren.

Zum einen verstehen es die Japaner besonders, die Eigenschaften natürlicher Materialien zur Geltung zu bringen. Gerade beim Verpackungsdesigns ist das deutlich abzulesen. Zum Beispiel gibt es geflochtene Körbe aus Reisstroh, Schalen oder Eßplätchen aus Muscheln und Hüllen, die aus Blättern, Bambusgras oder Kirschzweigen gefertigt sind. Die sterilisierende Eigenschaft von Bambus wird auch zur Konservierung benutzt. Auch das Holz der Paulownie wird gezielt für Umhüllungen und Produkte eingesetzt, da man seine feuerfesten, insektenabschreckenden und feuchtigkeitsbewährenden Eigenschaften kennt. Noch heute packt man nach überlieferten Verfahren.

Besonders die Sichtweise der Allbelebtheit findet in der japanischen Verpackung ihren Ausdruck. Seit Urzeiten glauben die Japaner an Millionen von Göttern und erkennen deren Anwesenheit in jedem sichtbaren Gegenstand, vom Trinkglas bis zum Stuhl. In der westlichen Religion mit ihrem einen Gott findet man keinen ähnlichen Ansatz, auch nicht in der Auffassung der griechischen Philosophie. Dagegen kommen sie solchen Begriffen wie „Seele“ oder „Natur“ schon sehr nahe.

Geschichte der japanischen Designer seit 1950

In Japan fängt diese Geschichte nicht mit dem Designer als Individuum an, sondern mit einer Vielzahl von staatlichen Ministerien. Design als außergewöhnliche Leistung für die Individualität eines Produktes wurde hier zuerst von der Regierung gesteuert.

Die Japan External Trade Organisation schickte Studenten zum Designstudium in das Ausland, und verschaffte der Regierung so Informationen über ausländische Märkte. Zugleich wurden Designexperten aus aller Welt eingeladen. In diesen 50er Jahren war das IAI – ein Prüfungs- und Forschungsinstitut, dem Außenministerium unterstellt - mit dem Auftrag beschäftigt, zu prüfen wie der Export zu fördern ist. Dazu sollte es Verpackungen und Werbestrategien entwickeln, unter anderem um Transportschäden zu vermeiden und – entgegen der traditionellen Verpackungsphilisophy – Material einzusparen. Diese staatliche Institution präsentierte seine gestalterischen Leistungen auf internationalen Ausstellungen und Messen.

Doch zum Glück erwies sich die Regierung nicht als absolutes Machtinstrument zum Designdiktat, denn die meisten Entscheidungen zum Produktdesign fielen intern in den Betrieben. Noch war Design nicht die Leistung eines kreativen Geistes, sondern ganzer Abteilungen.

In den 50er Jahren, als sich in Japan die Organisationsstrukturen eines stark Wachstum orientierten Wirtschaftssystems herausbildeten, wuchs das Ansehen des Designerberufs. Der Bedarf an wirklich professionellen Designern und der Wunsch nach Anerkennung des Designstatus spiegelte sich in einer Vielzahl von Zusammenschlüssen professioneller Designer in Japan.

Nach dem Krieg orientierte sich das Berufsbild der Designer stark am amerikanischen Vorbild. Die Betriebe erkannten den Erfolg von gestalteten Produkten, sie weckten Interesse und steigerten den Absatz, so dass die Gestalter mitverantwortlich waren für den wirtschaftlichen Aufschwung.

In den folgenden Jahrzehnten lernten die Designer, den schnell wechselnden Wünschen der Konsumenten nachzukommen. Speziell in der Unterhaltungselektronik täuschten neue Gehäuse auch neue Entwicklungen vor um dem Markt gerecht zu werden. Zu jeder Zeit intervenierte die Regierung maßgeblich in den Handel, immer mit dem Ziel Exporte zu steigern; was auch offensichtlich gelungen ist Japan gehört jetzt zu den führenden Industrienationen. Selbst in der Rezession der 90er veröffentlichte das MITI (Ministery for international Trade and Industrial ) eine Art Manifest, in dem die Designpolitik zusammengefaßt ist, um innovative Designideen zu zeigen und zu fördern. Dieses Programm als Richtlinie für Studium, Praxis, Förderung und internationalen Austausch betont den dauerhaften Wert von Design. Nicht zuletzt wird hier Design als kultureller Aspekt der Industrie betrachtet.

Die westlichen Designer zur selben Zeit

Nach dem zweiten Weltkrieg änderte sich in Europa die Warenwelt. Aus Amerika wurden die Selbstbedienungsläden importiert, und die Verpackung musste sich dieser neue Verkaufsform anpassen. Das Produkt musste vor Schmutz und Zerstörung geschützt werden und die Verpackung sollte zugleich noch werben. Ursprünglich noch ein Luxus wurde die Verpackung zur Regel und übernahm immer mehr die Funktion des Verkaufspersonals: Sie gab Auskunft über Inhalt, Anwendung, Lagerung, Gebrauch und animierte zum Kauf.

Somit wurde Verpackungsgestaltung zum Thema innerhalb der Marketingstrategie. In den Fünfzigern war noch das Plakat das Werbemittel Nummer eins. Nun bekam die Packung auch den Stellenwert eines Werbemittels. Mit diesem Statuswechsel ging auch der Trend zur weniger wortlastigen Packungsgestaltung einher. Die Grafik löste die Typographie ab, das Bild wurde ebenso wichtig wie die Schrift. Nach einer Zeit der fröhlichen, verspielten und poetischen Verpackungsgestaltung wandte man sich der strengen Grafik zu. Die Designer sahen ihre Aufgabe nicht nur in der Dekoration einer Schachtel, sondern wollten auch informieren.

Heute leben wir in einer Erlebnisgesellschaft, auf welche die Verpackungen mit einem wahren Feuerwerk an Farben, Material und Formen reagiert. Dagegen wendet sich in letzter Zeit der Trend zu einer alternativen Verpackungsgestaltung, die versucht auf aktuelle Umweltprobleme zu reagieren. Innovationen zeichnen sich dadurch aus, dass Farben, Material und Formen reduziert und umweltfreundliche Produktionsverfahren gesucht werden.

Je mehr die Verpackungsindustrie expandierte, desto wichtiger wurde neben der grafischen Gestaltung auch die Forderung nach benutzerfreundlichen und ergonomischen Verpackungen gestellt.

Japan Design - Europa Design

Man sucht vergeblich das besonders japanische im Design der weltweit erfolgreichen Motorräder von Yamaha, Suzuki, Honda und Kawasaki. Es lässt sich ebenso schwer festmachen wie die Eigenheiten in der Gestaltung von Sony-Fernsehern, Canon-Camcordern oder Sharp-Taschenrechnern. Japanisches Design heißt nicht, dass das edle, graue, wildlederartige Finish von Yamaha oder Sony-Hifi -Geräten an die ernsten, düsteren Farben der Malerei aus der Edo-Periode erinnern. Der Begriff japanisches Design zielt vielmehr auf eine bestimmte Kategorie von Produkten. Globales Technik- und Elektro-Design ist japanisch, genau so wie globales Filmdesign aus Hollywood kommt.

Solche Klischees sind in Japan ebenso wirksam wie wirklichkeitsnah. Denn neunzig Prozent der japanischen Designer sind keine Künstlerindividuen, sondern arbeiten als Angestellte in großen Konzernen. Für Design und Produktentwicklung beschäftigt Sharp 200 Mitarbeiter, Panasonic 500, Toyota 600 und Sony – einschließlich Grafik – sogar 2500. Bahnbrechende Designerstars wie Nigel Coates oder Philippe Stark gibt es in Japan kaum, weil exzessiver Individualismus verpönt ist.

Darin könnte man sogar Nachwirkungen der für den Zen-Buddhismus charakteristischen abstrahierenden Reduktion und Anonymität sehen, für die stets das „Löschen der Spuren der individuellen Hervorbringung“ oberstes Ziel war. Die drei Hauptmerkmale des japanischen Industriedesigns - Einfachheit, Kompacktheit und Detailgenauigkeit - haben zwar die Bauhaus-, Braun-, Bang&Olufsen-Tradition aufgenommen, reichen aber weit darüber hinaus. In Europa geht die Form und das Gehäuse über das Detail, während in der japanischen Ästhetik der „Modular-Charakter“ in den Vordergrund rückt. Damit gemeint ist die Multiplikation von spezifisch kleinen Maßeinheiten „von innen nach außen zu schreiten, vom Detail zum ganzen, vom Mikro- zum Makroskopischen“.

Die Schwierigkeit, das japanische Formgefühl zu verstehen, rührt von der andersartigen Raumauffassung her. Westliche Augen sind gewöhnt, den Raum in einheitlichen geometrischen Grundformen wahrzunehmen. Der Raum kulminiert stets in einem objektabhängigen zentralen Fluchtpunkt. Das japanische Konzept des Zwischenraums dagegen lässt sich nur kompliziert beschreiben, meint es doch ein gleichzeitiges räumliches und zeitliches Intervall in der Wahrnehmung von Gegenständen. Dazwischen herrscht nicht bloß Leere, sondern etwas Eigenständiges, ein objektives Spannungsverhältnis, welches Intervalle und Dimensionen verbindet. Und weil Spannung nie aus Symmetrie, sondern nur aus heterogenen Elementen entstehen kann, gibt es in der traditionellen Gestaltung weder Zentralität noch Spiegelbildlichkeit. Selbst der Katsura-Palast weist trotz seiner strengen Form keine Symmetrie auf.

Der Architekt Yoshinobu Ashihara erklärt die japanische Detailsorgfalt damit, dass Räume und Gegenstände immer „zentrifugal konzipiert werden, indem sie von innen heraus durch Addition entstehen - im Gegensatz zur zentripetalen Gestaltung mittels Subtraktion im Westen“. Ashihara vergleicht die japanische Herangehensweise mit der Erschaffung einer Lehmskulptur, an dem Stück für Stück etwas hinzugefügt wird, während die westliche Art einem Bildhauer ähnelt, der aus dem Ganzen eines Steinblocks allmählich die Teile herausschält.

[...]

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Verpackungsdesign im Vergleich - Japan und Europa
Hochschule
Technische Universität Darmstadt  (Fachbereich Architektur)
Note
sehr gut
Autor
Jahr
1998
Seiten
14
Katalognummer
V9380
ISBN (eBook)
9783638161015
Dateigröße
422 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Verpackungsdesign, Vergleich, Japan, Europa
Arbeit zitieren
Diane Luther (Autor:in), 1998, Verpackungsdesign im Vergleich - Japan und Europa, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9380

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